Der Autor

Bent Freiwald schreibt als Bildungsreporter für das Onlinemagazin Krautreporter. In seinem Newsletter „The Kids Are Alright” widmet er sich aktuellen Debatten rund um die Themen Kinder, Jugendliche und Bildung.
Schulen, Chancengleichheit, Bildungspolitik – all das ist in deutschen Medien eher eine Randnotiz. Wo informieren sich also die hunderttausenden Lehrkräfte über das, was in ihrem System so passiert? Früher oder später treibt es sie vermutlich zur „einzigen deutschsprachigen Nachrichtenseite für Bildungsthemen im Internet“. So beschreibt sich jedenfalls die Seite „News4teachers“ selbst.
Das Angebot ist durchaus erfolgreich. Laut ihren Mediadaten erreichte die Seite im Jahr 2022 monatlich mehr als 700.000 Leser:innen und 1,4 Millionen Seitenzugriffe. Mittlerweile sind es nach eigenen Angaben über 30.000 tägliche Leser:innen. Regelmäßig interviewt „News4teachers“ auch bekannte Namen: Aktivist Raul Krauthausen, die Publizistin Marina Weisband, OECD-Direktor Andreas Schleicher und Wissensreporter Ralph Caspers.
Kurz: Wer sich in Deutschland für Bildung interessiert, kommt an „News4teachers“ nicht vorbei. Seinem Publikum liefert das Magazin nach eigenen Angaben „seriöse Berichte, Analysen und Kommentare“, und zwar „unabhängig und überparteilich“. Dabei fühlt sich die Redaktion dem „klassischen Journalismus“ verpflichtet, so steht es explizit auf der Über-uns-Seite: „Das heißt konkret: Wir unterwerfen uns den publizistischen Grundsätzen des Deutschen Presserats, dem Pressekodex.“
Tatsächlich bildet das Magazin alle wichtige Debatten ab und hinterfragt kritisch, was die Bildungspolitik so treibt. Allerdings gibt es gute Gründe für die Annahme, dass es „News4teachers“ mit den journalistischen Prinzipien der Unabhängigkeit und Überparteilichkeit nicht ganz so genau nimmt.
Bent Freiwald schreibt als Bildungsreporter für das Onlinemagazin Krautreporter. In seinem Newsletter „The Kids Are Alright” widmet er sich aktuellen Debatten rund um die Themen Kinder, Jugendliche und Bildung.
In einer Kooperation zwischen Übermedien und Krautreporter habe ich mir das reichweitenstarke Bildungsmedium daher genauer angeschaut. Dabei bin ich auf ein Konstrukt gestoßen, bei dem Leser:innen nicht erkennen können, ob es sich bei Inhalten um Journalismus, PR oder Content-Marketing handelt. Und auf einen Herausgeber, der über Institute und Verbände berichtet, für die er selbst tätig war bzw. ist.
Im Zentrum von „News4teachers“ steht Andrej Priboschek. Er ließ sich in den 90er Jahren bei der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf ausbilden, wo er anschließend auch als bildungspolitischer Redakteur arbeitete. Später war unter anderem als Sprecher im Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Laut den Angaben auf seinem LinkedIn-Profil gründete er dann 2013 die Agentur für Bildungsjournalismus.
Heute steht diese hinter „News4teachers“ – gemeinsam mit der 4teachers GmbH, einer Service-Plattform für Lehrer:innen. Auf ihrer Webseite stellt Priboscheks Agentur klar: „Keine andere journalistische Agentur in Deutschland kennt die Branche so gut wie wir.“ Niemand sei so gut vernetzt. Bei den Referenzen finden sich Magazine wie „Der Schulmanager“ oder „Die Kitaleitung“. Branchenzeitschriften, die sich ans Fachpublikum richten.
Journalismus ist aber nicht das einzige Standbein. Dazu kommen Content-Marketing, Pressearbeit und PR, Medienentwicklung und Angebote für Start-ups. Das Problem ist allerdings: Offenbar werden diese Geschäftsfelder munter vermischt. Denn auf der Website der Agentur werden Angebote beworben, die stutzig machen:
„Wir platzieren diesen (vom Kunden beauftragten, d.Red.) Beitrag auf News4teachers und verlinken darin auf Ihr Angebot.“
„Wir besuchen Sie, produzieren über Ihre Initiative, Ihr Projekt oder Ihr Unternehmen in Foto und Text ein ansprechendes journalistisches Porträt und veröffentlichen dieses auf News4teachers und auf Ihrer Homepage – auf Wunsch auch gerne mit gefilmtem Interview.“
Kann man sich eine Veröffentlichung auf „News4teachers“ etwa kaufen? Man kann. Wer möchte, dass sein Unternehmen auf der Seite auftaucht, hat mehrere Möglichkeiten. Eine klassische Pressemeldung kostet, Stand 2022, 490 Euro. Ein Bild ist inklusive. Sie erscheint auf der Seite in der Rubrik „Pressemeldungen“. Man kann sich auch direkt ein Bündel kaufen, drei Pressemeldungen kosten 1.440 Euro, fünf 1.850 Euro.
