Der Autor
Frederik von Castell ist Redaktionsleiter von Übermedien. Als Datenjournalist und Faktenchecker war er unter anderem für HR, SWR und dpa tätig. Von Castell ist außerdem Recherchetrainer, unter anderem am Journalistischen Seminar Mainz.
RTL News hat die Zusammenarbeit mit dem Reporter und Moderator Maurice Gajda fristlos beendet. Das teilte der Sender Übermedien mit. Interne Prüfungen hätten „schwere Verfehlungen“ bei der Erstellung seines Beitrag in „Explosiv Weekend“ über den Sänger Trong ergeben und „zahlreiche eklatante Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht“.
Gajda hatte in dem Beitrag einen angeblichen und inzwischen gelöschten Tweet der ehemaligen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry zitiert, der auch scheinbar im Original eingeblendet wurde: „Ich glaube kein normaler Deutscher will einen rosa gefärbten Asiaten beim ESC sehen“, soll sie bezogen auf Trongs Teilnahme am Vorentscheid zum Eurovision Song Contest geschrieben haben. Petry bestreitet, einen solchen Post auf X, damals noch Twitter, abgesetzt zu haben und wirft Gajda und RTL eine politisch motivierte Fälschung vor. RTL hatte die Zusammenarbeit mit Gajda am Mittwoch vorerst ausgesetzt, um die Vorwürfe zu prüfen (Übermedien berichtete exklusiv).
Dass die „grafische Umsetzung“, den angeblich gelöschten Tweet zu zeigen, obwohl dem Sender nicht einmal ein Original-Screenshot vorlag, gegen die journalistischen Regeln verstieß, hatte der Sender bereits am Dienstag eingeräumt. Intern suchte man seitdem aber noch nach Belegen, ob es den Tweet tatsächlich gegeben hat, wie Gajda bis heute beteuert.
Nach Abschluss dieser Prüfung trennt sich der Sender nun endgültig von Gajda. Vom Sender heißt es:
„Die internen Prüfungen zu seinem Beitrag in ‚Explosiv Weekend‘ vom 5. August 2023 haben schwere Verfehlungen von Maurice Gajda bei der Erstellung des Beitrags ergeben, die mit den journalistischen Grundsätzen und Richtlinien unseres Hauses unvereinbar sind.“
In den „weitreichenden Prüfungen“ konnte bisher „auch keinerlei Hinweis darauf gefunden werden, dass es den in dem Beitrag nachgebauten Tweet so jemals gegeben hat“.
Im Statement von RTL schreibt Martin Gradl, Co-Geschäftsführer RTL News:
„Wir entschuldigen uns bei Frau Dr. Petry. Wir haben Maurice Gajda als engagierten und leidenschaftlichen Reporter kennengelernt. In diesem Fall gibt es aber zahlreiche eklatante Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Sie schaden der wichtigen und verantwortungsvollen Arbeit unserer rund 1.300 Journalistinnen und Journalisten. Die RTL NEWS stehen mit ihren Nachrichten und Magazinen tagtäglich für journalistische Glaubwürdigkeit, Wahrhaftigkeit und Sorgfalt.“
Petry hatte zuvor angekündigt, RTL und Gajda wegen des Beitrags abzumahnen. RTL gab daraufhin gestern eine Unterlassungserklärung ab.
Frederik von Castell ist Redaktionsleiter von Übermedien. Als Datenjournalist und Faktenchecker war er unter anderem für HR, SWR und dpa tätig. Von Castell ist außerdem Recherchetrainer, unter anderem am Journalistischen Seminar Mainz.
Einerseits gut für die Presselandschaft.
Andererseits frage ich mich aber auch wann Petry und die anderen AfD-Konsorten mal anfangen sich für ihre alltäglichen Falschbehauptungen zu entschuldigen und dafür zur Rechenschaft gezogen werden.
@#1: Petry und Konsorten sind halt keine Journalisten. Dem Politiker-Berufsethos widersprechen Falschbehauptungen leider nicht.
Ich denke, es ist nicht zielführend, Gajdas Lüge mit dem Verweis auf andere Lügner zu relativieren. Und schon gar nicht wäre es zielführend gewesen, hätte sich RTL mit dem Verweis auf andere Lügner nicht von Gajda getrennt.
Der Journalismus steht momentan enorm unter Druck. Da kommen solche Aktionen höchst ungelegen.
Die einen reden von „Lügenpresse“ und halten alle Mainstream-Medien für „linksgrün versifft“, die anderen tun so, als sei alles falsch, was von „rechts“ kommt. Ich versuche, mir meine eigene Meinung zu bilden. Deshalb habe ich auch „Übermedien“ abonniert und lese ziemlich viel von „taz“ bis „Bild“, von „Süddeutsche“ bis „NZZ“. Da sehe ich sehr unterschiedliche Weltsichten. Aber von allen erwarte ich, dass sie bewusste Lügen vermeiden. Deshalb begrüße ich die Trennung als Konsequenz der Enthüllung von „Übermedien“. Was die Lügen, Halbwahrheiten und Wahrheiten betrifft, welche die politischen Parteien anbieten, gestatte ich mir bei den Wahlen das jeweils (für mich) kleinere Übel zu wählen.