Erregung und Ärgernis (7)

Die Forderung nach einer „zivilisierten Debatte“ ist bloß Diskurskitsch

Natürlich möchte niemand beleidigt werden. Aber die ständige Klage über unsere angeblich verrohte Debattenkultur verharmlost die echten gesellschaftlichen Konflikte hinter den harten Auseinandersetzungen.
Grafik: Canva

Natürlich möchte niemand beleidigt werden. Aber die ständige Klage über unsere angeblich verrohte Debattenkultur verharmlost die echten gesellschaftlichen Konflikte hinter den harten Auseinandersetzungen.


Es gehört zur Folklore eines Wahlkampfes, auch um die Umgangsformen zu kämpfen, die in diesem Wahlkampf herrschen. Berühmt ist Michelle Obamas Rede aus dem Jahr 2016, in der sie verkündete: „When they go low, we go high.“ Soll heißen: Wenn der Gegner zu unlauteren Mitteln greift, darf man nicht mit den gleichen Mitteln zurückschießen, sondern muss sich umso mehr auf die Tugenden des demokratischen Austauschs besinnen.

Nun ist wieder Wahlkampf und wieder wird um einen angemessenen Umgang geworben. So mahnte etwa Robert Habeck gerade einen „zivilisierten Wahlkampf“ an. Auf diese Forderung können sich offenbar die meisten beteiligten Parteien vordergründig einigen – schließlich haben sie sogar in einem gemeinsamen „Fairness-Abkommen“ die Absicht beteuert, auf persönliche Angriffe zu verzichten, respektvoll zu debattieren und keine bewussten Falschaussagen zu treffen.

Ein solches Abkommen erscheint auch dringend notwendig – zumindest, wenn man in den letzten Jahren das Mediengeschehen verfolgt hat. Denn dann könnte man leicht den Eindruck bekommen, dass wir in einer Gesellschaft leben, die verlernt hat, miteinander zu sprechen. Beklagt wird eine „Verrohung der Diskussionskultur“, eine kaputte Gesprächskultur, eine aggressive Gesellschaft, die tief gespalten sei, der es an Ambiguitätstoleranz, an Empathie, an Differenzierung etc. mangele.  Das liege vor allem an der aufgeheizten Stimmung in den Sozialen Medien; aber auch die Politiker:innen können sich ja nicht mehr benehmen. So werden derzeit parallel zu den Forderungen nach mehr Zivilisiertheit im Umgang auch schon die ersten Stimmen laut, die sich bitterlich über die Umgangsweise der Kontrahenten beschweren. Es herrscht die Sorge, dass auch bei uns „amerikanische Verhältnisse“ Einzug halten könnten.

Die ständigen Mahnungen, wir wären diskursiv verroht, vermitteln das Gefühl, dass diese Verrohung das größte gesellschaftliche Problem ist, unter dem wir momentan leiden. Wenn sich nur alle etwas beruhigen würden, dann könnte das viel dazu beitragen, den Spalt, der das Gemeinwesen durchzieht, wieder zu schließen, so die darin mitschwingende Hoffnung.

Existenzielle Probleme lassen sich nicht im Debattierclub lösen

Je mehr Wortmeldungen dieser Art man liest, desto mehr scheint daraus allerdings auch die Hilflosigkeit einer Schulhofpädagogik hervor, die prügelnde Schüler mit erhobenem Zeigefinger auffordert, sich doch endlich zu vertragen. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Artikel aus dem Jahr 2018, in dem Habecks Parteikollege Winfried Kretschmann einen zivilisierten Streit fordert, der auf „Verrohung und Verbalradikalismus“ einerseits, aber auch auf „überspannten politischen Korrektheit“ andererseits verzichtet.

