Die Grünen machen wirklich den besten Wahlkampf aller Zeiten! Sie zaubern immer wieder fantastische Aktionen aus dem Hut, um ihre parteipolitische Agenda – böse Zungen würden sagen, ihre Propaganda – unters Volk zu bringen.
Die Kolumne
Samira El Ouassil ist Zeitungswissenschaftlerin, verdient ihr Geld aber mit Schauspielerei und politischem Ghostwriting. Außerdem ist sie Vortragsreisende und macht, zusammen mit Friedemann Karig, den Podcast „Piratensender Powerplay“. Bei Übermedien schreibt sie seit 2018 jede Woche über Medien, Politik und Kommunikation.
Oder die toten Tiere letztes Jahr in Australien. Ich fand, das ging zwar ein bisschen zu weit, Koalas zu töten für die Bundestagswahl, aber immerhin haben alle die Bilder bei Instagram geteilt.
Und was den Grünen gerade erst in Texas gelungen ist – der Schnee, die Kälte, die langen Schlangen verstörter Amerikaner ohne Strom vor den Supermärkten auf der Suche nach Wasser –, genau so geht moderner Wahlkampf! Bravo!
(Auch Senator Ted Cruz heimlich vor der Kälte mit seiner Familie nach Cancún fliehen zu lassen, während er seinen Pudel und einen Wachmann, der auf ihn aufpassen musste, im eiskalten Haus zurückließ, und dann heißt der Hund auch noch Snowflake (!) – nicht schlecht, liebe Grünen, nicht schlecht.)
Ein WDR-Klima-Insta-Kanal – geht’s noch?!?
Dagegen wirkt die aktuelle Zusammenarbeit mit dem WDR natürlich nicht ganz so spektakulär, aber man kann ja nicht einen halben Kontinent überschwemmen, nur um Robert Habeck ein bisschen zu promoten. Zumal der zum Warmwerden morgens sowieso über Wasser geht.
Da muss sieben Monate vor der Bundestagswahl halt auch mal das kleinere Social-Media-Besteck eines Kölner Senders reichen, um die Ökoideologisierung voranzutreiben und unentschlossene Wechselwähler in die grüne Lagune zu locken.
Natürlich haben einige politische Akteure – also eher solche aus dem konservativen oder liberalen Spektrum – diese konspirative Zusammenarbeit sofort als solche enttarnt. Die Grünen werden in Zukunft etwas mehr an der Subtilität ihrer Verschwörungen arbeiten müssen. Ich meine, vier junge Menschen namens Jule, Samira, Frederik und Tom, die auf einem Instagramkanal etwas über die größte Herausforderung der Menschheitsgeschichte erklären?!?
Dass das verdeckte Wahlkampfhilfe für die Grünen ist, ist so durchsichtig wie biologisch abbaubare Klarsichtfolie.
Aber das war simpel zu durchschauen. Und einem Alexander Lambsdorff macht man eh so leicht nichts vor. Über den Klimawandel zu sprechen ist eindeutig zu kompatibel mit dem Programm der Grünen, als dass es nicht automatisch und selbstredend Wahlkampfhilfe sein könnte.
Und auch der stellvertretende Generalsekretär der CSU Florian Hahn entlarvte diesen ganzen behaupteten Instajournalismus als das, was er nämlich in Wirklichkeit ist: Wahlwerbung für die Grünen.
Und natürlich nutzte man auch in der AfD dankbar die Möglichkeit dem heimlich sonnengeblümten Staatsfunk seine schurkischen Zwangsgebühren vorzuwerfen.
Diese künstliche Aufregung verfing, ein Shitstorm gegen den WDR blähte sich auf, der Verlust der Unparteilichkeit wurde empört betrauert. Denn wie wir alle wissen, ist die größte Gefahr für die Demokratie, wenn Jule auf Instagram über den Klimawandel berichtet.
Jetzt mal ernsthaft
Wir haben im Diskurs ein großes Problem, wenn im Jahr 2021 das Informieren über die Klimaerwärmung noch als Wahlkampfhilfe für die Grünen wahrgenommen wird.
Ich bin ehrlich überrascht und milde amüsiert, dass noch versucht wird, so etwas Selbstverständliches wie die Abbildung des Klimawandels zu ideologisieren. Den Bericht schon als Aktivismus und unangebrachte Parteilichkeit auszulegen, kommt einer Leugnung der Krise sehr nahe. Denn nur wenn man das Problem (noch) nicht als solches anerkennt, ergibt es Sinn, eine Berichterstattung darüber für unlauter oder politisch motiviert zu halten.
Die Klimaerwärmung ist real, sie findet gerade statt und sie ist größer als jede Parteiprogrammatik.
Geben FDP und Union das Thema Klimakrise auf?
Es sagt natürlich viel über die Kritiker aus, dass sie lieber die bockige Kränkung aufmerksamkeitsökonomisch Vernachlässigter an den Tag legen, statt ihre eigene Unweltpolitik kritisch zu hinterfragen. Dann würden sie womöglich feststellen, dass ihr Vorwurf der medialen Vergrünung ja nur dann schlüssig ist, wenn sie anerkennen, dass die Grünen offenbar als einzige Nachhaltigkeitskonzepte anzubieten vermögen.
Stattfessen fordert Lambsdorff einen eigenen Kanal zur Wirtschaftskrise und übersieht dabei, dass vor den „Tagesthemen“ mit „Börse vor 8“ ein ganzes Segment nur für die Wirtschaft zur Verfügung steht und die Öffentlich-Rechtlichen – in seiner Logik – der FDP somit ganz hervorragende Schützenhilfe leisten.
Auch eigene Wirtschaftssendungen wie „Wiso“ im ZDF, „Plusminus“ in der ARD, „Markt“, das Wirtschafts- und Verbrauchermagazin des NDR, oder „mehr/wert“, ein Magazin des Bayerischen Rundfunks für Wirtschaft und Soziales sind ganze Formate zur Wirtschaft und deren Krise(n), aber natürlich erreicht man damit nicht die ganzen jungen Leute. Also: Wo sind denn die ganzen Jules, Toms und Samiras, die auch über gelbe Themen reden, hää? Na?
Ah, oh, hier: Seit November gibt es mit „Economista“ einen Wirtschafts-Podcast des WDR für eine jüngere Zielgruppe.
Klimaberichte sind keine klientelpolitische Anbiederung
Die Dringlichkeit dieser globalen Herausforderung scheint immer noch nicht derart in den politischen Diskurs eingesickert zu sein, wenn der erste Reflex einiger Politiker*innen ist, es für klientelpolitische Anbiederung zu halten, sobald man nur darüber spricht. Das ist ernüchternd und beunruhigend.
Denn eigentlich haben Journalist*innen keine Zeit mehr, sich dafür rechtfertigen oder entschuldigen zu müssen, wenn sie über den Umgang mit der Klimakrise berichten.
Der menschengemachte Klimawandel ist ein noch größeres Problem als die Pandemie (allein diesen Satz hier zu schreiben fühlt sich wie eine Flaschenpost an die Steinzeit an), er ist derart umfassend, derart systemisch, derart existenziell, dass er eigentlich – wie bei manchen schon geschehen – eine eigene Rubrik in journalistischen Medien bräuchte.
Die Bewältigung der Klimakrise ist ein Jahrhundertprojekt der Menschheit – kein Wahlkampfthema. Denn dem ökologischen Kollaps sind Bundestagswahlen in Deutschland herzlich egal.
34 Kommentare
Seitens AfD: Logische Reaktion. Botschaft: Klimawandel gab`s schon immer und davon zu reden ist linksgrün-versiffte Schurkerei.
