Ist Michael Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt?
Der Politikwissenschaftler und Berater Michael Lüders hat einen anderen Blick auf den Krieg in Syrien als die meisten anderen Experten und Kommentatoren in den deutschen Medien. Für den Präsidenten der Deutsch-Arabischen Gesellschaft ist es zum Beispiel keineswegs ausgemacht, dass für die Giftgasangriffe auf die Bevölkerung dort das Regime verantwortlich ist.
Seine Positionen und seine Anwesenheit in öffentlich-rechtlichen Talkshows lösen seit kurzem heftige Kontroversen aus. Anne Will stellte Lüders in ihrer ARD-Sendung mit einer Art warnendem Beipackzettel vor, dass er kein neutraler Experte sei. Lüders ist umstritten, und umstritten ist auch die Frage, ob er nur eine andere, bedenkenswerte Position in die Debatte bringt – oder ob er ein Scharlatan oder ein Lobbyist ist, der in der Debatte gar nichts zu suchen hat.
Vor einigen Tagen scheinen die Kritiker einen besonders eindeutigen Beweis dafür gefunden zu haben, dass Lüders nicht ernst zu nehmen ist: In der ZDF-Talkshow von Markus Lanz erklärte er, dass es Berichte gegeben habe, wonach die Türkei an die Al-Nusra-Front und andere so genannte Rebellen in Syrien Saringas geliefert habe. Er berief sich dabei auf den bekannten türkischen Journalisten Can Dündar, der seit kurzem in Deutschland im Exil lebt.
Dündar selbst aber widersprach ihm. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ zitierte ihn in ihrer Ausgabe vom 9. April 2017 mit den Worten, das sei „totaler Unsinn“, und fügte hinzu:
Seine Zeitung „Cumhuriyet“ habe damals über Waffenlieferungen berichtet, von Giftgas sei nie die Rede gewesen.
Die kleine Notiz in der FAS-Kolumne „Die lieben Kollegen“ zog Kreise. Der Deutschlandfunk berichtete online unter der Überschrift: „Dündar distanziert sich von Äußerungen des Nahost-Experten Lüders“. Der „Faktenfinder“ der „Tagesschau“ kritisierte Lüders unter anderem unter Bezug auf Dündars von der FAS zitierten Aussage; ein ausführlicher Faktencheck von „Spiegel Online“ verwies darauf.
Auch das Recherchebüro „Correctiv“, das mit Dündar zusammenarbeitet, veröffentlichte einen Faktencheck, der zu dem Ergebnis kam, dass es „komplett falsch“ sei, „Can Dündar als Quelle dafür zu nennen, dass die Türkei Giftgas an dschihadistische Rebellen geliefert hat“.
So weit, so scheinbar eindeutig. Viele Kritiker Lüders‘ stürzten sich auf diese offenkundige Unwahrheit als quasi letzten Beweis für die Unseriosität des Experten.
Doch so einfach ist die Sache nicht. In einem Interview mit den „Nachdenkseiten“ räumte Lüders diese Woche zwar eine „Ungenauigkeit“ ein, als er bei „Markus Lanz“ sagte, dass Dündar solche Berichte verfasst hätte. Dündar selbst habe tatsächlich nur über konventionelle Waffenlieferungen an islamistische Rebellen berichtet. „In seiner Zeitung ‚Cumhuriyet‘ sind aber sehr wohl Artikel zu diesem Thema erschienen, auch zu der Zeit, als er Chefredakteur war“, sagt Lüders. „Nur aus seiner Feder eben ‚leider nicht‘, wie er [Dündar] mir gegenüber erklärte.“
Wenn es so war, wäre Lüders Aussage bei „Markus Lanz“ tatsächlich nicht der große, ihn endgültig als unseriös entlarvende Fehler, sondern nur eine Ungenauigkeit. Nach Angaben von Lüders betonte Dündar ihm gegenüber auch, dass auch die Zeitung „Hürriyet“ Ende vergangenen Jahres über die Lieferung von Chemikalien aus der Türkei an den „Islamischen Staat“ berichtet habe.
Das würde aber bedeuten, dass die Darstellung der FAS, die von so vielen geteilt wurde, irreführend war, weil Dündar eben nur der persönlichen Autorenschaft der entsprechenden Berichte in der von ihm verantworteten Zeitung widersprach.
Auf Anfrage von Übermedien bestätigt Dündar nun Lüders Version:
Meine Geschichte hatte nichts mit Chemiewaffen zu tun. Aber meine Zeitung hat einige entsprechende Behauptungen veröffentlicht, während ich Chefredakteur war.
Bei der telefonischen Anfrage der FAS habe er nicht genau verstanden, um wen es ging. Er sei nur gefragt worden, ob sein eigener Artikel von Chemiewaffen handelte. Mehr habe die FAS nicht gefragt.
Dündar sagt uns noch, er verstehe nicht, warum das so ein großes Thema geworden sei, und natürlich ist die eigentliche Frage nicht, wer was gesagt oder berichtet hat, sondern von wem Chemiewaffen in Syrien eingesetzt wurden oder hätten eingesetzt werden können. Die Berichte über Waffenlieferungen, auf die sich Lüders bezieht, existieren aber nach Aussage Dündars wirklich – er hat nur den falschen Autor genannt. Als Beweis dafür, dass ihm nicht zu trauen ist, taugt die ganze Episode nicht.
Die „Bild“-Zeitung aber holt heute zum ganz großen Schlag gegen Lüders [€] aus. Sie stellt ihn als Putin-Propagandist dar, bezichtigt ihn einer „glatten Lüge“, unterstellt ihm „abstruse Verschwörungstheorien“ und kritisiert, dass der „überführte Fake News-Verbreiter“ vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt noch eingeladen wird.
Nachtrag, 24. April. Lüders hat in einer Erklärung Stellung zu der Kritik an ihm genommen. Er räumt erneut ein, dass ihm beim Bezug auf Dündar ein Fehler unterlaufen sei. Außerdem hätte er bei Markus Lanz vorsichtiger formulieren sollen. Weitere Vorwürfe unter anderem von „Bild“ seien aber haltlos. Lüders nennt in seiner Erklärung auch mehrere Links zu Berichten über „mögliche Giftgaslieferungen“.
Oh, vielen Dank für den Artikel. Ich habe überall nach Informationen zu der Causa gesucht und nicht so richtig gefunden.
So wird es heute gemacht.
Bemerkenswert ist auch ein anderer ähnlicher Fall mit den schwedischen Ärzten. Wo die ARD durch Nachfragen bei einem Arzt versuchte rauszufinden ob man die die Quelle (RT deutsch) diskreditieren könnte. Nachdem dies nicht klappte, wurde aber über die wesentlich interessantere Aussage bisher nicht berichtet (Whitehelmets zeigen medizinisch sehr zweifelhafte Aufnahmen).
Was ist mit denen los? Wer zwingt die im Nahen Osten Al Kaida unterstützen? Oder zumindest nicht wahrheitsgemäß über die zu berichten.
Michael Lüders erklärte in der Sendung eben nicht nur, daß es Berichte über türkische Sarin-Lieferungen gegeben habe. Er spricht von „als gesichert“ zu bewertenden Informationen und beruft sich dabei auf Can Dündar. Nun hat weder Can Dündar darüber berichtet noch hat dessen Zeitung diese Giftgas-Lieferungen als Fakt nachgewiesen. Can Dündar selbst spricht von „Behauptungen“.
Wenn Übermedien das als „Ungenauigkeit“ einstuft, wünschte man sich derartiges Wohlwollen auch gegenüber manch anderen Journalisten, die auf dieser Seite munter verdroschen werden.
Michael Lüders erklärte in der Sendung auch, daß es tatsächlich Berichte amerikanischer Dienste geben würde, die von türkischen Giftgas-Lieferungen an al-Nusra handelten. Und daß Obama deswegen nicht reagiert habe. Was Lüders verschweigt: er beruft sich dabei einzig und allein auf Seymour Hersh und verschweigt, daß dessen „Erkenntnisse“ von ebenso namhaften anderen Journalisten stark angezweifelt worden sind. Gesicherte Quellen sehen anders aus. Auch in dieser Sache also eine „Ungenauigkeit“, wie so leider häufig bei Michael Lüders.
Ich bin mir nicht sicher, ob Übermedien nun vor allem den ramponierten Ruf von Lüders wieder aufpolieren oder sich über die Arbeit der Fakt-Checker anderer Medien erheben möchte. In beiden Fällen wünsche ich viel Glück, denn das werden Sie wohl brauchen.
Noch ein kleiner Nachtrag.
Gegenüber den „Nachdenkseiten“ sagt Michael Lüders:
„Was den Giftgaseinsatz 2013 anbelangt, so bewegen wir uns auf der Ebene von Indizien, eine eindeutige Beweislage gibt es nicht. (…) Sollte sich am Ende herausstellen, dass das Assad-Regime dieses furchtbare Verbrechen begangen hat, werde ich darauf in meiner Arbeit umgehend verweisen.“
Bei „Markus Lanz“ hörte sich das noch so an:
„Mittlerweile wissen wir, daß es mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit nicht das Regime war, das für diesen Angriff verantwortlich war. (…) Nach allem, was wir bislang vermuten dürfen und was als gesichert wohl zu gelten hat, war dies eine Zusammenarbeit der Nusra-Front… mit dem türkischen Geheimdienst MIT.“
Erfreulich, daß Herr Lüders nach seinem Auftritt im ZDF etwas Abstand von Wahrscheinlichkeitswerten und „gesicherten“ Erkenntnissen genommen hat.
@Thomas: Könnten Sie mir bitte mal ein Beispiel geben, wer hier in welchem Artikel „verdroschen“ wurde? Nur für mich zur Einordnung, vielen Dank.
„Ist Michael Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt?
So das Thema hier bei „uebermedien“ mit Bezug auf folgende Beiträge
„Markus Lanz“, „FAS“, „DF“, „Faktenfinder der tagesschau“, Spiegel Online“ „Correctiv“, und nicht zu letzt die „Bild““
„So weit, so scheinbar eindeutig. Viele Kritiker Lüders stürzten sich auf diese offenkundige Unwahrheit als quasi letzten Beweis für die Unseriösität des Experten.“ -Hier stellvertretend Thomas zum Beitrag hat er so gut wie nichts zu sagen, er legt ein Glaubensbekenntnis, sein Glaubensbekenntnis zum Giftgaseinsatz in Syrien vor, in einer Form die den Ruf von Lüders schaden soll. Mein Glaubensbekenntnis, obwohl es hier nicht darum geht, ich kann die Recherchen von Lüders und sehr gut auch die von Seymour Hersh nachvollziehen. Darüber zu diskutieren gehört mit Sicherheit nicht hier her. Es geht um die zertörischen Behauptungen in den angeführten Medien „FAS“, „DF“, „Faktenfinder der tagesschau“, Spiegel Online“ „Correctiv“ u. „Bild“ jetzt mit Unterstützung? von Thomas.
@ Thomas:
Michael Lüder hat bei Markus Lanz eben nicht gesagt, die von ihm formulierten Thesen seien „als gesichert“ anzusehen. Sie reißen hier leider etwas aus dem Kontext und erwecken damit den Eindruck, als habe Herr Lüders seine Vermutungen als faktisch belegt dargestellt.
Tatsache ist: wenn sie sich das gesamte Zitat anschauen, dann ist da alles im Konjunktiv gehalten:
„Mittlerweile wissen wir, dass es mit einer SEHR GROSSEN WAHRSCHEINLICHKEIT nicht das Regime war, dass für den Giftgasangriff verantwortlich war. Nicht dass es ihm nicht zuzutrauen wäre, aber EIN VERDACHT IST EBEN NOCH KEIN FAKT. Und heute gehen eigentlich die INDIZIEN IN DIE RICHTUNG, dass dieser Angriff (Giftgasangriff) ein sogenannter Angriff unter falscher Flagge war.
Nach allem was wir bislang VERMUTEN DÜRFEN dürfen und was als GESICHERT WOHL ZU GELTEN HAT, war dies eine Zusammenarbeit der Nusra Front (…) mit dem türkischen Geheimdienst…“
Wer will kann Michael Lüders natürlich vorwerfen, er bewerte die vorliegenden Indizien zu optimistisch im Hinblick auf seine Thesen. Und mit dem „gesichert wohl zu gelten hat“ war er selbst im Nachhinein wahrscheinlich auch nicht glücklich. Ihm aber zu unterstellen er mache aus Vermutungen Fakten, das ist grob unsachlich.
Tatsächlich fällt mir bei Herrn Lüders gerade positiv auf, dass er im Nachhinein selbstkritisch zugibt, er sei in seinen Formulierungen zu wenig konkret und unmissvervständlich gewesen. Des Weiteren verweist er so gut wie immer darauf, dass alle Beteiligten Verantwortung tragen, an dem was in Syrien geschieht.
Und genau diese Differenziertheit fehlt leider allzu oft in den heutigen Leitmedien – ebenso wie die Fähigkeit zur Selbstkritik. Und gerade die „Faktenchecks“ der Leitmedien sind erschreckend einseitig, in der Art wie sie uns präsentiert werden.
Übrigens: Lüders beruft sich in dieser Sache EBEN NICHT einzig und allein auf Seymour Hersh. Er beruft sich u. a. auch auf James Clapper (damals Director of National Intelligence) und auch auf türkische Parlamentsabgeordnete…
Generell ist es interessant, dass sie Herrn Lüders Ungenauigkeiten vorwerfen, ihn selbst aber nicht vollständig gelesen/gehört zu haben scheinen.
@Übermedien: Danke! Sehr hilfreicher Artikel!
Es war falsch, sich seitens der Kritiker so auf die Dündar-Aussage einzuschießen. Keine Frage. Nichtsdestotrotz ist auch euer Artikel stark verkürzt. Die Tagesschau etwa wirft Lüders ja vor allem vor, sehr selektiv mit den zu Verfügung stehenden Informationen umzugehen (Stichwort UN-Menschenrechtsratsbericht & Ake Sellströms Ausführungen), und zeigt so auf, dass er eben sehr wohl manipulativen arbeitet – anders als etwa correctiv haben sich die tagesschau-Autoren auch keineswegs völlig auf den Dündar-Kommentar eingeschossen. Und seine Aussage, dass die Unschuld des Regimes für das Massaker im August 2013 mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bewiesen sei ist eben falsch.
Lüders paraphrasiert eben fast ausnahmslos die Recherchen von Seymour Hersch, die wiederum erheblich unter Feuer geraten sind, wie man u.a. hier: http://eaworldview.com/2013/12/syria-special-chemical-weapons-conspiracy-wasnt-seymour-hershs-exclusive-dissected/ und hier: https://www.theguardian.com/commentisfree/2014/apr/22/allegation-false-turkey-chemical-attack-syria nachlesen kann.
Eine weitere falsche Aussage von Lüders, die in den hier zitierten Artikeln leider keinerlei Erwähnung gefunden hat, ist jene, die direkt vor dem Dündar-Satz kommt: „Es gibt erste Untersuchungen der amerikanischen Geheimdienste, die man auch nachlesen kann, schon vom 20. Juni 2013, da wir ganz klar benannt: Wir wissen, dass die Türkei die Nusra-Front und andere Bewegungen mit Sarin-Gas ausgestattet hat und sie stellen selber Sarin-Gas her.“
Man kann diese Unterlagen (wieder eine Hersh-Info) nicht nachlesen, denn Hersh selbst schreibt, dass die Geheimdienste die Existenz dieser Dokumente bestreiten (https://www.lrb.co.uk/v36/n08/seymour-m-hersh/the-red-line-and-the-rat-line). Es war ein ehemaliger Pentagon-Mitarbeiter unter Bush der auf einer rechtslastigen Truther-Website (http://www.wnd.com/2013/09/u-s-military-confirms-rebels-had-sarin/) zuerst behauptete diese Unterlagen zu besitzen, manche gehen davon aus, dass er eine der anonymen Quellen von Hersh gewesen sein könnte (s. den allerersten Link v. eaworldview.com).
Wie dem auch sei, die Kritik daran, dass sich die Lüders-Kritiker auf das Dündar-Zitat eingeschossen haben ist berechtigt, euer Titel „Ist Michael Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt?“ aber greift viel zu weit, denn dafür gibt es noch viel zu viele Ungereimtheiten und unsaubere Ausführungen bei Lüders, sowohl in diesem ZDF-Auftritt, als auch in seinem neuen Buch und seinen alten Büchern sowie alten Auftritten. Eines von vielen Beispielen: In einem Deutschlandfunk-Interview Ende 2016 (http://www.deutschlandfunk.de/syrien-konflikt-in-aleppo-geben-islamisten-den-ton-an.694.de.html?dram:article_id=361837) erklärte er übrigens einmal, dass ISIS in der Stadt Aleppo neben der Nusra-Front die dominante Fraktion sei. ISIS wurde aber Anfang 2014 aus der Stadt vertrieben. Könnte man fake news nennen. Hinsichtlich Dündar ist er also nicht überführt, da habt ihr recht, das Problem ist aber, dass man seine Aussagen viel zu lange unkommentiert, unkritisch und ungeprüft als „alternative Perspektive“ hofiert hat ohne genauer draufzugucken.
Wo sind eigentlich die 500 Blackwater-Söldner verblieben, die lt. Lüders in der Ukraine kämpften? Immer noch unsichtbar oder schon weggebeamt :o)
Lüders ist halt ein sehr visierter Mann…
Sehr empfehlenswert zu dem Thema sind die Artikel von Professor Postol, einem Waffentechnologie-Experten vom MIT. (Von älteren Versionen seiner Analyse gibt es mittlerweile auch deutsche Übersetzungen im Internet.)
http://www.globalresearch.ca/khan-sheikhoun-syria-the-nerve-agent-attack-that-did-not-occur/5585818
Laut seiner Analyse kann die offizielle US-amerikanische Version von dem Ablauf des Chemiewaffenangriffes nicht stimmen; wenn der immer wieder in den westlichen Medien abgebildete, angebliche Bombenkrater auf der Straße der Ausbringungsort der Chemiewaffen gewesen wäre, dann hätte sich bei den Wetterverhältnissen vor Ort das Gift in Richtung Südosten ausbreiten müssen. Das passt allerdings nicht zu den Bildern der angeblichen Opfer, die am Tag des Angriffes von den Weißhelmen und den Nusra-Terroristen in den sozialen Medien verbreitet wurden.
Erst einmal, danke an alle die sich bei Übermedien engagieren. Die mit ihren Wissen, Fleiß und Herz diese Projekt zu einen der lese würdigsten im Netzt macht. Ihr habt meine Hochachtung für euren Einsatz.
Deswegen fallen mir die folgenden, kritisch kommentierenden, Zeilen um so schwerer. Klar, Kritik will keiner gern hören, das dürfte bei euch genauso sein wie bei mir selbst. Aber ich glaube mit euch bin ich an einer Stelle wo diese Kritik als Verbesserungsvorschlag, also so wie es sein sollte, angenommen wird.
Zu allererste, ja es ist ärgerlich das die FAZ schlecht recherchiert hat und sich mit viel zu wenig zufrieden gab, noch ärgerlicher ist das darauf folgende abschreiben anderer Medien.
Aber heißt das jetzt das Herr Lüders These „Türkische Zeitungen haben über C-Waffenschmuggel, von türkischen Boden ausgehend Richtung Islamischer Staat und co, berichtet.“ nun auf stabilen Grund fußt?
Ich benutze dazu als Quelle das von der Nachdenkseite geführten Interview vom 15.4.2017, in schriftlicher Form. Dies ist ebenfalls im Übermedienartikel verlinkt, mehr noch, anscheinend basiert der Text von Herrn Niggemeier eben auf diesem Gespräch.
Sowohl Herr Lüders als auch Herr Dündar äußern sich leider äußerst wage über Quellen von möglichen C-Waffenschmuggel.
Die dort einzige greifbare Quelle die, sowohl in der Nachdenkseite als auch bei Übermedien, genannt wird ist ein Beitrag, geschrieben von Herrn Tolga Tanis, aus der Hürriyet.
Problem ist jedoch: Dort wird von Chemikalien berichtet die für konventionelle Waffen, wie Sprengstoff und Raketen, gebraucht werden. Bomben sind Mordinstrumente, keine Widerrede… aber es beweist rein gar nichts im Fall Chemiewaffeneinsatz durch Rebellen.
Mehr noch, während Herr Lüders immerhin von Chemikalien für die Waffenproduktion redet (Was eben einen Interpretationsraum schafft was den gemeint sei), wird hier auf Übermedien nur noch von Chemikalien geschrieben, und zwar so das man meinen könnte diese Substanzen werden für C-Waffen verwendet.
Diese Verkürzung von Herr Niggemeier ist mehr als ärgerlich.
Festzuhalten bleibt, Herr Lüders Behauptung das Türkische Medien seine These des C-Waffeneinsatzes durch Rebellen stützen, ist immer noch durch keine Quelle die er hervorgebracht hat gedeckt. Das ist für mich mehr als nur ungenau.
Außerdem ist der Übermedienartikeln für mich, in Sachen Recherche im allgemein über die C-Waffen Behauptung und im besondere beim Hürriyetartikels, erschreckend schlecht.
Es hat für mich keine fünf Minuten gebraucht um mit RT Deutsch und Epoch Times zwei Medien zu finden die A, den Sachverhalt präzise darstellen und B, auf die Grundquelle Hürriyet verlinken.
Stattdessen wird hier einfach unkritisch übernommen was Herr Lüders und Herr Dündar behaupten.
Des Weiteren stößt mir es sauer auf das hier, meine Vermutung, auch ein Strohmann aufgebaut wird. Statt darauf ein zu gehen das eben der Spiegel und der Tageschau-Faktencheck, ja selbst Correctiv mit einer Verlinkung, weit mehr Indizien seiner These kritisch betrachtet wird hier so getan als wäre eine Falschbehauptung der Hauptbeweis oder Sargnagel in der Kritik.
Nein, es ist nur die Kirsche oben drauf… ganz zu schweigen das diese Kirsche eben immer noch nicht durch exakte Quellen davongewischt wurde.
Herr Niggemeier, ich hoffe Sie nehmen es mir nicht krumm das ich Sie jetzt persönlich anreden.
Aber ich kann mich gut an Ihrer ersten Begegnung mit der Nachdenkseite und Herrn Albrecht Müller hier erinnern.
Der Artikel dazu: “Die Macht des Raunens“
Daraus ein paar Zitate daraus:
-“Er fordert kritischen Journalismus, und tatsächlich hat kritischer Journalismus etwas damit zu tun, Fragen zu stellen. Kritischer Journalismus belässt es aber nicht dabei, sondern sucht Antworten (insbesondere, wenn sie nur einen Klick entfernt liegen).“
-“Er kritisiert nicht das, was ist, sondern das, was sein könnte, wenn man sich nicht die Mühe macht, herauszufinden, ob das auch ist.
-“Er will diese Kritik aber durch das Geraune noch brisanter wirken lassen – und entwertet sie dadurch. „
Das war im Februar 2016… ein wenig mehr als ein Jahr später raunt es aus Übermedien selbst heraus. Das ärgert, das enttäuscht mich.
Aber ich glaube darin besteht keine Absicht und ich hoffe die Kritik jetzt war nicht so Harsch um sich ihr zu verschließen, sondern sieselbstkritisch verarbeitet wird.
Für mich ist das die Wahrheit was Lüders behauptet,und diese Wahrheit passt vielen nicht.Wer hat Libyen,Syrien,Irak destabilisiert und gibt keine Ruhe,das ist Amerika.Überall in den Ländern wo Unruhen herrschen sehe ich die Intressen Politik Amerikas .Dieser unselige und unfähige Tramp droht Nord Korea und den Iran mit deren Auslöschung,Amerika hat die NATO aufgehetzt,und nun stehen wieder Deutsche Soldaten an der Russischen Grenze.Und was mich ankotzt ist wenn Progressive Menschen wie Lüders die Wahrheit sagen werden sie verunglimpft und als Lügner hingestellt.Aber viele Leute erkennen die Wahrheit und lassen sich nicht mehr täuschen .
