Presserat

Bittere Pille: Burda-Magazine gerügt, weil sie Beteiligung an Apotheken-Portal verschwiegen

„Bunte“ und „Superillu“ haben über ein Unternehmen berichtet, ohne offenzulegen, dass der eigene Verlag Anteile daran hält. Wir hatten das kritisiert. Und der Presserat hat es nun deutlich beanstandet.

In der Redaktion der Zeitschrift „Bunte“ haben sie sich im vergangenen Jahr angeblich gesorgt, dass man ihnen vorwerfen könnte, bei ihrer Berichterstattung über ein Unternehmen, an dem der eigene Verlag beteiligt ist, zu transparent zu sein. Als wäre Transparenz etwas, wofür man in aller Regel gescholten wird. Also haben sie sich nach eigenen Angaben dagegen entschieden, die Beteiligung an einem Apotheken-Unternehmen im Heft offenzulegen – wofür das Magazin nun, tja: vom Presserat gerügt wurde.

Doof gelaufen.

Ende Dezember hatten wir hier bei Übermedien darüber berichtet, wie der Münchner Burda-Verlag, in dem unter anderem „Bunte“ erscheint, auch auf dem Apotheken-Markt mitmischt. Und wie in Texten verschiedener Burda-Magazine immer wieder ein Apotheken-Portal erwähnt wird, an dem der Medienkonzern seit 2022 Anteile hält.

Der Pressekodex (Ziffer 7) fordert:

„Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“

Das war es in den Burda-Heften aber nicht.

Schwerer Verstoß gegen den Pressekodex

Neben „Bunte“ hat der Presserat deshalb nun auch die Burda-Ostzeitschrift „Superillu“ gerügt, jeweils wegen schweren Verstoßes gegen das Gebot der Trennung von Werbung und Redaktion. Nach unserer Kritik hatten wir den Presserat, mit dem sich Print- und Online-Medien freiwillig selbst kontrollieren, in Form einer Beschwerde über „Superillu“ um seine Einschätzung gebeten. Wie auch, so geht es aus der Entscheidung des Gremiums hervor, eine weitere Person, die auf den Übermedien-Artikel verwies.


„Superillu“ hatte im vergangenen Jahr über einen Rechtsstreit von ihreapotheken.de (iA.de) mit dem niederländischen Medizinversand Shop Apotheke berichtet. An iA.de hält Burda 35 Prozent der Anteile – und konnte sich damals freuen: Das Unternehmen hatte in erster Instanz gewonnen. Es ging um eine Werbeanzeige von Shop Apotheke, in der ein 10-Euro-Rabatt versprochen wird, was iA.de wettbewerbswidrig findet. Das Landgericht Frankfurt am Main untersagte diese Art der Werbung. (Das Urteil ist nicht rechtskräftig; am 15. Mai wird vor dem Oberlandesgericht neu verhandelt.)

Cover der zeitschrift "Superillu", Ausgabe 49/2024, mit einem Foto von Günther Jauch und der Schlagzeile: "Neuer Ärger für Günther Jauch!"
„Superillu“, Ausgabe 49/2024

„Superillu“ machte aus dem Sieg vor Gericht die Titelgeschichte und spitzte sie auf das Werbegesicht des Konkurrenten zu: „Neuer Ärger für Günther Jauch!“ Wie schon in der Vergangenheit gehe es wieder um Jauch-Werbung, die für Wirbel sorge. Dass Burda mit drinhängt bei iA.de, stand jedoch nirgends. Weshalb nicht, dazu wollte sich „Superillu“-Chefredakteur Stefan Kobus auf Anfrage von Übermedien damals nicht äußern. Er sah darin einfach kein Problem.

Kobus hat den Bericht dann auch gegenüber dem Presserat verteidigt. Er ließ wissen, „Superillu“ habe genügend öffentliches Interesse gesehen, um über den Rechtsstreit zu berichten. Und wahr sei’s doch auch gewesen: Alle Fakten in dem Artikel hätten gestimmt.

Nur dass es darum ja gar nicht ging – und ein Fakt eben fehlte.

Den Vorwurf der „Schleichwerbung“ findet Kobus abwegig. Zumal „Superillu“ im Artikel Werbemotive des niederländischen Medizinversands abgebildet habe, um die es in dem Rechtsstreit ging. Das habe also, wenn überhaupt, eher einen positiven Werbeeffekt für dieses Unternehmen gehabt, findet Chefredakteur Kobus.

Burda ist Burda ist Burda

Er versuchte dann noch, sich mit einem, naja, speziellen Argument rauszureden: Der Verlag der „Superillu“ sei ja gar nicht jene GmbH, über die Burda Anteile (und ja auch lediglich 35 Prozent) an dem Apotheken-Portal halte – sondern ein anderes Tochterunternehmen: die BurdaVerlag Publishing GmbH. Es bestehe also gar kein Eigeninteresse. Was ein bisschen lustig ist: Denn am Ende ist es ja derselbe Laden.

So sieht es auch der Presserat: Es sei unerheblich, ob die Beteiligung im gleichen Konzernbereich angesiedelt ist, heißt es in der Entscheidung des Beschwerdeausschusses. Denn der Verlag habe wohl grundsätzlich auch ein Interesse an der wirtschaftlichen Entwicklung des Gesamtkonzerns.

