Amokfahrt in Mannheim

Abstoßende Ratespiele

Es ist gerade erst passiert, da glauben manche schon ganz genau zu wissen, dass ein Ausländer der Täter war – und schlachten es politisch und publizistisch aus. Über ein pietätloses Schauspiel.

Wenn also die Person, die am Montag in Mannheim zwei Menschen mit einem Auto getötet und viele schwer verletzt haben soll, ein Deutscher ist, ein Mann aus dem benachbarten Rheinland-Pfalz – was machen wir dann jetzt? Schnell die Grenzen zu Rheinland-Pfalz dicht? Zaun drum? Abschiebeflüge nach Ludwigshafen?

Blumen und Kerzen am Paradeplatz in Mannheim Foto: IMAGO / epd

Pardon. Das war jetzt polemisch und angesichts der schrecklichen Tat und der vielen Opfer unangebracht. Aber so sind sie ja halt, die Reaktionen, wenn irgendwo jemand Menschen absichtlich überfährt oder sie mit einem Messer angreift. Dann dauert es nie lange, bis Einreisestopps und Abschiebungen gefordert werden. Bis pauschal Ausländer verantwortlich gemacht werden. Bis die Politik gescholten wird, nichts gegen kriminelle Flüchtlinge zu unternehmen. Und es geschieht sogar auch, wenn noch gar nicht klar ist, ob überhaupt eine Person aus dem Ausland für eine Tat verantwortlich ist.

Nicht wissen, sondern glauben, zu wissen

Wenn so etwas passiert wie in Mannheim, dann setzt sich jemand wie der rechtskonservative Publizist Roland Tichy hin und schreibt schnell ein Textchen in sein Online-Magazin „Tichys Einblick“, in dem er über einen „Vernichtungsfeldzug“ gegen die deutsche Bevölkerung fabuliert und die aktuelle Tat mit islamistisch motivierten Taten der Vergangenheit gleichsetzt. Tichy macht das nicht im Wissen, was genau vorgefallen ist, sondern im Glauben, es zu wissen: Wird halt wieder ein Ausländer gewesen sein.

Am Nachmittag, kurz nach der Tat, postet er seinen Artikel auf X mit den Worten:

„WIEDER: Wieder Mordanschlag mit einem Auto, diesmal wieder Mannheim. Und wieder: Die Politik wird nichts zum Schutz der Bevölkerung unternehmen und die Zuwanderung wieder weiter beschleunigen.“

Und später noch einmal:

„Wieder Morde. Und wieder Sprüche von Politikern. Und sicherlich wieder Demos gegen Rechts. Und wieder keine Maßnahmen. Und wieder neue Flüge mit Air Baerbock aus Afghanistan. Wieder und wieder und wieder und nichts geschieht.“

Zu diesem Zeitpunkt gibt es bereits Meldungen, dass der mutmaßliche Täter ein Deutscher sein soll. Und möglicherweise psychische Probleme habe.

Aber dass es eine Amokfahrt gewesen sein könnte, die nicht politische, nicht „islamistische“ Motive, sondern psychische Gründe gehabt haben könnte, kommt für Leute wie Tichy nicht infrage. Psychische Probleme sind für resiliente Alpha-Hähne wir ihn nur eine faule Ausrede. Eine Ausrede, mit der aus seiner Sicht gerade bei ausländischen Tätern davon abgelenkt werden soll, dass sie halt Ausländer sind und deshalb kriminell.

Falschmeldung: „dunkler Hauttyp“

Um das zu illustrieren, bringt Tichy in seinem Text eine Falschmeldung unter, die er nutzt, um gegen psychische Erkrankungen und Ausländer zu wettern. Laut eines Polizeiberichts, schreibt er, habe der Täter „dunkle Hautfarbe“ – um dann polemisch anzumerken, dies sei ein „untrüglicher Hinweis“, dass der Mann nicht bestraft, sondern in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werde.

