Der Endkampf der Verleger für ihr Leistungsschutzrecht
Wenn Sie sich über Social Media oder Suchmaschinen über das Tagesgeschehen informieren, was machen Sie dann am häufigsten? Überfliegen Sie die Hauptnachrichten des Tages, ohne auf Links zu klicken? Oder klicken Sie auf Links, um ganze Artikel auf den Originalseiten zu lesen?
„Mal so, mal so“ ist keine Antwortmöglichkeit, „je nachdem“ auch nicht – Sie müssen sich entscheiden.
In der EU haben sich 47 Prozent für meistens Stöbern und 45 Prozent für meistens Klicken entschieden. Befragt wurden im März 2016 knapp 13.500 Menschen zwischen 15 und 45. Auftraggeber war die Europäische Kommission.
Wenn Sie jetzt sagen, dass man mit einer solch merkwürdigen Frage mit solch vagen Antworten doch sehr wenig anfangen kann, dann täuschen Sie sich. Die deutschen Zeitungsverleger können sie gerade gut gebrauchen, als ein Argument für das Leistungsschutzrecht, das sie für sich fordern. In einer Übersicht kontern sie damit die Behauptung, dass Zeitungen und Zeitschriften von den kurzen Vorschauen in News-Aggregatoren und Suchmaschinen profitieren und sie dafür nicht noch bezahlt werden müssen. Es gebe keine „Win-Win-Situation“, schreiben die Verleger, denn:
Untersuchungen der EU-Kommission haben ergeben, dass fast 50 % aller Internetnutzer nur die Ausschnitte lesen, die Online-Dienste aus Presseveröffentlichungen auf ihren Seiten anzeigen und nicht den Artikel im Presseerzeugnis.
Die Verschärfung von „meistens“ auf „nur“ ist natürlich sachlich falsch, und es war auch keine Untersuchung, sondern eine bloße Umfrage, aber wer wollte es mit einem Schein-Argument der Verlegerlobby schon so genau nehmen. Es findet sich in ähnlicher Form auch in Gastbeiträgen des Zeitungsverlegerverbandes in der Presse.
In Auftrag gegeben hatte die Umfrage übrigens der damalige EU-Kommissar für die Digitale Gesellschaft und Wirtschaft, der CDU-Politiker Günther Oettinger, einer der flammendsten Fürsprecher für ein Verleger-Leistungsschutzrecht.
Wie ein Untoter geistert das Leistungsschutzrecht wieder durch Medien und Parlamente. Jahre, nachdem alle Argumente und Schein-Argumente in der Diskussion um ein deutsches Leitungsschutzrecht ausgetauscht waren, wiederholt sich das Spiel nun auf europäischer Ebene. Heute stimmt das EU-Parlament über eine Reform des Urheberrechts ab, in der – neben „Upload-Filtern“ – auch ein solches Leistungsschutzrecht vorgesehen ist. Demnach sollen Suchmaschinen, Aggregatoren und andere Plattformen keine Überschriften oder kurze Ausschnitte von Pressetexten anzeigen dürfen, ohne eine Genehmigung dafür einzuholen, und das heißt im Zweifel: dafür zu bezahlen.
Die Aufgeregtheit ist bei Gegnern wie Befürworter der Pläne groß. Beide Seiten arbeiten mit extremen Übertreibungen und Untergangsszenarien: Einmal droht das Ende des freien Internet, einmal das Ende der freien Presse und der Demokratie.
Fast 850.000 Menschen haben eine Petition gegen die Reform unterzeichnet. Die Abgeordneten werden mit Mails überflutet. Dietmar Wolff, der Hauptgeschäftsführer des Zeitungsverlegerverbandes BDZV, suggeriert, dass dahinter nicht nur Menschen, sondern auch Bots stecken: „Ganze Heerscharen an Netzaktivisten und Roboter erledigen die Lobbyarbeit für die US-Konzerne“, schreibt er im „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der „Welt“.
