„Bild“ und „Welt“ zu Rundfunkurteil

Springers rasende Wut auf das Bundes­verfassungsgericht

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist gar keine Überraschung: Zu offensichtlich hatte Sachsen-Anhalt dadurch, dass der dortige Landtag gar nicht erst abstimmte, gegen das Verfahren verstoßen, mit dem der Rundfunkbeitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio festgelegt wird.

Auch keine Überraschung ist, dass sich einige Verlagsmedien über dieses Urteil ärgern: Für sie sind ARD und ZDF nicht zuletzt Konkurrenten. Je besser sie ausgestattet sind, umso schwieriger ist es für privatwirtschaftlich organisierte Medien, im Wettbewerb zu bestehen. Die Presse berichtet hier über Entscheidungen, die ihre eigene wirtschaftliche Grundlage berühren. Sie kommentieren das auch in eigener Sache.

Unabhängig davon ist es natürlich völlig legitim, diese Entscheidung falsch zu finden oder die Beitragserhöhung abzulehnen. Oder ganz grundsätzlich einen von allen Haushalten beitragsfinanzierten Rundfunk für einen Anachronismus zu halten. Oder auch der Meinung zu sein, dass zumindest der real existierende öffentlich-rechtliche Rundfunk kein zusätzliches Geld verdient hat.

Aber die Art, wie die Axel-Springer-Medien dieses Urteil kritisieren, ist nicht legitim. Es ist eine maßlose, faktenverdrehende Wutbürgerei, die so wild um sich schlägt, dass es wirkt, als würde man die Zerstörung einiger zentraler Instanzen der Bundesrepublik nicht nur in Kauf nehmen, sondern sogar anstreben.

Bis zur Lüge verkürzt

Kommentar zum Rundfunk-Beschluss. Dieser Kniefall gefährdet die Demokratie!
Ausriss: „Bild“

Georg Altrogge, der seit einigen Monaten für „Bild“ Medienjournalismus ganz im Dienst der ideologischen und geschäftlichen Interessen des eigenen Hauses macht, beginnt seinen Kommentar damit, den Regler auf 11 hochzudrehen – und mit einer Lüge:

Der heutige Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Gebührenerhöhung für ARD und ZDF ist mehr als ein Skandal – es gefährdet die Grundfesten der föderalen Demokratie: Den frei gewählten Abgeordneten der Landesparlamente ist nämlich nur noch erlaubt, Ja zu sagen, wenn die Öffentlich-Rechtlichen mehr Geld verlangen. Ein Nein ist ab sofort verfassungswidrig.

Das verkürzt den Prozess der Beitragsfestsetzung mutwillig um entscheidende Schritte: Die Abgeordneten stimmen nicht über das ab, was die Öffentlich-Rechtlichen fordern. Sie stimmen über das ab, was die Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam beschlossen haben. Der Beschluss der Ministerpräsidenten basiert auf dem, was die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) vorgeschlagen hat. Deren Vorschlag basiert auf der Überprüfung der Forderungen von ARD und ZDF. (In der Regel kürzt sie sie.)

Diese Zwischenschritte sind nicht irgendwie nur pro forma da, so dass man sie als Boulevardzeitung einfach auch mal weglassen kann, um die Leserinnen und Leser nicht zu verwirren. Sie sind elementar. Altrogge weiß das natürlich. Jeder, der die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes gelesen hat, weiß das. Denn darin geht es vor allem um dieses „dreistufige Verfahren“, in dem der Rundfunkbeitrag festgesetzt wird.

Richtig ist, dass es in diesem Verfahren an mehreren Stellen nur beschränkten Entscheidungsspielraum gibt: Die Bundesländer können von den Empfehlungen der KEF nur abweichen, wenn sie der Meinung sind, dass die Beitragszahler durch eine Erhöhung unangemessen belastet würden, und das entsprechend belegen. Darauf müssen sich alle Länder verständigen.

Für den einzelnen Abgeordneten eines Landtages entsteht daraus die tatsächlich besondere Situation, dass er nicht frei in seiner Entscheidung ist. Der Landtag von Sachsen-Anhalt musste der Erhöhung zustimmen. Insofern hat Ministerpräsident Reiner Haseloff recht, wenn er von einem „Demokratieproblem“ spricht – das schon lange besteht.

Die Programmfreiheit der Rundfunkanstalten

Das ist aber nicht das, was „Bild“-Medienredakteur Altrogge beschreibt, wenn er behauptet, die Abgeordneten dürften nur noch Ja sagen, „wenn die Öffentlich-Rechtlichen mehr Geld verlangen“.

Altrogge erweckt den Eindruck, ARD und ZDF könnten verlangen, was sie wollen, und würden nicht kontrolliert. Das ist falsch. Und natürlich hat die Politik – innerhalb von Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht früher definiert hat – einen Einfluss darauf, wie groß die Sender werden, wie viele Programme sie senden, welche Schwerpunkte sie bei ihren Inhalten setzen müssen. Die Bundesländer legen Struktur und Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Medienstaatsverträgen fest. Auch das ist ein mühsamer Prozess, der eine Einigung aller Länder voraussetzt. Vor allem aber ist es ein Prozess, der von der Beitragsfestsetzung abgekoppelt ist.

Das ist zentral: Die Festlegung dessen, was die Öffentlich-Rechtlichen tun sollen und dürfen, findet unabhängig von der Festlegung statt, wie viel Geld sie bekommen. Der Etat ergibt sich aus dem, was sie brauchen, um ihren Auftrag zu erfüllen.

Das Bundesverfassungsgericht schreibt dazu:

Der Grundsatz der Trennung zwischen der allgemeinen Rundfunkgesetzgebung und der Festsetzung des Rundfunkbeitrags soll Risiken einer mittelbaren Einflussnahme auf die Wahrnehmung des Programmauftrags ausschließen und damit die Programmfreiheit der Rundfunkanstalten sichern.