Sobald man die Wahrheit sagt ,heisst es man ist ein Fake- News verbreiter.. es geht nicht nur um den Giftgas sondern um allgemein seine Analysen die er macht, manche Menschen passt es nicht das er manche sachen ins Licht führt. Somit wollen zdf sowohl auch ARD schlecht reden..
Das nachdenkseiten-Interview als seriöse Quelle?
Ich bin leicht geschockt, das Interview selbst ist ja ein Propagandafeuerwerk aller erster Güte und hätte m. M. einen eigenen Artikel verdient.
Leute, wie „Hund“ lassen sich also nicht mehr täuschen, alles ist offensichtlich, aber so richtig weiß er’s auch nicht, was genau.
Was er weiß: Alle lügen, außer die, die seiner Meinung sind.
Wollen wir einen Journalismus, der solche „Theorien“ befördert?
(„Verschwörungstheorien“ ist schwierig , weil sich der Verschwörungstheoretiker dann verunglimpft vorkommen könnte und dann die „Verschwörungstheorie-Keule“-Keule ausgepackt wird –> Wer mich zuerst als Verschwörungstheoretiker bezeichnet muss unrecht haben, weil er mich nur verunglimpfen will. Das nennt man übrigens auch „Immunisierung gegen Sachargumente“.)
Leicht ironisch und provokativ frage ich daher:
Wann wird Daniele Ganser auf uebermedien rehabilitiert?
Es kann nicht darum gehen zu zeigen, dass Lüders nie Unsinn erzählt. Es geht darum zu zeigen, wie schlecht begründet die Idee ist, dass jeder Unsinn erzählt, der dem widerspricht, was so viele glauben wollen und hemmungslos mit großen Budgets verbreiten. Wenn ein Argument der Meute zu Staub zerfällt, kommt aus einer anderen Ecke ein anderes, der Verbreiter des widerlegten Unsinns kann in seiner Redaktion ebenso ungestört weitermachen wie Anne Will mit ihrer parteiischen Moderation im Format „Vier von uns gegen ein schwarzes Schaf“. Für einen Lüders steht dagegen immer die ganze Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Das ist ein höchst ungleicher Kampf.
Deshalb ist es sehr lobenswert, dass Übermedien hier einmal gezeigt hat, wie wenig hinter den Gewissheiten der Meute manchmal steht. Die öffentlichen Erklärungen und Verurteilungen sind in der Sache ja längst gesprochen. Die Wahrheit bleibt in der Regel so folgenlos wie die längst bekannte Wahrheit über Colin Powells legendären Vortrag im UNO-Sicherheitsrat.
Na, dann bin ich aber froh, dass wenigstens die Kommentatoren aus #12 und #13 wissen, was die Wahrheit ist. Beneidenswert.
Zu Lüders: Ihm mag in diesem Fall zu Unrecht pauschal „Fake-News“ vorgeworfen worden sein, weil in Can Dündars Zeitung immerhin an anderer Stelle über eine mögliche Giftgaslieferung aus der Türkei berichtet wurde. Allerdings wurde Lüders auch jahrelang als scheinbar unabhängiger Islam- und Nahostexperte hofiert – nicht selten auch unwidersprochen in Einzelinterviews, was den Eindruck der vermeintlich rein fachlichen Expertise noch verstärkte. Dabei hat er eine klare politische Agenda und er interpretiert wirklich jeden Vorgang in seinem Sinne. Da finde ich es fast wohltuend, wenn jetzt mal seine Rolle bei der Beurteilung weltpolitischer Vorgänge hinterfragt wird. Klar, sollte das auf korrekte Art geschehen. Es kann aber nichts schaden, wenn man Lüders etwas mehr Skepsis entgegenbringt als in der Vergangenheit.
Und allein wegen der hier in den Kommentaren zitierten Formulierung „was als gesichert wohl zu gelten hat“ sollte möglichst vermieden werden, dass noch weitere Bäume für seine Bücher sterben müssen. Wer so redet, kann unmöglich gut schreiben.
@Jan, 8: Interessante Ausführungen, vielen Dank. Bestätigt meinen bisherigen Eindruck von Lüders.
@ Klausi, Re: Blackwater in der Ukraine
Diese Behauptung stammt nicht von Lüders, sondern vom BND:
https://www.google.de/search?q=bnd+ukraine+blackwater&ie=utf-8&oe=utf-8&client=firefox-b&gfe_rd=cr&ei=k7n5WJTpIIam8weGlJsQ
@Anderer Max: Sie meinen ernsthaft, einem Interview, das die „Nachdenkseiten“ mit Lüders geführt haben, dürfe man nicht entnehmen, was Lüders den „Nachdenkseiten“ gesagt hat?
es ist wirklich erstaunlich, dass Leute, die zwar einräumen, die massenmediale Hexenjagd auf Lüders sei so nicht in Ordnung, zugleich für eine akzeptable Form derselben eintreten, indem sie ihm ‚Ungenauigkeiten‘ vorhalten, und diese dann doch mit seiner Person verknüpfen, der man jetzt endlich mit ‚Skepsis‘ gegenübertreten sollte, als würden gerade ‚Journalisten‘ per se integre Gestalten sein, die interessenlos ‚Realität‘ abbilden. Diese Verlogenheit ist wirklich grotesk. Und es reicht sicher nicht auf Quellen wie ausgerechnet den guardian hinzuweisen, der sich bislang, sobald es um die Durchsetzung geopolitischer Interessen ging, am Aufbau jeder herrschaftlichen Narrative beteiligt hat (siehe Kriege gegen Irak, Lybien, Yugoslawien), um Hersch zu widerlegen.
Die Geschichte hat numal wiederholt gezeigt, dass sich die herrschenden Medien diensteifrig einspannen lassen, wenn es um solche Interessen geht, ohne deren propagandistische Arbeit wären auch heutzutage Kriege nicht möglich. Und sie gehen massiv und aggressiv gegen jeden vor, den sie als Störer am Erhalt dieser Narrative ausmachen. Lüders wird nicht diskreditiert, weil in seinem Diskurs sachliche Ungenauigkeiten vorkommen, sondern weil sein Diskurs grundsätzlich dem herrschaftlichen widerspricht.
Etwas vorweg:
Ursula von der Leyen (Bundesverteidigungsministerin!) hat bei Anne Will nicht die Wahrheit gesagt.
Faktenfinder schreibt:
„Doch auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen konnte bei „Anne Will“ nicht überzeugen: Ihre Aussage, in dem UN-Bericht werde eindeutig die Schuldfrage geklärt, ist nicht zutreffend. Vielmehr erhielten die Fachleute den Auftrag den Einsatz des Giftgases im Jahr 2013 zu untersuchen – nicht aber die Täterschaft. Und so geht der Kampf der Interpretationen weiter. “
Faktenfinder spricht hier sehr zurückhalten davon, dass von der Leyen etwas gesagt habe, was „nicht zutreffend“ ist.
Wenn die Bundesverteidigungsministerin bei solch einem wichtigen Thema einen UN-Bericht falsch zitiert, sollte man aufhorchen.
Warum hat sie diesen Bericht vor einem großen Publikum falsch zitiert?
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass eines der Qualitätsmedien dieser „nicht zutreffenden“ Aussage nachgegangen ist bzw. versucht hat zu klären, warum, wieso, weshalb etc. von der Leyen so ein gravierende Falschaussage gemacht hat (wo ist das Interview mit ihr dazu?).
Jetzt zum Kern: Ob Lüders nun im Einzelfall etwas falsch behauptet hat oder nicht, ist das eine. Darüber kann man lange diskutieren.
Doch im Grunde genommen ist das nur ein Nebenschauplatz. Die Frage ist: Stimmt die Grundrichtung von Lüder?
Oder: Haben westliche Staaten den „Wind gesät“ (um auf den Titel eines Buches von Lüders Bezug zu nehmen)?
Und da fängt es an interessant zu werden. Wenn wir diese Frage nämlich in den Mittelpunkt einer Diskussion rücken, wird schnell deutlich, warum über einen Nebenschauplatz diskutiert wird.
Zu vermuten ist: Lüders wird deshalb in die Mangel genommen, weil er als einer der wenigen Autoren, die in den Leitmedien vorkommen, klar und fundiert aufzeigt, dass westliche Staaten im Umgang mit Syrien alles andere als eine weiße Weste haben.
Richtig?
Gibt es außer den Übermedien eigentlich noch Portale, die auch Leute der „anderen Seite“ verteidigen?
Egal in welche Richtung.
Danke, Übermedien.
@Burim
Ihre Aussage würde bedeuten, dass jede „Fake News“ automatisch die Wahrheit repräsentiert.
Und jetzt lesen Sie sich mal so durch, was alles verbreitet wurde, und denken noch mal gaaaaanz lange über Ihre Aussage nach.
@ „Anderer Max“:
„Ich bin leicht geschockt, das Interview selbst ist ja ein Propagandafeuerwerk aller erster Güte und hätte m. M. einen eigenen Artikel verdient.“
Belege?
„Leute, wie „Hund“ lassen sich also nicht mehr täuschen, alles ist offensichtlich, aber so richtig weiß er’s auch nicht, was genau.
Was er weiß: Alle lügen, außer die, die seiner Meinung sind.“
Das trifft auf Sie aber nicht zu. Stimmt’s?
„Wollen wir einen Journalismus, der solche „Theorien“ befördert?“
Welchen Journalismus?
Welche Theorien?
(„Verschwörungstheorien“ ist schwierig ,….“
Stimmt.
“ Das nennt man übrigens auch „Immunisierung gegen Sachargumente“.)“
Gut, dass sich immer nur die anderen gegen Sachargumente „immunisieren“ – auf keinen Fall man selbst.
„Wann wird Daniele Ganser auf uebermedien rehabilitiert?“
Ganser?
Rehabilitiert?
Gruß
Jack
@ Anderer Max #14
„Leicht ironisch und provokativ frage ich daher:
Wann wird Daniele Ganser auf uebermedien rehabilitiert?“
Das mit der „leichten“ Ironie bezweifle ich nachdrücklich. In Wahrheit schwappt der grüne Gallensaft doch knöcheltief zwischen Ihren Zeilen.
at Jack_X:
So funktioniert Verschwörungstheorie, besten Dank dafür. Bei Frau von der Leyen möchten Sie eine Falschaussage gerne en detail sezieren, bei Michael Lüders halten Sie es unwichtig, ob er etwas Falsches behauptet oder nicht.
Denn: auf die Frage „stimmt die Grundrichtung?“ komme es an. Dazu können Sie dann nichts vortragen außer einer bloßen Vermutung, was Ihnen aber schon reicht, um sämtliche Lüders-Kritiker als eine Art von „Systemlingen“ zu disqualifizieren.
Bester Herr Niggemeier, ist Ihnen das nicht doch ein wenig peinlich, aus welcher Ecke Sie hier unterstützt werden? Und wäre es nicht Ihrerseits inzwischen angebracht, auf die doch zahlreichen und ausführlichen kritischen Kommentare hier konstruktiver einzugehen als mit der doch recht kurzen und lapidaren Antwort auf „Anderer Max“?
Es passieren Kriegsverbrechen. Diese gilt es aufzuklären, entweder sofort oder, falls das nicht möglich, später. Nur scheint auch die westliche Welt kein Interesse an der Aufklärung zu haben… https://www.tagesschau.de/ausland/un-syrien-kriegsverbrechen-101.html
@ „Thomas“:
„So funktioniert Verschwörungstheorie, besten Dank dafür.“
Denken Sie mal für einen Moment selbst darüber nach, was Sie gerade alles in den Begriff „Verschwörungstheorie“ packen.
Fällt Ihnen etwas auf?
„Bei Frau von der Leyen möchten Sie eine Falschaussage gerne en detail sezieren, bei Michael Lüders halten Sie es unwichtig, ob er etwas Falsches behauptet oder nicht.“
Auch hier: Sie bringen einiges durcheinander.
Bitte nochmal darüber nachdenken.
„Denn: auf die Frage „stimmt die Grundrichtung?“ komme es an. Dazu können Sie dann nichts vortragen…“
Dazu?
Wozu?
Und: „Können nicht…“?
Könnte es sein, dass Sie etwas zu schnell urteilen?
„…außer einer bloßen Vermutung, was Ihnen aber schon reicht, um sämtliche Lüders-Kritiker als eine Art von „Systemlingen“ zu disqualifizieren.“
Schöne Beispiel dafür, wie man in einer Diskussion durch das Zuschieben einer Aussage, die der andere nicht getätigt hat, versucht, diesen in die Defensive und den Rechtferitgungsmodus zu zwingen.
Niemand hat von „sämtlichen“, niemand hat von „Sytemlingen“ gesprochen.
Diese Aussage verrät gerade sehr viel über Sie… . Merci.
;- )))
Gruß Jack
Danke für den wichtigen Artikel, und
@ 19 volle Zustimmung.
Um mal wieder zur Medienschelte zurückzukommen:
Es ist natürlich sehr löblich, wenn Anne Will in der Vorstellungsrunde auch die Interessen und Hintergründe von Lüders beleuchtet.
Weniger schön ist es, wenn Will dies bei allen anderen Gästen unterlässt. So lässt Will zum Beispiel den Aufsichtsratsposten bei ThyssenKrupp von Kornblum unerwähnt. Oder warum werden dem Zuschauer die bemerkenswerten politischen Positionen von Wolfssohn vorenthalten?
Vermutlich wären die Stühle in der Runde dann ziemlich leer, weil sich keiner der bekannten Talkshow-Hopper so vorführen lassen würde. Da belässt man es lieber bei der Simulation von Transparenz.
Am Ende machen sich Will und ihre Redaktion durch diesen Move zu ekeligen Demagogen.
@ 11
Ich habe Lüders Bücher nicht gelesen und weiß daher nicht, welche Argumente er genau aufführt und wie gut die sind.
Aber offenbar gibt es durchaus „Zeugen“ für seine These, dass die Türkei involviert ist, die zumindest auf den ersten Blick einigermaßen glaubwürdig wirken. Da Sie RT erwähnen, sei beispielhaft auf diesen Artikel hingewiesen.
https://www.rt.com/news/325825-sarin-gas-syria-turkey/
(Der genannte Abgeordnete hat zwar wohl nicht direkt seine Regierung beschuldigt, durch Tun oder Unterlassen in die Giftgas-Attacken involviert zu sein, aber man braucht nicht viel bösen Willen, um das zwischen den Zeilen zu lesen.)
@ 16:
„Allerdings wurde Lüders auch jahrelang als scheinbar unabhängiger Islam- und Nahostexperte hofiert – nicht selten auch unwidersprochen in Einzelinterviews, was den Eindruck der vermeintlich rein fachlichen Expertise noch verstärkte. Dabei hat er eine klare politische Agenda und er interpretiert wirklich jeden Vorgang in seinem Sinne. “
Die Frage ist: Was wäre ein „unabhängigen Experte“? Einer, der grundsätzlich keinerlei Beratertätigkeit wahrnimmt (Lüders berät u.a. auch die Bundesregierung.) Einer, der keine eigene dezidierte Meinung hat? Oder jedenfalls keine, die dem Mainstream scharf entgegengesetzt ist?
Und was genau heißt „Agenda“? Dasselbe wie „klare Position“? Oder etwas Anrüchiges? Und wenn ja, was?
Und haben nicht viele Experten ebenfalls klare Positionen, nur eben in umgekehrter politischer Richtung? Siehe etwa den Media-Lens-Artikel „Trump’s Tomahawks – The Instant Certainty Of The ‘Mainstream’ Press“. (Einen Link gebe ich nicht, weil ab zwei Links Kommentare scheinbar in der Warteschleife hängen bleiben. Ist aber leicht zu googeln.)
Oder Elmar Theveßen wird im Zusammenhang mit der These Lüders wie folgt zitiert:
„Ja, da kommen die Vereinten Nationen zu anderen Schlussfolgerungen, also sehr eindeutig in Richtung Assad-Regime, nur dass damals Donald Trump getwittert hat – hat er damals auch schon – sich aufgeregt hat über – er nannte ihn: ‚unseren dummen Anführer‘ -, damit meinte er Barack Obama, und hat ihn gewarnt einzugreifen und einen Militärschlag auszuführen, weil nur schlechte Dinge daraus resultieren würden.“
(Zitiert habe ich das nach der Propagandaschau, die zwar zur Polemik neigt, das aber kaum frei erfinden dürfte.)
Offenbar stimmt diese Aussage Theveßens in Bezug auf die UNO aber überhaupt nicht, sondern der UNO-Bericht bemühte sich ganz im Gegenteil offenbar sorgfältig darum, Schuldzuweisungen zu vermeiden. (Zugegeben: Ich habe verschiedene Quellen einschließlich der englischsprachigen Wikipedia gelesen, den Original-Bericht jedoch nicht.)
Natürlich hat auch Theveßen eine politische Haltung in der Syrien-Frage, die er vertritt – eben eine, die mit dem typischen Mainstream-Narrativ konform geht und daher vermutlich auch gar nicht als potentiell problematisch oder „kontrovers“ empfunden wird. Und er hat sich da wie gesagt auch gleich einen recht derben Patzer geleistet (wenn die mir verfügbaren Informationen korrekt sind).
Aber wie im schon von einem Vorredner erwähnten Fall der Verteidigungsministerin, die in dieser heiklen Frage offenbar ebenfalls die Unwahrheit sagte (ob mit oder ohne Absicht), interessiert das niemandem. Es wird auch niemand fordern, dass man Theveßen künftig bitte nicht mehr als (neutralen) Politik-Experten vorstellen soll. Und es wird ihm auch niemand attestieren, dass er eine (fragwürdige) „Agenda“ verfolgt.
@ Anderer Max #14
„Wann wird Daniele Ganser auf uebermedien rehabilitiert?“
Das wollen wir doch nicht hoffen, dass all diese Lüders , Gansers und andere Verurteilten rehabilitiert werden. Das hohe Gericht der Qualitätsmedien hat gesprochen. Distanzieren Sie sich , Herr Niggemeier! Sonst sitzen Sie auch bald auf der Anklagebank der Verschwörungstheoretiker und werden von Anne Will gesondert als „nicht neutral“ vorgestellt.
Wenn das, was Lüders mit aller Vorsicht als vermutliche Wahrheit bezüglich der Chemiewaffeneinsätze in Syrien behauptet Fake-News sind, dann Frage ich mittlerweile schon, was dann die Behauptungen von Frau von der Leyen in der gleichen Sendung eigentlich sind und warum auf eine Kritik ihrer Äußerungen, die schlicht Lügen enthalten nicht mit der gleichen Keule eingeschlagen wird.
Der letzte Satz sollte heißen: warum auf eine Kritik ihrer Äußerungen, die schlicht Lügen enthalten völlig verzichtet wird.
ich möchte hier auf einen anderen aktuellen Fall hinweisen, um den eigentlichen Verhältnissen zu illustrieren, die den Fall Lüders erst möglich machen, denn es ist ja kein Einzelfall, dass die herrschenden herrschaftlichen Medien auf das Mittel der persönlichen Diskreditierung greifen, um einen sachlichen Diskurs zu verhindern, der die herrschende Narrative in Frage stellt.
http://russeurope.hypotheses.org/5908
http://russeurope.hypotheses.org/5919
Kürzlich hat le monde in einem Artikel von Raphaëlle Bacqué den französischen Ökonomen Jacques Sapir massiv angegriffen, indem sie ihm eine Nähe zu Russland, dem Erzfeind des ‚freien Westen‘ unterstellte, die seine sachlichen Positionen entwertet, dh es wird in dem Artikel eine Abhängigkeit von einer feindseligen ausländischen Macht suggeriert, die es den ’neutralen‘ Beobachter unmöglich machen sollte, Sapir ernstzunehmen und sich gar nicht mit seinen sachlichen Aussagen auseinanderzusetzen. Man muss wissen, dass Sapir als progressiver Ökonom seit Jahren eine kritische Haltung zum Euro einnimmt und für den Austritt Frankreichs aus der Eurozone eintritt. Das begründet er nicht mit ‚völkischen‘ Argumenten, und auch nicht im Auftrag einer ausländischen Macht, die das Projekt der europäischen Integration torpedieren will, sondern sachlich ökonomisch. Man sollte sich in einem demokratischen Diskurs mit seinen Positionen sachlich auseinendersetzen können, woran gewisse politischen Kräfte und manche bedeutende Medien aber wohl kein Interesse haben und deshalb zum Mittel der persönlichen Diskreditierung zurückgegriffen wird.
Es fällt auf, dass bei jemandem, der die gängige Mainstream-Sicht auf den Syrien-Konflikt in Frage stellt, jeder Halbsatz gleich von Dutzenden Kollegen incl. Bild-Zeitung kritisch durchleuchtet wird, zugleich aber die Hintergründe des Syrien-Krieges insgesamt (Stichworte: Pipelines, Geopolitik) von den gleichen Kollegen vornehm ausgeblendet werden. Das kennt man ähnlich schon vom Afghanistan-Krieg, dem Irak-Krieg etc. Neu ist allenfalls, dass ein kundiger Kritiker es nun „schon“ bis auf die Bühnen von Anne Will und Markus Lanz schafft.
@ Paul Schreyer #34
Sie bringen den Stand der Dinge exakt auf den Punkt.
Das ist alles ein Trauerspiel. Ich mag gar nicht mehr mitlesen und informieren und versuchen mir eine Meinung zu bilden, wenn ich den Fernseher einschalte, die Zeitung lese, oder Radio höre. So viel Scheiße von links und rechts.
Und letztendlich sterben weiterhin die Menschen während und wegen dieser ganzen Scheiße. (Ganz zu schweigen vom stetigen und unwiederbringlichem Untergang unseres Ökosystems.)
Aber Lüders nicht ganz so richtiges Zitat aus einer Talkshow, das (und viele andere Fälle und Beispiele) wird gedruckt, versendet, verlautbart, ernsthaft diskutiert.
Da kann ich nur noch kotzen.
Sorry für die Wortwahl.
Interessant ist doch nur, das ausgerechnet die Länder, die alle seit dem Ende des 2 WK geführten Kriege auf Grund von Lügen mit Millionen von Getöteten geführt haben. Alle waren ohne UN Mandat, also Völkerrechtswidrige Angriffs-Kriege. Sich als die „Guten“ verkaufen wollen?
Aber wie eh und je stellen sich die Verantwortlichen als Herrenmenschen über das Völkerrecht und treten das Völkerrecht mit Füßen. Jeder dieser Verantwortlichen müsste in Den Haag vor Gericht gestellt werden.
Aber nicht doch der Westen, hier gilt das Recht des Stärkeren. Was Herr Lüders bei Marcus Lanz beschrieben hat, entsprach der Wahrheit, nur eine kleine Ungenauigkeit könnte man ihm vorhalten. Nein aber so kommt man bei Springer und GEZ-Propaganda nicht davon.
Schon einmal darüber nachgedacht, wie viele Lügen des Westens zu Millionen Getöteten geführt hatten und haben? Oder fand man Massenvernichtungswaffen im Irak? Konnte man Ghadaffi nachweisen, zu Massenvergewaltigungen aufgerufen zu haben, oder gab es einen Angriff auf ein Kriegsschiff der USA in der Tonkinbucht, welcher der Auslöser für den Vietnam Krieg war mit Millionen von Getöteten? usw.
Der Westen mit seinen gerade einmal 10% der Weltbevölkerung führen sich nach wie vor auf wie „Herrenmenschen“ behandeln den Rest der Welt noch immer als seine Kolonien. Die NATO ist ein Angriffs-Bündnis und unser westlicher Mainstream sieht das nicht? Oder schaut weg? Herr Lüders hat schon Recht, keine Beweise, aber immer sind die anderen schuld? Wie peinlich!
Man sollte mal hervorheben, dass Anne Will einen Experten nicht neutral genannt hat. Wäre schön, wenn zukünftig bei jedem eingeladenen Gast genannt würde, wessen Interessen er vertritt. Es ist ja still um die „Experten“ geworden, die uns die Riesterrente „verkauft“ haben.
