Notizblog (11)

Jan Fleischhauer irrt

Unter der „Focus“-Kolumne von Jan Fleischhauer steht immer der Satz:

Er sieht sich als Stimme der Vernunft – was links der Mitte naturgemäß Protest hervorruft.

Er hat Glück, dass die Vernunft nicht vor Gericht ziehen kann, um juristisch feststellen zu lassen, dass sie schön für sich selbst spricht und jedenfalls dieser Herr Fleischhauer nicht ihre Stimme ist.

Die Vernunft muss es hinnehmen, dass man polemischen Unsinn über sie verbreitet. Das hat sie mit der Bundesregierung gemein, die das gerade vom Bundesverfassungsgericht nochmal schriftlich bekommen hat. Es urteilte, dass dem Staat „kein grundsätzlich fundierter Ehrenschutz zukommt“: Er müsse „grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik“ aushalten.

Das Gericht hatte vor zwei Wochen eine Verfassungsbeschwerde des „Nius“-Chefredakteurs Julian Reichelt gegen einen Beschluss des Berliner Kammergerichtes behandelt. Es geht um einen Tweet Reichelts, der zusammen mit einem Link auf einen „Nius“-Artikel gepostet hatte:

Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 MILLIONEN EURO (!!!) Entwicklungshilfe an die TALIBAN (!!!!!!). Wir leben im Irrenhaus, in einem absoluten, kompletten, totalen, historisch einzigartigen Irrenhaus. Was ist das nur für eine Regierung?!

Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, ließ Reichelt daraufhin abmahnen, weil es sich um eine falsche Tatsachenbehauptung handele: Es sei kein Euro an die Taliban geflossen; das Geld ging an Nichtregierungsorganisationen und die Vereinten Nationen.

In der ersten Instanz bekam Reichelt recht, in der zweiten gewann die Bundesregierung. Nun gab das Bundesverfassungsgericht Reichelts Verfassungsbeschwerde statt und kassierte das Verbot des Tweets.

Nee, nicht der Satz, der andere

Jan Fleischhauer: Am Rande des Meltdowns
Fleischhauers aktuelle Kolumne Ausriss: „Focus“

Über den Vorgang ist an vielen Stellen berichtet worden, und Fleischhauer dient er im heute erschienenen „Focus“ als Vorlage für einen zweiseitigen Aufguss der beliebten Frage: „Ist die Koalition von allen guten Geistern verlassen?“ Nur hat er in seiner Fassungslosigkeit nicht verstanden (oder nicht verstehen wollen), wogegen die Bundesregierung tatsächlich vorgegangen ist.

Er behauptet, dass es der Teil mit dem Irrenhaus war. Die (jetzt kassierte) Entscheidung des Berliner Kammergerichts, fasst er mit den Worten zusammen:

Was immer die Berliner Richter geritten haben mag: Sie gaben der Ministerin recht und untersagten Reichelt seine Äußerung. Dass wir in einem Irrenhaus leben würden, entspreche nicht den Tatsachen (…).

Diesen Teil des Tweets hat die Bundesregierung aber gar nicht angegriffen. Angegriffen hat sie die Behauptung, sie zahle 370 Millionen Euro an die Taliban – eine Aussage, die streng genommen eindeutig falsch, als polemische Zuspitzung und Meinung aber je nach Kontext möglicherweise zulässig ist. Als Kontext spielte der „Irrenhaus“-Satz in den verschiedenen Gerichtsentscheidungen eine Rolle; selbst angegriffen wurde er nicht.

Diese Tatsache ignorieren Fleischhauer und ein theoretisch vage vorstellbares Faktencheck-Team beim „Focus“ aber, schließlich wird der Irrenhaus-Satz gebraucht, um daran das ganze Alle-verrückt-geworden-Thema der Kolumne aufzuhängen: „Wir haben es mit einer Regierung am Rande des Nervenzusammenbruchs zu tun“, diagnostiziert Dr. Fleischhauer, und stützt diese Diagnose unter anderem darauf:

Wir leben in einem Irrenhaus? Vielleicht keine besonders elegante Beschreibung der Situation. Aber doch kein Satz, wegen dem man vor Gericht geht, um den Urheber zur Verantwortung zu ziehen.

Stimmt. Und ist ja auch niemand.