Der Polizeibericht, von dem Tichy spricht, ist offenbar ein Fake. Er kursierte unter anderem auf X, auch das rechte Online-Magazin „Apollo News“ verbreitete den angeblich „internen“ Vermerk der Behörden, in dem stehe, der Täter habe einen „dunklen Hauttyp“.

Inzwischen wurde diese Falschnachricht aus dem „Apollo“-Text entfernt – im Vorspann aber steht sie immer noch. Wie eben auch bei Roland Tichy. Oder in dem hohlen, obendrein dreist falschen Post der AfD-Bundestagsabgeordneten Nicole Höchst, die mithilfe eines Fotos, das nichts mit Mannheim zu tun hat, insinuiert, der Täter von Mannheim könnte doch Ausländer sein.

Leute wie sie und Tichy machen sich nicht mal mehr die Mühe, ihre Fakes und Schnellschüsse zu widerrufen oder klammheimlich zu löschen, wenn dann herauskommt, dass es ein Rheinland-Pfälzer war. Tichys Posts und sein Text – alles weiterhin online. Es ist offensichtlich egal. Tichy fordert auch Konsequenzen für Ausländer, wenn eine Tat gar nicht von einem Ausländer begangen wurde. Hätte ja aber so sein können, nicht wahr?

Auch der Post der rechten „Nius“-Kolumnistin Birgit Kelle ist weiterhin online. Kurz nach der Tat schrieb sie:

„Wieviele Tote braucht es noch, bis die Grenzen endlich zu sind und wir konsequent abschieben? Stattdessen landet am Mittwoch der nächste Flieger und bringt weitere Migranten auf Staatskosten nach Deutschland.“

Frauke Petry, die frühere AfD-Vorsitzende, hatte ebenfalls schnell eine Ahnung angesichts der Meldung, in Mannheim sei ein Auto in eine Menschenmenge gefahren:

„Wollen wir raten? Täter mit Migrationshintergrund, ausreisepflichtig, psychisch gestört?“

Nein, wir wollen nicht raten.

Fehlgelenkte Debatte

In den vergangenen Wochen, Jahren hat es immer wieder Attentate von Menschen gegeben, die nicht in Deutschland geboren wurden. Die als Flüchtling hier hinkamen. Die sich radikalisiert und politisch-religiöse Motive hatten. Der Reflex, nach einer Tat zu denken, es könnte abermals so einen Hintergrund haben, ist nachvollziehbar, gerade nach einem Wahlkampf, in dem es um fast nichts anderes ging. Aber es still anzunehmen oder auszuposaunen, um damit Stimmung zu machen, ist ein Unterschied.

Sobald es zu so einer Tat kommt, wird spekuliert. Der empfundene Druck auf Behörden und Medien, schnell zu sagen, woher der Täter denn stamme, steigt dadurch minütlich. Es ist vermutlich naiv anzunehmen, dass das in einer digitalen Mediengesellschaft und unter den aktuellen politischen Begebenheiten anders ginge, ausgeruhter, bedachter. Aber einfach hinnehmen? Hinnehmen, dass es inzwischen sogar nicht mehr reicht, wenn es heißt, es sei ein Deutscher? Dass da dann auch, wie etwa bei „Zeit Online“, stehen muss: „Deutscher ohne Migrationshintergrund“, um letzte Zweifel auszuräumen?

Es ist das Resultat einer fehlgelenkten Debatte, die von Rechts dominiert wird. Und das alles passiert in nur wenigen Stunden. Die Leichen sind gerade abtransportiert, das Trümmerfeld ist noch nicht mal ganz aufgeräumt, da reiben sich Menschen in gewissen Kreisen schon die Hände, weil sie die Tat eines Ausländers wittern, die sie – auch publizistisch – instrumentalisieren können. Ein abstoßendes, pietätloses Schauspiel.

