Immer mehr Prominente sprechen offen über ADHS oder Depressionen – und Medien berichten darüber. Das hilft einerseits, Vorurteile abzubauen, kann aber auch ein falsches Bild vermitteln: als wäre Erfolg trotz psychischer Erkrankung kein Problem. Wie diese verzerrte Wahrnehmung entsteht und was Medien besser machen können.
Sprechen offen über ihres psychischen Erkrankungen: Eckart von Hirschhausen, Lady Gaga, Kurt Krömer Fotos: IMAGO / STAR-MEDIA / Stefan Schmidbauer / ZUMA Press Wire
Vermutlich bin ich auch mit schuld. Obwohl ich keine Prominente bin, ich bin nur Journalistin. Doch diese beiden Gruppen prägen das gesellschaftliche Bild von psychischen Krankheiten – und sie verzerren es.
Seit vielen Jahren, Jahrzehnten eigentlich, habe ich immer wieder schwere Depressionen und darüber auch geschrieben. Wer so etwas heutzutage macht, bekommt sehr viel Applaus für seinen Mut und fast ausschließlich positive Rückmeldungen. Das Stigma von Depressionen ist nicht mehr so groß wie früher – oder, naja, zumindest sieht es so aus, wenn man Texte in „Spiegel“, „Zeit“, „Süddeutscher Zeitung“ etc. darüber liest oder durch Social Media scrollt.
Die Autorin
Foto: Niklas Keller/SZ
Barbara Vorsamer ist seit vielen Jahren Redakteurin bei der „Süddeutschen Zeitung“. Dort schreibt sie vor allem über Familie, Psychologie und Gesellschaftspolitik. Über ihre eigenen Depressionen hat sie einen mehrfach ausgezeichneten Text und ein Buch veröffentlicht. Seitdem schaut sie noch genauer hin, wie psychische Krankheiten in den Medien dargestellt werden.
Da kann leicht der Eindruck entstehen, dass das heutzutage „alle“ haben und dass es gar kein Problem mehr ist. Zahlreiche Prominente haben sich in den vergangenen Jahren zu Depressionen bekannt. Die Liste enthält die Sängerin Lady Gaga, die Schauspielerin Keira Knightley, den Komiker Kurt Krömer, die Moderatorin Sarah Kuttner, den Schwimmstar Michael Phelps und viele mehr.
Ganz ähnlich verhält es sich mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung, kurz ADHS. Bis Anfang der 2000er ging die Wissenschaft noch davon aus, ADHS beträfe vor allem Jungs im Grundschulalter, es entstand das Klischee vom Klassenclown, der nie aufpasst, die Lehrerin nervt und den Banknachbarn haut. Seit einiger Zeit dreht sich die Diskussion immer öfter um Erwachsene und auch hier wächst die Zahl der betroffenen Prominenten stetig. Beispiele sind der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen, Sängerin Judith Holofernes, Autor Sascha Lobo, Turnerin Simone Biles, Politiker Christopher Lauer und Influencerin Caro Daur.
Was ADHS und Depression unterscheidet
Die Diagnosen Depression und ADHS kommen nach meiner Wahrnehmung am häufigsten in der gesellschaftlichen Debatte vor. Darüber hinaus haben sie allerdings nicht viel gemeinsam. Zwar stehen beide im aktuellen Diagnosekatalog ICD unter den „psychischen Krankheiten“. Viele Betroffene und manche Experten halten diese Klassifizierung jedoch für falsch. ADHS wird nicht erworben, sondern ist eine angeborene neurologische Besonderheit, das Gehirn funktioniert anders als das von nicht betroffenen Menschen.
Mit Depressionen hingegen kommt man in der Regel nicht zur Welt. Vererbung spielt zwar eine Rolle und es gibt die Theorie, dass Depressionen ebenfalls durch eine Stoffwechselstörung im Gehirn entstehen. Doch Traumata, Lebensumstände, bestimmte Denkmuster und vieles mehr spielen eine große Rolle. Depressionen können kommen und gehen, aber auch chronisch sein. Wer ADHS hat, hat es ein Leben lang und kann manchmal besser, und manchmal schlechter damit umgehen. Laut medizinischer Leitlinie zur Behandlung von ADHS, die sich auf mehrere Studien stützt, sind 2,5 Prozent der Erwachsenen davon betroffen. Die Wahrscheinlichkeit, an einer depressiven Episode zu erkranken, ist höher: fast jeder Fünfte ist einmal im Leben davon betroffen.
Sind Menschen im Rampenlicht häufiger von Depressionen betroffen als der Durchschnitt? Das fragt sich Aspekte-Moderatorin Katty Salié in ihrem Buch „Das andere Gesicht“. Sie findet keine klare Antwort darauf. Salié zitiert eine Studie, die es nahelegt, lässt einen Experten zu Wort kommen, der es nicht glaubt, und interviewt dann ein knappes Dutzend Kolleginnen und Kollegen aus der Showbranche zu ihren Depressionen. So entsteht – wenn auch unbeabsichtigt – das Bild einer Krankheit, die einen nicht daran hindert, in der Öffentlichkeit erfolgreich zu sein. Im Gegenteil: Sie macht einen möglicherweise sogar interessant. Genau das passiert Medien häufig und das ist ein Problem.