Anders gesagt: Der Staat soll nicht zum Beispiel durch die Drohung, weniger Geld zu bewilligen, ein ihm genehmes Programm erzwingen können.

Altrogges doppelter Argumentations-Rittberger

Das umständlich wirkende Verfahren soll die Freiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleisten, damit er kein Staatsfunk ist. Altrogge schafft den doppelten Argumentations-Rittberger, wenn er einerseits dieses Verfahren kritisiert, das für Staatsferne sorgen soll – weil er offenbar der Meinung ist, dass Landtage ruhig gegen eine Beitragserhöhung stimmen können, wenn ihnen das Programm nicht gefällt. Und er andererseits den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als „Staatsfunk“ bezeichnet und diffamiert.

Altrogge behauptet, das Urteil sei „ein Tiefschlag gegen die parteiübergreifend geforderten Bemühungen um überfällige Reformen eines Anstalts-Apparats, der eine groteske Vielzahl von Einzelsendern und Mehrfachstrukturen unterhält und dessen Investitionen ins Programm prozentual jedes Jahr sinken“ – aber das ist es gerade nicht. Genau diese Bemühungen können und müssen die Länder verfolgen – es ist ein von der Beitragsfestsetzung und damit auch diesem Urteil unabhängiges Verfahren.

Fast jeder Satz in Altrogges Text ist falsch. Etwa, wenn er schreibt:

Diesen Fehlentwicklungen tatenlos zuzusehen wird nun die „konkrete verfassungsrechtliche Handlungspflicht“ der Politik sein, denn nichts anderes folgt aus dem Spruch der Karlsruher Richter.

Oder wenn er sich darüber aufregt, dass das Gericht fordere,

es sei sicherzustellen, dass ARD und ZDF als „Gegengewicht“ zu „einseitigen Darstellungen“ oder „Fake News“ in „größtmöglicher Breite und Vollständigkeit“ berichten können. Denkt man an das Flutversagen des WDR und die linksideologische Schlagseite vieler Rundfunkanstalten, bleibt zu sagen: Die Verlautbarungen des Gerichts haben nichts mit der öffentlich-rechtlichen Realität zu tun.

Vielleicht versteht er es sprachlich oder logisch wirklich nicht: Die Finanzierung von ARD und ZDF soll die Sender in die Lage versetzen, die Menschen bestmöglich zu informieren. Ob und in welchem Maß sie dieses Ziel erreichen, ist eine wichtige Frage, über die man streiten muss, aber es ist eine andere Frage. Dafür gibt es zum Beispiel Aufsichtsgremien.

Altrogges Antwort auf einen WDR, der die Bevölkerung trotz guter Ausstattung nicht gut vor einer Gefahr durch Hochwasser warnt, scheint es zu sein, dem WDR deswegen Geld wegzunehmen. Das ist tatsächlich nicht die Linie des Bundesverfassungsgerichtes.

Kniefall, Armutszeugnis

In seiner Wut auf ein Verfassungsgericht, das noch an der im Grundgesetz festgeschriebenen Rundfunkfreiheit festhält, wirft Altrogge den Richtern einen „höchstrichterlichen Kniefall vor den öffentlich-rechtlichen Sendern“ vor, es sei ein „Armutszeugnis einer Justiz, die Programmrealität und den Sanierungsstau in den Anstalten (…) ausblendet“. Aber das Gericht hat über die Programmrealität und den Sanierungsstau gar nicht geurteilt.

Altrogges Kommentar gipfelt in dem Satz:

Die Verfassungsrichter haben ein gefährliches Vakuum geschaffen: den außer staatliche Kontrolle geratenen Staatsfunk.

Mal abgesehen davon, dass sie mit ihrem Urteil nichts neu geschaffen haben, stimmt auch hier wieder exakt das Gegenteil: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist kein Staatsfunk. Und er ist nicht außer staatliche Kontrolle geraten.

Poschardts Helden

In der „Welt“ kommentiert Chefredakteur Ulf Poschardt das Urteil. Überraschend scheint er es überraschend zu finden, obwohl es ganz auf der bisherigen Linie der Medienurteile des Gerichts liegt. Poschardt nennt es aber „bemerkenswert“ und „auf eine Art schauerlich“. (Auf welche Art, sagt er nicht.)

Die sachsen-anhaltinische CDU-Fraktion hingegen nennt er „heroisch“, denn sie habe den Wunsch nach einer Beitragserhöhung, nein: „nach neuen Abermillionen für einen weitgehend parteiischen, digital übergriffigen Rundfunkbetrieb“ abgelehnt. (In Wahrheit konnte die CDU-Fraktion ihr Heldentum nicht einmal beweisen, weil es zur Abstimmung gar nicht erst gekommen ist.)

Poschardt gibt sich noch weniger Mühe als Altrogge, sich überhaupt mit der juristischen Argumentation des Gerichts auseinanderzusetzen. Sein zentraler und viele Male wiederholter Punkt ist, dass ARD und ZDF links seien („dramatische ideologische Schieflage“, „Kulturkämpfer, die relativ offen ihre Agenda durchdrücken“, „ideologische, in Teilen agitatorischen Sendungen“, „Einseitigkeit“).

Weil er ARD und ZDF als fast ausschließlich linke und grüne Kampagnenorgane darstellt, ist auch eine harmlose Stellungnahme einer grünen Medienpolitikerin, die das Urteil lobt, ausschließlich vor diesem Hintergrund zu bewerten:

Dass die Grünen das Urteil begrüßen, überrascht kaum. „Das ist ein sehr guter Tag für unsere Demokratie, für die Rundfunkfreiheit und für die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, erklärte Tabea Rößner, wohl auch weil die Grünen-Nähe nun weiterhin großzügig subventioniert wird.

