Freiwillige Selbstkontrolle

Deutscher Presserat wirbt mit seiner Zahnlosigkeit

Alles so schön unbedrohlich hier! Animation: Übermedien

Der Deutsche Presserat will in mittelferner Zukunft wieder veröffentlichen, welche Medien ihren Leserinnen und Lesern verschweigen, dass sie für einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Pressekodex von ihm gerügt wurden. Im nächsten Jahr soll damit begonnen werden, im Jahresbericht eine entsprechende Auflistung zu publizieren. Das hat der Trägerverein des Gremiums beschlossen, in dem Vertreter von Journalisten- und Verlegerverbänden sitzen.

Eine solche Übersicht hatte es bis 2012 schon gegeben – ein bisschen versteckt hinten im gedruckten Jahrbuch des Presserates. Aber seit das nicht mehr erscheint, gibt es auch keine öffentliche Übersicht der säumigen Medien mehr.

Die Rüge ist die schärfste Waffe des Presserates. Die meisten großen Verlage haben sich verpflichtet, sie in ihren Medien abzudrucken. Das sieht der Pressekodex auch so vor. Doch tun sie es nicht, hat das keine Konsequenzen. Der Presserat ist ein Selbstkontroll-Gremium ohne Sanktionsmöglichkeiten.

Neuer Medienstaatsvertrag

Das ist nicht neu. Die fehlende Bissfähigkeit oder -willigkeit des Presserates ist legendär, aber das Thema ist am 7. November 2020 ein bisschen brisanter geworden. Da trat der neue Medienstaatsvertrag in Kraft, der vorsieht, dass die Landesmedienanstalten darüber wachen, ob redaktionell und professionell betriebene Internetseiten („Telemedien“) journalistische Mindeststandards einhalten. Die Landesmedienanstalten sind – theoretisch – staatsfern organisiert, haben aber deutlich mehr Sanktionsmöglichkeiten als der Presserat. Außerdem können sie auch eigenständig tätig werden; der Presserat reagiert in aller Regel nur auf Beschwerden.

Der neue Medienstaatsvertrag schließt eine Regelungslücke für Online-Medien. Er bietet den betroffenen Angeboten aber auch einen Ausweg aus der neuen, vergleichsweise strengen Aufsicht: Wenn sie sich einem anerkannten Gremium der Freiwilligen Selbstkontrolle für journalistische Inhalte anschließen.

Das einzige bisher anerkannte Gremium dieser Art ist der Presserat. Über ihre Mitgliedschaft in den Verlegerverbänden BDZV (Zeitungen) und VDZ (Zeitschriften) sind die Print- und Online-Medien der meisten Verlage abgedeckt. Ein unabhängiges redaktionelles Angebot kann sich aber auch freiwillig dem Presserat unterstellen. Das kostet, je nach Besucherzahlen, zwischen 100 und 10.000 Euro im Jahr.

Kommt zu uns! Wir tun nichts!

Der Presserat wirbt offensiv auf seiner Seite für die Vorteile, die es hat, sich von ihm kontrollieren zu lassen statt von den Landesmedienanstalten: „Eingriffsmöglichkeiten“ wie die Untersagung und Sperrung von Texten fielen dann weg (siehe Kasten).

Dadurch ergibt sich die Situation, dass der Presserat wirkt wie ein Gremium, das nicht nur die Verlagsmedien besonders lasch kontrolliert, sondern auch anderen gegen Geld die Möglichkeit einer solchen Vorzugsbehandlung bietet. Man setzt sich zwar des Risikos aus, eine Rüge zu bekommen und sie veröffentlichen zu müssen, aber wenn man sie nicht veröffentlicht, passiert erwiesenermaßen nichts. Wie praktisch.

Vor einer Woche wurde bekannt, dass die Landesmedienanstalten mehreren Internetseiten eine Art Mahnschreiben geschickt haben. Bekannt wurden konkret drei: Ken FM, der AfD-nahe „Deutschland Kurier“ und die extrem rechte Jugendseite Flinkfeed. Könnten die sich nicht besser dem Presserat anschließen? Roman Portack, der Geschäftsführer des Presserats, sagt, dass der Presserat im Einzelfall die Aufnahme von neuen Medien prüfe – und bei den drei genannten fielen ihm im Zweifelsfall Gründe ein, die dagegen sprächen.