Seitens CSU: Versteh ich nicht. Der Chef ist doch auf den Dampfer aufgestiegen. Botschaft: Den Klimawandel besiegen wir durch ein starkes, traditionsbewusstes Bayern und durch Markus Söder im Kanzleramt.
Seitens FDP: Naja, die stehen halt neben sich. In der Krise kann man nichts für den Klimaschutz tun, weil Krise ist; im Boom kann man nichts für den Klimaschutz tun, weil man damit das Wachstum abwürgt. Beides aus ökonomischer Perspektive nicht unwahr – aber keine adäquate Antwort auf ihr Problem, dass die Grünen von weiten Teilen der Bourgeoisie inzwischen als die besseren Liberalen akzeptiert sind (was nicht unbedingt für die Grünen spricht).
„Ich meine, vier junge Menschen namens Jule, Samira, Friederike und Tom“ – Friederike sollte glaub ich Frederik heißen
Das ist korrekt. Danke für den Hinweis! Wurde geändert. -jk
Davon abgesehen, dass ich dem Artikel sowie Kommentar #1 inhaltlich zustimme, finde ich es immer etwas grenzwertig, die üblichen Dampfplauderer aus AFD, FDP und Co als Repräsentanten ihrer jeweiligen Parteien zu ernennen, um nicht zu sagen, zu überhöhen.
Natürlich machen diese Leute Stimmung gegen alles, was ihr Parteiprogramm oder ihr (gedachtes) Klientel diskreditieren könnte. Dass das für alle Vertreter oder Anhänger dieser Parteien gilt, erscheint mir allerdings zu einfach. Und wenn man die zitierten Parteimitglieder als Einzelpersonen versteht, bleibt von der Kritik an deren Aussagen eigentlich nur: „Ewiggestrige Betonköpfe schlagen verbal um sich.“
Nett zu lesen, ist der Text übrigens trotzdem.
Börse vor 8 kommt direkt vor der Tagesschau, nicht vor den Tagesthemen :)
Zum Thema an sich steht ja schon alles in der Kolumne. Gefühlt wird gerade mit jeder Kleinigkeit gegen die öffentlich-rechtlichen Sender geschossen. Vielleicht entschuldigt sich ja ein Intendant. Die andere Seite empört sich dann über die Empörung. Und schon ist halb Twitter voll mit Namen von Wirtschaftssendungen, die WDR 5 produziert, um den Unsinn eines FDPlers zu entlarven.
Alle so: „Was kann jeder von uns tun, um die Grünen zu puschen?“
Tierarten: *sterben aus
Gletscher: *schmelzen
WDR: *berichtet darüber
Grüne so: „Eigentlich müssten EFH verboten sein.“
ausgestorbene Tierarten: *augenroll
verschwundene Gletscher: *deskpalm
WDR: „Tja, aus Gründen der ausgewogenen Berichterstattung müsen wir das auch thematisieren.“
Ach, der FDPler ist doch bloß neidisch, dass Börse vor Acht offenbar keine Auswirkungen auf die Performance seiner Partei hat. Oder…wäre die Lage der FDP noch schlimmer ohne diese Sendung? Er sollte lieber schnell etwas gegen die Grünen twittern, sonst merkt’s noch jemand.
@Mr. Re:
Das dürfte der Grund sein.
Frederik Fleig wirbt bei Instagramm einerseits mit „@klima.neutral“ – andererseits damit, dass er bereits 55 Länder bereist habe. Darf ich diesen performativen Widerspruch als symptomatisch für woke Millenials aus der Vollkorn-Bourgeosie betrachten?
@8: Aber nur, wenn Sie auch alle Hauptschullehrkräfte, die selbst auf dem Gymnasium waren, alle Veganer*innen, die als Kind Leberwurst gegessen haben und alle Sprachkritiker, die das Wort woke benutzen, genauso bekritteln.
@MYCROFT:
Am Rande angemerkt:
Die Debatte um EFH ist gut und wichtig. Sie wird uns in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen.
Klar wird das medial / wahlkampftechnisch ausgeschlachtet. Auf der anderen Seite will aber auch niemand Politiker, die nur in 4 Jahres Rhythmen denken.
Das Wüstenrot-Ghetto ist eine weitere Bedrohung für „Gletscher und Tierarten“ ( und so vieles mehr ).
Ich habe viel an den Grünen zu kritisieren. Das aber nun gerade nicht.
@8: Puh, da sind Sie ja echt investigativ unterwegs. Am Ende finden Sie noch heraus, dass dieser woke Milennial die Heizung aufdreht, obwohl Strom und Wärme für 40 Prozent des CO2s verantwortlich sind, Fliegen aber nur für 2 Prozent.
Was kommt als nächstes, Fleischesser, die über Veganer berichten? Schlimm.
„Die Debatte um EFH ist gut und wichtig. Sie wird uns in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen.“
Im Prinzip schon. Aber so, wie die das kommunizieren, ist das keine Wahlwerbung für die Grünen.
Wenn die Idee wäre, man solle vorhandenen Wohnraum bzw. bereits versiegelte Flächen ökologischer und attraktiver machen, anstelle Neubaugebiete zu bauen, klingt das schon rein psychologisch positiver, weil FÜR etwas statt GEGEN etwas.
@ Mr. Re (#9):
Zur Klarstellung: Ich knüpfe hier an ältere Debatten in den Kommentarspalten an, wonach „die Boomer“ Schuld seien am Klimawandel, während „die Jugend“ a) voll klimabewusst sei und b) die Sünden der Eltern ausbaden müsse. Nehmen Sie den erwähnten Widerspruch als Hinweis darauf, dass es so einfach nicht ist.
@13: Ist mir klar, aber ich weise dann halt darauf hin, dass „Ja aber der ist ja selbst gar nicht perfekt“ in ermüdender Regelmäßigkeit kommt, um Kritik z.B. von Klimaaktivist*innen wegzuwischen.
@12, Mycroft: Die Debatte um Einfamilienhäuser wäre auch einen Übermedien-Artikel wert. Aus dem (schon älteren) Beschluss des Bezirks Nord in Hamburg, in neuen Bebauungsplänen keine solchen Wohneinheiten mehr einzuplanen – aus Klimaschutz-, Platz- und sozialen Gründen – wurde flugs eine mediale Verbotsfantasie inkl. der Warnung politischer Akteur*innen, dass die Grünen alle Eigenheimbesitzer enteignen und sie in Hochhäuser mit Plumpsklo umsiedeln wollen. Dass Hamburg-Langenhorn bundespolitisch so im Fokus stand, gab’s seit Helmut Schmidt nicht mehr…
@Mr. Re (#14):
Die Kritik wegzuwischen, liegt mir fern. Mir fehlt bei jungen Klimaaktivisten nur manchmal das Bewusstsein, dass auch sie – qua Sozialisation im Konsum-Kapitalismus – Teil des Problems sind; nicht allein durch Jugend aus der Verantwortung und durch Protest Teil der Lösung.
Dieses „…, weil IHR uns die Zukunft klaut!“-Gefühl ist trügerisch, und das ließ sich m.E. an den 55 bereisten Ländern hübsch illustrieren. Ein Urteil über (den mir unbekannten) Herrn Fleig als Person wollte ich damit nicht gefällt haben.
„Die Debatte um Einfamilienhäuser wäre auch einen Übermedien-Artikel wert.“ Bestimmt.
Da sowas regelmäßig aufgebauscht wird, frage ich mich trotzdem, warum die Grünen daraus nichts lernen.
@Kritischer Kritiker
Mir fehlt bei jungen Klimaaktivisten nur manchmal das Bewusstsein, dass auch sie – qua Sozialisation im Konsum-Kapitalismus – Teil des Problems sind; nicht allein durch Jugend aus der Verantwortung und durch Protest Teil der Lösung.