(ich bin nach wie vor dafür, dass die „Experten“ sich Sponsorenaufkleber auf die Anzüge draufheften müssen. dann sehen die zwar aus wie Formel-1-Fahrer, aber ehrlicher wäre es allemal.)
Mir gehts wie Geo, #36. Ich würde mir ja gerne eine informierte Meinung bilden, habe aber das Gefühl, dass so ungefähr alle, die sich äußern, nicht neutral sind (was auch immer das dann sein mag). Bei Michael Lüders habe ich den Eindruck, dass er in den groben Linien durchaus Recht hat, was ihm die erbitterte Gegenwehr einträgt, im Detail aber leider wirklich häufig mehr als ungenau arbeitet, ungünstige Kombination.
Peinlich ist doch, dass all diese „Faktenchecker“ es nicht geschafft haben, mal schnell auf der Cumhuriyet-Seite oder bei Google News zu prüfen, ob die Zeitung nun über den Vorfall berichtet hat oder nicht. Das wäre ja wohl das Mindeste gewesen, bevor diese selbstgerechten Pappnasen irgendwelche „Pinocchio-Punkte“ verteilen. Sowas würde ich nicht mal einem Volontär durchgehen lassen.
http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/turkiye/455713/Sarin_Gazi_Davasi_nda_karar_verildi__Eren_Erdem_hakli_cikti.html#
Wer sagt eigentlich, dass Syrien diesen Giftgasangriff ausgeführt hat? Mit welchen Beweisen? Oder welchen Indizien?
Die Bilder, die AlKaida der Weltöffentlichkeit geziegt hat? Wie jemand in einem Krater rumstochert, wo etwas weises Pulver rumliegt? Ist das eine seriöse Recherche?
Vor allem stellt sich mir die Frage, warum machen sich Medien und Journalisten bei uns1 die Ansicht von Terroristen zu eigen?
Oder wie die Sprecherin des russischen Aussenminsterium letztens fragte, warum fährt kein Journalist zu den „moderaten Rebellen“ und betreibt Rechereche? Kann es sein, das die gar nicht so moderat sind?
Ich hoffe jetzt inständig, dass irgendwann nicht von RT Deutsch gemeldet wird, Danielle Ganser habe die Existenz der Schwerkraft bestätigt! So alarmistisch wie manch ein Kommentator hier das Dogma aufstellt, bestimmte Personen oder Quellen hätten generell Unrecht wenn sie sich äussern, muss das ja unmittelbar zur Folge haben, dass wir alle augenblicklich von der Erde in den Weltraum fallen…
Ernsthaft: Wo kommen wir hin, wenn zukünftig die Quelle und nicht mehr der Inhalt massgeblich dafür ist, ob ein Argument ernst zu nehmen ist oder nicht?
Man sollte vorsichtig sein mit dem Aufstellen von Dogmen. Denn jedes Dogma schränkt die freie Meinungsfindung ein. Und letztlich sind Dogmen dazu geeignet, zu einer totalitären oder (in einem fortgeschrittenen Stadium) sogar diktatorischen Einschränkung der Meinungsfindung zu bewirken.
Ist es das was wir wollen? Geben wir da nicht unsere Meinungsfreiheit ganz von selbst auf?
Es erfordert natürlich Arbeit, sich auch weiterhin selbst ein Bild zu machen und nicht einem (von wem bitteschön aufgestellten?) Kanon seriöser Quellen und Experten zu folgen. Doch ich denke diese Arbeit ist wichtiger und notwendiger denn je…
In der Kritik an Stefan Niggemeier für das Zitieren der Nachdenkseiten sehe ich im Übrigen bereits den Beginn eines fortgeschrittenen Quellen-Dogmas. Natürlich hat er sich den NDS gegenüber kritisch geäussert – aber daraus jetzt zu konstruieren er widerspräche sich wenn er jetzt aus den NDS zitiert? Das kann es doch nun wirklich nicht sein!
Und was die Kritik angeht, die z. T. zu dem vorliegenden Artikel geäussert wird – vielleicht sollte man sich noch mal darauf besinnen, worum es darin eigentlich geht:
Aktuell wird von vielen Seiten dargestellt, Michael Lüders verbreite „Fake-News“, weil er sich bei Markus Lanz auf Can Dündar berufen hat. Übermedien hakt darauf hin bei Gündar nach und liefert sehr erhellende neue Informationen zu der Sache. Daraus ergibt sich dann, dass Lüders in seinem Berufen auf Gündar keine „Fake-News“ verbeitet, sondern ihm da einfach eine Ungenauigkeit unterlaufen ist (so wie er es selbst ja auch in einem Interview später einräumt).
Das ist es, worum es in diesem Artikel hier geht – nicht mehr und nicht weniger! Übermedien bezieht also überhaupt keine Stellung zur Gesamtaussage von Lüders hinsichtlich Naher Osten/Syrien – wie dies von einigen Kommentatoren suggeriert wird.
Vielleicht täte uns allen etwas mehr wohlwollende Besonnenheit in der generellen Diskussion gut…
„Die Tagesschau etwa wirft Lüders ja vor allem vor, sehr selektiv mit den zu Verfügung stehenden Informationen umzugehen“
Das ist jetzt Realsatire, ja? Selektive Präsentation eines Teils der verfügbaren Informationen? Wirft wer vor? Die Tagesschau?
Ich freu mich schon auf den nächsten Julian Reichelt-Auftritt in der ARD, bei dem der Moderator eine Frage einleitet mit einem Loblied auf die ultrakorrekte Prüfung aller bei BILD veröffentlichten Fotos, bevor der dann ungenehme Opponenten als Lügenbeutel und Propagandisten attackieren darf.
Selbstbild und irrwitzige Realität der deutschen Leitmedien werden immer absurder. Dazu fällt mir inzwischen echt nichts mehr ein. *Irres Gekicher*
Der Fall Lüders, bzw. der Versuch ihn nach seinen Auftritten bei Lanz und Anne Will zu diskreditieren, ist bezeichnend für die Verengung des Meinungskorridors in westlichen Medien wenn es um Krieg, Außenpolitik und Wirtschaftspolitik geht. Selbst Frank Walter Steinmeier hat sich darüber im Züge der Ukraine Krise beklagt.
Lüders wurde aus meiner Sicht bei Anne Will gerade eingeladen um ihn nach dem Lanz Auftritt, der Online hundertausende Male innerhalb von Tagen bei YouTube aufgerufen wurde, zu diskreditieren.
Lüders ist der Nachfolger von Peter Scholl-Latour an der Spitze Deutsch-arabischen Gesellschaft hat 10 Jahre als Korrespondent im Nahen Osten gelebt, dort Lehrstühle gehalten und kennt sich in der Region so gut aus, dass die Bundesregierung mehrmals nach seinem Rat gefragt hat.
Weil er einige Vorträge im Jahr für Unternehmen oder Wirtschaftsverbände gibt, Peanuts neben seinen Einnahmen aus Büchern, TV Auftritten und seinem Einkommen aus akademischer Arbeit, ist er nicht in der Lage neutral zu kommentieren.
Frau Will hat mit ihrer Anmoderation, nachdem die Oberlobbyisten Kornblum und Wollfssohn als „elder Statesman“ und „Historiker“ vorgestellt wurden, im Prinzip versucht Lüders als ausländischen Agenten darzustellen.
Er würde Firmen beraten die im Nahen Osten agieren wollten= Er muss sich mit den Regierungen dort gut stellen, ihr Büttel sein, damit er sich besser an die Unternehmen verhuren kann= Er macht Assad Propaganda (setze beliebigen Diktator ein) und deshalb können dann Unternehmen besser in Syrien Aufträge finden wenn sie es über Lüders machen. Das ist so ekelhaft und skandalös, dass Anne Will nun für komplett verbrannt ist, und ich hatte sie noch für die beste Talkerin gehalten im traurigen Feld das die sich deutscher Polititalk nennt.
Was Anne Will getan hat war ungefähr so wie das Verhalten von Günther Jauch gegenüber Varoufakis in seiner Sendung damals.
Das die Verteidigungsministerin Millionen Deutsche angelogen hat, indem sie suggeriert, dass Trumps (um innenpolitisch abzulenken) Angriff auf Syrien völkerrechtskonform wäre, geht in die Richtungs Rücktrittsgrund. Anders als Lüders hat sie sich nicht versprochen, war ungenau oder hat unwissentlich die Unwahrheit, sie wurden von van Aken mehrmals auf ihre Lüge hingewiesen, sondern die Bevölkerung belogen um Kriegspropaganda zu betreiben, bzw. weitere Militärschläge schon im Vorfeld zu legitimieren.
In Zeiten vor dem Internet wäre diese Art der Diskreditierung einfacher gewesen aber heute machen diese Art der Angriffe eine Quelle für viele nur noch glaubwürdiger.
Lüders ist absoluter Fachmann und Experte, lange bevor der Syrienkrieg begonnen hat, und ist deutlich unabhängiger als die Auslandredakteure der deutschen Leitmedien die ihre Mitgliedschaft und ihren Zugang zu den unzähligen Nato-nahen und militärnahen Stiftungen in denen sie ihre außenpolitischen Informationen bekommen, verlieren würden wenn sie seriös und zurückhaltend, wie Lüders, kommentieren würden.
#matthias 42:
Sie fordern Kontext ein. Das übersteigt die Auflösungstiefe, die unsere Qualitätsmedien erreichen können und wollen, wie hier beschrieben:
https://uebermedien.de/14272/schock-fuer-maischberger-von-storch-twittert-mit-kontext/
Aber man denkt wohl, jeden Dissidenten als Feindagenten zu etikettieren, reicht. Von Putin lernen, heisst Siegen lernen?
Je fester die Reihen geschlossen, desto deutlicher wird, dass die Qualitätsmedien sich am journalistischen Ethos der Springerpresse orientieren, sozusagen das einigende Band.
@44, Dave
„Was Anne Will getan hat war ungefähr so wie das Verhalten von Günther Jauch gegenüber Varoufakis in seiner Sendung damals.“
Welche Ähnlichkeit genau meinen Sie?
@LLL, 29
Ich bin mir der Problematik des Begriffs „unabhängig“ bewusst. Natürlich ist niemand im eigentlichen Sinne unabhängig. Aber darum ging es mir ja auch: Das mich stört, wenn solche Nahostexperten in Interviews eingeführt werden nach dem Motto: „Wir haben ja alle keine Ahnung, jetzt erklärt uns Onkel Experte mal die Welt, wie sie wirklich ist.“ Und der dann unwidersprochen ohne auch nur den Anflug einer kritischen Nachfrage seine – sagen wir mal – durchaus diskussionswürdige Weltsicht ausbreiten darf.
Und Lüders ist eben ein spezieller Fall. Ich hab da noch ein – ich glaube – WDR-2-Interview im Ohr, wo eben dieser Eindruck entstand: Da interpretiert jemand das Weltgeschehen mit sehr klaren Rollenverteilungen, wer insbesondere im nahen und mittleren Osten eigentlich immer der Schuldige ist. Auch ein Buch von ihm, das ich gelesen habe, hatte diesen durchgehenden Tenor. Lüders darf seine Meinung natürlich gerne äußern und ich sage nicht, dass seine Ansichten durchgehend Quatsch sind. Und solche „Experten“ gibt‘s natürlich auch auf der anderen Seite des Spektrums, klar. Ich hab auch kein Problem damit, wenn man Zweifel hat, dass Assad diesen Giftgaseinsatz befohlen hat. Auch mir leuchtet nicht auf Anhieb ein, welches Interesse Assad daran haben könnte. Mir gings um den grundsätzlichen – insbesondere journalistischen – Umgang mit Lüders. Gilt aber sicher auch für andere.
@46 das ein Gast eingeladen wurde mit dem Ziel diesen vor einem Millionenpublikum zu diskreditieren.
Inhaltlich sind die Situationen nicht vergleichbar. In einem breiteren Kontext, die veröffentlichte Meinung in den Leitmedien stimmt mit der Meinung der führenden deutschen und europäischen Politiker überein, ist es eine gute Analogie.
Ich habe bei Anne Will noch nie erlebt, dass jemand als Lobbyist „gebrandmarkt“ wurde, wenn er nicht wirklich in der Funktion als Lobbyist eingeladen ist. Der Sprecher des ADAC wird dann auch als solcher eben vorgestellt.
Ich bin ja in meinem Beitrag schon etwas tiefer darauf eingegangen was Frau Will mit ihrer Einführung von Lüders psychologisch bei den Zuschauern erreichen wollte.
at Hanno
Ich betrachte es so ähnlich wie Sie. Aber der Diskurs dazu wird hier äußerst schwierig, wenn sich Leute auf RT berufen. Oder wenn Kritik an Lüders mit Dogmatik gleichgesetzt wird. Wenn Lüders´ Positionen einem grundsätzlich politisch willkommen sind und man daher lapidar von „Ungenauigkeit“ spricht, wo Aussagen tatsächlich einfach nur falsch sind. Wenn man den Amis grundsätzlich nur alles Böse zutraut, während die Außenpolitik Putins recht wohlwollend als Stabilisierung eines Landes betrachtet wird. Wenn die etablierten Medien angeblich allesamt gelenkt werden von den Mächtigen, während „Nachdenkseiten“ und RT als Horte journalistischer Aufrichtigkeit gepriesen werden.
Sie werden wenige hier finden, die skeptisch nach allen Seiten sind. Die einen Giftgasanschlag sowohl westlichen Diensten und Dschihadisten ebenso wie einem Assad zutrauen. Die ebenso skeptisch manche Berichte in der FAZ (von „Bild“ rede ich gar nicht erst) verfolgen wie das Auftreten eines Michael Lüders. Die zwischen Vermutung und Faktum eine scharfe Grenze ziehen und die eine Lüge nicht als lediglich temporäre Ungenauigkeit betrachten.
Die Zahl der Leute, die mit einer m.E. gesunden Skepsis nach allen Seiten hin diskutieren, wird in Foren wie diesen immer mehr schwinden. Ganz einfach deswegen, weil sie es müde sind, sich gegen das sich ausbreitende Postfaktische zu wehren.
Wir lesen hier „Was Herr Lüders bei Marcus Lanz beschrieben hat, entsprach der Wahrheit“, ohne daß es dazu offenbar irgendeiner Begründung bedürfte, und vermutlich vertraut so manch einer lieber Seiten wie „Die Wahrheit 24 h news“ als öffentlich-rechtlichen Sendern.
Ich fürchte, wenn in diesem Ton hier weiter trompetet wird, taucht bald das Wort „Lügenpresse“ auf. Dann wäre das Pegida-Niveau erreicht. Bin mir nicht sicher, ob sich Stefan Niggemeier darüber freuen würde. Vielleicht doch. Ich weiß es nicht.
@48, Dave
„das ein Gast eingeladen wurde mit dem Ziel diesen vor einem Millionenpublikum zu diskreditieren“
Eine Unterstellung, die Sie nicht belegen können und die auch kaum nachvollziehbar ist, wenn man sich die gesamte Sendung damals wirklich angeschaut hat.
Lesen Sie doch mal, was der TV-Kritiker Frank Lübberding seinerzeit dazu geschrieben hat:
„Wer sich die ganze Sendung angesehen hatte, konnte keinen Zweifel daran haben, dass Jauch den griechischen Finanzminister gerade nicht eingeladen hatte, um ihn vorzuführen, sondern im Gegenteil: Varoufakis bekam ausführlich Gelegenheit, das Elend der deutschen Debatte deutlich machen. Die saß in Gestalt von Ernst Elitz und Markus Söder in der Sendung. Auf die Idee, dass Jauchs Redaktion also den Sprengstoff dieser 2 Minuten nicht erkannt hatte, sie die bisweilen tatsächlich polemischen Äußerungen aus Griechenland an diesem Beispiel lediglich (allerdings falsch) thematisieren wollte, kam niemand mehr. Das wäre auch nicht aufgefallen, wenn Varoufakis den Redeausschnitt so kommentiert hätte, wie der Kollege von der NZZ. Stattdessen bestritt er, diese Geste gemacht zu haben. Wer in das überraschte Gesicht von Jauch nach dieser Aussage gesehen hat, wird auch wissen, dass er das alles unmöglich geplant haben kann…“
http://www.evangelisch.de/blogs/altpapier/120710/23-03-2015
@Thomas. #49
Ich würde mich schon als „skeptisch nach allen Seiten“ bezeichnen. Selbstkritisch würde ich einräumen, dass ich Lüders immer relativ unkritisch gesehen habe, da das, was er sagt, eben vielfach in mein Weltbild passt. Nun hat er sich mit seinem Dündar-Zitat offensichtlich ziemlich ins Knie geschossen und ich finde das auch keine lapidare Ungenauigkeit (ein Wissenschaftler sollte schon richtig zitieren). Leider aber finde ich die Lüders-Kritiker und ihre Methoden auch sehr fragwürdig. Ich finde mich also damit ab, dass es keine Quellen gibt, die für mich vertrauenswürdig sind.
Die Kritik an Lüders‘ Äußerungen sachlich zu hinterfragen, ist durchaus berechtigt. Von einer »Kampagne gegen Michael Lüders« zu sprechen, wie es Übermedien in der Überschrift auf Facebook tut, läuft dem von mir unterstellten Ansinnen der Ausgewogenheit allerdings krass zuwider, weil Lüders damit nach Populisten-Manier kurzerhand zum Opfer erklärt und in das Horn derer geblasen wird, die ihn und RT deutsch als einzige glaubwürdige Informationsquellen betrachten. Was in meinen Augen nun das andere Extrem wäre. Insofern frage ich mich: War das mit der »Kampagne« jetzt nur auf die Schnelle unbedacht formuliert oder tatsächlich so gemeint?
Was mir beim FAS-Artikel und der Stellungnahme von Dürndar auffällt:
Zitat FAS: „Seine Zeitung „Cumhuriyet“ habe damals über Waffenlieferungen berichtet, von Giftgas sei nie die Rede gewesen.“
Zitat Dürndar: „Meine Geschichte hatte nichts mit Chemiewaffen zu tun. Aber meine Zeitung hat einige entsprechende Behauptungen veröffentlicht, während ich Chefredakteur war.“ [darauf folgend:] Er sei nur gefragt worden, ob sein eigener Artikel von Chemiewaffen handelte. Mehr habe die FAS nicht gefragt.
Die Ungenauigkeit bei der FAS ist dort eigentlich ironischerweise noch deutlich größer als bei Lüders. Und bei der FAS ist es keine Talkshowaussage (wo sich jemand kurz und spontan äußert und ich eine größere Fehlertoleranz zubillige).
Das Wort „Kampagne“ ist schon so gemeint, sagt aber ja nichts darüber aus, ob ihr Ziel gerecht ist oder nicht. Es gab zum Beispiel in den vergangenen Tagen zweifellos auch eine Kampagne gegen Bill O’Reilly. Das kann man feststellen, ohne sich damit auf dessen Seite zu schlagen.
@Earonn
Nicht jeder fake-News entspricht die Wahrheit das sagt hier auch keiner.. Aber weil herr Lüders in manche sachen kritisch gegenüber den Westen ist, wird er meine meinung schlecht gemacht. Das Buch hab ich nicht gelesen das er geschrieben hat aber auch dort kritisiert er manche Staaten und macht sie auch verantwortlich dafür das die Situation heute so ist wie sie ist..
@Maike:
„Ich finde mich also damit ab, dass es keine Quellen gibt, die für mich vertrauenswürdig sind.“
Fragt sich ob es das je gegeben hat? Letztlich sind alle Quellen immer schon relativ mehr oder weniger vertrauenswürdig. Und das ist keine statische Zuweisung, sondern wandelt sich stetig.
Vielleicht hat vor allem die Vorstellung, dass man Medien und Quellen global nach Glaubwürdig und Unglaubwürdig sortieren könne, zu starken Einfluss auf unser Denken gewonnen. Möglicherweise ist das ein auch nur ein Symptom dafür, wie sich alle in ihren Wagenburgen einrichten und nur noch Freund und Feind kennen wollen.
Lüdars, den ich bisher nicht kannte, scheint ihm genehme Indizien nicht besonders pedantisch zu hinterfragen, bevor er sie überdehnt und wie Fakten kommuniziert. Damit würde er in unsere Leitmedien passen. Genau das selbe Prinzip, nur vom falschen Standpunkt aus.
Die Quelle, die einem das kritische Lesen erspart, wird man wohl nie finden. Und wenn doch, dann wäre es die erste, der man misstrauen sollte.
@Symbolltroll
Das stimmt natürlich alles, was Sie da sagen. Es gibt niemanden, der mir das kritische Lesen abnimmt. Aber mir fehlt, im Gegensatz zu anderen Themenbereichen, halt so etwas wie (zumindest gefühltes) eigenes Wissen, ein Ansatzpunkt.
at Stefan Niggemeier
„Kampagne, die: gemeinschaftliche Aktion für oder gegen jemanden, etwas (bei der ideologische, politische Ziele im Vordergrund stehen); Feldzug“ (Duden)
Ich habe gewiß nicht Ihre Übersicht, aber helfen Sie mir: Wer außer FAS, Correctiv, Bild und den Fakt-Findern von Spiegel und ARD hat sich noch an dieser „Kampagne“ beteiligt? Wo sehen Sie beim Fakten-Check von Spiegel und tagesschau.de die „kampagnenhaften“ Züge? Und glauben Sie, Spiegel + ARD machten gemeinsame Sache mit der Bild-Zeitung? Ernsthaft?
@ 49 (Thomas):
„Wenn man den Amis grundsätzlich nur alles Böse zutraut, während die Außenpolitik Putins recht wohlwollend als Stabilisierung eines Landes betrachtet wird. Wenn die etablierten Medien angeblich allesamt gelenkt werden von den Mächtigen, während „Nachdenkseiten“ und RT als Horte journalistischer Aufrichtigkeit gepriesen werden.“
Methode: Durch Übertreibung diejenigen, die Quellen, Ereignisse usw. konträr „dem Mainstream“ einordnen , ins Lächerliche zu ziehen.
„allesamt gelenkt“, „grundsätzlich nur Böses“ usw. sind Übertreibungen, die einer sachlichen Diskussion nicht förderlich sind.
Frage: Warum argumentieren Sie so?
at Jack_X
Auf Ihre Frage möchte ich zunächst mit einem Zitat antworten:
„Haben westliche Staaten den „Wind gesät“ (um auf den Titel eines Buches von Lüders Bezug zu nehmen)?
Und da fängt es an interessant zu werden. Wenn wir diese Frage nämlich in den Mittelpunkt einer Diskussion rücken, wird schnell deutlich, warum über einen Nebenschauplatz diskutiert wird.“
Aus einer Frage wird eine Hypothese wird ein Verdacht wird eine Erklärung. Garniert noch mit der eher rhetorischen Floskel „richtig?“, auf die man sich im Zweifelsfall in naiv gespielter Weise zurückziehen könnte (a la „man wird doch noch fragen dürfen“). Man kann das Verschwörungstheorie nennen oder Propaganda, ganz nach Belieben. Ich will aber gar nicht wissen, warum Sie so „argumentieren“.
Der Punkt ist doch, dass die „Faktenchecker“ von FAS, correctiv, Deutschlandfunk, Spiegel, ARD völlig banale und grundlegende journalistische Standards nicht eingehalten haben. Es gab die Berichte in Cumhuriyet, es gab die CHP-Abgeordneten, die die Sache untersucht haben, es gab den Bericht von Seymour Hersh. Alles kein Beweis für diese oder jene Variante der Ereignisse, aber genug, dass es sich verboten hätte, Lüders als Lügner zu diffamieren. Trotzdem haben sie es getan. Und wer weiß, wie der Hase läuft, weiß auch warum. Das war kein Versehen, sondern Schlampigkeit aus Konformismus. Wenn Sie halbwegs fleißig das Weltbild der bürgerlichen Mitte reproduzieren, können Sie in diesen Läden Ihrer Karriere gar nicht schaden. Ob „Kampagne“ dafür das richtige Wort ist, weiß ich nicht. „Journalismus“ würde ich es jedenfalls nicht nennen. Da bin ich eher old school.
at Jörn Boewe
Ich finde es erstaunlich, auf welche Weise Sie die Einhaltung journalistischer Standards einfordern möchten.