„Die Landesmedienanstalten gehen gegen Desinformation vor“, sagte er. Unter den vom Presserat beaufsichtigten Medien hingegen gebe es keine, „die den ganzen Tag Desinformation verbreiten“. Die Privilegierung der Presse bei der Regulierung von Inhalten sei verfassungsrechtlich gewollt.

Ein „Kollegengremium“

Der Presserat hat keine echten Sanktionsmöglichkeiten; er hätte allerdings eine Waffe, von der er beinahe systematisch keinen Gebrauch macht: die Öffentlichkeit. Das Publikum. Genau die Menschen, für die er sich theoretisch die ganze Arbeit macht.

Wenn er die Medien zum Beispiel schon nicht zwingen kann, wenigstens ihre Rügen abzudrucken, ganz egal wie klein, wie unverständlich und wie unverschämt, könnte er die Öffentlichkeit wenigstens darüber informieren, welchen Medien schon dieses Minimum an presseethischem Anstand zu viel ist. Statt sie nur irgendwann gesammelt aufzulisten, könnte der Presserat ihre Namen und die zugehörigen Fälle prominent auf seine Homepage schreiben.

Vielleicht hätte das sogar eine motivierende Wirkung auf die betroffenen Verlage und ihre Medien.

Es wäre auf jeden Fall ein kleines Symbol dafür, dass der Presserat sich selbst und seine Regeln ernst nimmt. Denn wenn er es selbst schon nicht tut, wer sollte es dann?

Es wäre ein Zeichen, dass er und seine ganzen Verfahren nicht nur Selbstzweck sind. Dass es ihn nicht nur gibt, damit es ihn gibt. Stattdessen möchte er lieber nicht stören.

In dieser Woche fand ein Pressegespräch zur Vorstellung des Jahresberichtes statt. Sascha Borowski, der ehrenamtliche Sprecher des Gremiums, sagte über die Weigerung verschiedener Medien, Rügen zu veröffentlichen: „Wir haben keine größeren Hebel, wir können nur appellieren.“ Er gab sich aber auch alle Mühe, die Erwartungen an das Gremium herunterzuschrauben und schon den Wortteil „kontrolle“ in „Freiwillige Selbstkontrolle“ wegzumoderieren: Man verstehe sich eher als „Kollegengremium“ mit „beratender“ Funktion.

Geschäftsführer Portack sagte, „keiner von uns“ wolle den Presserat „mit Sanktions- und Vollstreckungsmöglichkeiten ausstatten“.

Abdrucke öffentlicher Rügen 2014-2020
Quelle: Deutscher Presserat, Jahresbericht 2020

Der Presserat also wartet jetzt noch ein Jahr, bis er immerhin erstmals wieder die ausstehenden Rügen öffentlich dokumentiert. Womöglich hat es bis dahin sogar die „Bild“-Zeitung geschafft, ihren wachsenden Berg an unerledigten Beanstandungen abzuarbeiten. Seit Mitte 2019 hat sie Rügen nicht mehr in der gedruckten Ausgabe veröffentlicht (Übermedien berichtete). Gründe dafür wollte „Bild“ uns gegenüber nicht nennen. Offenbar habe die Redaktion eine Linie, Rügen nur online zu veröffentlichen, mutmaßt Portack. „Das ist aber nicht das, was die Beschwerdeordnung vorsieht.“

Nach seinen Worten hat das Justiziariat von Axel Springer aber angekündigt, dass die fehlenden Rügen in der nächsten Zeit en bloc abgedruckt würden.

