Es war nur ein kleiner Podcast, der schon nach der zweiten Folge eingestellt wurde, aber er hat Cornelia Holsten viel Ärger bereitet, auch juristisch.
Nach Informationen von Übermedien hat ein Rostocker Rechtsanwalt die Direktorin der Bremer Landesmedienanstalt (Brema) angezeigt. Im Zuge der Ermittlungen wurden Holstens Arbeitsplatz und die Geschäftsräume der Hörfunk-Produktionsfirma Audio Alliance durchsucht. Es ging um den Verdacht einer Vorteilsnahme durch Holsten, der sich laut Staatsanwaltschaft aber nicht erhärtete. Das Ermittlungsverfahren wurde nun eingestellt.
Die Brema-Direktorin hatte Anfang vergangenen Jahres den Podcast „Unreguliert – Frau Holsten fragt nach“ gestartet und gleich in der ersten Ausgabe eine fragwürdige Show abgeliefert, als sie einen Mode-Blogger interviewte. Wie Recherchen von Übermedien damals ergaben, hatte sich der „sehr tolle Gast“ seine Reichweite ertrickst und Texte aus dem Internet kopiert, um sie auf Instagram als seine eigenen auszugeben.
In Holstens Podcast war von all dem keine Rede. Im Gegenteil: Es war ein äußerst unkritisches Gespräch. Dabei ist es Holstens Aufgabe als Medienaufseherin, private Medien zu kontrollieren, auch solche wie Instagram.
Wie kam der Podcast zustande?
Der Inhalt, die Form des Podcasts, das war das eine Problem. Im Nachgang ging es dann auch darum, wie und wo Holsten den Podcast produziert hatte. Aufgenommen wurde er in einem Studio der Audio Alliance, einem Schwesterunternehmen von RTL. Das warf deshalb Fragen auf, weil Holstens Brema unter anderem dafür zuständig ist, RTL Nord zu überwachen, das Regionalfenster des Senders – und ihr für die Aufnahme nichts in Rechnung gestellt worden war. Sollte man als Medienaufseherin so ein Geschenk annehmen?
Gegenüber den Ermittlungsbehörden gab Holsten an, dass die Brema weder die Audio Alliance überwache, noch die RTL Radio Deutschland, über die der Kontakt zur Audio Alliance hergestellt worden sei. Aus diesem Grund, so die ehemalige Richterin, stelle es keine unzulässige Vorteilsgewährung nach § 331 StGB dar, dass ihr das Studio kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Aus dem Bertelsmann-Konzern, zu dem RTL und die Audio Alliance gehören, beaufsichtige die Brema ja nur die RTL Nord GmbH.
Der Kontakt zur Audio Alliance soll über Nina Gerhardt, die Geschäftsführerin und medienpolitische Sprecherin von RTL Radio Deutschland, vermittelt worden sein. Laut Stephan Schmitter, dem CEO von RTL Radio Deutschland, habe sich Holsten mit der Idee zum Podcast an Frau Gerhardt gewandt. Die Brema-Direktorin sei unsicher gewesen, ob sie eine gute Interviewerin sei und wie ihre Stimme im Hörfunk klinge. Daraufhin habe Gerhardt ihr angeboten, es im Studio der Audio Alliance einfach mal auszuprobieren.
Schmitter gab außerdem an, bei der Audio Alliance handle es sich um eine bloße Tochtergesellschaft des Bertelsmann-Konzerns. Einen Zusammenhang zur Brema halte er für konstruiert. Auch er sieht also kein Problem darin, dass seine Audio Alliance nach eigenen Angaben die Technik und einen Tontechniker der Medienaufseherin kostenlos zur Verfügung stellte. Wie die Zentrale Antikorruptionsstelle des Senators für Inneres in Bremen recherchierte, hätten Personalkosten für zwei Folgen bei etwa 300 Euro gelegen.