„Es gab die Berichte in Cumhuriyet“? Michael Lüders sprach davon, daß die Sarin-Lieferung der Türken so gut wie erwiesen sei und nannte dafür als Quelle die Cumhuriyet, was selbst nach der Aussage Dündars gegenüber Übermedien in der Form schlichtweg falsch ist. Oder ist das eine Form von „Schlampigkeit“, die Sie (aus politischen Gründen heraus?) für unbedeutsamer halten?
„es gab den Bericht von Semour Hersh“? Exakt das finden Sie auch im Fakt-Checking bei Tagesschau.de, ebenso aber auch die Tatsache, daß diese Hersh-Recherchen massiv von anderen Journalisten angezweifelt worden sind.
„Lüders wurde als Lügner diffamiert“? Abgesehen von der „Bild“ – wo haben Sie diesen Ausdruck sonst gefunden?
„Das war kein Versehen, sondern Schlampigkeit aus Konformismus“. Also Sie belassen es nicht nur bei fragwürdigen Beschuldigungen, sondern wissen sogar um die Motive der vermeintlichen Täter? Oops, sagt man dazu wohl heutzutage.
„Old school“ sind Sie m.E nicht, Herr Boerne. Es sei denn, Sie halten Tendenzjournalismus für eine altehrwürdige Disziplin.
Boewe, nicht Boerne
@Thomas: correctiv schreibt am „Leider erzählt Michael Lüders öffentlich eine Unwahrheit (…) Lüders hatte in einer ZDF-Talkshow unter Berufung auf Özgürüz Chefredakteur Can Dündar gesagt, Can Dündar habe im Jahr 2013 über türkische Giftgas-Lieferungen an Rebellen in Syrien berichtet.
Das ist nicht wahr. Can Dündar bestätigte uns: „Das stimmt nicht.“ Seine frühere Zeitung „Cumhuriyet“ habe nicht über Giftgaslieferungen an die Rebellen berichtet.“
(https://www.facebook.com/correctiv.org/posts/1831742680408504)
Ich finde, für Leute, die sich als investigative Journalisten begreifen, wäre es zunächst mal Pflicht gewesen, zu überprüfen, ob Cumhuriyet über Giftgaslieferungen an die Rebellen berichtet hat oder nicht, bevor sie Lüders beschuldigen, „öffentlich eine Unwahrheit“ zu erzählen und ihm ihre albernen Pinocchio-Punkte zu verpassen (das soll keine Diffamierung sein?). Verschärfend kommt dazu, dass die Überprüfung so unglaublich einfach ist, Cumhuriyet hat ein funktionierendes Webarchiv, irgendjemanden, der türkisch spricht gibt es in der Reichweite jeder Redaktion usw.
Darum geht es, nicht, ob diese oder jene Version der Ereignisse und Verflechtung zwischen Türkei und IS nun zutrifft oder nicht.
@ Stefan Niggemeier: Wenn mehrere Leute zeitnah etwas ähnliches sagen oder schreiben, dann ist das noch lange keine Kampagne. Zu einer solchen bedarf es per Definition eines gemeinsamen Willens und des zielorientieren, organisierten Handelns. Im Fall von Journalisten wäre das dann Kampagnenjournalismus. Man kann solche Begriffe natürlich nutzen, wenn man es für angebracht hält, sollte es m. E. aber gerade im journalistischen Kontext mit Bedacht tun, denn sie stehen nicht umsonst ganz oben auf der Schlagwortliste der Lügenpresse-Krakeeler.
@60 Thomas
Interessant zu sehen, wie Sie immer wieder von Ihrer Argumentation ablenken.
Bleiben wir doch mal beim Punkt: Sie haben (unter 49) geschrieben:
„Wenn man den Amis grundsätzlich nur alles Böse zutraut, während die Außenpolitik Putins recht wohlwollend als Stabilisierung eines Landes betrachtet wird. Wenn die etablierten Medien angeblich allesamt gelenkt werden von den Mächtigen, während „Nachdenkseiten“ und RT als Horte journalistischer Aufrichtigkeit gepriesen werden.“
—-
Meine Antwort:
Methode: Durch Übertreibung diejenigen, die Quellen, Ereignisse usw. konträr „dem Mainstream“ einordnen , ins Lächerliche zu ziehen.
„allesamt gelenkt“, „grundsätzlich nur Böses“ usw. sind Übertreibungen, die einer sachlichen Diskussion nicht förderlich sind.
Frage: Warum argumentieren Sie so?
—
Darauf reagieren Sie mit einem….na, wie soll man das nennen?
Ablenkungsmanöver!
Daher nochmal die Frage: Warum argumentieren Sie auf diese Art und Weise?
Sie pauschalisieren unangebracht und ziehen andere Personen damit ins Lächerliche.
Warum?
Nehmen Sie die Welt tatsächlich so war?
(meine das ganz sachlich)
Können Sie sich nur an dieser (schwierigen) Diskussion beteiligen, wenn sie alle in einfache Schablone einordnen bzw. in Schubladen packen (nach der Vorgehensweise: Da zitiert einer RT, also muss er allgemein RT als Musterbeispiel für Qualitätsjournalismus halten; da wirft einer der US-Politik etwas vor, also muss er den „Amis“ grundsätzlich „alles“ zutrauen? usw.)
Servus
Ihr Jack
Fassen wir mal zusammen:
– Lüders ist ein ärgerlicher, letztlich aber nicht tragischer Fehler passiert. Bei derart heiklen Veröffentlichungen dürfte der Chefredakteur die Artikel, die in seiner Zeitung erscheinen, zumindest persönlich „abgesegnet“ haben. Im Hinblick auf inhaltliche Relevanz und und argumentative Überzeugungskraft ist Lüders Fehler zweitrangig.
– Von der Leyen hingegen hat in zwei wirklich wichtigen Fragen offenbar die Unwahrheit gesagt: Einmal im Hinblick auf die angeblichen Schuldzuweisungen der UNO an das Assad- Regime, das andere mal bei der Frage nach der völkerrechtlichen Zulässigkeit des Bombardements Syriens durch Trump. Und diese „Fehler“ stellen nun keine „ärgerlichen Ungenauigkeiten“ dar, sondern grobe Unwahrheiten.
– Lüders bekommt viel Kritik ab, von der Leyen nicht.
Es ist aber nicht nur sehr interessant, was und wie berichtet wird, sondern auch, was NICHT berichtet wird.
Beispiel: Der frühere Chef des amerikanischen Militärgeheimdienstes DIA, Michael Flynn, macht die Obama-Regierung wesentlich mitverantwortlich für den Aufstieg des IS:
„The White House made a conscious decision, he said, when it sponsored the radical jihadists who later became the Jabhad al-Nusra and the Islamic State of Iraq and Syria, or ISIS, to fight the Assad regime.“
Man habe diese radikalen Kräfte absichtlich gewähren lassen und unterstützt, das sie das syrische Regime bekämpften.
Peter Pry, ein früherer Analyst der CIA, der den amerikanischen Kongress in Fragen der nuklearen und inneren Sicherheit berät, bestätigte Flynns Version ausdrücklich:
„Gen. Michael Flynn is very honorable and honest, indeed, courageous; so I credit what he says…The Obama administration should not have been surprised by the rapid rise of ISIS, since it was anticipated by DIA… Incompetence and ideology probably account for why the administration was surprised. “
http://www.wnd.com/2015/08/ex-dia-chief-obama-willfully-allowed-rise-of-isis/
Wo in den deutschen Mainstream-Medien liest man so etwas? Meine Google-Suche blieb jedenfalls ergebnislos.
Nehmen wir mal an, hierzulande würde jemand, der die öffentliche Wahrnehmung hat, sagen, dass die Amerikaner in der Tat einen erheblichen Beitrag zum IS geleistet haben, obwohl sie frühzeitig durch ihre eigenen Geheimdienste gewarnt worden wären; und nehmen wir weiterhin an, die entsprechende Person würde der amerikanischen Regierung dabei sogar noch „Inkompetenz und Ideologie“ attestieren. Dann käme wohl eine Reaktion im Stile von Julian Reichelt: Bestenfalls seien so etwas „Verschwörungstheorien“, schlimmstenfalls sei es pro-russische Propaganda. Und von „Antiamerikanismus“ wäre ohnehin die Rede.
Das Nicht-Berichten von relevanten Meldungen, die nicht ins gewünschte Narrativ passen, weil sie eine wesentliche Mitverantwortung des Westens für Leid und Chaos nahelegen, ist Alltag.
@Thomas:
Wenn ich lese, wie sie Kommentare anderer hier bis ins kleinste sezieren, hinterfragen und somit einen qualitativen Standard einfordern, so möchte ich sie (nochmals) einladen, das auch hinsichtlich ihrer eigenen Aussagen zu tun.
Allein ihr folgender Absatz bietet viele Gelegenheiten zur Selbstkritik:
„Michael Lüders sprach davon, daß die Sarin-Lieferung der Türken so gut wie erwiesen sei und nannte dafür als Quelle die Cumhuriyet, was selbst nach der Aussage Dündars gegenüber Übermedien in der Form schlichtweg falsch ist.“ (siehe #62 @Jörn Boewe)
1) Dass Lüders das für so gut wie erwiesen hält konstruieren sie, indem sie den Kontext missachten (siehe mein #7).
2) Mit ihrer Aussage, Lüders berufe sich einzig auf Cumhuriyet widersprechen sie sich selbst (in ihrem #3 behaupten sie nämlich: „er beruft sich dabei einzig und allein auf Seymour Hersh“ – ja was denn nun?).
3) Und natürlich hat Can Dündar Übermedien gegenüber bestätigt, dass Cumhuriyet entsprechende Artikel veröffentlicht hat („Auf Anfrage von Übermedien bestätigt Dündar nun Lüders Version“) – bitte lesen sie den Artikel!
Des Weiteren:
Es ist nicht hilfreich, Stefan Niggemeier per Duden belehren zu wollen was eine Kampagne ist, kurzerhand einen eigenen Standard für „Kampagne“ zu definieren, um dann von Herrn Niggemeier eine Erklärung zu verlangen wie seine Aussage mit ihren Standards vereinbar ist.
Es ist nicht hilfreich, Jack_X mit einem Zitat ohne Quellenangabe zu konfrontieren, um daraus dann wieder etwas merkwürdiges zu konstruieren, schlussendlich seine Frage dann aber unbeantwortet zu lassen.
Es ist nicht hilfreich Dinge aus dem Zusammenhang zu reißen, sie per eigener Übertreibung dann ad absurdum zu führen, die Motive von Mitdiskutanten mittels eigener Mutmaßungen in ein schlechtes Licht zu rücken (z. B. #49 S. Niggemeier), e.t.c.
Und wenn sie in sich in ihrem Kommentar 49 Experten wünschen, „die einen Giftgasanschlag sowohl westlichen Diensten und Dschihadisten ebenso wie einem Assad zutrauen“ juckt es mich sehr in den Fingern, ihnen hier Michael Lüders ans Herz zu legen, der bei Markus Lanz hinsichtlich einer möglichen Verantwortung Assads für Giftgasangriffe wortwörtlich sagte: „Nicht dass es ihm nicht zuzutrauen wäre“…
Es steht jedem frei nicht der Meinung von Michael Lüders zu sein, ihn kritisch zu sehen, ihm nicht zu glauben. Was man Michael Lüders jedoch nicht vorwerfen kann ist, dass er nicht auch klar das Handeln Assads und Russlands brandmarkt. Denn das tut er – und er hat es auch zuletzt bei Lanz und auch bei Anne Will wieder getan!
@ Nr. 40/61 Herr Jörg Boewe
Guten Tag Herr Boewe, schön das Sie hier kommentieren, und danke für den Quellenlink. Mit so was können wir jetzt hoffentlich ergiebig arbeiten.
Zu aller erst, ihren Kommentare 61/63 betreffend:
Es gibt von mir keine Widerrede in Sachen schlechter Recherche der FAS und noch schlechterer der Abschreiber, das habe ich in meinen erste Kommentar hier schon kund getan.
Aber, und das ist das traurige, dieses Recherche war/ist immer noch besser als das was Herr Lüders feilbietet und Welten besser als das was Herr Niggemeier hier abschreibt.
Die FAS und co. haben den Satz auf die Goldwaage gelegt und so Lüderes auflaufen lassen. Ich finde das ist ein ganz mieser Still. Aber de FAS hat sich eben mühe gemacht Nachzufragen. Michael Lüderes im Interview hingegen hält sich einfach möglichst wage… und, so scheint es, nimmt einfach jede Quelle um ihr seine These aufzudrücken, selbst wenn WIEDER die Quelle überhaupt nichts zu seiner These beitragen kann. Das hat was von „Hauptsache ich sage was, es prüft eh keiner nach“.
Wenn das so in seinen Buch weiter geht, ich dabei als Richtmaß die Kritik im Spielge/Faktenchecker UND Herr Lüders Gegenrede im Interview der Nachdenkseite hernehme, dann ist das vielleicht ein gutes Meinungsbuch, aber lange noch kein gutes Sachbuch.
Das mag man jetzt ärgerlich finden, aber diese Unsitte herrscht jetzt schon solange in Populär-Sachbüchern das es halt so ist, das ist kein Zeichen für “Mainstream“ oder “Putin-Jünger“.
Wo es mich wirklich mehr als ärgert, ist jetzt die Causa bei Übermedien, und Herrn Niggemeier im besonderen.
Einfach mal für einen Partei ergreifen, okay kann ja ein guter Text werden.
Jedoch einfach so massiv aus einen anderen Medium hier nacherzählen ist schon dreist, vor allem wenn sich die hier Verantwortlichen ein „Medien besser kritisieren“ auf die Fahne geschrieben haben.
Bei der verkürzten Wiedergabe von Lüderes Angabe über den Bericht der Hürriyet blieb mir dann endgültig die Spucke weg. Erstens, Herr Niggermeier der immer wieder darauf hinweist wie wichtig es ist Quellen zu prüfen macht genau was? Nichts, keine Minute und er hätte erfahren das die Quelle wieder nichts für die Giftgasfrage beisteuert. Mehr noch, er verkürzt Herr Lüderes Interviewaussage so das… würde Lüders so in der FAS und co. zitiert würde der gerechte Zorn über sie hereinbrechen. Während Michael Lüder immerhin noch nach „Chemikalien“ ein „für die Waffenproduktion“ einschiebt, verkommt es bei Niggermeier ein paar Zeilen nach Gitfgas zu einen „Chemikalien für den IS“.
Das ist, um auch mal den alten Schlag zu bemühen, eine indiskutabel journalistische Minderleistung!
Und, ja hauptsächlich deswegen habe ich meine erste Kritik geschrieben. Ich hätte mir hier wesentlich mehr erwartet.
Zu ihren Beitrag unter der Nr. 40:
Erst einmal es ist traurig das erst Sie auf die Urquelle präzise verweisen. Etwas, was weder Herr Lüders im Interview, noch Herr Niggemeier in seinen Artikel und auch ich in meiner Kritik geschafft haben.
Meinerseits kann ich diesen Fehler ohne großes Herausreden zugeben. Das hätte so nicht passieren dürfen, es tut mir leid falls damit ein falscher Eindruck entstanden ist und ich hoffe man nimmt diese Entschuldigung hier, und vor allen Sie, an.
Zu der Aussage Herr Lüders selbst muss noch deutlich gemacht werden, das er im Interview anscheinen den CHP-Abgeordnetet Herr Eren Erdem somit als zweifache Beweisquelle benutzt(Sowohl selbst stehend als auch für die Medienberichte), oder ihn gar nicht als Beweis in seiner Aussage „Türkische Medien berichten über C-Waffenschmuggel“ ansieht.
Den der Artikel, und einige andere, geben nur die Gerichtsverhandlungen und Herr Erdems Behauptungen wieder.
Da ist nichts von Cumhüriyet Mitarbeiter erarbeitet, recherchiert und eingeordnet worden, sondern wurde stets einfach medialer Raum für Eren Erdems Behauptungen bereitgestellt.
Jetzt kann man trotzdem sagen: “Aber Herr Erdems liefert doch trotzdem Beweise für die These “Der Türkische Staat schmuggelt C-Kampfmittel ins Kriegsgebiet““
Da fängt das Problem schon an, Eren Erdems spricht viel, liefert aber keinen Beweis für seine These.
Keins der angeblichen Dokumente, Tonaufnahmen und anderen Beweismittel die er gesehen und genannt hat sind jemals in irgendwelchen Medium aufgetaucht. Was in Zeiten von Wikileaks, Hackergruppen und anderen Whistleblowern schon verwundert.
Wenn man jetzt auch im klassischen „Die Geheimdienste wissen doch eh alles“ und „Freund-Feind“ Dokus verbleibt dann wird es noch unwahrscheinlicher das die Beweise immer noch nicht aufgetaucht sind.
Zur Erinnerung, es war keine zwei Monate vergangen seitdem dass das türkische Militär einen russischen Kampfjet abgeschossen hat, die Beziehungen waren zur Zeit von Herrn Erdems Behauptungen am Tiefpunkt angelangt.
Jedoch, weder die russische Politik, noch der Geheimdienst als auch Medien haben in der Sache nachgelegt… wo doch laut Herr Lüders und andere eine „Smoking Gun“ präsentiert wurde.
Ich kann nur wiederholen: Eren Erdems Behauptungen klingen für manchen anscheinend gut, haben aber keinerlei Belegkraft. Es ist allerhöchstens das Indiz eines Indizes.
Das war es…. bevor das endgültig zu einer Textwüste verkommt, lasse ich das hier ruhen. Ich hoffe auf rege Disskusionsbeteiligung.
@ 69:
„Da fängt das Problem schon an, Eren Erdems spricht viel, liefert aber keinen Beweis für seine These.
Keins der angeblichen Dokumente, Tonaufnahmen und anderen Beweismittel die er gesehen und genannt hat sind jemals in irgendwelchen Medium aufgetaucht. Was in Zeiten von Wikileaks, Hackergruppen und anderen Whistleblowern schon verwundert. “
Die Frage ist natürlich: Wenn Erdem solche Dokumente hat und sie tatsächlich veröffentlicht, hätte er dann nicht womöglich Repressalien zu befürchten? Er selbst begründet seine Weigerung damit, dass man ihn bei Veröffentlichung wegen „Verrates“ belangen könne. Nun kann man sagen, dass eh gegen ihn ermittelt wird – aber seine Chancen stünden womöglich viel schlechter, wenn er geheimes Material veröffentlicht.
Ich kenne die türkische Rechtslage nun nicht weiter, aber es erscheint zumindest als möglich (man kann es nicht ohne weitere Prüfung ausschließen).
Und selbst wenn die entsprechenden Dokumente nun plötzlich anonym geleakt werden, dann dürfte der Verdacht auf Erdem fallen. Er hat die Dokumente ja offenbar dezidiert beschrieben. Zudem wäre der Ärger bei den türkischen Behörden dann vermutlich noch größer, und Erdem hätte auch kein „Faustpfand“ mehr.
Zudem hat Erdem vor dem türkischen Parlament offenbar ja durchaus konkretere Angaben gemacht und Akten und Namen gemacht, um seine Angaben zu stützen:
„Addressing fellow members of the Turkish Parliament, Turkish MP Erdem from the opposition Republican People’s Party directly confronted his government on this key issue. Waving a copy of ‚Criminal Case Number 2013/120,‘ Erdem described official Turkish reports and electronic evidence documenting a smuggling operation with Turkish government complicity…The General Prosecutor in the Turkish city of Adana opened a criminal case and an indictment stated ‚chemical weapons components‘ from Europe ‚were to be seamlessly shipped via a designated route through Turkey to militant labs in Syria.‘ Erdem cited evidence implicating the Turkish Minister of Justice and the Turkish Mechanical and Chemical Industry Corporation in the smuggling of sarin. Small wonder that Turkish President Recep Tayyip Erdogan immediately accused Erdem of ‚treason‘.
Erdem testified that the 13 suspects, who had been arrested in police raids on the plotters, were released just a week after they were indicted. The case was shut down abruptly by higher authority.“
https://consortiumnews.com/2016/12/11/the-syrian-sarin-false-flag-lesson/
Das sind ja schon ziemlich konkrete Angaben, die man im Zweifel wohl auch wenigstens zum Teil nachprüfen kann – oder die die türkischen Regierung vermutlich ohne große Probleme widerlegen kann, wenn sie denn falsch sind.
Wenn Erdem sich das alles einfach mal gerade aus den Fingern gesogen haben sollte, dann lehnt er sich weit aus dem Fenster. Er wäre dann für eine Lüge auch ein erhebliches persönliches Risiko eingegangen. Anscheinend wird nun wird nun „Verrates“ und sogar „Terrorimsus“ gegen ihn ermittelt. Und das muss in Erdogans Türkei, wo bald die Todesstrafe eingeführt werden dürfte, kein Zuckerschlecken sein.
Mir geht es her aber nicht um die Frage, ob er die Wahrheit sagt; nur finde ich das gegen seine Glaubwürdigkeit gerichtete Argument, dass er seine Beweise nicht bei Wikileaks hochgeladen hat, nicht sehr überzeugend.
Zudem bin ich skeptisch, wie Sie – dem Anschein nach ohne gründliche Archiv-Recherchen oder Anfrage – ausschließen wollen, dass die Hürriyet eigenständige Beiträge zu einer möglichen Verstrickung der Türkei in die Giftgas-Geschichte verfasst haben könnte. Sie behaupten ja nicht allein, dass Sie entsprechende Arbeiten auf die Schnelle noch nicht gefunden haben, sondern dass es die auch nicht gibt.
at Jörn Boewe
Zunächst einmal sollte Herr Lüders korrekt zitieren. Hat er nicht gemacht, für Sie ist das aber offenbar nebensächlich. In der Cumhuriyet wurde über „Behauptungen“ (O-Ton Dündar) berichtet. Nicht über einen Fakt. Finden Sie nicht, daß zwischen der Aussage Lüders´(die Türken waren´s, das steht so gut wie fest, Dündar hat´s geschrieben) und der Aussage Dündars ein bemerkenswerter Spalt ist?
Wäre es nicht vielmehr Lüders´ Aufgabe als Investigativjournalist gewesen, seine Quellen zu prüfen? Erstaunlich, daß Sie ihre strengen Maßstäbe nicht auf ihn anwenden, sondern nur auf die Arbeit der Fakt-Checker. Oder auch nicht erstaunlich, wenn man Ihre vorherigen Ausführungen liest.
at Mathias:
Ich finde es gut, wenn Sie meine Beiträge sezieren wollen.
„1) Dass Lüders das für so gut wie erwiesen hält konstruieren sie, indem sie den Kontext missachten (siehe mein #7).“
Habe ich gelesen. Sie möchten die Aussage „was als GESICHERT WOHL ZU GELTEN HAT“ als eine Art Konjunktiv verkaufen. Kellyanne Conway hätte es nicht besser versuchen können.
„2) Mit ihrer Aussage, Lüders berufe sich einzig auf Cumhuriyet widersprechen sie sich selbst (in ihrem #3 behaupten sie nämlich: „er beruft sich dabei einzig und allein auf Seymour Hersh“ – ja was denn nun?).“
Very simpel: Lüders beruft sich bei den MIT-Sarin-Lieferungen auf Dündar und bei der Frage nach Obama/US-Geheimdienste auf Hersh.
