Holger ruft an (173)

Wie ausgewogen berichten deutsche Medien über Israel?

Flagge von Israel, gemalt auf eine Backsteinmauer
Foto: Imago/Panthermedia

Seit Jahrzehnten erforscht der Politik- und Kommunikationswissenschaftler Kai Hafez die Berichterstattung über den Nahen Osten. „Immer wenn Israel in einem gewaltsamen Konflikt ist, tendieren deutsche Medien dazu, stärker auf der israelischen Seite zu stehen“, kritisiert er. Er beobachtet in der journalistischen Kultur einen Reflex, Israel gerade in Krisenzeiten zu schützen. Die palästinensische und arabische Seite würde grundsätzlich zu schlecht dargestellt.

Hafez findet, dass internationale Medien oft bessere Kriegsberichterstattung anbieten. Jeder Staat und jede paramilitärische Organisation führe Propagandakämpfe. Für den Journalismus bedeute das: „Die Wahrheit liegt nicht in der Mitte zwischen Propaganda und Gegenpropaganda, sondern sie liegt ganz woanders.“

Welche Themen fehlen in der Berichterstattung über Israel? Was müsste sich in deutschen Redaktionen ändern, damit die Berichterstattung ausgewogener wird? Und was haben die Hierarchien in Verlagen und Sendern damit zu tun? Das erklärt der Erfurter Medienwissenschaftler in der neuen Folge von „Holger ruft an…“:

(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)

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30 Kommentare

  1. Danke für diesen Beitrag!
    Es muss doch möglich sein, auch für deutsche Medien,
    über diesen Konflikt angemessen zu berichten, ohne der Parteinahme oder gar des Antisemitismus bezichtigt zu werden.

    Ebenso wie man aber auch die Wahrheit über die Hamas und Hezbollah schreiben können muss, ohne von Teilen der Linken des Rassismus oder des Kolonialismus beschuldigt zu werden.

    Wir haben aber derzeit eine rechte- bis rechtsradikale israelische Regierung, mit einem Ministerpräsidenten Netanjahu, der weiter eskalieren muss, weil er sonst Gefahr läuft, abgesetzt und verurteilt zu werden. Diese Eskalation einfach nur noch abnickend zu kommentieren, egal wieviele Zivilisten auf der Strecke bleiben, können wir doch unmöglich mit unserem Gewissen vereinbaren?!

  2. Ich erkenne auch einen bemerkenswerten Unterschied zwischen der Berichterstattung deutscher Medien und der BBC und großer amerikanischer Medienhäuser (die ich vor allem über den Aufwachen-Podcast kenne).

    Ich erlebe die deutsche Berichterstattung allerdings im Großen und Ganzen als ausgewogen und fair. Wohingegen ich die andere als höchst einseitig bishin problematisch finde. Nämlich als allzuoft anti-israelisch. Ich weiß nicht, woher das rührt. Die angebotene Erklärung „Holocaust“ überzeugt mich wenig.

    In kurz: Ich vertraue den deutschen Medien in diesem Fall in ihren Einschätzungen stärker als den englischsprachigen.

  3. Das Profil und die Tätigkeiten des im Profilkästchen unten am Artikel vorgestellten Kai Hafez lassen die Gründe für seine Äußerungen bezüglich der Ausgewogenheit der Medien im Umgang mit Israel klar werden.

    Hier mal ein Gedankenexperiment mit einem etwas umgeschriebenen Zitat aus dem Artikel:
    „Er beobachtet in der journalistischen Kultur einen Reflex, die Alliierten gerade in im aktuellen Krieg zu schützen. Die nazideutsche und imperialjapanische Seite würde grundsätzlich zu schlecht dargestellt.“

    Dem von Chateaudur genannten britschen Sender BBC würde ich in Sachen Israelberichterstattung nicht mal mehr eine Schachtel Reißzwecken leihweise anvertrauen. Kein Wunder bei der immensen antiisraelischen Voreingenommenheit des in diesem Kontext als „British Bullshit Company“ bezeichneten Senders, der die Geißelnahmen und die Vergewaltigungen der Israelinnen a, 07.10.2023 viel zu lange geleugnet hatte und die Ermordung von mehr als 1200 von ihnen auch nur sehr widerwillig eingestand.

    Es ist bekannt, dass sich die Hamas bei ihrer Gründung die Ermordung ALLER Juden weltweit in ihre Gründungscharta geschrieben hatte. Ähnliche Vernichtungsfantasien dem jüdisch-israelischen Volk gegenüber haben auch die Hesbollah und ihre Patronatsmacht, das iranische Mullah-Regime.
    Da kann man nicht anders als sich als normal denkender Mensch auf Seiten Israels zu positionieren.

