Notizblog (48)

„Tichys Einblick“ verbreitet Falschmeldung über Falschmeldungs-Urteil

„Tichys Einblick“ unterliegt dem ZDF vor Gericht, deutet die Niederlage aber als Erfolg um. Die Art, wie „Tichys Einblick“ hier die Tatsachen verdreht, ist selbst für dieses zweifelhafte Medium spektakulär.

Das rechte Magazin „Tichys Einblick“ ist vor Gericht mit dem Versuch gescheitert, dem ZDF eine kritische Formulierung über die Berichterstattung von „Tichys Einblick“ zu untersagen. Aber es verkauft diese juristische Niederlage in einer grotesken Verdrehung der Tatsachen als symbolischen Sieg gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. 

Auslöser des Streits ist ein Bericht im „Heute Journal“ vom 20. Juli über die angebliche Kampagne gegen Frauke Brosius-Gersdorf als Verfassungsrichterin. In dem Beitrag hieß es:

„Unzählige Falschmeldungen kursieren (…) im Internet. Im Kern geht es immer um dieselben drei Themen. Ihre Haltung zu einer Impfpflicht in der Corona-Pandemie, zu einem AfD-Verbot und zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.“

Eingeblendet werden während der Aufzählung Screenshots von Artikeln aus den rechten Medien „Apollo News“, „Nius“ und „Tichys Einblick“.

Szene aus einem Beitrag des ZDF-„heute journals“ vom 20.7.2025, in der mehrere Screenshots von Artikeln über die Debatte zu Frauke Brosius-Gersdorf zu sehen sind, unter anderem von „Tichys Einblick“. Artikel im Hintergrund wurden aus rechtlichen Gründen nachträglich verfremdet.
Beanstandete Szene aus dem ZDF-„heute journal“.Screenshot: ZDF

„Apollo News“ ist erfolgreich gegen diese Darstellung vorgegangen: Das ZDF hat eine Unterlassungserklärung abgegeben, die gezeigten „Apollo News“-Ausrisse unkenntlich gemacht und eine Korrektur veröffentlicht, weil die beiden gezeigten Artikel „zwar die genannten Themen bedienten, selbst aber keine Falschmeldungen darstellen“.

Den Ausriss eines Artikels von „Tichys Einblick“ („Links-Ideologin als Verfassungsrichterin?“) wollte das ZDF aber nicht unkenntlich machen. Also versuchte das Magazin eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Doch das Landgericht Hamburg wies den Antrag zurück. 

„Zulässige wertende Meinungsäußerung“

Es gab „Tichys Einblick“ zwar recht, dass sich der Begriff der „Falschmeldungen“ auf die gezeigten Artikel beziehe – die also nicht nur die Themenbreite illustrieren. Aber diese Kategorisierung als „Falschmeldung“ sei zulässig, weil es sich um eine „zulässige wertende Meinungsäußerung“ handele. 

Die Einordnung sei keine Tatsachenbehauptung. Die Zuschauer würden den Beitrag so verstehen, dass das „Heute Journal“ meint (!),  in den eingeblendeten Beiträgen sei die „Haltung“ von Brosius-Gersdorf in unrichtiger Weise wiedergegeben worden. Und, so das Gericht: „Für diese Wertung liegen Anknüpfungstatsachen vor.“  

„Tichys Einblick“ schrieb in dem Artikel über Brosius-Gersdorf

„Sie setzt sich zudem dafür ein, dass Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland künftig nicht mehr grundsätzlich strafbar sein sollten. Es gebe ‚gute Gründe‘ dafür, dass die Menschenwürde ‚erst für den Menschen ab Geburt gelte. Im Klartext: Abtreibung bis unmittelbar vor der Geburt!“

Das ZDF argumentierte vor Gericht, dass diese Darstellung in verzerrender Weise unvollständig sei: Brosius-Gersdorf habe auch argumentiert, dass das ungeborene Leben unter dem Schutz des Grundgesetzes stehe („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“). Dahinter müssten insbesondere kurz vor der Geburt die Rechte der Schwangeren in der Regel zurücktreten.

Das Gericht hat sich diese Argumentation nicht zu eigen gemacht. Es hat nicht entschieden, ob die Einordnung des Artikels von „Tichys Einblick“ als „Falschmeldung“ richtig oder falsch ist – weil es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung handele. Es hat entschieden, ob diese Wertung zulässig oder unzulässig ist. Zulässig sei sie, weil es ausreichend Tatsachen gibt, die für sie sprächen.

