Der Verein „Neue deutsche Medienmacher*innen“ will, dass Deutschlands Medien so werden, wie die Gesellschaft schon ist: Mit Einwanderern oder Menschen, die als solche wahrgenommen werden, mit verschiedenen Religionen, mit Frauen und Behinderten, die sichtbar sind. Vielfalt eben. Nun hat er sich Nachrichtensendungen angeschaut und gezählt, wie oft darin eben diese Menschen vorkommen: Ob als Nachrichtensprecher*innen, Teil der Berichterstattung, vor oder hinter der Kamera, im Bild oder als nicht deutsch klingender Name im Abspann.
Ihr Ergebnis finden die „Neuen deutschen Medienmacher*innen“ ernüchternd: Migrantisch wahrgenommene Menschen seien noch immer stark unterrepräsentiert, Menschen mit Behinderung fast gar nicht zu erkennen und Frauen selten in Expertinnenrollen.
Darüber spricht Holger Klein in unserem Podcast mit der Journalistin Kira Schacht, einer der Autor*innen der Studie. Sie sagt, warum sie Diversität in Nachrichten wichtig findet, welche Rolle ihrer Ansicht nach die öffentlich-rechtlichen Sender spielen und dass Medienhäuser auch schon dabei sind, etwas zu ändern.
Hören Sie hier den Podcast mit Holger Klein und Kira Schacht:
(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)
Die Gesprächspartnerin
Kira Schacht ist freie Datenjournalistin und vor allem bei der Deutschen Welle tätig. Dort berichtet sie über globale Themen von Klimawandel über Migration bis hin zu Kultur. Sie ist außerdem Mitgründerin und Trainerin bei der Datenjournalismus-Initiative Journocode, die sich für mehr Data Literacy in Redaktionen einsetzt.
Ich würde mich über eine schwarze Tagesschausprecherin freuen – besonders dann, wenn Hautfarbe und Geschlecht dabei keine Rolle spielen. Wenn die Frau also nichts „repräsentieren“ müsste, sondern einfach ihren Job machen kann. Gleiches gilt für arabisch aussehende Typen als Experten für Solarenergie oder eine lesbische, jüdische Rollstuhlfahrerin als Expertin für Cyber-Sicherheit.
Da ist noch einiges nachzuholen.
Die Studie aber ärgert mich. Sie zählt, statt zu interpretieren – und sie unterstellt ungesagt reale oder vermeintliche Unterdrückungsverhältnisse als Ursachen für ihre Befunde.
Warum sind Migranten und ihre Nachkommen in Nachrichtensendungen unterrepräsentiert? Das ist eine soziologische Frage, und wenn man sie ernsthaft stellen würde, wäre die Antwort kompliziert. Stellt man sie nicht und belässt es bei Zahlen, ist der Effekt eine moralische Anklage: How dare you, old white men!
Besonders geärgert hat mich die Frage nach den „erkennbar religiösen Menschen.“ Ich hatte es immer für eine – in Deutschland unzureichend umgesetzte – Errungenschaft der Aufklärung gehalten, dass Religion Privatsache sei. Dass Jesus, Mohammed oder Buddha zuhause vereehrt werden, aber bitte nicht den Nachrichten ihren Stempel aufdrücken.
Anscheinend fällt auch diese Selbstverständlichkeit der Identitätspolitik zum Opfer: Tagesschau künftig dreimal die Woche christlich, zweimal muslimisch, einmal jüdisch – und der freie Tag wird verlost, oder was?
P.S.: Sprachlich ist der Anreißer zu dieser Folge ein Hochamt des PC-Jargons. Ähnlichkeiten zum Deutschen erscheinen zufällig.
Ach, einfach ein Kreuz, einen Halbmond oder einen Davidstern als Halskette oder Krawattennadel. Oder ein Rad der Lehre.
Wer nichts davon trägt, gilt automatisch als religionslos.
Die Nachrichten verändern sich ja nicht durch die Religion der Person, die sie vorliest.
Beim nochmaligen Drübernachdenken:
Es wäre natürlich auch gut, wenn Journalisten ihre Parteizugehörigkeit, Gewerkschaftsangehörigkeit, sonstige Angehörigkeit und besonders Lieblingsfußballverein optisch ebenso darstellen würden, als permanente transparente Offenlegung eigener Voreingenommenheiten sozusagen.
Und Ernährungsgewohnheiten, Freizeitverhalten und Familienstand. Und Impfstatus.
Und einfach alles, was sonst noch relevant sein könnte.
Eines muss ich dann doch mal loswerden:
Über die Bedeutung der Vokabel „Sichtbarkeit“ herrscht aber doch Einigkeit, oder?
Die Vokabel ist mir bekannt, auch deren metaphorische Verwendung in identitätspolitischen Kreisen. Für alle weiteren Fragen verweise ich auf meinen Kommentar #1.
In den USA sind Menschen mit Kippa oder Tschador überall „sichtbar“. Waren sie auch nach 9/11.
Bei uns fehlt diese Sichtbarkeit, oder provoziert sofort mindestens Kommentare.
Der Beitrag sagt explizit, dass es eben nicht darum ginge, Minderheiten zu Themen zu Wort kommen zu lassen zu lassen, die sie als Gruppe beträfen, sondern in ganz normalen Kontexten.
