Notizblog (45)

NZZ-Chefredakteur kämpft mit uralter „Nazischlampe“ gegen ARD und ZDF

Sich als seriös ausgebende Medien wie die „Neue Zürcher Zeitung“ machen mit endlos wiederholten Schein-Aufregern Stimmung gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Immer wieder. Sie sind offenbar zu faul zum Recherchieren, zu dumm, Satire zu erkennen – oder sie lügen ganz bewusst.
Altes Buch mit der Aufschrift: „Satire verstehen – NZZ-Edition“. (Montage)
Montage: Canva

Vielleicht brauchen wir sofort ein Moratorium, das dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) Satire verbietet, am besten auch rückwirkend. Denn jeder Witz, der auch nur Spuren von Uneindeutigkeit enthält, wird garantiert seines Kontextes beraubt und als Waffe gegen ARD und ZDF verwendet.

„Satire verstehen“, Kapitel 1

Fangen wir am besten gleich mit der „Nazischlampe“ an. Seit Jahren muss sich der NDR von Kritikern und Gegnern vorwerfen lassen, er habe die AfD-Politikerin Alice Weidel als solche bezeichnet. Man kann schon froh sein, wenn dabei wenigstens erwähnt wird, dass dies in der Sendung „extra 3“ geschah, die sich ausdrücklich als „Satiremagazin“ bezeichnet. Aber fast nie wird erzählt, in welcher Form und mit welchem Kontext das geschah.

Nämlich so:

Moderator Christian Ehring zeigte in seinem Stand-Up im April 2017 (ja, so lange ist das schon her) einen Au…

2 Kommentare

  1. Ich war bis 2015 selbst NZZ-Abonnent; kannte das Blatt bereits aus den 90ern, als mein Vater es sich jeden Tag per Post zustellen ließ. „In deutscher Sprache, aber ohne deutsche Brille“, wie das damalige Werbemotto hieß, hatte das Blatt für uns, 200km nördlich von Zürich, interessant gemacht.

    Die NZZ, die alte Tante aus Zürich, bürgerlich-aufgeklärt, auch schrullig, auf jeden Fall aber interessant und den Leser klüger machend. Man erfuhr Dinge aus Ländern oder Disziplinen, bei denen selbst FAZ, ZEIT oder SZ gemeint hätten, dass das doch eh keinen interessiert, und man selbst eigentlich auch nicht, und am Ende des Artikels war man fasziniert von der Welt, die sich da gerade vor einem aufgetan hat.

    Was viele in Deutschland nicht wissen: Anders als die meisten Zeitungen in Deutschland, die sich (ob ernstgemeint oder nicht) als „überparteilich“ bezeichnet, ist dies die NZZ qua Satzung explizit nicht. Sie stellt sich der FDP nahe, die ideologisch ihrer deutschen Namensschwester nahesteht, nämlich dem Liberalismus, oder, wie man auch schweizerdeutsch sagt: dem „Freisinn“. Während die deutsche FDP allerdings schon immer eine Kleinpartei war, war die schweizer FDP historisch *die* Schweizer Staatspartei, die Partei des städtisch geprägten Bürgertums, der Marktwirtschaft, der individuellen Rechte, der Demokratie, natürlich auch der direkten. Von 1848 an, der Bundesverfassung und der Schaffung der modernen Schweiz, bis in die 1920er, stellte sie fast alleine sämtliche Schweizer Bundesregierungen (den „Bundesrat“). Ihre dominante Stellung hat die FDP inzwischen verloren, wenngleich sie, anders als die deutsche FDP, immer noch zu den (je nach Zählung) 4-6 relevanten Hauptparteien der Schweiz gehört.

    Die Rolle der größten Partei der Schweiz hat seit langem die Schweizer Volkspartei (SVP) übernommen. Die einstige Bauernpartei wurde seit den späten 1980ern unter der Führung des Milliardärs Christoph Blocher zur dominanten Partei der rechten Hälfte des Schweizer politischen Spektrums; zur Linken wird in der Schweiz traditionell neben den Sozialdemokraten (SP) auch die (CDU/CSU-Schwester) Christliche Volkspartei (CVP) gezählt (die 2021 mit einer SVP-Linksabspaltung zu „Die Mitte“ fusionierte). Seit den 1920ern entwickelte sich in der Schweiz das bis heute geltende Konkordanzprinzip, bei dem alle großen Parteien gemeinsam den Bundesrat stellen; während parteipolitische Konkurrenz auf den Nationalrat konzentriert wird.