Das ist ein perfider letzter Halbsatz. Indirekt kann man, wenn man Poschardt folgt, aus dem Lob der Grünen Politikerin sogar fast einen Beweis für die Grünen-Schlagseite der Öffentlich-Rechtlichen herauslesen.

Völlig unerklärt steht ein bedeutungsschwangerer Satz über das Urteil in Poschardts Kommentar herum: „Es zeigt auch, wie sich in der Gewaltenteilung Dinge neu sortieren.“ Was bedeutet das? Wie sortieren sie sich? Nach links-grün? Nach einem Ende der Gewaltenteilung? Ich weiß es wirklich nicht.

Es ist nur eine weitere bedeutungsschwangere Andeutung in dem großen Raunen von einem freiheitlichen Rechtsstaat, der langsam aufhöre zu existieren. In dem die Justiz vielleicht nicht mehr ganz unabhängig ist. In dem es keine Instanzen gibt, auf die man sich als anständiger Bürger und als freie Presse noch verlassen kann. Sowohl Poschardt als auch sein „Bild“-Kollege Julian Reichelt verbreiten gerade mehr oder weniger verbrämt eine Erzählung, die man sonst von „Querdenkern“ und AfD-Leuten hört.

42 Kommentare

  1. Mein erster Gedanke beim Lesen der BILD-Überschrift war, dass ein Kniefall dort wohl etwas schlechtes sein soll. Später wird das auch mit einem Armurszeugnis verglichen. Ich weiß ja nicht, wie es anderen Altersklassen geht, aber ich (Ende 20) kenne den Kniefall von Warschau und aktueller vielleicht noch die Geste von US-Football-Spieler Kaepernick. Beides Ereignisse, die Springer als konservativbraunem Verlag nicht passen. Von daher sehe ich das auch als Versuch, das Wort Kniefall negativ („beschädigt Demokratie“) zu besetzen und damit indirekt auch die anderen Ereignisse abzuwerten.

    Vielleicht lese ich da auch zu viel hinein. Es gibt ja offensichtlich genug zu kritisieren.

  2. On Point!
    Um die Fähigkeit, Diskussionen darzustellen, Trugschlüsse bloßzulegen, Absichten zu veranschaulichen, Sachverhalte (neu) zu sortieren oder aber auch ganz allgemein um diejenige, die Dinge vom Kopf zurück auf die Füße zu stellen, beneide ich Sie.
    Und auch dafür, dass Sie dabei mit kürzeren und prägnanteren Sätzen auskommen als ich in diesem Kommentar.

  3. Man kann sich trefflich darüber streiten (eigentlich aber auch nicht), ob die besagten 86 Cent jetzt wirklich den Kohl fett machen bei ARD / ZDF und Deutschlandradio. In Wirklichkeit fließen den Anstalten natürlich so ca. € 500 Millionen dadurch zu. Pro Jahr. Die fließen allerdings nur rudimentär ins Programm. Eher in „andere Verpflichtungen“.

    Worüber ich mir aber eine Debatte wünschen würde, ist die Begründung des BVerfG in der Sache. Auch für Nichtjuristen – und das BVerfG ist in seinem Selbstverständnis eine Einrichtung für den Bürger der „sein Recht sucht“ – deshalb kostet ein Verfahren ja auch nix- ist ziemlich klar der Entscheidung zu entnehmen, dass ein Land NICHT gegen die Beitragsermittlung der KEF stimmen DARF. Aha.

    Das BVerfG begründet das mit dem dreistufigen Verfahren an sich. Stufe 1: Wir hätten gern mehr. In Stufe 2 kommt dann die KEF ins Spiel. Anmerkung: wer hier an die Unabhängigkeit der KEF glaubt hat keine Vorstellung von Lobbyarbeit (zum Beispiel von der Produzentenallianz..). Die KEF „stellt dann den Bedarf fest“ – in diesem Fall 86 Cent. Stufe 3: ALLE Länder müssen zustimmen – sonst gilt es nicht. Das war das Verfahren bis zum heutigen Tage.. Und jetzt kommt das BVerfG und erinnert an einen alten Stammtischwitz: § 1: Der Chef hat Recht. § 2: Wenn der Chef mal nicht Recht hat, tritt § 1 in Kraft. Die Autonomie der einzelnen Bundesländer im Abstimmungsprozess ist also seit heute Geschichte.

    Das BVerfG ist immer die letzte Instanz. Over and End. Ob sich dieses Land damit in einer guten Verfassung befindet, stelle ich einmal höflichst in Frage.

    In der zynischen Konsequenz dieses Beschlusses bedeutet jede Beitragsfeststellung der KEF eine AUTOMATISCHE Erhöhung. Denn – in strenger Auslegung des Beschlusses – DARF ein Land (oder alle) ja nicht DAGEGEN stimmen – weil sonst die Rundfunkfreiheit gefährdet ist. Das bedeutet auch, dass wirtschaftliches Handeln der Sender obsolet wird…oder?

  4. @Erwinzk (#1)

    „Beides Ereignisse, die Springer als konservativbraunem Verlag nicht passen. Von daher sehe ich das auch als Versuch, das Wort Kniefall negativ („beschädigt Demokratie“) zu besetzen und damit indirekt auch die anderen Ereignisse abzuwerten.“

    Naja, da deuten Sie zuviel hinein. Ein Kniefall ist buchstäblich seit Jahrtausenden eine Geste der Demut bzw. der Unterwerfung unter Götter und Herrschende. Hier dient er als Metapher für: Das BVerfG unterwerfe sich den Interessen der Öffentlich-Rechtlichen.

    Das ist inhaltlich Quatsch (ich stimme Herrn Niggemeier voll zu), aber sprachlich neu besetzt wird da gar nichts. Auch der Gegensatz Kniefall vs. Demokratie ist gängige Metaphorik (ursprünglich aus der progressiven Ecke): Der Untertan mag vor dem Fürsten knien, der selbstbewusste Bürger übt den aufrechten Gang (und kniet niemals).