RTL-Radio-Geschäftsführerin Gerhardt gab an, die Brema-Direktorin von beruflichen Veranstaltungen zu kennen. Bei ihren Durchsuchungen stellte die Staatsanwaltschaft auch Schriftverkehr zwischen Holsten und Gerhardt sicher, der das offenbar bestätigte. Vor diesem Hintergrund seien keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben, dass Gerhardt über eine bloße Gefälligkeit hinausgehende Ziele mit der Vermittlung des Studios verfolgte.
„Keine Anhaltspunkte“
Eingestellt wurde das Verfahren, da ein Tatnachweis wegen Vorteilsnahme (§ 331 StGB) nicht mit der notwendigen Verurteilungswahrscheinlichkeit zu führen sei. Zwar könnte ein dienstliches Beziehungsverhältnis von Holsten zur Audio Alliance und RTL Deutschland angenommen werden. Aber Holsten habe zutreffend darauf hingewiesen, dass sie keine hoheitliche Tätigkeit gegenüber den beiden Unternehmen wahrnehme. Auch gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Aufsicht der Brema über RTL Nord für die Bereitstellung des Studios in irgendeiner Form relevant gewesen sein könnte.
Interessant ist trotzdem, dass sich die Medienaufseherin an den Privatfunk wendet, wenn sie wissen will, wie man einen Podcast produziert. Im Kosmos der insgesamt 14 Landesmedienanstalten scheint es offenbar niemanden zu geben, der ihr da ähnlich kompetent hätte weiterhelfen können.
Holsten, deren Gehalt sich aus Rundfunkbeiträgen speist, hatte sich damals geweigert, der Öffentlichkeit gegenüber transparent zu machen, wie genau der Podcast entstanden war. Sie wirkte sogar darauf hin, dass die Presse aus einer Sitzung des Medienrats der Brema ausgeschlossen wurde, in der es um den Podcast ging. Gegenüber den Ermittlungsbehörden gab Holsten nun an, mit dem Podcast hätten Medienthemen transparent dargestellt werden sollen. Das orientiere sich am Auftrag der Brema, die nach dem Gesetz zur Aufklärung und Transparenz verpflichtet sei.
Der Autor
Boris Rosenkranz ist Gründer von Übermedien. Er hat an der Ruhr-Universität Bochum studiert, war „taz“-Redakteur und Volontär beim Norddeutschen Rundfunk. Anschließend arbeitete er dort für verschiedene Redaktionen, insbesondere für das Medienmagazin „Zapp“. Seit einigen Jahren ist er freier Autor des NDR-Satiremagazins „Extra 3“.
4 Kommentare
„Wie die Zentrale Antikorruptionsstelle des Senators für Inneres in Bremen recherchierte, hätten Personalkosten für zwei Folgen bei etwa 300 Euro gelegen.“
Okeee – was ist mit Equipment und Miete für den Aufnahmeraum?
Wenn ich als völlig unvorbelasteter Privatmensch einen zumindest professionell klingenden Podcast starten will, käme ich mit 300 € vermutlich nicht sehr weit, oder?
@1 Mycroft: Ja, wahrscheinlich wäre das teurer, eben weil man Equipment anschaffen müsste. Miete für das Studio, heißt es, wäre nicht angefallen. Aber die sollte man wohl schon mit einkalkulieren.
verstehe nicht, wie man als funktionärin in derart hoher position so unbedarft sein kann. oder war das einstellungsvoraussetzung?
„Wie die Zentrale Antikorruptionsstelle des Senators für Inneres in Bremen recherchierte, hätten Personalkosten für zwei Folgen bei etwa 300 Euro gelegen.“
Okeee – was ist mit Equipment und Miete für den Aufnahmeraum?
Wenn ich als völlig unvorbelasteter Privatmensch einen zumindest professionell klingenden Podcast starten will, käme ich mit 300 € vermutlich nicht sehr weit, oder?
@1 Mycroft: Ja, wahrscheinlich wäre das teurer, eben weil man Equipment anschaffen müsste. Miete für das Studio, heißt es, wäre nicht angefallen. Aber die sollte man wohl schon mit einkalkulieren.
verstehe nicht, wie man als funktionärin in derart hoher position so unbedarft sein kann. oder war das einstellungsvoraussetzung?
@Rosenkranz: Dankeschön!