Ich nehme in den Medien keinen einzigen jungen Klimaaktivisten wahr, der sich nicht auch seiner Rolle bei der Schädigung des Klimas bewusst ist und dies nicht auch offen so äußert.
Können Sie mir bitte mal einen Link geben, in dem ein junger Klimaaktivist sich anders äußert und Ihrer Kritik gerecht wird?
Wäre nett, Danke.
@16: Danke für die Klarstellung / Erläuterung.
@17: Aber die Lösung kann ja nicht vorauseilender Gehorsam sein bzw. sich nicht mehr zu trauen, minimal ‚radikale‘ Ideen umzusetzen aus Angst, dass BILD und mittelmäßig einflussreiche CDU-Europaabgeordnete daraus einen Aufreger basteln. Aus Interesse gefragt: Was wäre Ihre Vorstellung, wie eine solche politische Entscheidung besser umgesetzt und kommuniziert werden könnte?
@Kritischer Kritiker
Diese persönliche Verantwortungsebene ist der Grund, weshalb wir überhaupt in dieser Lage sind. Solange jedem selbst überlassen ist, wieviel er oder sie an Treibhausgasen ausstößt, wird zu viel ausgestoßen. Das ist ein klassischer Fall von Gefangenendilemma. Ich habe im Gegensatz zu Ihnen den Eindruck, Klimaaktivisten fallen auch und zu oft auf diesen Fehlschluss rein. Die individuelle Ebene ist nur ein verschwindend kleiner Beitrag, den jeder von uns aus gutem Willen tun kann, aber letztendlich kann es nur eine Lösung von oben und zwar möglichst weit oben geben (UN statt Länder statt Individuen).
Aber wir haben alle nur 1 Stimme und nicht unbegrenzt Freizeit und geistige Kapazität, die Politik zum Handeln zu zwingen, deshalb muss man klein anfangen, bei sich selbst, im Freundeskreis, kommunal, etc. Ich esse auch vegetarisch und versuche mich an vegan, ich habe alle meine jemals privat bezahlten Flüge über Spenden CO2-neutral ausgeglichen, ich fahre bzw fuhr jeden Tag ÖPNV vor dem Home Office. Ich denke gerade Klimaaktivisten tun das genauso und ohne ihre Lebensumstände zu kennen darauf zu verweisen, dass sie viel fliegen, was nichts über ihre Klimabilanz insgesamt aussagt, ist ein billiges Ad Hominem, um sich den inhaltlichen Forderungen zu verweigern.
Ich weiß auch nicht genau ob das ein grünes Argument ist oder nur ein Strohmann, dass Flüge verboten oder reduziert werden sollen, aber ich persönlich halte davon wenig. Fliegen und andere Länder und Kulturen bereisen ist eine fortschrittliche Errungenschaft und sollte so vielen Menschen wie möglich ermöglicht werden. Nur sollten die entsprechenden Umweltkosten dafür nicht auf alle sondern auf die jeweiligen Passagiere umgelegt werden.
Es sollte sozusagen jeder das Recht haben, die Umwelt zu belasten, wenn er oder sie es wieder in Ordnung bringt, und keiner sollte die Umwelt belasten können ohne die Kosten für die Reparatur zu tragen.
@Erwinzk (#20):
Anscheinend rege ich hier ja zu vielen Missverständnissen an. Nein, ich bin nicht der Auffassung, dass persönliche Verhaltensänderungen der Schlüssel zur Lösung sind. Ich meine, dass sich der Lebensstil der Gesellschaft ändern muss, und dass alle Verantwortung tragen, die Teil dieser Gesellschaft sind.
Dass diese Veränderung nur durch einen Bruch mit der herrschenden Wirtschaftsweise möglich sein wird, während wir alle von eben dieser Wirtschaftsweise abhängig sind – das ist das Dilemma. („Der Prozess zehrt davon, dass die Menschen dem, was ihnen angetan wird, auch ihr Leben verdanken“, schrieb Adorno.)
Davon ab kann es nicht schaden, ein bisschen Zurückhaltung einzuüben. Ich habe kein Auto, fliege nicht, heize nicht über 20 Grad, etc. Dass dient aber vor allem meinem Gewissen. Mache mir keine Illusion, damit die Welt zu verbessern.
@Micha (#18):
„Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut“ – eine zentrale Parole der FFF-Leute. Greta Thunberg, die regelmäßig die Differenz zwischen „der Jugend“ und „den Erwachsenen“ macht.* Ein junger Demonstrant, der am Rande einer Demo (von der Tagesschau?) interviewt wird und bekennt, natürlich werde er weiter in Urlaub fliegen, weil „der Mensch nun mal Erholung brauche“. Eine ältere Debatte hier in den Kommentarspalten, die symptomatisch steht für die Vorstellung von den ignoranten Boomern, die alles zerstört hätten, und der Jugend, die es besser wisse (wobei die Angehörigen der Umweltbewegung, die um 1980 herum ähnlich argumentierten, ironischerweise allesamt Boomer sind).
Wer es ernstmeint mit der Klimakrise, sollte auf diesen Generationenquatsch verzichten. Der ist ebenso reduktionistisch wie der liberale Ansatz (Der Konsument hat es in der Hand) oder der Traditionslinke (Die Konzerne sind schuld).
*Der Entgegensetzung zwischen den schuldhaften Alten und den rebellierenden Jungen ist in Deutschland auch deshalb so eingängig, weil er in gewisser Weise die Konstellation von 1968 wiederholt. Aber die 68er bezogen ihre Legitimitation aus dem Bruch der Kapitulation – sie gehörten dem Schuldkollektiv der Väter nicht an und konnten deshalb aus einer anderen Perspektive sprechen.
Die Klimakrise kennt keinen Bruch: Seit ca. 1800 hat jede Generation die Erde schwerer verwüstet als ihre Vorgänger. Und es gibt leider kaum Grund zu der Hoffnung, dass sich daran demnächst etwas ändern wird.