Wer selbst keine eigene Presseabteilung hat oder die Arbeit lieber outsourcen möchte, kann die Agentur auch mit dem Schreiben der Pressemitteilung beauftragen. Und wem das nicht reicht, der kann sich ein ganzes Interview kaufen – zum Thema seiner Wahl. Den Preis dafür erfahre man auf Anfrage.
Wie passt das nun mit den selbsterklärten journalistischen Prinzipien zusammen? Andrej Priboschek sieht darin auf Anfrage kein Problem: Pressemeldungen würden als solche gekennzeichnet, gekaufte Interviews nicht im „redaktionellen Bereich von News4teachers“ veröffentlicht, schreibt er.
Aber reicht das, um als journalistisch sauber durchzugehen? Der Pressekodex legt etwas anderes nahe.
Klar ist: Auch in klassischen Medien, vor allem in Lokalzeitungen, finden Pressemitteilungen von Verbänden und Sportvereinen teilweise unverändert ihren Weg in die Zeitung. Nur: In diesen Fällen entscheidet immer noch die Redaktion, welche Meldungen sie aufgreift. Die Absender können sich die Veröffentlichung in einem journalistischen Medium selbstverständlich nicht kaufen.
Für Werbetreibende, die ihre Inhalte trotzdem gerne als Beitrag veröffentlicht sehen, gibt es mittlerweile neben klassischen Werbeanzeigen sogenannte Advertorials. Das sind werbliche Beiträge, die redaktionellen Texten sehr ähnlich sehen. Allerdings müssen sie laut Pressekodex eindeutig als bezahlte Werbung gekennzeichnet und als solche erkennbar sein. Das irreführende Label „Pressemeldung“, wie bei „News4teachers“, reicht dazu sicher nicht.
Dazu kommt: Die Leser:innen sehen den Beiträgen nicht an, ob die „News4teachers“-Redaktion eine Mitteilung kostenlos übernommen hat oder ob für eine Pressemeldung bezahlt wurde.
Bei der Recherche finden sich schnell weitere irritierende Konstellationen. Ein Interview Priboscheks mit dem Vorsitzenden des Bundesverbands Montessori Deutschland lief etwa in den Rubriken „Leben“, „Titelthema“ und „Wissen“ – also eindeutig im „redaktionellen Bereich“ von „News4teachers“. Auf der Webseite des Verbands findet sich ebenfalls ein Link auf den Beitrag – er steht dort aber unter der Rubrik „Pressemitteilungen“.
Priboschek bestreitet auf Anfrage, dass redaktionelle Beiträge von „News4teachers“ käuflich seien: „Alle redaktionellen Beiträge auf News4teachers haben und hatten einen nachvollziehbaren journalistischen Anlass. Es gibt keine Schleichwerbung auf News4teachers.“
Außerdem verweist er auf die Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz. Diese habe „News4teachers umfassend geprüft und kein Fehlverhalten aufgrund von fehlender Trennung von redaktionellem und nicht-redaktionellem Inhalt festgestellt“.
Die Landesmedienanstalt aber widerspricht dieser Darstellung. Sie habe „News4teachers” nicht „umfassend geprüft”, sondern lediglich einen einzigen Beitrag nach einer Beschwerde. Bei diesem wurde kein medienrechtlicher Verstoß festgestellt.
Journalismus und Werbung gehören zudem auch personell getrennt. Nur so können Medien unabhängig berichten. Der Pressekodex fordert daher in Ziffer 6 eine strikte Trennung von journalistischer Tätigkeit und anderen Funktionen. Bei „News4teachers“ aber wechseln Mitarbeitende ständig ihre Rollen.
So wird eine Mitarbeiterin beispielsweise auf der Webseite der Agentur für Bildungsjournalismus als Expertin für Public Relations gelistet. Im Impressum von „News4teachers“ findet sie sich wiederum als Mitglied der Redaktion. Und um das Ganze noch verwirrender zu machen, taucht sie in Beiträgen dort auch in beiden Rollen auf, sowohl als Autorin als auch als PR-Beraterin.