    Insgesamt sollten wir uns hier im wohlig-sicheren Deutschland mit „klugen Ratschlägen“ an Israel zurückhalten. Die wissen selbst besser, was sie für ihre sicherheit brauchen als wir hierzulande.

    Und was die Ausgewogenheit angeht, da könnten die deutschen Medien ruhig schon einige Zeit vor den israelischen Verteidigungsoperationen von Angriffen von Hamas (die hoffentlich bald komplett erledigt sein wird) oder Hesbollah (welche hoffentlich auch bald Geschichte sein wird) berichten und nicht erst dann, wenn der einzige jüdische Staat der Welt sich mal wieder verteidigt.

  4. Also mal grundsätzlich, wie schon an anderer Stelle an FrankD kommuniziert:
    Wer meint, solche Themen mit Humor angehen zu müssen, ist imho extrem fragwürdig.
    Die Meinung, dass Terrororganisationen wie die Hamas oder Hezbollah durch die Tötung der Anführer erledigt werden könnten, dürfte von den meisten Experten nicht geteilt werden. Im schlimmsten Fall haben sie letztendlich ein paar zusätzliche Märtyrer und mehr Freiwillige, als vorher. Zumindest lehrt dies die Geschichte.
    Die Aufgabe von Journalist:innen ist es aber nicht, sich auf irgendeiner Seite zu positionieren, sondern zu berichten.

    Es geht auch nicht darum, ob Terroristen der Hamas oder Hezbollah bekämpft werden dürfen. Das steht komplett außer Frage.

    Bei einfach jedem Konflikt müssen die Mittel aber journalistisch analysiert werden dürfen und sie werden von der Weltöffentlichkeit gewertet werden.

    Jegliche Form von Hurra-Patriotismus, wenn es um zigtausende tote Zivilisten und Dutzende tote Journalisten geht, ist aber komplett barbarisch und unangemessen.

    Auch wegen der 1200 ermordeten Opfer des 7.10.2003 und den immer noch über 100 verbleibenden Geiseln.

  5. @Michael Stängl: »Da kann man nicht anders als sich als normal denkender Mensch auf Seiten Israels zu positionieren.«

    Oder man positioniert sich halt gar nicht. Diese ganzen Konflikte sind viel zu komplex, um sie auf gut/böse aufzuteilen, geschweige denn sie von hier aus zu bewerten. Und Kritik muss an allen Regierungen erlaubt sein.

  6. Ich hatte schon angefangen eine Antwort zu entwerfen. Dann kam Michael Stängl und damit hat sich das im Großen und Ganze erledigt. Viele Dank.

    Eins würde ich noch gern illustrieren, als Add-On dazu

    Und was die Ausgewogenheit angeht, da könnten die deutschen Medien ruhig schon einige Zeit vor den israelischen Verteidigungsoperationen von Angriffen von Hamas (…) oder Hesbollah (…) berichten und nicht erst dann, wenn der einzige jüdische Staat der Welt sich mal wieder verteidigt.

    Die Drehrumbum-Methode.
    Beim subkutan antisemitisch grundierten leitjournalistischen Nachrichtenprinzip „Reactio – Actio“ wird der zeitliche Ablauf des Geschehens verbal einmal um sich selbst gedreht und die Ereigniskette konsequent von hinten erzählt, bis sich die Verantwortung für die Geschehnisse vom Täter lösen und eine Übertragung auf das Opfer stattfindet.
    Der zeitliche Ablauf des Geschehens, der zum Verständnis eigentlich wichtig wäre, wird verbal umgestülpt: „Israel“, so heißt es standardmäßig, „hat erneut soundsoviele Raketen auf den Gazastreifen abgeschossen. Dabei wurden soundsoviele Menschen verletzt“. Erst nachdem diese wichtigen Nachrichtensätze gesprochen sind, wird noch ein quasi schon gar nicht mehr so wichtiger Satz hinterhergeschickt: „Zuvor hatten Hamas-Kämpfer Raketen auf Israel abgeschossen.“

    „Neue Angriffe in Jerusalem: Palästinenser erschossen“ – so titelte T-Online. Es stimmt sogar, ein Palästinenser wurde von den israelischen Sicherheitskräften erschossen – nachdem er in Jerusalem Juden mit dem Messer angegriffen hat.

    Gern auch „Israel verschärft die Situation“.