Klimaschutz sollte unser aller Anliegen sein, weil es uns alle betrifft, aber es braucht keine FDP- und CSU-Politiker, die sich hier einen Skandal an den Haaren herbeiziehen, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass wir als Gesellschaft weit davon entfernt sind, echten Klimaschutz zu wollen. Hier in den Kommentaren wird unter anderem die Verantwortung des Einzelnen gegen die Notwendigkeit eines Wandels unseres gegewärtigen Wirtschaftens abgewogen und diskutiert. Ohne Letzeres wird es nicht gehen, aber so lange wir nicht bereit sind, unseren eigenen Lebensstil in Frage zu stellen, wird es eben auch nichts. Unsere Nachbarn hängen sich ein Klimaschutzplakat ins Fenster, aber das hilft dem Klima herzlich wenig, wenn dann bei den ersten warmen Sonnenstrahlen gleich wieder Billigfleisch in Massen auf den Grill geschmissen wird. Und die Verbotsparteidiskussion um die Grünen zeigt ja auch sehr schön, wo wir stehen. Niemand will Verbote, alle betonen, dass sie als mündige Bürger selbst entscheiden können. Wenn die Grünen dann irgendwo unter ferner liefen den Veggie Day unterstützen, eine Aktion, die sie sich nicht mal selbst ausgedacht haben und an der schon zuvor diverse Städte weltweit ganz ohne Approval der Grünen auf vollkommen freiwilliger Basis teilgenommen haben, indem sie an einem Tag in der Woche in ihren öffentlichen Kantinen keine Fleischgerichte anbieten, dann gräbt die Bild-Zeitung das aus und macht einen Skandal daraus, wirft der Partei vor, Fleisch verbieten zu wolle (wohingegen die Grünen ganz nach Willen des Bundesdeutschen einfach nur einen Weg unterstützen, den Fleischkonsum in freiwilliger Eigenverantwortung zu senken, denn es kann ja jeder an diesem Veggie Day weiterhin einfach beim nächsten Döner-Grill um die Ecke sein Mittagessen holen), springen alle auf den Zug auf und schwupps war es das mit der angeblichen Mündgkeit, selbst klimafreundliche Entscheidungen treffen zu können, und man jammert, weil es an einem Tag in der Woche kein Fleisch in der Kantine gibt. Es wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Irgendwie brennen beim Thema Fleisch bei vielen Zeitgenoss*innen regelmäßig die Sicherungen durch (und gerne auch in Bezug auf andere Klimaschutzmaßnahmen). Es ist einfach absurd, wie sich der Fleischkonsum in unserer Wohlstandsgesellschaft seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat, aber nach drei Generationen ist wohl der Blick dafür verloren gegagangen, was ein vernünftiges Maß wäre. Das tägliche Schnitzel ist offenbar zum Grundrecht geworden, für das wir Massentierhaltung mit all seinen negativen Folgen für Tier, Mensch, Umwelt, Klima und (ganz aktuell) das damit einhergehende hohe Pandemierisiko gerne in Kauf nehmen oder verdrängen. Eine vernünftige Diskussion zu diesem Thema ist kaum möglich, und wenn selbst jemand wie Frau El Ouassil, deren Texte ich sehr schätze und deren Kolumne einer der Hauptgründe für mein Übermedien-Abo war und ist, ein Buch mit dem (sorry, ausglutschten) Titel „Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg: Warum man sich nicht jeden Spaß verderben lassen sollte“ schreibt, dann habe ich eigentlich kaum Hoffnung, dass wir irgendwann zeitnah oder überhaupt auf freiwilliger Basis irgendwie zu einer halbwegs klimafreundlichen Gesellschaft werden. Spaß geht halt vor, und nach Corona werden die, die es sich leisten können, auch wieder jährlich eine Fernflugreise machen. Ist ja ein Grundrecht und würden sicher noch viel mehr Leute machen, wenn es nicht so verdammt teuer wäre. Billigfleisch kann sich dagegen zum Glück jeder leisten. Und eben das Tesafilm fürs Wohlfühl-Ich-bin-Klimaschützer-Plakat im Wohnzimmerfenster.
@Tobias:
„eine Aktion, … an der schon zuvor diverse Städte weltweit ganz ohne Approval der Grünen auf vollkommen freiwilliger Basis teilgenommen haben“
Wenn eine Stadt freiwillig auf Fahrradverkehr in der Innenstadt verzichtet, liegt die Freiwilligkeit nicht bei denen, die sonst tatsächlich mit dem Fahrrad kämen.
„es kann ja jeder an diesem Veggie Day weiterhin einfach beim nächsten Döner-Grill um die Ecke sein Mittagessen holen“ Es kann auch jeder einfach mit dem Auto in die Nachbarstadt fahren?
Was genau bringt dann der „freiwillige“ Veggie-Tag?
Das ist mein Problem, dass das entweder sinnlos oder überflüssig ist. Entweder, man sorgt dafür, dass jede Kantine oder Mensa, die von der öffentlichen Hand kontrolliert wird, täglich ein vegetarisches Hauptgericht anbietet – welches locker ein bis zwei Euro günstiger ist – wohingegen das Fleisch genau nicht aus der Billigproduktion kommt und daher die Preisschere noch weiter hochtreibt, oder, man sorgt politisch dafür, dass es einfach kein Billigfleisch mehr gibt. Wie ErwinZK schon sagte, die Umweltkosten werden auf den Verbraucher umgelegt. m/w/d
Faule Kompromisse sind eben faul.
@Mycroft: Wie sinnvoll der Veggie Day ist, kann man diskutieren. Es handelt sich aber nicht um ein Verbot, wie immer wieder behauptet wird. Es ist niemand gezwungen, dort zu essen, wo es an besagtem Tag kein Fleisch gibt und es war auch nie vorgesehen, Städte an der Teilnahme zu zwingen, deswegen ist das ganze Gejammer und die ganze Diskussion um den Veggie Day und die Grünen, die dieser angeblich zu einer Verbotspartei macht, eine aufgebauschte Scheindiskussion.
Der Vergleich mit dem Verzicht auf Fahrradfahren hinkt in meinen Augen. Das käme ja, wenn ich Sie richtig verstehe, einem Verbot von Fahrradfahren in der Innstadt gleich. Der Veggie Day verbietet aber niemandem, an diesem Tag Fleisch zu essen. Er/Sie bekommt es eben an dem Tag nicht in der Kantine. Wem das so sehr zusetzt, der hat Alternativen gleich um die Ecke. Der Rest wird wohl ein vegetarisches Gericht wählen, und somit ergäbe sich schon ein (minimaler) positiver Effekt.
„oder, man sorgt politisch dafür, dass es einfach kein Billigfleisch mehr gibt. “
Damit rennen Sie bei mir offenen Türen ein, aber dafür wird es auf absehbare Zeit keine Mehrheiten geben. Massentierhaltung verbieten, EU-Subventionen dafür abschaffen, Ressourcen-, Flächen-, Wasser-, Energieverbrauch einpreisen und zu dem Preis verkaufen. Bin ich sofort dabei. Das hätte aber zur Folge, dass Fleisch wahnsinnig teuer wird und, wenn überhaupt, nur noch ein- bis zweimal die Woche konsumiert werden kann, von ärmeren Menschen vermutlich gar nicht mehr. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie groß das Geheule dann wäre, wenn es schon bei dieser Veggie-Day-Geschichte so groß ist. Die Deutschen geben in Umfragen regelmäßig mehrheitlich an, dass sie gegen Massentierhaltung sind. Gleichzeitig kommt über 95% des in Deutschland konsumierten Fleischs aus der Massentierhaltung. Alles über die niedrigsten Stufe des Klöcknerschen Mogel-Tierwohl-Labels bleibt in den Supermarktregalen liegen, wenn überhaupt mehr als Stufe 2 angeboten wird. Der Eigenanspruch der Deutschen und ihr tatsächliches Konsumverhalten klaffen weit auseinander, und das war mein Kritikpunkt, nicht nur in Bezug auf Fleisch, sondern ganz allgemein wenn es um Klimaschutz geht. Fast alle sind dafür, aber es soll bitte alles so bleiben, wie es ist.
„Es handelt sich aber nicht um ein Verbot, wie immer wieder behauptet wird.“
Das ist eben der performative Widerspruch – es müsste eines sein.
„Das hätte aber zur Folge, dass Fleisch wahnsinnig teuer wird und, wenn überhaupt, nur noch ein- bis zweimal die Woche konsumiert werden kann, von ärmeren Menschen vermutlich gar nicht mehr.“
Also so oft wie „früher“?
Das ist dasselbe wie mit den Flugreisen, Autofahrten und einer Menge anderer Dinge.
„Informieren über die Klimaerwärmung“
Dieses sogenannte Informieren bestand in den letzten Wochen und Monaten allzuoft zB darin, Kältewellen oder Schneefälle darauf zurückzuführen, dass durch die Klimaerwärmung der Golfstrom schwächelt.
Spätestens da wird der Bereich reiner Information verlassen und die Zone des Spin-Doktoring betreten.
Wenn man dann noch verschweigt, dass tief im Süden der USA bis an die karibische Küste reihenweise Kälterekorde (ebenso wie in Spanien in diesem Winter) gebrochen wurden, das aber nun keinesfalls auf einen schwächelnden Golfstrom zurückzuführen ist, dann ist die Grenze zur Desinformation endgültig überschritten.