Meinung vs. Tatsachenbehauptung

So weit, so normal. Die schwierige Abwägung, was „Tatsachenbehauptungen“ sind und was nicht, gehört zum juristischem Alltag, und nicht immer fällt sie so aus, wie man sich das als Laie vorstellen würde. Bei Äußerungen wie „Falschmeldung“ oder „Lüge“ prüfen Gerichte regelmäßig den Kontext, in dem sie fallen, um zwischen Meinungen und Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden. (Als die AfD-Politikerin Beatrix von Storch der Rechercheplattform „Correctiv“ eine „dreckige Lüge“ vorwarf, stufte das Landgericht Berlin das zum Beispiel auch als Meinungsäußerung ein.) 

Aber die Art, wie „Tichys Einblick“ über seine Niederlage gegen das ZDF berichtet und sie zu einem Erfolg umdeutet, ist selbst für dieses zweifelhafte Medium spektakulär. Der Artikel, der anstelle eines Autors nur „Redaktion“ als Absender trägt, behauptet, dass das Gericht mit seinem Beschluss bestätigt habe: „Das ZDF ist kein Nachrichtenmedium mehr.“

Screenshot einer Überschrift des Magazins „Tichys Einblick“: „LG Hamburg bestätigt: ZDF kein Nachrichtenmedium, sondern Meinungsorgan“.
„Tichys Einblick“: „Ideologie im Nachrichtenkostüm“Screenshot: „Tichys Einblick“

„Tichys Einblick“ tut so, als hänge die juristische Unterscheidung zwischen „Tatsachenbehauptung“ und „Meinungsäußerung“ am Absender; als habe das Gericht irgendeine Art von Urteil über das ZDF als Nachrichtenmedium getroffen. Das ist grober Unfug.

Auf dieser falschen Interpretation baut „Tichys Einblick“ einen ganzen schwindelerregenden Turm aus Unterstellungen über das ZDF auf. Redundanz ist beim Einhämmern dieser Botschaften offenbar eine redaktionelle Tugend bei „Tichys Einblick“:

„Das Landgericht Hamburg hat mit einem Beschluss nun bestätigt, was viele Zuschauer längst ahnten: Das ZDF macht keine Nachrichten, es macht Meinung. Und zwar die seiner Redakteure.“

„Das Gericht erkennt also selbst an: Die Redaktion des öffentlich-rechtlichen Senders teilt dem Publikum nicht mit, was ist, sondern was sie meint, dass sei. Das ZDF spricht nicht über die Wirklichkeit, sondern aus seiner eigenen Weltsicht. Und diese Weltsicht ist – man darf das nun mit richterlicher Rückendeckung aus dem aktuell entschiedenen Fall sagen – subjektiv, wertend, parteiisch.“

„Eine Nachrichtensendung also, die Wertungen und Meinungen verbreitet, darf das laut Landgericht – sie muss nur dabei bleiben, dass sie meint, etwas sei falsch.“

„Die Hamburger Entscheidung macht damit mehr sichtbar, als es wohl beabsichtigt hat. Es beschreibt nicht nur einen konkreten Streitfall – es beschreibt den Zustand eines ganzen Systems.

Ein System, das nicht mehr berichtet, sondern belehrt. Nicht mehr informiert, sondern bewertet. Und in dem die Wahrheit keine Kategorie der Information mehr ist, sondern nur noch eine des Gefühls.“

„Das ZDF darf andere Medien herabsetzen, weil es ‚nur‘ seine Meinung äußert – und beweist damit, dass es keine Nachrichteninstitution ist, sondern ein Meinungsorgan im Besitz des Staates.“

Und so weiter und so fort.

Die Meinung ist an Tatsachen geknüpft

Während der anonyme Redakteur von „Tichys Einblick“ endlos dieselben falschen Interpretationen des „Urteils“ wiederholt (das genau genommen nicht einmal ein „Urteil“ ist, sondern ein „Beschluss“), lässt er ein zentrales Detail völlig weg: Dass das ZDF nach Ansicht des Gerichtes Argumente für seine „Falschmeldungs“-Bewertung vorgelegt hat, die „Anknüpfungstatsachen“ darstellen. Mit anderen Worten: Die Meinung ist an Tatsachen geknüpft und nicht einfach eine wilde, völlig haltlose, nicht nachvollziehbare Unterstellung. Eine Meinungsäußerung, für die kein Mindestbestand an „Anknüpfungstatsachen“ vorliegt, ist unzulässig. 