28 Kommentare

  1. Es ist das Resultat einer fehlgelenkten Debatte, die von Rechts dominiert wird.

    Nein. Und Sie wissen das auch.
    Es waren nicht die Rechten, die nach dem Massenmord an Gil Ofarim Freudentänze aufgeführt haben.
    Es waren nicht die Rechten, die sich nach dem Grevesmühlischen Kindermord vor Freude gar nicht wieder eingekriegt haben.
    Es waren nicht die Rechten, die nach dem Pegida-Mord am Flüchtling Khaled Idris (dem ersten Pegidatoten) landesweite Protestmärsche aufgezogen und eine weltweite Hetzkampagne lanciert haben.
    Es waren nicht die Rechten … aus Platzgründen möchte ich mich hier auf die bekanntesten und widerwärtigsten Hetzkampagnen von links beschränken.

    Es waren und sind nicht die Rechten, die das Lügenmärchen von der ausländerfeindlichen Gewalt bis zu Erbrechen erzählt haben und, wenn auch nicht mehr so laut wie früher, immer noch erzählen.

    Das ist der Hintergrund vor dem sich das ganze abspielt.
    Ich habe auch gestaunt, wie schnell sich einige schon vor der Veröffentlichung der Ermittlungsergebnisse festgelegt haben; man könnte ja mal eine halbe Stunde warten.
    Was nichts daran ändert, dass diese fehlgeleitetet Debatte von Links eingeführt wurde und größtenteils immer noch geführt wird.

  2. #1: Klar kommt das alles von Links. Hitler war ja auch ein Linker wie wir alle mittlerweile lernen durften ….

  3. @#1: Von welchen linken Kräften sprichst du? Die meisten Parteien stehen doch mittlerweile rechts der Mitte. Und was haben deine Beispiele mit der von rechts befeuerten Migrations-Debatte zu tun, die nicht zuletzt auch den Wahlkampf dominierte?

    Selbst wenn du hier richtig liegen würdest, entkräftet das die Aussage des Textes nicht. Oder habe ich verpasst, dass nach dem Pegida-Mord medienübergreifend über Abschiebungen geredet wurde? Dann hätte ich gerne Beispiele.

  4. @2-5
    FrankD ist ein rechter Troll der ungeniert Lügen verbreitet. Am besten einfach ignorieren.

  5. „Leute wie sie und Tichy machen sich nicht mal mehr die Mühe, ihre Fakes und Schnellschüsse zu widerrufen oder klammheimlich zu löschen, wenn dann herauskommt, dass es ein Rheinland-Pfälzer war. Tichys Posts und sein Text – alles weiterhin online.“ – Und genau das ist der Unterschied zwischen dem ÖRR und Presseorganen, die über den Presserat abgemahnt oder zu Gegendarstellungen gezwungen werden können, und dem „free speech“ in den sozialen Medien.

  6. Sehr schöner Beitrag!

    An mir selbst merke ich das Gegenteil: „Hoffentlich war es nicht wieder ein Asylbewerber, sonst kocht die Scheiße wieder hoch.“ Was genauso dämlich ist, weil es um so etwas nicht in erster Linie gehen sollte, schon gar nicht in dem Moment, wo vieles nicht klar ist.

    Es sind schon merkwürdige Reflexe, die man sich antrainiert hat…

  7. Ehrlichgesagt fühlte ich Erleichterung, dass es dieses Mal nicht die Flüchtlinge im Ruf schädigen würde…

    Ich hasse mich und die Medien dafür, wo ich angekommen bin! Die Sorge, dass psychisch Kranken mehr geholfen werden muss (ungeachtet der politischen Ausrichtung) versickert zunehmend.
    Keine Brennpunkte oder Spitzengespräche. Sowas gehört wohl dazu…

  8. Wir sollten Übermedien das Geld von FrankD gönnen, ihn aber wirklich in den Kommentaren einfach ignorieren.

  9. @12: Taxifahrer Muhammad A. wurde durchaus gewürdigt, an vorderster Stelle auf der Seite der „Bild“.

  10. oh da muss ich mich entschuldigen. Hab da nicht gut hingeschaut. War wohl auch Voreingenommenheit meinerseits. Ärgert mich grad selbst, hab in letzter Zeit eine Recht kurze Zündschnur und urteile immer wieder vorschnell.

