„Wir haben Geld“ – so war die Mitteilung zum Start des neuen Geld-Ressorts bei „Zeit Online“ überschrieben. Das sollte wohl witzig sein, war es aber nicht. Denn etwas mehr als ein halbes Jahr später zeigt sich: Hier geht es um die Probleme von Menschen mit Geld, und zwar nur um ihre. Zu einer Zeit, in der die Vermögensungleichheit zwischen Arm und Reich immer größer wird und sich immer mehr Menschen von Medien abwenden, ist diese Art von Klienteljournalismus nicht nur langweilig, sondern sogar gefährlich.
Die Redaktion sieht das natürlich anders: „In jeder Altersphase und Lebenslage sollen unsere Artikel ihnen die Angst nehmen, der Finanzdschungel könnte zu verschlungen sein. Und Sie ermutigen, ihn für sich zu erobern“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Dschungel haben aber schon immer eher reiche Menschen erobert – und so ist es auch bei „Zeit Online“. Die Artikel des Ressorts betreffen vor allem die Lebenslagen, in denen man darüber nachdenkt, ob man eine Wohnung denn nun eher kaufen oder mieten sollte. Und nicht die Situation, in der man nicht weiß, wie man die nächste Miete überhaupt zahlen soll.
Und wäre das alles nicht schon abgehoben genug, klingt das Startversprechen des Geld-Teams auf ziemlich unangenehme Weise nach dem, was Lifecoaches auf TikTok und Co. versprechen. „Reicher, klüger oder einfach glücklicher“ sollen einen die Texte machen. Eine Nummer kleiner geht es mittlerweile wohl nicht mehr.
Die wichtigste Frage: Gehört Gold jetzt ins Depot?
Konkret wird dann zum Jahresanfang erklärt, wie man Tag für Tag ein bisschen reicher wird, zum Beispiel mit der sogenannten „Gelddiät: Vielleicht mal Pfannkuchen zu Hause, statt auswärts frühstücken“. Es wird empfohlen, am Ende des Jahres den Weihnachtsbonus doch nur zur Hälfte zu verprassen. Ein anderer Tipp: „Manchmal kann es sich lohnen, weniger zu arbeiten. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie schon sehr viel verdienen oder bereits ein passives Einkommen fließt.“
Die Autorin
Mareice Kaiser schreibt und spricht zu Gerechtigkeitsthemen. In ihrem aktuellen Sachbuch «Wie viel – Was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht», erzählt sie ihre eigene Geldgeschichte und die von anderen Menschen. 2022 wählte sie das „Medium Magazin“ unter die Top 10 der Wirtschaftsjournalist*innen des Jahres.
Ein porträtiertes Paar wird im Geld-Ressort so vorgestellt: „Er verdient als Ingenieur 100.000 Euro im Jahr, sie als Ärztin auch. Das Paar hat zwei Immobilien und keinen Ehevertrag. Sie leben nach dem Prinzip: Passt schon.“
Ein anderer Porträtierter sagt, er habe vor 15 Jahren begonnen, auf das Ziel FIRE (Financial Independence, Retire Early) hinzuarbeiten: „Als ich 45 wurde, war es dann so weit und ich habe mich als Privatier versucht.“ Er wohnt in einem Reihenhaus für 1,2 Millionen, hat Mieteinnahmen in Höhe von 65.000 Euro pro Jahr und investiert in Aktien, Anleihen, Krypto und Gold. Als Unternehmensberater verdient er nach Abzug der Kosten etwa 320.000 Euro brutto. Für ihn ist wohl auch eine der wichtigen Fragen aus dem Geld-Ressort: Gehört Gold jetzt ins Depot?
Kolumnistin Christiane von Hardenberg schreibt: „Ich will Altersreichtum!“ – und ist doch jetzt schon reich. „Seit ich 14 Jahre alt bin, investiere ich an der Börse, später auch in Immobilien und Unternehmen“, schreibt die Unternehmertochter. Außerdem geht es um Tipps für Hausbauer, Tipps für Immobilienkäufer („Feilschen lohnt sich wieder“) und es wird erklärt, wie Privatanleger immer reicher werden können – „und in jeder Krise vermögender“.
Das alles ist vor dem Hintergrund der Auswirkungen zum Beispiel der Corona-Krise obszön. In Krisen zeigt sich die soziale Ungleichheit genau und verstärkt sich laut Studien sogar: Während von Armut betroffene Menschen noch ärmer wurden, sind reiche Menschen die Profiteure der Krise. Und gerade um sie kümmert sich das Ressort Geld von „Zeit Online“.
Dazu kommt: In der Berichterstattung wird vernachlässigt, vor welchem Hintergrund Menschen reich sind und immer reicher werden. Die Artikel suggerieren: Du musst nur richtig anlegen, die richtigen Entscheidungen treffen, mal auf das Frühstück im Café verzichten, dann klappt das schon mit dem Geld. Dass die Geldverteilung aber vor allem vom Glück abhängt, in die richtige (hier: reiche) Familie geboren zu sein, das kommt in den Artikeln nicht vor.