Ansonsten wäre es super angenehm, wenn mehr auf den Beitrag und weniger auf persönliche Assoziationsketten fokussiert würde.
Da kommt doch wenig neues zutage.
Ok, aber männliche Moslems tragen meist keinen Tschador, und Jüdinnen keine Kippa.
Also müssen sie ihre Religion irgendwie anders sichtbar machen, wenn sie die Nachrichten vorlesen. Oder ein Fußballspiel kommentieren oder den Klimawandel.
#7 Äh. nein. Sie „müssen“ nicht.
Tschador war auch wohl der falsche Begriff, ich meinte wohl eher Hidschab. Kenne mich da nicht so aus. Niemand „muss“ etwas tragen. Ich höre den Beitrag so nicht.
Gar nicht höre ich, dass daraus irgendwelche konfessionellen Mitteilungen folgen sollen. Im Gegenteil.
Anderes Beispiel:
Beim Aussehen hörte man häufig, die Frage nach der Herkunft sei ja nur „nett gemeint“.
Die Frage enthält immer die Meta-Ebene: So sieht Mensch nicht aus, wenn er/sie hier geboren wurde. Diese Frage wird an Menschen gestellt, die eher eine Absage bekommen, wenn auf Job- oder Wohnungssuche.
Das Bild einer Gesellschaft erzeugt die „Normalität“. Die Vermessung dieser Normalität ( nichts anderes ist so eine Studie ) gleich wieder in einen Furor gegen sogenannte „Identitätspolitik“ münden zu lassen, sagt mehr über die Kommentierenden, als über die Studie. Wie war das noch mit dieser „Cancel Culture“?
Niemand muss etwas tragen, aber Gruppen sollen in den Medien als Journalistin oder Experte sichtbar sein. Ok. Also sollten Mitglieder dieser Gruppen etwas tragen, woran man diese Mitgliedschaft sehen kann.
Was stört Sie daran? Das ist dann doch die Konsequenz.
#9
Meistens ist eine Frau als Frau sichtbar, ein(e) Schwarze(r) als PoC usw..
Wenn diese zählbar wenig sichtbar sind, dann macht es Sinn, darauf hinzuweisen.
Wenn weiterhin Menschen mit Kippa, außer bei Themen, die sich dediziert mit dem Jüdischsein beschäftigen, unsichtbar sind, dann sollte uns das zumindest zu der Frage bringen, warum das wohl so ist. Wie gesagt, in anderen Ländern ist dies anders. Übrigens auch in Marokko, wo ich längere Zeit verbracht habe.
Vielleicht fehlt da ein Stück Selbstverständlichkeit. Und vielleicht würde das auch das Tragen einer Kippa im Alltag, weniger gewagt scheinen lassen.
Daraus zu drehen, dass nun alle Menschen einer Glaubensrichtung genötigt werden sollen, diese Konfession nach außen zu tragen, auch wenn sie das gar nicht wollen, ist perfide.
Irgendwie muss ja wieder der wokistan spin in die Geschichte kommen.
Mich zumindest langweilt das mittlerweile dermaßen, dass ich hier lieber wieder aussteige, bevor ich ungehalten werde.
@Frank Gemein #10: In Frankfurt sieht man heute häufiger Menschen mit Kippa rumlaufen, als noch vor einigen Jahren. Dafür sehe ich weniger Sikhs mit Turban, sondern mit Wollmützen oder Baseball Caps in London (momentan hauptsächlich in Videokonferenzen). Das ist bei mir wie bei Ihnen anekdotisches Wissen.
Ich bin nach wie vor sehr stolz darauf, dass ich bei asiatisch-aussehenden Menschen i.d.R. erkennen kann, ob es sich um chinesisch-, japanisch-, koreanisch-, vietnamesisch- oder thailändischstämmige Menschen handelt. Das liegt u.a. daran, dass ich früher™ auch häufig gefragt habe „woher kommst Du“ bzw. Deine Familie oder Deine Wurzeln. Und natürlich haben mir damals™ auch manche mit „Hanau“ geantwortet. Wenn ich dann mit „Hanau, das hört man ja gar nicht“ geantwortet habe, war immer gute Stimmung.
Ich mag das Wort „gelesen“ in migrantisch gelesen gar nicht. Es gibt ja das viel schöner und in meinen Augen auch passendere Wort „wahrgenommen“. Die Wahrnehmung spielt uns allen ja immer mal einen Streich. Ich glaube auch, dass es den meisten sowieso nicht um das „Migrantische“ geht, sondern um das Fremde, was dann als bedrohlich empfunden wird. Also, alles was anders aussieht, als meine Mutter in Ihrem fränkischen Dorf auf der Straße in den 50ern hat antreffen können. Wobei damals schon das neu zugezogene evangelische Mädchen „migrantisch gelesen“ wurde.
Ich finde die Zählweise auch unwissenschaftlich, wenn man sagt „oh der hat einen französischen Akzent“ oder „wir wissen dass er Schweizer oder Österreicher ist“, die zählen wir mit. Was wäre den mit Julia-Niharika Sen, oder Django Asül („spricht bayerisch, kann kein Migrant sein“) oder Roberto Blanco („ich weiß ja, dass er Deutscher ist“).