Bei ADHS scheint es zudem tatsächlich der Fall zu sein, dass sich Betroffene in der Show- und Medienbranche sammeln. Das sagte mir zumindest die renommierte ADHS-Expertin Astrid Neuy-Lobkovicz, die ich im März für die SZ porträtiert habe. Ihrer Erfahrung nach suchen sich Betroffene oft Berufe aus, in denen ihre Besonderheit hilfreich statt störend ist. Und das sind, so Neuy-Lobkovicz „Tatütata-Berufe“ wie Notarzt, Polizistin, Reporter. Berufsfelder, in denen andauernd die Hütte brennt, weswegen die ADHS-typische Aufschieberei keine Chance hat. Oder kreative Tätigkeiten wie Autorin, Kabarettist, Influencer.
Wer in diesen Feldern arbeitet, hat aber einen wesentlich größeren Einfluss darauf, was in der Öffentlichkeit wie diskutiert wird, als, sagen wir mal, Mathelehrerinnen, Maurer und Mechatronikerinnen. Hinzu kommt: Ein Thema, von dem in der Redaktionskonferenz viele betroffen sind (oder sich betroffen fühlen), kommt schneller auf den Titel als eines, bei dem alle Anwesenden sagen: Hä, kann ich gar nicht nachempfinden.
Wer über Diagnosen schreiben will, muss schreiben können
Ich frage mich daher, welche neurologischen und psychischen Besonderheiten und Beschwerden diejenigen haben, die nie in Redaktionskonferenzen sitzen oder die kein großes Publikum haben. Welche Persönlichkeitsausprägungen übersehen wir, während wir uns in einem Essay nach dem nächsten fragen, wo die Grenze zwischen ADHS und normaler Verpeiltheit verläuft?
Mein Problem mit unserer Berichterstattung ist aber noch ein anderes, und ich nehme meine eigenen Texte da nicht aus. Denn während wir uns auf die Schulter klopfen, weil wir so fleißig destigmatisieren, zeigen Daten, dass sich in den Einstellungen der Bevölkerung gar nicht viel verändert. Der Psychiater Nicolas Rüsch hat dazu das lesenswerte Sachbuch „Das Stigma psychischer Krankheiten“ geschrieben und im Interview mit der SZ gesagt:
„Bei Depressionen hat die Stigmatisierung in der Tat leicht abgenommen, allerdings nur sehr leicht. Dass sich Prominente outen, ist ohne Frage positiv. Aber das heißt leider nicht, dass ganz normale Leute, die nicht so viele Ressourcen haben, auch so leicht über ihre Erkrankungen reden können. Für gewöhnliche Bürger ist die Stigmatisierung häufig groß, wenn sie von ihrer Depression berichten.“
Die Selbstzweifel können sogar zunehmen, wenn man ein ums andere Mal liest, welch prominente Person dieselbe Diagnose hat und trotzdem Bestseller geschrieben, den ESC moderiert oder Olympiamedaillen gewonnen hat. Für die Anna-Normal-Depressive mit ihrem mittelanstrengenden ADHS-Kind kann die Lektüre solcher Heldenreisen frustrierend sein.
SZ-Interview mit Journalistin Angelina Boerger im Februar 2023 Screenshot: sz-magazin.de
Dabei sind die Prominenten nur selten schuld an diesem Narrativ. Zwar gibt es Menschen wie Angelina Boerger, die über ihr ADHS sagt, sie würde es nie im Leben hergeben. Andere geben sich viel Mühe, zu verdeutlichen, wie schwer es ist, mit der Diagnose klarzukommen. „Jeden Tag scheitert man am Leben“, sagte mir beispielsweise die betroffene Influencer Gemma Styles im Interview. Dass jemand seine Depressionen als positiv erlebt, habe ich noch nie gelesen. All die Bücher, Bühnenshows und Podcasts darüber sind prall gefüllt mit ehrlichen und überzeugenden Einblicken in schwärzeste Momente, Suizidgedanken und Psychiatrieaufenthalte.
Dass auch daraus Heldenreisen entstehen, liegt schlicht daran, dass es die Bücher, Bühnenshows und Podcasts gibt. Denn um über Diagnosen schreiben oder sprechen zu können, muss man es, nun ja: können. Zumindest zeitweise. Die Menschen, die jahrelang so depressiv sind, dass sie es nicht aus dem Bett schaffen, sieht man nicht auf der Bühne. Und die Prominenten, die trotz ADHS eine erfolgreiche Medienkarriere hinlegen, haben die Störung vielleicht nicht in der stärksten Ausprägung. Wie fast alle psychiatrischen Diagnosen sind ADHS und Depressionen Spektrumserkrankungen. Es gibt zwar Schwarz und Weiß, also Menschen, die an der Krankheit ganz klar leiden und solche, die es ebenso klar nicht tun. Doch dazwischen liegt viel Grau.
Bei manchen Diagnosen wächst das Stigma
Es wäre Aufgabe von Redaktionen, auch diese Schattierungen abzubilden, vielleicht ein Interview weniger mit einer attraktiven Influencerin zu bringen und einmal mehr eine Mittelschule im Brennpunkt zu besuchen. Denn ADHS ist, und hier zitiere ich wieder Astrid Neuy-Lobkovicz, nicht nur auf Bühnen überproportional vertreten, sondern auch in Problemschulen, Psychiatrien und Gefängnissen. Genau wie Depressionen.