    Oder „Israel nimmt 25 Palästinenser fest“ oder „Sechs Tote an einem Tag der Gewalt zwischen Israel und Palästinensern“

    Den Vogel abgeschossen hat das ehemalige Nachrichtenmagazin SPIEGEL mit der Headline „Gaza-Krieg: Israel erwidert trotz neuer Waffenruhe Beschuss aus Gaza“

    Derartige Manipulationen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Leider.
    Wenn mal ausnahmsweise ein Vorgang aus dem Nahen Osten in der tatsächlichen Reihenfolge und mit angemessener Headline kommt, macht das im Netz die Runde: War der Zensor pinkeln?

  7. Nun, wenn die Zahlen in diesem Tagesschaubericht stimmen ( Tagesschau.de „Leben in Trümmern“ vom 6.20.2024 ) , dann sind derzeit 2/3 der Wohngebäude und 70% der Universitäten und Schulen in Trümmern. 1,9 Millionen Binnenflüchtlinge gibt es, über 40.000 Tote, 96.000 Verletzte, 16.000 Versehrte. Die Hälfte der Krankenhäuser funktionieren nicht mehr.
    Die landwirtschaftlichen Flächen sind unbrauchbar weil verseucht.

    Das mögen FrankD und Michael Stängl versuchen als Notwehr zu framen, ich befürchte, zumindest in Teilen wird die Geschichte das als Kriegsverbrechen werten.

    Sie können mich nun gerne als Antisemiten verleumden. Ich habe niemals das Existenzrecht und das Verteidigungsrecht Israels in Frage gestellt. Ich habe niemals die Hamas, die Hezbollah oder auch nur die Fatah verteidigt und ich werd das auch nie tun.
    Dass Terroristen so infam sind, sich hinter Zivilisten zu verstecken, führt das nicht automatisch dazu, dass Zivilisten keinen Schutz des Völkerrechts mehr geniessen.
    Vor allem: Was soll das Ergebnis all dessen sein? Wie soll das in ein paar Jahren aussehen, wenn Hamas und Hezbollah ihre Reihen mit neuen Freiwilligen aufgefüllt haben? Mit den Kindern, die den jetzigen Krieg erlebt haben?

  8. Wer Kai Hafez über diese Frage urteilen lässt, kann genausogut Michael Lüders fragen. Beide verbreiten Ihre pro-palästinensischen Meinungen gegen Israel gern als Forscher und „Experten“.

    https://www.deutschlandfunkkultur.de/palaestinenser-zukunft-nahostkrieg-gaza-kommentar-100.html

    Zum Glück wird eine Falschbehauptung nicht wahr, bloss weil der Sprecher promoviert ist. Die deutschen Medien stellen Israel wie überall auf der Welt als Aggressor hin und belegen Ihre Vorwürfe gern mit einer UN, die zu grossen Teilen aus Despoten und Diktatoren besteht. Übermedien ist da keine Ausnahme. Für Hafez gilt, was der notorische Henryk M Broder bereits 2003 über Lüders geschrieben hat:

    https://www.henryk-broder.com/blog/article/1503

  9. @Stephan Karkowsky
    Ich verstehe das richtig:
    Kai Hafez fällt als Quelle aus, weil Michael Lüders als Quelle ausfällt?
    Beide fallen aus, weil sie „pro-palästinensische Meinungen“ vertreten, weshalb sie auch keine Forscher und „Experten“ sein können?
    Experten, denen man vertrauen kann, müssten sich also in etwa so lesen wie ausgerechnet Broder?

    So inhaltlich haben Sie aber nichts dazu anzumerken, außer dass es an dem Vorgehen der IDF keine Zweifel geben darf, weil ja Broder so viel toller als Kai Hafez ist?
    An den Qualifikationen kann es ja nicht liegen.

  10. @Frank Gemein. Es geht in diesem Artikel nicht um das Vorgehen der IDF. Es geht nur um die Frage, ob deutsche Medien pro-iranische Palästinenser negativer darstellen, als es sein müsste und umgekehrt Israel positiver (was ich bestreite, hören Sie nur einmal Nachrichten heute) und um die Frage, welche Motive diejenigen haben, die dies behaupten. Tatsache ist, dass Übermedien mit der Wahl des „Experten“ bereits eine Meinung eingekauft hat, die die Redaktion teilt. Genau so sieht es S. Niggemeyer.

  11. @Stephan Karkowsky
    Bislang ist Übermedien eher dadurch aufgefallen, gegensätzlichen Positionen immer wieder einen Raum zu geben.