    Brandts Kniefall war gerade deshalb so eindrucksvoll, weil er sich damit als Repräsentant Deutschlands den polnischen Opfern untergeordnet hat. Der Volk der Herrenmenschen geht in Demut zu Boden – eine Umkehrung der Hierarchie aus der NS-Zeit (Deutschnationale und Altnazis hätten ihn dafür am Liebsten gelyncht).

    Bei Kapernick liegt die Sache anders: Er kniete zur Hymne, bei der alle zu stehen haben – also war sein Niederknien eigentlich ein umgekehrtes Aufbegehren. Das war aber kontextabhängig und macht den Kniefall an sich nicht zu einer stolzen Geste.

  5. #3

    „wer hier an die Unabhängigkeit der KEF glaubt hat keine Vorstellung von Lobbyarbeit“

    1) Sämtliche Mitglieder der KEF werden von den Landesregierungen berufen.

    2) Lobbyeinflüsse gibt es übrigens auch in jedem Parlament – möchten Sie deswegen den Abgeordneten die Kompetenzen beschneiden?

  6. „… welcher Schwerpunkt sie bei ihren Inhalten setzen müssen.“

    Ich vermute mal „welcheN Schwerpunkt“ ist gemeint, aber noch besser wäre, imho! „welchE SchwerpunktE“

  7. @Nonotmi Nohnamy: Das Bundesverfassungsgericht hat das in seinem Rundfunkurteil 2007 schon so entschieden. In der Zusammenfassung von Wikipedia:

    Länder dürfen nicht aus medienpolitischen Gründen von KEF-Gebührenempfehlung abweichen. Diese Möglichkeit steht ihnen nur offen, „wenn die Gebührenzahler durch die Höhe der Gebühr unangemessen belastet [werden]“ oder die Höhe der Gebühren „[den Zahlern] den Informationszugang [versperrt]“.

    Das kann man immer noch falsch oder problematisch finden, aber neu ist es nicht. (Auch deshalb ist die Aufregung über das völlig erwartbare Urteil so irre.)

  8. @Stefan Niggemeier: Jetzt ist es „welchee“.

    Ich finde es übrigens sehr gut, dass der Artikel nicht exklusiv für Abonnenten ist; zusätzlich zu der Kritik an den Texten der Springer-Redakteure dient er auch sehr gut dazu, Leuten das Argument näher zu bringen, dass es wichtig ist, Entscheidungen über Inhalt und Entscheidungen über Finanzierungsanpassungen von einander zu trennen.

  9. Mit der Kritik, Parlamente könnten nun nichts an einer nicht-genehmen politischen Ausrichtung ändern, bestätigen beide Kommentare ironischerweise die Argumentationslinie des Gerichts. Zum Schutz vor politischer Einflussnahme werden in der Finanzierungsfrage die Hände der Parlamente gebunden.

    Was mich interessieren würde: wie steht es um die Grundsatzfrage, wo der Schwerpunkt des ÖRR liegen sollte und wie dessen Umfang ist?

    Können Parlamente darauf Einfluss nehmen? Ich hätte nichts gegen mehr kritische Berichterstattung wie z.B. politische Magazine dafür viel weniger Entertainment und Sport.

    Insbesondere was Unterhaltung angeht könnte ich mir vorstellen, dass das Verfassungsgericht da der Legislative mehr Spielraum geben dürfte.

    PS: Noch ein kleiner Tippfehler „welchee“ mit Doppel-E.

  10. „Aber die Art, wie die Axel-Springer-Medien dieses Urteil kritisieren, ist nicht legitim. Es ist eine maßlose, faktenverdrehende Wutbürgerei, die so wild um sich schlägt, dass es wirkt, als würde man die Zerstörung einiger zentraler Instanzen der Bundesrepublik nicht nur in Kauf nehmen, sondern sogar anstreben.“

    sorry, aber genau das ist deren bestreben. wie sich ja auch zeigte bei der „berichterstattung“ hinsichtlich der demonstrationsverbote in berlin.

    auch nur anzunehmen, die springerpresse hätte irgendwie demokratie als ideal, ignoriert die jahre von 1960 bis heute. es geht nur ums geld, nur um auflage. da beides schwindet, schlage die immer wild um sich…

  11. @Nonotmi Nohnamy

    „Eher in „andere Verpflichtungen“.“

    1. z.b. lohnerhöhungen seit 2009?

    2. ignorieren Sie, dass es bei solchen urteilen um die verhältnismässigkeit geht. 0,86€ seit 2009 sind verhältnismässig. den bedarf fest zu stellen, ist aufgabe der KEF. hätten die gesagt 3€, wäre es wohl kassiert worden.

    3. daran anschließend: das bundesverfassungsgericht hat als ein grund der verfassungswidrigkeit genannt, dass es kein(erlei) begründung gab für die verweigerung. und das ist ein klassiker: die rechten sagen einfach: wir wollen das nicht. eine begründung brachten die nicht. oh, doch, nachträglich: man wolle mehr repräsentanz der ostdeutschen themen. lustig: aber dann dafür das geld verweigern…

    alles nur irre…

  12. „Das BVerfG ist immer die letzte Instanz. Over and End. Ob sich dieses Land damit in einer guten Verfassung befindet, stelle ich einmal höflichst in Frage.“

    sicher: ein volksgerichtshof würde besser urteilen…

    aber, hauptsache „höflichst „!

  13. „In der zynischen Konsequenz dieses Beschlusses bedeutet jede Beitragsfeststellung der KEF eine AUTOMATISCHE Erhöhung. Denn – in strenger Auslegung des Beschlusses – DARF ein Land (oder alle) ja nicht DAGEGEN stimmen – weil sonst die Rundfunkfreiheit gefährdet ist. Das bedeutet auch, dass wirtschaftliches Handeln der Sender obsolet wird…oder?“

    eben nicht:

    1. die erhöhung muss angemessen bzw. verhältnismäßig sein

    2. die einwände müssen begründet sein

    und nun schauen Sie mal auf die aktuelle situation!