„3) Und natürlich hat Can Dündar Übermedien gegenüber bestätigt, dass Cumhuriyet entsprechende Artikel veröffentlicht hat („Auf Anfrage von Übermedien bestätigt Dündar nun Lüders Version“) – bitte lesen sie den Artikel!“
Noch einmal für Sie: Dündar spricht von veröffentlichten „Behauptungen“, Lüders beruft sich auf angeblich veröffentlichte Fakten. Sie sehen wirklich keinen Unterschied?
at Mathias
Hatte ich ganz vergessen:
„Es ist nicht hilfreich, Stefan Niggemeier per Duden belehren zu wollen was eine Kampagne ist, kurzerhand einen eigenen Standard für „Kampagne“ zu definieren, um dann von Herrn Niggemeier eine Erklärung zu verlangen wie seine Aussage mit ihren Standards vereinbar ist.“
Ich definiere da keinen eigenen Standard, mein Herr, ich gebe lediglich einen Hinweis auf die in diesem Land anerkannte Bedeutung eines Wortes. Wenn Sie allerdings den Duden als nicht maßgeblich erachten, dürfte ein weiterer Diskurs problematisch werden. Denn dann nähern wir uns irgendwann wohl dem, was Orwell so gut wie kein zweiter beschrieben hat. Würde aber gut in die postfaktische Zeit passen.
@ 60:
Noch dies: Was das Nachdenkseiten-Interview angeht, so hat Lüders dort Stellung zu der Kritik an seinen Quellen genommen. Er hat seien Quellen dort aber offenbar nicht alle explizit aufgelistet, was wohl auch nicht der Sinn war. Ohne sein Buch selbst angesehen zu haben, ist es m.E. daher schwierig, zu beurteilen, auf welche Quellen Lüders sich genau stützt.
„Während Michael Lüder immerhin noch nach ‚Chemikalien‘ ein ‚für die Waffenproduktion‘ einschiebt, verkommt es bei Niggermeier ein paar Zeilen nach Gitfgas zu einen ‚Chemikalien für den IS‘.“
Vergleichen wir, was Niggemeier und Lüders jeweils sagen. Herr Niggemeier:
„Nach Angaben von Lüders betonte Dündar ihm gegenüber auch, dass auch die Zeitung ‚Hürriyet‘ Ende vergangenen Jahres über die Lieferung von Chemikalien aus der Türkei an den ‚Islamischen Staat‘ berichtet habe.“
Lüders im Original auf den Nachdenkseiten:
„Can Dündar verwies in dem Zusammenhang darauf, dass die Zeitung Hürriyet am 18. Dezember 2016 über die Lieferung von Chemikalien aus der Türkei an den ‚Islamischen Staat‘ berichtet habe, die zur Waffenproduktion benutzt worden wären. Der Autor des Berichts, der Washington-Korrespondent der Zeitung, Tolga Tanic, sei daraufhin fristlos entlassen worden.“
Demnach gibt Herr Niggemeier Herrn Lüders durchaus korrekt wieder.
„Zu der Aussage Herr Lüders selbst muss noch deutlich gemacht werden, das er im Interview anscheinen den CHP-Abgeordnetet Herr Eren Erdem somit als zweifache Beweisquelle benutzt(Sowohl selbst stehend als auch für die Medienberichte)…“
Erstens: Sind Sie sicher, dass der von Lüders erwähnte Tanic tatsächlich nur die Position von Erdem wiedergegeben hat? Ich konnte dazu auf die Schnelle jedenfalls nichts finden, was einer eigenständigen Recherche von Tanic widersprechen würde.
Zweitens suggeriert die Formulierung von Lüders m.E. tatsächlich nicht einmal, dass es sich hier um jeweils unabhängige Quellen handeln müsse. Seine Äußerung fiel ja im Zusammenhang mit der Berichterstattung in türkischen Zeitungen, wobei er hier nach eigenen Angaben eh nur Dündar zitiert hat.
Nebenbei sind es offenbar zwei Abgeordnete (wenn auch von derselben Partei), die ihre schwerwiegenden Vorwürfe erheben:
„Am 10. Dezember 2015 erklärte Erdem während einer Parlamentssitzung, er besitze Beweismaterial, u. a. Telefonaufzeichnungen, dass die türkische Regierung involviert sei in den Schmuggel von Saringas-Komponenten und Saringas über die türkische Grenze zu Terroristengruppen in Syrien.[49][50] Vier Tage später wiederholte Erdem seine Vorwürfe im staatlichen russischen Nachrichtensender Russia Today, demnach würden Gerichtsakten belegen, dass das verwendete Material für das Giftgas über die Türkei zu Terroristengruppen in Syrien gelangt sei – damals waren das Mitglieder von al-Qaida im Irak. ‚Wir haben als Beweise Telefonaufzeichnungen‘. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein, später wurden die daran beteiligten Personen verhaftet. Jedoch wurde der Fall nach einer Woche einem anderen Staatsanwalt übergeben, und alle Verhafteten wurden auf freien Fuß gesetzt. Sie überquerten die türkisch-syrische Grenze und flohen. Damals wurden die Akte geschlossen, um den syrischen Behörden die Schuld zuzuschreiben.[51][52][53][54] Die Staatsanwaltschaft in Ankara leitete ein Verfahren wegen ‚Hochverrats‘ gegen Eren Erdem ein.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Giftgasangriffe_von_Ghuta
Vielleicht liegt das an meinen mangelnden Kenntnissen des türkischen Rechtssystems: Aber wenn alles, was die beiden Abgeordneten gesagt haben, frei erfunden ist, dann frage ich mich schon, wieso Erdem nicht wegen Verleumdung, sondern Hochverrats angeklagt wurden. Zudem müsste es für die türkische Regierung ja ein leichtes sein, beispielsweise die ja namentlich von Erdem genannten Prozessakte zu veröffentlichen, ggf. mit Schwärzungen, oder die entsprechenden Akten zumindest neutralen und angesehenen Rechtsexperten zugänglich zu machen.
Ich habe das Gefühl, wir bekommen zunehmend amerikanische Verhältnisse:
Im Konfliktfall die Reihen geschlossen und das offizielle Narrativ der eigenen Regierung übernehmend. Menschen mit der Ansicht, die Realität sei komplexer als die Darstellung einer Seite, die Wahrheit läge eher irgendwo in der Mitte (z.B. Lüders) werden kritisch beäugt, im besten Fall sind sie bloß Opfer der Feindpropaganda, im schlimmsten Fall gar Kollaborateure mit dem Feind oder unterwegs mit eigener, unlauterer Agenda. Fehlen nur noch Begriffe wie „unpatriotisch“ und „Vaterlandsverräter“. Eine tatsächliche Aufarbeitung der Geschehnisse erfolgt dann zehn Jahre später – wenn überhaupt – und bleibt etwas fürs Nachtprogramm. Und beim nächsten Konflikt geht alles wieder von vorne los. Das kannte man bisher nur aus den USA; nun deutet es sich auch in Deutschland an.
Und jetzt müssen sich sogar schon Stefan Niggemeier oder die Nachdenkseiten subversiv drohend anhören, sie sollten doch besser vorsichtig sein, mit wem sie sich abgeben und wen sie verteidigen, ja gar von wem sie Zustimmung ernten, man könnte sie sonst bald auch zu diesen ganzen „Verschwörungstheoretikern“ und Feindverstehern zählen… Man überreicht quasi die Schere im Kopf und empfiehlt Selbstzensur – natürlich nur für den guten Zweck. Sofern nicht gleich direkt Propaganda unterstellt wird. Wo soll das noch hinführen?
Und ist es Zufall, dass diese öffentliche Diskursveränderung zeitlich einhergeht mit den immer häufiger so ganz nebenbei eingestreuten Forderungen prominenter Politiker und Journalisten, Deutschland solle „mehr Verantwortung“ in der Welt übernehmen, sprich: militärisch endlich wieder bei den Großen mitspielen? Dafür ist natürlich die wichtigste Voraussetzung, dass die Heimatfront auf Linie ist. Das wichtigste: Ein klares Feindbild. „Früher ging es ja oft nicht mit rechten Dingen zu, aber diesmal geht’s wirklich aus hehren Gründen gegen den Richtigen!“. Rince and repeat.
Und nein, dazu bedarf es keiner großen Verschwörung oder einer vermeintlichen Lügenpresse. Die wirtschaftliche Situation im Journalismus (Zeit- und daher Recherchemangel, dadurch erhöhte unbewusste Anfälligkeit für Einflussnahme durch PR und Lobbyismus) bei zugleich massivem Ausbau von Think Tanks, Lobby-Organisationen und PR-Agenturen seitens der politischen, militärischen und wirtschaftlichen Akteure reichen für die erfolgreiche Erzeugung einer Schlagseite vollkommen aus.
Wo ist der Journalismus als vierte Macht im Staat, als kritisches Kontrollorgan von Politik, Wirtschaft und Militär, dessen Aufgabe – auch im Kriegsfall – ausschließlich die Kritik der eigenen Seite und niemals die des Gegners ist? Denn letzteres wäre immer Propaganda und eine Dienstleisung für die Herrschenden, deren Motive und Handlungen er eigentlich unablässig hinterfragen soll; sogar im unwahrscheinlichen Falle eines absolut gerechten Krieges. Würde der Feind hundert Kriegsverbrechen begehen und „wir“ nur ein einziges, wäre es dennoch ausschließlich Aufgabe unserer Journalisten, auf dieses eine Kriegsverbrechen hinzuweisen und nicht auf die hundert des Gegners. Denn diese Informationsaufgabe können Politik und Militär schon ausreichend selbst erfüllen, dafür bedarf es nicht noch der Schützenhilfe unabhängiger Journalisten.
Was wir in den letzten Jahren erleben, ist eine Verkehrung dieser wichtigsten Aufgabe des Journalismus und lässt mir kein gutes Gefühl für die Zukunft. Auch wenn sie es inzwischen sehr gut machen, sollte investigativer Journalismus nicht nur noch auf Blogs sowie im Spätprogramm oder in Satire-Sendungen (z.B. Die Anstalt) zu finden sein. Das reicht auf Dauer nicht aus.
Und zum Abschluss auch von mir noch ein Totschlagargument: Wer die BILD auf seiner Seite hat, ist im Unrecht. Immer. ;)
Irgendwie verzweifele ich langsam. Welcher Berufstätige Mensch mit einem privat Leben hat noch die Zeit auf dem laufenden zu bleiben um Fakt von Fiktion zu unterschieden?
Ich habe mein Vertrauen in die Medien Stück für Stück verloren.Eine „prevolution“ der Glaubwürdigkeit. Wer im vorliegenden Fall recht hat und wer nicht, interessiert mich schon gar nicht mehr.
Alleine schon die Tatsache, das Frau Will Herrn Lüders, als nicht unabhängig vorstellte, ist etwas kaum fassbares, wenn man bedenkt, wer sich sonst so alles in ihrer Show als Experte präsentieren durfte.
Auch mein Vertrauen gegenüber den Qualitätsmedien ist nicht mehr vorhanden. So habe ich mehrmals versucht ZON und die Zeit dazu zu bewegen, eine falsche Aussage in einem Artikel zu korrigieren.
Inklusive Quellen Nachweis. Eine Reaktion gab es nie.
Ähnliches auch bei SPON oder der FAZ.
Bis vor kurzem hatte ich immerhin noch den Glauben, das früher wenigstens alles besser war. Man war ich naiv.
Wenn ich den Medien nicht trauen kann, dann sind diese für mich nutzlos. Lese ich aber nichts, bin ich nicht informiert.
Wenn ich lese, muss ich quasi selbst belangloseste Aussagen überprüfen. Woher die Zeit nehmen? Wie soll Demokratie da funktionieren?
Mag lächerlich klingen. Aber ich verzweifel an diesem Umstand langsam. Diese „Filterblasen“ und „Fakenews“ sind eben nicht nur bei den rechten und den linken zu finden, sondern eben auch bei dem was manche als die etablierten Medien bezeichnen.
Irgendwie vermisse ich die Zeit, wo ich mit den Tod-holzprodukten wie Spiegel , Zeit oder FAZ gut informiert gefühlt habe.
Es war eine Illusion. Aber eine schöne.
MfG
at Beckett
Es ist bezaubernd, wenn man sich und seine eigene Sichtweise als die einzig richtige bezeichnen kann und Menschen mit anderer Meinung als tumbe Bürger, die aus falsch verstandener Vaterlandsliebe heraus Regierungspropaganda wiederkäuen. (Wo immer Sie diese Bürger hier auch entdeckt haben mögen).
Und wenn man Michael Lüders gewogen ist, dann mutieren auch dessen Verlautbarungen zu komplexen und differenzierten Darstellungen. Kritik daran ist geradezu verdächtig. Denn, ganz wichtig: die Mitte, das sind wir. Ja, das hat etwas Amerikanisches.
zu Thomas 76
ein wenig angepasst
„Es ist bezaubernd, wenn man sich und seine eigene Sichtweise als die einzig richtige bezeichnet und Menschen mit anderer Meinung als tumbe Bürger, die wissen!!! wollen, versucht umzulenken.
Und wenn man Michael Lüders nicht gewogen ist, ja nicht gewogen sein darf, dann mutieren auch dessen Verlautbarungen zu komplexen Lügen und falschen? Darstellungen. Kritik daran ist geradezu unzulässig. Denn, ganz wichtig: die Wissende bin ich, und es kann keinen anderen geben neben mir.“
Sie wirken wie von Anne Will in den Kampf geschickt. Ich habe mich zu diesen Bemerkungen hinreißen lassen, denn eigentlich geht es doch hier um „Ist Michael Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt?, dazu von Thomas nur ein(eingeschränkt) Beitrag „4. Noch ein kleiner Nachtrag“, erkennbar bewusst! unvollständig. Ansonsten immer auf Abwegen und das konsequent, aber auch dort in Argumentation und (fehlender) Nachweise fasst immer der Unterlegende!!!!
Beide Sendungen (Markus Lanz und ANNE WILL) habe ich sehr genau verfolgt und kann nur feststellen, daß die Aussagen von Michael Lüders
journalistisch korrekt, objektiv und in keiner Weise „propagandistisch“ sind. Sein Buch „Die den Sturm ernten“ wurden von mir mehrfach gelesen und auch mit anderen Quellen verglichen. —
Was in die obigen Kommentare an absurden Behauptungen Eingang gefunden hat, muß wirklich Verwunderung auslösen. Offensichtlich steht klares Erkennen von Ursachen und Zusammenhängen heute nicht mehr auf der Agenda „Denkender“ Menschen.
@77: Tief durchatmen. Tief einatmen – und wieder ausatmen. Sie sind jetzt ganz entspannt. Ihre Augen sind geschlossen. Sie liegen auf einer grünen, sonnigen Wiese, alles fühlt sich gut und warm an. Um Sie herum summen kleine freundliche Nahostexperten. Auch Ihr Computer/Smartphone/Tablet ist ganz entspannt und die Taste für das Ausrufezeichen möchte schlafen, nur noch schlafen…
79
Ein neuer Beitrag von hanno so ganz tiefgründig zum Thema!!!
Ich bin immer entspannt, auch am etwas düsteren samstag morgen, und das Ausrufezeichen(oder auch mehrere) soll halt betonen besonders hinweisen, ist aber nicht gedacht wie durch sie benutzt zur Ablenkung vom Thema.
Wofür steht Ihr Beitrag hier, als Klamauk.
at Hildegard Hardt
Ich bitte um Verzeihung für all die Zweifel, die ich hier geäußert habe. Aber den Vorwurf muss man Ihnen schon machen: Warum haben Sie nicht viel eher das Ergebnis Ihrer Prüfungen mitgeteilt? Das hätte uns doch eine Menge Kommentare ersparen können. Und warum lassen Sie sogar die Experten der UNO weiter rätseln, wenn dank Ihres unbestritten umfangreichen Wissens sämtliche Thesen Lüders´ längst als gesichert zu gelten haben?
Gut, daß Sie sich hier endlich eingeschaltet haben. Die Diskussion kann damit beendet werden, es ist alles geklärt.
@ M.J.GROENEWOLD, #75
»Wie soll Demokratie da funktionieren?«
Genau so. In einer nicht-demokratischen Gesellschaft hätte ein Michael Lüders kaum Gelegenheit, seine Ansichten regelmäßig über Massenmedien, sogar öffentlich-rechtliche, zu verbreiten. Dass er dabei häufig keine Mehrheitsmeinung vertritt und deshalb auch viel Gegenwind bekommt, ist aber ebenso Teil demokratischer Diskussionskultur und Meinungsbildung.
Ich finde es erschreckend, dass das Funktionieren von Demokratie, Presse- und Meinungsfreiheit von vielen vorzugsweise daran gemessen wird, ob sich am Ende die eigene Weltsicht durchsetzt. Ist das nicht der Fall, wird gleich die Demokratie an sich in Frage gestellt. Dieses primitive Demokratie-Verständnis machen sich vor allem Anti-Demokraten zunutze, wie wir gerade weltweit wieder beobachten können.
»Wenn ich lese, muss ich quasi selbst belangloseste Aussagen überprüfen.«
Man sollte dem Drang, jeden Sachverhalt abschließend als schwarz oder weiß, richtig oder falsch zu bewerten und als feste Meinung in sein Weltbild einzupassen, auch mal widerstehen können. Zugegeben, die Existenz nur einer einzigen, allgemeingültigen „Wahrheit“ würde das Leben in mancherlei Hinsicht erleichtern. Aber nicht besser machen.
@ Axel aus B (82)
„Dass er dabei häufig keine Mehrheitsmeinung vertritt und deshalb auch viel Gegenwind bekommt, ist aber ebenso Teil demokratischer Diskussionskultur und Meinungsbildung.“
Keine Mehrheitsmeinung?
Wie kommen Sie zu dieser Aussage?
Was meinen Sie mit Mehrheitsmeinung?
Gibt es zu Lüders Aussagen repräsentative Umfragen, die Sie anführen können?
Oder meinen Sie mit „Mehrheitsmeinung“ jene Meinung, die von den Leitartiklern ausgeht?
Und:
„und deshalb auch viel Gegenwind bekommt, ist aber ebenso Teil demokratischer …“
Das klingt gut.
Sie begehen einen Denkfehler.
Lüders bekommt nicht Gegenwind, weil er sich gegen eine „Mehrheitsmeinung“ stellt, sondern weil er die „geopolitische Schachpartie“ stört.
Richtig?
Gruß Jack
Die etwas aus dem Blick geratene, simple Ausgangsfrage war, ob Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt ist. Und ob diejenigen, die meinen, Lüders überführt zu haben, dabei journalistisch akzeptabel und intellektuell anständig vorgegangen sind.
Fassen wir mal die Fakten zusammen:
1. Lüders vertritt die These, dass die Giftgasangriffe in Ghuta bei Damaskus 2013, wahrscheinlich von Islamisten (Al-Nusra) verübt wurden, mit Unterstützung des türkischen Geheimdienstes MIT.
2. Lüders nennt dafür in einer Livediskussion im Fernsehen, beispielhaft den früheren Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar als Quelle („die ersten die darüber berichtet haben, waren türkische Journalisten – darunter auch Can Dündar“).
3. Die FAS fragt bei Dündar nach. Der erklärt, er selbst habe persönlich solche Berichte nicht verfasst. Lüders Aussagen, schreibt das Blatt unter Berufung auf Dündar, seien „totaler Unsinn“. Unklar bleibt, was damit eigentlich gemeint ist: Dass Lüders Dündar als Quelle angab? Die Vermutung, Islamisten hätten die Sarin-Angriffe von Ghuta 2013 begangen? Die These von der Al-Nusra-MIT-Verbindung?
4. Merkwürdigerweise bemühen sich weder die FAS noch andere, die auf die Geschichte aufspringen (DLF, SPON u. a.), um Klarstellung. Es geht nur noch darum, dass Lüders „Unsinn“ erzählt, seine These nicht belegen kann, offenbar Quellen erfindet usw. Das „gemeinnützige Recherchezentrum“ Correctiv findet sogar heraus, dass Cumhuriyet „nicht über Giftgaslieferungen an die Rebellen berichtet“ hat – was nicht stimmt, wie Correctiv mit einem kurzen Blick ins Internetarchiv der Zeitung hätte herausfinden können.
5. Völlig unter den Tisch fällt, dass seine These von der islamistischen Urheberschaft der Ghuta-Angriffe und der Verstrickung von türkischem Geheimdienst (aber auch anderen, etwa des qatarischen) durch verschiedene Quellen gestützt wird, u. a. von Seymour Hersh in der London Review of Books, aber auch durch Veröffentlichungen in Cumhuriyet über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und Aussagen zweier Oppositionsabgeordneter in der Türkei. Richtig an den „Enthüllungen“ von FAS, correctiv u. a. lediglich, dass die Berichte nicht vom damaligen Chefredakteur Dündar persönlich verfasst wurden. Zwischenfrage: Wie relevant ist das?
6. Unter den Tisch fällt auch, dass die UN-Untersuchung über die Sarin-Angriffe 2013 die Frage „Wer war es?“ nicht beantworten konnte. Es ist also nach wie vor nicht geklärt, welche Seite dafür verantwortlich ist. Lüders bewegt sich mit seiner These also zumindest im Bereich des Möglichen, sicher aber nicht im Reich des „Unsinns“.
Zur Erinnerung: Obama und Kerry behaupteten seinerzeit, sie hätten klare Beweise für die Schuld des Assad-Regimes, weigerten sich aber, diese der UN vorzulegen.
(http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/chemiewaffeneinsatz-in-syrien-putin-verlangt-von-obama-beweise-fuer-assads-schuld-12554352.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2)
Fazit:
All das „beweist“ natürlich nicht, dass Lüders recht hat. Aber es zeigt, dass er sich keinen „Unsinn“ aus den Fingern saugt. Natürlich sind Hershs Berichte kritisiert worden, natürlich wurden die CHP-Abgeordneten heftig angegriffen – was denn sonst? Kann das in einem Krieg anders laufen? Sind sie deshalb widerlegt? Gibt es eine Version der Geschichte, die nicht umstritten ist?
Lüders vertritt streitbare Thesen, aber ein „Fake-News-Verbreiter“ ist er nicht. Diejenigen, die ihn dazu stempeln wollten, haben selbst relevante Informationen grob fahrlässig oder absichtlich verschwiegen. Zum sauberen journalistischen Arbeiten gehört aber, alle relevanten Fakten auf den Tisch zu legen. Tut man es nicht, betreibt man Propaganda. Ob das nun kampagnenmäßig koordiniert geschieht, durch gegenseitiges Abschreiben, konformistischen Herdentrieb („Schwarmintelligenz“) oder aus einem inneren Drang heraus, ist völlig egal.
Nachtrag:
(a) Rückzugsgefechte1.0: Nachdem sich angesichts dieses Umgang mit Lüders Unmut im Netz und den Kommentarspalten der „Enthüller“ (und u. a. zahlreiche Leser auf die Veröffentlichungen von Hersh verweisen), legen die ARD-„Faktenfinder“ einen insgesamt ausgewogeneren Text vor, der sich qualitativ positiv von FAS, correctiv, DLF abhebt. Aber auch hier ist von Anfang an klar, was am Ende herauskommen soll. Zwar wirft der Artikel die Frage auf: „Giftgas-Angriffe unter falscher Flagge? (…) Was spricht für diese Behauptung?“ Doch werden Lüders und Hersh eher knapp referiert, gut zwei Drittel des Platzes räumt man den Argumenten ihrer Gegner ein. Ulkig wird es zum Schluss, wenn auf die (durch Anne Will unwidersprochene) Falschbehauptung der Verteidigungsministerin Bezug genommen wird, die UN-Untersuchung des Ghuta-Vorfalls habe eindeutig die Verantwortlichkeit des Assad-Regimes ergeben. Hier fallen natürlich keine so bösen Worte wie „Unsinn“ oder „Fake-News“. Unsere Faktenfinder schreiben dazu: „auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen konnte bei „Anne Will“ nicht überzeugen“. Ist das nicht putzig?
(b) Rückzugsgefechte2.0: Nebelkerzen werfen, neue, unsinnige Nebenkriegsschauplätze aufmachen, großes Gegreine, auch bei einigen Foristen hier. Überall sind Verschwörungstheoretiker, Putinversteher, Nachdenkseitenleser, Daniele-Ganser-Fans, Antiamerikaner und Leute mit einem Gut-Böse-Weltbild unterwegs. Man wird doch Lüders noch kritisieren dürfen?