„Natürlich extrem ideologisch“

Das wäre überraschend, denn das Verhältnis zwischen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt und dem Gremium ist offenkundig zerrüttet. Ein Leser, der sich – völlig zu recht – über einen „Bild“-Bericht beim Presserat beschwert hatte, in dem das Opfer einer Bluttat zum Täter und (mit anderen Opfern) identifizierbar gemacht wurde, hatte in dem Anschreiben den wütend hilflosen Satz hinzugefügt: „Tut endlich was gegen diese Zeitung oder es müssen andere Lösungen her.“ Darin sah Reichelt eine Bedrohung und ein Beispiel für „freiheitsfeindliche Anfragen von Durchgeknallten“.

Auf einer Podiumsdiskussion vor einem Jahr sagte Reichelt, er habe dem Presserat mitgeteilt, dass er seine Anfragen „bis auf weiteres jetzt nicht mehr beantworten werde“. Er warf dem Gremium vor, sich „selber deutlich wichtiger zu machen und zu nehmen, als er ist“. Es handele „natürlich extrem ideologisch“:

„Es gibt natürlich beim Presserat deutlich mehr Menschen, die die ‚Bild‘ nicht mögen, als die, die die ‚Zeit‘ nicht mögen, die dann nicht besonders objektiv vorgehen. Das ist auch vollkommen okay, nur als Selbstkontrollorgan funktioniert es dann einfach nicht mehr.“

Das ist eine interessante Position: Dass beim Presserat genau so viele Leute eine Zeitung „mögen“ sollen müssten, die häufig gegen journalistische Standards verstößt, wie eine, die selten gegen journalistische Standards verstößt.

Tatsache ist, dass die Mitglieder der Beschwerdeausschüsse von Verlagsverbänden und Journalistengewerkschaften entsandt werden. Vertreten sind aktuell unter anderem Peter Huth, der ehemalige Chefredakteur der „Bild“-Schwesterzeitung „B.Z.“, und Claas-Hendrik Soehring, Justiziar bei Axel Springer.

Presserats-Chef Portack sagte, man habe Reichelt mehrfach ein Gesprächsangebot unterbreitet, er sei darauf nicht eingegangen.

„Bild“ verstößt gegen die Selbstverpflichtungserklärung, der Bauer-Verlag hat erst gar keine abgegeben. Die letzte ist Ende 2008 ausgelaufen.

Seit 2010 hat der Presserat keinen Rügenabdruck in einem Bauer-Blatt mehr verzeichnet.

Die Bauer-Blätter nehmen also an dem ganzen Verfahrensbrimborium teil, verzichten aber von vornherein dankend auf einen Teil der möglichen Konsequenzen. Man würde denken, dass das kein Zustand ist, den sich ein Gremium auf Dauer bieten lässt. Der Deutsche Presserat lässt sich das auf Dauer bieten.

Bedeutungsloser Rekord

Im vergangenen Jahr verzeichnete der Presserat nach eigenen Angaben einen Rekord an Beschwerden – das war auch die Überschrift seiner Pressemitteilung und der Schwerpunkt der meisten Berichte. Doch die annähernde Verdoppelung von 2175 auf 4085 Beschwerden ist ohne besondere Bedeutung: Für 40 Prozent der Fälle sei der Presserat gar nicht zuständig gewesen. Sie richteten sich gegen Inhalte von ARD und ZDF, für die deren Aufsichtsgremien zuständig sind, aber nicht der Presserat. (Portack sagte, er wünsche sich, dass die öffentlich-rechtlichen Sender besser kommunizierten, wo man sich über ihr Programm beschweren könne.)

Außerdem gab es zwei prominente Fälle mit einer Vielzahl von Beschwerden: Die Polizei-Kolumne von Hengameh Yaghoobifarah aus der „taz“, und die Veröffentlichung von privaten Chatnachrichten eines Jungen, dessen Geschwister mutmaßlich von der Mutter getötet worden waren, durch „Bild“, „Süddeutsche Zeitung“ und „Rheinische Post“. Die Kolumne sah der Presserat von der Meinungsfreiheit gedeckt, die Veröffentlichung der Chat-Nachrichten rügte er.

Zieht man diese Massenbeschwerden ab, war die Zahl der in den Beschwerdeausschüssen behandelten Fälle unauffällig und ungefähr auf dem Niveau der Vorjahre.