Desinformation ist es, wenn man wie Herr Müller behauptet, die Kälte in Texas würde verschwiegen und kaltes Wetter allein mit dem schwächelnden Golfstrom erklärt werden.
Die Erklärungen sind ja oft noch viel simpler:
„Letztendlich ist es ja auch so, dass wir gar nicht mehr so eine große Kälte in der Arktis haben“
Und dieses kleine bisschen Restkälte bricht dann eben aus Angst vor dem Wärmetod in der Arktis nach Spanien und Mexiko auf. Muss man wissen:
„Da ist viel Wissenschaft hinter, da wird viel geforscht, und man muss sagen, solche Ereignisse muss man schon auch mit Wissenschaft betrachten“
Zitieren reicht eigentlich aus bei so viel Wärmelyrik: „schon auch mit Wissenschaft“.
Nur weil Sie im Geographieunterricht der 10. Klasse nicht aufgepasst haben und Jetstreams nicht verstehen, heißt das noch lange nicht, dass es das nicht gibt.
#17 mycroft
„Da sowas regelmäßig aufgebauscht wird, frage ich mich trotzdem, warum die Grünen daraus nichts lernen.“
kann ich Ihnen sagen: weil man gar nix dagegen machen kann. man ist da als partei schlicht abhängig von der redlichkeit und sachlichkeit der journalisten. mit der ist es aber oft genug nicht weit her. wenn man etwas skandalisieren will, findet man auch etwas.
@ Mr RE #29
„Jetstreams nicht verstehen“
Ich verstehe die sogar ganz ordentlich:
Wenn es relativ warm ist, die kalte polare Zone relativ klein ist, fließt der polare Jetstream recht weit im Norden stabil von West nach Ost.
Wenn sich bei einer Abkühlung die kalte polare Zone nach Süden ausdehnt, wandert der Jetstream nach Süden und beginnt gleichzeitig stärker zu mäandrieren. Dann geben sich also in der gemäßigten Zone (bei uns) Kaltlufteinbrüche von Norden und Warmlufteinbrüche von Süden öfter die Klinke in die Hand.
Kommt Letzteres jemandem bekannt vor? Erinnert das vielleicht jemanden an den Februar 2021?
Tipp: schon der letzte Winter war in Skandinavien recht kalt und sehr schneereich. Dieses Jahr war die Ostsee wieder stärker vereist als lange.
Ist bloß leider so nicht zutreffend, Herr Müller.
Die Jetstreams beruhen – wie alle Winde – auf dem Austausch wärmerer und kälterer Luft, im Falle des Jetstreams werden die Luftströme durch die Erddrehung abgelenkt. Geringere Wärmeunterschiede = geringere Luftströme. Polare Luft wärmer = geringere Luftströme = geringerer Jetstream = geringere Barrierewirkung = polare Luft dringt in nicht-polare Zonen vor. Also: Kälte in Mitteleuropa = Hinweis auf zu warme Polarzone.
Mein Problem: Es ist kein Journalismus, es ist Aktivismus. Es wird propagiert, nicht informiert. Und ob nun grüner oder brauner, guter oder schlechter Aktivismus – er hat nix im ÖRR zu suchen außer als Objekt der Berichterstattung.
Und überhaupt weiß ich nicht, warum der ÖRR jetzt auch noch Instagram zumüllen muss, what’s next? Tiktok-Filmchen, Telegram?
Der ÖRR ist Rundfunk, nicht mehr, es ist weder Zeitung noch Internet und sicher nicht Social Media.
Wozu das Rangewanze an die Jugend? Das ist doch nun wirklich nicht die Gruppierung, die von der Existenz des Klimawandels und der Notwendigkeit von Konsequenzen noch nix gehört hat oder überzeugt werden muss, da wären doch eher die Alten sinnvolles Ziel einer Aufklärung. Es geht offenbar nur um die eigene Relevanz.
Seitens AfD: Logische Reaktion. Botschaft: Klimawandel gab`s schon immer und davon zu reden ist linksgrün-versiffte Schurkerei.
Seitens CSU: Versteh ich nicht. Der Chef ist doch auf den Dampfer aufgestiegen. Botschaft: Den Klimawandel besiegen wir durch ein starkes, traditionsbewusstes Bayern und durch Markus Söder im Kanzleramt.
Seitens FDP: Naja, die stehen halt neben sich. In der Krise kann man nichts für den Klimaschutz tun, weil Krise ist; im Boom kann man nichts für den Klimaschutz tun, weil man damit das Wachstum abwürgt. Beides aus ökonomischer Perspektive nicht unwahr – aber keine adäquate Antwort auf ihr Problem, dass die Grünen von weiten Teilen der Bourgeoisie inzwischen als die besseren Liberalen akzeptiert sind (was nicht unbedingt für die Grünen spricht).
„Ich meine, vier junge Menschen namens Jule, Samira, Friederike und Tom“ – Friederike sollte glaub ich Frederik heißen
Das ist korrekt. Danke für den Hinweis! Wurde geändert. -jk
Davon abgesehen, dass ich dem Artikel sowie Kommentar #1 inhaltlich zustimme, finde ich es immer etwas grenzwertig, die üblichen Dampfplauderer aus AFD, FDP und Co als Repräsentanten ihrer jeweiligen Parteien zu ernennen, um nicht zu sagen, zu überhöhen.
Natürlich machen diese Leute Stimmung gegen alles, was ihr Parteiprogramm oder ihr (gedachtes) Klientel diskreditieren könnte. Dass das für alle Vertreter oder Anhänger dieser Parteien gilt, erscheint mir allerdings zu einfach. Und wenn man die zitierten Parteimitglieder als Einzelpersonen versteht, bleibt von der Kritik an deren Aussagen eigentlich nur: „Ewiggestrige Betonköpfe schlagen verbal um sich.“
Nett zu lesen, ist der Text übrigens trotzdem.
Börse vor 8 kommt direkt vor der Tagesschau, nicht vor den Tagesthemen :)
Zum Thema an sich steht ja schon alles in der Kolumne. Gefühlt wird gerade mit jeder Kleinigkeit gegen die öffentlich-rechtlichen Sender geschossen. Vielleicht entschuldigt sich ja ein Intendant. Die andere Seite empört sich dann über die Empörung. Und schon ist halb Twitter voll mit Namen von Wirtschaftssendungen, die WDR 5 produziert, um den Unsinn eines FDPlers zu entlarven.
Alle so: „Was kann jeder von uns tun, um die Grünen zu puschen?“
Tierarten: *sterben aus
Gletscher: *schmelzen
WDR: *berichtet darüber
Grüne so: „Eigentlich müssten EFH verboten sein.“
ausgestorbene Tierarten: *augenroll
verschwundene Gletscher: *deskpalm
WDR: „Tja, aus Gründen der ausgewogenen Berichterstattung müsen wir das auch thematisieren.“
Ach, der FDPler ist doch bloß neidisch, dass Börse vor Acht offenbar keine Auswirkungen auf die Performance seiner Partei hat. Oder…wäre die Lage der FDP noch schlimmer ohne diese Sendung? Er sollte lieber schnell etwas gegen die Grünen twittern, sonst merkt’s noch jemand.
@Mr. Re:
Das dürfte der Grund sein.
Frederik Fleig wirbt bei Instagramm einerseits mit „@klima.neutral“ – andererseits damit, dass er bereits 55 Länder bereist habe. Darf ich diesen performativen Widerspruch als symptomatisch für woke Millenials aus der Vollkorn-Bourgeosie betrachten?