Eine gewisse Vorliebe für Glitzer und Prominenz hat allerdings auch das Publikum. Aus meiner Erfahrung in Redaktionen kann ich sagen: Das differenzierte Porträt einer Anna-Normal-Depressiven mit ihrem mittelanstrengenden ADHS-Kind wird kein so großes Publikum finden wie das Influencerinnen-Interview. Gern gelesen werden Texte über normale Menschen und ihre psychischen Probleme nur, wenn es dramatische Schicksalsgeschichten sind. Durch Katastrophenberichterstattung findet allerdings keine Entstigmatisierung statt, im Gegenteil.
Ein Beispiel sind Diagnosen aus dem Spektrum der Schizophrenie, umgangssprachlich ist hier oft von Psychosen, Wahn oder Paranoia die Rede. Betroffene kommen in den Medien fast nur im Zusammenhang mit Verbrechen vor. Auch nach der Messerattacke am Hamburger Hauptbahnhof vor wenigen Wochen berichteten viele Medien über die psychische Erkrankung der Täterin. Recht schnell wurde bekannt, dass sie an paranoider Schizophrenie litt und erst kurz vor der Tat aus einer psychiatrischen Klinik entlassen wurde – in die Obdachlosigkeit.
Dem Stigmaforscher Nicolas Rüsch zufolge haben die Vorbehalte gegenüber an schizophrenen Störungen Erkrankten in den vergangenen zehn Jahren zugenommen. Man hält sie für aggressiv und gefährlich. Den Fakten entspricht das nicht.
Journalisten sollten sich daher davor hüten, Menschen anhand ihrer psychiatrischen Diagnosen in Schubladen zu sortieren, egal ob diese glitzern oder gefährlich wirken. Die gängigsten habe ich vor einigen Jahren in einem Essay für die SZ beschrieben. Erstens: der geniale Künstler. Zweitens: das arme Opfer. Drittens: der Kriminelle. Die allermeisten psychisch Kranken passen in keine der drei Schubladen. Stattdessen unterscheiden sie sich als Gruppe kaum von all denen, die noch nie eine psychiatrische Diagnose bekommen haben, und die sich deswegen für „normal“ halten.
Auch Menschen mit ADHS und/oder Depressionen sind nicht alle gleich. Dass man so viel von denen hört, die trotz und mit diesen Krankheiten erfolgreich sind, hat wenig mit der Diagnose zu tun. Sondern damit, dass man von erfolgreichen Menschen immer mehr hört als von anderen Leuten, ganz egal zu welchem Thema.
19 Kommentare
Für mich ganz klar ein Social-Media-Phänomen. Da versuchen halt manche, verblassender Prominenz/Nachfrage nochmal Wichtigkeit entgegen zu setzen. Klassische Medien greifen das auf, weil es Seiten und Formate zu füllen gilt. Aber wessen Leben ändert sich durch das Wissen, dass der Hirschhausen was am Kopf hat?
Mehr als Sichtbarkeit schaffen die Promis damit tatsächlich nicht. Aber das ist schon enorm wichtig.
Zu viel Detail und Differenzierung klickt dann aber leider nicht mehr so gut. Und dieses Zurschaustellen der eigenen Neurodivergenz hat immer auch einen boulevardesken / voyeuristischen Beigeschmack.
Trotzdem bin ich sehr dankbar, weil die Themen dadurch besser akzeptiert werden.
Irgendeine schöne Geschichte, warum man es im Leben besonders schwer hat, gehört zur Promi-Selbstvermarktung inzwischen dazu. „XY spricht offen über…“-Artikel sind ein eigenes Genre geworden, mit dem nicht nur das Boulevard die Leserschaft füttert. Fraglich, ob das Berichtete dann immer so stimmt, oder ob nicht gerne mal eine harmlose Macke zur lebensprägenden „Betroffenheit“ aufgeblasen wird. Und wenn man gar nichts in der Richtung vorzuweisen hat, „beichtet“ man halt „schonungslos“, man habe als Student zu viel gekifft oder sei als Kind pummelig gewesen. Naja.
Was früher tabuisiert war, wird heute zunehmend als Identitätsmarker vor sich hergetragen – nicht nur von Promis. Auch Otto-Normal-User verkünden via SoMe-Profil, sie seien autistisch, „neurodivergent“ oder hätten ADHS. Dass das Tabu schwindet, ist zweifellos begrüßenswert. Aber diese Form von Seelenstriptease finde ich ziemlich distanzlos – und ich bezweifle, ob sie irgendwem hilft, dem es wirklich dreckig geht.
In Film/Fernsehen wird zudem noch das falsche Stereotyp vom autistischen Mathegenie verbreitet.
@Peter Sievert (#4):
Ja, Inselbegabung und Autismus werden gerne verwechselt. Nicht ganz grundlos, aber trotzdem falsch, wie die Wikipedia weiß:
Gehäuft ist das Phänomen jedoch bei Autismus zu beobachten. So sind etwa 50 % der bestätigten Inselbegabten Autisten. Umgekehrt sind jedoch die wenigsten Autisten inselbegabt.