18 Kommentare

  1. Irre ist auf jeden Fall, daß sowohl ein Ministerium als auch Reichelt drei Gerichte beschäftigen. Wegen eines Tweets.

  2. @1
    Über die verbliebene Bedeutung der rechten Hetzplattform „X“ mag man geteilter Meinung sein. Aber das offensichtlich unzutreffende Behauptungen, die via social media verbreitet werden, Meinungen „machen“ (genauer; manipulieren) sollen, ist nicht zweifelhaft. Deshalb ist es absolut gerechtfertigt, dagegen vorzugehen, auch wenn das Risiko besteht, dass das Bundesverfassungsgericht die unwahre Tatsachenbehauptung durchwinkt, indem es ihr (mit einer sehr knappen Begründung, Rn. 37 f. der Entscheidung) einen anderen Sinn als das offensichtlich Gemeinte beizulegen versucht.

    Das Kammergericht wird damit im Übrigen nochmals als „vierte Station“ befasst, da die Sache zurückverwiesen wurde. Es ist möglich, dass das Gericht mit einer ergänzten Begründung nochmals zu demselben Ergebnis kommt.

  3. Es ist schwer für alle, die Herrn Reichelt nicht mögen. Er hat einen Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht gewonnen. Und die Bundesregierung hat verloren. Wie schön, dass wir in einem Rechtsstaat leben.

  4. @#3:
    Es ist so transparent: Es gehört zum Handwerkszeug rechter Krakeeler, den Begriff Rechtsstaat immer so zu verstehen und zu missverstehen, wie es ihnen gerade in den Kram passt. Wenn es zu ihren Gusten steht und man damit das Gegenlager anpissen kann, wird die „Meinungsfreiheit“ hochgehalten und der „Rechtstaat“ gelobt. Im Gegenzug wird der Justiz aber „Befangenheit“ und „Systemkonformität“ vorgeworfen, wenn zu ihren Ungunsten entschieden wird.

    Fakt ist, dass jemand, der die Wahrheit gesagt hat, deswegen im Gefängnis sitzt (Assange) und jemand, der offensichtlich dreist lügt und verleumdet frei herumläuft (Reichelt).

  5. @4: Es gibt sicherlich einen akademischen Begriff für mein Geschreibsel, aber ich kann es nur in eignen Worten sagen ….

    Das inhärente Problem ist der „moralische Anspruch“, den verschiedene Gruppen selbst haben und nach außen vertreten. An Gruppen, die moralisch argumentieren (z. B. Klimawandel ist schädlich für alle, also sollten alle was dagegen tun), stellt man automatisch größere moralische Anforderungen, als an Gruppen, die z. B. nur zum Selbstzweck agieren.
    An rechte Krakehler und „Rechtsstaat“-Freunde werden schlicht keine moralischen Ansprüche gestellt. Niemand sagt „Oh, dieser polemischen Ausspruch von Julian Reichelt wird ihn sicher Glaubwürdkeit kosten“.
    Umgekehrt aber wird jeder „moralische Fehltritt“ von Gruppen, die moralisches Handeln nach außen vertreten als „Ausverkauf der Werte“ bewertet werden. „Kumma, Greta fliecht mit Fluchzeuch, Irrenhaus!“

    Das politische Ringen wird also niemals mit gleichen Mitteln geführt, weil von unterschiedlichen Gruppen völlig unterschiedliche Verhaltensweisen erwartet werden.

    Sieht man hier ja auch wieder: Selbst wenn Reichelt „gewonnen“ hat, nimmt die Abteilung Rechtspolemik das zum Anlass, noch einmal über den Inhalt des Verfahrens zu lügen. Und es wird sie nichts kosten. Im Gegenteil, die Zielgruppe findet’s geil. Geglaubt wird, was in den Kram passt.
    Und in aller Hilflosigkeit wird noch einmal „Rechtsstaat“ gejault. Der dann wieder so lange als „gut“ geframt wird (wie #5 auch schon treffend feststellte), bis es wieder um „Freiheitsrechte“ geht. Dann wird der Rechtsstaat als „schlecht“ geframt, wenn ihm die Gerichte Recht zusprechen und das System ist korrupt und Irrenhaus und Blabla.
    Kann man dann alles raushauen, weil wieso sollte eine „Sebstzweck-Gruppe“ den Rechtsstaat akzeptieren, wenn es gegen die eigenen Interessen geht? Der Rechtsstaat (oder zumindest das Proklamieren der Gutheit des Rechtsstaats) ist bei diesen Gruppen Mittel zum (Selbst-)Zweck und wird selbstverständlich ignoriert, wenn der Rechtsstaat nicht im Sinne des Selbstzwecks entscheidet.