Bloß nicht zu viel Transparenz

Auf der Homepage des Presserates gibt es etwas, das sich leicht irreführend „Übersicht der Rügen“ nennt und so aussieht (Ausschnitt):

Die Aktenzeichen sind nicht mit den konkreten Fällen verknüpft, so dass man sich einen Eindruck über die konkreten Fälle machen könnte. Nicht einmal die Ziffern des Pressekodex sind hier erklärt.

Wer es schafft, die Recherche-Datenbank mit allen Fällen zu finden, wird aber auch selten froh. Die Bedienung ist umständlich, die Anzeige erfolgt in absatzlosen Textwüsten, die Medien, um die es geht, wurden sicherheitshalber anonymisiert. Es ist alles irgendwie archiviert und dokumentiert, aber nicht so, dass Leute unnötig Einblicke in den Journalismus und medienethische Grenzfälle gewinnen können. Und schon gar nicht so, dass irgendwie der Eindruck entstehen könnte, dass die ganze Arbeit hier vielleicht doch für die Öffentlichkeit gemacht würde.

Die Finanzierung des Presserates ist nach Angaben von Geschäftsführer Portack übrigens kein Problem mehr. Geld bekommt der Verein von den Verleger- und Journalisten-Verbänden sowie 223.000 Euro aus dem Bundesetat. Diesen Bundes-Zuschuss gibt es seit 1976. Begründet wurde er unter anderem auch damit, dass die Gerichte durch die Arbeit des Presserates entlastet werden könnten: Sonst müssten sie sich womöglich mit zahlreichen Fällen befassen, die nun von den Beschwerdeausschüssen erledigt würden.

Der damalige Presserats-Geschäftsführer Lutz Tillmanns warnte noch 2011, die „momentane Finanzierung wird schon mittelfristig nicht ausreichend sein“. Sein Nachfolger hingegen sagt, man habe „aktuell keine Geldsorgen“. Man habe ein „gewisses Standbein“ hinzugewonnen: Der Presserat bekommt einen Teil der Kosten für die Ausstellung eines bundeseinheitlichen Presseausweises.

18 Kommentare

  1. Ok, nach Lektüre dieses Artikels (und dem, was man sonst so zu dem Thema mitbekommt), komme ich zu dem etwas polemischen Fazit: Der Presserat ist nicht nur komplett unnütz, sondern schadet seinem eigentlichen Zweck sogar aktiv.

    Gibt es eine Kehrseite dazu oder irgendwelche Pro-Argumente (die auch der Realität standhalten)?

  2. @Jan: Naja, er ist gegründet worden, um ein Bundespressegesetz zu verhindern. Das ist ein gutes Ziel, weil eine solche staatliche Aufsicht immer problematisch wäre. Dieses Ziel erfüllt er bis heute.

    Bestimmt lässt sich auch argumentieren, dass der Presserat mit seinen Verfahren, Entscheidungen und Richtlinien in die Redaktionen hineinwirkt und so eine positive medienethische Wirkung entfaltet. Das will ich auch nicht ganz ausschließen.

  3. Bekäme ich jedesmal, wenn ich den Satz „Die Rüge ist die schärfste Waffe des Presserats“ lese einen Euro, könnte ich mir ein Intendantenabo leisten.
    Denn eigentlich ist es ja eine ziemlich stumpfe Waffe, wie der Artikel eindrucksvoll aufgezeigt hat.

  4. Vielleicht ist „Schärfe“ auch einfach kein gutes Kriterium, um die Effizienz von Waffen zu beschreiben. Ich würde in der Hand meines Gegners liebe eine Kanüle als einen Vorschlaghammer sehen. Und damit kann es dann auch gerne zurück zum Thema gehen…

  5. @Stefan Niggemeier Vielen Dank für die Ergänzung und den genauen Hintergrund!

    Hoffen wir mal, dass er sich tatsächlich derart entfaltet.

    Gibt es Länder oder Modelle, in denen das besser funktioniert? Die Zahnlosigkeit scheint ja zumindest teilweise hausgemacht. Könnte das politisch nachgeschärft werden, ohne direkt Einfluss zu nehmen?