Als ich noch jünger war, volles schwarzes Haar und italienische Kleinwagen hatte, bin ich von den Carabinieri immer auf italienisch angesprochen worden, obwohl ich fränkische (s.o.) und polnische Wurzeln habe.
Ich arbeite in der IT, mein Team in Deutschland besteht aus vier weißen Männern zwischen 37 und 63. Die Betriebszugehörigkeit liegt zwischen 15 und 33 Jahren. Ich wurde schon von der kontinentaleuropäischen Diversity-Beauftragten getadelt, dass wir ja nicht divers seien, und wie ich gedenke das zu ändern. Ich weiß jetzt gar nicht, wen ich feuern soll…
Das sind alles nur Details und Anekdoten. Ja, die Sichtbarkeit der Pluralität der Gesellschaft im deutschen Fernsehen in Allgemeinen und in den Nachrichten im Besonderen ist weniger stark, als sie in Wirklichkeit ist. Aber sie hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr gut entwickelt. Sie ist noch ausbaufähig, definitiv, aber verglichen mit weiblichen Showmastern schon ganz ok. Gibt es einen Status, den wir erreichen sollten, mit dem dann auch Kira Schacht zufrieden wäre, oder wäre es nicht viel besser, wenn das langfristig keine Rolle mehr spielen würde?
Geschlecht war früher™ nur deshalb so wichtig, weil nur Männer und Frauen heiraten durften, eine Familie gründen und Nachwuchs haben konnten. Jetzt lese ich Artikel von einer Queer-Frau und einem Trans-Mann, die sich darüber ärgern, als „heterogenes CIS-Couple gelesen zu werden“. Das Geschlecht wird in 50 Jahren nicht mehr im Personenstandsregister zu finden sein.
Wenn weiterhin Menschen mit Kippa, außer bei Themen, die sich dediziert mit dem Jüdischsein beschäftigen, unsichtbar sind, dann sollte uns das zumindest zu der Frage bringen, warum das wohl so ist.
Die Kippa wird selbst von konservativ-religiösen Juden in der Regel nur beim Gebet, beim Besuch in der Synagoge oder auf dem Friedhof getragen. Gilt auch für Israel.
Macht das Juden in Israel „unsichtbar“? Ist ein Jude „unsichtbar“, weil ich ihn nicht als Juden erkenne? Nein, als Person ist er sichtbar wie jede andere Person auch – er wird bloß nicht sofort als Angehöriger einer Gruppe erkannt.
Na und? Mir sieht man auch nicht an, dass ich protestantisch getaufter, aus der Kirche ausgetretener Agnostiker bin. Und selbst meine evangelikale Großtante lief nicht mit Kreuz um den Hals oder „I love Jesus“-Shirt herum.
Nochmal: Religionskritik – und in ihrer Folge die Säkularisierung – sind Errungenschaften der Aufklärung. Das heißt: Eine Person in der Öffentlichkeit ist zunächst einfach eine Person. Großer Fortschritt! Und nun sollen plötzlich wieder alle fein säuberlich nach Identitäten codiert herumlaufen.
In den USA sind Menschen mit Kippa oder Tschador überall „sichtbar“. Waren sie auch nach 9/11. Bei uns fehlt diese Sichtbarkeit, oder provoziert sofort mindestens Kommentare.
Ich weiß nicht, wo Sie wohnen, aber in so ziemlich jeder deutschen Großstadt gehören muslimische Frauen mit Kopftuch zum Straßenbild. Bei mir in Berlin erblickt man öfter einen Tschador und ab und zu sogar eine waschechte Burka. Wer versucht, das jedes Mal zu kommentieren, ist nach wenigen Stunden heiser.
„Meistens ist eine Frau als Frau sichtbar, ein(e) Schwarze(r) als PoC usw..“
Ja, und daher ist es vllt. keine gute Idee, an erkennbare Kategorien dieselben Sichtbarkeits-Anforderungen zu stellen wie an nicht erkennbare. Wenn in Berlin sagen wir 10% Katholiken leben, wird eine Umfrage auf einer hinreichend belebten Straße dort vermutlich auch +-10% Katholiken erwischen, aber das kann man mit der Methode nicht überprüfen.
„Daraus zu drehen, dass nun alle Menschen einer Glaubensrichtung genötigt werden sollen, diese Konfession nach außen zu tragen, auch wenn sie das gar nicht wollen, ist perfide.“
Wie kommen Sie auf „nötigen“? Wenn es im Interesse von Minderheiten ist, sichtbar zu sein, machen die das freiwillig und man _braucht_ sie nicht zu nötigen. Oder aber, die Mitglieder finden, dass das nicht in ihrem Interesse ist, dann _darf_ man sie nicht nötigen.
Aber Sie haben Recht: Perfide Prämissen führen zu perfiden Konsequenzen.
Gegentest – angenommen, eine Redaktion will bestimmte Glaubensrichtungen _nicht_ bei einer Straßenumfrage dabei haben. Wie könnte sie das erreichen, ohne zu fragen?