Wird Reichweite mit Zustimmung verwechselt?
Diese Art von Journalismus ist ein Schlag ins Gesicht von Menschen, die kein Geld haben, die niemals auswärts frühstücken und die für ihre Kinder keine ETFs anlegen können. In keinem dieser Artikel geht es um sozio-ökonomische Ungerechtigkeiten. Stattdessen stärken die Artikel die These, Armutsbetroffene wären an ihrer Situation selbst Schuld.
Wer noch einen letzten Beweis dafür braucht, dass man im Geld-Ressort offenbar wenig Ahnung von der Lebensrealität in diesem Land hat, findet ihn im Artikel „31-Tage-Detox für ihr Geld“. Darin wird die 50-30-20-Regel empfohlen, die folgende Aufteilung vorschlägt: 50 Prozent des Nettoeinkommens für Miete und Lebensmittel, 30 Prozent für Freizeit, 20 Prozent für Sparkonten oder Investments. In wie vielen Haushalten soll das bei explodierenden Lebenshaltungskosten noch möglich sein?
Warum macht „Zeit Online“ das also? Die Redaktion selbst begründet ihre Entscheidung damit, dass Texte über private Finanzen bei „Zeit Online“ auf „großes Interesse“ stoßen.
Bleibt die Frage, ob hier nicht hohe Klickzahlen, Interaktionen und Abo-Abschlüsse mit Zustimmung und journalistischem Wert verwechselt werden. Denn gerade die schon vor der Ressortgründung erschienene Serie „Kontoauszug“ sorgte zwar regelmäßig für Wirbel in den Kommentarspalten der sozialen Netzwerke. Allerdings kritisierten dabei eben viele Nutzer*innen deutlich, dass die vorgestellten Vermögenssituationen völlig an der Realität vorbeigingen. Wenig überraschend klingen die meisten Kommentare unter dem Text zur Ressortgründung auch eher sarkastisch als begeistert.
Dabei könnte sich so ein Ressort ja an alle Menschen richten, schließlich brauchen wir alle Geld zum Leben. Dass es sich nur an reiche Leute richtet, die noch reicher werden wollen, hat womöglich auch wieder mit – genau! – Geld zu tun. Denn so ziemlich jeder Text aus dem Ressort ist ein Z+Plus-Text, also ein Text, den man nur mit Abo komplett lesen kann. Wer kann sich so ein Abo leisten? Na klar, Menschen mit Geld.
Um Armutsbetroffene geht es kaum
Natürlich steht das Geld-Ressort bei „Zeit Online“ nicht alleine. Es gibt noch weitere Ressorts, in denen sich auch Menschen ohne Geld wiederfinden könnten. Aber auch hier sucht man ziemlich lange nach einem Artikel, der die Lebensrealitäten fernab von Gold-Depots zeigt.
Denn Armut kommt bei „Zeit Online“ eher wenig vor – und wenn, dann vor allem Armut in anderen Ländern: Westjordanland, USA, Großbritannien, Italien. Wenn es dann doch Artikel zum Thema in Deutschland gibt, handelt es sich meist um Beiträge von wissenschaftlichen Expert*innen, die über Armut sprechen, aber nicht selbst betroffen sind.
Auf der Suche nach Erfahrungsberichten über Armut findet man einen Artikel über einen Mann, der freiwillig asketisch lebt. „Die Kunst des Weglassens kann uns bereichern“, heißt es da. Interessant, dass dieser Beitrag unter dem Suchwort „Armut“ einsortiert wurde. Ein anderer Treffer ist ein Interview mit einem Millionär, der sagt: „Wer nur herumsitzt und Work-Life-Balance macht, wird verarmen“.
Ansonsten gibt es ab und zu nachrichtliche Beiträge oder Kommentare zu aktuellen Zahlen, aber in den vergangenen drei Monaten keinen einzigen Beitrag, der Gesichter und konkrete Geschichten zeigt. Oder Service-Tipps für Menschen mit wenig Geld, denn das würde ja auch in ein Geld-Ressort passen. Rechtliche Tipps für Alleinerziehende, die am stärksten von Armut bedrohte Personengruppe. Oder Informationen über die Sanktionen im Bürgergeld, an welche Stellen sich Menschen wenden können, wenn ihnen die Lebensgrundlage entzogen werden soll.
So findet hier Journalismus zu einem Thema, das alle existenziell angeht, für wenige statt. Davon fühlen sich viele Menschen nicht angesprochen, oder gar: ausgeschlossen. Was gefährlich ist, wenn wir Journalismus als einen Teil von Demokratie verstehen, der für alle von allen sein sollte.
Zur Grundlage einer demokratischen Gesellschaft gehört ein Journalismus, der verschiedene Lebensrealitäten zeigt – und nicht nur jene von Menschen, die denen in elitären Akademiker-Redaktionen ähnlich sind. (Auch das muss sich natürlich ändern.) Ein Journalismus, der von allen für alle gemacht wird, auf Augenhöhe. Was es dafür aber nicht braucht, ist ein Rich-Kids-Ressort.
