Sommer 2015

Die Sorge, dass es kippt: Die Flüchtlingskrise in den „Tagesthemen“

Am 3. September 2015 wünscht Thomas Roth den Zuschauern keinen guten Abend. „Nein“, sagt er zu Beginn der „Tagesthemen“, „das ist kein guter Abend“. Mit ernster Miene kündigt er an, die Sendung „mit einem der traurigsten Fotos“ zu beginnen, „die man sich so vorstellen kann“: einem Bild des dreijährigen Aylan, wie er bäuchlings tot am Strand des türkischen Badeortes Bodrum liegt.

„Es ist nicht nur ein Foto“, sagt Roth, „es geht hier um einen Menschen, um ein völlig sinnlos erloschenes Leben. (…) Es wird von vielen als Symbol für das Versagen Europas im Umgang mit der Flüchtlingskrise genommen.“

Es ist der Beginn einer außergewöhnlichen Sendung. Sie schildert nicht nur das Sterben des kleinen Jungen und die Reaktionen darauf. Sie zeigt auch ein anderes symbolhaftes Foto: das eines Mannes, der sich aus Protest gegen den Abtransport in ein Aufnahmelager in Ungarn mit seiner Familie auf die Gleise geworfen hat.

Dann stellt die Korrespondentin Susanne Glass in einem Beitrag den 14-jährigen syrischen Flüchtlingsjungen Nihat vor, der sich in Budapest mit dem Kamerateam der ARD angefreundet und gerade Geburtstag hat. Er bedient begeistert Technik im Übertragungswagen. Er zeigt seine Facebookseite mit Fotos von Verwandten, die geköpft wurden.

Es folgen ein Beitrag über den Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in Brüssel, der Kommentar und Zahlen aus der regelmäßigen Meinungsumfrage der ARD.

Und dann ein Stück, das zeigen soll, wie diejenigen, die zu uns kommen, Deutschland erleben. Es hat nichts von einem Nachrichtenbeitrag. Es gibt keinen Sprecher, keine Erläuterungen, keine Einordnung. Es gibt eingeblendete Fragen und vier Flüchtlinge, die erzählen. Es gibt kitschige Musikklänge, Nahaufnahmen in Zeitlupe, künstliche Unschärfeeffekte.

Vermutlich hat es selten in einer Ausgabe der „Tagesthemen“ so sehr gemenschelt.


Der Sommer der „Willkommenskultur“

Ein Jahr ist das her. Vor einem Jahr kamen Menschen zu Hunderttausenden nach Europa. Vor einem Jahr wurden sie von Deutschen an den Bahnhöfen herzlich empfangen. Vor einem Jahr sagte Angela Merkel zum ersten Mal: „Wir schaffen das.“

Es war der Sommer der „Willkommenskultur“. Es war auch der Sommer, in dem Flüchtlingsheime brannten; in dem es zu Ausschreitungen gegen die Neuankömmlinge kam.

Vielen Medien wurde hinterher vorgeworfen, einseitig, unkritisch, kuschelig berichtet zu haben, ganz auf Merkel-Kurs. Von „Willkommensjournalismus“ war die Rede. „Willkommens-Rundfunk“ nannte Michael Hanfeld in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ARD und ZDF und suggerierte, sie spekulierten mit einem besonders regierungsnahen Programm darauf, dass sich die Politik in Form einer satten Gebührenerhöhung erkenntlich zeigen würde.

Inzwischen haben sich auch viele Medienmacher selbstkritisch geäußert, was ihre Arbeit im Sommer 2015 angeht. Aber war das Programm damals wirklich so unkritisch, die Berichterstattung so blauäugig, die Haltung so undistanziert, wie es inzwischen Konsens zu sein scheint?

Werfen wir einen genaueren Blick auf die Medien in dieser Zeit. Und beginnen mit den „Tagesthemen“ vom Juli, August und September 2015.


Kitsch

Udo Lindenberg. Lilo Wanders. Christine Neubauer. Markus Lüpertz. Jeannette Biedermann.

Am 19. August formulieren diese fünf Leuchttürme der deutschen Kulturszene Appelle an die Menschlichkeit der „Tagesthemen“-Zuschauer. Ihr Kollege Til Schweiger war zuvor beschimpft worden, weil er sich für Flüchtlinge einsetzte.

„Was wir tun können, ist einfach Menschlichkeit walten zu lassen“, sagt Neubauer. „Die Wohlgesinnten sind aufgerufen, und ich glaube, unsere Kanzlerin gehört dazu“, sagt Wanders.

Die „Tagesthemen“ inszenieren ihre Plädoyers als kleine Melodramen. Traurige Klimpermusik, extreme Nahaufnahmen, Schwarz-weiß-Bilder. Kleine Szenenfetzen: Lilo Wanders, wie sie sich die Lippen schminkt. Jeanette Biedermann, wie sie in die Ferne schaut. Udo Lindenberg, wie er seinen Ring am Finger dreht.

Es ist ein Film wie für eine Benefizgala, etwas fürs Herz. Es ist, in dieser Form, mit dieser Inszenierung und diesem Inhalt, mit dieser Kombination von offenbar gerade zufällig erreichbaren Künstlern, ein erstaunlicher Inhalt in einem Nachrichtenmagazin.


Collagen

Vier mal brechen die „Tagesthemen“ in den Monaten Juli, August und September in dieser oder ähnlicher Weise aus dem üblichen Repertoire von Beitragsformen aus. Am 21. Juli zeigen sie eine Collage mit Aussagen von Helfern. Thomas Roth kündigt sie so an:

Es gibt Menschen, über die wir ganz sicher zu wenig in den Nachrichten reden. Das sind die, die sich nicht von Vorurteilen oder gar von rechter Hetze leiten lassen. Die anderen in ihrer Not helfen wollen und schlicht und einfach anpacken. Heute wollen wir einmal nur sie zu Wort kommen lassen.

Helfer erzählen, wie sie Spenden an Flüchtlinge verteilen oder in einer Wohngemeinschaft mit ihnen zusammenleben. Ein Bürgermeister spricht von der „Herzenspflicht“, den Ankommenden zu helfen. Der Bericht ist ungewöhnlich, weil nur die Helfer zu hören sind, die ihre Geschichten selbst erzählen. „Das sind ganz sicher Stimmen, die uns allen Hoffnung machen“, sagt Thomas Roth im Anschluss.

Am 28. August, kurz nachdem in Österreich ein Transporter entdeckt wird, in dem Dutzende Flüchtlinge aus Syrien qualvoll ums Leben gekommen sind, zeigen die „Tagesthemen“ Aussagen von Flüchtlingen über ihre Erfahrungen mit Schlepper ebenfalls ausschließlich als O-Töne. Dazu gibt es wieder Klimpermusik und optische Verfremdungseffekte.


Nicht aufzuhalten

Die „Tagesthemen“ geben sich große Mühe in jenen Monaten, die Menschen hinter den Schlagzeilen und den Zahlen sichtbar zu machen. Die Berichterstattung ist getragen von Verständnis dafür, dass Menschen fliehen, und von der Absicht, ein solches Verständnis auch beim Zuschauer zu wecken.

Es gibt eine Art Mantra, das sich durch einen großen Teil der Moderationen und Beitragstexte zieht: Gegen diese Fluchtbewegung helfe keine Form der Abschottung. Caren Miosga formuliert es am 26. August so:

Menschen, die aus dem Krieg kommen und alles verloren haben, darunter auch Alte und viele, viele Kinder, die lassen sich weder von Polizisten noch von Stacheldraht aufhalten.

Die Probleme, die ihre Migration nach Europa mit sich bringt, werden von den „Tagesthemen“ keineswegs verschwiegen. Aber sie stellen sich vor allem als Konflikte dar zwischen den europäischen Ländern über eine gerechte Verteilung und zwischen Kommunen, Ländern und dem Bund über Geld.


Menschenmassen


Breitbackig auf unserer Scholle

Im Juli dominiert noch die Griechenland-Krise die Nachrichten. Die meisten Flüchtlinge sind relativ fern. Sie sind vor allem die Probleme Griechenlands und Italiens.

Am 9. Juli berichten die „Tagesthemen“, dass sich die EU-Innenminister nicht auf eine Verteilungsquote einigen konnten. Die Bundesregierung beschwert sich, Deutschland trage eine zu große Last. Das UN-Flüchtlingshilfswerk warnt vor einer großen Krise. Italien bittet die EU um Unterstützung.

Die „Tagesthemen“ begleiten Flüchtlinge, die versuchen, mit dem Zug nach Europa zu kommen. Im Beitrag sagt einer aus Eritrea: „Wir wollen alle weiter nach Deutschland“.

Thomas Roth moderiert:

Jeder einzelne dieser Menschen hat eine Geschichte und ein Schicksal und einen Grund, warum die eigene Heimat verlassen wurde; warum monatelange Strapazen und Gefahren in Kauf genommen werden.

Esther Schapira vom „Hessischen Rundfunk“ spricht einen bemerkenswerten Kommentar, wütend, provokant. Er schlägt keine großen Wellen wie später die Kommentare von Anja Reschke. Er formuliert schon eine Art „Wir schaffen das“ und drückt in zugespitzter Form eine Haltung aus, die große Teile der Berichterstattung der „Tagesthemen“ in jenen Wochen zu prägen scheint. Die Probleme werden benannt, aber als lösbar dargestellt. Und als vernachlässigenswert gegenüber dem Leiden der Flüchtlinge.

Schapira kommentiert:

Platz ist da in Europa, aber wir geben ihn nicht her. Sitzen stattdessen breitbackig auf unserer Scholle und wimmeln Menschen ab, die gerade alles verloren haben. Wir können die Zäune noch so hoch machen, die Menschen weiter ersaufen lassen: Es nutzt nichts. Europa geht es gut. Wir können und wir müssen teilen. Wer noch die Kraft dazu hat, der flieht eben.

Bei uns schrumpfen die Dörfer. Die Industrie sucht Arbeitskräfte. Da sind sie: jung, lebenshungrig, hochmotiviert. Ich bin nicht naiv. Ich weiß, dass auch viele kommen, die wir lieber nicht hier hätten. Und, ja, jeder der kommt verändert auch die Gesellschaft, in die er kommt. Konfliktfrei wird das nicht. Islamismus, Fremdenhass, die nächsten Jahre werden ungemütlich. Aber Wegducken geht nicht. Und unsere freiheitliche Demokratie ist stark genug.


Querulanten?

Kritiker wie Michael Hanfeld haben ARD und ZDF vorgeworfen, dass sie die Probleme, die die große Zahl von Flüchtlingen in Deutschland verursachen, ausgeblendet hätten. Entsprechende Mahner seien nur als Querulanten vorgekommen.

Das mag auf Horst Seehofer und die CSU teilweise zutreffen, deren erwartbare Wortmeldungen manchmal wie ein Ritual abgearbeitet werden. Was die Schilderung von konkreten Probleme vor Ort angeht, stimmt es nicht. Die Klagen von Landes- und Kommunalvertretern und Verantwortlichen vor Ort, dass sie überfordert sind, werden keineswegs als Genörgel abgetan.

Am 15. Juli berichten die „Tagesthemen“ darüber, wie schwierig es ist, unbegleitete Kinder und Jugendliche in Deutschland unterzubringen; dass die Helfer an Grenzen stoßen. Caren Miosga moderiert den Beitrag so an:

Seit Beginn dieses Jahres kommen so viele Minderjährige nach Deutschland, dass die Kommunen längst völlig überfordert sind und um Hilfe schreien beim Bund. Doch der gibt auch nicht ausreichend Geld dafür, dass diese jungen Menschen betreut werden können.

Am 26. Juli berichten die „Tagesthemen“ über die großen Schwierigkeiten, auch nur halbwegs angemessene Unterkünfte bereitzustellen. Thomas Roth:

Auch wenn sich viele Städte und Gemeinden große Mühe geben mit den in Deutschland ankommenden Flüchtlingen – eine Herausforderung ist es trotzdem für viele. 180.000 Asylanträge in den ersten sechs Monaten 2015, das ist doppelt so viel wie im gleichen Zeitraum im letzten Jahr.