    Auch 8 Jahre nach der rechtspolemischen Großoffensive hat die Medienlandschaft immer noch keinen Umgang mit dieser unaufrichtigen, anbiedernden und inhärent moralisch anspruchslosen Kommunikationskultur gefunden.
    Außer, dass man die ganzen Player jede Woche wieder zum Gespräch bei Maischberger und Co. lädt, weil es Quote bringt.

  6. Die Frage, ob wirklich die Taliban das Geld kriegen, bzw. inwiefern diese Aussage als Überspitzung zulässig wäre oder nicht, ist ja sicher eine Diskussion wert, meinetwegen auch vor Gericht.
    Aber ein(en) Prozess(ergebnis) falsch wiedergeben, ist ja mal ein Klassiker. Vor allem hier könnte man, wenn man auf Reichelts Seite ist, ja mit demselben moralischen Furor verkünden, dass das Geld zwar nicht direkt bei den Taliban landen würde, aber dass Entwicklungshilfe für Afghanistan ja „nur“ den Taliban zugute käme und überhaupt. Aber dann müsste man ja selber denken.
    (Diskläimer: wenn Reichelt etwas sauberer formuliert hätte, wäre er nicht vor Gericht gelandet, und da darf man sich schon fragen, was er denn so beruflich eigentlich macht.)

  7. Ich habe den Kollegen Fleischhauer 2022 auf einer Anti-ÖRR-Veranstaltung eines CSU-MdL live erlebt – Thema: „Brauchen wir ARD und ZDF noch?“ – und musste feststellen, dass er es mit lästigen FaktenFaktenFakten nicht allzu genau nimmt.
    Für den BJVreport (Mitgliederzeitschrift des Journalistenverbands) kommentierte ich Fleischhauers Spott über die rbb-Hierarchen so:
    „Vor Live-Faktencheckern sicher, macht er sich über die Massagesitze im Dienstwagen lustig. Beim A8 verlange Audi nur einen Aufpreis, wenn man sie nicht wolle (falsch). WDR-Intendant Tom Buhrow fahre bestimmt auch einen (falsch, es ist ein 7er BMW mit Massagesitzen). Dann erklärt der Focus-Mann, wo er im rbb wirklich Verschwendung sieht: „Der Spiegel hat keine Ressortleiter, die über 200.000 Euro im Jahr verdienen.“ (Der rbb hat vier Hauptabteilungsleiter mit Programmverantwortung, die zwischen 166.898 und 201.254 Euro verdienen; andere ARD-Anstalten zahlen weniger.) Bei Zeit und Focus führen nicht einmal die Chefredakteure Dienstwägen. (Vielleicht wollten sie keine.)“

  8. Was ist das Wesentliche am Urteil des Bundesverfassungsgerichtes? Es stärkt die Meinungsfreiheit. Es weist die Bundesregierung in ihre Schranken. Der eigentliche Skandal ist, dass eine Bundesministerin Kritik an ihrer Politik per Justiz unterbinden wollte.

  9. @Anderer Max (#5):

    Selbst wenn Reichelt „gewonnen“ hat, nimmt die Abteilung Rechtspolemik das zum Anlass, noch einmal über den Inhalt des Verfahrens zu lügen. Und es wird sie nichts kosten. Im Gegenteil, die Zielgruppe findet’s geil. Geglaubt wird, was in den Kram passt.

    Einerseits ja, anderseits aber: Ich finde es nach so vielen Jahren der Debatte ermüdend, die Fehler immer nur beim Gegner zu suchen (der natürlich skrupellos, verlogen, populistisch und menschenfeindlich ist), während man auf der eigenen Seite immer nur rationale, fair argumentierende Leute vorfindet, die das Wahre, Schöne, Gute wollen.