  6. „Die Landesmedienanstalten sind – theoretisch – staatsfern organisiert, haben aber deutlich mehr Sanktionsmöglichkeiten als der Presserat“
    Was bedeutet das ‚praktisch‘ und welche Sanktionsmöglichkeiten haben sie tatsächlich?

    @ Stefan Niggemeier #2
    „weil eine solche staatliche Aufsicht immer problematisch wäre“
    Und deshalb gibt es sie ‚praktisch‘ nur für Online-Medien und da IST sie dann problematisch – oder doch wieder nicht?

  7. @Jan,Niggi
    Ohne allzu naiv zu sein ist es doch hoffentlich nicht nur „nicht auszuschließen“, sondern eher davon auszugehen, dass die Meinung des Presserates in seriösen Redaktionen eine ernsthafte Wirkung hat und so zahnlos es auch klingen mag, als „Kollegengremium“ gut funktioniert.

    Nun wird es natürlich ab absurdum geführt, wenn Teile der Medienlandschaft sich gelinde gesagt „nicht kollegial“ verhalten. Nur ist ja eigentlich eh klar, dass gegen diese nur das Gesetzbuch wirklich hilft. Sicher wären eine ordentliche Auflistung und offizielle Publizierung hilfreich, aber es ist ja nicht so, dass der interessierten Öffentlichkeit nicht von genügend fleißigen Bienchen die Verfehlungen von Bild und Co nicht aufgezeigt würden.

    Da stellt sich mir die Frage: Wurde eigentlich gegen Bild geklagt wegen z.B. der Veröffentlichung der Chatverläufe bzw. gab es rechtliche Konsequenzen?
    Das sind ja letztlich Dinge, die ähnlich wie bei der katholischen Kirche einfach nicht mehr in eine Selbkontrolle gehören. Das mögt Ihr von innen vielleicht anders sehen, keine Ahnung.

  8. Wenn der Presserat erlaubt, dass sich Medien (oder ganze Medienhäuser) nur pro forma an der freiwilligen Selbstkontrolle beteiligen (also zwar Mitglied sind, aber die Beschwerdeordnung gelinde gesagt ignorieren), dann sollte das doch im Zweifel Konsequenzen für den Presserat haben. Keine Maßnahmen zur Durchsetzung des Pressekodexes zu haben (außer Rügen) ist das eine, aber es muss doch Maßnahmen geben, die erlauben zumindest die eigene Beschwerdeordnung durchzusetzen, sonst kann man es doch auch sein lassen. Irgendwann müssen die Landesmedienanstalten sich doch sonst die Frage stellen, ob der Presserat geeignet ist die eigene Aufsicht zu ersetzen.

    Wenn ein Medium sich nicht an die Ordnung des Organs der freiwilligen Selbstkontrolle halten will, dann darf es halt nicht Mitglied des Organs der freiwilligen Selbstkontrolle sein. Das ist doch die einzige sinnvolle Konsequenz. Also: BILD und Bauer-Verlag rausschmeißen.

  9. „Unter den vom Presserat beaufsichtigten Medien hingegen gebe es keine, „die den ganzen Tag Desinformation verbreiten“. “

    Wenn der Presserat für alle Mitglieder des VDZ zuständig ist, zählen dazu auch das Compact-Magazin und die Junge Freiheit. Soweit ich weiß, wurden diese Medien vom Presserat aber bislang weitgehend ignoriert.

  10. The same procedure as every year …

    Warum sollte jemand den Presserat ernst nehmen, wenn der sich selbst zur Witzveranstaltung macht?
    Wer „Menschen auf die Müllkippe“ durchwinkt, der hat seine Autoritär eben dahin geworfen.