@8: Aber nur, wenn Sie auch alle Hauptschullehrkräfte, die selbst auf dem Gymnasium waren, alle Veganer*innen, die als Kind Leberwurst gegessen haben und alle Sprachkritiker, die das Wort woke benutzen, genauso bekritteln.
@MYCROFT:
Am Rande angemerkt:
Die Debatte um EFH ist gut und wichtig. Sie wird uns in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen.
Klar wird das medial / wahlkampftechnisch ausgeschlachtet. Auf der anderen Seite will aber auch niemand Politiker, die nur in 4 Jahres Rhythmen denken.
Das Wüstenrot-Ghetto ist eine weitere Bedrohung für „Gletscher und Tierarten“ ( und so vieles mehr ).
Ich habe viel an den Grünen zu kritisieren. Das aber nun gerade nicht.
@8: Puh, da sind Sie ja echt investigativ unterwegs. Am Ende finden Sie noch heraus, dass dieser woke Milennial die Heizung aufdreht, obwohl Strom und Wärme für 40 Prozent des CO2s verantwortlich sind, Fliegen aber nur für 2 Prozent.
Was kommt als nächstes, Fleischesser, die über Veganer berichten? Schlimm.
„Die Debatte um EFH ist gut und wichtig. Sie wird uns in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen.“
Im Prinzip schon. Aber so, wie die das kommunizieren, ist das keine Wahlwerbung für die Grünen.
Wenn die Idee wäre, man solle vorhandenen Wohnraum bzw. bereits versiegelte Flächen ökologischer und attraktiver machen, anstelle Neubaugebiete zu bauen, klingt das schon rein psychologisch positiver, weil FÜR etwas statt GEGEN etwas.
@ Mr. Re (#9):
Zur Klarstellung: Ich knüpfe hier an ältere Debatten in den Kommentarspalten an, wonach „die Boomer“ Schuld seien am Klimawandel, während „die Jugend“ a) voll klimabewusst sei und b) die Sünden der Eltern ausbaden müsse. Nehmen Sie den erwähnten Widerspruch als Hinweis darauf, dass es so einfach nicht ist.
@13: Ist mir klar, aber ich weise dann halt darauf hin, dass „Ja aber der ist ja selbst gar nicht perfekt“ in ermüdender Regelmäßigkeit kommt, um Kritik z.B. von Klimaaktivist*innen wegzuwischen.
@12, Mycroft: Die Debatte um Einfamilienhäuser wäre auch einen Übermedien-Artikel wert. Aus dem (schon älteren) Beschluss des Bezirks Nord in Hamburg, in neuen Bebauungsplänen keine solchen Wohneinheiten mehr einzuplanen – aus Klimaschutz-, Platz- und sozialen Gründen – wurde flugs eine mediale Verbotsfantasie inkl. der Warnung politischer Akteur*innen, dass die Grünen alle Eigenheimbesitzer enteignen und sie in Hochhäuser mit Plumpsklo umsiedeln wollen. Dass Hamburg-Langenhorn bundespolitisch so im Fokus stand, gab’s seit Helmut Schmidt nicht mehr…
@Mr. Re (#14):
Die Kritik wegzuwischen, liegt mir fern. Mir fehlt bei jungen Klimaaktivisten nur manchmal das Bewusstsein, dass auch sie – qua Sozialisation im Konsum-Kapitalismus – Teil des Problems sind; nicht allein durch Jugend aus der Verantwortung und durch Protest Teil der Lösung.
Dieses „…, weil IHR uns die Zukunft klaut!“-Gefühl ist trügerisch, und das ließ sich m.E. an den 55 bereisten Ländern hübsch illustrieren. Ein Urteil über (den mir unbekannten) Herrn Fleig als Person wollte ich damit nicht gefällt haben.
„Die Debatte um Einfamilienhäuser wäre auch einen Übermedien-Artikel wert.“ Bestimmt.
Da sowas regelmäßig aufgebauscht wird, frage ich mich trotzdem, warum die Grünen daraus nichts lernen.
@Kritischer Kritiker
Ich nehme in den Medien keinen einzigen jungen Klimaaktivisten wahr, der sich nicht auch seiner Rolle bei der Schädigung des Klimas bewusst ist und dies nicht auch offen so äußert.
Können Sie mir bitte mal einen Link geben, in dem ein junger Klimaaktivist sich anders äußert und Ihrer Kritik gerecht wird?
Wäre nett, Danke.
@16: Danke für die Klarstellung / Erläuterung.
@17: Aber die Lösung kann ja nicht vorauseilender Gehorsam sein bzw. sich nicht mehr zu trauen, minimal ‚radikale‘ Ideen umzusetzen aus Angst, dass BILD und mittelmäßig einflussreiche CDU-Europaabgeordnete daraus einen Aufreger basteln. Aus Interesse gefragt: Was wäre Ihre Vorstellung, wie eine solche politische Entscheidung besser umgesetzt und kommuniziert werden könnte?
@Kritischer Kritiker
Diese persönliche Verantwortungsebene ist der Grund, weshalb wir überhaupt in dieser Lage sind. Solange jedem selbst überlassen ist, wieviel er oder sie an Treibhausgasen ausstößt, wird zu viel ausgestoßen. Das ist ein klassischer Fall von Gefangenendilemma. Ich habe im Gegensatz zu Ihnen den Eindruck, Klimaaktivisten fallen auch und zu oft auf diesen Fehlschluss rein. Die individuelle Ebene ist nur ein verschwindend kleiner Beitrag, den jeder von uns aus gutem Willen tun kann, aber letztendlich kann es nur eine Lösung von oben und zwar möglichst weit oben geben (UN statt Länder statt Individuen).
Aber wir haben alle nur 1 Stimme und nicht unbegrenzt Freizeit und geistige Kapazität, die Politik zum Handeln zu zwingen, deshalb muss man klein anfangen, bei sich selbst, im Freundeskreis, kommunal, etc. Ich esse auch vegetarisch und versuche mich an vegan, ich habe alle meine jemals privat bezahlten Flüge über Spenden CO2-neutral ausgeglichen, ich fahre bzw fuhr jeden Tag ÖPNV vor dem Home Office. Ich denke gerade Klimaaktivisten tun das genauso und ohne ihre Lebensumstände zu kennen darauf zu verweisen, dass sie viel fliegen, was nichts über ihre Klimabilanz insgesamt aussagt, ist ein billiges Ad Hominem, um sich den inhaltlichen Forderungen zu verweigern.
Ich weiß auch nicht genau ob das ein grünes Argument ist oder nur ein Strohmann, dass Flüge verboten oder reduziert werden sollen, aber ich persönlich halte davon wenig. Fliegen und andere Länder und Kulturen bereisen ist eine fortschrittliche Errungenschaft und sollte so vielen Menschen wie möglich ermöglicht werden. Nur sollten die entsprechenden Umweltkosten dafür nicht auf alle sondern auf die jeweiligen Passagiere umgelegt werden.
Es sollte sozusagen jeder das Recht haben, die Umwelt zu belasten, wenn er oder sie es wieder in Ordnung bringt, und keiner sollte die Umwelt belasten können ohne die Kosten für die Reparatur zu tragen.
@Erwinzk (#20):
Anscheinend rege ich hier ja zu vielen Missverständnissen an. Nein, ich bin nicht der Auffassung, dass persönliche Verhaltensänderungen der Schlüssel zur Lösung sind. Ich meine, dass sich der Lebensstil der Gesellschaft ändern muss, und dass alle Verantwortung tragen, die Teil dieser Gesellschaft sind.
Dass diese Veränderung nur durch einen Bruch mit der herrschenden Wirtschaftsweise möglich sein wird, während wir alle von eben dieser Wirtschaftsweise abhängig sind – das ist das Dilemma. („Der Prozess zehrt davon, dass die Menschen dem, was ihnen angetan wird, auch ihr Leben verdanken“, schrieb Adorno.)