Am 7. August sagt Roth:

Im Moment kommen so viele Flüchtlinge nach Deutschland wie seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Und auf alle diese Menschen, die in ihrer Not bei uns Hilfe und Asyl suchen, waren viele Städte und Kommunen offenbar nur schlecht vorbereitet, wenn denn überhaupt. Nicht wenige der Flüchtlinge landen zumindest zunächst in Zelten und Notunterkünften.

Die Probleme, daran lassen die „Tagesthemen“ keinen Zweifel, sind real und sie sind gravierend. Die Sendung behandelt sie aber vor allem aus Sicht der Einreisenden, nicht der Einheimischen. Die Flüchtlinge sind es, die unmittelbar die Konsequenzen der Überforderung tragen.

Die Moderationen von Pinar Atalay in diesen Wochen sind sehr emotional. Etwa am 1. August:

Ein Zuhause zu haben, in dem man sich wohl fühlt, ist wohl ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen, egal wo auf der Welt. Doch immer mehr Menschen müssen ihr Heim notgedrungen verlassen und suchen dann ein neues, sicheres Zuhause, auch bei uns. Was die Geflohenen dann meist erwartet, sind aus der Not geborene Massenunterkünfte, in denen es ein Alteingesessener wohl kaum eine Woche aushalten würde. Händeringend wird bundesweit nach mehr Platz für Flüchtlinge gesucht.

Auch sie formuliert früh ein „Wir schaffen das“. Am 30. Juli sagt sie:

Immer mehr Flüchtlinge. Immer mehr Menschen, die nach Deutschland kommen. Täglich hören wir Zahlen. Täglich könnte man den Eindruck bekommen, Deutschland könnte den Flüchtlingsstrom nicht stemmen. Doch wir sind ein Land, das grundsätzlich die Kraft hat zu helfen. Die Menschen, die kommen, haben sie dringend nötig. Sie erwartet bei ihrer Ankunft Ungewissheit, teils auch Hass, der sich auch immer häufiger in Gewalt entlädt, mit Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte. Doch – und dieses überwiegt und muss betont werden: Es gibt auch immer freiwillige Helfer, die sich der Menschen annehmen.


Kinder

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Ungarn böse, Deutschland gut

Ende August erreicht der große Flüchtlingstreck Mitteleuropa. Die Menschen, die in „Tagesthemen“ der vorherigen Wochen bei der gefährlichen Überfahrt übers Mittelmeer zu sehen waren, an der Grenze zu Mazedonien, Ungarn, Kroatien, sie sind nun hier und treffen auf Menschen, die ihnen helfen wollen.

Die „Tagesthemen“ zeigen die Szenen von klatschenden Menschen, von „überwältigender Hilfsbereitschaft“ am Bahnhof in München. Und setzen sie immer wieder in Kontrast zu Bildern aus Ungarn. Die deutsche „Willkommenskultur“ gegen die Art, wie Flüchtlinge in Ungarn bekämpft werden: durch die Polizei, durch Zäune, durch verwirrende Anordnungen und Chaos.

Am 4. September sagt Thomas Roth:

Diese Tage der Flüchtlingskrise sind für Europa auch deshalb so entscheidend, weil es zeigen kann und muss, dass seine Werte nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch praktisch gelten. In Ungarn ist das derzeit nicht der Fall. Tausend Flüchtlinge haben sich deshalb von Budapest auf dem Weg zur österreichischen Grenze gemacht.

Ungarn agiert in der „Tagesthemen“-Erzählung nicht nur unmenschlich. Ungarn ist letztlich auch Schuld daran, dass die Menschen nach Deutschland kommen. Am 31. August erklärt die Sendung, dass die Gesetze eigentlich klar seien: Die Asylbewerber müssten aufgrund der „Dublin-Verordnung“ in dem Land bleiben, in dem sie die EU zuerst betreten haben. „Deutschland hatte angekündigt, bei syrischen Flüchtlingen auf ‚Dublin‘ zu verzichten. Das verstand Ungarn als Hinweis, Flüchtlinge [weiter]ziehen zu lassen.“

Am 6. September sagt Thomas Roth:

So sehr Deutschland im Moment Anerkennung erfährt für den Umgang mit Flüchtlingen, so sehr steht die ungarische Regierung um Ministerpräsident Orban für eine unwürdige, auf Abschottung gerichtete Flüchtlingspolitik. (…)

Allerdings, und das muss man auch sagen, haben natürlich nicht alle Ungarn ein kaltes Herz, wenn es um Migranten geht.

Nicht alle.

Ungarn ist auch am 16. September noch Inbegriff für alles Falsche in dieser Situation. Roth sagt:

Es war auch heute eine enorm schwierige Herausforderung, beidem gerecht zu werden: Nämlich menschenwürdig mit asylsuchenden Flüchtlingen umzugehen. Und trotzdem staatliche Ordnung auch sicherzustellen. Und wie genau das nicht funktioniert, das war heute Nachmittag an der serbisch-ungarischen Grenze bei Röszke zu sehen.

Als es an der Grenze zu Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und der Polizei kommt, ist die Rollenverteilung im Korrespondentenbericht eindeutig: Die vorwärts drängenden Flüchtlinge „wehren sich, mit Steinen und Flaschen“.


Wir schaffen das

Am 31. August wirbt die Bundeskanzlerin in der Bundespressekonferenz dafür, mehr Unterkunftsmöglichkeiten dadurch zu errichten, dass deutsche Gründlichkeit durch Flexibilität ersetzt wird. Sie sagt zum ersten Mal den später oft wiederholten und weltberühmten Satz:

„Das Motiv, in dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!“

„Tagesthemen“-Kommentator Robin Lautenbach ist angetan:

„Heute zeigte Merkel Flagge und übernahm das Steuer in der Flüchtlingsfrage. (…)

Von Wiedervereinigung bis Flüchtlingsfrage: Wir schaffen das. Das ist die Ansage. Damit spricht sie den Deutschen Mut zu. Denen, die sich vor der schieren Zahl der Flüchtlinge ängstigen, ebenso wie denen, die rechtsextreme Gewalt fürchten.

Doch Merkel wäre nicht Merkel, wenn sie bei allen Visionen sich nicht auch um die Details kümmerte. (…)

Sie hat die Flüchtlingskrise als das angenommen, was es ist: Die größte Herausforderung Deutschlands und Europas seit langem.


Merkel


Brennende Flüchtlingsheime

Es gibt Anschläge und fremdenfeindliche Demonstrationen in jenen Wochen, Heidenau, Freital. Pinar Atalay erinnert am 18. Juli an die rassistischen Anschläge zwanzig Jahre zuvor.

Doch nun kriecht eine neue Serie durchs Land. Heute brennen Flüchtlingsheime, die meist noch leer stehen. Die Empörung fällt mäßig aus.

Ein Beitrag über ein Haus, das in Remchingen abbrannte, kommt mit betonter Betroffenheit daher. Der Off-Sprecher versucht es irgendwie poetisch:

Ein Haus brennt. Gestern Nacht in Remchingen. Ein Haus, in dem niemand mehr wohnt. Aber ein Haus, in dem künftig Flüchtlinge leben sollten. Nun. Brennt es. Warum. Zufall? Ein technischer Defekt? Oder. Absicht? (…)

Die Hintergründe sind noch nicht aufgeklärt, doch die Ermittler schließen Hass nicht aus. (…)

Auf die kleine Gemeinde bei Pforzheim droht ein Schatten zu fallen. Wer. Tut. So etwas. (…)

Viele im Ort würden aufatmen, wenn der Täter gefasst würde. Wenn es kein Remchinger wäre. oder zumindest: Wenn es keinen fremdenfeindlichen Hintergrund gäbe. Wenn. Letztlich. Kein Makel auf ihre Stadt fiele.

Nach der Randale gegen Flüchtlinge in Heidenau stöhnt Pinar Atalay am 22. August:

Was ist denn bloß los! Menschen, die hier Zuflucht suchen, sollen mit Gewalt vertrieben werden. Aus einem Land, das stark und zivilisiert genug ist, um zu helfen.


Kippt’s?

Sorgen, Ängste, Befürchtungen der einheimischen Bevölkerung kommen in den „Tagesthemen“ vor allem in einer ebenso abstrakten wie bedrohlichen Weise vor: in der Metapher, dass etwas „kippen“ könnte.

Am 5. August meldet Pinar Atalay, dass der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann nicht erkennen könne, dass etwas „am Kippen ist“. In einem Filmbericht aber heißt es:

Gut die Hälfte der Asylbewerber in Sachsen kommt aus sicheren Drittländern, vorwiegend aus Südost-Europa. Das und die große Zahl von Flüchtlingen insgesamt könnte ein Grund für die aggressive Stimmung sein, nicht nur in Sachsen, in ganz Deutschland, sagen Experten.

RBB-Kommentatorin Anna Kyrieleis mahnt am 18. August:

Bei der Bewältigung der akuten Probleme darf nicht versäumt werden, die Bevölkerung mitzunehmen. Sonst füllen rechte Demagogen diese Lücke. Dabei müssen auch Probleme angesprochen, die Ängste von Menschen ernst genommen werden.

Sie fügt aber unmittelbar hinzu:

Wer, wenn nicht wir als eines der reichsten Länder der Erde, wird diesen Menschen in ihrer Not helfen können?

Caren Miosga fragt den Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann am 2. September nicht nur, ob die Bundesregierung die Entwicklung „verschlafen oder maßlos unterschätzt“ habe, sondern auch:

Befürchten Sie nicht, dass bei anhaltend steigender Flüchtlingszahl die Stimmung in der Bevölkerung irgendwann einfach kippen könnte?

In derselben Sendung kommt auch ein Sprecher des Deutschen Städtetages zu Wort, der klar benennt, worin der „größte soziale Sprengstoff“ liege: „dass wir die alleinerziehende Mutter oder die Geringverdienerfamilie und die Flüchtlingsfamilie in den Kampf um die letzte billige Wohnung schicken.“

Am 12. September berichten die „Tagesthemen“, dass in München der Kollaps drohe. „Die Politik fragt sich: Wieviel trägt und erträgt die Republik, ohne dass die Stimmung umschlägt?“ Im Bericht heißt es:

Deutschland kommt allmählich an seine Grenzen. Behörden, Hilfsorganisationen, aber auch die Bürger könnten langsam überfordert sein. Die Stimmung könnte kippen.

Das scheint in gewisser Hinsicht das Schlimmste zu sein, was passieren könnte in Deutschland als Folge der großen Zahl von Flüchtlinge und Migranten: dass die Stimmung kippt. Die Stimmung als größtes Problem.


Relativierungen

Gelegentlich ist in den „Tagesthemen“ die Absicht zu spüren, beunruhigend klingende Nachrichten in einen Kontext zu setzen, zu relativieren. Ganz besonders offensichtlich in der Sendung vom 19. August: Pinar Atalay präsentiert zunächst eine Statistik, die zeigt, wie rasant die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge steigt (und auch die bisherige offizielle Prognosen übertrifft). Sie fügt sofort ein „Aber“ hinzu:

Aber – zwar nimmt Deutschland europaweit die meisten Asylsuchenden auf. Es liegt allerdings beim Vergleich im Verhältnis zur Bevölkerungzahl hinter Schweden, Ungarn, Österreich auf Platz vier.