Bei anderen Kategorien ist das Kriterium der Sichtbarkeit ebenfalls nicht so einfach zu überprüfen: viele Behinderungen sind nicht direkt sichtbar. Vielen Menschen mit Migrationshintergrund sieht man diesen nicht an. Sexuelle Orientierung dito.
Es haben rd. 20-25% aller Deutschen einen Migrationshintergrund. Die sind aber meist keine PoC. Würde die Untersuchung einen Deutschen mit italienischer Großmutter diese ansehen? Was ist mit Leuten, die Schimanski heißen? Vorfahren zu Kaisers Zeiten ins Ruhrgebiet gekommen (kein MiGra) oder nach der Wende (MiGra)? (Der Streifen „nicht zuordbar“ ist jedenfalls sehr klein.)
Die Untersuchung sagt „Migrantisch wahrgenommen“ statt „Migrantisch“, was jetzt natürlich auch ein interessantes Kriterium ist, nur gibt es „leider“ in D. keine Statistik nach „erkennbarer/nicht-erkennbarer Migrationshintergrund“, mit der man die gewonnenen Zahlen vergleichen könnte, weshalb Unterrepräsentation nicht ermittelbar ist.
@ Mycroft (#13):
Ja, „Migrationshintergrund“ ist eh‘ schon schwer zu fassen, „migrantisch wahrgenommen“ noch schwerer. Drei Beispiele:
1. Ein Klassenkamerad von mir, Deutsch-Türke der 2. Generation. In Braunschweig geboren, sprach aber deutsch mit Akzent; hielt beim Fußball zur Türkei; bekundete immer, nie anders heiraten zu wollen als türkisch. Hier ist der Migrationshintergrund a) leicht wahrnehmbar und b) real, weil sein Leben von der Migration der Eltern und kulturell von einem Dazwischensein geprägt war.
Aber Deutsch-Türken sind sehr wohl in den Medien präsent. Einer von ihnen, Deniz Yücel, ist seit kurzem PEN-Präsident; ein anderer wohl demnächst Bundesminister. Der Unterschied besteht weniger in der Herkunft (eingewanderte Eltern), als im Grad an Bildung, Integration, Offenheit, sozialer Stellung, etc. (hat vermutlich auch mit Eltern zu tun). Preisfrage: „Repräsentiert“ Cem Özdemir die Leute, denen mein Klassenkamerad angehörte?
2. Ein Kollege von der Konkurrenz, Deutsch-Ghanaer. Äußerlich viel Ghana: Dunkelbraune Haut; krause, schwarze Haare; ein Nachname, der für die deutsche Zunge erstmal schwer zu bewältigen ist. Mehr hat er von seinem Vater allerdings nicht abbekommen, denn die Eltern trennten sich, als er klein war – seine Kindheit und Jugend hat er bei der (weißen) Mutter in der schwäbischen Provinz verbracht (und so spricht er auch).
Auch er wird als Migrant wahrgenommen (zumindest, solange man ihn nur sieht), aber m.E. hat er nicht einmal einen solchen „Hintergrund“ – von der Sozialisation her ist er die reinste Kartoffel. Preisfrage: Wen würde er „repräsentieren“, wäre er Nachrichtensprecher? Die Schwaben?
3. Der Chef einer Berliner PR-Agentur, mit der ich beruflich zu tun hatte. Vorname: Felix; Haare: Dunkelblond mit Gel; Klamotten-Stil: Steve Jobs. Aber: Einen so schweren, französischen Akzent, dass ich manchmal zweimal hinhören musste. Den nimmt vom Aussehen her niemand als Migrant war. Dabei ist er von den drei Beispielen wohl der einzige ohne deutsche Staatsbürgerschaft – und vielleicht weniger Migrant als Ex-Pat. Preisfrage: Würde der von den NdM als jemand wahrgenommen werden, der irgendwas repräsentiert?
Und die Moral von der Geschicht‘: Die Sache von der Repräsentation „als migrantisch wahrgenommener“ Leute löst sich desto mehr in Nichts auf, je näher man hinschaut. Es ist wie mit der „race“. Ich verstehe wirklich nicht, warum es als fortschrittlich gelten sollte, solche Trennlinien zu ziehen.
Ich kenne Deutsche ohne Migrationshintergrund, die schon von Italiener gehalten wurden. Einschließlich von einer Italienerin.
Nicht nur werden nicht alle Deutsche mit Migrationshintergrund zuverlässig als solche erkannt, sondern der Fehler geht manchmal in die andere Richtung.
Da weiss man gar nicht, wo anfangen.
Beitrag nicht verstanden und den kleinen Katechismus internalisierter Rassismus-Verleugnungen von A-Z aufgesagt.
Herzlichen Glückwunsch. Das hier Geschriebene in 10 Jahren noch einmal lesen zu müssen, wäre für einige schon eine harte Bestrafung.
Alice Hasters hat lustigerweise für jede einzelne dieser Strategien ein passendes Beispiel.
Einfach mal nachschlagen.
@ Frank Gemein (#16):
Alice Hasters hat lustigerweise für jede einzelne dieser Strategien ein passendes Beispiel. Einfach mal nachschlagen.