Die Unterstützer der Reform schreiben nicht nur flammende Kommentare und Gastbeiträge in den Zeitungen, sondern auch offene Briefe. Einer stammt von 26 deutschen Chefredakteuren und zwei Chefredakteurinnen. Allein zwölf von ihnen leiten Zeitungen aus der Verlagsgruppe Madsack, die vor einiger Zeit die publizistische Führung bei der Lobbyarbeit von Springer übernommen hat.
Wir sehen mit großer Sorge, dass die Finanzierung der Arbeit der Redaktionen zunehmend in Frage steht, weil kommerzielle Unternehmen Schlagzeilen, Textausschnitte oder ganze Artikel aus den digitalen Angeboten der Pressehäuser übernehmen, ohne hierfür zu zahlen.
Ganze Artikel? Wer die ohne Genehmigung übernimmt, verstößt schon jetzt gegen das Urheberrecht. Aber wer macht denn sowas?
Es braucht drei Mails, um von Peter Stefan Herbst, dem Chefredakteur der „Saarbrücker Zeitung“, der im Brief als Ansprechpartner genannt wird, eine Antwort darauf zu bekommen. Also, eine Art Antwort. Herbst schreibt:
Es gibt immer wieder Fälle, in denen Unternehmen (auch hinter Paywalls) ganze Artikel aus Zeitungen kopieren, um diese für die Nutzung in ihren Diensten bereitstellen zu können.
Die Frage hatte gelautet: „Können Sie Beispiele sagen?“ Antwort also: „Es gibt immer wieder Fälle.“
Selbst wenn es solche Fälle in großer Zahl geben sollte, und selbst wenn die Rechtsdurchsetzung, wie Herbst weiter ausführt, für die Verlage schwierig sein sollte, weil sie nicht über ein eigenes Recht an den Texten verfügen, selbst dann bräuchte es dagegen kein Leistungsschutzrecht, das darauf zielt, auch kleinste Textschnipsel zu schützen.
Herbst räumt auf Nachfrage ein, dass die angeblich übernommenen „ganzen Artikel“ nicht der „Kern“ dessen sind, um das es geht. Es ist sicher kein Zufall, dass sie trotzdem im Brief der Chefredakteure erwähnt sind. Unterstützter des Leistungsschutzrechtes erwecken immer wieder den Eindruck, momentan gebe es keinen Schutz dagegen, dass vollständige Texte „abgegriffen“ und vermarktet werden. Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner hatte das auf einer Enquete der österreichischen Bundesregierung im Beisein des österreichischen Medienministers behauptet:
„Jeder kann einen Artikel, ein Video, ein journalistisches Element, das ein Verlag erstellt hat, nehmen, kann es kopieren, kann es in einen anderen Kontext stellen und selbst erfolgreich vermarkten.“
Ich habe den Zeitungsverlegerverband BDZV, dessen Präsiden Döpfner ist, um eine Stellungnahme dazu gebeten. Nach vielen Nachfragen teilt mir der Kommunikationschef Alexander von Schmettow mit, Döpfners Zitat sei zwar „im Wortlaut korrekt, aber bewusst verkürzt und ohne Kontext widergegeben worden“. Döpfner habe mit seiner Aussage gemeint: „Es sei erlaubt, jederzeit (auch) auf urheberrechtlich geschützte Inhalte zu verlinken. Ihm ist selbstverständlich bewusst, dass das vollständige Kopieren eines geschützten Inhalts aufgrund der bestehenden Gesetze nicht erlaubt ist.“
Das ist völlig abwegig: Döpfner verglich das Verhalten von Google und Facebook (sowie erstaunlicherweise Amazon) damit, im Supermarkt „einfach ein Pfund Butter oder eine Tüte Milch mitnehmen“ zu können, „ohne dafür zu bezahlen“. Aber wenn Döpfner, wie der BDZV-Sprecher ihn interpretiert, die Möglichkeit skandalisieren wollte, dass man einfach auf urheberrechtlich geschützte Inhalte verlinken kann, ist das fast noch beunruhigender – und scheint die Gegner des Leistungsschutzrechtes zu bestätigen, die von einer „Link Tax“ sprechen.