  11. Grundsätzlich stellt sich mir die Frage, wie man denn bspw. einen psychisch kranken Islamisten im Falle eines Anschlags bzgl. der Motivlage beurteilen würde?
    Mir scheint es fast, dass bestimmte Psychopathologien mit dem Ziel der Radikalisierung und Willensbeugung bestimmter Individuen, tragisch vortrefflich harmonisieren.

    Von meiner laienhaften Warte aus beurteilt, ist ja geradezu jeder dieser Täter pathologisch. Gibt es da einen Schwellwert, und ist dieser ein anderer, wenn die Art der Radikalisierung eine andere ist?

    Verstehen sie mich bitte nicht falsch: Ich frage mich das tatsächlich.

  12. @14: Ja, das geht uns wohl allen so: Wir urteilen immer wieder vorschnell. Auch ein „Florian Blechschmied“. Auch ein „Frank Gemein“?

  13. @16:
    Ich sehe den Zusammenhang mit meinem Druko jetzt zwar nicht, aber wenn es eine neue Frage ist:
    Natürlich urteile auch ich mitunter mal vorschnell und/oder verkenne meinen eigenen Bias.
    Zudem lass ich mir allgemein zu wenig Zeit, meine Kommentare noch mal kritisch durchzulesen, bevor ich auf Senden drücke.

  14. Oder habe ich verpasst, dass nach dem Pegida-Mord medienübergreifend über Abschiebungen geredet wurde

    Nein, das haben Sie nicht verpasst.
    Aber interessant wäre zu erfahren wie Sie auf die Idee kommen, dass medienübergreifend Abschiebungen gefordert werden sollten, wenn die Pegida einen Flüchtling ermordet.
    Können Sie mir das sagen?

  15. Nun, ich habe ihr Argument nicht verstanden und verstehe es immer noch nicht. Sie haben nach meinem Verständnis die Abschiebedebatten, befeuert durch instrumentalisierte Straftaten von migrantisch gelesenen Menschen, gegen deutlich kleiner geführte Debatten gegen Rechtsextremismus gestellt. Erklären sie doch mal, warum sie das tun und vorallem im Kontext des Artikels, bei dem es eben um was anderes geht. Zum Thema haben sie nichts beizutragen? Ihr Beitrag hinterlässt den Beigeschmack, dass sie Abschiebungen aufgrund der Nationalität und generell Menschenfeindlichkeit befürworten.

    Nur, weil die Menschenfeindlichkeit der Rechtsextremen auch feindliche Reaktionen auslöst, heißt das nicht, dass sich das irgendwie aufhebt oder rechtfertigt. Die Feindlichkeit gegenüber Rechtsextremismus ist ein Ausdruck davon, deren pauschale Menschenfeindlichkeit nicht gutzuheißen. Hier gibt es einen konkreten Anlass und der ist vor allem ein verurteilenswerter.

    Rechtsextreme verurteilen jedoch keine Taten und die Personen, sondern pauschal alles Fremde und fordern auch unmenschliches. Das gibt‘s bei linksextremen Strömungen auch, aber wo ist denn der politische Linksruck mit solch extremen Zügen, über den man jetzt diskutieren müsste.

    Ich unterstelle Ihnen, dass sie böswillig Nebelkerzen zünden und sich im Whataboutism suhlen, um von Thema abzulenken. Vielleicht haben Sie einen guten Grund, weil Sie sich durch den Artikel angegriffen fühlen, weil Ihnen Migration irgendwie Sorgen bereitet und sich n einen Topf geworfen fühlen.

    Dann wäre es aber eher zielführender, sich der Angst zu stellen und vielleicht auch mal mit etwas mehr Rationalität die Fakten anzuschauen, statt sich von irgendwelcher emotionalisierter Meinungsmache mit dem Instrument der Verdrehung von „alternativen Medien“ oder Telegramm beeinflussen zu lassen.