    Auch kam es hier imho nicht vor, dass missliebige Journalisten ad hominem angegangen worden wären, wie es in Ihren Kommentaren bspw. bislang ausschliesslich der Fall war.

    Ich habe an dieser Stelle schon vor einem 3/4 Jahr meiner Sorge Ausdruck verliehen, dass die Politik des Likud und seiner Verbündeten von Rechtsaußen dabei sein könnte, dem Land Israel sehr großen Schaden zuzufügen.
    Mittlerweile beginnen die ersten Verbündeten ihr Verhalten zu überdenken.
    Das könnte zur Folge haben, dass Waffenlieferungen irgendwann ausbleiben. Die Stärke Israels ist zu einem beachtlichen Teil die Verankerung in einen Wertekanon der westlichen Welt.
    Unter Netanjahu nimmt diese zunehmend Schaden.
    Das kann man wie Broder dann mit Antisemitismus zu erklären versuchen. Nur hilft das leider niemanden, wenn es erst mal so weit ist.

  12. Mein eigenes Erleben der Berichterstattung in öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen steht in recht starkem Gegensatz zur Einschätzung des Interviewten. Ich muss deshalb gar nicht groß zu seinem Hintergrund recherchieren, schon gleich beim Hören war ich irritiert.
    Ich habe es natürlich nicht statistisch exakt ausgewertet, aber in ZDF heute (19:00 Uhr Sendung, sehe ich fast täglich) und ARD Tagesschau (20:00 Uhr, sehe ich gelegentlich) wird nach meinem Empfinden ca. drei Mal so oft das Leiden der Palästinenser:innen und jetzt auch Libanes:innen gezeigt wie das der Israelis: Ich sehe dort sehr häufig zerbombte Häuser und zerstörte zivile Infrastruktur, Menschen, die in Trümmern oder in Zelten leben und es wird auch häufig über mangelhafte medizinische Versorgung, insbesondere im Gazastreifen, berichtet.
    Ob Kai Hafez mit seinen Aussagen über die deutsche überregionale Presse Recht hat oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Die meisten seiner Aussagen scheinen sich eher auf die Presse zu beziehen. Aber zuweilen bezog er sein Urteil auch ausdrücklich auf den ÖRR. Und da er meines Erachtens diesbezüglich ziemlich falsch liegt, würde ich ihm jetzt auch in seinen übrigen Aussagen nicht allzu sehr vertrauen.

  13. @Kai Weber:
    Das geht so ein bißchen in die Richtung, wie die Kritik an der BBC im Telegraph, für die die Berichterstattung der BBC einige Monate nach dem 8. Okt. 2023 analysiert wurde und nach Anteilen ausgewertet.
    Die Kritik war dann, dass der Terrorüberfall der Hamas nur noch sehr selten in der Berichterstattung auftauchte, dagegen der Krieg in Gaza sehr häufig.
    Ist so etwas nicht eigentlich im Wesen des tagesaktuellen Journalismus begründet?
    Die BBC bekommt laut eigener Aussage Kritik von beiden Seiten in etwa ausgeglichenem Maße.

    Natürlich muss der Terrorüberfall der Hamas als Auslöser der derzeitigen Kämpfe in unserem Bewusstsein bleiben. Natürlich muss auch über die fortgesetzten Raketen- und Drohnenangriffe durch Hamas und Hezbollah berichtet werden. Oder über die Angriffe Irans. Aber im Augenblick sind doch die Handlungen der IDF und die Opfer und Zerstörungen in Gaza und nun dem Libanon, unverhältnismäßig größer und zahlreicher. Ist es da nicht logisch, dass dies mehr Raum einnimmt?

    Im Spiegel berichtete Christoph Reuter u.a., dass das erste, was die IDF bei Beschüssen der Blauhelm Stellungen zerstört, die Kameras und Scheinwerfer seien, die die Gegend aufnehmen. Von der Hamas ist bekannt, dass sie gezielt Journalist:innen getötet haben. Insgesamt ist das der gefährlichste Konflikt für Journalist:innen des 21. Jahrhunderts.

    Die Reporter ohne Grenzen haben bereits mehrfach Klage beim internationalen Gerichtshof wegen Kriegsverbrechen erhoben.
    https://www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/faq-zur-situation-der-medien-im-gazastreifen

    Ich hasse es, Kommentare zu diesem Thema zu schreiben. Wie ich es bei den meisten auch vermute, würde ich mich aus diesem Thema am liebsten komplett raushalten. Wie im Interview von Holger angesprochen, ist da das Gefühl, es nur verkehrt machen zu können.