Also gab’s schließlich die Rüge, für diesen Artikel und für einen weiteren, in dem „Superillu“ über die neue Pflicht zum E-Rezept berichtete – und dort auch die App von ihreapotheken.de nannte, ohne auf die Beteiligung von Burda hinzuweisen.


Das kam in der Vergangenheit auch in anderen Burda-Heften immer wieder vor, wenn es dort um das damals neue E-Rezept ging. Beispiele hatten wir in unserem Beitrag genannt. Eine unbekannte Person hat das offenbar zum Anlass genommen, sich beim Presserat exemplarisch über „Bunte“ zu beschweren, mit Verweis auf unsere Kritik.

Artikel aus „Bunte“ vom 29.5.2024 mit der Überschrift „Hier bekommen Sie Ihre verschreibungspflichtige Medizin“
„Bunte“ vom 29.5.2024 Ausriss: „Bunte“

Unter der Überschrift „Hier bekommen Sie Ihre verschreibungspflichtige Medizin“ hatte „Bunte“ die iA.de-App erwähnt, ihre „Vorteile“ angepriesen und in einem Schaubild gezeigt, wie sich dort ein Rezept einlösen lasse. Was insgesamt eher werblichen Charakter hatte.

Auch „Bunte“ betonte gegenüber dem Presserat das große „öffentliche Informationsinteresse“ am E-Rezept und versuchte es ebenfalls mit dem Argument, es sei eine andere GmbH, in der das Magazin erscheine, und diese GmbH sei ja nicht beteiligt an dem Apotheken-Portal. Folglich habe man auch nicht auf die Beteiligung hinweisen müssen, „im Gegenteil“, findet „Bunte“. Und liefert eine amüsante Erklärung.

Das „Bunte“-Gütesiegel

Man habe Sorge gehabt, schreibt das Blatt dem Presserat, dass ihnen ein solcher Hinweis kritisch vorgehalten werde. „Bunte“ und das Verlagshaus genössen in ihrer Leserschaft ein hohes Ansehen. Würde man „ohne besonderen Grund“ auf eine Beteiligung an einer E-Rezept-App hinweisen, müssten die Leserinnen das „wie ein Gütesiegel, eine Empfehlung interpretieren. Denn wie könne man klarer zum Ausdruck bringen, dass man von einem Produkt überzeugt sei, als durch eine Unternehmensbeteiligung?“

Genau, ein Gütesiegel. Andererseits könnte so ein Transparenzhinweis Leserinnen natürlich auch darüber nachdenken lassen, ob die Zeitschrift ein Unternehmen vielleicht nur deshalb prominent erwähnt, weil der Verlag ein Interesse daran hat, dieses Unternehmen gut im Markt zu positionieren.

Überhaupt auch schwer vorzustellen, dass sich bei „Bunte“ während der Entstehung des nun gerügten Artikels wirklich derart einen Kopp gemacht haben. Und dass sie tatsächlich nur deshalb einen Text druckten, der eine Apotheken-App bejubelt, an der Burda beteiligt ist, weil es so ein großes Interesse an der Funktionalität des E-Rezepts gab.

Der Presserat sah auch hier einen schweren Verstoß gegen den Pressekodex, Ziffer 7.

Wie üblich bat der Presserat die Redaktionen von „Bunte“ und „Superillu“, die Rügen „zeitnah zu veröffentlichen“. Das war Mitte März. Bisher ist das aber offensichtlich nicht geschehen, auf der Seite des Presserats ist es jedenfalls noch nicht vermerkt. Was nicht wundert: Redaktionen lassen sich gerne mal Zeit, ihrem Publikum unangenehme Presserats-Rügen mitzuteilen. Nicht selten werden sie irgendwo im Blatt versteckt. Und manche Redaktionen erlauben sich auch, Rügen jahrelang nicht abzudrucken.

Das wirft deshalb immer wieder die Frage auf, was so eine Rüge am Ende überhaupt bringt – und ob sie sich auf künftige Berichterstattung positiv auswirkt.

Wir haben also nachgefragt, wann „Superillu“ und „Bunte“ die Rüge publizieren werden. Und wir wollten wissen, inwiefern die Redaktionen nun etwas an der Praxis ändern, über Firmen wie ihreapotheken.de zu berichten, ohne dabei die Beteiligung des Burda-Verlags offenzulegen. Die Reaktion bzw. Nicht-Reaktion spricht für sich.

Diagnose: Einsilbigkeit und Schweigen

Die Burda-Pressesprecherin, die für „Bunte“ zuständig ist, teilt mit:

„Die Veröffentlichung bzw. das Veröffentlichungsdatum der Presseratsrüge bei Bunte entnehmen Sie bitte der Homepage des Presserats. Weitere Informationen kann ich Ihnen dazu leider auch nicht geben.“

Und „Superillu“-Chefredakteur Stefan Kobus hat auf unsere Anfrage gar nicht erst geantwortet. Womöglich sehen er und die Redaktion von „Bunte“ weiterhin kein Problem darin, intransparent über verwandte Unternehmen zu berichten.

Nachtrag, 27.5.2025. „Superillu“ hat die Rüge inzwischen (in Ausgabe 21/2025) veröffentlicht. Am Ende schreibt die Redaktion: „Die Redaktion respektiert die Entscheidung, stimmt der Beurteilung allerdings nicht zu und legt insbesondere Wert darauf, dass die Objektivität und Neutralität der Berichterstattung zu keiner Zeit infrage stand.“

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