Auch die von den Bundesländern geschätzte Zahl der Kosten konterkarieren die „Tagesthemen“ sofort mit einem „Aber“:

Aber – diese Kosten relativieren sich erheblich, wenn man mal auf eine weitere Zahl blickt. Auch wenn es dabei nicht allein um Flüchtlinge geht, sondern um Ausländer generell. Das Land profitiert nämlich finanziell von ihnen. 22 Milliarden Euro haben Zuwanderer einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge im Jahr 2012 mehr an Steuern und Sozialabgaben gezahlt, als der Staat für sie ausgegeben hat.“

Das ist in vielfacher Hinsicht unseriös. Die Zahl von fünf Milliarden Euro für die Kosten galt schon zu diesem Zeitpunkt als zu niedrig geschätzt. Es ist irrwitzig, Zahlen für neu ankommende Flüchtlinge mit Zahlen für teils schon lange in Deutschland lebende Ausländer zu vergleichen. Und diese Zahlen sind auch noch höchst umstritten – auch die Bertelsmann-Stiftung selbst spricht davon, dass jeder Ausländer rechnerisch knapp 80.000 Euro zum langfristigen Staatsdefizit beitrage (bei Deutschen seien es 3.100 Euro).

Diese Form von Desinformation lässt sich eigentlich nur durch den Willen erklären, negativen Zahlen etwas entgegenzusetzen. Die „Tagesthemen“-Ausgabe mit diesen Statistiken ist dieselbe, in der auch Udo Lindenberg und andere Prominente an die Hilfsbereitschaft des Publikums appellieren. Zuvor läuft ein Beitrag über den Ausbruch von Krätze in mehreren Hamburger Flüchtlingsunterkünften. Pinar Atalay nimmt ihn ab mit den Worten:

Wen kann das Schicksal dieser Menschen kalt lassen? Solche, die zündeln. Ob als tatsächliche Brandstifter, oder geistige, die das Surfen durchs Internet durch ihre Hasskommentare manchmal unerträglich machen.


Rücken


Pädagogik

Gelegentlich klingen die Texte pädagogisch. Es komme keine „Flüchtlingsstrom“, betont Pinar Atalay am 20. August, „sondern Individuen, die oft Grausames hinter sich haben.“ Und später: „Sie alle verlassen nicht freiwillig ihre Heimat.“

Am 1. August berichten die „Tagesthemen“, dass der Landkreis Lörrach Flüchtlingen vom Balkan Geld dafür biete, wenn sie wieder gehen. Atalay fügt dem hinzu:

Was bei dieser Heimkehrprämie mitschwingt, ist der Vorwurf, den Menschen vom Westbalkan ginge es nur ums Geld. Wie viele Menschen tatsächlich ein Leben unter Hartz-4-Niveau in der Fremde völlig freiwillig auf sich nehmen, ist zu hinterfragen. Oft sind es Roma, die uns zu wollen.


Überfüllung

Dass die völlig überfüllten Unterkünfte ein Problem darstellen, aus dem auch Gewalt entstehen kann, sprechen die „Tagesthemen“ früh an. Am 22. Juli berichten sie über Probleme bei der Unterbringung und aus einer Einrichtung, in der zehn Betten im Vier-Bett-Zimmer stehen. „Dafür geht es hier noch relativ friedlich zu“, sagt der Sprecher, „aber wie lange geht das noch gut?“ Nach drei Tagen Regen könne das „ganz schnell kippen“.

An einigen Orten kippt es. Einen Bericht über Ausschreitungen in einem Flüchtlingsheim in Suhl mit zig Beteiligten und mehr als einem Dutzend Verletzten, sagt Pinar Atalay an mit den Worten:

Diese Menschen leben auf engstem Raum in Flüchtlingsunterkünften. Das kann kaum gut gehen.

Am 28. September berichten die „Tagesthemen“ über eine Massenschlägerei in der Gemeinde Calden. 1500 Menschen aus 20 Nationen leben hier in einer Zeltstadt, die für 1000 ausgelegt ist. Am Ende des Beitrags sagt der Sprecher, bedeutungsschwanger:

Als der Abend über Calden aufzieht, spürt man: Es wird Herbst.


Zusammenleben

Die große Zahl von Flüchtlingen ist für die „Tagesthemen“ lange fast ausschließlich ein Verwaltungs- und Verteilungsproblem. Es ist eine Ausnahme, als Caren Miosga am 25. August moderiert:

Es stellt sich nicht nur die Frage: Wie können wir Schlafplätze für die nächsten Tage finden, sondern: Wie können wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zusammenleben?

Anlass ist ein Besuch der Kanzlerin im verrufenen Duisburger Stadtteil Marxloh. Einige Wochen später, am 10. September, berichten die „Tagesthemen“ auch differenziert und skeptisch über die Hoffnung der Industrie, dank der Zuwanderer leere Stellen besetzen zu können: „Nun fliehen aber nicht nur die Besten der Besten“, moderiert Caren Miosga. Ein Beitrag zeigt, dass die meisten Flüchtlinge vermutlich keine gute Qualifikation mitbringen.


Erleuchtet

Ein Bericht am 8. September über eine Bundestagsdebatte wirkt in fast parodistischer Weise regierungsnah. Der Reporter berichtet, die Koalition wolle weiter Zuversicht vermitteln:

Da hilft es in der bisweilen eintönigen Bundestagschoreographie, wenn durch die Glaskuppel ein Hoffnungsschimmer fällt. Die Rede des Finanzministers: erleuchtet.

[Schäuble:] „Wir können diese Herausforderung meistern. Unser Land hat die Kraft dazu, unsere wirtschaftliche Lage ist gut, nicht zuletzt aufgrund unserer Finanz- und Wirtschaftpolitik in den letzten Jahren.“

Später im Beitrag kommt, scheinbar als Realitätscheck, der Regierungspräsident von Oberbayern zu Wort. Der rechnet mit 20.000 Syrern, die bleiben dürfen, und fragt:

Aber wo bringen wir die 20.000 dauerhaft unter? Zumal sie, wenn sie gewissermaßen die ersten Boten einer Familie sind, Familiennachzugsrechte haben. Sie dürfen die Zahl also mal drei bis vier nehmen. Und das ist konservativ gerechnet.

Der Autor des Beitrags lässt das nicht so stehen:

Wir dürfen die Asylsuchenden nicht nur als Kostenfaktor betrachten. Auch das sagte Bundesfinanzminister Schäuble heute in Berlin.

Der Finanzminister bekommt mit einer Binsenweisheit, die sich der Autor zu eigen macht, das letzte Wort.


Überrannt

Dennoch klingt das Urteil über Merkel und die Arbeit der Regierung von September deutlich negativer, als wäre womöglich etwas gekippt: die Stimmung, wenigstens in der Redaktion. Ein Bericht am 9. September schildert Wuppertal „am Rande der Leistungsfähigkeit“.

Caren Miosga moderiert am 13. September:

Buchstäblich überrannt wurde die Bundesregierung von den vielen Flüchtlingen, und läuft nun selbst den Ereignissen hinterher, Tag für Tag.

Einen Tag darauf sagt Thomas Roth:

Klar ist: Kein Land, auch nicht Deutschland, kann einen ungeregelten Zugang von Zigtausenden von Flüchtlingen auf Dauer aushalten.

Sabine Rau kommentiert am 15. September:

Bürgermeister und Ministerpräsidenten fühlen sich zu Recht von Merkel im Stich gelassen. (…)

Die Stimmung könnte rasch kippen; aus Hilfsbereitschaft Frust und Aggression werden. (…)

Jetzt muss ein Konzept aus einem Guss her: Wie können eine Million Menschen aus einem anderen Kulturkreis integriert werden? Mit Sprache, Jobs und Zukunfstinitiativen? (…) Ansätze bislang Fehlanzeige.


Unterscheidung

Die Haltung, mit der die „Tagesthemen“ gegen Ende dieser drei Monate über das Geschehen berichten, entspricht nun eher der, mit der BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb am 16. September kommentiert:

Sie wollen ganz einfach ihr Leben retten. Und das ist ihr gutes Menschenrecht, nicht mehr und nicht weniger. Wer dagegen ist, sollte sich schämen. Wir sind es doch, die die Menschen zur Flucht zwingen: Die Europäer, die Amerikaner und die anderen sogenannten zivilisierten Staaten sind unfähig, den Kriegstreibern dieser Welt das Handwerk zu legen. Unbegreiflich, wie hilflos der Westen dem Gemetzel in Syrien zusieht.

Mehr Wohlstand zu wollen, ist verständlich, aber kein Asylgrund. Wir müssen von unseren Politikern verlangen, dass sie diesen Unterschied klar aussprechen und keine falschen Erwartungen wecken. Wir müssen erwarten, dass sie sorgfältig unterscheiden zwischen Flüchtlingen, deren Leben bedroht ist, und Migration aus wirtschaftlichen Gründen. Ohne diese Unterscheidung und den daraus folgenden Konsequenzen werden wir uns überfordern. Mit noch nicht absehbaren Folgen.


Willkommensrundfunk?

War das nun „Willkommensrundfunk“, was die „Tagesthemen“ da betrieben haben – und wäre das schlimm?

Die Berichterstattung war differenzierter und vielfältiger, als viele Kritiker im Nachhinein suggerieren. Aber sie war geprägt von Anteilnahme mit den Menschen auf dem Weg nach Mitteleuropa. Von dem Vorsatz, sie und ihre Schicksale nicht hinter gesichtslosen Zahlen verschwinden zu lassen. Von dem Entsetzen darüber, was sie auch unterwegs und hier noch durchmachen müssen. Die Flüchtlinge sind in diesen Wochen in den „Tagesthemen“ in erster Linie nicht ein Problem, sondern Menschen, die vor Leid fliehen und dabei Leid erfahren.

Das ist zunächst einmal kein „Willkommensjournalismus“, sondern Ausdruck von Humanität. Es führte aber auch zu überemotionalen Darstellungen, denen sachliche Distanz fehlt. Das lässt sich vielleicht aus der Nähe erklären, aus der Betroffenheit über das Elend. Man merkt vielen Beiträgen den guten Willen an: den guten Willen etwa, positiven Beispielen von Helfern Raum zu geben, und den guten Willen, Fremdenfeinden keine Munition zu liefern.

Als roter Faden zog sich durch die Berichterstattung vor einem Jahr die Überzeugung, dass es nicht möglich ist, Flüchtlinge aufzuhalten, und dass es – solange die Fluchtursachen nicht beseitigt sind – deshalb keine andere Möglichkeit gebe, als sie hier willkommen zu heißen. Was fehlte, sei vor allem europäische Solidarität, eine gerechte Verteilung unter den Ländern. Damit lagen die „Tagesthemen“ tatsächlich weitgehend auf der Linie von CDU und SPD (sowie der parlamentarischen Opposition). Und damit stellten sie die Politik der Kanzlerin implizit als weitgehend alternativlos dar.

Viele Stunden haben die „Tagesthemen“ mit Berichten über die Flüchtlingskrise gefüllt. Schaut man sie sich geballt und ein Jahr später an, fällt auf, wie sehr sich trotz der großen Zahl wiederholt, was erzählt wird: Immer neue, aus der Aktualität geborene, Beispiele von bösen Ungarn und hilfsbereiten Deutschen; immer wieder das Verzweifeln daran, dass andere Länder sich verweigern; immer wieder die Warnung vor dem „Kippen“ der Stimmung.

Als Viktor Orban der Kanzlerin die Schuld am Leid der Flüchtlinge in Europa gab, muss das für „Tagesthemen“-Zuschauer nicht bloß falsch, sondern sogar unbegreiflich gewesen sein. Die „Tagesthemen“ berichteten zwar, dass Deutschland in Kriegsgebieten zu einem „Heilsversprechen“ geworden sei und Merkel als „Mutter aller Gläubigen“ verehrt wurde. Aber eine Alternative zu ihrer Politik vermittelten sie nicht.

Die Berichterstattung war nicht geprägt von einer Euphorie über die Ankunft der Menschen, aber von einer Erleichterung, dass es – vor allem dank vieler freiwilliger Helfer – gelang, ihnen zu helfen. Konkrete Probleme bei der Unterbringung und Finanzierung wurden benannt. Grundsätzliche Bedenken, ob ein Zusammenleben mit Hunderttausenden Fremden möglich oder wünschenswert ist, fanden kaum Raum.