  14. Es gehe der Springer-Presse nur ums Geld, steht in Kommentar #11. Dem stimme ich zu. Aber auch ARD, ZDF und Deutschlandradio ging es ums Geld, als sie vor das Bundesverfassungsgericht zogen. Und ich erinnere an die Übermedien-Aktion, mehr als 7.000 Abonnenten zu gewinnen. Auch da ging es ums Geld, denn neue Mitglieder in der Redaktion müssen bezahlt werden.

  15. „Brandts Kniefall war gerade deshalb so eindrucksvoll, weil er sich damit als Repräsentant Deutschlands den polnischen Opfern untergeordnet hat.“

    1. es war ein kniefall vor den opfern des warschauer ghettos. also vor den jüdischen opfern. wäre nicht verwunderlich, wenn brandt heutzutage von polnischer seite angeklagt würde, die polen zu tätern und nicht nur zu opfen zu erklären. nun: natürlich gab es auf polnischer seite täter. und viele, die geholfen haben…hmm, was denn nun: hat brandt polnischen oder jüdischen opfern um verzeihung gebeten?

    „Bei Kapernick liegt die Sache anders: Er kniete zur Hymne, bei der alle zu stehen haben – also war sein Niederknien eigentlich ein umgekehrtes Aufbegehren. Das war aber kontextabhängig und macht den Kniefall an sich nicht zu einer stolzen Geste.“

    2. aha. das aufstehen, nee, das niederknien mit aufgestreckter black power faust, ist also keine stolze geste und keine erinnerung an die opfer und kein protest gegen das herrschende denken und fühlen von rechts, von weiß, von herrenrasse?

    eine nähere erklärung hinsichtlich des unterschiedes würden mich erfreuen, da ich ja immer dazulernen will…

  16. „Ich vermute mal „welcheN Schwerpunkt“ ist gemeint, aber noch besser wäre, imho! „welchE SchwerpunktE““

    na, geiler inhaltlicher beitrag. weiter so!11elf!

  17. „…dass es wirkt, als würde man die Zerstörung einiger zentraler Instanzen der Bundesrepublik nicht nur in Kauf nehmen, sondern sogar anstreben.“..
    Ich unterstelle: es ist Ihnen egal. Qua Medienmacht gelingt es ihnen im Mantel der Pressfreiheit sich als letzte Instanz über Recht und Unrecht aufzuschwingen, und zwar dauerhaft. Und an den Karren fahren kann ihnen keiner – außer der Leser über die Leserzahlen. Das ist ihre Metrik journalistischer Wahrheit. „Bild“ dir Deine Meinung – dieser Slogan trifft es – in voller Perfidität.
    Und bei der Welt eben für jene besseren Kreise.

  18. „…dass es wirkt, als würde man die Zerstörung einiger zentraler Instanzen der Bundesrepublik nicht nur in Kauf nehmen, sondern sogar anstreben.“
    Springer betreibt massiv Wahlkampf. Einen Wahlkampf der Schlammschlachten, der Lügen und Manipulationen. Deshalb muss Springer das Narrativ pflegen, der ÖRR sei „linksgrün“ dominiert und mache arbeite für den ausgemachten politischen Feind.
    Maxime:
    Alle sind ja letztlich unredlich und korrupt, also müssen wir das, schon aus Notwehr, auch sein.

    Die Post-Merkel Union darf sich, fast schon überraschend, über Wahlkampfhilfen freuen ( mit ihr wäre das mittlerweile ja schon undenkbar ).
    Es ist aber diese „haltet den Dieb“ Variation, bei der ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich geglaubt, oder nur vorgeschoben wird.

  19. #7 @stefan Niggemeier: das wusste ich wirklich nicht mit 2007. Danke für den Hinweis. Das beleuchtet das Verhalten von Sachsen-Anhalt ein wenig anders. Der Beschluss bleibt meiner Ansicht nach aber problematisch (inklusive 2007 :-), denn seine „Stimme“ ist das Einzige was ein(e) Abgeordnete( r) hat. Mal sehen welche Auswirkungen der aktuelle Beschluss noch hat.

  20. @3: „Das BVerfG ist immer die letzte Instanz“ – jein. Die Legislative hat ja durchaus die Möglichkeit, Gesetze zu erlassen bzw. zu ändern. Das Verfassungsgericht so dazustellen, als würde es allein über die Gesetze des Landes entscheiden, ist falsch.

  21. #20: Hm. Das ist ja – bei aller Freude an Haarspalterei – auch wieder nicht so ganz korrekt – im Hinblick auf den Begriff „Instanz“. Das BVerfG, bzw. Beschwerden an dieses, unterliegen dem Subsidiaritätsprinzip. D.h., dass sämtliche Rechtszuüge (bei den Fachgerichten) und mögliche Rechtsmittel ausgeschöpft sein müssen. Sonst ist die Beschwerde unzulässig, und wird erst gar nicht angenommen. Insofern ist es schon die letzte Instanz was aktuelles Recht betrifft – und zwar in Fragen der Verfassungskonformität. Dann gibt es noch den BGH. Da ist dann wirklich Schluss – und der überprüft ausschließlich auf Rechtsfehler – nicht die Urteile an sich. Aber Sie spalten das Haar insofern richtig, indem Sie die Legislative anführen. Die kann – und das ist auch ihre Aufgabe – Gesetze ändern und erlassen, muss aber aufpassen, dass BVerfG und BGH da nicht irgendwann reingrätschen (können). Siehe aktueller Beschluss zum Klimaschutz… Insofern: irgendwo doch schon alles ziemlich final bei BeVerfG und BGH. Oder? :-)

  22. @ das ich (#15):

    „1. es war ein kniefall vor den opfern des warschauer ghettos. also vor den jüdischen opfern.“

    Stimmt, sorry. Ich dachte es war das Mahnmal für den Warschauer Aufstand, aber es ging um das Ghetto. Mein Fehler. Thema war aber die Symbolik des Kniefalls – und die bleibt.