    Genauso irrwitzig sind die hier (und anderswo) geäußerten Vorschläge, der Presserat solle gegen missliebige Zeitungen vorgehen, weil die jemand nicht passen. Nichts besseres kann BILD & Co. passieren, als wenn dieser Verein sich noch mehr lächerlich macht.
    Die Steigerung dieser absurden Denkweise ist dann noch die Frage, ob gegen BILD geklagt wurde und ob es rechtliche Konsequenzen gegeben hätte.
    Klage kann nur von der Staatsanwaltschaft erhoben werden, der Presserat ist keine Anklagebehörde. Seit wann kann kann der Presserat Anklage erheben, wo steht das in der StPO?
    Für rechtliche Konsequenzen sind die Gerichte zuständig – nicht der Presserat.
    Manche glauben wirklich, man müsse alles nur so richtig verwursten und der Willkür überlassen – und schon bricht Friede, Freude, Eierkuchen aus.
    Das Gegenteil ist der Fall.

  11. Tja, Jörn, Lesekompetenz ist schon sonne Sache. Amüsant, dass Sie mich hier belehren möchten. Packen Sie Ihren Strohmann mal schön wieder ein. Denn ich habe mitnichten geschrieben, dass der Presserat gegen die Bild klagen sollte, sondern ganz im Gegenteil sogar dafür plädiert, dass solche Geschichten der Rechtsstaatlichkeit zu überlassen sind und keinem kollegialen Zusammenschluss. Das ist gerade das Gegenteil einer beliebigen Willkür.
    Davon abgesehen haben sie den Artikel offenbar auch nicht gerade aufmerksam gelesen. Da wird explizit ausgeführt, dass der Presserat Geld vom Staat bekommt, weil er in der Theorie Arbeit auffängt, die sonst bei Gerichten gelandet wäre.

    Meine Befürchtung ist deshalb ganz explizit, dass in der Praxis die zahnlosen Rügen echte rechtliche Konsequenzen selbst bei schweren Vergehen ersetzen. Daher Vergleich mit katholischer Kirche und (bisher unbeantwortete) Nachfrage, ob z.B. die Veröffentlichung des Chatverlaufes seitens Bild Konsequenzen hatte. Denke da Schadenersatz an Geschädigte, Bußgeld, o.ä.

    Noch eine Service-Info für Sie:
    (Zivilrechtliche) Anklage kann allerdings jeder erheben. Da nich für.

  12. „‚Unter den vom Presserat beaufsichtigten Medien hingegen gebe es keine, „die den ganzen Tag Desinformation verbreiten'“
    Die gibt es auch unter denjenigen nicht, die von Landesmedienanstalten verfolgt werden. Zitat:

    Anfangsverdacht, dass journalistische Grundsätze nicht eingehalten worden seien…
    handwerkliche Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht, wie zum Beispiel das Fehlen von Quellen in den Artikeln. Auch Bilder, die aus ihrem ursprünglichen Kontext genommen würden und in einen anderen Kontext gesetzt würden, seien thematisiert worden“

    Wie man u.a. bei Übermedien fast täglich nachlesen kann, finden sich solche „handwerklichen Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht“ regelmäßig in vielen Medien, die dem Freiwilligen Selbstprivileg unterliegen. Das ist der Punkt.

  13. Wären für mich zwei verschiedene Sachen:

    „Zeitung macht sich (prinzipiell) strafbar“
    und
    „Zeitung arbeitet journalistisch unsauber“

    Ich halte es aber nicht für die Aufgabe des Presserates, Zeitungsmeldungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu kontrollieren oder die Rechte von etwaigen Dritten wahrzunehmen, sondern es geht eher um die niederschwelligen Sachen wie irreführende Schlagzeilen, unverpixelte Fotos und meinetwegen überzogene Satire.
    Bzw., es sollte darum gehen, aber offenbar schöpft der Presserat seine Möglichkeiten gat nicht aus.

  14. Lesekompetenz ist schon sonne Sache.

    Wie wahr.

    Amüsant, dass Sie mich hier belehren möchten.

    Ob amüsant weiß ich nicht. Nötig ists auf jeden Fall.

    Meine Befürchtung ist deshalb ganz explizit, dass in der Praxis die zahnlosen Rügen echte rechtliche Konsequenzen selbst bei schweren Vergehen ersetzen.