Diese Doppelrollen haben bei „News4teachers“ offenbar System. Vor etwa einem Jahr startete ich bei Krautreporter eine neue Reihe zum Boom von Privatschulen. Ich recherchierte auch zu Montessori Deutschland. Auf der Webseite des Bundesverbands stieß ich auf eine bemerkenswerte Information.
Für Presseanfragen, so steht es dort bis heute, wende man sich bitte an Andrej Priboschek von der Agentur für Bildungsjournalismus. Auf der Webseite findet sich in einem Beitrag von 2024 zudem die Angabe, dass Priboschek und eine Agenturkollegin den Verband in allen Fragen der Kommunikation beraten. Danach gefragt, schreibt uns Priboschek aber erstaunlicherweise: „Ich bin nicht Pressesprecher von Montessori Deutschland.“
Dieser vermeintliche Widerspruch lässt sich wohl nur anhand unterschiedlicher Definitionen des Begriffs „Pressesprecher“ erklären. So bestätigt uns zwar Elizabeth von Sobiesky, Leiterin Pädagogik und Ausbildung bei Montessori Deutschland, dass Priboscheks Agentur für Bildungsjournalismus ihren Verband „beratend bei der Organisation der Öffentlichkeitsarbeit und bei der organisatorischen Abwicklung von Pressemitteilungen“ unterstütze. Sie ergänzt aber auch: „Ich bin als Pressekontakt bei Montessori Deutschland zuständig für Presseanfragen und leite neben anderen Bereichen auch den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.“
Tatsächlich findet sich in der jüngsten Montessori-Pressemeldung vom 20. Februar 2025 von Sobiesky als Ansprechpartnerin. Fakt ist aber auch, dass entweder Priboschek oder seine Kollegin von August 2023 bis Ende 2024 in nahezu jeder Mitteilung des Verbands als Pressekontakt genannt wurden. Und nicht zuletzt steht auf der Webseite in dieser Funktion eben immer noch: Andrej Priboschek.
Wenn er und seine Mitarbeiterin also nachweislich für Montessori tätig sind – wie berichtet dann „News4teachers“ über das Thema? Mit „seriösen Berichten, Analysen und Kommentaren“ und zwar „unabhängig und überparteilich“, ganz im Sinne des Pressekodex? Ich begann zu lesen.
In einem Artikel werden zwei Gründerinnen einer Montessori-Schule interviewt. Schon zu Beginn heißt es: „Wenn zwei professionelle Gründungsberaterinnen beschließen, eine Schule zu eröffnen, kann man sich darauf verlassen, dass sie dies mit einem klugen Konzept umsetzen.“ Das Interview führte Priboscheks Mitarbeiterin, ihre Rolle beim Bundesverband wird nicht offengelegt.
Priboschek führt solche Interviews ebenfalls, beispielsweise mit von Sobiesky. Dass er selbst für den Verband tätig ist, dessen Führungspersonal er da interviewt, steht nirgendwo. Das Interview ist sogar als „Titelthema“ des Magazins gekennzeichnet.
Auch in einem Meinungsbeitrag äußert sich Priboschek zu Montessorischulen. Als er für „News4teachers“ den Aufstieg der AfD kommentiert, schreibt er: „Meine – zugegeben provokante und nur durch eigene Beobachtungen belegte – These lautet: In Montessori-Schulen, wo auf Eigenständigkeit und Eigenverantwortung von Schülerinnen und Schülern gesetzt wird, fällt die Zustimmungsquote zu einer Angstmacher-Partei wie der AfD deutlich niedriger aus als im hierarchischen Regelsystem.“
Kommt Priboschek womöglich nicht nur durch eigene Beobachtung zu dieser These, sondern auch deshalb, weil es sein Job beim Montessori-Bundesverband ist, diese Schulform in der Öffentlichkeit gut dastehen zu lassen? Aber auch hier: Kein Hinweis zu einem möglichen Interessenkonflikt.
Priboscheks Arbeit scheint jedenfalls zu fruchten. Unter einem anderen Interview fragt eine Leserin: „Die Montessori-Pädagogik wird hier immer so überaus positiv bewertet – sollte sie nicht endlich flächendeckend eingeführt werden, wenn es dabei nur Vorteile gibt?“
Beim Thema Montessori gibt es bei „News4teachers“ zwar den offensichtlichsten Interessenkonflikt – es ist aber offenbar nicht der einzige. So lässt sich anhand archivierter Webseiten zeigen, dass Priboschek in der Vergangenheit auch für die Pressearbeit des Schreibmotorik Instituts zuständig war und in der gleichen Zeit ein Interview mit dessen Geschäftsführerin auf „News4teachers“ erschien. Zudem wird er anlässlich zweier Radiointerviews im Jahr 2019 als „Pressesprecher“ des Instituts bezeichnet.