Ich habe das Buch von Noah Sow gelesen und kenne die Position von Frau Hasters aus diversen Artikeln und Interviews. Natürlich haben die beiden in vielen Punkten recht, aber ich teile ihren theoretischen Überbau nicht – und deshalb auch nicht einige ihrer Schlussfolgerungen.
„Da weiss man gar nicht, wo anfangen. Beitrag nicht verstanden und den kleinen Katechismus internalisierter Rassismus-Verleugnungen von A-Z aufgesagt.“
Ach, darum geht es Ihnen?
Fürs Protokoll: schon rein statistisch wird es Rassimus in den Medien geben. Dito Sexismus, Ableismus, Antisemitismus und noch ein paar.
Und vermutlich sind auch einige Personalentscheidungen, Intervieweinladungen und andere Dinge, die Medien so machen, davon beeinflusst.
Die Art und Weise, wie hier versucht wird, das zu belegen, ist aber trotzdem unzureichend; es wurden in den betrachteten Medien sagen wir rund 12 % Menschen mit „sichtbaren“ Migrationshintergrund gezählt. Wie viel % wären es, wenn die Medien nicht rassistisch wären?
Ich würde mich über eine schwarze Tagesschausprecherin freuen – besonders dann, wenn Hautfarbe und Geschlecht dabei keine Rolle spielen. Wenn die Frau also nichts „repräsentieren“ müsste, sondern einfach ihren Job machen kann. Gleiches gilt für arabisch aussehende Typen als Experten für Solarenergie oder eine lesbische, jüdische Rollstuhlfahrerin als Expertin für Cyber-Sicherheit.
Da ist noch einiges nachzuholen.
Die Studie aber ärgert mich. Sie zählt, statt zu interpretieren – und sie unterstellt ungesagt reale oder vermeintliche Unterdrückungsverhältnisse als Ursachen für ihre Befunde.
Warum sind Migranten und ihre Nachkommen in Nachrichtensendungen unterrepräsentiert? Das ist eine soziologische Frage, und wenn man sie ernsthaft stellen würde, wäre die Antwort kompliziert. Stellt man sie nicht und belässt es bei Zahlen, ist der Effekt eine moralische Anklage: How dare you, old white men!
Besonders geärgert hat mich die Frage nach den „erkennbar religiösen Menschen.“ Ich hatte es immer für eine – in Deutschland unzureichend umgesetzte – Errungenschaft der Aufklärung gehalten, dass Religion Privatsache sei. Dass Jesus, Mohammed oder Buddha zuhause vereehrt werden, aber bitte nicht den Nachrichten ihren Stempel aufdrücken.
Anscheinend fällt auch diese Selbstverständlichkeit der Identitätspolitik zum Opfer: Tagesschau künftig dreimal die Woche christlich, zweimal muslimisch, einmal jüdisch – und der freie Tag wird verlost, oder was?
P.S.: Sprachlich ist der Anreißer zu dieser Folge ein Hochamt des PC-Jargons. Ähnlichkeiten zum Deutschen erscheinen zufällig.
Ach, einfach ein Kreuz, einen Halbmond oder einen Davidstern als Halskette oder Krawattennadel. Oder ein Rad der Lehre.
Wer nichts davon trägt, gilt automatisch als religionslos.
Die Nachrichten verändern sich ja nicht durch die Religion der Person, die sie vorliest.
Beim nochmaligen Drübernachdenken:
Es wäre natürlich auch gut, wenn Journalisten ihre Parteizugehörigkeit, Gewerkschaftsangehörigkeit, sonstige Angehörigkeit und besonders Lieblingsfußballverein optisch ebenso darstellen würden, als permanente transparente Offenlegung eigener Voreingenommenheiten sozusagen.
Und Ernährungsgewohnheiten, Freizeitverhalten und Familienstand. Und Impfstatus.
Und einfach alles, was sonst noch relevant sein könnte.
Eines muss ich dann doch mal loswerden:
Über die Bedeutung der Vokabel „Sichtbarkeit“ herrscht aber doch Einigkeit, oder?
Die Vokabel ist mir bekannt, auch deren metaphorische Verwendung in identitätspolitischen Kreisen. Für alle weiteren Fragen verweise ich auf meinen Kommentar #1.
In den USA sind Menschen mit Kippa oder Tschador überall „sichtbar“. Waren sie auch nach 9/11.
Bei uns fehlt diese Sichtbarkeit, oder provoziert sofort mindestens Kommentare.
Der Beitrag sagt explizit, dass es eben nicht darum ginge, Minderheiten zu Themen zu Wort kommen zu lassen zu lassen, die sie als Gruppe beträfen, sondern in ganz normalen Kontexten.
Ansonsten wäre es super angenehm, wenn mehr auf den Beitrag und weniger auf persönliche Assoziationsketten fokussiert würde.
Da kommt doch wenig neues zutage.
Ok, aber männliche Moslems tragen meist keinen Tschador, und Jüdinnen keine Kippa.
Also müssen sie ihre Religion irgendwie anders sichtbar machen, wenn sie die Nachrichten vorlesen. Oder ein Fußballspiel kommentieren oder den Klimawandel.
#7 Äh. nein. Sie „müssen“ nicht.