Davon ab kann es nicht schaden, ein bisschen Zurückhaltung einzuüben. Ich habe kein Auto, fliege nicht, heize nicht über 20 Grad, etc. Dass dient aber vor allem meinem Gewissen. Mache mir keine Illusion, damit die Welt zu verbessern.
@Micha (#18):
„Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut“ – eine zentrale Parole der FFF-Leute. Greta Thunberg, die regelmäßig die Differenz zwischen „der Jugend“ und „den Erwachsenen“ macht.* Ein junger Demonstrant, der am Rande einer Demo (von der Tagesschau?) interviewt wird und bekennt, natürlich werde er weiter in Urlaub fliegen, weil „der Mensch nun mal Erholung brauche“. Eine ältere Debatte hier in den Kommentarspalten, die symptomatisch steht für die Vorstellung von den ignoranten Boomern, die alles zerstört hätten, und der Jugend, die es besser wisse (wobei die Angehörigen der Umweltbewegung, die um 1980 herum ähnlich argumentierten, ironischerweise allesamt Boomer sind).
Wer es ernstmeint mit der Klimakrise, sollte auf diesen Generationenquatsch verzichten. Der ist ebenso reduktionistisch wie der liberale Ansatz (Der Konsument hat es in der Hand) oder der Traditionslinke (Die Konzerne sind schuld).
*Der Entgegensetzung zwischen den schuldhaften Alten und den rebellierenden Jungen ist in Deutschland auch deshalb so eingängig, weil er in gewisser Weise die Konstellation von 1968 wiederholt. Aber die 68er bezogen ihre Legitimitation aus dem Bruch der Kapitulation – sie gehörten dem Schuldkollektiv der Väter nicht an und konnten deshalb aus einer anderen Perspektive sprechen.
Die Klimakrise kennt keinen Bruch: Seit ca. 1800 hat jede Generation die Erde schwerer verwüstet als ihre Vorgänger. Und es gibt leider kaum Grund zu der Hoffnung, dass sich daran demnächst etwas ändern wird.
Klimaschutz sollte unser aller Anliegen sein, weil es uns alle betrifft, aber es braucht keine FDP- und CSU-Politiker, die sich hier einen Skandal an den Haaren herbeiziehen, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass wir als Gesellschaft weit davon entfernt sind, echten Klimaschutz zu wollen. Hier in den Kommentaren wird unter anderem die Verantwortung des Einzelnen gegen die Notwendigkeit eines Wandels unseres gegewärtigen Wirtschaftens abgewogen und diskutiert. Ohne Letzeres wird es nicht gehen, aber so lange wir nicht bereit sind, unseren eigenen Lebensstil in Frage zu stellen, wird es eben auch nichts. Unsere Nachbarn hängen sich ein Klimaschutzplakat ins Fenster, aber das hilft dem Klima herzlich wenig, wenn dann bei den ersten warmen Sonnenstrahlen gleich wieder Billigfleisch in Massen auf den Grill geschmissen wird. Und die Verbotsparteidiskussion um die Grünen zeigt ja auch sehr schön, wo wir stehen. Niemand will Verbote, alle betonen, dass sie als mündige Bürger selbst entscheiden können. Wenn die Grünen dann irgendwo unter ferner liefen den Veggie Day unterstützen, eine Aktion, die sie sich nicht mal selbst ausgedacht haben und an der schon zuvor diverse Städte weltweit ganz ohne Approval der Grünen auf vollkommen freiwilliger Basis teilgenommen haben, indem sie an einem Tag in der Woche in ihren öffentlichen Kantinen keine Fleischgerichte anbieten, dann gräbt die Bild-Zeitung das aus und macht einen Skandal daraus, wirft der Partei vor, Fleisch verbieten zu wolle (wohingegen die Grünen ganz nach Willen des Bundesdeutschen einfach nur einen Weg unterstützen, den Fleischkonsum in freiwilliger Eigenverantwortung zu senken, denn es kann ja jeder an diesem Veggie Day weiterhin einfach beim nächsten Döner-Grill um die Ecke sein Mittagessen holen), springen alle auf den Zug auf und schwupps war es das mit der angeblichen Mündgkeit, selbst klimafreundliche Entscheidungen treffen zu können, und man jammert, weil es an einem Tag in der Woche kein Fleisch in der Kantine gibt. Es wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Irgendwie brennen beim Thema Fleisch bei vielen Zeitgenoss*innen regelmäßig die Sicherungen durch (und gerne auch in Bezug auf andere Klimaschutzmaßnahmen). Es ist einfach absurd, wie sich der Fleischkonsum in unserer Wohlstandsgesellschaft seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat, aber nach drei Generationen ist wohl der Blick dafür verloren gegagangen, was ein vernünftiges Maß wäre. Das tägliche Schnitzel ist offenbar zum Grundrecht geworden, für das wir Massentierhaltung mit all seinen negativen Folgen für Tier, Mensch, Umwelt, Klima und (ganz aktuell) das damit einhergehende hohe Pandemierisiko gerne in Kauf nehmen oder verdrängen. Eine vernünftige Diskussion zu diesem Thema ist kaum möglich, und wenn selbst jemand wie Frau El Ouassil, deren Texte ich sehr schätze und deren Kolumne einer der Hauptgründe für mein Übermedien-Abo war und ist, ein Buch mit dem (sorry, ausglutschten) Titel „Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg: Warum man sich nicht jeden Spaß verderben lassen sollte“ schreibt, dann habe ich eigentlich kaum Hoffnung, dass wir irgendwann zeitnah oder überhaupt auf freiwilliger Basis irgendwie zu einer halbwegs klimafreundlichen Gesellschaft werden. Spaß geht halt vor, und nach Corona werden die, die es sich leisten können, auch wieder jährlich eine Fernflugreise machen. Ist ja ein Grundrecht und würden sicher noch viel mehr Leute machen, wenn es nicht so verdammt teuer wäre. Billigfleisch kann sich dagegen zum Glück jeder leisten. Und eben das Tesafilm fürs Wohlfühl-Ich-bin-Klimaschützer-Plakat im Wohnzimmerfenster.
@Tobias:
„eine Aktion, … an der schon zuvor diverse Städte weltweit ganz ohne Approval der Grünen auf vollkommen freiwilliger Basis teilgenommen haben“
Wenn eine Stadt freiwillig auf Fahrradverkehr in der Innenstadt verzichtet, liegt die Freiwilligkeit nicht bei denen, die sonst tatsächlich mit dem Fahrrad kämen.
„es kann ja jeder an diesem Veggie Day weiterhin einfach beim nächsten Döner-Grill um die Ecke sein Mittagessen holen“ Es kann auch jeder einfach mit dem Auto in die Nachbarstadt fahren?
Was genau bringt dann der „freiwillige“ Veggie-Tag?
Das ist mein Problem, dass das entweder sinnlos oder überflüssig ist. Entweder, man sorgt dafür, dass jede Kantine oder Mensa, die von der öffentlichen Hand kontrolliert wird, täglich ein vegetarisches Hauptgericht anbietet – welches locker ein bis zwei Euro günstiger ist – wohingegen das Fleisch genau nicht aus der Billigproduktion kommt und daher die Preisschere noch weiter hochtreibt, oder, man sorgt politisch dafür, dass es einfach kein Billigfleisch mehr gibt. Wie ErwinZK schon sagte, die Umweltkosten werden auf den Verbraucher umgelegt. m/w/d
Faule Kompromisse sind eben faul.