Bewertung:
:-)
Hm. Tja. Darf man.
Ich wünsche allen ein schönes Wochenende. Und nicht vergessen: Tief durchatmen.
@ Axel E. aus B. # 82
Ein Beispiel:
http://www.zeit.de/2017/07/exportueberschuss-waehrungsmanipulation-weltwirtschaft-usa
In diesem Artikel stellt der Autor Kolja Rudzio ein paar Thesen in den Raum. Das zu lesen ist interessant. Ob es nun „die Wahrheit“ ist, Blödsinn oder irgendetwas dazwischen finde ich nicht wichtig. Für mich war es eher Blödsinn.
Es geht mir aber jedenfalls nicht darum jeden Sachverhalt abschließend als schwarz oder weiß zu klassifizieren.
Worum es mir geht ist Glaubwürdigkeit. Im Artikel steckt u.a. folgende Behauptung:
„Deutschland hat zum Beispiel nach der Wiedervereinigung ein Jahrzehnt lang mehr ein- als ausgeführt.“ [Außenhandelsbilanz]
Das ist eine glatte Lüge. Ich schreibe Lüge, weil es nicht korrigiert wurde. Das ist es, was mich stört.
Journalisten messen mit zweierlei Maß. Wenn Potus Trump so etwas tut, ist es ein Skandal, alternative Fakten die zum Untergang des Abendlandes führen werden.
Macht es ein Journalist, ist es scheinbar etwas anderes.
Und das ist es, was ich meine, wenn ich schreibe, das kein normaler Mensch Zeit hat alle Behauptungen zu überprüfen. Und genau das ist ein Problem. Wenn ich jede einzelne Aussage in einem Artikel überprüfen muss, jedes Zitat , jede Statistik und jede Gegebenheit, dann sorgt das bei mir für Frust und misstrauen.
Im hier besprochenen Fall werden wir möglicherweise nie erfahren, wer die Chemiewaffen einsetzte. Damit muss man leben.
Was aber nicht geht, ist von Anfang an mit zweierlei Maß zu messen und Herrn Lüders anders vorzustellen, als so ziemlich alle anderen Gäste vorher.
Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Herrn Lüders kritisch zu begegnen ist völlig ok. Seine Argumente und Behauptungen kritisch zu hinterfragen ist vorbildlich. Aber dies nicht in gleicher Weise mit allen Gästen ebenso zu halten ist falsch.
Wenn unsere Verteidigungsministerin eine falsche Behauptung in den Raum wirft, hat sie sich halt geirrt. Wenn Herr Lüders so etwas macht, ist es Manipulation.
MfG
MfG
@Maike:
Ja, wenn man die jeweils aktuelle Kampfzone ein wenig kennt, kann man die Berichte wenigstens noch auf Plausibilität checken.
Eigentlich sind die jeweiligen Artikel inzwischen meist nur noch brauchbar, um daraus die aktuelle Position und Absichten unseres Militärbündnisses abzuleiten. Zur Information taugen sie immer weniger. Geht es in Weltgegenden, die ich gar nicht kenne, helfen sie mir auch gar nichts mehr, da fühle ich mich auch nach der Lektüre der einschlägigen Pressebericht hier weiterhin völlig ahnungslos. (HongKong war zuletzt so ein Beispiel). Das kann ich nur hoch ultraskeptisch lesen. Wo ich früher mit einem Vertrauensvorschuss gelesen habe, dominiert heute der Misstrauensvorschuss.
Syrien jedenfalls galt unter Backpackern, Orient/Levante-TourRadlern und vielen Bewohnern verschiedener Länder dort bereits vor 15 bis 10 Jahren als (verdammt reizvolles) Ziel, das man schnell ansteuern muss, weil alle einen Angriff der USA nur als Frage von Zeit und Gelegenheit sahen. Oder im O-Ton: Besuche Syrien schnell, solange es noch steht/geht.
Wer sich allerdings deren TV mal ansieht erkennt, dass es auch dort unerträgliche Bilder von dahingemetzelten Menschen und emotionale Bilder von toten Kindern zu sehen gibt, die es schwer machen, untätig zu bleiben. Da sind die Täter aber unsere Militärs und Politiker.
Wenn ich an Reichelt bei Plasberg denke und wie er für einen Angriffskrieg in Syrien trommelte (weil nicht untätig bleiben können und so):
Was dürfte wohl sein gespiegeltes arabisches Medien-Alter-Ego dort so fordern? Bombenstimmung überall.
Was mich wirklich deprimiert ist diese Natürlichkeit mit der man sich der Eskalation der Scharfmacher auf beiden Seiten nicht mehr widersetzt.
Das wird noch viele Leben kosten. Und der Logik des Israel-Palästina-Konfliktes der letzten 20 Jahre folgen.
Die Bestgeeigneten, die etwas dazu beitragen könnten, diese Todesschleifen zu durchbrechen, sitzen in den Ressortleitungen und Verlagen. Die haben sich aber fürs Gegenteil entschieden. Und damit werden sie mitverantwortlich. Bis heute ist mir nicht recht klar, ob die die Tragweite ihrer Mitverantwortlichkeit wirklich kapieren.
@Thomas:
Die Gesamtaussage von Lüders ist, dass noch niemand beweisen kann, wer für die großen Giftsgasanschläge in Syrien verantwortlich ist (Zitat: #7). Dass er in seinem wörtlichen Vortrag ungenau war – das von ihnen genannte gehört dazu – hat er selbst später eingeräumt. Dafür Mensch zu sein können sie ihn natürlich verdammen. An seiner Gesamtaussage ändert das jedoch nichts – egal wie sie es drehen und wenden.
Michael Lüders hat generell für seine Aussagen mehr Quellen angeführt, als sie ihm unterstellen. Auch wenn sie ihre Augen davor heftigst verschließen bleibt das so.
Stefan Niggemeier schreibt nach Gespräch mit Can Dündar:
„Die Berichte über Waffenlieferungen, auf die sich Lüders bezieht, existieren aber nach Aussage Dündars wirklich – er hat nur den falschen Autor genannt. Als Beweis dafür, dass ihm nicht zu trauen ist, taugt die ganze Episode nicht.“
Glaube ich jetzt Herrn Niggemeier, der mit Herrn Dündar gesprochen hat oder ihnen? Wenn nur alle Fragen im Leben so leicht zu beantworten wären…
In Sachen „Kampagne“-Kritik an Stefan Niggemeier: Im Duden ist nicht definiert wie viele Beteiligte es für eine Aktion braucht, damit sie als Kampagne gelten darf. Des Weiteren ist da nicht definiert wie eine solche Kampagne sich formt (ob es da z. B. persönliche Absprachen braucht, e.t.c.). Die Standards, denen sich Herr Niggemeier ihrer Meinung nach unterwerfen soll sind also ihre, nicht die des Duden.
Im Übrigen sind die Einseitigkeiten bei Tagesschau.de offensichtlich. Allein schon die Tatsache, dass ein ungenauer Nahost-Experte in einer Unmenge an Absätzen behandelt wird, eine die Unwahrheit sagende Verteidigungsministerin, die einen Völkerrechtsbruch gut findet in nur wenigen Zeilen.
at Jörn Boewe:
Manches fällt hier schnell unter den Tisch. Zum Beispiel auch, wie Sie versucht haben, Journalisten mit anderer Meinung zu diskreditieren („…Schlampigkeit aus Konformismus. Wenn Sie halbwegs fleißig das Weltbild der bürgerlichen Mitte reproduzieren, können Sie in diesen Läden Ihrer Karriere gar nicht schaden.“) Das ist schon perfide, wie Sie hier Lüders-Kritiker als angepaßte Lohnschreiber darstellen wollen.
„Die etwas aus dem Blick geratene, simple Ausgangsfrage war, ob Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt ist.“
Das ist eine überspitzte Frage von Stefan Niggemeier. Bis auf die „Bild“ kann ich nirgendwo erkennen, daß eine Redaktion sich das zum Ziel gesetzt hat. Auch das biegen Sie, Herr Boewe, sich etwas zurecht.
„Merkwürdigerweise bemühen sich weder die FAS noch andere, die auf die Geschichte aufspringen (DLF, SPON u. a.), um Klarstellung.“
Ist es weiterhin für Sie nicht ebenso merkwürdig, daß ein Investigativ-Reporter wie Lüders sich nicht von vornherein um Klarstellung bemüht hat? Ach nee, das war ja nur eine Ungenauigkeit, welche Sie seinen Kritikern nicht zugestehen wollen.
„Richtig an den „Enthüllungen“ von FAS, correctiv u. a. lediglich, dass die Berichte nicht vom damaligen Chefredakteur Dündar persönlich verfasst wurden. Zwischenfrage: Wie relevant ist das?“
Weil auch diese Berichte nicht die Sarin-Lieferungen als Faktum dargestellt haben, so wie Lüders es behauptet. Wenn Sie das als nicht relevant betrachten, haben Sie ihren Beruf verfehlt.
„Unter den Tisch fällt auch, dass die UN-Untersuchung über die Sarin-Angriffe 2013 die Frage „Wer war es?“ nicht beantworten konnte.“
Das fiel vor allem bei Herrn Lüders unter den Tisch, der uns ja mehrfach im TV weismachen wollte, daß alle Indizien in eine Richtung deuteten. Herr Lüders hat eben NICHT von offenen Fragen gesprochen, sondern sich selbst so dargestellt, als ob er die Antwort kennt.
„Natürlich sind Hershs Berichte kritisiert worden, natürlich wurden die CHP-Abgeordneten heftig angegriffen – was denn sonst? Kann das in einem Krieg anders laufen? Sind sie deshalb widerlegt?“
Würde Herr Lüders uns die Zweifel an den Darstellungen von Hersh mitteilen, dann könnte man ihn seriös nennen. Macht er aber nicht. Er tut so, als ob Hershs Recherchen faktisch erwiesen seien. Mehr noch: im Fernsehen erwähnt er nicht einmal, daß es sich um die Arbeit von Hersh handelt. Er tut so, als ob er die Geheimdienstberichte selbst kennen würde.
„Zum sauberen journalistischen Arbeiten gehört aber, alle relevanten Fakten auf den Tisch zu legen. Tut man es nicht, betreibt man Propaganda.“
Genauso ist es, Herr Boewe. Nach Ihnen, bitte.
at Mathias:
„Die Berichte über Waffenlieferungen, auf die sich Lüders bezieht“
Pardon, Lüders bezieht sich nicht auf Berichte zu „Waffenlieferungen“, sondern auf Berichte, in denen es um Belege für Giftgas-Lieferungen gehen sollte. Mag für manche Jacke wie Hose sein, für mich nicht.
„Im Duden ist nicht definiert wie viele Beteiligte es für eine Aktion braucht, damit sie als Kampagne gelten darf.“
Jetzt wird es kindisch. Ja, wen meint denn Herr Niggemeier damit, wenn er auf Facebook sagt: „Die Kampagne gegen Michael Lüders hat einen Haken“ und dann diese nennt: FAS, ARD, SPON, Correctiv, „Bild“?
@ Nr 70 und Nr 73 von LLL
Gute Tag LLL. Schön das Sie in die Diskussion einsteigen und zu dieser etwas beitragen. Nun dann wollen wir diskutieren.
-Das Thema Erdem-
Das es den Fall gibt, kann ja durch türkische Medien (nicht nur der Cumhuriyet) nach verfolgen.
Was jetzt aber von Herrn Abgeordnete Eren Erdem genau stimmt weiß man nicht.
Ob er jetzt lügt, Halbwahrheiten aufbauscht, etwas falsch interpretiert oder die Wahrheit sagt kann ich ihnen nicht sagen, ich kann aber sagen das bis jetzt die letzte Möglichkeit leider noch die mit der geringsten Wahrscheinlichkeit ist.
Sie schreiben das Herr Erdem gerade eine Lebensversicherung in Form von zurückgehaltenen Beweisen braucht.
Das kann ich sogar gut glauben, nur hier geht es nicht nur um Eren Erdem gegen die türkische Staatsmacht, hier steht der Staatsapparat einer Masse an Oppositionelle, investigative Journalisten, Hackergruppen und (dazu später mehr) Staaten gegenüber.
Herr Erdem braucht nur der Anfang sein und danach niemals mehr was machen.
Aber bis jetzt, ist eben in der Sache kein Indiz dazu gekommen, keine Dokumente, Aufnahmen oder Augenzeugenberichten… nicht nur von großen ganzen, sondern auch von Einzelheiten, keiner hat z.B verdächtige Transporte oder Einkäufe gesehen.
Das zu einer Zeit, wo Erdorgan noch nicht so autoritär sein Land führen konnte wie jetzt.
Um jetzt zum Hochverrat, und den oben angedeuteten anderen Staaten zu kommen. Eren Erdem hat seine Behauptungen nicht nur in türkischen Zeitungen veröffentlicht… er hat, wie Sie selber wissen,im Dezember 2015 RT Russian ein Videointerview gegeben, und dort noch mal Intras(Das eben ermittelt wurde) preis gegeben.
Zur Erinnerung, keine zwei Monate zuvor schoß die Türkei eine russische Militärmaschine unter fadenscheiniger Begründung ab. Die Beziehungen der beiden Länder waren wohl am Tiefpunkt angelangt.
Also ersten, ich kann verstehen das die Türkei beim selbst eingeredete “Feind“ ein Exempel statuieren wollte.
Zweitens, der Abgeordnete muss schon verdammt mutig gewesen sein um dort aufzutreten.
Drittens, selbst nach dem dort Eren Erdem ein Exklusiv-Interview führte tauchten keinerlei Beweise oder Indizien für seine Behauptungen auf.
Obwohl wahrscheinlich Russland ganz froh gewesen wäre einen Mitspieler in Syrien rauszunehmen und die syrischen Rebellen endgültig als Kriegsverbrecher zu enttarnen.
Herr Erdems Behauptungen stehen immer noch unbestätigt im Raum.
Schade, den egal wie weitere Recherchen in diesen Fall ausfallen würden, sie würde endlich ein wenig Klarheit bringen.
-Zum Hurriyet-Fall-
Ich bin jetzt ehrlich gesagt ein wenig ratlos, da jetzt massiv zusammengemischt wird, was eigenständig sein sollte. Wahrscheinlich hab ich hier selber nicht präzise genug ausgedrückt und streng genug auseinander gehalten. Ich bitte um Entschuldigung dafür.
Ich möchte aber auch entwirren:
-Ich habe mich auf die in der Nachdenkseite von Herr Lüder angegeben Quelle bezogen.
-Genau benannt wäre dies der Artikel der Hurriyet von 18. 12. 2016, verfasst von Tolga Tanis.
-Dieser hat das Thema das Chemikalien für den KONVENTIONELLEN Sprengkörper-, und Munitionsbau und Treibstofffertigung durch türkische Schmuggler in den Gebiete des IS.
Also, dieser Artikel liefert wieder keinen Beweis das Giftgas, oder Komponenten, in Rebellengebiet geschmuggelt wurde. Er hat auch nichts mit Herr Erdems Behauptungen zu tun. Und es ist nicht das Thema ob die Hurriyet jetzt noch andere Artikel haben wo vielleicht das Thema Giftgas angeschnitten wird.
Hier geht es darum das Lüders wieder Quellen bringt, die für seine These überhaupt nichts zu sagen haben. Anscheinend findet er es nicht nötig das er überhaupt sich ein paar Minuten Zeit nimmt um sie zu überprüfen.
Und nein, es ist kein guter Journalismus wenn man sagt “Aber wenn ich dann selber suche finde ich dann schon was“…
Ich hoffe das Thema hat sich geklärt.
-Als, für diesen Beitrag, letztes Thema: Die Causa Niggemeier-
Ausgehend von den Darstellungen oben beschrieben, seiht man wie dürftig der Übermedienbeitrag geschrieben ist.
Auch ein Herr Niggemeier hätte innerhalb einer Minute die Quelle nach recherchieren können. Was ich von einen Projekt das den Spruch “Medien besser kritisieren“ eigentlich schon erwarte.
Das ist ärgerlich. Dreist wird es dann wenn es zu einer Verkürzung wie bei Herr Niggemeier kommt.
Sie haben ja selbst die Texte gegenübergestellt. Finden sie da nicht den Unterschied?
Wie schon in einen Beitrag vorher von mir dargestellt:
Herr Lüders schiebt noch ein “für die Waffenproduktion“ ein. Das lässt immerhin Interpretationsspielraum. Bei Waffenproduktion kann alles bedeuten, egal ob Schreckschussmunition oder atomarer Gefechtskörper.
Herr Niggemeier, streicht diesen wichtigen Einschub… und heraus kommen, in einen Artikel der sich nur um die Giftgasfrage dreht, “Chemikalien für den IS“.
Er lässt keine andere Leseart zu als “Die Hurriyet berichtete über Schmuggel von Chemikalie die für die Herstellung von C-Waffen benötigt wird“ Was so überhaupt nicht stimmt.
Jeh öfter ich darüber nachdenke, desto wütender werde ich. Den das ist, und ich glaube dass ist hier die schärfste Kritik, BILD-Niveau!
Ich hoffe ich habe Ihnen Punkte da gebracht über die man diskutieren kann und hoffe die Erwiderung ist nicht zu lange ausgefallen.
es gibt medien – in ihrer ganzen vielfalt.
einzig relevant sind jedoch die unparteiisch seriösen medien, die tatsachen berichten. dazu gehört auch ein freier zugang zu dokumenten, die diese belegen können.
und dann gibt es die medienkritik, welche sachlich und ohne ansehen der person jede art von widersprüch aufdeckt und hinterfragt. dies sollte ganz besonders für mächtige und einflußreiche personen gelten und dort wieder ganz besonders für „demokratisch legitimierte politiker“ mit umfassenden machtbefugnissen durch die bürger.
und dann gibt es die freie und kreative phase der hypothesen, an der sich jeder, der von den ereignissen hört, aus berechtigtem öffentlichen interesse beteiligen kann und eine bedingungslose aufklärung einfordern.
solange dies nicht umfassend geschehen ist, ist die größte frechheit, dieses zu verhindern, zu verbiegen und zu manipulieren bzw. alle daran beteiligten zu schützen und zu verschweigen und sich anzumaßen das ergebnis schon VORHER zu wissen und auch noch als WAHRHEIT – die keinen widerspruch duldet – zu behaupten.
das ist kriminell – das ist mittelalter – das ist inquisition – aber auch irgendwie voll im zeitgeist der double-bind-schizophrenie die häßlich macht -und wenn man sich nicht laut lachend davon abwendet, kann sie ansteckend sein und schreckliche nebenwirkungen entfalten. beachten muß dies jeder ganz SELBSTstverantwortlich .
@Thomas:
Nicht erst in ihrer Antwort auf Jörn Boewe argumentieren sie übertreibend unsachlich und werden teilweise – wie ich finde – unangenehm persönlich.
Und generell setzen sie bei Michael Lüders einen extrem hohen Maßstab an – er darf sich so gar keinen Fehler erlauben – wohingegen Mainstream-Medien dem nicht unterworfen werden.
Deshalb zu #89 nur kurz:
Giftgas ist eine Waffe. Dündar bestätigt Lüders.
Kindisch ist es bereits (siehe oben).
Was Stefan Niggemeier meint hat er verständlich geschrieben. Was ich meine habe ich verständlich geschrieben. Wenn sie noch etwas nicht verstanden haben, dann lesen sie bitte an den enstprechenden Stellen.
@Chrisitan Perzl:
Wir sind hier bei „ÜberMedien“ – nicht bei „ÜberGiftgas“ oder „ÜberLüders“ oder „ÜberSyrien“ oder so.
Der Artikel zu dem sie kommentieren hat die Überschrift: „Ist Michael Lüders, als „Fake-News-Verbreiter“ überführt?“.
Zum Inhalt hat der Artikel, ob Lüders das ist, weil gesagt hat, dass Can Dündar seine Thesen stützende Berichte veröffentlicht hat.
Um mehr geht es in diesem Artikel nicht.
Über Lüders Thesen kann man natürlich diskutieren. Ein Artikel, der den Inhalt von Lüders Thesen gar nicht zum Inhalt hat, sondern nur die Berichterstattung darüber ist dazu aber wenig geeignet.
Auf keinen Fall sollte man aber den Autor des Artikels dafür in die Pflicht nehmen, Thesen zu Giftgasangriffen inhaltlich zu verifizieren. Stefan Niggemeier hat es ganz klar nicht nicht zur Aufgabe gemacht, Thesen von Michael Lüders zu beweisen. Er behauptet auch nichts dergleichen.
Ausserdem gilt: Eine sachliche Diskussion ist nur möglich, wenn Diskutanten sachlich bleiben. Ein Vergleich von Übermedien mit der Bild ist klar erkennbar bösartig polemisch. Er ist auch völlig unsachlich. Lassen sie uns sachlich bleiben.
at Mathias:
„Und generell setzen sie bei Michael Lüders einen extrem hohen Maßstab an – er darf sich so gar keinen Fehler erlauben – wohingegen Mainstream-Medien dem nicht unterworfen werden.“
Für Sie gilt es vice versa.
„Giftgas ist eine Waffe. Dündar bestätigt Lüders.“
Messer sind ebenfalls Waffen, somit Ihrer Sprachlogik zufolge auch gleichzusetzen mit Giftgas. Sie sollten sich beim Minitrue bewerben.
Interessant an dieser Debatte ist, dass diese zeigt, wie indoktriniert die Mehrheit im Westen sein muss, obwohl man selber keine Beweise liefern kann, jedenfalls belastbare, dass hier Assad der Täter war, werden Menschen, die hier deshalb nur Zweifel öffentlich machen, sofort diskreditiert. Na und kann ich da nur sagen, wir im Westen haben ja auch keine Probleme, wenn auf nachweisliche Lügen, fremde Länder überfallen wurden und Millionen Getötet? Diese Lügen können tödlich sein, die Kritik an der einseitigen Berichterstattung im Westen nicht.
Schlimmer noch, nicht ein Krieg den der Westen geführt hat, oder noch führt, basierte auf Beweise, sondern auf Lügen. Alleine seit dem Ende des 2 WK hat der Westen mehr als 40 illegale Kriege mit Millionen Getöteten auf Grund von Lügen geführt, aber Menschen die das zu Recht hinterfragen, werden öffentlich als „Verschwörungstheoretiker “ an den Prang gestellt?
Im Westen ist man bereit, jeden Kriegsverbrecher, und das waren und sind alle westlichen Verantwortlichen, die illegale Kriege, Putschs, Drohnen Bomben zu verantworten haben? Der Raketenangriff von Trump, war eine schwere Völkerrechtswidrige Straftat, und gehörte nach Den Haag? Statt dessen wird noch für das Morden applaudiert?
Hier liegen die Beweise vor, um Trump und andere in Den Haag anzuklagen? Wie verlogen und indoktriniert muss man im Westen sein, wenn der Westen nur den Splitter im Auge des Anderen sieht, den Balken im eignen Auge nicht?
Wie indoktriniert, muss man im Westen sein, wenn man die Zusammenhänge der westlichen illegalen Kriegen, und den Flüchtlingen und Terroranschläge im Westen leugnet?
Ich bin jedenfalls froh, dass es noch Menschen gibt, die sich nicht den Lügen des Mainstreams anpassen, und die Finger in die Wunde legen. So wie auch Todenhöfer oder Jean Ziegler der in seinem Buch sehr treffend beschrieb was der Westen ist: „Der Westen ist ein Imperium der Schande“ Chapeau Herr Ziegler Todenhöfer, Lüders, Nachdenkseiten, und andere lasst euch nicht vom Mainstream mundtot machen.
Man kann sich nicht des Eindrucks verwehren, dass hier eine breit aufgestellte Kampagne gegen Lüders gefahren wird. Anders sind die seltsam formulierten Fragen der FAS an Dündar kaum zu erklären. Und anders ist es auch nicht zu erklären, dass BILD mit vollem Vorsatz wieder einmal mit haltlosen Unterstellungen gegen Lüders agiert. Danke an die Kollegen von Übermedien für die Folge Recherchen . Quelle Nachdenkseiten
@ 90:
Erlauben Sie mir bitte aus Zeitgründen, dass ich nicht ganz so lange antworte; es soll nicht unhöflich wirken.