    „2. aha. das aufstehen, nee, das niederknien mit aufgestreckter black power faust, ist also keine stolze geste…“

    Lesen Sie bitte noch mal, was ich geschrieben haben. Ich unterscheide hier zwischen Kapernicks Kniefall im Speziellen und dem „Kniefall an sich“ im Allgemeinen.

  23. @#20 und #21: Hä? Steh ich auf dem Schlauch oder reden Sie beide über Gewaltenteilung? Dazu eine kleine Auffrischung/Klarstellung: Ja, das Bundesverfassungsgericht ist die höchste (=maximal hohe=nix ist mehr drüber) Instanz der Judikative. Der Bundestag ist die höchste (Definition siehe oben) Instanz der Legislative. Die Bundesregierung ist die höchste (Sie haben’s kapiert) Instanz der Exekutive.

    Das Zusammenwirken und die je nach Einzelfall durchaus erheblichen Details zu erklären, würde jetzt etwas ausufern. Das Prinzip aber ist die gegenseitige Kontrolle. Daher ist es maximal kurzsichtig, auf das Fehlen einer der höchsten Instanz übergeordneten Instanz der Judikative zu verweisen.

  24. @das ich: Sie hatten einen echten Lauf mit #11-#15. Und hätten Sie den letzten Beitrag (#16) weggelassen, hätte ich Ihnen weitgehend inhaltich zugestimmt.
    Aber mit dem Ding….

    „‚Ich vermute mal ‚welcheN Schwerpunkt‘ ist gemeint, aber noch besser wäre, imho! ‚welchE SchwerpunktE‘

    na, geiler inhaltlicher beitrag. weiter so!11elf!“

    … haben Sie den Schnitt arg nach unten gedrückt. Oder in Ihrem Worten: „na, geiler inhaltlicher beitrag. weiter so!11elf!“

  25. @20, Nonotmi Nohnamy

    Der Beschluss bleibt meiner Ansicht nach aber problematisch (inklusive 2007 :-), denn seine „Stimme“ ist das Einzige was ein(e) Abgeordnete( r) hat.

    Wenn ich es richtig verstehe, dann spielt das in so fern keine Rolle, weil eben Abgeordnete nicht über die Öffis entscheiden sollen, damit diese Unabhängig von den Abgeordneten (also der Politik) sein können.
    In so fern sehe ich kein Problem darin, dass deren Stimme als einziges Mittel hier keinen Wert hat. Weil das so erstrebt wird.

  26. Das Urteil ist ergangen, wie es ergangen ist, weil das BVerfG weiterhin sicherstellen will, dass der ÖRR gerade *kein* Staatsfunk ist. Schon 1994 schrieb das BVerfG: Entscheidungen über den Beitrag dürfen „nicht zu Zwecken der Programmlenkung oder der Medienpolitik eingesetzt werden“. Das ist einer der zentralen Unterschiede zwischen Staatsfunk und ÖRR nach dem dt. Modell.

    Die Landtage müssen zwar nicht ungeprüft übernehmen, was die KEF vorgibt. Sie können und müssen durchaus bedenken, ob der ermittelte Finanzbedarf plausibel („Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“) ist , und ob die Höhe des Beitrags noch verhältnismäßig ist („Interessen der Gebührenzahler“). Wie das BVerfG schon 1994 feststellte: Die Länder können von der Bedarfsfeststellung der KEF abweichen, aber nicht, um programmliche und medienpolitische Zwecke zu verfolgen, denn dies wäre gegen die Rundfunkfreiheit (BVerfGE 90, 60, 103 f.).

    Die Rundfunkanstalten dürfen eben nicht durch Mittelentzug/Verweigerung der Finanzierung dafür bestraft werden, dass ihre Berichterstattung der regierenden Landes-CDU zu „grün“ oder zu „links“ ist, oder das Land aus Sicht des Landtags nicht gut genug in der Darstellung wegkommt. Der Staat darf dem ÖRR nicht die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Mittel gewähren oder nicht gewähren, weil oder damit eine bestimmte politische Linie in den Sendungen vertreten oder nicht vertreten wird.

    Dass die Landtage nicht völlig frei in ihrer Entscheidung sind, ist kein Verstoß gegen die Gewaltenteilung, sondern Konsequenz der Rechtsstaatlichkeit, nach der eben auch ein Parlament nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Vorgaben agieren darf.