17 Kommentare
Okay, die Rubrik ist snobistisch und richtet sich an eine ziemlich elitäre Zielgruppe. D’accord. Davon ab finde ich diesen Artikel aber schwierig, weil er selbst den Eindruck erweckt, Finanzplanung sei ein Luxus für die oberen zehn Prozent.
Klar, es gibt viel zu viele Leute, die von der Hand in den Mund leben müssen und gar nichts sparen können. Und die wachsende Ungleichheit ist in der Tat ein Skandal. Das sind soziale Probleme, die politisch bekämpft gehören.
Aber Millionen Leute können zumindest etwas beiseite legen – und da macht es eben einen Riesenunterschied, ob man 30 Jahre lang 100 oder 200 Euro im Monat aufs Sparbuch packt, wo sie von der Inflation vernascht werden, oder ob man sie in einen ETF-Sparplan investiert, wo sie inflationsbereinigt 5 Prozent pro Jahr mehr werden. Das kann, auf lange Zeit gesehen, die persönliche Rentenlücke erheblich kleiner machen und in bestimmten Konstellationen Altersarmut verhindern.
Und „armutsbetroffen“ statt „arm“ ist wirklich ein Juwel aus der Euphemismus-Tretmühle. Selber Sinn plus Moral, vier Silben mehr als das Original. Sowas ist völlig kontraproduktiv, wenn man die Größe eines Problems verdeutlichen will, weil es der Sprache jede Kraft raubt. Beispiel:
Reichtumsbegünstige Person und armutsbetroffene Person standen da und sah’n sich an. Und die armutsbetroffene sagte bleich: Wär ich nicht armutsbetroffen, wärst Du nicht reichtumsbegünstigt.
Brecht würde im Grabe rotieren. Und Wolf Schneider auch.
Es ist nicht so, dass es mich bei der ZEIT überraschen würde (darauf deuten ja schon die unzähligen Anzeigen für Kreuzfahrten und Luxusartikel in der Zeitung hin) aber höchst irritierend finde ich diese geballte Parallelrealität schon. Insofern, vielen Dank für diesen Artikel.
Ich finde es höchst problematisch, aber wer sozioökonomische Aspekte von Geld oder Vermögen in diesem Land problematisieren will, ja nur darüber sprechen möchte, wird ja entweder direkt als Kommunist bezeichnet oder beschuldigt, eine „Neiddebatte“ entfachen zu wollen.
Dabei wird viel zu selten über Geld gesprochen. Und wenn, dann so…geradezu grotesk
Was für ein toller Artikel, der mir zu sehr aus der Seele spricht. Ich hatte gerade die „Kontoauszüge“ immer als Ragebait gelesen. Auch, weil sie mir auf Twitter (ehemals gut) immer als Archiv-Stücke eingespielt wurden. Das war für mich ein Anzeichen, dass es gar nicht im Information oder Hintergrund geht. Sondern da schlaue Leute wussten, dass es klickt.
Deswegen, weil er mir so sehr aus der Seele spricht, such ich das Haar in der Suppe und das wäre das: Tipps für Armutsbetroffene gerne. Aber von Armutsbetroffenen. Auch, weil die Mär, dass Reiche besonders gut mit Geld umgehen können, sich bei solchen Finanzredaktionen noch hält, wo man doch weiß, dass gerade und besonders Armut den Umgang mit Geld schult. (Witzig, dass Finanzredaktionen das natürlich auch wissen aber irgendwie schafft es diese Erkenntnis nicht von Steuer- und Schuldendebatten in den Nutzwertjournalismus hier, aber naja.)
Ich verstehe die Kritik nicht. Es gibt so viele Ressorts, Magazine und Blogs die spezifische Zielgruppen bedienen. Wenn ich Briefmarkensammler bin, will ich doch nichts über Autoreifen lesen, in einem Magazin für Briefmarkensammler. Man könnte vielleicht kritisieren, dass sie ihre Zielgruppe nicht klar kommunizieren.
Die Existenz des Geld-Ressorts in der ZEIT ist bestimmt ein Beleg dafür, dass einige Menschen zu viel Geld haben. Und selbstverständlich ist das problematisch angesichts der gravierenden Ungleichheit der Vermögensverteilung.
Trotzdem ist dieser Text ein Beispiel, wie Medienkritik eher nicht sein sollte: An einer für den konkreten Gegenstand viel zu starken These orientiert, künstlich erhitzt, willkürlich zusammenargumentiert – und sich dabei oft genug selbst widersprechend.
Gewaltige Metaphern…
„Diese Art von Journalismus ist ein Schlag ins Gesicht von Menschen, die kein Geld haben, die niemals auswärts frühstücken und die für ihre Kinder keine ETFs anlegen können.“
…verdampfen ziemlich schnell:
„Denn so ziemlich jeder Text aus dem Ressort ist ein Z+Plus-Text, also ein Text, den man nur mit Abo komplett lesen kann. Wer kann sich so ein Abo leisten? Na klar, Menschen mit Geld.“
Die Menschen, die hier vor den Kopf gestoßen werden, bekommen das also nicht mal mit.