    Die Juden sind nicht Israel und Israel ist nicht Likud und Verbündete. Letztere muss man kritisieren dürfen, wie es Hunderttausende in Israel auch tun.

  14. Ok. Dann gern nochmal ausführlich. Die Redaktion Übermedien hat ein Interview mit einem Lobbyisten für palästinensische Interessen in Auftrag gegeben, dessen „Expertise“ in etwa vergleichbar ist mit der eines Michael Lüders: Beide sind seit Jahrzehnten bemüht, den islamisch-palästinensisch-arabisch-iranischen Terror- und Vernichtungskrieg gegen Israel umzudeuten in eine blutrünstige Aggression Israels. Das ist klassische Täter-Opfer-Umkehr und in etwa vergleichbar mit Wagenknechts These (Lüders ist im Vorstand des BSW), die vorrückende NATO habe Putin zur Verteidigung Russlands (und damit eines Angriffs auf die Ukraine) gezwungen.

    Beide stellen das kleine, demokratische Israel mit seinen 9 Millionen Einwohnern als Bedrohung der arabischen Welt und des Iran dar (es leben ca. 350 Millionen Araber und etwa 2 Milliarden Muslime auf der Welt). Die andauernden Terrorakte von Hamas und Hisbollah werden kleingeredet, die israelische Verteidigungsreaktion wird als unverhältnismäßig angeprangert. Dem Journalismus, in dem beide häufig zu Wort kommen mit ihren Thesen, wird regelmäßig Einseitigkeit vorgeworfen.

    Übermedien kritisiert für gewöhnlich Verlautbarungsjournalismus. Lässt hier aber einen von mir sehr geschätzten, aber unkritischen Unterhalter (Holger Klein) „naive“ Fragen stellen, die vor allem dazu dienen, dem Gesprächspartner mehr Raum zu geben für seine Meinung. Vorwürfe von Hafez, Israel würde „Staatsterrorismus“ betreiben, bleiben unwidersprochen. Stattdessen wird eine Verschwörungstheorie ausgebreitet, die raunend von Strukturen im Journalismus erzählt, die eine „neutrale“ Berichterstattung (für Hafez also: Eine pro-palästinensische) verunmöglichen. Die vielen ungenannten Quellen erzeugen die Illusion einer Journalistenmasse, die verängstigt Israel verteidigen muss, um keinen Ärger zu kriegen.

    Die einzige Ausnahme sei Charlotte Wiedemann, deren Artikel für die TAZ mit der einseitigen Sicht von Hafez übereinstimmen (mit Vorliebe schildert sie das Leid palästinensischer Babys) und die zum 7. Oktober, wie so viele angeblich rein humanitär engagierte Auf-Keinen-Fall-Antisemiten, geschwiegen hat. Zu dieser Problematik empfehle ich @Jens Balzers ausgezeichnetes Buch After Woke.

    Dabei stellt Hafez gleich zu Anfang fest: Eine Studie zum Thema des Podcasts gibt es nicht, er würde hier nur seine Eindrücke schildern. Das, liebe Übermedien-Kollegen, ist kein journalistisches Glanzstück. Hier macht Ihr Euch mit einer Sache gemein (lieber Herr Gemein), die Eure Glaubwürdigkeit schwächt. Wo bleibt die Gegenrede?

  15. @Stephan Karkowsky:
    Herr Lüders wurde hier weder im Interview erwähnt, noch zitiert, noch gehört.
    Dass Sie ihn als Strohmann heranziehen ist streng genommen eine Beleidigung des Intellekts der hier Lesenden.

    Sie gehen mit keinem Wort auf die konkrete Lage in Gaza bspw. ein. Dafür taucht Putin auf, die Ukraine und natürlich die woken Linken. Natürlich.

    Reden Sie doch erst einmal, bevor Sie Gegenrede fordern. Und unterlassen Sie bitte bitte die Versuche humoristisch zu sein.
    Das ist schmerzhaft.

  16. Irgendwann vorm 8.10.23 kam mal ein Bericht über ein Gebäude in Gaza, in dem internationale Journalisten ihre Büros hatten und ein Hamas-HQ lag.
    Wenn die IDF das Gebäude bombardieren, heißt es, Israel bombardiert Journalisten. Wenn nicht, behält die Hamas ihr HQ. Win-win für die Hamas, die da schon schlau war. Nur wie doof waren die Journalisten, die sich mit der Sache so sehr gemein machten, dass sie sich als menschliche Sandsäcke einsetzen ließen?