Die Behauptung völliger Schutzlosigkeit ist ein wichtiges Element der Verlegerkampagne. Mal wird es so dargestellt, als gebe es derzeit gar kein Recht, das ihre Inhalte schützt (siehe Döpfner). Mal, als rissen sich amerikanische Konzerne wie Google und Facebook einfach rechtswidrig alles unter den Nagel. Wie vor Jahren, bei der Kampagne für ein deutsches Leistungsschutzrecht, ist von „Diebstahl“ die Rede. So etwa in einem Kommentar von Ulli Tückmantel, Chefredakteur der „Westdeutschen Zeitung“:
Google & Co sowie ihre netzaktiven Freunden [sic!] tun so, als wüchsen schöpferische Leistungen im Wald oder auf der Wiese und dürften von jedermann unentgeltlich gepflückt und großem Gewinn weiterverkauft werden. Das klingt freundlicher und selbstloser als das, was es ist: Diebstahl.
Oder in der „Stuttgarter Zeitung“, die vor zwei Wochen schrieb:
Die vermeintliche Gratiskultur des Internets verstellt den Blick auf einen Skandal: Es geht um den täglichen Diebstahl von geistigem Eigentum, begangen in großem Stil von den Verantwortlichen der digitalen Plattformen. Diese Internetunternehmen investieren nicht in die Bezahlung von Journalisten und deren Ausbildung, sondern eignen sich die Ergebnisse der täglichen Arbeit fremder Leute ungestraft an und verdienen damit viel Geld.
Tatsächlich könnten die Verlage den vermeintlichen „Diebstahl“ einfach verhindern: Wenn sie einen entsprechenden Hinweis in ihren Quellcode einbauen, verzichtet zum Beispiel Google auf die Anzeige der kurzen Textvorschau in seinen Suchmaschinen. Stattdessen tun die Verlage alles dafür, dass Google sich die eigene Arbeit auch so gut wie möglich „aneignet“.
Zu den offenen Briefen an die Europa-Abgeordneten, die in diesem Streit besonders was hermachen, gehört ein Appell mit der Überschrift „Ja zur Modernisierung des EU-Urheberrechts!“ Er wird von 62 Verbänden der Kultur- und Medienwirtschaft getragen. Zu der beeindruckenden Liste der Absender gehören auch Gewerkschaften und Journalistenverbände, was für manches Stirnrunzeln sorgte.
So unterstützt der Deutsche Journalisten-Verband DJV mit seiner Unterschrift unter dem Appell die umstrittenen Beschlussempfehlungen des Rechtsausschusses, zu denen auch das Leistungsschutzrecht und die Upload-Filter gehören. Der Sprecher des DJV hatte in einem Kommentar im „DJV Blog“ noch fünf Tage zuvor diesen Beschluss als „Murks auf ganzer Linie“ erklärt.
In einer Pressemitteilung erklärte der DJV dann, sein Votum für die geplanten Regelungen (die Upload-Filter unvermeidlich machen), seien kein Votum für Upload-Filter.
Dazu passt, dass der federführende Politiker hinter der Reform, der CDU-Abgeordnete Axel Voss, den großen Plattformen wie Google und Facebook eine „Fake News“-Kampagne vorwirft, unter anderem dadurch, dass sie Angst vor „Upload-Filtern“ schürten. In demselben Video-Statement spricht er selbst Sekunden später von „Erkennungssoftware“ – einem anderen Wort für „Upload-Filter“.
- BDZV: Positionen der deutschen und europäischen Verlegerverbände zum EU-Leistungsschutzrecht
- Julia Reda: What’s at stake in the July 5 #SaveYourInternet vote: The text, explained
- Dietmar Wolff: America First – im EU-Parlament?
- Sascha Lobo: Die dunkle Technikhörigkeit der Ahnungslosen
Offenlegung: Ich habe die Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht unterstützt.
Das LSR ist eine Hydra: Einfach nicht plattzukriegen.
Sachargumente bringen da Nichts. Es geht um Zwangsabgaben für „dir großen Plattformen“ und sonst wen.
Ich könnte nun auf die Forderung des BVB an die Dortmunder Stadtwerke verweisen: Der BVB will einen Anteil des Beförderungsentgeltes der Stadtwerke, da diese ja die „Leistung“ des BVB nutzen, um über die Beförderung der Zuschauer zum Stadion Geld zu verdienen.