Hätten die „Tagesthemen“ mehr Zweifel äußern sollen? Zeigen, dass das nicht zu schaffen ist? Einen „Das Boot ist voll“-Journalismus machen, während Flüchtlingsheime brennen?

Vielleicht war die Berichterstattung tatsächlich bestimmt von der Sorge, dass etwas „kippen“ könnte, und von der Absicht, dem möglichst keinen Vorschub zu leisten. In diesem Sinne war die Berichterstattung der „Tagesthemen“ weniger regierungsnah als staatstragend.


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57 Kommentare

  1. Über das Fazit der Auswertung bin ich erstaunt.

    Jetzt ist also einseitige* und emotions- statt faktenbasierte Berichterstattung – zumal im Flaggschiff „Tagesthemen“ – völlig okay, weil „staatstragend“. Wie war das noch mit „Journalisten dürfen sich auch mit der guten Sache gemein machen“?

    Ich finde die obige Chronik und Auswertung der Berichterstattung im vergangenen Sommer sehr gelungen und aufschlussreich. Komme nur zu völlig anderen Schlüssen als Herr Niggemeier.

    Auch deswegen, weil ich nicht an das Schwarz/Weiß-Denken in der Sache glaube. Es geht nicht darum: entweder hilft man Fluchtendenden und „dafür“ oder man fackelt Unterkünfte ab; zwischen denen beiden Extremen die Stimmung kippe.

    *einseitig, da alles was irgendwie kritisch oder problematisierend erschien sofort von DER TAGESSCHAU relativiert wurde. Gutes Beispiel das Schäuble-Spruchband, das sich der ARD-Sprecher angeeignet hat und damit berechtigte Zweifel im Keim für unmöglich erklären wollte.

  2. Edit: Da habe ich natürlich ein NICHT vergessen.

    „Journalisten dürfen sich auch mit der guten Sache nicht gemein machen“?

  3. @Leo Friedrich: Ich habe aber gar nicht geschrieben, dass es „völlig okay“ ist, sondern nur, dass es „staatstragend“ ist. Auch das kann man ja als Haltung schwierig finden.

    Es fällt mir ohnehin schwer, unter all diese Beiträge am Ende einen Strich zu ziehen und dann „Völlig okay“ oder „Nicht okay“ drunterzuschreiben. Ich finde Teile der Berichterstattung problematisch. Aber ich finde nicht alles so problematisch, wie es von manchen Kritikern behauptet wird.

    Das so oft zitierte „gemein machen“-Verbot von Hanns Joachim Friedrichs ist in vielfacher Hinsicht problematisch. Ein klares Journalistengesetz ist es nicht. (Ich empfehle dazu auch den verlinkten Film auf tagesschau.de). Und öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat einen klaren Auftrag, sich für bestimmte Werte einzusetzen.

  4. Da ich die Tagesthemen nicht verfolge, kann ich inhaltlich nichts sagen, aber mal vorausgesetzt, dass es da ungefähr stimmt, fand ich den Text sehr informativ, ausgewogen und wertvoll.
    Danke!

  5. Es ist schwer, einen so langen Artikel im Rahmen eines Kommentars in Gänze zu behandeln, deshalb beschränke ich mich hier mal auf, das mir gleich zu Beginn am meisten aufgefallen ist:

    Ich schaue sehr wenig TV und muss daher eingestehen: Das wusste ich nicht. Dass die Tagesthemen(!) solche gefühlsduseligen Beiträge versenden .“Es gibt keinen Sprecher, keine Erläuterungen, keine Einordnung. […] Es gibt kitschige Musikklänge, Nahaufnahmen in Zeitlupe, künstliche Unschärfeeffekte.“
    Sowas mag seine Berechtigung haben – aber nicht als Nachrichtenbeitrag in den fucking Tagesthemen.

    Und da das Ganze dann immer die Linie der Kanzlerin bestätigt und die Sorgen um das langfristige Zusammenleben kaum thematisiert, kann ich die „Staatsfunk!“-Rufer und -Schreiber an der Stelle schon ein ganzes Stück weit verstehen. Neutrale Berichterstattung, die man sich eigentlich von den ARD-Nachrichten erwartet, war das jedenfalls nicht.

  6. „Es ist schwer, einen so langen Artikel im Rahmen eines Kommentars in Gänze zu behandeln.“
    Das stimmt. Und ein interessanter Beitrag ist es zudem.

    Zwei Zitate die bei mir hängengeblieben sind:

    „Doch Merkel wäre nicht Merkel, wenn sie bei allen Visionen sich nicht auch um die Details kümmerte. (…)“
    Im Zusammenhang mit dem wir-schaffen-das. Puh. Details? Dazu? Irgendeine Erklärung zum „wie“ wir das schaffen? Gab es doch bis heute (!) nicht.

    „Wie viele Menschen tatsächlich ein Leben unter Hartz-4-Niveau in der Fremde völlig freiwillig auf sich nehmen, ist zu hinterfragen.“
    Ja, „wie viele“ das sind kann man natürlich fragen. Aber man kann auch einsehen, dass manche Menschen das nicht nur „völlig freiwillig auf sich nehmen“ würden, sondern dass es für sie evtl. gar nicht so schlecht ist. Es soll hier auf Familien geben, die zu großen Teilen vom Kindergeld leben.

  7. Es gibt kleine süße raffinierte (Pantelouris wir lieben dich) Artikel beim Übermedien.
    Und manchmal kleine büüschen Klugscheißerische wie ich finde.

    Und mittlere, die man im Bus liest und gut oder schlecht findet.

    Und solche.
    Boarr.
    Lieber Niggemeier: ich finde das ist so ein solides Handwerk, das erkennbar hinter diesem Artikel steht und ihn ermöglicht hat, das darf man gern im Politikunterricht in der gymnasialen Oberstufe mal zur Diskussion stellen.

    Die letzten Absätze als Fazit leuchten mir allerdings wie meinem Vorredner auch nicht so recht ein.
    Darüber kann man trefflich streiten.
    Geiles Teil.
    Es gibt Kleine, Große und Mittlere.

    Dies war ein Großer.

    (… was ich sehr beruhigend finde. Stehe grad in der Fußgängerzone und halte nach Omas mit Handtaschen Ausschau, irgendwie muss man die Kosten für das Abo ja erwirtschaften)

  8. @Stefan Niggemeier
    „Und öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat einen klaren Auftrag, sich für bestimmte Werte einzusetzen.“
    Ich dachte immer der ÖR hätte den Auftrag sachlich und Ausgewogen zu berichten. (vor allem in den Nachrichten) Das steht glaube ich auch in den Gesetzen/Verträgen.

  9. Sehr informativer Artikel, danke für die Einordnung. Nur ganz gegen Ende, da geht er so ein kleines Bisschen in eine Passage, die so auch bei den Tagesthemen hätte laufen können:

    „Hätten die „Tagesthemen“ mehr Zweifel äußern sollen? Zeigen, dass das nicht zu schaffen ist? Einen „Das Boot ist voll“-Journalismus machen, während Flüchtlingsheime brennen?“

    Das finde ich zu einseitig gezeichnet, dem Leser nur diese beiden Punkte, nur für und wider zur Wahl zu lassen als sich vielmehr für das auszusprechen, was jeder Berichterstattung immer gut täte: Ausgewogenheit.

  10. Respekt, wie viele Stunden haben Sie Tagesthemen-Aufzeichnungen geguckt? Ich vermute, Sie haben „nur“ die jeweiligen Beiträge zum Flüchtlingsthema und nicht jede 30-Minuten-Tagesthemen von drei Monaten angeschaut (90 Tage x 30 Min = 45 Stunden)!?

  11. Wenn man die gleiche Fleißaufgabe beim anderen Nachrichtenflaggschiff der öffentlich-rechtlichen, dem ZDF „heute journal“ durchgeführt hätte, würde der Befund vermutlich ähnlich ausfallen. Wobei sich Claus Kleber ab und zu noch persönlichere Statements als seine Kollegen gönnt!Er tritt gern als Moderator und Kommentator in Personalunion auf und manchmal verwischen die Trennlinien.

  12. @Leo:
    „Auch deswegen, weil ich nicht an das Schwarz/Weiß-Denken in der Sache glaube. Es geht nicht darum: entweder hilft man Fluchtendenden und „dafür“ oder man fackelt Unterkünfte ab; zwischen denen beiden Extremen die Stimmung kippe“

    Meine subjektive Wahrnehmung seinerzeit war, dass die Stimmung zunehmend so bedenklich wurde, dass man befürchten musste, dass der Kreis der sich selbstberufenden halbstarken Brandstifter (unsere Abendlandsalafisten) sich durch ein unausgesprochenes Mandat der schweigenden Mehrheit zu Mord und Totschlag berufen und legitimiert fühlt. Und in der Szene herrschte die selbe Erwartung und Vorfreude auf eine arische Grasroots-Mordbrenner-Intifada. ()

    Die so plötzliche wie eindeutige Kehrtwende der Kanzlerin kam für die absolut überraschend und hatte zunächst die Wirkung eines lähmenden Schocks. Damit hatten die nicht gerechnet, die waren davon überzeugt, die Gegner bei diesem Thema dauerhaft in der Defensive und im Würgegriff zu haben. Und die Medien folgten ihr darin tatsächlich aktiv beitragend, ebenso offensichtlich wie vor der Wende mit den Enthüllungsberichten über kriminelle und menschenverachtende organisierte Schleuserkriminalität, damals noch Bombenabwürfe auf Flüchtlingsboote argumentativ vorweg legitimierend.

    Jedenfalls ich hatte in dem Moment erhebliche Sorge vor einem brandgefährlichen Kippen der Situation und die Reaktion der Kanzlerin seinerzeit auch als bewusst starkes Gegenzeichensetzen ausgelegt, vielleicht aus Sicherheitskreisen über die brisante Lage informiert.

    Ich bin also heilfroh über diesen Kanzler-Schwenk und über die kollektive Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsverschiebung des Medienspatzenschwarms vom Menschenhändlerproblem zur humanitären Frage.

    Dass ich diese kollektive, schwarmhafte Flugrudelcharakteristik auch für ein Problem-Symptom halte, ist dann eine andere Sache. Vielleicht ist es Teil unserer traditionellen Leitkultur, wenn es -vermeintlich- ernst wird, keine Parteien mehr kennen zu wollen, neu amalganiert mit der vermeintlich entpolitisierten neoliberalen Alternativlosigkeit.

  13. @Symboltroll: Dem sehr spannenden und aufschlussreichen Dossier der ZEIT „Grenzöffnung für Flüchtlinge: Was geschah wirklich?“ zufolge hatte die Kanzlerin in erster Linie Angst davor, es würde (zunächst in Ungarn) Bilder geben, auf denen Flüchtende gewaltsam aufgehalten werden (die gab es ja tlw.) und vor solchen Bildern in Österreich und Deutschland.

    http://www.zeit.de/2016/35/grenzoeffnung-fluechtlinge-september-2015-wochenende-angela-merkel-ungarn-oesterreich

  14. Schöne Zusammenfassung!
    Dass es der Tagesschau (und anderen Medien) klar ist, dass die Stimmung nicht nur kippen könnte, sondern, dass es z.T. von der eigenen Berichterstattung abhängt, ob sie kippt oder nicht, verdoppelt die journalistische Verantwortung ja. Nicht nur, was man zeigt und WIE man es zeigt.
    Persönlich finde ich, dass die allzukitschigen Darstellungen eher kontraproduktiv sind. Die paar Leute, die nur mit Superkitsch überzeugt werden, fallen auf alles herein. Und ein Tenor: „Sie, liebe Zuschauer, werden Ihre Stimmung doch wohl nicht kippen lassen“ kommt so ein bisschen zu lehrermäßig rüber. Was mich persönlich am ehsten überzeugte, waren die Reportagen über Flüchtlinge mit normaler Distanz. Am Ende gehen sie über die Grenze von Österreich nach D., rechts die Donau, links eine Tankstelle und in der Mitte die Straße. Das ist alles. Die Flüchtlinge sind von der schlichten Eleganz der Gesamtanlage sehr angetan, und ich als saturierter Zuschauer denke: „Jau, da haben sie auch recht mit. Ich (man) sollte die EU wirklich gut finden, auch ohne erstmal 1.000 km weit zu fliehen.“

    Manöverkritisch gesagt, wenn die Medien mehr darüber berichteten, _wovor_ man als Flüchtling so flieht, könnten sie auf kitschige Kollagen komplett verzichten. Einfach Aleppo 2006 vs. 2016.