Diese salomonische Abwägungs- und Beruhigungsrhetorik durchzieht den ganzen Text. Kretschmann schreibt: „Es gilt Gräben zu vermeiden, die unweigerlich entstehen, wenn man andere beschimpft oder in eine Ecke stellt. Wer den Zuzug von Asylbewerbern begrenzen möchte, ist deshalb noch kein Nazi. Und wer weiterhin Flüchtlinge aufnehmen will, kein Volksverräter. Wer solches will, ist nicht zwangsläufig böse, ist nicht zwangsläufig dumm oder naiv. Sondern vielleicht einfach nur anderer Meinung.“

Der Ton, der hier angeschlagen wird, erinnert unweigerlich an Sonntagspredigten. Es ist natürlich wünschenswert, dass Menschen in der öffentlichen Debatte anständig miteinander umgehen. Und natürlich wird niemand gerne von anderen beschimpft. Aber hinter dem beruhigenden Ton der Mahnung nach mehr Debattenkultur verbirgt sich oft genug die Vorstellung, dass sich grundlegende gesellschaftliche Probleme vor allem, und eigentlich ausschließlich, durch den höflichen Austausch von Argumenten lösen lassen. So wird dann aber auch die Tatsache, dass es bedeutsame politische Konflikte gibt, die unversöhnlich geführt werden, weil sie eben nicht auflösbar sind, durch den strengen Verweis auf die verrohte Debattenkultur weggewischt. Existentielle gesellschaftliche Fragen werden damit zu einem Problem mangelnder Umgangsformen verharmlost.

In dieser Vorstellungswelt gibt es keine Verteilungskämpfe um Ressourcen und Macht, keine widersprüchlichen Interessen, kein hasserfülltes gruppenbezogenes Verdrängungsbedürfnis – es gibt nur viele verschiedene Meinungen, die gehört und mit Respekt behandelt werden müssen. Wenn wir uns nur nicht mehr gegenseitig „Nazi“ oder „Volksverräter“ nennen würden, dann, ja dann könnte man zu einer Einigung kommen. Am Ende liegen „Nazi“ und „Volksverräter“ sich weinend in den Armen und erkennen, dass sie doch alle nur Menschenkinder sind. Gesellschaftlicher Konsens wurde hergestellt.

Eine goldene Zeit der Debattenkultur hat es nie gegeben

Man könnte das alles auch einfach als Diskurskitsch bezeichnen. Seine Vertreter beklagen einerseits immerzu, es gebe zu viel Streit, andererseits klagen sie den Streit ständig ein – allerdings in Form einer domestizierten Debatte. Diese Klage ist zum einen unhistorisch. Eine goldene Zeit der Debattenkultur hat es nie gegeben. Öffentlicher Austausch war schon immer eine Hölle der Aggression. Im Jahr 1985 etwa nannte Willy Brandt den CDU-Politiker Heiner Geißler im Fernsehen den schlimmsten Hetzer seit Goebbels und wurde dafür von Helmut Kohl gerügt. Der wiederum verglich Michail Gorbatschow ein Jahr später ebenfalls mit Goebbels. Und Ludwig Erhard schimpfte bereits 1965 über deutsche Schriftsteller: „Da hört bei mir der Dichter auf, und es fängt der ganz kleine Pinscher an, der in dümmster Weise kläfft.“

Das wirklich Zerstörerische am ständigen Debattengerede der Gegenwart ist allerdings, dass es den Blick von den realen Problemen ablenkt und auf den Ton verschiebt, in dem darüber gestritten wird. Dabei ist der Streit nur das Symptom für eine oft existentielle Unzufriedenheit, die sich durch den sanften Zwang des besseren Arguments nicht befrieden lassen wird. Superreiche werden sich durch höfliche Debatte nicht davon überzeugen lassen, ihren Reichtum aufzugeben und vom Abstieg bedrohte Menschen werden ihren Frust nicht aufgeben, weil man ihnen die Situation freundlich erklärt hat. Diskurskitsch trägt also dazu bei, das Verständnis wichtiger gesellschaftlicher Krisen zu vernebeln.

Es ist deshalb umso irritierender, dass die Forderung nach einer „anständigen Debatte“ auch in etablierten Medien zu einem Fetisch geworden ist. Wenn doch nur der regelgeleitete Austausch von Argumenten auf dem Markt der Meinungen herrschen würde, wenn sich doch nur alle mal an einen Tisch setzen würden (am besten unter Aufsicht liberaler Journalist:innen), um alles auszudiskutieren!