Der einzige (selbsterklärte) Autist, den ich kenne, ginge – in Stereotypen gedacht – als Bilderbuch-Nerd durch. Etwaige genialische Anwandlungen sind mir noch nicht aufgefallen. Krasse Hemmungen im Sozialverhalten allerdings auch nicht. Man weiß es ja, es ist ein Spektrum…
Mal vom Thema ab, ich muss gestehen dieser Satzteil zieht meine Aufmerksamkeit: „Mathelehrerinnen, Maurer und Mechatronikerinnen“. Nach welchen Kriterien wurde hier Geschlecht zugeteilt? Es sind ja keine Binnen-Is oder Sternchen oder (…), also ist es nicht geschlechtsneutral, sondern feminin. Es ist aber auch kein generisches Geschlecht, weil der Genus ja mittendrin wechselt.
Sehr verwirrend und ich bin wirklich kein Gender-Mimimi-Kommentierer. Ich bevorzuge geschlechtsneutrale Sprache, mir ist egal nach welchem Prinzip und ich komme durchaus auch mit altmodisch gegenderter Sprache klar, ohne, dass mir die Biobrause aus dem Glas schwappt. Aber diese Kombi verwirrt nun doch, weil sie so spezifisch und von eigentlich jeder Norm abweichend ist, dass man vermuten muss, es würde etwas damit ausgesagt, aber ich kann nicht decodieren was das wäre.
Survivorship bias at its best. Danke für diesen Artikel!!
@Soronume: Es gibt zwei Sätze davor auch „Notarzt, Polizistin, Reporter“. Dass Sie beim Lesen stutzen, welche Berufe mit einer weiblichen und welche mit einer männlichen Form belegt sind, ist vermutlich der gewünschte Effekt (es sei denn, es ist einfach Zufall) – denn bei Mechatronik ist vermutlich zunächst ein Kerl vor Ihrem inneren Auge erschienen und die Mechatronikerin bricht mit diesem Stereotyp.
@zum Text: Das gängige Bild vom ADHS-Schüler ist auch insofern irreführend, als dass man inzwischen weiß, dass sich AD(H)S bei Schülerinnen tatsächlich oft ganz anders äußert – geradezu gegenteilig, mit nach Innen gekehrtem Stress, der nach Außen aber weniger sichtbar ist und weniger Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wie hoch der Anteil anerzogenen, geschlechterstereotypen Verhaltens daran ist, ist allerdings unklar.
@Soronume:
Ich hatte die Stelle als „wahllose Liste nicht-journalistisch tätiger Personen zufälligen Geschlechtes“ gelesen; Bonuspunkt für die Frage, ob ein Maurer oder mehrere gemeint sein soll/en.
@KK:
Wenn von 100 Inselbegabten 50 autistisch sind, sind von zig Millionen Autisten 50 inselbegabt. Wer diese Mathe nicht selber machen kann, muss quasi alle anderen Menschen für Mathegenies halten. Natürlich stammt dieses Klischee aus Rain Man, wobei dessen reales Vorbild gar kein Autist war.
Ansonsten ist das Ganze ein Beispiel der generellen Tendenz der Medien, Narrative zu erzählen statt Fakten zu vermitteln. Statt zu sagen: „Manche Menschen ‚funktionieren‘ nicht so, wie man das von anderen gewohnt ist (und lieber hätte), aber damit kann man als neurotypischer Mensch klarkommen.“ lieber Heldenreise #8738 erzählen. Denn dabei muss/müssen nur der/die/etc Held/in/nen/usw was machen und der Rest darf zuschauen.
Martin Gommel schreibt auf krautreporter.de seit Jahren über Depression und andere psychische Erkrankungen, „Divergenzen“, mit einer sehr reflektierten Innensicht als Betroffener und einer höchst angenehm kritischen Sicht auf den gesellschaftlichen, politischen, medizinischen Umgang damit. Sei hier ans Herz gelegt.
Als Nichtpromi unter ebensolchen, von denen – die Lebensdauer erhöht die Chance und Gefahr – einige psychische Pakete von Depression bis Bipolarität, von Schizophrenie bis ADHS, von PTBS bis Esstörung bis Angststörung bis ASS tragen oder trugen: Das ist kein Spiel und kein Wettbewerb um „die coolste Erkrankung“, es geht um Alltagsprobleme und Lebensbedrohung: „Ich nerv mich selbst“, „Die Macken und das Chaos des Anderen nerven“, „kein Job mehr, arbeitsunfähig“, „kaputte Beziehung, die nächste“, „plus Sucht obendrauf weil…“, „EU-Rente“, „immer wieder Psychiatrie, Reha, Therapie“, „Suizid in Gedanken, im Versuch, als Ende“.
Gut, wenn wenigstens über manches gesprochen wird, blöd, wenn man was hat, was in der Coolnessrangfolge nicht oben mitspielt bei den leichten Ausprägungen von ADHS und Autismus und dem Burnout Mitte 40…
Ich beobachte in meinem beruflichen Umfeld eine leichte Häufung von Menschen mit Anzeichen einer Asperger-Diagnose. Nicht auffällig häufig, aber doch spürbar öfter als außerhalb der Informatik.
Das äußert sich durch gewisse Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion – besonders im Umgang mit Kunden –, während Gespräche mit anderen „Nerds“ meist problemlos verlaufen. Normale Kundenerwartungen bringen jedoch mitunter unerwartete Herausforderungen mit sich.
Ein Kollege hat mir auch offen von seiner Diagnose erzählt. Dabei geht es nicht um eine Inselbegabung, sondern vielmehr darum, dass Schwierigkeiten in einem Bereich oft durch Stärken in einem anderen kompensiert werden.