Nun kann man darüber streiten, ob die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF zu viele Wertungen und Einschätzungen enthalten – auch wenn die Einordnung von Fakten selbstverständlich zum Journalismus gehört, insbesondere in den Nachrichtenmagazinen wie „Heute Journal“ und „Tagesthemen“. Man kann auch darüber streiten, ob die jeweiligen Wertungen zutreffen. Aber eines kann man nicht: Aus der Tatsache, dass ein Gericht eine Formulierung in einem Beitrag als Wertung interpretiert, schließen, dass der Sender kein Nachrichtenmedium ist.

Das aber tut „Tichys Einblick“ und tut sogar so, als sei die Niederlage vor Gericht genau das, was man angestrebt hatte:

„Tichys Einblick geht es nicht um ein Verbot einer alten Sendung oder um eine einmalige Gegendarstellung, sondern um die juristische Klarstellung, dass auch der gebührenfinanzierte Sender keine neutralen Fakten transportiert, sondern redaktionelle Meinungen. Nun liegt die richterliche Bestätigung vor: Wenn das ZDF Urteile über andere Medien fällt, spricht dort nicht eine neutrale Nachrichtenschicht, sondern die persönliche Sicht einer Redaktion, die ihre politischen Maßstäbe mit dem Etikett der Objektivität versieht. (…)

Das ZDF darf andere Medien herabsetzen, weil es ‚nur‘ seine Meinung äußert – und beweist damit, dass es keine Nachrichteninstitution ist, sondern ein Meinungsorgan im Besitz des Staates. (…)

Die ‚Grundversorgung‘ der Bevölkerung mit Nachrichten ist eine wesentliche Aufgabe. Die willkürliche Meinungsabsonderung der Redakteure kann damit nicht gemeint sein, und schon gar nicht die damit verbundene einseitige Verdrehung von Fakten. Das jetzt ergangene Urteil in Hamburg ist ein weiteres Puzzleteil in der jetzt zu beantwortenden Frage: Wie unfair operieren ZDF und ARD?“

Das wäre vielleicht richtig gewesen, wenn die Leute von „Tichys Einblick“ vor Gericht gewonnen hätten. Haben sie aber nicht.

17 Kommentare

  1. Was lustig ist: Ich finde „LG Hamburg bestätigt“ klingt wie eine Tatsachenbehauptung. Und ich finde, die Juristen des ZDF dürfen das gerne prüfen und eventuell Schritte einleiten.

  2. Aber interessant:
    „Eine Meinungsäußerung, für die kein Mindestbestand an „Anknüpfungstatsachen“ vorliegt, ist unzulässig. “
    Haben wir nicht immer wieder gelesen., jeder dürfe über alles seine Meinung haben , völlig faktenfrei ? Und müsse dann damit leben dass diese Meinung nicht unwidersprochen bleibe ?

  3. @jörg: Meinung „haben“ kann ich natürlich, welche ich will.

    Und hier geht es natürlich um Meinungsäußerungen, die andere negativ betreffen – insofern stellt der zitierte Satz von mir die Sache eh ein bisschen verkürzt dar.

  4. Was ist eine „neutrale Nachrichtenschicht“? Ist das wirklich so bei Tichys Einblick formuliert wurden?

  5. Okeeee…
    Eine gewisse Schwammigkeit ist ja schon gegeben, aber weil eine ZDF-Aussage jetzt eine Meinung ist, ist ja nicht jede ZDF-Aussage eine Meinung.
    Andererseits ist das schon ein Argument dafür, Meinung und Meldung möglichst zu trennen.

  6. @5: Ich denke, es sollte „Nachrichtensicht“ heißen, da im folgenden Halbsatz auch von der „Sicht der Redaktion“ die Rede ist. Der Fehler ist bereits im Original und nicht beim Zitat passiert.

    In dem Zusammenhang habe ich mich mal ein bisschen umgesehen.
    Der Podcast zum Thema ist vom Tichy Autor Holger Douglas, während der originale Artikel (mit ganz ähnlicher Überschrift) vom 21.10. noch immer anonym unter „Redaktion“ online ist, komischerweise aber bei Google nur seeeeehr schwer zu finden ist.
    Man findet viel einfacher die Inhalte dieses Artikels auf Kopierseiten wie „Kettner Edelmetalle“, „DDBNews“ oder „Freiburger Standard“, die einfach den Tichy Artikel 1:1 auf ihre Plattformen kopiert haben.