Beispielhaft für dieses dringende redaktionelle Bedürfnis nach „zivilisierten Streit“ stehen die allgegenwärtigen Pro-Contra-Formate, in denen beide Seiten eines Konfliktes durch Meinungstexte vertreten werden. Berühmt für diese Praxis ist vor allem das „Streit“-Ressort der „Zeit“. Dort streiten Politiker:innen, Aktivist:innen, Autor:innen zünftig (aber zivilisiert) über Fragen wie: „Soll das Bürgergeld abgeschafft werden?“ „Brauchen wir Olympische Spiele in Deutschland?“ „Können wir von Milei lernen?“ „Müssen sich Politiker beleidigen lassen?“

Auf der Webseite des Ressorts heißt es: „‚Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine‘, hat Helmut Schmidt einst gesagt. Im STREIT-Ressort der ZEIT nehmen wir ihn beim Wort.“ Das ist er wieder, dieser Predigerton, mit dem Streit als irgendwie wichtiges gesellschaftliches Gut gleichzeitig einfordert und domestiziert werden soll. Denn es handelt sich natürlich um die Streitkultur des Debattierclubs, wo Dissens spielerisch simuliert wird. Sie atmet den Geist der klassischen Erörterung, die vielen Menschen im Deutschunterricht eingebläut wurde. Das inszenierte Diskurstheater eines „Streit“-Ressorts oder eines Pro-Contra-Artikels verhält sich zu einem echten Streit wie Wrestling zu einer Kneipenschlägerei.

Hinter den Kulissen des Debattentheaters

Dass es mit der medialen Begeisterung ein Problem geben könnte, zeigt die Tatsache, dass die „Welt“ bereits 2018 ein mehr oder weniger ernst gemeinstes „Pro und Contra über das Pro und Contra“ veröffentlichte, was die Zeitung aber nicht davon abhalten konnte, dass weitere „Pro und Contra“-Artikel zu Reizthemen wie Tempolimit, Halloween, Musikunterricht (und noch mal Halloween) veröffentlicht wurden – ein wahrer Exzess der Meinungsvielfalt.

Die gemütliche Vorstellung, dass Demokratien Orte sind, an denen man sich fetzt, dann aber hoffentlich auch wieder verträgt, ist zu einem journalistischen Glaubenssatz geworden, der vor allem dazu beiträgt, die harten Konflikte zu verharmlosen, die ständig in unserer Gesellschaft brodeln. Eine Kolumne bei „Zeit Online“ von letzter Woche beginnt damit, dass die Autorin im Bordbistro der mal wieder verspäteten Bahn sitzt und über die politische Lage ins Grübeln gerät. Warum ist die AfD so stark, woher kommt der Erfolg einer Alice Weidel, die gegen das Establishment wettert? Die vage Antwort lautet, das Establishment müsse nun endlich mal zurückschlagen, Antworten auf die vielen Probleme formulieren und „mit Freude daran arbeiten, seriöse Politik zu machen“.

Diese wohlmeinenden Reflexionen enden dort, wo sie begonnen haben: im Bordbistro, das unvermittelt als Metapher für die Utopie einer vereinten Gesellschaft herhalten muss: „Wir sitzen nun mal zusammen in diesem Bordbistro des Lebens, so unterschiedlich wir auch sind. Wir müssen uns nicht immer mögen. Aber wir sollten miteinander auskommen, auch wenn es anstrengend wird.“ Aber wir sitzen eben nicht im „Bordbistro des Lebens“, wo es darum geht, sich in einer geteilten unangenehmen Situation zusammenzuraufen. Solche Bilder vermitteln den Eindruck einer Welt, die nur ein bisschen Diskursfrieden braucht, um geheilt zu werden. Man sollte das Bordbistro endlich verlassen, die Forderung nach einem zivilisierten Umgang als gesellschaftliches Allheilmittel aufgeben und stattdessen die Konflikte analysieren, die hinter den Kulissen des Debattentheaters liegen.

17 Kommentare

  1. Könnte es sein, dass das noch eine Folge der Merkeljahre ist? Dort wurde alles auf unterkomplexe Formeln wie „Sozial ist was Arbeit schafft“ reduziert und alle hatten das Gefühl „es läuft ja“.

    Ich glaube die Mehrheit möchte mit Politik in Ruhe gelassen werden. Mit Merkel hat das, zumindest in der Erinnerung vieler, gut funktioniert.

    Diese Grundstimmung könnte ein Grund für die vielen Aussagen zur Debatten Kultur sein.