    Denke da an die Verhaftung Daniela Klettes kürzlich, wo viele, die einen harten Rechtsstaat gegen Rechts fordern, nun auf einmal einen reaktionären Bullenstaat (wieder-)entdeckten, der eine arme Rentnerin gnadenlos verfolge. Dass diese arme Rentnerin bis vor ein paar Jahren mutmaßlich in diverse bewaffnete Raubüberfälle verwickelt war (noch früher vielleicht in tödliche Attentate) und schwere Waffen samt Munition in ihrer Wohnung versteckte – das konnte man ausblenden. Wer beim Karneval der Kulturen mitläuft und Capoeira lernt, kann kein schlechter Mensch sein.

    Fleischhauer ist ein konservativer Dampfplauderer, der es um des Effekts willen mit der Wahrheit nicht allzu genau nimmt. Reichelt ist ein Schweinejournalist. Es geht mir nicht darum, die beiden zu verteidigen. Aber ein bisschen Bewusstsein für den „Balken im eigenen Auge“ (J. Christus) könnte nicht schaden. Die eigenen Leute immer nur toll und alle anderen immer nur böse zu finden – das ist halt der klassische „Myside-Bias“ (a.k.a identitätsschützender Denkfehler), der viel dazu beiträgt, Öffentlichkeit zu einem unerträglichen Terrain zu machen.

  10. „Der eigentliche Skandal ist, dass eine Bundesministerin Kritik an ihrer Politik per Justiz unterbinden wollte.“

    Jein. Generell fände ich es auch nicht toll, wenn jeder Mist vor Gericht landet, im konkreten Fall war es aber schon interessant zu erfahren, dass der Fall nicht ganz eindeutig ist.
    Wegen der Überspitzung, nicht wegen dem „Irrenhaus“.

  11. Und schon hat sich die Kommentarspalte wieder zur eigenen Prawda entwickelt.
    Nein, es ging im Text nicht darum, ob das Ministerium die Justiz befragen dürfe.

    Das Gericht hat die Behauptung, das Ministerium würde die Taliban mit 371 Millionen finanzieren, als Meinung gewertet und somit als zulässig, während das Ministerium dies als Tatsachenbehauptung sieht, die objektiv widerlegbar wäre.

    Dazu:
    „Sie fielen aber geringer aus als vor der Machtübernahme der Taliban, hieß es. Befürchtungen, die Islamisten könnten womöglich dennoch von den Geldern profitieren, weist das Ministerium zurück. Sie würden vorrangig über internationale Organisationen und Nichtregierungsorganisationen freigegeben. Zudem würden nur Maßnahmen umgesetzt, in denen Frauen mitarbeiteten und mit denen Frauen und Mädchen erreicht werden könnten.“
    https://www.deutschlandfunk.de/deutschland-zahlt-wieder-entwicklungshilfe-100.html

    Der Aspekt mit den beteiligten Frauen dürfte als Absicherung gegen die Taliban schon recht überzeugend sein.

    Das BVG hat also das Recht geschützt, eher dümmliche-, und nachweisbar falsche Polemik als Meinungsäußerung zu publizieren.

    Und ich kann nicht einmal sagen, dass mich das stört, denn der Prozess der Wahrheitsfindung, angestossen bei jeder noch so kleinen Meinungsäußerung, könnte viel Kritik im Ansatz ersticken. Das gilt für alle Seiten.

    Und nun kommt der eigentliche Inhalt ins Spiel: Fleischhauer, auf den Spuren Matusseks ( aka Abwärtsspirale ), muss, um daraus eine Geschichte zu machen, mal eben den Gegenstand des Gerichtsbeschluss austauschen, damit sein Elaborat überhaupt eine Andeutung von Sinn haben kann.

    Das Ganze erinnert mal wieder an den Geisterfahrer auf der A1, der im Radio vom Geisterfahrer auf der A1 hört und denkt:
    Einer? Tausende!

  12. Danke für die Notiz.

    Gäbe es die Möglichkeit die Berichterstattung des Focus beim Presserat überprüfen zu lassen und wäre das sinnvoll?

  13. Man kann ja den Jan Fleischhauer toll finden oder für bekloppt halten, aber mit Berichterstattung haben seine Kolumnen nichts zu tun. Die Meinungsfreiheit gilt auch für ihn. Dafür ist der Presserat nicht zuständig, bzw. zuständig in dem Sinne, dass er für die Meinungsfreiheit aller eintreten müsste.