Nun fragt man sich:
„Warum macht „Zeit Online“ das also? Die Redaktion selbst begründet ihre Entscheidung damit, dass Texte über private Finanzen bei „Zeit Online“ auf „großes Interesse“ stoßen.“
Es geht also darum, mit einem Special-Interest-Thema zahlungskräftige Kundschaft für Abos zu gewinnen. Und das wird scharf verurteilt:
„Bleibt die Frage, ob hier nicht hohe Klickzahlen, Interaktionen und Abo-Abschlüsse mit Zustimmung und journalistischem Wert verwechselt werden.“ (Wer verwechselt das denn eigentlich?)
Vor diesem Hintergrund wirkt der Rat, was man hier alternativ bringen könnte, beinahe niedlich:
„… Service-Tipps für Menschen mit wenig Geld, denn das würde ja auch in ein Geld-Ressort passen. Rechtliche Tipps für Alleinerziehende, die am stärksten von Armut bedrohte Personengruppe.“
Abos sind von diesen Gruppen aber wohl eher nicht zu erwarten. Doch Qualitätsjournalismus darf Geld kosten, auch Übermedien kann ich nicht gratis gelesen. Was spricht also, im Sinne einer Mischkalkulation, gegen ein vereinzeltes abgehobenes Spezialthema für eine zahlungskräftige Kundengruppe? Ein bisschen vielleicht, aber sooo viel dann pragmatisch gesehen doch auch wieder nicht.
All die grundsätzlichen Punkte, die die Autorin anführt, sind ja richtig und wichtig:
„Zur Grundlage einer demokratischen Gesellschaft gehört ein Journalismus, der verschiedene Lebensrealitäten zeigt – und nicht nur jene von Menschen, die denen in elitären Akademiker-Redaktionen ähnlich sind.“
Wenn die ZEIT tatsächlich insgesamt dazu tendiert, eine elitäre Bubble zu bedienen, muss das selbstverständlich scharf kritisiert werden. Sich aber dafür an diesem einen albernen Ressort derart abzuarbeiten, lässt die Fundamentalkritik leider zur Luftnummer werden.
@Jens (#5):
Ja, und „Schlag ins Gesicht von XY“ ist eine Phrase, die man unbedingt meiden sollte. Ähnlich wie die Pilze, die aus dem Boden schießen. Oder „im Grabe rotieren“, was ich oben selbst geschrieben habe. Sorry…
„Spartipps“ á la „nicht jeden Morgen Champagner saufen, Montags tut es auch Sekt“ schrammen aber wirklich hart an der Satire vorbei. Die Zielgruppe, der ein Frühstück zuhause als abgefahrene neue Idee erscheint, dürfte wirklich winzig sein. Ich nehme an, dass sich selbst die meisten DAX-CEO’s morgens ein Brötchen schmieren.
„So findet hier Journalismus zu einem Thema, das alle existenziell angeht, für wenige statt. “
Als ehemaliger Verantwortlicher eines Investment-Fonds würde ich selbst das tatsächlich auch noch verneinen. Das Niveau liegt so tief, dass man von Journalismus kaum reden kann. Anstelle echter Analyse sind da doch nur schablonenartige vermeintlich etablierte Weisheiten angehäuft.
In jeder Beziehung besser ist da Hermann-Josef Tenhagen bei Spiegel Online.
#6: In Ihrem Kommentar fehlt ganz am Ende ein einziges Wort, nämlich ‚lassen‘
Meine Eltern waren mit 4 Kindern alles andere als reich. Ich würde sogar eher sagen, dass das monatliche Netto gerade so ausgereicht hat, um uns mit dem allernötigsten zu Versorgen.
Das Essen im Kühlschrank war streng durchrationiert, einfach mal zum Kühlschrank gehen und etwas essen war nicht gerne gesehen, da das die komplette Wochenplanung über den Haufen geworfen hat. Urlaub gab es nicht.
Was meine Eltern aber gemacht haben, war für jedes Kind monatlich 5€ zu sparen. Von dem Geld (und weiteren Erpsarnissen, z.B. Konfirmation und Geburtstagsgeld) habe ich dann den Führerschein gemacht und mir mein Bachelorstudium finanziert (habe damals von 600-700€ im Monat gelebt).
Was ich damit sagen will: das Finanzwissen, das hier in diesem Artikel so dermaßen kritisiert wird hat mir den Bildungsaufstieg ermöglicht.
War meine Kindheit schön? Nein.
Aber ich bin jetzt nicht mehr arm.
@Nathalie (#9):
Danke! Das zeigt, was der Artikel meines Erachtens ausblendet: Dass Geldanlage nicht nur was für Reiche ist, sondern in manchen Fällen auch Armut verhindern oder zumindest abmildern kann (was eine politische Lösung des Problems natürlich nicht ersetzt).
Allerdings sollte man sich über Geldanlagen wohl weniger in einem Livestyle-Ressort der Zeit informieren. Es gibt auch seriöse Quellen – den Kanal „Finanztipp“ bei YouTube kann ich zum Beispiel empfehlen.
@Rinaldo Rinaldini (#8):
In Ihrem Kommentar fehlt ganz am Ende ein einziges Wort, nämlich ‚lassen‘.