– Erdem hat ja ganz offenbar auch konkrete und – zumindest durch die türkische Regierung – leicht zu widerlegende Behauptungen aufgestellt. Beispielsweise hat er ein Aktenzeichen genannt, eine Stadt, einen Generalstaatsanwalt.
(- Wenn er das alles erfindet, nicht aus dem Ausland heraus sondern in der Höhle des Löwen, müsste man wohl nach seiner geistigen Gesundheit fragen.)
– Wenn er als vertraulich eingestufte Akten unbefugt der Weltpresse zugänglich machen würde, dann dürften seine Chancen, verurteilt zu werden, wohl deutlich „ansteigen“. Dies reicht m.E., um sein Verhalten unter der Annahme, dass er die Wahrheit sagt, erklärbar zu machen.
Können Sie mir den Artikel von Tanic verlinken? Ich konnte ihn nicht finden (türkisch kann ich nicht). Übrigens könnte es auch sein, dass er zwei Artikel an einem Tag verfasst hat – das wäre ja nachprüfbar.
„Finden sie da nicht den Unterschied?
Wie schon in einen Beitrag vorher von mir dargestellt:
Herr Lüders schiebt noch ein ‚für die Waffenproduktion‘ ein. Das lässt immerhin Interpretationsspielraum. Bei Waffenproduktion kann alles bedeuten, egal ob Schreckschussmunition oder atomarer Gefechtskörper.“
Tut mir leid, das leuchtet mir absolut nicht ein. Nochmals die Zitate. Lüders:
„Can Dündar verwies in dem Zusammenhang darauf, dass die Zeitung Hürriyet am 18. Dezember 2016 über die Lieferung von Chemikalien aus der Türkei an den ‚Islamischen Staat‘ berichtet habe, die zur Waffenproduktion benutzt worden wären.“
Niggemeier:
„Nach Angaben von Lüders betonte Dündar ihm gegenüber auch, dass auch die Zeitung ‚Hürriyet‘ Ende vergangenen Jahres über die Lieferung von Chemikalien aus der Türkei an den ‚Islamischen Staat‘ berichtet habe“
Erstens scheint es mir vom Kontext her auf der Hand zu liegen, dass mit „Waffenproduktion“ die Produktion von Giftgas gemeint ist.
Zweitens – wenn wir den Kontext mal völlig ausblenden und von der pragmatischen auf die rein semantische Sprachebene wechseln – ist Niggemeiners Formulierung „Lieferung von Chemikalien“ doch sogar „harmloser“ als Lüders Rede von „Chemikalien, die zur Waffenproduktion benutzt“ wurden. Niggemeier behauptet – formal betrachtet – nicht nur nicht, dass [laut Dündar, berichtet von Lüders] die Chemikalien für Sarin verwendet wurden; genau genommen behauptet er noch nicht einmal, dass die Chemikalien überhaupt einen militärischen Zweck hatten. Letzteres hingegen sagt Lüders ausdrücklich. Insofern eröffnet Niggemeiers Formulierung rein semantisch betrachtet nicht nur die gleichen, sondern sogar viel größere Interpretationsspielräume als die von Lüders.
Das kann ja auch gar nicht anders sein, da Niggemeiers Formulierung der Aussage von Lüders inhaltlich nicht nur nichts hinzufügt, sondern tatsächlich informationell „ärmer“ ist. (Lüders behauptet X, Y und Z, Niggemeier nennt nur X und Y – wobei Z hier der militärische Verwendungszweck der Chemikalien wäre.)
Je weniger man behauptet (resp. an Informationen gibt), desto mehr Interpretationsmöglichkeiten eröffnet man aber, und vice versa. Der Begriff „eine schwarze Katze“ etwa umfasst mehr Katzen als der Begriff „eine schwarze Katze im Alter von vier Jahren“. Wenn jemand also nur von einer „schwarzen Katze“ spricht, habe ich ergo mehr (!) Interpretationsmöglichkeiten, als wenn jemand weitere Spezifikationen hinzufügt.
Wobei diese „kontextlose“ Betrachtung aus meiner Sich aber keinen Sinn ergibt. Denn es ist vom Zusammenhang her ja völlig klar, was hier gemeint ist – und es besteht kein Zweifel, dass sowohl Lüders wie Niggemeier hier natürlich davon ausgehen, dass Dündar hier von Chemikalien spricht, die für die (mutmaßlich) Giftgasproduktion verwendet wurden (oder verwendet werden sollten).
Übrigens:
Was wäre wohl passiert, wenn Lüders behauptet hätte, dass der UNO-Bericht zu Ghuta klar den Rebellen die Schuld zuweist und das Assad-Regime freispricht?
Da von der Leyen und Theveßen genau diese Falschbehauptung ja aufgestellt haben, ohne dass es eine Welle der medialen Entrüstung gegeben hätte, kann die Antwort nur lauten: Man hätte diesen Fehler von Lüders gar nicht weiter beachtet.
Ist das nicht witzig? Lüders irrt sich in einer relativen Kleinigkeit (bestimmte Berichte, von denen er spricht, sind nicht vom Chefredakteur persönlich verfasst worden, sondern nur unter seiner Ägide erschienen; darauf hin bekommt viel Kritik und seine Seriosität wird ihm teilweise abgesprochen; hätte er sich hingegen die Ungeheuerlichkeit geleistet, zu behaupten, dass die UNO Assad frei gesprochen und den Rebellen die Schuld gegeben hat, dann wäre das gar kein Aufreger.
Das zumindest ist jedenfalls die einzige vernünftige Schlussfolgerung, wenn wir von der Prämisse ausgehen, dass die Mainstream-Medien zumindest einigermaßen sachlich, neutral und ausgewogen arbeiten. Oder etwa nicht? Und andere Prämissen wollen wir lieber gar nicht in Betracht ziehen, denn sie wären deprimierend.
Auch lesenswert: Dieser Blog-Beitrag von Ulrich Teusch. Teusch macht sich über Correctiv lustig und erklärt, dass Lüders grundsätzliche Sichtweise auch von vielen anderen namhaften internationalen Experten geteilt wird, auch wenn die in den deutschen Medien nicht auftauchten. Bezogen auf den deutschsprachigen Raum:
„…Lüders, Scholl-Latour, Leukefeld, Meyer – allein diese vier Personen bringen weit mehr Syrien-Sachverstand auf die Waage als die gesamte ‚ARD-aktuell‘-Redaktion, von der ‚Anne Will‘-Redaktion ganz zu schweigen.“
https://augenaufunddurch.net/2017/04/17/keine-argumente-nur-miese-tricks/#more-1775
at Illoinen:
Nirgendwo werden „Menschen, die hier deshalb nur Zweifel öffentlich machen, sofort diskreditiert“. Wir sprechen seit Tagen darüber, daß es ein Journalist eben nicht bei einem – durchaus berechtigten – Zweifeln beläßt, sondern zu wissen vorgibt, wer die Täter waren. Ich nehme aber leider an, daß der Unterschied für Sie schwer verständlich sein wird.
Ich bin ganz bei Ihnen, wenn es um die zahlreichen Kriege und Völkerrechts-Verstöße des Westens geht. Nur: wie weit im Osten muß man eigentlich stehen, um wirklich kein einziges Wort über ähnliche Verbrechen Rußlands und auch Chinas zu verlieren?
Die „Lügen des Mainstreams“, natürlich, das gehört dann noch dazu. Vielleicht war es auch das, was Stefan Niggemeier bewirken wollte, als er derart leichtfertig von einer „Kampagne“ sprach?
An @89. Damals erschienen in einigen linken türkischen Zeitungen Berichte, die besagten, die Polizei habe im Raum Adana/Mersin (ein einziges zusammenhängendes Ballungsgebiet) mehrere Al-Quaida-Sympathisanten festgenommen und bei denen Sarin gefunden. Darüber war damals auch was in Cumhurriyet, in den türkischen Massenzeitungen aber nichts. Wer das Land kennt weiß dass man nun ein wenig abwarten muss.
Nur zum Verständnis: stellen Sie sich bitte mal vor was hier los wäre wenn man Leute, die man für Islamisten hält, mit Sarin erwischt hätte!
Viel später ergab sich dann Folgendes: die beteiligten Polizisten erhielten keinen Großen Vaterländischen Verdienstorden. Sie wurden entlassen. Der Staatsanwalt ebenso. Gegen ihn wurde wegen Landesverrat ermittelt. Das gleiche geschah dann mit Herrn Erdem. Die Verdächtigen wurden auf freien Fuß (!) gesetzt und verschwanden sofort nach Syrien. Wo das Sarin verblieben ist weiß man nicht.
Damit hat der Staat, vermutlich wegen reiner Dummheit irgendeiner untergeordneten Kraft, sich erstens als Partei zu erkennen gegeben und zweitens den Sachverhalt nolens volens bestätigt. Denn bei einem Versehen in der Ermittlungsarbeit, die Verdächtigen wären dann unschuldig, kann man dem Staatsanwalt keinen Vorwurf machen, Herrn Erdem auch nicht. – Und damit ist die Lesart von Lüders bestätigt und nicht etwa widerlegt.
Der Name Erdem taucht wieder in anderem Zusammenhang hier auf:
https://komnews.org/electoral-council-under-threat-kurdish-votes-stolen-in-turkey-referendum/
Aber das ist eine andere Geschichte.
@Thomas:
„Wir“ sprechen seit Tagen (ach was: seit Jahren) davon, dass sie anderen Aussagen in den Mund legen, die so nicht getätigt wurden – nur um sich dann darüber aufregen zu können.
Leider braucht man grosse Hände mit sensiblen Fingerkuppen, um das seinem Wert entsprechend zu begreifen…
Und sie haben absolut Recht: russische Kriegsverbrechen werden nie thematisiert. Es ist ein Skandal, dass wirklich niemand hier zu Lande darüber spricht, dass Russland in Syrien auch Bomben auf Zivilisten schmeisst!
Von jetzt an sollten wir jede Talk-Show davon handeln lassen – nicht wie bisher jede zweite…
(Apropos, Talk-Show: wissen Sie wer zuletzt bei Anne Will russische Kriegsverbrechen kritisiert hat? Michael Lüders! Ja, der Lüders. Der ist nicht glaubwürdig. Das wissen wir ja. Immer einseitig auf die Amerikaner drauf!)
Ja und was Herr Niggemeier leichtfertig bewirken will? Bestimmt genau das! Oder das jetzt! Oder etwas anderes… egal!
@Thomas (99):
Sie schreiben:
„… sondern zu wissen vorgibt, wer die Täter waren. “
Bei Lanz sagte Lüders:
„Nach allem, was wir bislang vermuten dürfen und was als gesichert wohl zu gelten hat…,“
„vermuten dürfen“
„als gesichert WOHL zu gelten“
Wissen vorgibt, wer die Täter waren?
Tut das Lüders?
Habe ich etwas verpasst?
Hinzu kommt:
„Was den Giftgaseinsatz 2013 anbelangt, so bewegen wir uns auf der Ebene von Indizien, eine eindeutige Beweislage gibt es nicht…“
So Lüders gegenüber den Nachdenk-Seiten.
Warum erwähnen Sie das nur einmal vorne unter 4 und nun ignorieren Sie die Aussage?
Außerdem noch Verweis auf 66.
Servus
Jack
„Ich definiere da keinen eigenen Standard, mein Herr, ich gebe lediglich einen Hinweis auf die in diesem Land anerkannte Bedeutung eines Wortes. Wenn Sie allerdings den Duden als nicht maßgeblich erachten, dürfte ein weiterer Diskurs problematisch werden.“
Ich frage mich seit wann genau der Duden maßgeblich für Wortbedeutungen ist. Liest man komischerwese immer öfter in diesem Internetz als sogenannter Beleg: „der Duden definiert….“. Der Duden ist immer noch ein Rechtschreibwörterbuch, keine staatliche Stelle für Wortdefinitinonen.
Nur ein kleines Addendum zu einer (soweit ich sehen kann) weiteren irreführenden Quellenangabe von Lüders: Im Talk mit Anne Will verweist er auf ein Interview mit Obama im Atlantic, in dem Obama angeblich seine These (dass Obama auf den Giftgaseinsatz 2013 nicht militärisch reagierte, weil die Geheimdienste ihn sozusagen in letzter Minute aufgrund von Zweifeln an der Täterschaft) unterstütze.
„Das war ein langes Interview mit „The Atlantic“ in dem Obama selbst darauf hingewiesen hat: Das ist alles nicht so gewiss.“
Das Interview müsste folgendes, sehr ausführliches sein:
https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2016/04/the-obama-doctrine/471525/
Im gesamten Interview finde ich keine einzige Stelle, die Lüders‘ Behauptung belegen würde. Obama erwähnt nichtmal den Ort Ghouta.
Obama sagt lediglich Dinge wie: „“The overwhelming weight of conventional wisdom and the machinery of our national-security apparatus had gone fairly far. The perception was that my credibility was at stake, that America’s credibility was at stake. And so for me to press the pause button at that moment, I knew, would cost me politically. “ Er sagt nirgends, dass seine Überlegungen auf Zweifel an der Täterschaft zurückzuführen wären. Vielmehr legt er strategische Überlegungen als Begründung für seine Entscheidung, einen anderen Weg zu gehen, dar.
Fazit: Bei Lüders häufen sich leider die Fälle von irreführendem Umgang mit Quellen.
Oder habe ich hier etwas überlesen und jemand kann mich eines Besseren belehren?
@ Thomas, 90:
„Wir sprechen seit Tagen darüber, daß es ein Journalist eben nicht bei einem – durchaus berechtigten – Zweifeln beläßt, sondern zu wissen vorgibt, wer die Täter waren.“
In der Tat sprechen wir nur über EINEN Journalisten. Es gibt zwar unzählige Journalisten, die mit weit weniger Vorsicht und Konjunktiv als Lüders zu wissen vorgeben, wer der Täter war (nämlich das Regime). Nur über die spricht keiner, schon gar nicht seit Tagen. Die stehen auch an keinem medialen Pranger und müssen sich nicht von der Zeitung mit den vier Buchstaben verunglimpfen lassen. Ganz im Gegenteil sind es genau solche Leute, die den medialen Pranger „betreiben“ und Lüders verunglimpfen.
Der Chefredakteur einer türkischen Zeitung verfasste Artikel zu Waffenlieferungen nach Syrien. Speziell über Giftwaffen schrieb er persönlich zwar nicht; man darf aber bei so heiklen Veröffentlichungen aber wohl davon ausgehen, dass der Chefredakteur sie sorgfältig geprüft und abgesegnet hat.
Lüders hatte nun irrtümlich behauptet, dass der Chefredakteur selbst auch Artikel über Chemiewaffen verfasst habe.
Das ist bedauerlich. Und Lüders hat diesen Fehler ja auch selbst bedauert und betont, dass er es im Buch richtig beschrieben habe, dass er sich da aber falsch erinnert habe. Ich halte das für glaubwürdig; denn irgendeinen großen argumentativen Vorteil würde ihm eine solche doch relativ unbedeutende Falschdarstellung eh kaum bringen. Viel größer wäre das Risiko, dass man das gegen ihn verwendet und ausschlachtet – wie ja auch geschehen.
Nun mal eine Frage: Was glauben Sie, was erst los wäre, wenn Lüders behauptet hätte, dass die UNO das syrische Regime von dem besonders verheerenden Giftgas-Einsatz in Ghuta freigesprochen hätte? Und dass es stattdessen die Rebellen verantwortlich gemacht hätte?
Das wäre dann keine „Ungenauigkeit“ mehr, sondern eine Falschdarstellung von wirklich großem Gewicht. Lüders hätte in diesem Fall nämlich zu Unrecht die Autorität der UNO für seine Thesen in Anspruch genommen. Hier hätte Lüders sich dann in der Tat einen sehr großen argumentativen Vorteil „erschlichen“.
Stimmen Sie mir zu, dass er in diesem Fall höchstwahrscheinlich erst recht als unseriöser Fake-Produzent dargestellt worden wäre (und das sicherlich auch mit weit mehr Recht)?
Von der Leyen und Theveßen haben genau das gemacht (und vermutlich andere auch), nur unter umgekehrten Vorzeichen. Ein Sturm der Entrüstung brach nicht aus, soweit ich das sehe.
Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?
@LLL, 105: Sie stellen genau die richtigen, auf der Hand liegenden Fragen. Wenn Sie darauf von Thomas eine sachliche Antwort bekommen, geb ich Ihnen beiden einen aus.
@ Mark, 104: ja, Sie haben etwas vergessen. Im Vorspann des Interview schreibt Atlantic-Chefredakteur Jeffrey Goldberg:
„Obama was also unsettled by a surprise visit early in the week from James Clapper, his director of national intelligence, who interrupted the President’s Daily Brief, the threat report Obama receives each morning from Clapper’s analysts, to make clear that the intelligence on Syria’s use of sarin gas, while robust, was not a “slam dunk.” He chose the term carefully. Clapper, the chief of an intelligence community traumatized by its failures in the run-up to the Iraq War, was not going to overpromise, in the manner of the onetime CIA director George Tenet, who famously guaranteed George W. Bush a “slam dunk” in Iraq.“
Das ist genau das, worauf Lüders verweist: Die Spitze der Geheimdienste hatte Zweifel an der Verantwortlichkeit des Regimes und warnte vor einem „Volltreffer“ wie ihn Bush Jr. seinerzeit mit den „irakischen Massenvernichtungswaffen“ gelandet hatte. Wie die Geschichte ausging, ist Ihnen sicher bekannt.
RT Deutsch jedenfalls hat Stefan Niggenaber schon mal als Kronzeugen für Lüders in den Propagandahimmel aufgenommen (Correctiv hingegen ist „Mainstream“ und wird von „dubiosen Quellen finanziert“ )
https://deutsch.rt.com/gesellschaft/49522-propaganda-phalanx-und-michael-lueders/
@Jörn, 106. Vielen Dank für den Hinweis. Ich habe nun mehr Verständnis für Lüders‘ Aussage. Ich halte ihn auch von Anfang an nicht für einen Fake-News-Verbreiter, aber ob er ein sorgfältiger Journalist ist, da bin ich mir nach wie vor nicht so sicher:
– Lüders sagt, Obama habe im Atlantic-Interview „SELBER“ darauf hingewiesen. Ein Vortext eines Interviews ist aber leider eben nicht das Interview selbst.
– Jedoch viel entschiedender: Lüders stellt es so dar, als sei die Ungewissheit über die Urheberschaft des Giftgasangriff DER ENTSCHEIDENDE FAKTOR für seinen Rückzieher gewesen. Tatsächlich legt Obama im Interview dar, dass die Entscheidung eine strategische war – weil militärische Intervention eben möglichweise nicht zum erwünschten Ziel (weitere Chemiewaffeneinsätze verhindern) führen würde, sondern die Vernichtung der Chemiewaffen (wie sie anschließend ja auch geschah, wenn auch evtl. leider wohl nicht vollständig – wir können es nicht wissen). DAS war der Hauptgrund für Obamas Entscheidung nach dem Atlantic-Artikel. Dass es keine 100%ige Gewissheit („slam dunk“) über die Täterschaft des Giftgaseinsatzes von Ghouta gab war da nur ein Zusatz. (Nebenbei: Dass der Nachweis, dass Assad für den Anschlag verantwortlich ist, nicht so leicht sein wird die ein „Slam dunk“ heißt natürlich mitnichten, dass es wahrscheinlicher wäre, dass die Rebellen den Anschlag verübt haben)
Man mag von Obamas Entscheidung, nicht militärisch zu intervenieren, halten was man will. Aber es so hinzustellen, als seien Zweifel an der Urheberschaft des Anschlags DER ENTSCHIEDENE Grund für Obamas „Rückzieher“ gewesen, ist schlichtweg eine Verzerrung und nicht das, was die selbst genannt Quelle widergibt.
Dazu weiter:
Lüders sagte bei Anne Will auch: „Obama hat im letzten Moment erkannt „Das ist eine Falle“.
Im Interview sagt Obama: „Where America is directly threatened, the playbook works. But the playbook can also be a trap that can lead to bad decisions. In the midst of an international challenge like Syria, you get judged harshly if you don’t follow the playbook, even if there are good reasons why it does not apply.” Die Falle ist hier also mitnichten die Falle eines Angriffs unter falscher Flagge, wie Lüders insinuiert. Sondern die Falle ist jene, blind dem Regelwerk des amerikanischen Militärs zu folgen (Rote Linie überschritten –> militärische Intervention ist einzige Option), anstatt andere Optionen zu erwägen, die das gleiche Ziel (Verhinderung weiterer Giftgaseinsätze durch „friedliche“ Vernichtung des Arsenals) verwirklichen können.
Wie gesagt: Das ist keine Fake-News-Verbreitung. Aber eben auch keine sorgfältige journalistische Arbeit, sondern eher eine manipulative (Aussagen werden so hingedreht, dass sie vermeintlich die eigene These unterstützen – aber wer genau hinsieht findet mitunter das Gegenteil).
PS. „Das Gegenteil“ war hier der falsche Ausdruck am Ende. Eher: Man findet nicht das, was man, Lüders‘ Ausführungen folgend, erwarten würde.
@Anna Pein:
Der „Kronzeuge“ in dem Artikel ist Can Dündar – nicht Stefan Niggemeier.
@Mathias:
Gut, das war unpräzise. RT schreibt:
“
Nach Ansicht von Stefan Niggemeier handelt es sich also um nicht um einen Fehler, sondern um eine „Ungenauigkeit“. Gegenüber dessen Medium Übermedien bestätigte Can Dündar den Vorgang und wundert sich über „Die lieben Kollegen“ von der FAS:
Meine Geschichte hatte nichts mit Chemiewaffen zu tun. Aber meine Zeitung hat einige entsprechende Behauptungen veröffentlicht, während ich Chefredakteur war.
Bei der telefonischen Anfrage der FAS hatte deren Redakteur wohl nicht genau erklärt, worum es ihm ging – nämlich dem von Dündar sehr geschätzten Kollegen Michael Lüders ans Bein zu pinkeln. Er sei nur gefragt worden, ob sein eigener Artikel von Chemiewaffen handelte. Mehr habe die FAS nicht gefragt.
Dündar erklärte Stefan Niggemeier, er verstehe gar nicht, warum das „so ein großes Thema“ geworden sei. Natürlich müsse die eigentliche Frage nicht lauten, wer was gesagt oder berichtet hat, sondern von wem Chemiewaffen in Syrien eingesetzt wurden oder hätten eingesetzt werden können. Die Berichte über Lieferungen von chemischen Waffen an die Dschihadisten, auf die sich Lüders bezieht, existieren wirklich.
Anna Pein, und jetzt weiter zum Thema:
„Ist Michael Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt?“
oder lieber nicht?, dann warum nicht?
In den Leitmedien(zeitonline) kommt dann in der Regel der Löschvermerk: Bleiben Sie beim Thema(obwohl bei diesen Thema und Ihrer Bemerkung 107 wohl eher nicht).
Bei @Karl Heinz
käme jener Löschvermerk allerdings aus persönlicher Grundüberzeugung und nicht, weil/wenn vom Thema tatsächlich abgewichen würde, nicht wahr?
Es ist doch interessant, zu sehen, wie das Propagandamedium RT sich flugs auf diesen Artikel bezieht, der hier zu recht kritisiert wird, weil er mit Verkürzungen arbeitet und nicht gut recherchiert ist.
Welche Verkürzungen bitte beim Thema
„Ist Michael Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt?“ und immer noch nichts zum Thema/Beitrag hier, ist schon recht lustig, wenn das Propagandamedium RT sich flugs auf diesen Artikel bezieht?