    Diese Befürchtung ist unbegründet. Im Hinblick auf straf- oder zivilrechtliche Auseinandersetzungen kann man den Presserat als so was wie den Versuch einer außergerichtlichen Einigung sehen. Wenn da nichts gescheites rauskommt, steht jedermann der Rechtsweg offen.

    Daher Vergleich mit katholischer Kirche und (bisher unbeantwortete) Nachfrage, ob z.B. die Veröffentlichung des Chatverlaufes seitens Bild Konsequenzen hatte.

    Im Ursprungspost haben Sie nicht einfach nach Konsequenzen gefragt, sondern nach „rechtlichen Konsequenzen“. Darauf bezog sich dann meine Entgegnung.
    Die Veröffentlichung der Chats ist eine Sauerei, da sind wir uns einig. Wenn jemand eine Möglichkeit sieht, dem Verantwortlichen eins überzubraten – ich helfe gern dabei.
    Aber rechtliche Konsequenzen sind nun mal nicht Sache des Presserats – sondern des Rechtswegs.

    Noch eine Service-Info für Sie: (Zivilrechtliche) Anklage kann allerdings jeder erheben. Da nich für.

    Vielen Dank.
    Dann will ich mich mit einer Service-Info revanchieren.
    Im Zivilrecht gibt es zwar Klagen – aber keine Anklagen.
    Keine Ursache, ich helfe gern.

    Und noch eine Service-Info:
    Im Zivilrecht kann nicht jeder klagen, sondern nur der Prozessführungsbefugte. Im Hinblick auf die Chatverläufe ist das nicht der Presserat, sondern die gesetzlichen Vertreter der Kinder.

  15. @9 TK:
    Der Presserat befasst sich nur mit Beschwerden, die ihm eingereicht werden. Vermutlich geben für Compact und JF nur Menschen Geld aus, die alles glauben und gut finden, was drinsteht. Die beschweren sich natürlich nicht. Und da wir es aus gutem Grund nicht lesen, können wir auch keine Beschwerden einreichen. Sollen wir Übonnenten mal für je ein Abo dieser Pamphlete zusammenlegen, um zu erfahren, was die so alles an Rügenswertem verzapfen?

  16. @15 Ulf J. Froitzheim: Stimmt, das hatte ich nicht bedacht. An sich sind ja einige von deren Inhalten online frei verfügbar. Die tue ich mir tatsächlich manchmal an, aber habe auch nicht die Muße dann jedes Mal Beschwerden beim Presserat einzureichen, zumal es vermutlich eh keine Konsequenzen hätte, außer dass die betroffenen Akteure sich in ihrer Opferrolle bestätigt sehen würden.

  17. Irgendwie haben es einige immer noch nicht verstanden. Der Presserat hat sich selbst dermaßen verwurstet, dass er sich von der BILD vorführen lassen muss. Von der BILD! Und da wollen ihn jetzt welche in den nächsten Abgrund stürzen?

    Aber bitte, ich unterstütze das voll und ganz.
    Wir wissen nicht, wie das im Detail ausgeht.
    Nur eins wissen wir schon: Es wird lustig.

  18. @Jörn
    „Aber rechtliche Konsequenzen sind nun mal nicht Sache des Presserats – sondern des Rechtswegs.“
    Das habe ich wie gesagt auch nie behauptet, dass der Presserat den Rechtsweg gehen soll, sondern eher das Gegenteil.

    Danke für die sonstigen Auskünfte. Würden Sie denn ausschließen, dass das Verhalten von Bild in besagter Causa strafrechtlich relevant war?
    Und wenn ja, ist der Verzicht auf ein Presserecht zugunsten der Existenz des Presserates dann auch ein Grund?
    Weiß denn jemand etwas über Anzeigen gegen Medien, die zu Anklagen führten?
    Spiegel vor Uhrzeiten fällt mir ein, aber da lag der Fall ja ganz anders.

    Ist halt schwierig, wenn Medien zurecht besondere Rechte als 4. Gewalt besitzen, um vor politischer Willkür geschützt zu sein, aber diese dann mißbrauchen.

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