  15. @Patrick S, 11

    Sachlich und ausgewogen zu berichten schließt sich nocheinmal wie genau mit einem Auftrag, für bestimmte Werte einzustehen, aus?

  16. Danke für diesen tollen und sehr informativen Artikel.

    Allerdings haben mich die Ergebnisse der Studie, die in der FAZ veröffentlicht wurden und auf die hier verlinkt wurde, irritiert. Sie sagen ja, dass in toto genau das passiert ist, was nicht hätte passieren sollen.

    Allein die ör Medien oder die Tagesthemen allein waren ja nicht Gegenstand der Vorwürfe.

  17. Weil hier so oft von „ausgewogener“ Berichterstattung die Rede ist: Was würde das konkret bedeuten? Ausgewogen zwischen was? Müssten die „Tagesthemen“ der Position, dass Deutschland keine Flüchtlinge aufnehmen sollte, genau so viel Raum einräumen wie der, dass Deutschland Flüchtlinge aufnehmen sollte? Denjenigen, die sagen, das ist nicht zu schaffen, soviel Raum einräumen wie denjenigen, die sagen, das ist zu schaffen?

    Ich meine die Fragen nicht rhetorisch. Was heißt – konkret – „ausgewogene Berichterstattung“?

  18. @Stefan Niggemeier
    Also grundsätzlich steht es im Auftrag der ÖR ausgewogen zu berichten. Ich halte diese Vorschrift auch für gut. Sie nicht?
    Man könnte grundsätzlich diejenigen Fragen die das in das Gesetz reingeschrieben haben was sie damit meinen.
    Man kann natürlich auch nach der Definition des Wortes gehen….

    Ich finde das eben beide Seiten zu Wort kommen müssen. Natürlich muss man nicht mit der Stoppuhr beide gleichviel Zeit einräumen aber es darf nicht nur eine Seite zu Wort kommen oder das Verhältnisse 90 zu 10 Prozent sein. Wenn man z.B. über die Chancen der Einwanderung berichtet dann eben auch über die Risiken…

    Daneben sollte es eben auch eine sachliche Berichterstattung sein. Man kann gerne eine Position in Kommentaren einnehmen aber getrennt von den Nachrichten.

    Übrigens war die Position ja eher nicht gar keinen Flüchtling aufzunehmen oder Flüchtlinge aufzunehmen. Sondern eher eine begrenzte Anzahl von Flüchtlingen aufzunehmen oder unbegrenzt Flüchtlinge aufzunehmen. Jetzt mal unabhängig davon ob es Grundgesetzmässig möglich ist…

  19. „Müssten die „Tagesthemen“ der Position, dass Deutschland keine Flüchtlinge aufnehmen sollte, genau so viel Raum einräumen wie der, dass Deutschland Flüchtlinge aufnehmen sollte?“

    An dem Punkt scheitern doch viele Diskussionen bereits. Der Punkt ist doch: es gibt nicht nur diese zwei Alternativen. Es gibt in der großen Gruppe der Flüchtlinge welche, die vor einem Krieg flüchten, z.B. aus Syrien. Und dann gibt es eben Leute, die aus ganz anderen Gründen in Richtung Deutschland gereist sind. Nur diese Unterscheidung wurde gar nicht mehr gemacht: es waren plötzlich alles Flüchtlinge, die unter allen Umständen Schutz in Deutschland benötigen. Das hätte man doch etwas differenzierter beschreiben können, oder nicht? Und dann ist die Frage eben nicht mehr entweder ganz oder gar nicht.

    Zum „wir schaffen das“: Man hätte diese Aussage doch wenigstens etwas kritischer hinterfragen können. Was schaffen wir? Wann ist es geschafft? Welche Maßnahmen sind dafür notwendig? Usw. usf. Eben genau die Details, die eben entgegen der Aussage in den Tagesthemen nicht genannt wurden. Im verlinkten Zeit-Artikel ist ja auch schön beschrieben, wie Merkel sich da geschickt aus der Öffentlichkeit rausgehalten.

    Daran schließt sich dann an, dass abgesehen vom „können“ noch andere Fragen offen sind: „wollen“ „wir“ „das“ schaffen? Bzw. vor allem: was wollen wir schaffen? Wollen wir sehr vielen vom Krieg vertriebenen temporär (?) Schutz gewähren? Dafür hätte man sicherlich eine Mehrheit gefunden.
    Oder wollen wir „jeden der will“ ins Land lassen, auch sog. „Wirtschaftsflüchtlinge“? Oder wollen wir (wenn man es demografisch/wirtschaftlich betrachtet) lieber ein sinnvolles Einwanderungsgesetz?
    Das wurde alles gar nicht mehr diskutiert und besprochen: es hieß nur noch: da kommen Flüchtlinge und das schaffen wir jetzt. Und diese Linie wurde eben mMn auch in den Medien vertreten. Kritische Stimmen, die diese Fragen gestellt haben, gab es kaum noch. Es ist aber komplizierter als ein simples „wir schaffen das“.

    Zusätzlich wurden dann oft noch Zahlen und Statistiken präsentiert, die einfach viel zu positiv sind, wie die oben zitierte. Tenor: Deutschland wird davon sogar finanziell profitieren. Gerade wenn solche wirtschaftlichen Prognosen vorgeschoben werden, dann werde ich oft skeptisch und fühle mich nicht ernst genommen. (Im Übrigen ist das für mich auch gar nicht der Punkt und kein Argument: wenn man Menschen Asyl gewährt oder ihnen subsidiären Schutz gewährt, dann macht man das ja nicht, weil es wirtschaftlich etwas bringt; blöd gesagt: das darf dann auch was kosten.)

    Also konkret, ausgewogen wäre in dem Fall für mich:
    – ein differenzierteres Bild als dieses entweder/oder.
    – eine ehrlichere Berichterstattung die eben keine positiven, unwissenschaftlichen Prognosen präsentiert.
    – Regierungskritischere Berichterstattung: wie kann die Bundeskanzlerin mit so einem Satz, den sie nicht erklärt, durchkommen? Wieso kann sie nach so einer Entscheidung ihren Kanzleramtschef vorschicken und wieso kommt der mit Erklärungen durch, die nicht haltbar sind (Ausnahme, einmalige Geschichte, siehe Zeit-Artikel)? Merkels ganzer Plan mit der europäischen Lösung, was ist daraus geworden?
    Ich habe den Eindruck, dass „in den Medien“ der Konsens herrscht, dass „wir das schaffen“ und „wir das wollen“ und jeder, der diese Entweder/Oder-Frage (die es nicht ist) anders sieht, der ist auf der bösen Seite, die Seite der AFD und so. Deshalb wird auch nicht hinterfragt was die Regierung da genau macht, denn dann wäre man ja auch auf der bösen Seite.

  20. Zur ausgewogenen Berichterstattung gehört auch, dass Deutschland ohne Zuwanderung bald seine Sozialsysteme nicht mehr stemmen kann.

    Was ist so schwer zu verstehen an dem Prinzip:
    Leute kommen – Leute arbeiten – Leute zahlen steuern

    Klar ist das am Anfang, vll. die ersten 5-10 Jahre schwierig und ein „Wir schaffen das“ etwas unbefriedigend und unzureichend.
    Vielleicht belastet die Zuwanderung kurz- und mittelfristig unsere Sozialkassen, ja, vielleicht. Das tun deutsche Steuerflüchtlinge auch.

    Das Leben geht auch danach noch weiter, vielleicht sogar in der nächsten Generation. Langfristig werden wir ganz einfach zusammen leben (müssen).
    Wie stellen sich einige (euch hier in den Kommentaren) denn das Zusammenleben in den nächsten Generationen vor?
    Es ist so fucking weltfremt, immer noch über Merkels „Wir schaffen das“ zu lamentieren, wie doof das ist und wie unsicher ihr euch fühlt und überhaupt: Befindlichkeiten.

    Wie wäre es mal mit einem ein Blick nach vorne, statt nach hinten?

  21. „ausgewogene Berichterstattung“, #23
    Wer keine Jurist und Experte in Sachen „Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien“ ist, sollte sich nicht in einer juristischen Deutung des § 6 versuchen. Und ausweichendes Verweisen auf die Juristen gilt auch nicht.

    Ein jeder sollte in der Lage sein, sich dazu eine (unjuristische) Meinung zu bilden. Und diese Meinungsbildung muss ja keinesfalls in 5 Minuten abgeschlossen sein. Manchmal braucht eine Meinung monatelanges oder jahrelanges überlegen. Manchmal bricht man das auch einfach ab und gibt sich mit einer nur zu zwei-dritteln wohlüberlegten Meinung zufrieden. Ich würde gerne mitüberlegen:

    Ausgewogen könnte wohl meinen, dass in politischen Fragen nicht einseitig Partei ergriffen werden soll. Wenn die Auffassung einer politischen Partei dargestellt wird, würde das bedeuten, dass auch die andere politische Auffassung nicht ausgeblendet wird, sondern auch deren Argumente dargestellt werden.

    Wenn ich das alles lese, scheint genau das hier passiert zu sein. Und was Viele durcheinander zu bringen scheinen, ist inwieweit es bei der Berichterstattung überhaupt um Politik ging.

    Herr Niggemeier stellt ja zutreffend fest: „Das ist zunächst einmal kein Willkommensjournalismus, sondern Ausdruck von Humanität. “ Humanität ist aber keine Frage politischer Einstellung. Es ist zwar etwas normatives, aber eher aus dem Bereich des Charakters und der Ethik. Es ist letztlich Ausfluss eines insoweit unpolitischen, weil moralischen Grundprogramms unseres Landes: Dem Artikel 1 GG. Und weiter Kant, Aufklärung, Christentum, Humanismus. Mancher wird wissen, wovon ich spreche.

    Ob also der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk auch gehalten ist, in Sachen der Ethik ausgewogen zu bleiben, dass heißt auch unethische Positionen darzustellen, dass möchte ich doch mal in Frage stellen.

    Ganz abgekoppelt von der Politik ist das natürlich nicht. So kann man sich politisch freilich fragen, wie sehr man solche moralischen Gesichtspunkte bei seiner politischen Meinungsbildung berücksichtigt. Denn es ist natürlich möglich, in der politischen Diskussion Positionen zu bilden und zu vertreten, die moralische Aspekte mehr oder weniger in den Vordergrund stellen. Ich kann also sagen: Flüchtlinge sollen bleiben wo sie sind, unser Wohlstand und die gesicherte Nachruhe ab 22 Uhr sind mehr Wert als ein Leben das hätte gerettet werden können oder überhaupt der Anspruch eines zufällig in einem anderen Land geborenen, unter stabilen Verhältnissen aufzuwachsen (das ist natürlich bewusst tendenziös, aber versuchen Sie mal die andere Tendenz so darzustellen, ohne sich in ein philosophisches Dilemma zu verstricken).

    Um diese Form der politischen Meinungsbildung ging es hier jedoch wohl eher nicht. Vielmehr scheint mir, dass in der Berichterstattung alle Aspekte beleuchtet wurden: Der humanitäre, die politischen Probleme, die daraus resultieren, die Verwaltungsprobleme, …

    Die ursprünglichen Aussagen der Regierung sind moralisch auch schwer angreifbar, denn sie sind aus einer humanitären schlicht richtig gewesen. Und so wird es auch gekommen sein, dass man in diesem Punkt in den Tagesthemen ganz „staatstragend“ war.