Der Kiosk vorm Stadion will deshalb übrigens auch Geld von den Stadtwerken – und vom BVB, da dieser ja das Angebot des Kiosks nutzt, um für dessen Kundschaft Fußballspiele auszurichten.
Ich höre übringes erst dann auf mit der Raubmordkopiererei, wenn ich die von mir beim Kauf von Leermedien entrichtete Abgaben wieder „drinnen“ habe ….
Ihhhh, er hat Endkampf gesagt, der Werwolf der!
Das LSR ist wohl wirklich nicht tot zu kriegen.
Was passiert eigentlich, wenn Google die Verlage dann einfach tatsächlich „auslistet“ wenn nicht mal mehr Überschriften genutzt und verlinkt werden dürfen? Kommt dann das nächste Gesetz, welches Google „aus Gründen der Meinungsfreiheit“ dazu verpflichtet, die Verlage zu verlinken?
Ich mein, das hat doch in Deutschland schon nicht funktioniert, warum soll das auf EU-Ebene klappen?
Vielleicht stecke ich da wirklich zuwenig in der Bürokratie des Systems aber ich kann mir beim besten Willen nix vorstellen, was dazu führen würden, dass die Verlage mit dieser Aktion tatsächlich gewinnen. Da wäre es doch wirklich viel einfacher, die Regierungen zu „überzeugen“, dass eine zusätzliche Gebühr auf alle Internetzugänge erhoben wird, die dann den Verlagen bezahlt wird (Nur damit das keiner falsch versteht: ich wäre auch hier dagegen aber die Erfolgswahrscheinlichkeit ist da doch sicher höher).
Oder übersehe ich da was? Ich mein, es muss doch einen Grund geben warum die Verleger so vehement für dieses Gesetz kämpfen. Die können doch nicht alle dumm sein….
@Kleitos
haben Sie das BVB-Beispiel erfunden? Ich habe davon noch nie gehört.
Erstmal im EU Parlament abgelehnt! Mal sehen wie lange…
@4 TM
Ist (noch) erfunden ;)
Erschreckend aber, dass vor dem Hintergrund des EU-LSR sowas tatsächlich möglich erscheint.
@3: ICHBINICH:
Die Argumentation der Verlage ist, Deutschland (und Spanien) ist (sind) ein zu kleiner Markt, um Google zu zwingen. Aber wenn die ganze EU das LSR hat, dann muß Google klein bei geben, weil das ja dann ein riesiger Markt ist, den man nicht mehr so einfach aufgeben (auslisten) kann.
@Mathan: Was hat das mit der Größe des Marktes zu tun? Von einer Auslistung war bei der Auseinandersetzung um das Leistungsschutzrecht in Deutschland ohnehin nicht die Rede.
@8: Doch, schon:
https://germany.googleblog.com/2014/10/news-zu-news-bei-google.html?spref=tw
„Vor dem Hintergrund dieser Klage werden wir Snippets und Thumbnails einiger bekannter Webseiten wie bild.de, bunte.de oder hoerzu.de nicht mehr anzeigen, also jener Verlage, die in der VG Media organisiert sind. Für diese Seiten werden wir nur noch den Link zum Artikel sowie dessen Überschrift anzeigen. Andere große deutsche Anbieter haben die Inhalte von Mitgliedern der VG Media sogar vollständig entfernt. “
Oder hab‘ ich da was falsch verstanden?
@Anderer Max: Ja, da geht es darum, dass Google keine Snippets (also kurze Vorschauen) mehr anzeigt von Seiten, die dafür Geld verlangen. Das ist keine Auslistung, sondern nur eine veränderte Anzeige. Auslisten dürfte Google einzelne Angebote aufgrund seiner riesigen Marktmacht vermutlich nicht.
Was anders ist bei dem europäischen Entwurf als beim deutschen Leistungsschutzrecht: Dass auch die Anzeige von Überschriften schon lizenzpflichtig sein könnte.
@8: Stefan Niggemeier: Das müssen Sie bitte die Verleger fragen. Die argumentieren so.