@Mycroft: Wie sinnvoll der Veggie Day ist, kann man diskutieren. Es handelt sich aber nicht um ein Verbot, wie immer wieder behauptet wird. Es ist niemand gezwungen, dort zu essen, wo es an besagtem Tag kein Fleisch gibt und es war auch nie vorgesehen, Städte an der Teilnahme zu zwingen, deswegen ist das ganze Gejammer und die ganze Diskussion um den Veggie Day und die Grünen, die dieser angeblich zu einer Verbotspartei macht, eine aufgebauschte Scheindiskussion.
Der Vergleich mit dem Verzicht auf Fahrradfahren hinkt in meinen Augen. Das käme ja, wenn ich Sie richtig verstehe, einem Verbot von Fahrradfahren in der Innstadt gleich. Der Veggie Day verbietet aber niemandem, an diesem Tag Fleisch zu essen. Er/Sie bekommt es eben an dem Tag nicht in der Kantine. Wem das so sehr zusetzt, der hat Alternativen gleich um die Ecke. Der Rest wird wohl ein vegetarisches Gericht wählen, und somit ergäbe sich schon ein (minimaler) positiver Effekt.
„oder, man sorgt politisch dafür, dass es einfach kein Billigfleisch mehr gibt. “
Damit rennen Sie bei mir offenen Türen ein, aber dafür wird es auf absehbare Zeit keine Mehrheiten geben. Massentierhaltung verbieten, EU-Subventionen dafür abschaffen, Ressourcen-, Flächen-, Wasser-, Energieverbrauch einpreisen und zu dem Preis verkaufen. Bin ich sofort dabei. Das hätte aber zur Folge, dass Fleisch wahnsinnig teuer wird und, wenn überhaupt, nur noch ein- bis zweimal die Woche konsumiert werden kann, von ärmeren Menschen vermutlich gar nicht mehr. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie groß das Geheule dann wäre, wenn es schon bei dieser Veggie-Day-Geschichte so groß ist. Die Deutschen geben in Umfragen regelmäßig mehrheitlich an, dass sie gegen Massentierhaltung sind. Gleichzeitig kommt über 95% des in Deutschland konsumierten Fleischs aus der Massentierhaltung. Alles über die niedrigsten Stufe des Klöcknerschen Mogel-Tierwohl-Labels bleibt in den Supermarktregalen liegen, wenn überhaupt mehr als Stufe 2 angeboten wird. Der Eigenanspruch der Deutschen und ihr tatsächliches Konsumverhalten klaffen weit auseinander, und das war mein Kritikpunkt, nicht nur in Bezug auf Fleisch, sondern ganz allgemein wenn es um Klimaschutz geht. Fast alle sind dafür, aber es soll bitte alles so bleiben, wie es ist.
„Es handelt sich aber nicht um ein Verbot, wie immer wieder behauptet wird.“
Das ist eben der performative Widerspruch – es müsste eines sein.
„Das hätte aber zur Folge, dass Fleisch wahnsinnig teuer wird und, wenn überhaupt, nur noch ein- bis zweimal die Woche konsumiert werden kann, von ärmeren Menschen vermutlich gar nicht mehr.“
Also so oft wie „früher“?
Das ist dasselbe wie mit den Flugreisen, Autofahrten und einer Menge anderer Dinge.
„Informieren über die Klimaerwärmung“
Dieses sogenannte Informieren bestand in den letzten Wochen und Monaten allzuoft zB darin, Kältewellen oder Schneefälle darauf zurückzuführen, dass durch die Klimaerwärmung der Golfstrom schwächelt.
Spätestens da wird der Bereich reiner Information verlassen und die Zone des Spin-Doktoring betreten.
Wenn man dann noch verschweigt, dass tief im Süden der USA bis an die karibische Küste reihenweise Kälterekorde (ebenso wie in Spanien in diesem Winter) gebrochen wurden, das aber nun keinesfalls auf einen schwächelnden Golfstrom zurückzuführen ist, dann ist die Grenze zur Desinformation endgültig überschritten.
Desinformation ist es, wenn man wie Herr Müller behauptet, die Kälte in Texas würde verschwiegen und kaltes Wetter allein mit dem schwächelnden Golfstrom erklärt werden.
Die Erklärungen sind ja oft noch viel simpler:
„Letztendlich ist es ja auch so, dass wir gar nicht mehr so eine große Kälte in der Arktis haben“
Und dieses kleine bisschen Restkälte bricht dann eben aus Angst vor dem Wärmetod in der Arktis nach Spanien und Mexiko auf. Muss man wissen:
„Da ist viel Wissenschaft hinter, da wird viel geforscht, und man muss sagen, solche Ereignisse muss man schon auch mit Wissenschaft betrachten“
Zitieren reicht eigentlich aus bei so viel Wärmelyrik: „schon auch mit Wissenschaft“.
Nur weil Sie im Geographieunterricht der 10. Klasse nicht aufgepasst haben und Jetstreams nicht verstehen, heißt das noch lange nicht, dass es das nicht gibt.
#17 mycroft
„Da sowas regelmäßig aufgebauscht wird, frage ich mich trotzdem, warum die Grünen daraus nichts lernen.“
kann ich Ihnen sagen: weil man gar nix dagegen machen kann. man ist da als partei schlicht abhängig von der redlichkeit und sachlichkeit der journalisten. mit der ist es aber oft genug nicht weit her. wenn man etwas skandalisieren will, findet man auch etwas.
@ Mr RE #29
„Jetstreams nicht verstehen“
Ich verstehe die sogar ganz ordentlich:
Wenn es relativ warm ist, die kalte polare Zone relativ klein ist, fließt der polare Jetstream recht weit im Norden stabil von West nach Ost.
Wenn sich bei einer Abkühlung die kalte polare Zone nach Süden ausdehnt, wandert der Jetstream nach Süden und beginnt gleichzeitig stärker zu mäandrieren. Dann geben sich also in der gemäßigten Zone (bei uns) Kaltlufteinbrüche von Norden und Warmlufteinbrüche von Süden öfter die Klinke in die Hand.
Kommt Letzteres jemandem bekannt vor? Erinnert das vielleicht jemanden an den Februar 2021?
Tipp: schon der letzte Winter war in Skandinavien recht kalt und sehr schneereich. Dieses Jahr war die Ostsee wieder stärker vereist als lange.
Ist bloß leider so nicht zutreffend, Herr Müller.
Die Jetstreams beruhen – wie alle Winde – auf dem Austausch wärmerer und kälterer Luft, im Falle des Jetstreams werden die Luftströme durch die Erddrehung abgelenkt. Geringere Wärmeunterschiede = geringere Luftströme. Polare Luft wärmer = geringere Luftströme = geringerer Jetstream = geringere Barrierewirkung = polare Luft dringt in nicht-polare Zonen vor. Also: Kälte in Mitteleuropa = Hinweis auf zu warme Polarzone.
Mein Problem: Es ist kein Journalismus, es ist Aktivismus. Es wird propagiert, nicht informiert. Und ob nun grüner oder brauner, guter oder schlechter Aktivismus – er hat nix im ÖRR zu suchen außer als Objekt der Berichterstattung.
Und überhaupt weiß ich nicht, warum der ÖRR jetzt auch noch Instagram zumüllen muss, what’s next? Tiktok-Filmchen, Telegram?
Der ÖRR ist Rundfunk, nicht mehr, es ist weder Zeitung noch Internet und sicher nicht Social Media.
Wozu das Rangewanze an die Jugend? Das ist doch nun wirklich nicht die Gruppierung, die von der Existenz des Klimawandels und der Notwendigkeit von Konsequenzen noch nix gehört hat oder überzeugt werden muss, da wären doch eher die Alten sinnvolles Ziel einer Aufklärung. Es geht offenbar nur um die eigene Relevanz.