5. Dezember

„In den Kommentarspalten habe ich mich schnell wohlgefühlt“ – Fünf Fragen an den Kritischen Kritiker

Übermedien-Adventskalender Türchen 5
Illustration: Ralf Nietmann

Wer hin und wieder einen Blick in die Diskussionen unter unseren Texten wirft, ist ihm dort sicher schon begegnet: Der „Kritische Kritiker“ ist einer unserer fleißigsten Kommentatoren. Für unser heutiges Türchen Nummer fünf haben wir ihm ein paar Fragen gestellt.

Übermedien: Seit Ihrem ersten Kommentar im Dezember 2018 (zu diesem Text) haben sie 1028 Kommentare (Stand 3. Dezember 2024) geschrieben. Warum machen Sie das so gerne und wie zeitintensiv ist das?

Kritischer Kritiker: 1028? Ernsthaft? Ich hätte vielleicht mit 300 gerechnet! Ich bin damals über die Relotius-Geschichte bei Übermedien gelandet. In den Kommentarspalten habe ich mich schnell wohlgefühlt, weil interessante Fragen von vielen Leuten vernünftig diskutiert wurden. Das hat meines Erachtens leider ein bisschen nachgelassen. Der Zeitaufwand hält sich in Grenzen – die meisten Kommentare stammen ja aus Debatten, in denen ein, zwei Tage lang intensiv diskutiert wird. Und die gibt es nur ein paarmal im Jahr. Länger dauern auch komplexere Argumentationen, für die ich recherchieren muss, und über die ich mir gründlich Gedanken mache. Aber das macht mir Spaß – ist dann die Entsprechung zu einem Artikel auf einem eigenen Blog, den ich im Hinterkopf habe, aber irgendwie nie zustande bringe.

Kommentieren Sie nur bei Übermedien so viel oder liest man Sie auch in anderen Kommentarspalten?

Ich bin noch in einem Architekturforum aktiv – ganz andere Welt. Sonst halte ich mich von Kommentarspalten – und Sozialen Medien – inzwischen in der Regel fern.

Wie nehmen Sie die Stimmung in unseren Kommentarspalten wahr? Hat sich da im Laufe der Jahre etwas verändert?

Früher waren die Kommentarspalten länger, oft gab es mehr als 100 Antworten. Meiner Wahrnehmung nach hatten wir auch häufiger einen ausführlichen und interessanten Austausch von Argumenten. Das kommt immer noch hin und wieder vor, ist aber inzwischen recht selten geworden – weniger Leute, von denen sich viele lange kennen, weshalb sie immer wieder die immergleichen Debatten ausfechten. Schade. Andererseits waren vor ein paar Jahren auch noch mehr Trolle und sehr aggressive Leute unterwegs, das ist besser geworden.

Gibt es einen Kommentar, den Sie bereuen?

Diverse. Eigentlich habe ich den Anspruch, sachlich und mit Argumenten zu kommentieren. Aber manchmal, wenn es hitzig wird, rege ich mich auf, argumentiere schlecht und werde pampig. Das tut mir hinterher meistens leid.

Gibt es etwas, was Sie an uns mal kritisieren wollten, es sich aber noch nicht getraut haben?

Nee, was ich kritisieren möchte, schreibe ich in die Kommentare: Manche Autoren neigen zu postmoderner Sprach- und Identitätspolitik oder überdehnen kritisch gemeinte Begriffe, wie zum Beispiel „Trauma“ oder „toxisch“, bis zur Bedeutungslosigkeit („Concept Creep“), solche Sachen. Aber grundsätzlich schätze ich Ihre Arbeit sehr, sonst wäre ich nicht so lange dabei geblieben. Zwei Wünsche hätte ich. Darf ich? Zum einen freue ich mich immer, wenn sich die Autorinnen und Autoren an den Debatten über ihre Texte selbst beteiligen, wie Sebastian Wilken zu seinen Bahn-Texten. Das könnte es häufiger geben. Zum anderen fände ich es schick, wenn Sie die Kommentarfunktion modernisieren würden – es wäre toll, wenn man direkt auf andere Beiträge antworten könnte, statt immer unten eingereiht zu werden. Das würde die Sache viel übersichtlicher machen und Missverständnissen vorbeugen.

Alle anderen bereits geöffneten Türchen finden Sie hier.

5 Kommentare

  1. Ich würde mich immer gerne beteiligen, manchmal liegt mir das eine oder andere schon auf der Zunge. Aber dann frage ich mich: Interessiert das jemanden, was ich denke? Ist es mir wirklich so wichtig, meine Meinung mit anderen zu diskutieren? Darauf lautet die einfache Antwort oft: Nein, weil ich keine Kommentare rein aus dem Bedürfnis heraus, gesehen zu werden, schreiben möchte. Und sinnvolle, gehaltvolle oder über reine Meinung hinausgehende Kommentare fallen mir selten auf Anhieb ein. Darum bin ich bisher eine stille Leserin. Ich bewundere deinen Einsatz und will gerne mitmachen im Versuch, die Kommentarspalten wiederzubeleben!

  2. Tolle Idee, und ein wirklich interessantes kleines Interview. Ich lese sehr gerne die Kommentare bei Übermedien, und manchmal juckt es mich in den Fingern, selbst zu kommentieren. Habe es bis jetzt bleiben lassen (mit einer Ausnahme vielleicht, irgendwann), aber vielleicht kommt mir ja mal ein dringender Gedanke, den ich unbedingt mitteilen muss.

  3. Die Übermedien-Kommentarspalte ist eigentlich die einzige übriggebliebene, auf die ich mich freue, wenn ich einen Beitrag durch habe. Auch dank dem Kritischen Kritiker. Daher: Auf die nächsten 1.000!

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