  27. #27. Ich glaube Ihr Statement ist „nah dran“… :-) Natürlich ist der ÖRR kein „Staatsfunk“ – aber sowohl die Zusammensetzung des ZDF Fernsehrates, als auch Zusammensetzung der einzelnen Rundfunkräte der ARD lässt Spielraum bei der Defintion „Staatsnähe“. Und ohne beide Gremien geht bei ARD und ZDF so gut wie nichts. Erst recht nicht im Programm – denn ab einer gewissen Produktionssumme muss zum Beispiel bei der ARD der Rundfunkrat das Budget freizeichnen. Und das ist keine reine Formsache. Aber ich möchte nicht abschweifen. Ich denke, dass Sie ziemlich korrekt den Gedanken des Rundfunkurteils von 2007 wiedergegeben haben. So – wie Sie es schreiben – liest es sich auch schlüssig. Ich glaube aber, dass das BVerfG mit seiner aktuellen Begründung über das Ziel hinausgeschossen ist. Denn es unterstellt, dass eine Einigkeit der Länder möglich sein muss. An der aktuellen Pandemie sehen wir wie es wirklich bestellt ist. Durch die aktuelle Begründung des BVerfG ist es denkbar – bzw. nicht mehr denkbar – dass ein Landtag eben berechtigte Zweifel an der „Angemessenheit“, etc. hat. Er hat sich seit gestern aber zu beugen. Muss also gegen seine Überzeugung stimmen. Und das geht nicht. In my opinion. Auch wird in dieser Debatte vergessen, dass das BVerfG dem ÖRR ziemlich indirekt die Deutungshoheit über das aktuelle Tagesgeschehen zuspricht. Das wäre auch einmal zu hinterfragen. Ich bin fern davon zu behaupten, dass der ÖRR „lügt“ – bestimmt nicht – aber aus der Gatekeeper Forschung wissen wir, dass es eben auch nicht jeder Inhalt in die Tagesschau oder heute schafft. etc, etc. Und jetzt mal ganz ketzerisch. Warum muss die Rundfunkfreiheit eigentlich vom Bürger finanziert werden? Wir haben ja auch eine sehr gut funktionierende Pressefreiheit – und die finanziert sich ganz gut selbst. Und es ist für jeden etwas dabei. Warum soll ich als Bürger also dafür bezahlen, dass mir ARD und ZDF erzählen was ihrer Meinung nach „Sache“ ist?

  28. Eigentlich wäre es egal; wenn 15 von 16 Bundesländer zustimmen, ist es demokratisch, das zu tun, egal, ob das 16. dagegen oder ungültig gestimmt hat.
    Wenn die Bundesländer bzw. die Landtagsabgeordneten eh nicht dagegen stimmen dürfen, könnte man sich die Arbeit sparen.

    Aber wenn die einfach gesagt hätten, 83 ct sind zu viel, 75 ct sollten reichen, hätte dann das BVerfG die Taschenrechner gezückt und nachgerechnet, oder hätten die gesagt: „Klage abgelehnt, macht das unter Euch aus“?

  29. #29 Ich glaube Sie liegen mit Ihrer letzten Frage richtig. Denn das BVerfG hat ja durchaus betont, dass ein Land einen Beitrag der KEF ablehen kann weil er „unangemessen“ ist. Herr Haseloff und seine Truppe ist aber in die Falle von 2007 gelaufen. Er hat ne andere Begründung angeführt – die 86 ct waren schon okay – und dann verstößt man halt gegen geltendes Recht. Und trotzdem haben Sie recht – und der Beschluss ist deswegen auch brisant. Ein, oder zwei Länder könnten ja demnächst plausibel argumentieren, dass die nächsten sagen wir mal 1,01 € „nicht angemessen“ sind. Da sagte das BVerfG einigt Euch – bis gestern. In strenger Auslegung des Beschlusses scheren die aber aus – und gefährden die Rundfunkfreiheit weil sie den KEF Beitrag ablehnen – und der ist seit gestern halt in Stein gemeißelt. Und an der KEF Festlegung sind die Länder nicht beteiligt… und deshalb war das gestern ein Schluck zuviel aus der Pulle…

  30. An #30: Das BVerfG schreibt ja in der nun entschiedenen Sache: „Es fehlt zudem an einer nachprüfbaren und verfassungsrechtlich tragfähigen Begründung, um von der Feststellung der KEF abweichen zu können“. Den ganzen anderen Zinnober zum einheitlichen Vorgehen der Länder hätte es gar nicht veranstalten müssen (sollen?), um die Entscheidung zu treffen, wie sie getroffen wurde. Sachsen-Anhalt lehnt die Beitragserhöhung aus programmlichen und medienpolitischen Gründen ab. Das dass das nicht rechtens ist, ist im Lichte der bisherigen Rechtsprechung nun wahrlich keine Überraschung.

    Ich würde auch nicht sagen, dass Haseloff und Kollegen in eine Falle gelaufen sind. Das BVerfG hat 1994 und 2007 keine Fallen aufgestellt, in die es die Länder locken will, sondern deutlich sichtbare Absperrungen um ein Loch aufgestellt, damit niemand reinfällt. Diese Absperrungen und das Loch haben die Landesregierung und die Fraktion gesehen, und sie haben die Absperrung voller Absicht übersprungen. Sie haben bewusst und gewollt gegen die Rechtsprechung des BVerfG agiert, um daraus politisches Kapital zu schlagen.

  31. #31: Okay – das lasse ich gelten :-) Besonders gfällt mit das Bild mit dem Loch und der Absperrung. Das stimmt. Meine „Falle“ war falsch gewählt. Let’s call it a day for this time :-)

  32. Und was mich am meisten ankotzt (entschuldige, Stefan), dass diese Menschen sich selbst für die Retter der freien Presse wenigstens, eigentlich der Menschheit, und unantastbare Heroen halten. Können die morgens in den Spiel schauen? Warum glauben so viele Menschen (einfache/schnelle) Lügen? Weil die Wahrheit immer kompliziert ist, insbesondere im politischen Kompromiss für jeden eine zu schluckende Kröte enthalten ist, der Rechtsweg immer länger dauert, als das Standgericht. 🤮

  33. #28

    „Wir haben ja auch eine sehr gut funktionierende Pressefreiheit – und die finanziert sich ganz gut selbst.“

    Es wäre doch naheliegender, auf das Angebot des kommerziellen Fernsehens hinzuweisen, das Ihre Wünsche voll erfüllt.

    Meine allerdings nicht.Und ich habe die Vermutung, dass ich da nicht ganz alleine bin.

  34. #34 : Ehrlich gesagt verbitte ich mir deratige unqualifizierte persönliche Unterstellungen, für die Sie nicht den geringsten Beleg haben. Aber man muss auch generell in der Lage den Inhalt eines Post zu verstehen, um eine Kritik an der grundsätzlichen Finanzierung eines ÖRR richtig einordnen zu können. Es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass eine andere Finanzierung der ÖRR auch zu einem „anderen“ Inhalt führte.