So fällt es ihm zum Beispiel leicht, komplexe Ordnungen zu erkennen – als eine Art Ersatz für die als chaotisch empfundenen, weil schwer verständlichen, sozialen Interaktionen.
KI sagt dazu:
Es gibt inzwischen viele Bemühungen, neurodivergente Menschen besser zu integrieren – nicht nur wegen Inklusion, sondern auch, weil ihre Fähigkeiten für viele Bereiche ein echter Gewinn sind. Firmen wie SAP, Microsoft oder IBM haben spezielle Programme für Autismus im Berufsleben gestartet.
Früher wurden psychische Erkrankungen von den Betroffenen verheimlicht oder umgedeutet („Ich bin gerade auf Kur.“) Passiert wahrscheinlich heute auch noch. Mittlerweile habe ich -ich habe im Medienbereich gearbeitet- mehrfach ein fragwürdiges Phänomen beobachtet: Erkrankte trugen ihr seelisches Problem wie eine Monstranz über die Flure, kaum jemand konnte sich ihren Erzählungen entziehen. Und das war sicherlich kein Hilfeschrei! Sondern der narzistisch eingefärbte Wunsch nach positiven Reaktionen a la „Finde ich ganz toll, wie du damit umgehst.“ Ich finde: Der offene Umgang kann hilfreich sein, ganz sicher, aber es gibt eben auch Varianten, die die Grenzen der nervigen Belästigung anderer überschreiten.
Ein offener Umgang mit Depressionen ist sicher richtig und wenn Promis das tun, sorgt das für Aufmerksamkeit.
Das Problem ist aber oft, wie sie das tun. Glaubt man Ihnen, reicht es in vielen Fällen für ein paar Wochen in eine Klinik zu gehen und dann ist alles wieder gut.
Ist es natürlich nicht. Nach der Klinik kommt die Mühe der Ebene; Ambulante Therapie, Selbsthilfegruppe, Achtsamkeit, gerne auch Rückschläge, wenn im Alktag irgendwas triggern.
Davon wird wenig erzählt, in der Talkshow, wo das Buch zur Psychokrise präsentiert wird, natürlich nicht wegen der Kohle, sondern um die Depressionen besser verarbeiten zu können und uns Normalo-Depris Mut zu machen, ähnlich offen mit unserer Krankheit umzugehen.
Wer so mit Depreesionem geradezu hausiert, wie viele Schöne und Reiche, der schadet der Sache. Die plaudern gerne darüber, wie sehr sie dem Professor XY aus der Klinik B dankbar sind, der sie so vorzüglich während des Klinikaufenthalts betreut hat.
Gerne stehen Sie mit ihm auch heute noch in Kontakt. Quasi Privat.
Ich hab meinen Professor in meinem Klinikaufentahlt fünf Minuten gesehen. In der Woche, so lang war die Visite. Meine Bezugstherapeutin, eine junge Frau, noch in der Ausbildung, hatte 45 Minuten für mich Zeit. Auch in der Woche. So lang war das Einzel.
Mich ärgert dieses Promigequatsche über die eigene Depression nur noch. Sie hat mit der Wirklichkeit nur ganz selten was zu tun.
Ich glaube, wenn bei der Berichterstattung auch darüber informiert wird, wie eine Depression funktioniert, ist viel gewonnen.
Also, dass es sich weder um Mimimi oder kein Bock handelt. Dass eine Depression bis in den Suizid führen kann.
#14, das passiert. Diesen Vorwurf kann man Medien/Promis nur ganz selten machen.
Sehr gut auf den Punkt gebracht. Auch, dass die unkritische Berichterstattung über Promidiagnosen den normalen Betroffenen weder verständnisvollere Arbeitgeber oder Nachbarn beschert ist ein wichtiger Punkt. Ich frage mich sowieso, wie glaubwürdig manche dieser „Bekenntnisse“ sind.
Danke für den Artikel! Erfreulich, wenn mal jemand die Bilder wieder geradehängt.
Meinen ursprünglich angedachten Kommentar muss ich nicht mehr bringen, Manni Breuckmann (#12) war schneller.
Ergänzend nur, dass die Beobachtung „Erkrankte trugen ihr seelisches Problem wie eine Monstranz über die Flure“ nicht anekdotisch ist. Leider.
Der Psychologe Holger Richter hat in der NZZ am 06.02.2025, «Junge linke Frauen sind weit mehr psychisch krank als der vielgeschmähte alte weisse Mann» die Bilanz aufgemacht.
In den 90ern gab es 30.00 Psychologie-Studenten in Deutschland, heute 140.000.
Jedes Jahr kommen 2000 neue Psychotherapiepraxen dazu.
Der Großteil der Neukunden sind linke junge Frauen. Manche von denen kriegen das Kunststück hin, sich bis zu sieben Diagnosen zu holen.
der alte weiße Mann hat auch Probleme, aber anstatt sich Hilfe zu holen greift er lieber zum Glas Wein und terrorisiert ansonsten seine Mitmenschen anstatt an sich zu arbeiten.
Die Erkrankung des weißen alten Mannes scheint solange in keiner Statistik auf, solange er nicht zum Arzt geht und zum Psychologen zu gehen ist in der Zielgruppe immer noch verpönt, weil unmännlich. Das Glas Wein jedoch ist Kulturgut. Jeden Tag.