  16. @Nils: Ich würde dem Rat von #6, #7 und #11 folgen und das Ganze einfach ignorieren. An dem ersten Kommentar gibt es nichts zu verstehen:
    „Massenmord an Gil Ofarim“ – was soll das sein? Selbst wenn eine Person ermordet worden wäre, wäre es wohl kein Massenmord.
    „Grevesmühlischen Kindermord“ – auch da wurde niemand ermordet. Den rassistischen Vorfall gab es aber, gerade wurde Anklage erhoben.
    „Lügenmärchen von der ausländerfeindlichen Gewalt“ – das ist offensichtlich der Punkt, der mit dieser wirren Zusammenstellung untermauert werden soll.
    Argumente führen da ins Leere.

  17. Nicht selten ist es das, was manche Menschen witzig finden, was entblößt, wie verkorkst und kaputt sie eigentlich sind.

  18. Tatsächlich habe wir hier ja ein grundsätzliches Problem.
    Volker Pispers 2007:
    https://www.youtube.com/watch?v=unX6mu4OxE8

    Gerade lese ich ein Buch von Rutger Bregman, „Im Grunde gut
    Eine neue Geschichte der Menschheit“.
    Der Autor beschreibt in dem Buch auch, dass er große Schwierigkeiten hatte einen Verlag zu finden, besonders in Deutschland.
    Weil die Gedanken und Studien, die er da zusammengetragen hat, nicht in das vorherrschende Narrativ passen.
    Das da wäre:
    Die Zivilisation ist nur ein dünner Firnis auf der Oberfläche des Menschen und kratzt man daran, dann kommt unvermeidlich das Monster zum Vorschein und Schlimmes passiert!

    Er debunkt dabei nicht nur das Stanford Prison Experiment oder die blutrünstigen Märchen über die Einwohner der Osterinseln, er findet auch die letzten Zeitzeugen eines Ereignisses, welches die erfundene Geschichte in „Der Herr der Fliegen“ komplett umdreht. Aus „Survival of the Fittest“ wird das „Survival of the Friendliest“. Empathie und soziale Intelligenz liessen den Homo Sapiens die Erde erobern, in einem Vorgang der Selbstdomestizierung.

    Bei jeder größeren Katastrophe beherrschen die Medien Geschichten über Plünderungen, Vergewaltigungen, Willkür und Grausamkeit. Befragt man aber die Zeugen, dann beschreiben diese so gut wie ausschliesslich das exakte Gegenteil.
    Die Grausamkeiten und Gewalttaten kommen vor, aber weit überwiegend sind es Geschichten von Menschen, die sich helfen. Menschen, die andere vorlassen in die Rettungsboote, obwohl es das eigene Leben gefährdet, die die letzte Nahrung teilen, ins eiskalte Wasser springen, um jemanden zu retten.
    Hollywood aber zeigt eigentlich immer das Gegenteil.
    Bregman bringt Dutzende gut recherchierte Beispiele. Auch das in der Psychologie gelehrte „Zuschauerphänomen“ hält einer Überprüfung nicht stand.
    Und da schliesst sich der Kreis:
    Es sind die Journalist:innen, die u.a. dafür sorgen, dass unser Blick auf die Gesellschaft ein anderer ist. Die Menschen erleben die Welt immer mehr vermittelt durch Medien.
    Was ist aber der Stoff, der eine Geschichte einträglich macht? Was sind die Dinge, die mir nur begegnen, weil ich sie geradezu suchen musste? Denken wir an Nietzsches berühmten Ausspruch:
    „Wenn einer nur lange genug in einen Abgrund blickt … “
    Oder in der Ökonomie:
    Eigentlich überall wird an den Fakultäten der homo oeconomicus, mit diversen Einschränkungen hier und da, als Axiom wirtschaftlichen Handelns des Menschen gesehen.
    Nun scheint das aber in weit größerem Maße für diejenigen zu gelten, die Wirtschaftslehre studiert haben, als für alle anderen.
    Quasi eine self-fullfilling theory.
    Ebenso könnte es auch mit der sog. Fassadentheorie sein.
    Eichmann oder Mengele handelten nicht, weil die Fassade gefallen war, sondern weil sie wirklich überzeugt waren, von dem, was sie da tun.
    Es war für sie richtig und daher gut, so absurd und furchtbar sich das auch anhört.