  35. @24: Ja, klar geht’s da um Gewaltenteilung. Das war zumindest mein Argument – zu suggerieren, das Verfassungsgericht entscheidet und dann sei nichts mehr zu machen und was die Parlamente wollen, sei egal, denn es sei dann ja eh „over and out“, fand ich eben aufgrund der Gewaltenteilung eine verkürzte Perspektive.

  36. Das ist jetzt vielleicht Krümelkackerei, aber ist es nicht ein Paradox, wenn man in einem seit 40 Jahren fast ununterbrochen christlich-konservativ reagierten Land den „Staatsfunk“ als links-grün(-versifft) bezeichnet? Wäre nicht Oppositionsfunk angemessener?

  37. @36: Im Rechtsstaat gibt es keine absolute Gewaltenteilung, bei der das Parlament beschließen und durchsetzen kann, was immer es will. Das Parlament muss sich (wie die Verwaltung, wie die einzelnen Bürger) an das Recht, insbesondere das Verfassungsrecht, halten. Mit der entsprechenden Mehrheit und im entsprechenden Verfahren kann es, wenn es mit der vom (Verfassungs-) Gericht „erkannten“ Rechtslage nicht einverstanden ist, das Recht ändern – wenn es „sein“ Recht ist; bis dahin muss es sich an das halten, was die Judikative „für Recht erkennt“.
    Hier kommt hinzu, dass ein Parlament eines Landes nicht Bundesrecht (hier: Bundesverfassungsrecht) ändern kann. Auch das ist ein Aspekt der Gewaltenteilung, der sog. „vertikalen“ Gewaltenteilung in Mehrebenensystemen wie dem Föderalismus des Grundgesetzes. Wenn also ein Landtag sehenden Auges gegen vom BVerfG als Bundesverfassungsrecht erkannte Grundsätze verstößt (etwa gegen das Verbot, aus medienpolitischen Gründen den ÖRR nicht bedarfsgerecht zu finanzieren), handelt er aus Gewaltenteilungs- wie Rechtsstaatssicht, nun, angreifbar.

    Unterm Strich ist das vielleicht alles wirklich ein wenig zu komplex für einen Kommentar in der Bild (und vielleicht auch in der Welt).

  38. @25

    was für ein subtanziell belangloser beitrag. hätten Sie ja schreiben können, was Ihnen daran nicht gefiel. ist zuviel verlangt?

  39. @23

    „Lesen Sie bitte noch mal, was ich geschrieben haben. Ich unterscheide hier zwischen Kapernicks Kniefall im Speziellen und dem „Kniefall an sich“ im Allgemeinen.“

    kapiere ich nicht. das eine ist gut, das andere nicht?

    für mich ist der kniefall von brandt das wichtigste symbol nach dem 2. weltkrieg.

    aber der kniefall von sportlern ist nicht weniger wichtig. warum?weil es darum geht, was massenkompatibel ist. brandt war schlicht eine ausnahme…

  40. #36: „Ja, klar geht’s da um Gewaltenteilung. Das war zumindest mein Argument – zu suggerieren, das Verfassungsgericht entscheidet und dann sei nichts mehr zu machen und was die Parlamente wollen, sei egal, denn es sei dann ja eh „over and out“, fand ich eben aufgrund der Gewaltenteilung eine verkürzte Perspektive.“

    Ah ok. Da habe ich Ihre Antwort auf #20 falsch verstanden. Dann haben wir ja beide in die gleiche Richtung argumentiert.

    #39: „was für ein subtanziell belangloser beitrag. hätten Sie ja schreiben können, was Ihnen daran nicht gefiel. ist zuviel verlangt?“

    Sorry, ich bezog mich auf Beitrag #17, nicht #16. Da hat sich der Kommentar von Florian Blechschmied (jetzt #15) dazwischengemogelt.

    Aber der Vollständigkeit halber hier die ausführlich Erläuterung: Ihre Antwort auf die grammatikalische Korrektur von #6: Thomas Elsner reißt genau die Leine, die Sie selbst aufspannen: Ohne inhaltich irgend etwas beizutragen, ziehen Sie über den Korrekturvorschlag her („na, geiler inhaltlicher beitrag. weiter so!11elf!““). Der Ton muss erstens nicht sein wie ich finde, und zweitens steht man halt auf dünnem Eis, wenn man mangelnde inhaltliche Tiefe bemängelt und selbst nur Sarkasmus einbringt.

  41. @40
    Ich glaube nicht, dass KK in einem seiner Kommentare beabsichtigte, Kniefälle persönlich als „gut“ oder „schlecht“ zu beurteilen. Vielmehr weist er auf die Geschichte der Symbolik des Kniefalls hin und die ebenso alte Interpretation als Geste der Unterordnung. Dass sie zuletzt vermehrt als Ausdruck des Aufbegehrens verwendet wird, negiert ja nicht ihre kulturelle Geschichte. Ob diese neuere Bedeutung die vorherige (vollständig) ablösen kann, wird sich zeigen. Aber #4 war ja auch eine Entgegnung auf #1 und die darin geäußerte Vermutung, Springer versuche Kniefälle allgemein abzuwerten. Der Hinweis war also, runtergebrochen: Das müssen sie gar nicht, sie beziehen sich lediglich auf den etablierten sprachlichen Deutungsrahmen. Dass dieser erweitert wurde um die angeführten und im Thread aufgegriffenen Beispiele, wird soweit ich das verstehe nicht bestritten. Um diese einzuordnen muss der Kontext/Absicht berücksichtigt werden. Mehr wollte KK nicht, aber korriguert mich gerne, falls ich etwas missverstanden haben sollte.

Einen Kommentar schreiben

Mit dem Absenden stimmen Sie zu, dass Ihre Angaben gemäß unseren Datenschutzhinweisen gespeichert werden. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.