    Wie viele andere, sich dem Liberalismus verpflichtete Organisationen auch, stand die FDP in den 2010ern vor der Frage, ob man sich als Teil des demokratischen („linken“) Blocks versteht (mit SP, CVP, Grünen) gegen den erstarkenden volkstümelnden antiaufklärerischen Populismus (in den Schweiz den der SVP, aber auch als globales Phänomen) – oder mit der SVP zusammen als Teil des bürgerliches Blocks gegen die linke und damit antiliberale Gleichmacherei.

    Markus Spillmann wusste, wo er in dieser Frage stand, und wo die NZZ stehen sollte. Die Spillmann-NZZ war keineswegs links, aber sie wusste, dass der Liberalismus sich selbst aufgäbe, wenn Liberalismus nur noch als Feigenblatt für Rücksichtslosigkeit und Privilegienverteidigung diente. Und seine Vision des Liberalismus verteidigte er in und mit der NZZ. Im NZZ-Verwaltungsrat machte er sich damit keine Freunde. 2014 wurde er abgesetzt, vordergründig, weil er keine klare Internet-Strategie entwickelt hatte. (Die NZZ hatte zuvor mit nzz.at ein Nachrichtenportal für Österreich aufgebaut, das als Blaupause für ein etwaiges deutsches Angebot dienen sollte, aber nach großen Verlusten wieder eingestampft wurde.)

    Tatsächlich wurde Spillmann aber abgesetzt, weil wesentliche Kräfte im Verwaltungsrat eine andere Vision hatten vom Freisinn, von der NZZ, von der Schweiz und ihrer Gesellschaft. Zuerst wollte der Verwaltungsrat den damaligen Chefredaktor der Basler Zeitung (BaZ), Markus Somm, als Nachfolger bei der NZZ einsetzen. (Die BaZ war zuvor unter maßgeblicher Mithilfe eines dem rechten Flügel der FDP nahestehenden Investors scharf rechts umgefärbt worden; seit Mitte 2014 war SVP-Chef Blocher selbst einer der BaZ-Hauptaktionäre.) Der Chefredakteur und Besitzer der Weltwoche sowie SVP-Nationalrat (und heutige Putin-Apologist) Roger Köppel freute sich schon auf den „Freisinn blocherscher Prägung“; doch dieser Schachzug, um die NZZ umzufärben, war dann doch zu offensichtlich, so dass Somm bei der BaZ blieb und nach einem kurzen Interregnum NZZ-Auslandschef (und zuvor lange Deutschland-Korrespondent) Eric Gujer die Chefredaktion übernahm. Und in seinem allerersten Editorial als Chefredaktor versprach, den Freisinn wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Es folgte ein weitgehender Austausch der Redaktion, der Leserschaft, und eine massiver Ausbau des auf Deutschland gerichteten Angebots – allerdings weder als per Post verschicktes Papierangebot (wie ich die NZZ einst kennengelernt hatte), und auch nicht als seriöses, unabhängiges Nachrichtenportal, wie nzz.at positioniert worden war, sondern als Forum für Ressentiments, oberflächlich journalistisch, aber mit dem primären Fokus, diffuse rechte Stimmungen aufzufangen und zu kanalisieren, um diese dann zu monetarisieren. So ähnlich, wie Springers DIE WELT dies unter Ulf Poschardt seit Jahren praktiziert.

    Es gab in den ersten Jahren unter Gujer noch die Erklärung, der Chefredaktor schaffe eine Erlösquelle im Ausland, um echten Journalismus in der und für die Schweiz zu finanzieren. Dass sich die NZZ, wenn man „den anderen Blick“, wie man das auf Deutschland ausgerichtete Angebot nannte, ausblende, sich bei der NZZ gar nicht so viel verändert habe. Tatsächlich erscheinen in der NZZ bisweilen noch lesenswerte und zur deutschen Blattlinie offensichtlich quere Artikel – beispielsweise erst gestern der von Robert Misek über den philosophischen Unterbau der MAGA-Bewegung. Aber natürlich hat die NZZ als ganzes im zweiten Jahrzehnt unter Gujer schweren Schaden genommen. Dass der Chefredaktor auf der Titelseite so selbstgerecht und selbst-widersprechend schwurbeln kann, wie im Leitartikel am vergangenen Samstag – dafür hätten sich Generationen von Redaktoren und Journalisten in der fast zweihundertfünfzigjährigen Geschichte der NZZ in Grund und Boden geschämt.

  2. Also bei der „Oma“ könnte man schon einwenden, dass damit pars pro toto die ganze Generation gemeint sei, und dass sich die Stoßrichtung eher nicht gegen FFF richtete, aber wenn der „beste“ Beleg für etwas schon fast 10 Jahre her ist, ist er nicht wirklich gut.

Einen Kommentar schreiben

Mit dem Absenden stimmen Sie zu, dass Ihre Angaben gemäß unseren Datenschutzhinweisen gespeichert werden. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.