    Das die Tagesthemen das ein oder andere Mal bei der Berichterstattung über den humanitären Aspekt zu sehr auf die Tränendrüse gedrückt haben könnten, dass wäre dann eine andere Frage. Aber es scheint mir, als habe sich die Redaktion über diese Fragen durchaus Gedanken gemacht und möglicher Weise ist man ja zu dem gleichen Ergebnis gekommen: Humanität ist ein moralischer Wert, zu dem es keine zwei Positionen gibt.

    Und seine politische Meinung kann man sich doch dann ebenso bilden. Man kann die in den Tagesthemen diskutierten humanitären Gesichtspunkte, den organisatorischen, sozialpolitischen, sicherheitspolitischen etc. Gesichtspunkten gegenüberstellen und sich überlegen, was man wie gewichtet. Ich würde das eine ausgewogene Berichterstattung nennen wollen, die „Kommentare“ aus den Landesstudios mal außen vor gelassen. Mit denen kann ich eh nicht viel anfangen, aber die sind ja auch offen subjektiv. Das kann man ja ausblenden.

  22. @Max: Das finde ich einen sehr treffenden Kommentar, was für die Ausgewogenheit der Tagesthemen-Berichterstattung gefehlt hat. Kann dem nur zustimmen.

    Ergänzen möchte ich noch: Bei der Art und Weise, wie (offenbar) berichtet wurde, kann ich die Tagesthemen nicht mehr für eine Nachrichtensendung – besser – seriöse Nachrichtensendung halten. In den sogenannten Kommentaren können ja durchaus emotionalisierende und polemisierende Standpunkte vertreten werden, die dann die Diskussion (beim Publikum/in der Öffentlichkeit) voranbringen sollen. Aber: die Moderation hat nicht die Aufgabe (aus meiner Sicht) die Interpretation, die der Zuschauer gefälligst haben solle, zu bestimmen. Das scheint mir aber in vielen An- und Abmoderationen von Beiträgen bezweckt worden zu sein. Das würde ich als gezielte Manipulation bewerten. In diesem Fall (auch wenn es um die vermeintlich gute Sache ginge) sehe ich keine großen Unterschiede mehr zu „Nachrichten“ in Russland und anderswo.

    Ich möchte aber auch noch darauf hinweisen, dass meine Bewertung ausschließlich auf dem Exzerpt von Übermedien basiert, da ich die Nachrichtensendungen in ARD und ZDF schon länger nicht mehr verfolge.

  23. @ Leo (28): Der vorletzte Satz müsste doch eher enden mit „…zu dem uns von unseren Medien vermittelten Bild der Nachrichten in Russland und anderswo.“.

  24. Also hier kann man schön die Positionen für eine nicht ausgewogene Berichterstattung sehen… Es geht nur um undifferenziert schwarz/Weiß darstellungen. Flüchtlinge aufnehmen oder keine aufnehmen… Wir schaffen das oder wir schaffen es nicht…. human oder inhuman. Die Wirklichkeit ist doch differenzierter. Selbst die ARD und die CSU haben doch nicht gefordert gar keinen Flüchtling aufzunehmen.
    Natürlich geht es auch um Politische Fragen und ein differenziertes Bild…. Unterschied zwischen KriegsflüchtlInge und Wirtschaftsflüchtlingen, EU Verteilung, Sichere Drittstaaten, Abschiebung von abgelehnten Asylbewerber, genug Integrationamöglichkeiten, zentrale oder dezentrale Unterbringungen, Chancen und Risiken von den neuen Menschen in unserem Land, wie sieht der Plan aus von „wir schaffen das“ usw.
    „Nur“ Bilder von Flüchtlingsfamilien zu zeigen hat dann nichts mit einer ausgeglichenen oder sachlichen Berichterstattung zu tun. Genauso wenig ist es inhuman über diese Punkte auch zu Berichten.

  25. Die Berichte in den Tagesthemen fand ich damals auch schon zu kitschig, und schleimig. Nur was mich dann wirklich die veranlasste die Tagethemen nicht mehr anzuschauen waren dann die Moderatoren die dann auch noch ins geliche Horn bliesen und jegliche kritischen Stimmen in die rechte Ecke stellten.
    Manchmal beim durchzappen bekomme ich von der Tagesschau und Tagesthemen noch was mit und bleibe bei der Meinung die kann man nicht mehr ernstnehmen.

  26. Die entscheidenden Fakten fehlen doch in der Diskussion. Es wird u.a. von den Medien so getan, als befinde sich Deutschland im luftleeren Raum und habe mit den Fluchtursachen, nämlich der Zerstörung des Lebensraums der Flüchtlinge (Menschen), so rein gar nichts zu tun.

    Deutschland hat nie die Drittstaatenregelung als Bollwerk gegen Einwanderung verwendet, um über Jahre hinweg Länder wie Griechenland und Italien mit dem Flüchtlingsproblem im Regen stehen zu lassen. Neein, nicht doch.

    Und die EU, allen voran Deutschland, hat neben Milliarden für Bankenrettungsprogramme natürlich auch läppische neun Millionen Euro im Jahr für die italienische Seenotrettungsaktion Mare Nostrum aufgebracht. Oder doch nicht? Hups.

    Und Frau Merkel ist selbstredend auch keine Flüchtlingsdeals mit afrikanischen Massenmördern und einem türkischen Diktator eingegangen. Äh, ja.

    Und Deutschland ist auf keinen Fall unter den vier weltweit größten Exporteuren von Kriegswaffen zu finden, da natürlich niemals aus reiner Profitgier Waffen an Terrorregime wie Saudi-Arabien geliefert werden würden. Ach, halt, nein, schlechtes Beispiel, das sind ja unsere Freunde, hatte ich grade vergessen, mea culpa.

    Und über die Millionen Klimaflüchtlinge, von denen die meisten ja noch nicht mal unterwegs sind, müssen wir uns auch keine Sorgen machen, weil Frau Merkel sich ja gerade bei der Klimarettung ganz besonders hervortut. Alles kloar.

    Nur auf das (zweifellos vorhandene) Dilemma hinzuweisen und die Frage zu stellen, ob Deutschland mit der Aufnahme von Flüchtlingen überfordert werden könnte oder nicht, greift also in diesem Zusammenhang viel zu kurz. Die eigentlich relevante Frage ist, ob die Medien die wahren Ursachen und Verursacher der Fluchtbewegungen benennen und ob sie das katastrophale Versagen dieser Frau Merkel und Ihrer Entourage offenlegen (Vierte Gewalt und so).

    Willkommen im Neandertal.

  27. @27 Maximillion
    Sie haben ja recht. Aber Humanität hat keine Alternative ist auch ein sogenanntes Totschlagargument. Nehmen wir mal brennende Heime. Hier ist die Sache sonnenklar, das erfordert klare Distanzierung.
    Wenn jetzt der ÖR eine Reportage über Einzeltäter machen würde und deren Weg bis zur Tat beleuchten würde, dabei auch herauskommen würde, dass im komplexen Ursachengeflecht aber auch unzureichende Erziehung, mangelnde Bildung, möglicherweise Versagen von staatlichen Institutionen usw. eine Rolle spielen, was die Tat nicht entschuldigt, aber den Täter ggfs. menschlicher erscheinen lässt, erklärt welche Faktoren zur Tat führten, die nicht nur personenbedingt sind, sondern auch gesellschaftlich untermauert sind, wenn Sie sowas in seriöser Form sehen würden, wäre das in Ihren Augen ein unzulässiger Kompromiss zu Lasten der Humanität?
    @Stefan Niggemeier
    Behauptung:
    Pädagogen wird der Artikel teilweise nicht gefallen.
    Nachvollziehbar?

  28. @35 Stefan Niggemeier
    Moderne Pädagogik ist mehr als „Erziehung“ und „Belehrung“, und im Artikel werden belehrende Formulierungen als „pädagogisch“ bezeichnet. Aber das ist was für Puristen, gerne auch „Haarspalter“.
    Insgesamt ist der Artikel nämlich lehrreich und nicht belehrend. Was moderne Pädagogen wiederum gut finden müssten.

  29. @32 RB:

    Das kann ich teils nachvollziehen. Mir fällt es zwar auch schwer, mir die eingeforderte „ausgewogene Berichterstattung“ auszudenken. Dennoch verstehe ich die Irritation, wenn plötzlich die flüchtenden Menschen ein Gesicht erhalten. Diese menschliche Dimension wird halt situativ ein- oder ausgeknipst, abhängig von anderen Faktoren. Eigentlich faszinierend und doch so dissonant, weil es moralische Kategorien eben aktiviert oder ignoriert. Und letztlich ist es das, was Medien ausmacht. Sie richten den Scheinwerfer auf etwas oder verweigern den Blick auf die Betroffenen und Konsequenzen auf einem menschlichen Maßstab. Und das provoziert nicht nur fadenscheinigen Whataboutismus, sondern bei einem Teil der Adressaten eben auch eine reaktive Weigerung, menschliches Leid wahrzunehmen. Oder auch: Treibt den politisch organisierten Narzissten und Psychopathen weiteres Publikum zu.

    Dafür 2 Beispiele:
    a) Zunächst hatten wir eine weitgehend gesichtslose Überflutungsgefahr, der wir begegnen mussten wie der organisierten Kriminalität, also z.B. mit Luftangriffen auf Schleuserboote. Die päpstliche Rede vom Massengrab Mittelmeer war störend und wurde, wenn überhaupt darüber berichtet wurde, als naives Gutmenschengeschwurbel abgetan.
    Dann bekamen die Flüchtlinge Gesichter (Kinderleichen am Strand, Abzuschiebende Mädchen weinend bei Merkel) und die plötzlich wahrnehmbare humanitäre Dimension bekam moralisches Gewicht. Damit war klar, wir schiessen nicht auf die, sowas abscheuliches würden nur Afdler und andere Unmenschen tun. Hier zieht die moralische Dimension.
    Seitdem lassen wir uns diese Drecksarbeit von Erdogan abnehmen und vermeiden hässliche Szenen an den eigenen Grenzen. Wir haben erfüllt, was die pegidisierten Afdler wollten, ohne es selbst zu tun und waschen auch noch unsere Hände in moralischer Vorbildlichkeit. Nachvollziehbar, weshalb für mich „Moral“ als Aspekt öffentlichen Politdiskurses eher ungeeignet ist?

    b) Vergleichen Sie mal die Berichte zum schrecklichen Krieg in Syrien mit jenen zum schrecklichen Krieg in Jemen (falls sie zum Jemen etwas ausführliches deutschsprachiges finden, posten Sie die Links hier, ich finde nichts?).
    Wie kommt es, dass es im Jemen scheinbar keine vergleichbare humanitäre Katastrophe gibt, die zuzulassen unser moralisch-humanitäres Selbstbild erschüttert? Wieso haben die Opfer kein Gesicht? Worin wurzelt die Ungleichheit in Gleichgültigkeit und Betroffenheit? Was machen die Jemeniten falsch in ihrem Kampf gegen ein IS-nahes Minderheitsregime, in dessen Interesse unsere wahhabitischen Alliierten mit im Westen gekauften Waffen per Luftkrieg die Bevölkerung terrorisiert?
    Warum geht das (https://www.theguardian.com/commentisfree/2016/aug/18/us-promoting-war-crimes-yemen-saudi-bombing-obama) den Entscheidern in unseren Medien kalt am A… vorbei? Für mich ist das bigotte Doppelmoral. Und doch kann jeder selektiv emphatisch agierende Medienmultiplikator sich da in moralische Höhen aufschwingen, ohne sich solcher Moral tatsächlich verpflichtet zu fühlen.

    Mein Fazit: Moral ist, wenn man hinguckt. Mehr nicht. Wer keine moralische Dimension erkennen will, guckt halt nicht hin. Damit ist Moral (TM) zu leicht missbrauchbar, als dass sie für den politischen Diskurs nützlich wäre.