Tschador war auch wohl der falsche Begriff, ich meinte wohl eher Hidschab. Kenne mich da nicht so aus. Niemand „muss“ etwas tragen. Ich höre den Beitrag so nicht.
Gar nicht höre ich, dass daraus irgendwelche konfessionellen Mitteilungen folgen sollen. Im Gegenteil.
Anderes Beispiel:
Beim Aussehen hörte man häufig, die Frage nach der Herkunft sei ja nur „nett gemeint“.
Die Frage enthält immer die Meta-Ebene: So sieht Mensch nicht aus, wenn er/sie hier geboren wurde. Diese Frage wird an Menschen gestellt, die eher eine Absage bekommen, wenn auf Job- oder Wohnungssuche.
Das Bild einer Gesellschaft erzeugt die „Normalität“. Die Vermessung dieser Normalität ( nichts anderes ist so eine Studie ) gleich wieder in einen Furor gegen sogenannte „Identitätspolitik“ münden zu lassen, sagt mehr über die Kommentierenden, als über die Studie. Wie war das noch mit dieser „Cancel Culture“?
Niemand muss etwas tragen, aber Gruppen sollen in den Medien als Journalistin oder Experte sichtbar sein. Ok. Also sollten Mitglieder dieser Gruppen etwas tragen, woran man diese Mitgliedschaft sehen kann.
Was stört Sie daran? Das ist dann doch die Konsequenz.
#9
Meistens ist eine Frau als Frau sichtbar, ein(e) Schwarze(r) als PoC usw..
Wenn diese zählbar wenig sichtbar sind, dann macht es Sinn, darauf hinzuweisen.
Wenn weiterhin Menschen mit Kippa, außer bei Themen, die sich dediziert mit dem Jüdischsein beschäftigen, unsichtbar sind, dann sollte uns das zumindest zu der Frage bringen, warum das wohl so ist. Wie gesagt, in anderen Ländern ist dies anders. Übrigens auch in Marokko, wo ich längere Zeit verbracht habe.
Vielleicht fehlt da ein Stück Selbstverständlichkeit. Und vielleicht würde das auch das Tragen einer Kippa im Alltag, weniger gewagt scheinen lassen.
Daraus zu drehen, dass nun alle Menschen einer Glaubensrichtung genötigt werden sollen, diese Konfession nach außen zu tragen, auch wenn sie das gar nicht wollen, ist perfide.
Irgendwie muss ja wieder der wokistan spin in die Geschichte kommen.
Mich zumindest langweilt das mittlerweile dermaßen, dass ich hier lieber wieder aussteige, bevor ich ungehalten werde.
@Frank Gemein #10: In Frankfurt sieht man heute häufiger Menschen mit Kippa rumlaufen, als noch vor einigen Jahren. Dafür sehe ich weniger Sikhs mit Turban, sondern mit Wollmützen oder Baseball Caps in London (momentan hauptsächlich in Videokonferenzen). Das ist bei mir wie bei Ihnen anekdotisches Wissen.
Ich bin nach wie vor sehr stolz darauf, dass ich bei asiatisch-aussehenden Menschen i.d.R. erkennen kann, ob es sich um chinesisch-, japanisch-, koreanisch-, vietnamesisch- oder thailändischstämmige Menschen handelt. Das liegt u.a. daran, dass ich früher™ auch häufig gefragt habe „woher kommst Du“ bzw. Deine Familie oder Deine Wurzeln. Und natürlich haben mir damals™ auch manche mit „Hanau“ geantwortet. Wenn ich dann mit „Hanau, das hört man ja gar nicht“ geantwortet habe, war immer gute Stimmung.
Ich mag das Wort „gelesen“ in migrantisch gelesen gar nicht. Es gibt ja das viel schöner und in meinen Augen auch passendere Wort „wahrgenommen“. Die Wahrnehmung spielt uns allen ja immer mal einen Streich. Ich glaube auch, dass es den meisten sowieso nicht um das „Migrantische“ geht, sondern um das Fremde, was dann als bedrohlich empfunden wird. Also, alles was anders aussieht, als meine Mutter in Ihrem fränkischen Dorf auf der Straße in den 50ern hat antreffen können. Wobei damals schon das neu zugezogene evangelische Mädchen „migrantisch gelesen“ wurde.
Ich finde die Zählweise auch unwissenschaftlich, wenn man sagt „oh der hat einen französischen Akzent“ oder „wir wissen dass er Schweizer oder Österreicher ist“, die zählen wir mit. Was wäre den mit Julia-Niharika Sen, oder Django Asül („spricht bayerisch, kann kein Migrant sein“) oder Roberto Blanco („ich weiß ja, dass er Deutscher ist“).
Als ich noch jünger war, volles schwarzes Haar und italienische Kleinwagen hatte, bin ich von den Carabinieri immer auf italienisch angesprochen worden, obwohl ich fränkische (s.o.) und polnische Wurzeln habe.