Ach, ich weiß nicht. Hatte an den Bahnchef, Herrn Lutz, gedacht, dem ich kürzlich mal auf einer Konferenz begegnet bin. Er kam mit dem Rad, stand mit dem Fußvolk in der Kaffeeschlange und wirkte auch sonst ziemlich unprätentiös – nicht wie jemand, der sich morgens seinen O-Saft vom Butler servieren lässt.
Ich glaube, die Vorstellung von Reichtum als dauerndem Luxus-Konsum entstammt eher den Köpfen versnobter Zeit-Kolumnisten und halbseidener Finanz-Influencer als der Wirklichkeit. In Milliardärskreisen mag das üblich sein, aber davon ist auch ein Bahnchef noch um Größenordnungen entfernt.
(Wahr bleibt, dass Herr Lutz trotzdem unanständig viel Geld hat und qua Job einen Haufen Privilegien genießt, von denen unsereins nur träumen kann. Aber das steht auf einem anderen Blatt.)
„Gefährlich“ finde ich das nicht unbedingt, eher halt ein Versuchsballon der zeitUNG, sich mglweise in Richtung „Börsenblatt für nachdenklich Tuende“ zu, nun ja, ‚entwickeln‘. Viele Kommentaristen hier zeigen sich doch etwas pikiert bis indigniert über Frau Kaisers Kritikpunkte, einige weitere Finanztipps gibt es dann gar noch gratis hinzu (danke, liebe Foristen!), verbunden mit Überlegungen, die z.T. recht calvinistisch-erfolgsformelig anmuten (von Religion ist immerhin in dem Zusammenhang nicht die Rede). Was also bleibt? Die besagte Publikation war auch früher schon recht elitär, eher nicht so an ein breites Publikum gerichtet. Passt doch, den Rest regelt der Markt. Ob das dann viel mit dem Leben an sich und als solches zu tun hat? Quién sabe e.V.
#9
Ja, aber „Zeit Online“ hilft ja gerade überhaupt nicht dabei, wie man 20€ im Monat sinnvoll anlegt, wenn es z.B. diskutiert, ob Gold mit ins Depot gehört. (Kurzantwort: Nein, nie. [Mal sehen, ob jemand anbeisst…]) Das ist jedenfalls eine exemplarische Frage, die sich in der Regel nur Leute stellen, die mehr als genug Geld haben. Und niemand anderes kann sich von ZO angesprochen fühlen. Das ist ja, was der Artikel kritisiert, nicht, dass es überhaupt um Geld geht.
Wie ich und KK schon sagten: da ist man bei Tenhagen/Finanztip deutlich besser aufgehoben. Die betreiben nämlich wirklichen Finanzjournalismus (und das für jedermann).
Die Zeit folgt der Evolution vom“links-alternativen“ zum woke-grünen Großstadtmilieu.
Finde den Artikel schwierig, die Argumentation ist eigentlich nur eine moralische, aber keine wirklich journalistische. Kann man einem Blatt vorwerfen, dass es sich an ein bestimmtes Publikum richtet? Im Opernmagazin wird man nichts über Punkmusik lesen, und in der taz wird etwas anderes vertreten als in der Zeit. Dann können Sie auch alle Artikel in der FAZ über die Börse anprangern, da steht nie was über die Erbschaftssteuerdebatte. Ich finde diese Artikel in der Zeit zwar auch obszön, gerade in ihrer Unverblümtheit, aber das Argument unsauberen Journalismus‘ kann man ihnen nicht machen.
Wen wundert’s übermäßig? Die Zeit bedient doch sowieso vorwiegend diese Klientel (zumindest das Bildungsbürgertum). Man findet in der ZEIT zwar auch Nachdenkliches, aber das wird von den meist gut betuchten Lesern gewiss gern überlesen.
Antwort #9 Nathalie
Meine Kindheit sah auch so aus. Aber diese Beschreibung übersieht, dass der Aufstieg aus dem „unteren Mittelstand“ während vergangener Jahrzehnte noch leichter möglich war als heute und außerdem, dass die 5DM/€ auf dem Sparbuch nicht das geringste mit den Inhalten des genannten Artikels zu tun haben.
Übrigens konnten meine Eltern noch mit einem Sechstel des Monatseinkommens eines Durchschnitts-Alleinverdieners (4 Kinder) Wohneigentum schaffen, was sie vor der Altersarmut bewahrte inzwischen unmöglich).
Nunja, wenn Ich mir überlegen muss wie Ich das Geld für die nächste Miete besorge, dann werd Ich sicher kein Mensch sein, der darüber nachdenkt, ob er sich ein Abo für die ZEIT gönnt. Von daher kann man schon fragen, warum sollte man für diese Menschen denn dann Artikel in einem käuflich zu erwerbenden Medium veröffentlichen.
Werfen wir als nächstes der Vogue vor, dass Sie uns nicht die neueste KIK-Kollektion präsentiert?