Aber jung, links und woke ist ja das genaue Gegenstück zu alter, weißer Mann, da ist man wohl versucht, einfach mal pauschal drauf einzudreschen.
Interessant wäre ja, wie gut diesen jungen, weiblichen Patientinnen geholfen wird / werden kann. Glücklicherweise spricht die Medizin ihren Patienten ja nicht aus ideologischen Gründen die Authentizität ihrer („bis zu 7“) Erkrankungen ab. Interessant wäre auch, ob sich das demografisch wirklich so verhält, wie es anekdotisch in #18 gesagt wurde.
Wenn man das Interview denn auch tatsächlich liest, liest man aber auch so etwas:
„Die psychische Störung bietet einen Ausweg, einen neurotischen Kompromiss, wenn man überzeugt ist, nichts ändern zu können, und doch der Gesellschaft entkommen will.“
Die axiomatischen Behauptungen des Herrn Richter, wie z. B. „psychische Erkrankungen gehören heute zur Identitätsbildung dazu“ wirken jedoch eher wie „Old man yells at cloud.“.
Obligatorisch: Hat alle nix mit dem eigentlichen Thema zu tun. Aber das ist man ja gewohnt, mittlerweile.
Für mich ganz klar ein Social-Media-Phänomen. Da versuchen halt manche, verblassender Prominenz/Nachfrage nochmal Wichtigkeit entgegen zu setzen. Klassische Medien greifen das auf, weil es Seiten und Formate zu füllen gilt. Aber wessen Leben ändert sich durch das Wissen, dass der Hirschhausen was am Kopf hat?
Mehr als Sichtbarkeit schaffen die Promis damit tatsächlich nicht. Aber das ist schon enorm wichtig.
Zu viel Detail und Differenzierung klickt dann aber leider nicht mehr so gut. Und dieses Zurschaustellen der eigenen Neurodivergenz hat immer auch einen boulevardesken / voyeuristischen Beigeschmack.
Trotzdem bin ich sehr dankbar, weil die Themen dadurch besser akzeptiert werden.
Irgendeine schöne Geschichte, warum man es im Leben besonders schwer hat, gehört zur Promi-Selbstvermarktung inzwischen dazu. „XY spricht offen über…“-Artikel sind ein eigenes Genre geworden, mit dem nicht nur das Boulevard die Leserschaft füttert. Fraglich, ob das Berichtete dann immer so stimmt, oder ob nicht gerne mal eine harmlose Macke zur lebensprägenden „Betroffenheit“ aufgeblasen wird. Und wenn man gar nichts in der Richtung vorzuweisen hat, „beichtet“ man halt „schonungslos“, man habe als Student zu viel gekifft oder sei als Kind pummelig gewesen. Naja.
Was früher tabuisiert war, wird heute zunehmend als Identitätsmarker vor sich hergetragen – nicht nur von Promis. Auch Otto-Normal-User verkünden via SoMe-Profil, sie seien autistisch, „neurodivergent“ oder hätten ADHS. Dass das Tabu schwindet, ist zweifellos begrüßenswert. Aber diese Form von Seelenstriptease finde ich ziemlich distanzlos – und ich bezweifle, ob sie irgendwem hilft, dem es wirklich dreckig geht.
In Film/Fernsehen wird zudem noch das falsche Stereotyp vom autistischen Mathegenie verbreitet.
@Peter Sievert (#4):
Ja, Inselbegabung und Autismus werden gerne verwechselt. Nicht ganz grundlos, aber trotzdem falsch, wie die Wikipedia weiß:
Der einzige (selbsterklärte) Autist, den ich kenne, ginge – in Stereotypen gedacht – als Bilderbuch-Nerd durch. Etwaige genialische Anwandlungen sind mir noch nicht aufgefallen. Krasse Hemmungen im Sozialverhalten allerdings auch nicht. Man weiß es ja, es ist ein Spektrum…
Mal vom Thema ab, ich muss gestehen dieser Satzteil zieht meine Aufmerksamkeit: „Mathelehrerinnen, Maurer und Mechatronikerinnen“. Nach welchen Kriterien wurde hier Geschlecht zugeteilt? Es sind ja keine Binnen-Is oder Sternchen oder (…), also ist es nicht geschlechtsneutral, sondern feminin. Es ist aber auch kein generisches Geschlecht, weil der Genus ja mittendrin wechselt.
Sehr verwirrend und ich bin wirklich kein Gender-Mimimi-Kommentierer. Ich bevorzuge geschlechtsneutrale Sprache, mir ist egal nach welchem Prinzip und ich komme durchaus auch mit altmodisch gegenderter Sprache klar, ohne, dass mir die Biobrause aus dem Glas schwappt. Aber diese Kombi verwirrt nun doch, weil sie so spezifisch und von eigentlich jeder Norm abweichend ist, dass man vermuten muss, es würde etwas damit ausgesagt, aber ich kann nicht decodieren was das wäre.
Survivorship bias at its best. Danke für diesen Artikel!!
@Soronume: Es gibt zwei Sätze davor auch „Notarzt, Polizistin, Reporter“. Dass Sie beim Lesen stutzen, welche Berufe mit einer weiblichen und welche mit einer männlichen Form belegt sind, ist vermutlich der gewünschte Effekt (es sei denn, es ist einfach Zufall) – denn bei Mechatronik ist vermutlich zunächst ein Kerl vor Ihrem inneren Auge erschienen und die Mechatronikerin bricht mit diesem Stereotyp.
