In Frankreich wird seit ein paar Wochen über ein unfassbares Verbrechen verhandelt, der Prozess erregt weltweit Aufsehen: Ein 71-jähriger Mann wird beschuldigt, seine Frau Jahre lang immer wieder mit starken Schlafmitteln betäubt zu haben, damit er und andere Männer sie vergewaltigen können. Insgesamt 51 Männer sind angeklagt, es ein Querschnitt der Bevölkerung, darunter sind Klempner, Krankepfleger, Informatiker, Feuerwehrmänner, auch ein Journalist ist dabei.
Gisèle Pélicot, die Opfer all dieser Taten wurde, wünscht sich maximale Öffentlichkeit. Die Scham müsse „die Seiten wechseln“, sagt sie, jedes Detail solle ans Licht. Sie möchte deshalb auch, dass Fotos und Videos der Taten während der Verhandlung im Gericht vorgeführt werden; ihr (Ex-)Mann hatte die Vergewaltigungen penibel dokumentiert und archiviert. Über das Zeigen der Videos gab es eine Debatte, das Gericht entschied zwischenzeitlich, die Öffentlichkeit auszuschließen. Nun werden sie doch gezeigt.
Wie ist das für eine Journalistin, über einen Fall dieses Ausmaßes zu berichten? Schaut sie die Videos an? Gibt es eine Grenze zum Voyeurismus in der medialen Abbildung, die nicht überschritten werden sollte? Und was für eine Debatte hat die breite Berichterstattung über den Fall in Frankreich (und auch in Deutschland) ausgelöst?
Darüber spricht Holger Klein im Übermedien-Podcast mit Annika Joeres, die für „Zeit Online“ über den Fall berichtet. Sie sagt, so hart es auch sei, das alles detailliert zu verfolgen, habe sie „trotzdem in jedem Moment das Gefühl, dass es wichtig ist, diesen Prozess zu begleiten“. Allerdings gibt es auch für sie Grenzen, mediale wie persönliche.
Die ganze Folge können Sie hier hören:
(Triggerwarnung: Im Podcast geht es auch um die explizite Darstellung sexueller Gewalt.)
(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)
Die Gesprächspartnerin
Annika Joeres ist freie Journalistin und Buch-Autorin. Sie berichtet für die „Zeit“ und andere große deutsche Medien über Leben und Politik in Frankreich, wo sie seit vielen Jahren lebt. Sie gehört außerdem zum Team der gemeinnützigen Investigativ-Redaktion „Correctiv“, wo sie als Klima-Reporterin tätig ist. Früher war Joeres unter anderem stellvertretende Redaktionsleiterin der „taz NRW“.
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