@Mathan: Das stimmt allerdings.
Und ich habe sogar das Zitat (mehr oder minder) wieder gefunden:
https://uebermedien.de/28591/doepfners-luegen-fuers-leistungsschutzrecht/
„In Deutschland hat es auch deshalb nicht funktioniert, weil Deutschland als Land, als Markt schlicht zu klein ist. Wenn aber auf europäischer Ebene 500 Mio EU-Bürger sich in diesem Rechtsrahmen bewegen, dann wird es auch für die Aggregatoren, für die Suchmaschinen, für die sozialen Medien, schwer, das zu ignorieren oder schwer, es durch schiere Marktmacht auszuhebeln.“
und
„In Deutschland gab es einen Versuch, das deutsche Leistungsschutzrecht, der ist de facto durch die Marktmacht von Google ausgehebelt worden, weil Google gesagt hat: Jeder Verleger, der dieses Recht nutzt, wird bei uns ausgelistet. Es gibt keinen Text mehr von ihm, kein Foto mehr von ihm, kein Video mehr von ihm, wir listen nur noch die Überschrift. Fast alle Verleger haben gesagt, dann können wir dieses Recht nicht nutzen.“
Zum LSR ist schon vor Jahren alles Notwendige / Erforderliche gesagt worden. Mehrfach, von jedem. Das einzig Verblüffende ist, dass so dermaßen schlechte, unwirksame und sogar schädliche Gesetze durch Parlamentarier abgesegnet werden (obwohl sie um die Argumente wissen!) und nach Feststellung der vorhergesagten Unwirksamkeit / Schädlichkeit ein paar Jahre später nicht wenigstens wieder einkassiert werden.
Was ich derzeit beim mal wieder maßgeblich von deutschen EU-Parlamentariern und Kommissionären einfach nicht begreifen kann ist diese „upoad-filter“-Klamotte. Wie um alles in der Welt kann irgendein politischer Entscheider bei einer Sachfrage *überhaupt* entscheiden, wenn man ihr/ihm nicht *exakt* demonstrieren kann anhand einer realistischen Prozedur (Infra, Software, reale Firmenprofile als „executioner“, Filtervorgaben, reale Massendaten…), wie solche Dinge überhaupt funktionieren (sollen) und was das (genau) für Wirkungen hat? Als Parlamentarier würde ich mich auf jeden Fall striktestens weigern, über solche merkwürdigen Gesetze auch nur näherungsweise nachzudenken, bevor ich nicht irgendwas Greifbares zum Betrachten in (unabhängige) Hände bekäme.
Da dies aber eigentlich ziemlich banal ist als Voraussetzung für einen Entscheidungsfall – was also motiviert die Parlamentarier aller Ebenen, über reine Vaporware reale Gesetzesdiskussionen zu veranstalten????
@Stefan Niggemeier,8
Nochmal für mich: in dem EU Gesetz war tatsächlich die Rede davon, dass die Verleger Geld für Überschriften bezahlen muss (soweit hatte ich das aus dem Artikel auch verstanden)? Und wenn man dieses Gesetz durch bekommen hätte wäre es Google — wegen Marktmacht — tatsächlich nicht erlaubt, diese Zeitungen auszulisten? D. h. Google hätte keine andere Wahl als zu bezahlen? Ich bin kein Jurist aber das kann doch nicht rechtlich einwandfrei sein…
Oder um beim beispiel zu bleiben: ich kann doch nicht den Supermarkt zwingen meine Butter ins Schaufenster zu stellen und dafür dann geld verlangen…
@15 ICHBINICH: So einfach ist das nicht. Sie müssen ein wenig um die Ecke denken…