@zum Text: Das gängige Bild vom ADHS-Schüler ist auch insofern irreführend, als dass man inzwischen weiß, dass sich AD(H)S bei Schülerinnen tatsächlich oft ganz anders äußert – geradezu gegenteilig, mit nach Innen gekehrtem Stress, der nach Außen aber weniger sichtbar ist und weniger Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wie hoch der Anteil anerzogenen, geschlechterstereotypen Verhaltens daran ist, ist allerdings unklar.
@Soronume:
Ich hatte die Stelle als „wahllose Liste nicht-journalistisch tätiger Personen zufälligen Geschlechtes“ gelesen; Bonuspunkt für die Frage, ob ein Maurer oder mehrere gemeint sein soll/en.
@KK:
Wenn von 100 Inselbegabten 50 autistisch sind, sind von zig Millionen Autisten 50 inselbegabt. Wer diese Mathe nicht selber machen kann, muss quasi alle anderen Menschen für Mathegenies halten. Natürlich stammt dieses Klischee aus Rain Man, wobei dessen reales Vorbild gar kein Autist war.
Ansonsten ist das Ganze ein Beispiel der generellen Tendenz der Medien, Narrative zu erzählen statt Fakten zu vermitteln. Statt zu sagen: „Manche Menschen ‚funktionieren‘ nicht so, wie man das von anderen gewohnt ist (und lieber hätte), aber damit kann man als neurotypischer Mensch klarkommen.“ lieber Heldenreise #8738 erzählen. Denn dabei muss/müssen nur der/die/etc Held/in/nen/usw was machen und der Rest darf zuschauen.
Martin Gommel schreibt auf krautreporter.de seit Jahren über Depression und andere psychische Erkrankungen, „Divergenzen“, mit einer sehr reflektierten Innensicht als Betroffener und einer höchst angenehm kritischen Sicht auf den gesellschaftlichen, politischen, medizinischen Umgang damit. Sei hier ans Herz gelegt.
Als Nichtpromi unter ebensolchen, von denen – die Lebensdauer erhöht die Chance und Gefahr – einige psychische Pakete von Depression bis Bipolarität, von Schizophrenie bis ADHS, von PTBS bis Esstörung bis Angststörung bis ASS tragen oder trugen: Das ist kein Spiel und kein Wettbewerb um „die coolste Erkrankung“, es geht um Alltagsprobleme und Lebensbedrohung: „Ich nerv mich selbst“, „Die Macken und das Chaos des Anderen nerven“, „kein Job mehr, arbeitsunfähig“, „kaputte Beziehung, die nächste“, „plus Sucht obendrauf weil…“, „EU-Rente“, „immer wieder Psychiatrie, Reha, Therapie“, „Suizid in Gedanken, im Versuch, als Ende“.
Gut, wenn wenigstens über manches gesprochen wird, blöd, wenn man was hat, was in der Coolnessrangfolge nicht oben mitspielt bei den leichten Ausprägungen von ADHS und Autismus und dem Burnout Mitte 40…
Ich beobachte in meinem beruflichen Umfeld eine leichte Häufung von Menschen mit Anzeichen einer Asperger-Diagnose. Nicht auffällig häufig, aber doch spürbar öfter als außerhalb der Informatik.
Das äußert sich durch gewisse Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion – besonders im Umgang mit Kunden –, während Gespräche mit anderen „Nerds“ meist problemlos verlaufen. Normale Kundenerwartungen bringen jedoch mitunter unerwartete Herausforderungen mit sich.
Ein Kollege hat mir auch offen von seiner Diagnose erzählt. Dabei geht es nicht um eine Inselbegabung, sondern vielmehr darum, dass Schwierigkeiten in einem Bereich oft durch Stärken in einem anderen kompensiert werden.
So fällt es ihm zum Beispiel leicht, komplexe Ordnungen zu erkennen – als eine Art Ersatz für die als chaotisch empfundenen, weil schwer verständlichen, sozialen Interaktionen.
KI sagt dazu:
Es gibt inzwischen viele Bemühungen, neurodivergente Menschen besser zu integrieren – nicht nur wegen Inklusion, sondern auch, weil ihre Fähigkeiten für viele Bereiche ein echter Gewinn sind. Firmen wie SAP, Microsoft oder IBM haben spezielle Programme für Autismus im Berufsleben gestartet.
Früher wurden psychische Erkrankungen von den Betroffenen verheimlicht oder umgedeutet („Ich bin gerade auf Kur.“) Passiert wahrscheinlich heute auch noch. Mittlerweile habe ich -ich habe im Medienbereich gearbeitet- mehrfach ein fragwürdiges Phänomen beobachtet: Erkrankte trugen ihr seelisches Problem wie eine Monstranz über die Flure, kaum jemand konnte sich ihren Erzählungen entziehen. Und das war sicherlich kein Hilfeschrei! Sondern der narzistisch eingefärbte Wunsch nach positiven Reaktionen a la „Finde ich ganz toll, wie du damit umgehst.“ Ich finde: Der offene Umgang kann hilfreich sein, ganz sicher, aber es gibt eben auch Varianten, die die Grenzen der nervigen Belästigung anderer überschreiten.
Ein offener Umgang mit Depressionen ist sicher richtig und wenn Promis das tun, sorgt das für Aufmerksamkeit.