  2. Beim SPIEGEL ist gestern ein langer Text von Armin Nassehi erschienen, nach meiner Lesart zum gleichen Thema (aber ich kann mich auch irren). Über diesen wie jenen Text freue ich mich, denn ich meine auch, dass es schon längst viel zu oft nur noch um das „Wie“ und viel zu selten um das „Was“ geht. Schlimmer noch: Eine Diskussion um das „Wie“ drängt das „Was“ fast immer in den Hintergrund und lässt sich insofern auch als taktisches Mittel nutzen, wenn man keine Lust hat, über das „Was“ zu reden, weil das fast immer sehr viel anstrengender ist.

  3. Diese Kolumne ist ein Gewinn für Übermedien, freue mich jedesmal, wenn ein neuer Text heraus kommt.

    #2 Spontan aus dem Bauch heraus: nein. Zumal das ein aus meiner Sicht internationales Phänomen auf eine rein deutsche Ursache reduziert. (Analog halte ich es für falsch, den Aufstieg der AfD Merkels Kanzlerschaft anzulasten.) Zum anderen Aspekt: Diejenigen, die die Debattenkultur kritisieren, sind in der Regel höchst politisch unterwegs („Zeit“, Kretschmann, und alle anderen oben zitierten Personen…).

  4. Hinzu kommt noch der Kulturkampf. Alles was mit offener Gesellschaft zu tun hat stört beim Geld machen. Also versuchen die Neoliberalen Gesellschaft und Politik nach rechts zu treiben. Die Debatten selbst sind vielleicht im Inhalt nicht heftiger geworden aber es gibt jetzt neue Akteure wie Nius, die nur noch konsequent auf Hetze setzen und mehr Reichweite haben als Junge Freiheit und ähnliches. Das hat schon eine neue Qualität bekommen.

  5. Die Forderung nach einer zivilisierten Debatte ist an und für sich richtig. Sie müsste nur von allen Diskursteilnehmern an sich selbst gestellt werden. Aber sie wird immer nur an den gerichtet, der anderer Meinung ist als man selber. Ich müsste also zugeben, dass linksgrün auch mal richtig liegen kann. Und andere müssten sich eingestehen, dass nicht alles, was von rechts kommt, automatisch falsch ist. Niemand sollte dem Andersdenkenden unterstellen, dass er sich aus reiner Bosheit seine Weltanschauung gebastelt hat.

  6. Die Ära Merkel war zu 3/4 zugleich eine Ära der GroKo, mit einer zwangsläufig schwachen parlamentarischen Opposition, wenig vernehmbarer Gegenrede und vielen „Alternativlosigkeiten“. Der Diskurs war schwach ausgeprägt.

  7. Die beruhigende Wirkung von Merkel fehlt wahrscheinlich.

    Es fehlt allerdings bei der Linken und bei den Grünen leider der Populismus und die Pressekritik. Den Rechten muss etwas vergleichbares entgegengesetzt werden. Bei Studio Rot gibt es dazu schöne Ansätze.

    Ich würde mich auch sofort auf den Populismusbeauftragten der Grünen bewerben falls Stefan Schulz keine Zeit hat.

  8. @Frank/#3

    „Beim SPIEGEL ist gestern ein langer Text von Armin Nassehi erschienen, nach meiner Lesart zum gleichen Thema (aber ich kann mich auch irren).“

    Ja, beide Texte handeln von Debattenkultur. Beide Texte beklagen sich darüber, dass öffentliche Debatten nicht wirksam werden, da man „falsch“ streitet bzw. auf eine Meta-Ebene flüchtet. Das mal (stark) verkürzt zu den von mir wahrgenommenen Gemeinsamkeiten. Armin Nassehis Text gefällt mir aber deutlich besser. Ich finde seine Problemanalyse präziser. Seine Einschätzungen, Schlussfolgerungen und somit Lösungsansätze kann ich besser nachvollziehen und somit folgen. Armin Nassehi schreibt viel über wirksame Sachdiskussionen und sachliche Lösungen. Hier lese ich viel über die Arten von Streit und welche der Autor gut oder schlecht findet.