    Klar verdienen die IDF und die israelische Regierung mehr Kritik, aber die Hamas ebenso. Praktisch nichts, was die Hamas tut, ist kein Kriegsverbrechen. Wenn man die israelische Pressemitteilungen nicht glaubt, ok, aber besser belogen zu werden als als menschlicher Schutzschild verwendet und zusätzlich belogen zu werden.

    Dass man sich fachlich in die Hintergründe des Konfliktes hineinarbeiten kann, halte ich übrigens auch für möglich.

  17. @Mycroft:
    https://www.stern.de/politik/ausland/gaza–wie-der-kuestenstreifen-systematisch-zerstoert-wurde-35106176.html#:~:text=Dem%20Krieg%20in%20der%20kleinen,Zerst%C3%B6rung%20mithilfe%20von%20Satellitenbildern%20analysiert.
    60% aller Gebäude sind zerstört. Ich glaube nicht, dass es so viele Hamas Hauptquartiere in Gaza gab.
    130 tote Medienschaffende in dem gegenwärtigen Konflikt. 4 gleich am 8.Oct. von der Hamas ermordet.
    Wenn man keine unabhängige Medienarbeit zulässt, kann man natürlich die kolportierten Zahlen angreifen, weil diese vom Gegner kommen.
    Aber ernsthaft bezweifelt eigentlich niemand die > 40.000 Toten in Gaza.

    https://www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/weltweite-rsf-aktion-fuer-jounalistinnen-in-gaza

  18. „60% aller Gebäude sind zerstört. Ich glaube nicht, dass es so viele Hamas Hauptquartiere in Gaza gab.“
    Das rechtfertigt es auch rückwirkend trotzdem nicht, militärische Hauptquartiere in selben Bürogebäude wie Journalisten einzurichten. Ich unterstelle nebenbei, dass die Hamas ihr neustes HQ inzwischen in einem der anderen 40% eingerichtet haben wird.

    „Wenn man keine unabhängige Medienarbeit zulässt, kann man natürlich die kolportierten Zahlen angreifen, weil diese vom Gegner kommen.“
    Wie wir doch eben gelernt haben, ist die Wahrheit nicht der Mittelwert zwischen zwei Lügen, ich meine Kriegspropaganda von beiden Konfliktparteien. Aber mir geht es nicht darum, die Zahlen anzugreifen.
    Wenn Medien nicht ausgewogen darüber berichten, kann das natürlich an einem Bias der Medienschaffenden liegen; ich bin mir aber sehr unsicher, ob der Bias immer „pro Israel“ ist.

  19. Ich fand den Podcast diesmal einfach nur schlecht. Herr Hafez monologisiert endlos, kommt dabei vom Hölzchen aufs Stöckchen, trägt aber für einen Experten erschreckend wenig Substanz vor. Hinweise auf Studien, Zahlen, wenigstens Beispiele? Nur in homöopathischen Dosen. Dafür aber sehr viel Meinung. Im Grunde lässt sich die ganze „Expertise“ darauf herunterbrechen, dass Herr Hafez eine tendenziell propalästinensische Meinung vertritt und diese stärker in den deutschen Medien abgebildet sehen will.

    Positive Beispiele für Nahostberichterstattung sollen ausgerechnet Guardian und BBC sowie die unerträgliche Charlotte Wiedemann sein? Na vielen Dank auch.

    Eine Schwierigkeit für eine ausgewogene Berichterstattung liegt m.E. in der extremen Asymmetrie des Konflikts. Wenn etwa Kai Weber (#15) beklagt, dass das Leid der Palästinenser und Libaneser viel größeren Raum in der Berichterstattung einnimmt als das der Israelis, so liegt das schlicht daran, dass jenes Leid tatsächlich vielfach größer IST als dieses. Die Opferzahlen sind da schon ziemlich eindeutig. Konzentriert man sich aber als „humanitärer Journalismus“ allein auf die Opfer, gerät der Kontext aus dem Blick, v.a. der unbändige Vernichtungswille der Israelfeinde. (Dass es weniger israelische als palästinensische Opfer gibt, liegt ja allein daran, dass dieser Vernichtungswille meistens recht erfolglos umgesetzt wird – nur am 7. Oktober war das leider anders.) Und dann kommt es zu solchen seltsamen Aussagen wie von Herrn Hafez, der ~1500 ermordeten Israelis ~40.000 ermordete Palästinenser gegenüberstellt. Nur sind letztere im Gegensatz zu ersteren eben überwiegend nicht gezielt ermordet, sondern bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen. Tot sind sie allerdings trotzdem.

    Um Erich Kästner abzuwandeln: Wer den Kontext vergisst, wird dumm. Wer die Opfer vergisst, wird böse.