Ich arbeite in der IT, mein Team in Deutschland besteht aus vier weißen Männern zwischen 37 und 63. Die Betriebszugehörigkeit liegt zwischen 15 und 33 Jahren. Ich wurde schon von der kontinentaleuropäischen Diversity-Beauftragten getadelt, dass wir ja nicht divers seien, und wie ich gedenke das zu ändern. Ich weiß jetzt gar nicht, wen ich feuern soll…
Das sind alles nur Details und Anekdoten. Ja, die Sichtbarkeit der Pluralität der Gesellschaft im deutschen Fernsehen in Allgemeinen und in den Nachrichten im Besonderen ist weniger stark, als sie in Wirklichkeit ist. Aber sie hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr gut entwickelt. Sie ist noch ausbaufähig, definitiv, aber verglichen mit weiblichen Showmastern schon ganz ok. Gibt es einen Status, den wir erreichen sollten, mit dem dann auch Kira Schacht zufrieden wäre, oder wäre es nicht viel besser, wenn das langfristig keine Rolle mehr spielen würde?
Geschlecht war früher™ nur deshalb so wichtig, weil nur Männer und Frauen heiraten durften, eine Familie gründen und Nachwuchs haben konnten. Jetzt lese ich Artikel von einer Queer-Frau und einem Trans-Mann, die sich darüber ärgern, als „heterogenes CIS-Couple gelesen zu werden“. Das Geschlecht wird in 50 Jahren nicht mehr im Personenstandsregister zu finden sein.
Die Kippa wird selbst von konservativ-religiösen Juden in der Regel nur beim Gebet, beim Besuch in der Synagoge oder auf dem Friedhof getragen. Gilt auch für Israel.
Macht das Juden in Israel „unsichtbar“? Ist ein Jude „unsichtbar“, weil ich ihn nicht als Juden erkenne? Nein, als Person ist er sichtbar wie jede andere Person auch – er wird bloß nicht sofort als Angehöriger einer Gruppe erkannt.
Na und? Mir sieht man auch nicht an, dass ich protestantisch getaufter, aus der Kirche ausgetretener Agnostiker bin. Und selbst meine evangelikale Großtante lief nicht mit Kreuz um den Hals oder „I love Jesus“-Shirt herum.
Nochmal: Religionskritik – und in ihrer Folge die Säkularisierung – sind Errungenschaften der Aufklärung. Das heißt: Eine Person in der Öffentlichkeit ist zunächst einfach eine Person. Großer Fortschritt! Und nun sollen plötzlich wieder alle fein säuberlich nach Identitäten codiert herumlaufen.
Ich weiß nicht, wo Sie wohnen, aber in so ziemlich jeder deutschen Großstadt gehören muslimische Frauen mit Kopftuch zum Straßenbild. Bei mir in Berlin erblickt man öfter einen Tschador und ab und zu sogar eine waschechte Burka. Wer versucht, das jedes Mal zu kommentieren, ist nach wenigen Stunden heiser.
Zum durch und durch emanzipatorischen Charakter dieser Kleidungsstücke bitte mal hier lesen: https://www.dw.com/de/iranerinnen-trotzen-kopftuchzwang/a-55396906
„Meistens ist eine Frau als Frau sichtbar, ein(e) Schwarze(r) als PoC usw..“
Ja, und daher ist es vllt. keine gute Idee, an erkennbare Kategorien dieselben Sichtbarkeits-Anforderungen zu stellen wie an nicht erkennbare. Wenn in Berlin sagen wir 10% Katholiken leben, wird eine Umfrage auf einer hinreichend belebten Straße dort vermutlich auch +-10% Katholiken erwischen, aber das kann man mit der Methode nicht überprüfen.
„Daraus zu drehen, dass nun alle Menschen einer Glaubensrichtung genötigt werden sollen, diese Konfession nach außen zu tragen, auch wenn sie das gar nicht wollen, ist perfide.“
Wie kommen Sie auf „nötigen“? Wenn es im Interesse von Minderheiten ist, sichtbar zu sein, machen die das freiwillig und man _braucht_ sie nicht zu nötigen. Oder aber, die Mitglieder finden, dass das nicht in ihrem Interesse ist, dann _darf_ man sie nicht nötigen.
Aber Sie haben Recht: Perfide Prämissen führen zu perfiden Konsequenzen.
Gegentest – angenommen, eine Redaktion will bestimmte Glaubensrichtungen _nicht_ bei einer Straßenumfrage dabei haben. Wie könnte sie das erreichen, ohne zu fragen?
Bei anderen Kategorien ist das Kriterium der Sichtbarkeit ebenfalls nicht so einfach zu überprüfen: viele Behinderungen sind nicht direkt sichtbar. Vielen Menschen mit Migrationshintergrund sieht man diesen nicht an. Sexuelle Orientierung dito.
Es haben rd. 20-25% aller Deutschen einen Migrationshintergrund. Die sind aber meist keine PoC. Würde die Untersuchung einen Deutschen mit italienischer Großmutter diese ansehen? Was ist mit Leuten, die Schimanski heißen? Vorfahren zu Kaisers Zeiten ins Ruhrgebiet gekommen (kein MiGra) oder nach der Wende (MiGra)? (Der Streifen „nicht zuordbar“ ist jedenfalls sehr klein.)
Die Untersuchung sagt „Migrantisch wahrgenommen“ statt „Migrantisch“, was jetzt natürlich auch ein interessantes Kriterium ist, nur gibt es „leider“ in D. keine Statistik nach „erkennbarer/nicht-erkennbarer Migrationshintergrund“, mit der man die gewonnenen Zahlen vergleichen könnte, weshalb Unterrepräsentation nicht ermittelbar ist.