  14. @F. Blechschmied: Die Beschwerde an den Presserat würde sich gegen die falsche Tatsachenbehauptung richten, die Regierung sei gegen den Satzteil „Wir leben in einem Irrenhaus.“ vorgegangen.

    @Stefan Niggemeier:
    Nun habe ich mir https://www.presserat.de/ mal durchgelesen.
    In Frage käme übrigens auch ein Verstoß gegen den Medienstaatsvertrag.

    Allerdings kann eine Beschwerde beim Presserat doch was schaden: als Beschwerdeführer werde ich dem Focus namentlich bekannt gemacht und damit exponiert. Ich müsste mir die Zeit reservieren auf eventuelle Schelte des Verlags und seines Autoren zu reagieren. Und die Kolumne könnte durch eine Beschwerde noch mehr Aufmerksamkeit erhalten. (Streisandeffekt)

    Leider sehe ich auch die kleine Chance, dass dieser Teil im Artikel doch als Meinungsaussage gewertet wird, da Herr Fleischauer in https://www.focus.de/politik/meinung/focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-nun-bringt-schon-ein-boeser-satz-die-regierung-an-den-rand-des-nervenzusammenbruchs_id_259888432.html beide Sätze zitiert: „„Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 Millionen Euro Entwicklungshilfe an die Taliban. Wir leben im Irrenhaus.““. Seine spätere rhetorische Frage ist nicht als Zitat gekennzeichnet, insofern lässt sich das auch so lesen, dass er sich auf beide Sätze bezogen hat. Und dass auch eine Klage gegen den ersten Satz ein Einschüchterungsversuch der Regierung sei. Der Ansicht bin ich zwar nicht, aber ich müsste ja den Presserat überzeugen.

    Die Berichterstattung bei Übermedien über den Fall ist super, weil sie zeigt, warum es sich nicht lohnt solche Artikel im Fokus zu lesen und wie das Zurechtbiegen des Urteils funktioniert. Ich denke es lohnt sich die Zeit des Presserats allerdings für eindeutigere und schwerere Fälle aufzusparen.

  15. Vor allem ist das Dilemma ja wieder einmal, dass diejenigen, die Übermedien lesen, idR schon wissen, was sie von Focus und Fleischhauer zu erwarten haben, diejenigen aber, die solchen Kampagnenschmonz fressen, werden solche, sagen wir mal Denkanstöße, nicht erreichen.

    Es reicht die derzeitigen Buzzwords „Taliban“, „Ampel“ und „Irrenhaus“ aneinander zu klatschen und here we go.

    Im Kampagnenstrom fällt die einzelne Fäkalie kaum noch auf.

  16. Vielleicht ist der „eigentliche Skandal“ ganz woanders verborgen. Ich sehe ihn darin, dass das BVerfG diesen Fall (ausgerechnet diesen) als von allgemeiner Bedeutung angesehen hat und an der Warteschlange vorbei innerhalb kürzester Zeit entschieden hat, obwohl – was sonst der Grund für die regelmäßige Verwerfung von Verfassungsbeschwerden als unzulässig ist – der Rechstweg bei Weitem nicht erschöpft war. Es sei nämlich sonst ein „unabwendbarer Nachteil für Reichelt entstanden“, wenn er – wie eigentlich sonst jeder Bürger und jede Bürgerin – sich hätte hinten anstellen müssen (also den „aussichtslosen“ Rechtsweg hätte einhalten müssen) . Es ist so ähnlich, wie wenn schwer kranke Menschen großer Zahl geduldig im Wartezimmer des BVerfG (Facharztobergremium) sitzen und dann kommt einer mit Schnupfen und wird vor allen anderen ins Sprechzimmer gebeten, ohne dass man ihn zum Hausarzt zurück schickt. Aber die Entscheidung ist natürlich insofern begrüßenswert, als sie auch künftig gelten wird, wenn Rechte in den Regierungen sitzen und versuchen den ÖRR und andere seriöse Medien an Regierungskritik zu hindern. Vielleicht werden Reichelt und Co dann gar nicht mehr so glücklich sein über diese Entscheidung.

Einen Kommentar schreiben

Mit dem Absenden stimmen Sie zu, dass Ihre Angaben gemäß unseren Datenschutzhinweisen gespeichert werden. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.