  9. @Peter

    Zum Thema „Linkspopulismus“ lassen sich ja ganze Bücher schreiben. Ob es ein solches Konzept überhaupt gibt, hängt natürlich von der jeweiligen Populismusdefinition ab. So wird Populismus mancherorts als „dünne Ideologie“ bezeichnet, die mit verschiedenen politischen Ansichten aufgeladen werden kann. Demnach handelt es sich bei Populismus primär um einen Stil. Ich stehe da eher auf der Seite von Jan-Werner Müller („Was ist Populismus?“), der in der Verklärung vom Populismus zur Stilfrage die Gefahr sieht, das Konzept an sich derart zu verwässern, dass es im wisschenschaftlichen Diskurs unbrauchbar wird. Müller und andere betrachten Populismus als eigenständige Ideologie, welche „Menschenfeindlichkeit, Exklusion und Irrationalität“ in sich trägt (Martin Wengeler) und den „Rechtsextremismus im Gepäck hat“ (Franz Januschek). In dieser Logik wäre „Linkspopulismus“ ein Widerspruch in sich. Unabhängig davon halte ich den Begriff für so negativ verhaftet, dass es schwierig werden dürfte, ihn positiv zu vermarkten. Ich finde das Thema spannend, denke aber nicht, dass die politische Linke auf diesem Feld viel zu gewinnen hat. Im Piratensender Powerplay gab es vor einigen Wochen eine Folge zu dem Thema, in der auf den meiner Meinung nach wichtigen Unterschied zwischen Populismus und Polemik verwiesen wurde. Man ist ja heute schnell dabei, jede zugespitzte (oder auch überspitzte) Aussage als populistisch zu brandmarken und auf ihren Stil zu reduzieren (womit wir die Brücke zum Artikel geschlagen hätten). Eine zugespitztere Präsentation der eigenen Inhalte ist zumindest etwas, das man mal durchspielen könnte.

    Stefan Schulz als Populismusbeauftragter bei den Grünen. Mein Ironiedetektor kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis. ;-)

  10. @Ritter der Nacht
    Den Vorschlag hat Schulz selbst gemacht.

    Sie haben recht, Polemik wäre sicher der bessere Begriff.

    Ich habe da so in Richtung Markus Söder gedacht. Ein linker Politiker der performt. Aber halt mit Fakten statt heißer Luft. Aus meiner Sicht perfomen die rechten einfach besser. Vielleicht ein Gysi ohne DDR-Vergangenheit, so vom Typ her.

    Wenn die Menschen mehr nach Gefühl wählen muss das entsprechend bedient werden. Sonst drohen dunkle Zeiten.

  11. Tja, jetzt wird es unangenehm für einige:
    @Ritter der Nacht hatte ja schon auf den Podcast „Piratensender Powerplay“ und die Sendung über Populismus hingewiesen. Die neueste Folge des Podcasts legt da aber noch eine Schippe drauf. Der Titel ist dann auch
    „Lügen ist rechts(und wir können es beweisen)“.

    Wissenschaftlich untermauert bspw. durch diese Studie
    https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/19401612241311886
    für die 6 Jahre lang in 26 Ländern social media Beiträge von Politikern gesammelt und ausgewertet wurden. Die Datenlage ist riesig und die Tendenz ist klar. Am meisten gelogen wird am rechten Rand.

    „Using multilevel analysis with random country intercepts, we find that radical-right populism is the strongest determinant for the propensity to spread misinformation. Populism, left-wing populism, and right-wing politics are not linked to the spread of misinformation. These results suggest that political misinformation should be understood as part and parcel of the current wave of radical right populism, and its opposition to liberal democratic institution.“

    Aber auch das bürgerliche- und liberale Lager ist der Lüge eher zugeneigt, als die Parteien des linken Spektrums.
    Ich habe schon des öfteren vom „Haltet den Dieb“ Phänomen geschrieben, wobei dem Gegenüber Negatives unterstellt wird, um das eigene Gebaren zu legitimieren.
    Ich klaue, weil ja angeblich alle klauen und schreie am lautesten „Haltet den Dieb“, damit ich dabei nicht erwischt werde.

    In der Linke gibt es durchaus die Diskussion, ob es nicht dringend einen linken Populismus als Gegenbewegung bräuchte und das BSW mag auch so betrachtet werden. Nur dass ich das BSW auch nicht mehr als „links“ werten würde, mit dem Hang zum Nationalismus, der Xenophobie, dem Antifeminismus und allen anderen hässlichen Auswüchsen.

    Wie aber soll ich einen ausgewogenen Diskurs herstellen, wenn es schon mit dem schwierigen Onkel beim Familienbesuch nicht klappt.