    Es ist einfach ein großer confirmation-bias-circlejerk.

  7. „Andererseits ist das schon ein Argument dafür, Meinung und Meldung möglichst zu trennen.“

    @Mycroft: Wenn es kein Beitrag in „Heute Nachrichten“ war, sondern in „Heute Journal“, ist doch genau das passiert. Die „Meldung“ erfolgt in der Nachrichtensendung, die intensivere Aufarbeitung (Hintergrund, Einordnung, Bewertung) im Nachrichtenmagazin. Wenn die Bewertung dazu vernünftig an Fakten anknüpft, ist das doch für ein Nachrichtenmagazin eine qualitative Punktlandung.

    Unabhängig davon, nehme ich wahr, dass Medienformate, die eigentlich das größte Ungleichgewicht von Information und Meinung besitzen (dazu zähle ich neben Tichy auch Welt und andere), am vehementesten gegen „Meinung“ im ÖRR vorgehen. Daher denke ich, denen geht es weniger um journalistische Qualität als um die Deutungshoheit in ihrem Kulturkampf.

    Ein wenig amüsant, wenn der Vorwurf an den ÖRR ein „Regierungssender“ zu sein mit der Forderung nur noch Nachrichten zu vermelden verbunden wird. Würde man dem folgen, wäre der ÖRR ja quasi nur noch ein bundesweites Amtsblatt. Also der Prototyp eines Regierungssenders. ;-)

  8. #8 Ähnlich verhält es sich ja mit der „neutralen“, „wahrheitsgemäßen“ Berichterstattung. Presseorgane jeglicher Art braucht man dann ja auch nicht mehr.

  9. Ich halte nichts davon, wenn sich Medien gegenseitig mit Gerichtsprozessen überziehen. Das ZDF mag rechte Medien nicht, diese das ZDF (und die ARD) ebenso wenig. An der wechselseitigen Abneigung ändern auch Gerichtsurteile nichts. Auch Herrn Niggemeier fällt es schwer, seiner eigenen Weltanschauung zu entfliehen. Aber er bemüht sich und hin und wieder gelingt es ihm.

  10. Wieso „gegenseitig überziehen“?
    Tichy wollte eine Formulierung des ZDF untersagen und ist vor Gericht gescheitert. Gegenseitig war da gar nichts.

    Mit „mögen“ hat das m. E. auch wenig zu tun. Private Medien fühlen sich halt durch einen öffentlichen Rundfunk, der nicht finanziell von einem privaten Inhaber abhängig ist, bedroht. Daher kommen ja auch die Schmierenkampagnen gegen die ÖRRs: Es geht um mehr Umsatz für private Medien. Und den erreicht man natürlich am besten mit knalligen Überschriften und möglichst viel Eskalation. Da wird dann auch ein verlorener Gerichtsprozess zum „Widerstand“ hochgejazzt. Wer’s braucht.

    Diese Studie hier belegt auch noch mal, dass „besonders reaktionsstarke“ Inhalte besser auf Social Media performen, weil sie mehr Klicks und somit mehr Werbeumsatz bringen:
    https://taz.de/Neue-Studie-AfD-und-Linke-in-den-sozialen-Medien-unverhaeltnis-stark-praesent/!6126921/

    Gelingt Ihnen auch hin und wieder mal die Flucht aus der eigenen Weltanschauung? Ist es so abwegig, dass dieser ganze Rechtsruck nur eine billige Marketingmasche von rechten Turbokapitalisten ist, die Angst vor Reglementierungen haben, die Umsatzverluste bedeuteten?

  11. Welchen finanziellen Vorteil hätten denn die privaten rechten Medien, wenn der ÖRR auch mehr rechte Weltbilder verbreiten würde? Das fordern diese Leute doch. Aber es würde ihnen finanziell schaden. Sie werden ja nur deshalb so viel gelesen, weil ihre Leser sich im ÖRR nicht vertreten fühlen, obwohl sie zahlen müssen.