    Also, was sind Terroristen, warum sind Fremde für uns als Terroristen anscheinend geeigneter, und vor allem, warum tun die Medien, und auch die angeblichen größten Gegner von Terroristen, exakt das, was die Terroristen von ihnen wollen, weil es die Taten erst erfolgreich macht?

    Welche Bilder wollen beide Fraktionen in unsere Köpfe pflanzen und warum?

    Natürlich soll nichts verschwiegen werden. Aber eingeordnet!
    Es kann doch nicht sein, dass wir uns als Wirkverstärker in einem asymmetrischen Konflikt hergeben.

  19. #23: Danke für Ihren Kommentar! U. a. wegen solcher Debatten und Denkanstöße lieb‘ ich übermedien.de.

    Es zeigt mir, dass es noch Menschen gibt die selbstständig denken und einordnen können und das ohne permanent darauf hinweisen zu müssen, wie selbstdenkend man doch sei.

  20. @ Frank Gemein
    Wieder ein schöner Kommentar von ihnen, danke. Bringt wieder Anregungen für den eigenen Horizont.
    Volker Pispers macht einfach immer wieder Spaß
    „Im Grunde gut“ auch schon gekauft aber noch nicht gelesen. Freu mich jetzt umso mehr darauf.
    Ein paar dieser „gute Menschen“ Geschichten hab ich auch vor vielen Jahren gelesen in Horst Stowasser`s Leben ohne Chef und Staat.
    Und auch sonst bin ich überzeugt von den Theorien des eigentlich guten Menschen.
    Und es hilft dem eigenen Gemüt schon sehr wenn man im ganz kleinen Maßstab anfängt und einfach mal nett und freundlich ist zu den Menschen die man begegnet. Wie schon Buddha sagte:
    ‚Thousands of candles can be lighted from a single candle, and the life of the candle will not be shortened. Happiness never decreases by being shared.‘

    Und damit wünsche ich allen ein schönes Wochenende.

  21. Manche Ameisenarten entwickeln keine Soldatenkaste, sondern ihre Arbeiter greifen Feinde per Selbstmordattacke an. Ameisen sind sehr soziale Wesen.
    Der Selbstmordattentäter glaubt, fürs höhere Wohl der eigenen Gruppe zu handeln, der Nichtselbstmord-Attentäter glaubt das auch, nur plant er, das später noch zu wiederholen.
    Ausnahmen sind höchstens die mit eingeschränkter Zurechnungsfähigkeit.

    Ja, ich weiß, was Zynismus ist.

  22. Eigentlich wollte ich jetzt was über Jordan Peterson und Hummer antworten, aber ich schenke mir das besser mal. Was darauf immer folgt ist selbst mir langsam klar.

  23. Dass mit den Hummern meinte ich gar nicht. Aber Sie haben ja Recht, es ist nicht ganz dasselbe.
    Evolution hat Ursachen, Menschen haben Gründe.
    Die Ursache, dass manche Ameisenarten Selbstmordattentäter haben, ist der, dass es sich für sie nicht lohnt, Soldaten durchzufüttern, weil sie so selten Kriege führen.
    Der Grund, aus dem Terroristen Anschläge verüben, anstatt Kriege zu führen, ist der, dass sie den Krieg verlieren würden.

    Man hat vor fremden Soldaten grundsätzlich mehr Angst als vor den eigenen, also müsste man auch vor fremden Terroristen mehr Angst haben als vor den eigenen. Ist schon bei den Soldaten nicht ganz rational, weil schon eine Menge Menschen von den eigenen Soldaten erschossen wurden, aber wie rational kann Angst überhaupt sein?

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