  20. @Earendil, #22

    „Wenn etwa Kai Weber (#15) beklagt, dass das Leid der Palästinenser und Libaneser viel größeren Raum in der Berichterstattung einnimmt als das der Israelis, so liegt das schlicht daran, dass jenes Leid tatsächlich vielfach größer IST als dieses.“

    Ich glaube nicht, dass ich da etwas beklagt habe. Ich bin nicht ganz sicher, ob sich Leid irgendwie objektiv aufsummieren lässt, aber tue es natürlich im Alltag beim Blick auf ferne Konflikte trotzdem andauernd. Insofern glaube ich auch, dass in quantitativer Hinsicht derzeit mehr Leid auf palästinensischer Seite zu finden ist und finde die Darstellung der Nachrichten im ÖRR recht angemessen.

    (Mein Argument, zumindest mein intendiertes, war ein anderes: Mit meiner Aussage, dass dreimal so häufig palästinensisches wie israelisches Leid in den von mir konsumierten Nachrichten gezeigt wird, wollte ich die Aussagen von Kai Hafez kritisieren, der im Interview behauptete, der ÖRR würde mehr Augenmerk auf israelisches Leid legen als auf arabisches.)

  21. Die Juden sind ein komisches Volk. Was andere dürfen, ist den Juden verboten. Andere vertreiben Tausende, sogar Millionen Menschen, und es gibt kein Flüchtlingsproblem. Russland hat es getan, Polen und die Tschechoslowakei haben es getan, die Türkei hat eine Million Griechen rausgeschmissen und Algerien eine Million Franzosen. Indonesien hat Gott weiß wie viele Chinesen rausgeworfen.
    Was passiert in Südsudan? In Tigray? Scheinbar nichts, denn keiner redet über Flüchtlinge.
    Aber im Falle Israels sind die vertriebenen Araber ewige Flüchtlinge geworden. Und alle bestehen darauf, dass Israel jeden einzelnen Araber zurücknehmen muss.

    Zwar hat der Westen hat die Ukraine faktisch aufgegeben, aber noch nicht die Hoffnung, dass sie trotzdem weiterkämpfen wird. Bis Putin die Waffen streckt. Alles andere werde den Diktator nur ermutigen, als nächstes Moldawien, Polen und Lissabon anzugreifen.
    Die Ukraine darf nicht aufgeben, weil niemand mit einem verrückten Diktator wie Wladimir Putin verhandeln kann. Und wenn doch, dann sei ja kein Verlass auf die geschlossenen Verträge.

    Beim Krieg ein paar Kilometer daneben hört sich das anders an.
    Der Judenstaat wird aller paar Stunden aufgefordert, es genug langsam mal sein zu lassen. Die armen Angreifer haben doch auch Familie und nicht jeder Hamas-Terrorist ist ein schlechter Mensch. Ja, „der 7. Oktober war nicht nur ein Guerillaangriff auf die israelische Besatzung“ (copyright Eyal Weizman). Aber das gibt des israelischen Apartheidstaat noch lange nicht das Recht … bla bla bla.
    Israel soll endlich aufgeben und mit den Terroristen verhandeln, damit die schnellstmöglich einen eigenen Staat bekommen, aus dem sie dann korrekt nach Völkerrecht und mit einer richtigen Armee angreifen könnten.

    Sie gefallen mir nicht, die Doppelstandards. Sie gefallen mir einfach nicht.

  22. Nachdem mein letzter Kommentar hier nicht mehr veröffentlicht wurde ( mir wäre wohler, wenn ich wüßte, welcher Grenzüberschreitung ich mich schuldig machte, aber sei es drum ), habe ich ein paar Tage meine Füße still gehalten.

    Nach diesem letzten Beitrag von FrankD drängt sich mir aber extrem lautstark die Frage auf:

    Hat der jetzt ernsthaft verlangt, dass wir Israel wie den Südsudan behandeln?

    Armes Israel, hüte dich vor deinen „Freunden“, mit deinen Feinden kommst du selber klar.

  23. Das Thema war ja eigentlich, ob die israelische Seite in den Medien bevorzugt wird. Wenn ja, wäre das ja deswegen nicht okay, weil das die Meinungsbildung dementsprechend verzerren würde. Eine solche Verzerrung muss ich auch hier in vielen Kommentaren ganz klar feststellen. Mit Argumenten kommt man da leider nicht mehr weiter, denn es hat sich offenbar bei Vielen schon ein unbewusstes Grundempfinden manifestiert, das die Menschenrechte jüdischer Israelis sehr viel höher bewertet als das der Palästinenser. Da ist es dann egal, wie viele Kriegsverbrechen, Völker- und Menschenrechtsverletzungen Israel begeht, man hat einfach mehr Empathie für das Schiksal von 100 israelischen Geiseln als für das gesamte palästinensische Volk.