Google hat bei Google News (bei der Suche soweit ich weiß nicht) nicht nur die Überschrift sondern auch einen kleinen Textausschnitt des Artikels angezeigt. Nun haben die Verleger behauptet, der Textausschnitt würde vielen Leuten schon reichen, so dass sie nicht mehr auf den eigentlichen Artikel gehen (was in meinen Augen eher ein Armutszeugnis für die Redaktionen wäre). Deshalb wurde im LSR bestimmt, dass für das Anzeigen eines solchen Ausschnitts Geld zu zahlen ist. Es war zwar erlaubt, weiterhin wenige Worte kostenlos anzuzeigen, da aber „wenige Worte“ wohl von Gerichten hätte geklärt werden müssen, hat sich Google entschieden, nur noch den Link anzuzeigen. Damit greift das LSR natürlich nicht mehr und die Verlage sehen kein Geld. Wenn man jetzt – wie auf europäischer Ebene – auch noch die Überschriften mit aufnimmt, sieht das anders aus. Denn die stecken bei vielen auch im Link. Die „logischen“ Schlußfolgerung: Wenn Google den Link anzeigt (was es ja muß), dann zeigt es auch die Überschrift an und dann muß es zahlen. Denn Google ist, was Suchmaschinen angeht, ein Quasimonopol und als solches gelten strengere Regeln. D.h. Google könnte tatsächlich nicht einfach bestimmte Verlage aus den Suchergebnissen nehmen (auslisten), da dies ein Mißbrauch der Marktmacht wäre. Allerdings dürfte Google durchaus andere (legale) Möglichkeiten haben, die Ergebnisdarstellung so anzupassen, dass sie immer noch nichts zahlen müssen. Und Google zu einer Form der Ergebnisanzeige zu zwingen, die dann unter das LSR fällt, dürfte aus meiner Sicht juristisch schwierig werden.
Ich frage mich ja wann Supermärkte anfangen Geld dafür zu verlangen das Sonntagsblätter Bilder von ihren Angeboten und Produkten zeigen. Vielen reichen ja diese Bilder der Produkte völlig aus und die kämen nie auf die Idee sich die im Supermarkt anzusehen oder zu kaufen.
(@Sherlok: Ich freue mich schon sehr auf Ihr Aufeinandertreffen mit Mycroft hier ?? @Mycroft: no offence intended)
Der eigentliche Knackpunkt ist doch dieser:
„Tatsächlich könnten die Verlage den vermeintlichen „Diebstahl“ einfach verhindern: Wenn sie einen entsprechenden Hinweis in ihren Quellcode einbauen, verzichtet zum Beispiel Google auf die Anzeige der kurzen Textvorschau in seinen Suchmaschinen. Stattdessen tun die Verlage alles dafür, dass Google sich die eigene Arbeit auch so gut wie möglich „aneignet“.“
Deshalb ist das Diebstahlbild vom Supermarkt auch falsch aufgezogen. Es muss eigentlich so lauten:
Ich werfe den Kunden meine Butter hinterher, und wer von meiner Butter getroffen wird, muss diese bezahlen.
Zumindest ist das ja wohl die Zielvorstellung der Verlage.
@Mathan:
D.h. Google müsste sich dann etwas ausdenken, um nicht zahlen zu müssen? Also z. B. keine Überschrift anzeigen sondern nur „Spiegel online“ etc. im link?
Dann bleibt aber meine Frage: Wie können die Verleger so dumm sein und das LSR mit viel Geld und Zeit durch zu kämpfen? Denn das Google denen am Ende wirklich etwas zahlt halte ich für ausgeschlossen (schon alleine wegen der Signalwirkung).
Also was soll das? Bzw. was wollen die Verleger erreichen?
@20 ICHBINICH:
An dieser Stelle muss ich leider passen und kann auch Sie mit Ihrer Frage nur an die Verleger verweisen. Ich verstehe es auch nicht. Und hab es auch nie verstanden.
„Endkampf“? Hat doch auch was Nazi-Jargon-Mäßiges, oder höre ich das falsch?
@Sherlock. Falscher POV: Die Verleger verlangen Geld von den Supermarktbetreibern, die die hochwertigen (Springer-)Erzeugnisse auslegen. Weil die Lebensmittelkäufer doch einzig angelockt von einem kostenlosen Blick auf Bild und Welt in die Supermärkte strömen. D.h. die Supermärkte profitieren gewaltig von der journalistischen Ergüssen der Schlagzeilen-Redakteure. Dafür müssen sie bezahlen. Alles andere wäre eine Raubkopie.