@ Mycroft (#13):
Ja, „Migrationshintergrund“ ist eh‘ schon schwer zu fassen, „migrantisch wahrgenommen“ noch schwerer. Drei Beispiele:
1. Ein Klassenkamerad von mir, Deutsch-Türke der 2. Generation. In Braunschweig geboren, sprach aber deutsch mit Akzent; hielt beim Fußball zur Türkei; bekundete immer, nie anders heiraten zu wollen als türkisch. Hier ist der Migrationshintergrund a) leicht wahrnehmbar und b) real, weil sein Leben von der Migration der Eltern und kulturell von einem Dazwischensein geprägt war.
Aber Deutsch-Türken sind sehr wohl in den Medien präsent. Einer von ihnen, Deniz Yücel, ist seit kurzem PEN-Präsident; ein anderer wohl demnächst Bundesminister. Der Unterschied besteht weniger in der Herkunft (eingewanderte Eltern), als im Grad an Bildung, Integration, Offenheit, sozialer Stellung, etc. (hat vermutlich auch mit Eltern zu tun). Preisfrage: „Repräsentiert“ Cem Özdemir die Leute, denen mein Klassenkamerad angehörte?
2. Ein Kollege von der Konkurrenz, Deutsch-Ghanaer. Äußerlich viel Ghana: Dunkelbraune Haut; krause, schwarze Haare; ein Nachname, der für die deutsche Zunge erstmal schwer zu bewältigen ist. Mehr hat er von seinem Vater allerdings nicht abbekommen, denn die Eltern trennten sich, als er klein war – seine Kindheit und Jugend hat er bei der (weißen) Mutter in der schwäbischen Provinz verbracht (und so spricht er auch).
Auch er wird als Migrant wahrgenommen (zumindest, solange man ihn nur sieht), aber m.E. hat er nicht einmal einen solchen „Hintergrund“ – von der Sozialisation her ist er die reinste Kartoffel. Preisfrage: Wen würde er „repräsentieren“, wäre er Nachrichtensprecher? Die Schwaben?
3. Der Chef einer Berliner PR-Agentur, mit der ich beruflich zu tun hatte. Vorname: Felix; Haare: Dunkelblond mit Gel; Klamotten-Stil: Steve Jobs. Aber: Einen so schweren, französischen Akzent, dass ich manchmal zweimal hinhören musste. Den nimmt vom Aussehen her niemand als Migrant war. Dabei ist er von den drei Beispielen wohl der einzige ohne deutsche Staatsbürgerschaft – und vielleicht weniger Migrant als Ex-Pat. Preisfrage: Würde der von den NdM als jemand wahrgenommen werden, der irgendwas repräsentiert?
Und die Moral von der Geschicht‘: Die Sache von der Repräsentation „als migrantisch wahrgenommener“ Leute löst sich desto mehr in Nichts auf, je näher man hinschaut. Es ist wie mit der „race“. Ich verstehe wirklich nicht, warum es als fortschrittlich gelten sollte, solche Trennlinien zu ziehen.
Ich kenne Deutsche ohne Migrationshintergrund, die schon von Italiener gehalten wurden. Einschließlich von einer Italienerin.
Nicht nur werden nicht alle Deutsche mit Migrationshintergrund zuverlässig als solche erkannt, sondern der Fehler geht manchmal in die andere Richtung.
Da weiss man gar nicht, wo anfangen.
Beitrag nicht verstanden und den kleinen Katechismus internalisierter Rassismus-Verleugnungen von A-Z aufgesagt.
Herzlichen Glückwunsch. Das hier Geschriebene in 10 Jahren noch einmal lesen zu müssen, wäre für einige schon eine harte Bestrafung.
Alice Hasters hat lustigerweise für jede einzelne dieser Strategien ein passendes Beispiel.
Einfach mal nachschlagen.
@ Frank Gemein (#16):
Ich habe das Buch von Noah Sow gelesen und kenne die Position von Frau Hasters aus diversen Artikeln und Interviews. Natürlich haben die beiden in vielen Punkten recht, aber ich teile ihren theoretischen Überbau nicht – und deshalb auch nicht einige ihrer Schlussfolgerungen.
„Da weiss man gar nicht, wo anfangen. Beitrag nicht verstanden und den kleinen Katechismus internalisierter Rassismus-Verleugnungen von A-Z aufgesagt.“
Ach, darum geht es Ihnen?
Fürs Protokoll: schon rein statistisch wird es Rassimus in den Medien geben. Dito Sexismus, Ableismus, Antisemitismus und noch ein paar.
Und vermutlich sind auch einige Personalentscheidungen, Intervieweinladungen und andere Dinge, die Medien so machen, davon beeinflusst.
Die Art und Weise, wie hier versucht wird, das zu belegen, ist aber trotzdem unzureichend; es wurden in den betrachteten Medien sagen wir rund 12 % Menschen mit „sichtbaren“ Migrationshintergrund gezählt. Wie viel % wären es, wenn die Medien nicht rassistisch wären?