Okay, die Rubrik ist snobistisch und richtet sich an eine ziemlich elitäre Zielgruppe. D’accord. Davon ab finde ich diesen Artikel aber schwierig, weil er selbst den Eindruck erweckt, Finanzplanung sei ein Luxus für die oberen zehn Prozent.
Klar, es gibt viel zu viele Leute, die von der Hand in den Mund leben müssen und gar nichts sparen können. Und die wachsende Ungleichheit ist in der Tat ein Skandal. Das sind soziale Probleme, die politisch bekämpft gehören.
Aber Millionen Leute können zumindest etwas beiseite legen – und da macht es eben einen Riesenunterschied, ob man 30 Jahre lang 100 oder 200 Euro im Monat aufs Sparbuch packt, wo sie von der Inflation vernascht werden, oder ob man sie in einen ETF-Sparplan investiert, wo sie inflationsbereinigt 5 Prozent pro Jahr mehr werden. Das kann, auf lange Zeit gesehen, die persönliche Rentenlücke erheblich kleiner machen und in bestimmten Konstellationen Altersarmut verhindern.
Und „armutsbetroffen“ statt „arm“ ist wirklich ein Juwel aus der Euphemismus-Tretmühle. Selber Sinn plus Moral, vier Silben mehr als das Original. Sowas ist völlig kontraproduktiv, wenn man die Größe eines Problems verdeutlichen will, weil es der Sprache jede Kraft raubt. Beispiel:
Reichtumsbegünstige Person und armutsbetroffene Person standen da und sah’n sich an. Und die armutsbetroffene sagte bleich: Wär ich nicht armutsbetroffen, wärst Du nicht reichtumsbegünstigt.
Brecht würde im Grabe rotieren. Und Wolf Schneider auch.
Es ist nicht so, dass es mich bei der ZEIT überraschen würde (darauf deuten ja schon die unzähligen Anzeigen für Kreuzfahrten und Luxusartikel in der Zeitung hin) aber höchst irritierend finde ich diese geballte Parallelrealität schon. Insofern, vielen Dank für diesen Artikel.
Ich finde es höchst problematisch, aber wer sozioökonomische Aspekte von Geld oder Vermögen in diesem Land problematisieren will, ja nur darüber sprechen möchte, wird ja entweder direkt als Kommunist bezeichnet oder beschuldigt, eine „Neiddebatte“ entfachen zu wollen.
Dabei wird viel zu selten über Geld gesprochen. Und wenn, dann so…geradezu grotesk
Was für ein toller Artikel, der mir zu sehr aus der Seele spricht. Ich hatte gerade die „Kontoauszüge“ immer als Ragebait gelesen. Auch, weil sie mir auf Twitter (ehemals gut) immer als Archiv-Stücke eingespielt wurden. Das war für mich ein Anzeichen, dass es gar nicht im Information oder Hintergrund geht. Sondern da schlaue Leute wussten, dass es klickt.
Deswegen, weil er mir so sehr aus der Seele spricht, such ich das Haar in der Suppe und das wäre das: Tipps für Armutsbetroffene gerne. Aber von Armutsbetroffenen. Auch, weil die Mär, dass Reiche besonders gut mit Geld umgehen können, sich bei solchen Finanzredaktionen noch hält, wo man doch weiß, dass gerade und besonders Armut den Umgang mit Geld schult. (Witzig, dass Finanzredaktionen das natürlich auch wissen aber irgendwie schafft es diese Erkenntnis nicht von Steuer- und Schuldendebatten in den Nutzwertjournalismus hier, aber naja.)
Ansonsten Danke! für den wirklich tollen Artikel, tolles Thema, das andere schon vor langer Zeit aufgegriffen haben (unernst gemeint)
https://www.thebeaverton.com/2018/07/you-wont-believe-how-far-into-this-millennial-homeowner-piece-it-takes-for-us-to-mention-their-inheritance/
Ich verstehe die Kritik nicht. Es gibt so viele Ressorts, Magazine und Blogs die spezifische Zielgruppen bedienen. Wenn ich Briefmarkensammler bin, will ich doch nichts über Autoreifen lesen, in einem Magazin für Briefmarkensammler. Man könnte vielleicht kritisieren, dass sie ihre Zielgruppe nicht klar kommunizieren.
Die Existenz des Geld-Ressorts in der ZEIT ist bestimmt ein Beleg dafür, dass einige Menschen zu viel Geld haben. Und selbstverständlich ist das problematisch angesichts der gravierenden Ungleichheit der Vermögensverteilung.
Trotzdem ist dieser Text ein Beispiel, wie Medienkritik eher nicht sein sollte: An einer für den konkreten Gegenstand viel zu starken These orientiert, künstlich erhitzt, willkürlich zusammenargumentiert – und sich dabei oft genug selbst widersprechend.
Gewaltige Metaphern…
„Diese Art von Journalismus ist ein Schlag ins Gesicht von Menschen, die kein Geld haben, die niemals auswärts frühstücken und die für ihre Kinder keine ETFs anlegen können.“
…verdampfen ziemlich schnell:
„Denn so ziemlich jeder Text aus dem Ressort ist ein Z+Plus-Text, also ein Text, den man nur mit Abo komplett lesen kann. Wer kann sich so ein Abo leisten? Na klar, Menschen mit Geld.“
Die Menschen, die hier vor den Kopf gestoßen werden, bekommen das also nicht mal mit.