Die Institutsleiterin teilt uns auf Anfrage mit, dass Priboschek heute nicht mehr Pressekontakt des Instituts sei. Priboschek selbst schreibt allerdings erneut: „Ich war nie für die Pressearbeit des gemeinnützigen Schreibmotorik Instituts verantwortlich.”
Kann ein Journalist die Pressearbeit für Verbände und Institute übernehmen und gleichzeitig unabhängig über diese berichten? Selbstverständlich nicht. Das wäre in etwa so, als wäre der Chefredakteur des „Spiegel“ für die Pressearbeit des Energiekonzerns Vattenfall zuständig. Schon das wäre nicht mit dem journalistischen Selbstverständnis vereinbar. Aber würde er dann in einem „Spiegel“-Leitartikel auch noch über Vattenfall berichten, ohne die Verbindung transparent zu machen – es würde einen riesigen Aufschrei geben. Zurecht.
Die Faustregel lautet also: Journalisten berichten nicht über Akteure, für die sie auch tätig sind. Sollte das doch einmal vorkommen, ist ein Transparenzhinweis im Beitrag unerlässlich. Bei „News4teachers“ ist man sich der grundsätzlichen Problematik von Interessenkonflikten aber offenbar nicht bewusst.
So schreibt uns Priboschek: „Informationen über die weiteren Tätigkeiten der Agentur für Bildungsjournalismus haben Sie schlicht ergoogelt. Es handelt sich also um frei zugängliche Informationen. Insofern kann es an Transparenz nicht fehlen. Wir wüssten auch nicht, inwieweit Beratungsdienste und sonstige Dienstleistungen für gemeinnützige Organisationen, die nichts zu verkaufen haben, unserer journalistischen Arbeit entgegenstehen würden.“
Falls es also noch ein Indiz dafür braucht, dass die journalistische Distanz in solchen Konstellationen zu verloren gehen droht: Im Februar 2024 kochte eine Debatte um Maria Montessori hoch, in der ihre Pädagogik und ihr Weltbild scharf kritisiert wurden. Es berichteten unter anderem der NDR, Deutschlandfunk, „Geo“ und der „Stern“.
„News4teachers“ veröffentlichte ebenfalls einen Text. Es ist ein Gastbeitrag von Bildungsforscher Heiner Barz, in dem die Vorwürfe als „größtenteils haltlos“ dargestellt werden. Die Thesen würden sich als „Halbwahrheiten und Manipulationen“ entpuppen.
Spätestens hier, mitten in einer aktuellen Debatte, hätte zumindest transparent gemacht werden müssen, dass Mitarbeitende von „News4teachers“ auch beratend für die Kommunikation von Montessori Deutschland zuständig sind.
Stattdessen wurde auf der Seite des Verbands ein Interview mit dessen Vorsitzenden Jörg Boysen veröffentlicht. Es endet mit der Frage, ob nun alle Vorwürfe gegen Maria Montessori entkräftet seien. Das Interview führte Andrej Priboschek.
Hallo Bent,
wie schön, auch hier von dir zu lesen. 😀
Liebe Grüße
Daniel aus Hamburg
Treuer Krautreporter und Brain-Newsletter-Leser
PS: Aber jetzt lese ich erst einmal den Text. 😉
„hierarchischen Regelsystem“
Welch überaus neutral und unabhängige Beschreibung unserer öffentlichen Schulen. Aber genug kommentiert hier, ich muss ja wieder hauptberuflich Kinder zum Weinen bringen morgen und putze mal eben meine Keule, um für Zucht und Ordnung sorgen zu können.
„Erscheint zeitgleich“ meint sicher „erscheint gleichzeitig“, denn zeitgleich sind zum Beispiel zwei 100-Meter-Sprinter, die jeweils nach 10,00 Sekunden ins Ziel kommen.
@Torben: Danke für diesen Hinweis. Auch wenn das hier thematisch nicht hingehört: Die Gleichsetzung von „zeitgleich“ und „gleichzeitig“ gehört zu den häufigsten Sprachschludereien und damit exemplarisch für den damit verursachten Verlust an Formenvielfalt in der deutschen Sprache.
Die „Gegendarstellung“ von n4t sagt alles. Statt auf die konkreten Vorwürfe einzugehen, arbeiten die sich lieber am Autor ab. Das sind wirklich billigste Methoden auf BILD-Niveau.
Und in den Kommentaren stimmen alle ausnahmslos in den Chor ein. Mein Versuch, eine andere Sicht zu kommentieren, wurde blockiert.