  24. „Das Thema war ja eigentlich, ob die israelische Seite in den Medien bevorzugt wird.“
    Nein, das Thema ist, ob die (dt.) Medien _ausgewogen_ über Israel berichten. Im Unterschied zum Interviewten bin ich der Meinung, dass einige deutlich pro-israelische Berichte von deutlich pro-palästinensischen Berichten ausgeglichen werden, wobei sich die pro-israelischen nochmal aufteilen in solche, die tatsächlich pro-israel sind und solche, die das nur als Deckmantel für Moslemfeindlichkeit benutzen, und vermutlich sind viele Pro-Palästinenser eigentlich bloß Antisemiten und haben eben dafür auch einen Deckmantel gefunden.
    „Da ist es dann egal, wie viele Kriegsverbrechen, Völker- und Menschenrechtsverletzungen Israel begeht, man hat einfach mehr Empathie für das Schiksal von 100 israelischen Geiseln als für das gesamte palästinensische Volk.“
    Manchen mag das egal sein, aber das liegt dann nicht an den Medien. Es gibt tatsächlich auch schlimmere Menschenrechtsverletzungen, über die nicht annähernd derselben Breite berichtet wird. Unterstellen Sie, dass man die Regierung von [so ein Land in Afrika] irgendwie in Schutz nehmen wollte damit?

  25. @ 27:
    Wenn ich das so lese, frage ich mich, ob man damals überhaupt großflächig verstanden hat, warum die rotgrüne Regierung das „Either you’re with us or you are against us“ in 2001 nicht einfach so akzeptiert hat.
    Warum muss ich mich auf eine Seite schlagen?
    Die Kriegstreiber auf beiden Seiten sind verachtenswert. Und man kann Leid nicht gegen größeres Leid aufrechnen.
    Generell kann man wenig bis nichts tun, wenn man wie wir hier mit Zentralheizung und Kaffee vorm Rechner sitzt. Leider können das die Wenigsten akzeptieren und meinen daher, sich (laut und voller Selbstbewusstsein) auf eine Seite schlagen zu müssen. Aber auch davon wird die Ohnmächtigkeit leider nicht besser. Sie stimmen nur einen in die Kakophonie der Ohnmächtigen, die es nicht akzeptieren können.

    Anscheinend müssen Menschen sich alle 3-4 Generationen im großen Stil gegenseitig abschlachten, bis man merkt, dass es nur miteinander geht und wir alle Menschen sind. Das hält dann wieder 3-4 Generationen, bis die Generation der Abgeschlachteten ihre Geschichte nicht mehr erzählen kann, rinse and repeat.
    Aus den Fehlern anderer zu lernen, verkauft keine Panzer.

  26. Professor Hafez spricht von Löchern in der Berichterstattung über diesen Konflikt, wenn es das Vorgehen Israels betrifft. Nun wird hier in den Kommentaren das so gedreht, als ginge es rein quantitativ um die Menge der Meldungen. Das ist aber eine Missdeutung. Zweifellos ist die IDF nach dem abscheulichen Terrorüberfall durch die Hamas die bei weitem aktivste Partei.
    Israel wurde angegriffen und Israel verteidigt sich.
    So weit so ( folge )richtig.

    Und das ist asymmetrisch. Auch das macht Sinn und ist nicht verkehrt.
    Dafür, dass die IDF von der westlichen Welt mit modernem Kriegsgerät beliefert wird ( unter anderem dafür ), werden Ansprüche an die Einhaltung des Völkerrechts gestellt.
    Und da hat die deutsche Berichterstattung angeblich blinde Flecken.
    Es gibt nur einige wenige Berichte über Sde Teiman, das nicht mehr ganz so geheime Militärgefängnis in der Negev Wüste, in dem angeblich gefoltert wurde und wird.
    Über die 2000 Pfund MK-84 Bomben, die Israel auf Gaza abwirft, habe ich in deutschen Medien gar nichts gefunden. Es gibt u.a. in den USA eine Diskussion, ob der Abwurf dieser Bomben über dicht besiedeltem Gebiet als Völkerrechtsbruch zu werten ist. Bei uns findet diese Diskussion nicht statt.
    Und ja, das würde ich als blinde Flecken bezeichnen.

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