Nun fragt man sich:
„Warum macht „Zeit Online“ das also? Die Redaktion selbst begründet ihre Entscheidung damit, dass Texte über private Finanzen bei „Zeit Online“ auf „großes Interesse“ stoßen.“
Es geht also darum, mit einem Special-Interest-Thema zahlungskräftige Kundschaft für Abos zu gewinnen. Und das wird scharf verurteilt:
„Bleibt die Frage, ob hier nicht hohe Klickzahlen, Interaktionen und Abo-Abschlüsse mit Zustimmung und journalistischem Wert verwechselt werden.“ (Wer verwechselt das denn eigentlich?)
Vor diesem Hintergrund wirkt der Rat, was man hier alternativ bringen könnte, beinahe niedlich:
„… Service-Tipps für Menschen mit wenig Geld, denn das würde ja auch in ein Geld-Ressort passen. Rechtliche Tipps für Alleinerziehende, die am stärksten von Armut bedrohte Personengruppe.“
Abos sind von diesen Gruppen aber wohl eher nicht zu erwarten. Doch Qualitätsjournalismus darf Geld kosten, auch Übermedien kann ich nicht gratis gelesen. Was spricht also, im Sinne einer Mischkalkulation, gegen ein vereinzeltes abgehobenes Spezialthema für eine zahlungskräftige Kundengruppe? Ein bisschen vielleicht, aber sooo viel dann pragmatisch gesehen doch auch wieder nicht.
All die grundsätzlichen Punkte, die die Autorin anführt, sind ja richtig und wichtig:
„Zur Grundlage einer demokratischen Gesellschaft gehört ein Journalismus, der verschiedene Lebensrealitäten zeigt – und nicht nur jene von Menschen, die denen in elitären Akademiker-Redaktionen ähnlich sind.“
Wenn die ZEIT tatsächlich insgesamt dazu tendiert, eine elitäre Bubble zu bedienen, muss das selbstverständlich scharf kritisiert werden. Sich aber dafür an diesem einen albernen Ressort derart abzuarbeiten, lässt die Fundamentalkritik leider zur Luftnummer werden.
@Jens (#5):
Ja, und „Schlag ins Gesicht von XY“ ist eine Phrase, die man unbedingt meiden sollte. Ähnlich wie die Pilze, die aus dem Boden schießen. Oder „im Grabe rotieren“, was ich oben selbst geschrieben habe. Sorry…
„Spartipps“ á la „nicht jeden Morgen Champagner saufen, Montags tut es auch Sekt“ schrammen aber wirklich hart an der Satire vorbei. Die Zielgruppe, der ein Frühstück zuhause als abgefahrene neue Idee erscheint, dürfte wirklich winzig sein. Ich nehme an, dass sich selbst die meisten DAX-CEO’s morgens ein Brötchen schmieren.
„So findet hier Journalismus zu einem Thema, das alle existenziell angeht, für wenige statt. “
Als ehemaliger Verantwortlicher eines Investment-Fonds würde ich selbst das tatsächlich auch noch verneinen. Das Niveau liegt so tief, dass man von Journalismus kaum reden kann. Anstelle echter Analyse sind da doch nur schablonenartige vermeintlich etablierte Weisheiten angehäuft.
In jeder Beziehung besser ist da Hermann-Josef Tenhagen bei Spiegel Online.
#6: In Ihrem Kommentar fehlt ganz am Ende ein einziges Wort, nämlich ‚lassen‘
Meine Eltern waren mit 4 Kindern alles andere als reich. Ich würde sogar eher sagen, dass das monatliche Netto gerade so ausgereicht hat, um uns mit dem allernötigsten zu Versorgen.
Das Essen im Kühlschrank war streng durchrationiert, einfach mal zum Kühlschrank gehen und etwas essen war nicht gerne gesehen, da das die komplette Wochenplanung über den Haufen geworfen hat. Urlaub gab es nicht.
Was meine Eltern aber gemacht haben, war für jedes Kind monatlich 5€ zu sparen. Von dem Geld (und weiteren Erpsarnissen, z.B. Konfirmation und Geburtstagsgeld) habe ich dann den Führerschein gemacht und mir mein Bachelorstudium finanziert (habe damals von 600-700€ im Monat gelebt).
Was ich damit sagen will: das Finanzwissen, das hier in diesem Artikel so dermaßen kritisiert wird hat mir den Bildungsaufstieg ermöglicht.
War meine Kindheit schön? Nein.
Aber ich bin jetzt nicht mehr arm.
@Nathalie (#9):
Danke! Das zeigt, was der Artikel meines Erachtens ausblendet: Dass Geldanlage nicht nur was für Reiche ist, sondern in manchen Fällen auch Armut verhindern oder zumindest abmildern kann (was eine politische Lösung des Problems natürlich nicht ersetzt).