    False Balancing als Meditationsübung?

  12. Man kann nicht sagen, dass die Linken oft lügen.
    Man kann nicht mal sagen, die lügen selten.
    Tatsächlich lügen die Linken nur einmal – nämlich immer.

    Ich habe mich lange gefragt, warum die so sind. Die lügen ja auch, wenn die keinen Vorteil davon haben. Die lügen sogar dann, wenn die wissen, dass die Lüge auffliegt.
    Ich glaube unterdessen es liegt daran, dass die gar nicht den Verdacht aufkommen lassen wollen, dass Wahrheit und Logik überhaupt eine Rolle spielen könnten.
    Das funktioniert ganz gut, solange die Realisten niedergehalten werden, wenn der Kommunikationskanal unidirektional funktioniert.
    Aber es gibt ein Heulen und Zähneklappern, sowie einer die Gegenrichtung freischaltet.

    Beispiele liefert das Netz tonnenweise.
    Oliver Klein vom ZDF-Faktenchecker recherchiert nach eigenen Angaben wie ein Ermittler. Sagt sogar das ZDF, da muss es ja stimmen.
    Es stimmt ja auch, aber eben nur solange, bis einer die Gegenrichtung freischaltet. Und siehe, ihm fliegen seine Lügen um die Ohren. Worauf er sich vom pösen X zurückzieht.

    Oder nehmen wir diese nette Kompilation.
    Das hatte ich hier schon mal gepostet. Als Reaktion kamen die für die Linken üblichen Wutanfälle.
    Mal sehen, wie es diesmal ausgeht.

  13. „Wutanfälle“, sicher. Niemand nimmt Sie ernst genug, dass es zu „Wutanfällen“ käme, @FrankD.

    Halten wir also fest: Sie bekommen nicht einmal einen kurzen Kommentar hin, ohne faustdicke Lüge.
    Danke für die prompte Bestätigung meines Kommentars!

  14. Moin,

    im Grunde ist der Text viel zu lang für das was er aussagt. Und wenn man die Konsequenzen durchdenkt, fehlt die klare Analyse (siehe Nassehi) und zudem jeder Ansatz, was und wohin er will? Da er sich einer Analyse und dem Drnken einer Lösung verwigert, ist der Text zum großen Teil überflüssig. Sowas liest man täglich vielerorts.

  15. Der Kommentar geht am eigentlichen Thema vorbei und zwar an der Qualitätsfrage im Diskurs. Wieso jemand sich gegen einen wertschätzenden und inhaltlichen Diskurs wendet, ist mir unverständlich. Das ist letztendlich eine Rechtfertigung für eine polarisierte Debatte, die so schädlich, wie für Medien nützlich ist. Algorithmen, die das fördern, wie auf X, bringen uns dazu, uns gegenseitig zu beschimpfen und genau dadurch lenken wir von den wichtigen Debatten ab. „Teile und herrsche“, hieß das früher, worauf das Proletariat reingefallen ist, jetzt sind es die Bildungsbürger*innen. Wir haben in den Medienhäusern einen Trend zu weniger Inhalt und zu mehr Distribution, genau, das bilden auch die Karrierewege in den Medien ab. Was wir dagegen brauchen, ist ein analysierender und multiperspektivischer Journalismus und keine (gutgemeinte) Agitation. Irgendwie hat man das mit den unterschiedlichen Perspektiven früher in der Journalistenausbildung gelernt. Heute ist das wohl nicht mehr Standard.

  16. Danke. Es spricht mir aus der Seele.
    Wohltuend, was ich hier ab und an lesen darf.

    Viele Berichte und Artikel in Zeitungen zielen immer wieder genau auf das Abräumen des eigentlichen Konfliktes ab, hinter dem man sich mit einem nur vordergründig „anständigen“ Benehmen versteckt und spielt im wahrsten Sinne des Wortes Diskurs-Theater, das sich in immer neu zusammengesetzten VArianten selbst perpetuiert. Ich habe es sowas von satt.

    Wundert es eigentlich noch jemanden, dass die Menschen langsam, aber stetig das Vertrauen in Demokratie und seine Institutionen verlieren? Ich bin selbst erschrocken über meinen erlebten Vertrauensverlust in den letzten drei Jahren.

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