Das Problem ist aber oft, wie sie das tun. Glaubt man Ihnen, reicht es in vielen Fällen für ein paar Wochen in eine Klinik zu gehen und dann ist alles wieder gut.
Ist es natürlich nicht. Nach der Klinik kommt die Mühe der Ebene; Ambulante Therapie, Selbsthilfegruppe, Achtsamkeit, gerne auch Rückschläge, wenn im Alktag irgendwas triggern.
Davon wird wenig erzählt, in der Talkshow, wo das Buch zur Psychokrise präsentiert wird, natürlich nicht wegen der Kohle, sondern um die Depressionen besser verarbeiten zu können und uns Normalo-Depris Mut zu machen, ähnlich offen mit unserer Krankheit umzugehen.
Wer so mit Depreesionem geradezu hausiert, wie viele Schöne und Reiche, der schadet der Sache. Die plaudern gerne darüber, wie sehr sie dem Professor XY aus der Klinik B dankbar sind, der sie so vorzüglich während des Klinikaufenthalts betreut hat.
Gerne stehen Sie mit ihm auch heute noch in Kontakt. Quasi Privat.
Ich hab meinen Professor in meinem Klinikaufentahlt fünf Minuten gesehen. In der Woche, so lang war die Visite. Meine Bezugstherapeutin, eine junge Frau, noch in der Ausbildung, hatte 45 Minuten für mich Zeit. Auch in der Woche. So lang war das Einzel.
Mich ärgert dieses Promigequatsche über die eigene Depression nur noch. Sie hat mit der Wirklichkeit nur ganz selten was zu tun.
Ich glaube, wenn bei der Berichterstattung auch darüber informiert wird, wie eine Depression funktioniert, ist viel gewonnen.
Also, dass es sich weder um Mimimi oder kein Bock handelt. Dass eine Depression bis in den Suizid führen kann.
#14, das passiert. Diesen Vorwurf kann man Medien/Promis nur ganz selten machen.
Sehr gut auf den Punkt gebracht. Auch, dass die unkritische Berichterstattung über Promidiagnosen den normalen Betroffenen weder verständnisvollere Arbeitgeber oder Nachbarn beschert ist ein wichtiger Punkt. Ich frage mich sowieso, wie glaubwürdig manche dieser „Bekenntnisse“ sind.
Danke für den Artikel! Erfreulich, wenn mal jemand die Bilder wieder geradehängt.
Meinen ursprünglich angedachten Kommentar muss ich nicht mehr bringen, Manni Breuckmann (#12) war schneller.
Ergänzend nur, dass die Beobachtung „Erkrankte trugen ihr seelisches Problem wie eine Monstranz über die Flure“ nicht anekdotisch ist. Leider.
Der Psychologe Holger Richter hat in der NZZ am 06.02.2025, «Junge linke Frauen sind weit mehr psychisch krank als der vielgeschmähte alte weisse Mann» die Bilanz aufgemacht.
In den 90ern gab es 30.00 Psychologie-Studenten in Deutschland, heute 140.000.
Jedes Jahr kommen 2000 neue Psychotherapiepraxen dazu.
Der Großteil der Neukunden sind linke junge Frauen. Manche von denen kriegen das Kunststück hin, sich bis zu sieben Diagnosen zu holen.
Da läuft was aus dem Ruder.
Den NZZ-Artikel gab es mal frei unter dieser URL: https://www.nzz.ch/feuilleton/psychisch-krank-wokeness-und-der-anstieg-an-diagnosen-wie-adhs-ld.1869384
Jetzt ist er hinter der Bezahlschranke.
Für Interessierte wird es nicht die größte Herausforderung sein, den vollständigen Text zu finden.
Lieber FrankD,
der alte weiße Mann hat auch Probleme, aber anstatt sich Hilfe zu holen greift er lieber zum Glas Wein und terrorisiert ansonsten seine Mitmenschen anstatt an sich zu arbeiten.
Die Erkrankung des weißen alten Mannes scheint solange in keiner Statistik auf, solange er nicht zum Arzt geht und zum Psychologen zu gehen ist in der Zielgruppe immer noch verpönt, weil unmännlich. Das Glas Wein jedoch ist Kulturgut. Jeden Tag.
Aber jung, links und woke ist ja das genaue Gegenstück zu alter, weißer Mann, da ist man wohl versucht, einfach mal pauschal drauf einzudreschen.
Interessant wäre ja, wie gut diesen jungen, weiblichen Patientinnen geholfen wird / werden kann. Glücklicherweise spricht die Medizin ihren Patienten ja nicht aus ideologischen Gründen die Authentizität ihrer („bis zu 7“) Erkrankungen ab. Interessant wäre auch, ob sich das demografisch wirklich so verhält, wie es anekdotisch in #18 gesagt wurde.
Wenn man das Interview denn auch tatsächlich liest, liest man aber auch so etwas:
„Die psychische Störung bietet einen Ausweg, einen neurotischen Kompromiss, wenn man überzeugt ist, nichts ändern zu können, und doch der Gesellschaft entkommen will.“
Die axiomatischen Behauptungen des Herrn Richter, wie z. B. „psychische Erkrankungen gehören heute zur Identitätsbildung dazu“ wirken jedoch eher wie „Old man yells at cloud.“.
Obligatorisch: Hat alle nix mit dem eigentlichen Thema zu tun. Aber das ist man ja gewohnt, mittlerweile.