  30. @ ’34, JUB 68

    manchmal wird der Begriff „Totschlagargument“ auch nur gebraucht, um ein besonders gutes Argument totzuschlagen. Humanität an sich hat tatsächlich keine Alternative. Das bedeutet wiederum nicht, das Politik keine Alternative zur Humanität hätte. Denn in eine politische Entscheidung fließen auch andere Überlegungen mit ein. Man muss dann aber sehen, ab wann man inhuman handelt, ob man das vertreten kann und die Gwewichtung muss dann auch klar sein. Nach dem Motto: Wir ziehen andere „Argumente“ der Humanität vor. Dann wird des Begründen von Politik plötzlich zu einer wirklichen philosophischen Herausforderung. Das wäre toll, wenn Diskurse diese Ebene jemals erreichen würden.

    Insofern würde ich es sogar begrüßen, wenn auch die Diskussion von Straftaten ein solches Niveau erreichen würde. Natürlich auch wenn sie scheinbar „politisch“ motiviert sind. Ich setzte das politisch mal in Anführungszeichen, denn einen Brand zu legen, ist nie eine politische Entscheidung, sondern erstmal eine Unmoralische. Mich persönlich würde sehr interessieren, warum jemand auf so einen brandstifterischen Gedanken kommt. Da es stets um Individuen geht, die das machen, wäre ein solcher Bericht also höchst aufschlussreich. Er würde uns wohl dabei helfen, mit dem Problem besser umgehen zu können. Um es mal so zu sagen: Ich verstehe Ihre Frage also in Wirklichkeit nicht ganz.

  31. Ich finde „ausgewogen“ gar nicht so sehr das Problem, denn offenbar wurden ja verschiedene Aspekte beleuchtet. Es ist diese plumpe Belehrung von oben herab, die es dem mündigen Zuschauer eiskalt den Rücken runterlaufen lässt, dieses: „Ihr habt was gehört, aber das stimmt gar nicht. Hört mal kurz zu. … Alles klar? Wart ihr n bisschen doof vorher, ne?“ Genau wie neulich, als auf tagesschau.de plötzlich Trumps Äußerungen zur Flüchtlingssituation in einem eigenen Artikel widerlegt wurden. Wir wissen, dass der Unfug redet, und wer es in Deutschland nicht weiß, wird sich nicht von der Tagesschau eines besseren belehren lassen. Wäre die Berichterstattung zuverlässig professionell (ohne emotionales Beiwerk, ohne Musik, ohne passive Aggressivität), egal zu welchem Thema, dann hätten es die Lügenpresse-Rufer nicht so leicht. Die sind rein emotional. Dem sollte man nicht dasselbe entgegensetzen. Das bedeutet allerdings harte Arbeit und Selbstdisziplin. Ein Beitrag, der ungefragt Factchecking betreibt, damit keiner an die Demagogen verloren geht, ist nur faul. (Abgesehen davon ist es auch – glaube ich – unnötig, denn die breite Mehrheit ist hilfsbereit, versteht, dass Flüchtlinge nicht zum Spaß zu uns kommen, und müsste sich bei den in diesem beeindruckend recherchierten Artikel genannten Beispielen stark unterschätzt fühlen.)

  32. @39 Maximillion
    Dafür verstehe ich jetzt Ihren Beitrag, mir kam „Humanität ist ein moralischer Wert, zu dem es keine zwei Positionen gibt.“ etwas zu verabsolutiert vor, denn in verschiedensten Fallgestaltungen kann schon mal streitbar sein, was Humanität überhaupt ist. „Der Zweck heiligt die Mittel“ ist sicher auch kein Satz, den Sie unterschreiben würden, und durch die Antwort, die sie mir gaben, weiß ich jetzt besser, was sie gemeint haben.

  33. Sehr geehrter Herr Niggemeier,

    bezüglich der Frage mit der Ausgewogenheit. Vielleicht lässt sich hier zu einem gewissen Grade das übertragen, was für die politische Bildung gilt, also der Beutelsbacher Konsens.

    Das heißt, dass die Nachrichten ein Überwältigungsverbot und wohl auch ein Kontroversitätsgebot haben (müssten). Das Ermächtigungsgebot, dass Schüler zu eigenem Handeln ermächtigt werden, klammere ich bewusst aus, weil es mir jetzt unpassend erscheint.

    Auch aus ihrem Artikel entnehme ich schon eine gewisse Überwältigung. Die Nachrichten sind in einer machtvollen Position gegenüber dem Zuschauer. Sie haben alle möglichen Informationen und sind in dem Moment – vergleichbar zum Lehrer vor der Klasse – diejenigen, die in der Kommunikationsbeziehung das Sagen haben. Was sie senden ist zumeist das, was der Zuschauer über die Situation erfährt. Dementsprechend sollten Sie ihre Macht nicht missbrauchen, um dem Zuschauer mittels Informationsselektion in eine Richtung zu schubsen, die ihrer persönlichen Meinung entspricht.

    Wie wäre das im konkreten Fall besser möglich gewesen? Da kommen wir zum Stichwort Kontroversitätsgebot. Auch aus ihrem Artikel entnehme ich, dass die Kontroversität nicht in vollem Umfang gegeben war. Warnende oder auch relativierende Stimmen, selbst wenn sie laut und teilweise unpassend daherkommen mögen wie aus der CSU, hätten vll. mehr Platz aber auch ausgewogener goutiert werden können. Es war der deutliche Eindruck, dass auch eine klar im demokratischen Rahmen befindliche konservative Meinung keinen Platz hätte.

    Beispiele wären gewesen: Die Diskussion um die maximale Aufnahmefähigkeit. Die Diskussion um die Unterbringung und welche öffentlichen Einrichtungen dafür geräumt oder nicht geräumt werden. Die Diskussion um Unterschiede zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen. etc. Dabei wurden bestimmte Stimmen tatsächlich, wie in ihrem Artikel angedeutet, abgetan. Diejenigen, die auf einer bestimmten Seite standen, waren von vornherein auch die ‚moralisch guten‘. Keine gute Ausgangssituation für eine offene Diskussion.

    So aber entstand das Gefühl, dass auch die öffentlich-rechtlichen Nachrichten eben nicht um eine sachliche Darstellung der Situation aus allen Blickwinkeln, die 1. in der Gesellschaft vorhanden und 2. vom Grundgesetz gedeckt sind, bemüht waren. Der Eindruck war, dass aus einem humanistisch empfundenen Impetus heraus die kritische Auseinandersetzung selbst nicht nur unterblieb, sondern schon fast öffentlich gegeißelt wurde.

    Vielleicht hilft das bei der Frage, was ‚Ausgewogenheit‘ konkret bedeutet hätte, bzw. wo sie fehlte.

  34. @Nachdenkseiten, #42; ich bezweifle, ob jeder, der den „Kampf der Kulturen“ heraufdämmern sieht, schon mal was von Karl Martell gehört hat oder weiß, wie man „Tours und Poitier“ ausspricht. Die mythische Überhöhung dieser Schlacht vor allem in der Neuzeit wird inzwischen wieder zurückgedreht. Meine Eltern erzählten mir mal, dass, wenn die Araber gewonnen hätten, die Schlacht genauso glorifiziert worden wäre, und ich nichts drauf geben sollte, wenn meine Lehrer die Schlacht glorifizieren. Was die auch nicht gemacht haben.

    Falsch ist, dass damals zum ersten Mal der Begriff „Europa“ aufkam. Der ist älter als das Christentum und geht antiken Legenden zufolge zurück auf eine gleichnamige Frau aus dem Libanon. Mythos halt.

  35. Generell wünsche ich mir mehr Fakten, d.h. keine Bewertung sondern möglichst neutrale Information und nicht eine veröffentliche Meinung, die als‘ Nachricht ‚über die ÖR Medien verbreitet wird.

  36. @ Stefan Niggemeier

    Zur Frage der Ausgewogenheit: Ich sehe hier bei den vorgestellten Beiträgen keinen Widerspruch:

    Ein Junge stirbt. Das ist schrecklich, es gibt keine (vertretbare) Position, die dieses gut finden könnte.

    Viele Freiwillige helfen Menschen, die Hilfe benötigen. Was ist die Gegenposition? Leute, hört auf damit, anderen zu helfen?

    71 Menschen ersticken in einem LKW. Andere, die mehr Glück hatten, erleben auf ihrer Flucht ebenfalls dramatische und lebensbedrohliche Situationen, verlieren vielleicht Verwandte oder Freunde. Wie erreicht man hier Ausgewogenheit? Mit einem Portrait eines Wirtschaftsflüchtlings? Oder wäre dieses nicht einfach nur pietätlos und ohnehin am Thema vorbei?

    Man kann den Formatwechsel bei diesen Beiträgen natürlich hinsichtlich des Neutralitäts- und Sachlichkeitsprinzips kritisieren.

    Man kann aber auch anerkennend eingestehen: „Wau, das war aber ganz schön mutig für ein so gesetztes Format wie die Tagesthemen, von dem traditionellen Erzähl- und Berichtsmuster abzuweichen.“

    Ich finde hier den zweiten Weg sympatischer, zumal die öffentlich-rechtlichen zuletzt ja durchaus in der Kritik standen, in begründeten Bedarfsfällen sich zu schwerfällig von den vorgegebene Programmstrukturen lösen zu können um beispielsweise auf aktuelle Geschehnisse entsprechend einzugehen.

    Die ausgewogene Berichterstattung bezieht sich dann freilich darauf, dass diese abweichende Erzählansätze die Ausnahmen bleiben und nur dann zum Einsatz kommen, wenn die Meldung dieses erfordern.

    Möglicherweise wurden die genannten Tagesthemen auch gerade auf Grund der Verpflichtung zur ausgewogenen Berichterstattung so anders produziert, weil sich die Komplexität der Flüchtlingsfrage mit rein statistischen Angaben und Stellungnahmen von Experten und Berufspolitikern irgendwie nur sehr unzureichend wiedergeben lässt.

  37. @Stefan Niggemeier
    „Ausgewogen“ heißt doch nicht nur, dass man Kritiker interviewt, sondern dass man die Entscheidungen der Politik selbst kritisch hinterfragt. Das passiert natürlich nicht durch die Journalisten vor Ort in Ungarn, die mitten im Geschehen sind. Die Redaktion muss in diesem Moment den Überblick bewahren und weitere Korrespondenten nach Berlin schicken, die die entsprechenden kritischen Fragen an die Politik stellen: Wo kommen die vielen Leute dauerhaft unter? Wie finden Sicherheitskontrollen statt? Wie werden sie in die Gesellschaft integriert?

  38. Was soll denn da kippen. Gekippt werden Einige hinter Politikerbinden, das ist auch alles. Jetzt sind die Flüchtlinge halt da! Soll das PMK doch sehen, wie es damit fertigwird.

  39. @MAX (25)
    Was macht das Leben eines Menschen der vor Krieg flüchtet lebenswerter als das Leben eines Menschen der vor dem Hungertod (Armut) flieht?

  40. Zum Thema Ausgewogenheit:

    Gute Frage, da könnte man durchaus mal ein eigenen Artikel drüber machen…
    Es fällt mir allerdings generell auch schwer zu definieren, was ausgewogen sein soll. Zu jedem „positiv“ besetzten Artikel über Helfer/Flüchtlinge o.Ä. auch einen Artikel über Straftaten von Flüchtlingen? Wäre das ausgewogen ( oder überhaupt sinnvoll?). Vielleicht müssten da mal die „Lügenpresse“-Rufer erklären, was das sein soll.

    Mich erinnert es nur an einen Beitrag von „Last week tonight“, wo es um die „Ausgewogenheit“ der Berichterstattung über den Klimawandel ging (unter: https://www.youtube.com/watch?v=cjuGCJJUGsg). Bzw. um die Frage: Ist es ausgewogen, bei Debatten um Klimawandel immer einen Wissenschaftler und einen Skeptiker diskutieren zu lassen wenn doch 97% aller Wissenschaftler einig über den Klimawandel sind?