Allerdings sollte man sich über Geldanlagen wohl weniger in einem Livestyle-Ressort der Zeit informieren. Es gibt auch seriöse Quellen – den Kanal „Finanztipp“ bei YouTube kann ich zum Beispiel empfehlen.
@Rinaldo Rinaldini (#8):
Ach, ich weiß nicht. Hatte an den Bahnchef, Herrn Lutz, gedacht, dem ich kürzlich mal auf einer Konferenz begegnet bin. Er kam mit dem Rad, stand mit dem Fußvolk in der Kaffeeschlange und wirkte auch sonst ziemlich unprätentiös – nicht wie jemand, der sich morgens seinen O-Saft vom Butler servieren lässt.
Ich glaube, die Vorstellung von Reichtum als dauerndem Luxus-Konsum entstammt eher den Köpfen versnobter Zeit-Kolumnisten und halbseidener Finanz-Influencer als der Wirklichkeit. In Milliardärskreisen mag das üblich sein, aber davon ist auch ein Bahnchef noch um Größenordnungen entfernt.
(Wahr bleibt, dass Herr Lutz trotzdem unanständig viel Geld hat und qua Job einen Haufen Privilegien genießt, von denen unsereins nur träumen kann. Aber das steht auf einem anderen Blatt.)
„Gefährlich“ finde ich das nicht unbedingt, eher halt ein Versuchsballon der zeitUNG, sich mglweise in Richtung „Börsenblatt für nachdenklich Tuende“ zu, nun ja, ‚entwickeln‘. Viele Kommentaristen hier zeigen sich doch etwas pikiert bis indigniert über Frau Kaisers Kritikpunkte, einige weitere Finanztipps gibt es dann gar noch gratis hinzu (danke, liebe Foristen!), verbunden mit Überlegungen, die z.T. recht calvinistisch-erfolgsformelig anmuten (von Religion ist immerhin in dem Zusammenhang nicht die Rede). Was also bleibt? Die besagte Publikation war auch früher schon recht elitär, eher nicht so an ein breites Publikum gerichtet. Passt doch, den Rest regelt der Markt. Ob das dann viel mit dem Leben an sich und als solches zu tun hat? Quién sabe e.V.
#9
Ja, aber „Zeit Online“ hilft ja gerade überhaupt nicht dabei, wie man 20€ im Monat sinnvoll anlegt, wenn es z.B. diskutiert, ob Gold mit ins Depot gehört. (Kurzantwort: Nein, nie. [Mal sehen, ob jemand anbeisst…]) Das ist jedenfalls eine exemplarische Frage, die sich in der Regel nur Leute stellen, die mehr als genug Geld haben. Und niemand anderes kann sich von ZO angesprochen fühlen. Das ist ja, was der Artikel kritisiert, nicht, dass es überhaupt um Geld geht.
Wie ich und KK schon sagten: da ist man bei Tenhagen/Finanztip deutlich besser aufgehoben. Die betreiben nämlich wirklichen Finanzjournalismus (und das für jedermann).
Die Zeit folgt der Evolution vom“links-alternativen“ zum woke-grünen Großstadtmilieu.
Finde den Artikel schwierig, die Argumentation ist eigentlich nur eine moralische, aber keine wirklich journalistische. Kann man einem Blatt vorwerfen, dass es sich an ein bestimmtes Publikum richtet? Im Opernmagazin wird man nichts über Punkmusik lesen, und in der taz wird etwas anderes vertreten als in der Zeit. Dann können Sie auch alle Artikel in der FAZ über die Börse anprangern, da steht nie was über die Erbschaftssteuerdebatte. Ich finde diese Artikel in der Zeit zwar auch obszön, gerade in ihrer Unverblümtheit, aber das Argument unsauberen Journalismus‘ kann man ihnen nicht machen.
Wen wundert’s übermäßig? Die Zeit bedient doch sowieso vorwiegend diese Klientel (zumindest das Bildungsbürgertum). Man findet in der ZEIT zwar auch Nachdenkliches, aber das wird von den meist gut betuchten Lesern gewiss gern überlesen.
Antwort #9 Nathalie
Meine Kindheit sah auch so aus. Aber diese Beschreibung übersieht, dass der Aufstieg aus dem „unteren Mittelstand“ während vergangener Jahrzehnte noch leichter möglich war als heute und außerdem, dass die 5DM/€ auf dem Sparbuch nicht das geringste mit den Inhalten des genannten Artikels zu tun haben.
Übrigens konnten meine Eltern noch mit einem Sechstel des Monatseinkommens eines Durchschnitts-Alleinverdieners (4 Kinder) Wohneigentum schaffen, was sie vor der Altersarmut bewahrte inzwischen unmöglich).
Nunja, wenn Ich mir überlegen muss wie Ich das Geld für die nächste Miete besorge, dann werd Ich sicher kein Mensch sein, der darüber nachdenkt, ob er sich ein Abo für die ZEIT gönnt. Von daher kann man schon fragen, warum sollte man für diese Menschen denn dann Artikel in einem käuflich zu erwerbenden Medium veröffentlichen.
Werfen wir als nächstes der Vogue vor, dass Sie uns nicht die neueste KIK-Kollektion präsentiert?