  12. @#12 Anderer Max:

    Diese Studie hier belegt auch noch mal, dass „besonders reaktionsstarke“ Inhalte besser auf Social Media performen, weil sie mehr Klicks und somit mehr Werbeumsatz bringen:
    https://taz.de/Neue-Studie-AfD-und-Linke-in-den-sozialen-Medien-unverhaeltnis-stark-praesent/!6126921/

    etwas spitzfindig: aber genau das belegt diese Studie nicht. In der zugrundeliegenden Studie steht in jenem Abschnitt ein Konjunktiv („könnte“) mit Verweis auf eine andere Quelle.
    Generell wurde die Bertelsmann-Studie die letzten Tage zwar viel wiedergegeben, häufig aber zu stark vereinfacht. Auch die Rahmenbedingungen/Methoden waren in vielen Artikeln/Sharepics stark verkürzt wiedergegeben bis vergessen. Beim zitierte taz-Artikel kann man wenigstens noch nachlesen, dass mit Sockenpuppen-Accounts und Auswertung von Hashtags gearbeitet wurde. Sowie, dass man „junge Menschen“ mit den Sockenpuppen simuliert hat.
    Nach wie vor fehlt es halt an echter Transparenz, was die Algorithmen wem ausspielen…

  13. @13: Danke für die Klarstellung. Mich würde da wirklich interessieren: Welche andere Art der Erhebung könnte es geben, wenn nicht Simulation mit Sockenpuppenaccounts? Klar wäre es schön, wenn die Hersteller ihr Blackbox öffnen würden, aber das wird ja nicht passieren; außer Sie werden von der Demokratie dazu gezwungen, was ich persönlich für erstrebenswert halte.
    Zumindest mir ist auch klar, dass solche Erhebungen zeitlich nur recht eingeschränkt gültig sein können, weil niemand weiß, wann der Hersteller seinen geheimen Code wieder ändert.
    M. E. braucht es eine gesellschaftliche Debatte, ob Firmen diesen Code überhaupt geheim halten dürften, wenn er das Verhalten der Bevölkerung so immens dadurch beeinflusst wird.

    Dass aber generell „reaktionsstarke Inhalte“ mehr Aufmerksamkeit generieren und daher von Werbungsalgorithmen bevorzugt werden – steht das wirklich infrage und muss erst nachgewiesen werden? Mann beißt Hund und so.

  14. „@Mycroft: Wenn es kein Beitrag in „Heute Nachrichten“ war, sondern in „Heute Journal“, ist doch genau das passiert. “
    Ok, das bezog sich auf den anderen Artikel, wo diese Trennung als veraltet kritisiert wurde, weil man als Journalist sowieso immer wertete und man mehr Glaubwürdigkeit ernten könne, wenn man die Trennung gar nicht erst versucht.

  15. @#15 Anderer Max:

    Welche andere Art der Erhebung könnte es geben, wenn nicht Simulation mit Sockenpuppenaccounts?

    Ok. Ich tauche mal etwas mehr ins off-topic ab – versuche mich dafür kurz zu fassen. Eine kleine Übersicht bietet u.a. https://www.adalovelaceinstitute.org/report/technical-methods-regulatory-inspection/

    Ergänzen/verstärken möchte ich noch, dass Sockenpuppen-Simulationen natürlich nicht rückwirkungsfrei sind. Da bin ich mir gar nicht so sicher, ob das immer so geringfügig ist, wie in der verlinkten Seite dargestellt. Außerdem muss man natürlich auf repräsentative Verteilung und Biasses schauen (unterstelle mal, dass die Bertelsmannstudie hier gut gearbeitet hat, weiss das aber nicht en detail). Neue Accounts werden ggfs. von den Algorithmen anders bedient als bestehende Accounts. Und vieles mehr ist zu bedenken.
    Bei Datenspenden stößt man auf ähnliche Probleme in Sachen Auswahl/Repräsentativität, hat insgesamt einen höheren Aufwand Datenspender zu gewinnen. Dafür könnte man bessere/mehr Inside-Daten bekommen (z.B. Insights von Instagram, gespendete Datenauskünfte nach DSGVO, etc.)
    Gesetzlich müsste man auch nicht gleich Offenlegung des Codes fordern, man könnte erst mal festgelegte Analyseergebnisse/KPI der „Blackbox Social Media“ verlangen. Also: was wird reingesteckt, was kommt hinten raus. Den ersten Versuch dazu können wir schon bestaunen. Die Transparenzvorgaben der EU bezüglich politischer Werbung auf großen Plattformen führen aktuell dazu, dass man bei Meta keine solche Werbung mehr buchen kann. Da haben die momentan schlicht keinen Bock drauf. Der Werbetat hierzu ist vielleicht zu gering im Vergleich zum Rest. Mal sehen, wie sich das entwickelt.

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