    Andersrum gefragt, ist Ausgewogenheit überhaupt ein sinnvolles Kriterium für Nachrichten oder Dokumentationen im Allgemeinen? Schließlich würde bei Dokumentationen über den Weltraum auch keiner fordern, dass zur ausgewogenen Betrachtung auch die „Hohlwelttheorie“ und die „Gott wars“-Theorie mit genannt werden müssen, oder?
    Es gibt einfach Dinge, auf die wir uns in der westlichen Welt geeinigt haben. Humanität und die Erklärung der Welt durch Wissenschaften und nicht durch Religion gehören dazu, da braucht es keine „Ausgewogenheit“ oder Gegenpositionen.

  41. @51:
    „Es gibt einfach Dinge, auf die wir uns in der westlichen Welt geeinigt haben. “

    Das sehen viele leider nicht so.

    Demokratie und res publica bedeutet leider nun mal auch, dass „wir Demokraten“ auch die laute Minderheit, die einen nationalistischen Absolutismus einfordert ertragen und aushalten müssen.

    Das Interessante daran ist die egozentrische Sichtweise:
    Für sich wird eingefordert „DAs wird ja wohl noch sagen dürfen“, wasm an natürlich selbstverständlich auch darf. Aber ich darf mich halt auch dazu entscheiden, dabei nicht zuzuhören.
    Die Lautesten Schreihälse fordern halt ein, dass man ihnen zuhört.

    Und da liegt glaube ich das größte Missverständnis:
    Jeder darf sagen, was er will (außer Beleidigungen, etc. ).
    Aber es darf auch jeder nicht zuhören, wenn er will.

    Einzufordern, dass jemand mir zuhören müsse ist das gleiche, wie zu behaupten, „die Medien“ seien gesteuert, nur weil sie nicht schreiben, was man vielleicht gerade hören will.

    Gerade deswegen halte ich das politische Arschkriechen in Richtung rechts gerade für so problematisch: Die Politiker untergraben damit ihre eigene politische Legitimation.

    Wir können nicht die Werte, die wir nach außen angeblich verteidigen, nach innen hinterfragen, ohne uns unglaubwürdig zu machen.

    In 10 Jahren werden zurückblicken und und fragen, wie z. B. die Debatte über das so genannte „Burkaverbot“ überhaupt entstehen konnte. Wie wir inenrhalb von einem Jahr unsere gesamte Ethik und Moral hinterfragen konnten und sogar soweit gedacht haben, „Anders“gläubigen das Tragen eines Kleidungsstücks zu verbieten.

    Exakt das ist nämlich der Ausverkauf unserer Werte (z. B. die Freiheit, anzuziehen, was man möchte) zugunsten einer gefühlten Sicherheit, die keine ist.

  42. @Anderer Max:
    Ich glaube, wir sind in der Sicht nicht weit voneinander entfernt. Natürlich muss man das aushalten. Die Frage ist ja aber tatsächlich, wie gehen „wir“ damit um? Bzw. wie sollte z.B. die ARD mit diesen Forderungen umgehen? Und da denke ich, eine Diskussion darüber, was Ausgewogenheit bedeutet und wie man diese erreichen kann — oder ob man sie überhaupt erreichen muss — ist sinnvoll. Ich habe da vor der Frage von SN auch nicht wirklich drüber nachgedacht, halte die aufgeworfene Diskussion aber für sehr spannend.

    Sie sagen ja auch: „Das sehen viele leider nicht so.“ (bezogen auf unsere Werte)
    Die Frage ist ja letztendlich „nur“, wie gehen wir damit um? Denn unsere Werte fallen zu lassen, nur weil sich einige Leute diesen nicht mehr zugehörig fühlen kann ja nicht Sinn der Sache sein. Aber würde dort eine „Ausgewogenheit“ der Nachrichten helfen? Ich würde das jetzt einfach mal bezweifeln, denn „Ausgewogenheit“ bedeutet ja für jeden etwas anderes.

    Hmm, wirklich keine einfache Frage….

  43. Was die Ausgewogenheit angeht, muss man doch nur folgenden Satz des Artikels betrachten: „Die Berichterstattung ist getragen von Verständnis dafür, dass Menschen fliehen, und von der Absicht, ein solches Verständnis auch beim Zuschauer zu wecken.“

    Dieses „Verständnis wecken“ für die Belange der Kritiker war hingegen nicht beabsichtigt. Diese wurden pauschal als Pöbel, Mob, Rechte, Nazis, Pack etc. dargestellt/ betitelt. Letztlich wurde (mal wieder) transportiert: entweder für oder gegen uns! Dabei schwang/ schwingt doch gerade in den unteren Schichten eine Angst vor dem weiteren Abstieg mit (dies ist mindestens nachvollziehbar – wobei es mehr als naiv ist, anzunehmen, dass Gelder für Flüchtlinge ohne Selbige den unteren Schichten zugute gekommen wären).

    Jetzt von einem humanen Akt von Frau Merkel zu sprechen, ist realitätsfern: die Öffnung der Grenzen war ihre erste tatsächlich „alternativlose“ Entscheidung:
    – Griechenland und Italien hätten es im Leben nicht allein stemmen können, was auf sie zukam (wobei die Dublin-Abkommen der beste Beweis für die UNsolidargemeinschaft namens EU sind).
    – In allen weiteren Ländern der EU sah es nicht wirklich nach großer Begeisterung aus, sondern nach Rechtsruck. Rechtsruck bedeutet automatisch auch EU-Feindlichkeit – etwas, was man angesichts Brexit und Ukraine nicht gebrauchen konnte.
    – Alternativen: gab es akut keine.
    Einzige Möglichkeit also: Grenzen auf. Meine persönliche Prognose 2015 war: das funktioniert einen Sommer, keinen zweiten. Ob ich Recht gehabt hätte, können wir nicht prüfen – die EU hat ja einen Weg gefunden, sich des Problems zu entledigen: Türkei-Deal. Wäre die EU/ Frau Merkel tatsächlich human, würde es diesen nicht geben. Wäre die Presse tatsächlich human, würden wir jeden Tag mit Bildern der Flüchtlingscamps in der Türkei/ Griechenland oder den Kähnen auf dem Mittelmeer belastet, würden die Folgen von Frontex und Resettlement kennen und würden von den gebrochenen Versprechen was finanzielle und personelle Hilfe z.B. für Griechenland angeht, lesen.

    Was generell fehlte/ fehlt: die Frage nach den tatsächlichen Ursachen. „Krieg“, der vom Himmel fiel, ganz plötzlich. Dass lediglich die Folgen der westlichen, völkerrechtswidrigen Einmischungen in innere Abgelegenheiten seit 1999 vor der Türe stehen, spielte keine Rolle. Hätte Frau Merkel gesagt: „Wir haben einen Plan, den nahen Osten, Afghanistan (und den Balkan) in den nächsten 3 Jahren zu befrieden“ – die Akzeptanz der Flüchtlinge für den überschaubaren Zeitraum wäre da. Statt dessen „Integration“, „Stopfen des demographischen Lochs“ a.k.a.: Wir wissen, dass es in den Herkunftsländern noch ewig brennen wird und das dahin auf absehbare Zeit niemand zurück kann/ will.

    Von der Über-Diskussion zu den Übermedien: danke erstmal für diesen Artikel. Ich würde mir deutlich mehr dieser Analysen wünschen und kann dafür locker auf Nichtigkeits-Artikel über irgendwelche Randmedien verzichten. Und so habe ich auch den ursprünglichen Anspruch der „Übermedien“ verstanden: ETABLIERTE Medien kritisieren oder loben. Statt dessen: Pole Dance/ Mimikama/ Stern Crime/ Die Aktuelle/ MoMa (ja ich weiß, ARD, aber: wer guckt das???)/ Focus Online Local/ Illu No1 – es kann um die Medienwelt ja nicht so schlecht bestellt sein, wenn DAS die Themen sind.

    Deshalb habe ich auch (noch) kein Abo – 4 Euro für vielleicht einen tatsächlich lesenswerten/ relevanten Artikel bei einer hohen Ausschuss-Quote pro Monat sind es mir nicht wert.

    Die kritische Aufarbeitung der Griechenland-Berichterstattung der ÖR wurde ja z.B. kürzlich in akribischster Kleinarbeit durch die „Ständige Publikumskonferenz“ vorgenommen – leider ist das Ergebnis dermaßen umfassend/ unlesbar, dass es geradezu nach einer Einkürzung/ Schärfung schreit. Also: ran! ;)

  44. @E-Haller: Sie meinen, Angela Merkel (oder irgendjemand sonst auf der Welt) wüsste einen Plan, „den nahen Osten, Afghanistan (und den Balkan) in den nächsten 3 Jahren zu befrieden“?

  45. @ 55, Herr Niggemeier, zu Aussuchen:
    Antwort-Option 1: Sie meinen, die Führerin einer der größten Industrieländer, zudem historisch aus einer friedliebenden Nation entsprungen und in der westlichen Wertegemeinschaft verhaftet hat, wüsste KEINEN?
    Antwort-Option 2: Ich schrieb ausdrücklich nicht, dass es einen solchen Plan auch geben muss. Politik funktioniert auch ohne, wie uns tagtäglich bewiesen wird.

  46. „Hätten die „Tagesthemen“ mehr Zweifel äußern sollen? Zeigen, dass das nicht zu schaffen ist? Einen „Das Boot ist voll“-Journalismus machen, während Flüchtlingsheime brennen?“

    Die Stichworte werden doch im Artikel genannt. Alternativlos, Gut-Böse Einteilung, Emotionale Stimmungsmache. kurz zusammengefasst eine Berichterstattung der Extreme.
    Wozu also diese Sugestivfrage, ob das andere Extrem zu bevorzugen wäre?
    Selbstverständlich nicht.
    Eine Berichterstattung sollte ausgewogen und nicht Tendenziös sein.
    Der zuletzt von Ihnen geschriebene Bericht über die Meldungen zur Kriminalität von Flüchtlingen, ist ein gutes Beispiel für tendenziösen Jorunalismus.

    Auch frage ich mich immer wieder, warum die Medien bei Berichten z.B. über Pegida und die AFD noch auf Übertreibungen angewiesen sind.
    Da gibt es soviele Wunde punkte und dennoch stürzt man sich auf einen vermeindlichen KZ Vergleich, oder vermeintlichen Schießbefehl.
    Selbst wenn die Einordnung der AFD als Rechtspopulistisch richtig ist und es viele Stimmen aus der AFD gibt, die noch weiter ins Extreme neigen.
    Diese Berichterstattung erweckt den Eindruck Tendenziös zu sein, obwohl es völlig unnötig wäre, um den Menschen zu verdeutlichen welche Partei sie gegebenenfalls in Erwägung ziehen.

    Die Sylvesterberichterstattung war ein weiteres Beispiel für verfehlte Berichterstattung.
    Die Summe der Fehlleistungen groß. Da spielt es im Endeffekt keine Rolle mehr, ob sie in der einen oder anderen Tagesschau Ausgabe auch kritische Meldungen finden.

  47. Danke für diese Zusammenstellung.
    Nun bin ich kein Journalist. Aber ein interessierter Staatsbürger. Und als solcher erwarte ich von seriösen Nachrichtensendungen, zumal im ÖR-TV, in erster Linie Sach-Information, zweitens Einordnung in den Kontext, drittens dann klar als solche gekennzeichnete Kommentierung. Kommen stattdessen moralische Appelle und emotionaler Kitsch im Übermaß, dann ist der Wert dieser Nachrichtensendung für mich nicht gegeben. Denn das Denken, das kann ich schon selbst – dafür brauch ich keine Frau Miosga, keine weichgespülten Bilder, keine C-Promis als Testimonial im Namen der Humanität. Spätestens vor einem Jahr haben sich Tagesthemen und Co. für mich als ernstzunehmende Informationsquelle erledigt – warum das so ist, zeigt Ihre Fleißarbeit.

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