Das dürfen Die doch gar nicht und wenn frecher weise doch na dann „Ist Michael Lüders als Fake-News-Verbreiter mit Hilfe von Niggemeier überführt“ sagt Anna, so einfach ist das für Anna. Der Beitrag 111 Anna Pein kommt zwar zu einen anderen Ergebnis, wenn ich jetzt noch davon ausgehe, Anna und Anna Pein sind identisch, dann muss ich Erstaunen erkennen, es gibt hier Kommentatoren die haben Schwierigkeiten mit den eignen Ausführungen/Kommentaren.
@Anna Pein:
Äh, welcher Artikel ist nicht gut recherchiert – dieser hier zu dem wir kommentieren? Na dann erzählen sie mal, da bin ich aber gespannt…
Und was kann denn Stefan Niggemeier dafür, dass RT sich auf seinen Artikel bezieht?
(Gibts bei RT eigentlich auch einen Wetterbericht? Am Ende ist die Sonne dann auch verdächtig, einfach weil sie scheint und RT darüber berichtet…)
Einerseits diskutiert das tiefeninteressierte Restpublikum die Details der Lüders-Statements, andererseits ist bei den noch nicht zutiefst skeptischen Norm-Newskonsum-Kunden jetzt folgendee Fakt aks Tatsache verankert:
Assad hat schon wieder Chemiewaffen eingesetzt, wie 2013, wie es ja auch von der UNO als endgültiges Ermiitlungsergebnis veröffentlicht wurde. Auch das konstruiert eine alternative Realität.
Die Klarheit der tonangebenden Deutungshoheitsbesitzer in den relevanten Medien zeichnet sich durch eine unerschütterlich radikale Zweifelsfreiheit aus, die jede weitere Diskussion schlicht als feindselige Wehrkraftzersetzung erscheinen lässt. Menschen mit diesem semireligiösen Denkmuster hatten im Business offenbar die besseren Aufstiegschancen.
Nur ein willkürliches Beispiel dafür aus dem Spon von heute zur Wahl in Frankreich, bei dem einem das bereits am Teaser auf der Startseite anspringt:
„In Frankreich wird abgestimmt, die Bürger haben die Wahl zwischen zwei Weltbildern.“
2? Alle Kandidaten lassen sich in nur 2 Lager teilen? Spannung: Wie sortiert das denn su zurecht, der Stöcker?
Ah, das Weltbild seines Lieblings Macron „deckt sich mit der beobachtbaren Realität“
Aller anderen Kandidaten Weltbild lässt sich so beschreiben: „irrational, gefährlich und psychologisch leicht erklärbar.“
Medien und Autoren, denen eine derart peinliche Gut/Böse-Weltsicht nicht fundamental zu infantil und auch politisch unreif bis undemokratisch-autoritär ist, verteidigen mehr das Etikett als den Inhalt des freien Westens.
Und analysieren die „Fehler“ eines Lüders natürlich entsprechend selbstvergessen ohne das geringste Verhältnis zur eigenen Praxis.
Auch wenn es sich dabei um eine Kolumne handelt, für mich steht das exemplarisch fürs Diskursniveau jener Seilschaftsblasen. Für die Frage, woher dieses Gefühl kommt, allzuoft nur noch mit S/W-Propaganda indoktriniert zu werden, aber so wie früher in der Agitatprop-Steinzeit.
Und ich bleibe dabei: Die besten Werber für die neurechten Hirntoten sind genau diese vorsätzlich unterkomplexen Deutungshoheiten. Viel Spaß beim „Weiter-So“
[gelöscht]
[gelöscht]
Ich lösche. Du löschst. Er/Sie/Es löscht. Wir löschen. Ihr löscht. Sie löschen.
Und damit zurück zur geringen Meinungspluralität bei den Mainstream-Medien.
@Thomas: Das war die „Meinungspluralität“ einer Förmchenschlacht im Kindergarten. Hören Sie auf, sich so albern anzuzicken, oder gehen Sie weg.
Und während Lüders‘ Ungenauigkeiten eifrigst analysiert werden, steht der Elefant fett und unbehelligt im Raum: Dass zum selben Sachverhalt von der Leyen und Theveßen (als Regierungs- ud ÖR-Vertreter) die Öffentlichkeit glasklar belogen haben, um ein völkerrechtswidriges Bombardement zu legitimieren.
@ Anna Pein, 107:
„RT Deutsch jedenfalls hat Stefan Niggenaber schon mal als Kronzeugen für Lüders in den Propagandahimmel aufgenommen…“
Bitte sagen Sie mir, dass dies nun kein plumper „Gulit of Association“-Fehlschluss sein soll.
@ 121:
„Und während Lüders‘ Ungenauigkeiten eifrigst analysiert werden, steht der Elefant fett und unbehelligt im Raum: Dass zum selben Sachverhalt von der Leyen und Theveßen (als Regierungs- ud ÖR-Vertreter) die Öffentlichkeit glasklar belogen haben, um ein völkerrechtswidriges Bombardement zu legitimieren.“
Im besten Fall handelt es sich um grobe Irrtümer. Irrtümer, wie sie einer Verteidigungsminister und einem „Terrorismus-Experten“, die in eine Diskussionssendung zu Syrien gehen, aber eigentlich nicht passieren dürften. Wenn doch, so wäre wenigstens ein öffentlicher Ausdruck des Bedauerns fällig – und natürlich eine dezidierte und kritische Berichterstattung in den Medien. Aber davon sieht und hört man nichts.
Dazu fällt mir auch noch ein Zitat ein, gefunden auf dem Klappentext eines Buchs von Nomam Chomsky:
„Zum einen sind die Medien ohne direkter staatlicher Kontrolle zu unterliegen Propagandainstrumente der Außenpolitik, zum anderen dienen sie der gesellschaftlichen Herstellung von Konsens, unterdrücken Nachrichten, die die Bevölkerung verunsichern könnten, mildern sie ab, so daß an der Einstellung der politischen Führung kein Zweifel aufkommt. Dazu gehört die Methode, Verbrechen des Feindes, wer immer es gerade sein mag, akribisch zu beleuchten und mit dem Vergrößerungsglas zu untersuchen, während eigene Untaten oder die verbündeter Staaten in das milde Licht alles rechtfertigender Nachsicht getaucht werden. Kritik ist nicht verboten, aber ihre Grenzen sind eng gezogen, denn die Medien verstehen sich nicht als Gegner, sondern Partner der Regierung und ihrer global gesteckten Ziele.“
Das bezieht sich zwar primär auf die US-Medien, gilt aber in ähnlicher Weise auch für die deutschen Medien (Zitat Uwe Krüger):
„Menschenrechtsverletzungen sind also nicht gleich Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen nicht gleich Kriegsverbrechen – ihre Schwere und Skandalträchtigkeit hängt davon ab, wer sie begeht. Finden sie etwa in den Golfmonarchien statt, die eine wichtige Stütze der westlichen Nahost- und Energiepolitik sind, wird das zwar berichtet, allerdings ohne wiederholt die Notwendigkeit zu betonen, diese Regime müssten abdanken. Handelt es sich hingegen um traditionell amerikakritische Regime, sieht das ganz anders aus: Über ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Schandtaten wird extensiv berichtet und ein militärisches Eingreifen des Westens – ‚humanitäre Interventionen‘ – herbeigeschrieben und im Erfolgsfall bejubelt. So sollte der Nato-Feldzug gegen den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi im Jahre 2011 erklärtermaßen ein bevorstehendes Massaker verhindern, das Gaddafi angeblich geplant hatte. Sein Sturz wurde allseits begrüßt, obwohl das Land anschließend zerfiel und mittlerweile zu einem Standbein des IS geworden ist. Was jedoch nicht berichtete wurde, ist die Tatsache, dass sich das Nato-Bombardement ausdrücklich gegen die zivile Infrastruktur Libyens richtete und nach konservativen Schätzungen 32 000 Zivilisten das Leben kostete.“
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2016/august/immer-einer-meinung
Ach ja, inzwischen hat eine Kommission der britischen Parlaments (mit mehrheitlich konservativen Abgeordneten) den Libyen-Feldzug untersucht und dem Westen ein wahrhaft verheerendes Zeugnis ausgestellt. Siehe etwa den Guardian-Artikel „MPs deliver damning verdict on David Cameron’s Libya intervention“. Es ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt ein Massaker bevorstand – und selbst wenn, wäre die Gefahr nach kurzer und lokal begrenzter Intervention gebannt gewesen. Stattdessen nutzte man seine militärische Präsenz zu einem völkerrechtswidrigen „Regime Change“, ohne einen Plan zu haben oder annähernd genug Geld für den Wiederaufbau bereitzustellen. Dadurch stürzte man – einmal mehr – ein ganzes Land ins Chaos. Der Guardian schreibt über den Bericht:
„The result of the French, British and US intervention, the report finds, ‚was political and economic collapse, inter-militia and inter-tribal warfare, humanitarian and migrant crises, widespread human rights violations, the spread of Gaddafi regime weapons across the region and the growth of Isil [Islamic State] in north Africa‘.“
Wurde diese hochinteressante Bericht in den deutschen Medien intensiv diskutiert? Wurden er zum Anlass genommen, die Rolle westlicher Außenpolitik vielleicht einmal kritisch zu hinterfragen, auch im Hinblick auf aktuelle Konflikte? Nicht, dass ich mich erinnern könnte.
Bedenken wir nochmals, dass der frühere Direktor des US-Militärgeheimdienstes aussagte, dass die US-Regierung die Entstehung des ISIS wesentlich begünstigt hat (siehe #67) – womit sie zweifellos erheblich zum jetzigen Desaster mit beigetragen hat. Auch das wurde von deutschen Medien offenbar (fast) nicht thematisiert.
Dass der Westen dabei nicht an allem alleine schuld ist, ist mir schon klar – aber er hat zweifellos einen beträchtlichen Anteil an vielem. Während die negative Rolle anderer Akteure in den westlichen Medien jedoch ausführlich diskutiert wird (was an sich ja gut ist), wird die des Westens hingegen kaum kritisch reflektiert (was gar nicht gut ist).
In fünf Jahren wird man Libyen und Syrien vergessen haben, so wie den Irak und Afghanistan (über den Jemen und die Rolle des Westens dort spricht man ja eh nicht). Vielleicht wird man dann mit gebührendem Abstand die westliche Syrien-Politik sogar kritischer sehen als heute.
Jedoch wird man nichts gelernt haben, sondern im nächsten Land, das wir entweder ruinieren werden oder zu dessen Ruin wir zumindest maßgeblich beitragen werden, dieselben Fehler erneut machen. Und wieder werden uns die Medien eine einfache Geschichte mit einfachen Helden- und Feindbildern erzählen, und wieder werden genug Leute sie glauben.
@ Mark, 108:
Selbst wenn Obama tatsächlich wegen Zweifeln an Assads Urheberschaft einen Rückzieher gemacht hat, wird er dies sicher nicht sagen. Wie sollte er es auch anfangen?
„Wir waren vorschnell und haben im Brustton absoluter Gewissheit Behauptungen in die Welt gesetzt, von denen wir gar nicht wissen, ob sie überhaupt stimmen. Deshalb mache ich jetzt kleinlaut einen Rückzieher und entschuldige mich aufrichtig bei der Weltöffentlichkeit, und natürlich auch bei Herrn Assad.“
Kaum zu erwarten…
Die Frage wäre, wieso Lüders meint, dass Zweifel die wahre Ursache sind. Das weiß ich nicht, weil ich das Buch nicht gelesen habe. Ich meine mich ganz vage zu erinnern, dass Hersh das aus internen Quellen her hat, kann mich aber auch völlig irren. Oder vielleicht gab es eine erstaunliche zeitliche Koinzidenz zwischen den Ereignissen (Zeitpunkt, an dem Obama die Zweifel zugetragen wurden und Zeitpunkt, an dem er einen Rückzieher machte). Oder was immer. Müsste man wie gesagt nachsehen, woraus Lüders das herleitet.
Lüders hat am Freitag in einer Erklärung ausführlicher Stellung zu den Vorwürfen genommen.
@Stefan Niggemeier
Er rudert ja mächtig zurück, der Herr Lüders. Man möchte ihm gerne glauben, daß er sich da ungeschickt verplappert hat.
„Ich habe von einer „sehr hohen Wahrscheinlichkeit“ dafür gesprochen, dass es sich bei dem Giftgasanschlag von Ghouta bei Damaskus im August 2013 um einen „Angriff unter falscher Flagge“ gehandelt habe. Besser hätte ich von einer „gewissen Wahrscheinlichkeit“ gesprochen.“
Also wenn die Antwort aufgrund eingestandenen Nichtwissens 50:50 ausfallen muß, scheint mir auch die „gewisse Wahrscheinlichkeit“ an den Haaren herbeigezogen.
„Dass in türkischen Zeitungen Artikel über mögliche Giftgaslieferungen an Dschihadisten erschienen, ist aber dennoch richtig. Sogar in „Cumhuriyet“ wurde in der Zeit, als Dündar Chefredakteur war, darüber berichtet.“
Korrekt. Es ging um MÖGLICHE Lieferungen. Gut, daß Lüders das noch einmal erwähnt. Wobei: wenig später fällt dieses entscheidende Wörtchen wieder unter den Tisch:
„Tatsache, dass türkische Zeitungen über Giftgaslieferungen berichtet haben“
… und schon fragt man nicht mehr, ob diese denn überhaupt nachgewiesen werden konnten, ob es sie denn wirklich gegeben hat. So läßt sich wunderbar mit einer nahezu perfekten Unschärfe debattieren.
Man kann und darf die Vermutung haben, daß die Türken mit drin hängen. Man kann und darf dem Westen alles Mögliche unterstellen. Ich sehe auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Nato moralischer sein soll als die Russen. Das alles spielt m.E. jedoch nicht die entscheidende Rolle, es macht lediglich den ein oder anderen Protagonisten sympathischer, je nachdem wo man sich selbst politisch verortet.
Man kann sogar einigen Krikern von Michael Lüders unsauberes Arbeiten vorhalten. Aber wenn diese Maßstäbe für alle gelten sollen, dann muß man sie auch bei Lüders anwenden und nicht beschönigend von „Ungenauigkeiten“ reden, während man der anderen Seite eine „Kampagne“ vorhält.
Übermedien ist als Korrektiv der Medien-Landschaft angetreten. Damit muß man eigentlich für Übermedien strengere Maßstäbe ansetzen. In diesem Fall sieht Übermedien nicht wirklich gut aus.
Eva Thöne in SPON:
„Wer aber Lüders‘ neues Buch „Die den Sturm ernten“ liest, auf das er diese Thesen baut, und das auf Platz 1 der SPIEGEL-Paperback-Sachbuchliste steht, bekommt einen widersprüchlichen Eindruck: Hier kritisiert einer die Schwarz-Weiß-Perspektive der anderen, nimmt ihnen deshalb den Pinsel aus der Hand – um dann selbst mit vertauschten Farben drüberzustreichen….
Wer aber so einseitig für seine These sammelt, statt wechselseitig auf unterschiedliche, widerstrebende Perspektiven einzugehen, argumentiert nicht nur in der Sache. Sondern fühlt sich als der einzige, der die richtige Sichtweise in die Öffentlichkeit bringt.“
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/michael-lueders-der-umstrittene-nahost-experte-im-portraet-a-1143824.html
Wobei Frau Thöne durchaus in einigen Punkten Michael Lüders recht gibt und z.B. Anne Will für ihre Aussage kritisiert. Ich hätte mich gefreut, wenn „Übermedien“ ebenfalls etwas differenzierter sich der Sache angenommen hätte. Auch wenn die grundsätzliche Stoßrichtung eine andere als bei SPON gewesen wäre: weniger schwarz-weiß hätte „Übermedien“ deutlich besser aussehen lassen.
Andererseits: Das wäre dann weniger plakativ und würde sich vermutlich schlechter verkaufen – das muß ich einräumen.
Michael Lüders hat immer davon gesprochen, dass es keine Beweise dafür gibt, wer für hinter dem genannten Giftgasangriff steckt. Wahrscheinlich waren es die islamistischen Rebellen, die von der Türkei unterstützt wurden. So hat er es immer gesagt, von seiner Grundaussage musste er keine Abstriche machen.
Sich innerhalb der Wahrscheinlichkeitsnuancen zu korrigieren bedeutet ganz sicher kein „mächtiges Zurückrudern“ – es so zu nennen ist eine völlig Übertreibung.
Can Dündar hat die genannten Artikel nicht selbst geschrieben, sondern als Chefredakteur verantwortet – das ist eine Ungenauigkeit, die bereits eingeräumt war.
Überhaupt: wer von all denen, die in den letzten Monaten und Jahren etwas an ihren Ausführungen zu korrigieren hätten hat dies mit so einer erfreulichen selbstkritischen Klarheit getan, wie jetzt Michael Lüders? Und das obwohl er lediglich Ungenauigkeiten einzugestehen hatte.
Ich wage zu behaupten, dass Frau von der Leyen die von ihr geäusserten Unwahrheiten nicht richtig stellen wird. Und das obwohl gerade ihre Aussagen zum Thema Völkerrecht einen schweren Fauxpas darstellen.
Übermedien geht es in dem Artikel hier erkennbar nur darum, die Sache mit Can Dündar aufzuklären. Das ist das Ziel des Artikels und das wurde erreicht. In diesem Sinne ist das ein ausgezeichnet recherchierter und geschriebener Artikel, der sich doch gerade nicht dabei übernimmt gleich alle Aussagen von Michael Lüders nachprüfen und bewerten zu wollen.
Es geht hier im klar nur um Medienkritik – denn das ist die selbst gestellte Aufgabe von Übermedien. Alles andere was hier z. T. von Stefan Niggemeier verlangt wird geht weit über Medienkritik hinaus – und das nicht leisten zu wollen, das steht dem Autor des Artikels frei (und es macht auch Sinn).
„Lüders informative und perfekt geschriebene Analyse ist hochbrisant.“
Aschot Manutscharjan, Das Parlament, 27. März 2017
(soviel zum Thema Vollständigkeit?!)
at Mathias
Ich bin, es dürfte Sie nicht wundern, anderer Ansicht und teile Ihre Auffassung nicht, daß hier ein „ausgezeichnet recherchierter“ Artikel vorliegt.
Wenn man schon andere Journalisten dafür kritisiert, daß diese nicht sorgsam genug bei Can Dündar nachgefragt haben, dann hätte ich von Übermedien schon etwas mehr an eigener Nachfrage erwartet. Es wäre ja nicht schwer gewesen, von Can Dündar mehr über diese Berichte in seiner Zeitung zu erfahren als „da gab es einige Behauptungen“.
Was waren das konkret für Behauptungen, wie wurde darüber redaktionsintern diskutiert, waren das glaubhafte Thesen, wie denkt Dündar über mögliche Sarin-Lieferungen der Türkei??
Das wäre das Mindeste gewesen, wenn man ernsthaft an einer Aufklärung des Sachverhaltes interessiert gewesen wäre. So aber erweckt das schon den Eindruck, daß Übermedien mit der Dündarschen Wiedergabe des FAS-Telefonates bereits vollauf zufrieden war. Denn damit stand ja schon das Gerüst dieses Artikels – wozu dann noch die ganze Sache am Ende womöglich totrecherchieren?
Es würde schon reichen zu sagen/schreiben, dass die Informationen, dass es sich um einen Giftgasangriff handelt, von al Kaida/al Nusra kommt. Einer Terrororganisation.
Das deren These als glaubwürdiger angesehen wird, als die von Journalisten/Wissenschaftler die sich keiner Verbrechen zu Schulde kommen lassen haben finde ich merkwürdig.
Warum macht sich unsere Regierung die Meinung von Terrororgansitionen zu eigen?
Ich habe nochmal nachgeschaut, es geht immer noch um das gleiche Thema „Ist Michael Lüders als „Fake-News-Verbreiter“ überführt?“ Das Ergebnis eigentlich aller Beiträge(sogar der Beiträge von Thomas), er ist nicht überführt!.
Da es hier aber Teilnehmer, siehe Thomas, gibt deren (eigne)Vorgabe sichtbar eine Andere ist, kommt es zu merkwürdigen Diskussionen, Diskussionen,Einzelner, mit sich selbst, so ein büschen „hätte, hätte Fahrradkette“. Das geht sicher noch eine Weile, ich schau morgen mal wieder vorbei.
at Struppi:
Selbst das Verteidigungsministerium Rußlands sprach von einem Giftgas-Angriff. Da sehen Sie mal, wie al-Nusra alle an der Nase herumführt.
;-)
at Karl-Heinz:
Eine Überschrift muß nicht zwingend auch das Thema sein. Und eine Frage muß nicht zwingend mit Ja oder Nein beantwortet werden.
Dass Michael Lüders auch eigene Fehler einräumt, ist bemerkenswert und spricht für ihn. Der daraus entstandene Eindruck der Einseitigkeit ist ein ganz entscheidender Aspekt. Leider stellt er aber keinerlei Zusammenhang zwischen besagten Fehlern und der massiven Gegenrede her, sondern stellt sich mit der obligatorischen Das-muss-man-doch-mal-sagen-dürfen-Attitüde als Opfer undemokratischer Umtriebe dar. Kommt in bestimmten Kreisen ja immer gut an, und wenn schon der Niggemeier von einer „Kampagne gegen Lüders“ spricht …
Aber, um es mal salopp zu formulieren: Demokratie ist kein Ponyhof, auf dem nur schöne, edle Menschen leben, die alle einer Meinung sind, nur nette Dinge zueinander sagen und gleichermaßen glücklich sind. Demokratie ist so ziemlich das genaue Gegenteil. Da wird mit harten Bandagen um verschiedene Meinungen, Interpretationen und „Wahrheiten“ gekämpft, und auch ein Michael Lüders ist der plakativen, meinungsfördernden Formulierung nicht abgeneigt. Wer austeilt, sollte auch einstecken können. Gerade als Demokrat.
Und was Lüders‘ „eher bescheidene“ wirtschaftlichen Interessen angeht (neben seiner Tätigkeit als Autor): Er wirbt auf seiner Website intensiv für seine Leistungen im Rahmen der »Begleitung von Firmen aus dem deutschsprachigen Raum, die sich im Nahen und Mittleren Osten engagieren oder bestehende Geschäftsfelder erweitern möchten« und ist (oder war) aktives Mitglied verschiedener Organisationen wie der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, der Deutschen Orient-Stiftung oder dem Nah- und Mittelost-Verein. Letzterer ist lau Wikipedia „ein 1934 gegründeter Zusammenschluss von im Nahen und Mittleren Osten aktiven deutschen Unternehmen zur Vertretung der Handels- und Investitionsinteressen der deutschen Wirtschaft in den Ländern dieser Region“, dessen Geschicke seit jeher im wesentlichen von Vertretern deutscher Großkonzerne gelenkt werden.
Das alles ist natürlich völlig legitim und macht Lüders nicht per se unglaubwürdig, aber die verfügbaren Informationen deuten nicht gerade darauf hin, dass er unbeeinflusst von persönlichen und/oder wirtschaftlichen Interessen ist (genauso wenig wie seine Kritiker). Und ich möchte nicht wissen, wie die Reaktion mancher Lüders-Apologeten ausfiele, wenn es sich statt nahöstlicher um transatlantische Verbindungen handeln würde.
Ob man Herrn Lüders nun gleich als Fake-News-Verbreiter bezeichnen muss, sei mal dahingestellt. Dass er in Auswahl und Interpretation seiner Quellen recht tendenziös und einseitig vorgeht, scheint mir recht klar – ob er in der Hinsicht schlimmer ist als andere „Nahostexperten“ und dergleichen, sei wiederum dahingestellt. Und ob FAZ und Anne Will – von BILD ganz zu schweigen – ihn ungerecht und journalistisch unangemessen behandelt haben, mag sein. (Vor allem die Frage von Frau Will nach Lüders‘ wirtschaftlichen Interessen finde ich absurd und latent verschwöhrungstheoretisch.)
Wie auch immer: Man sollte nicht vergessen, dass es jenseits von medialer Darstellung und Medienkritik auch noch Wahrheiten und Unwahrheiten über den Gegenstand selbst gibt, also in dem Fall über den Krieg in Syrien bzw. die Giftgaseinsätze in demselben. Und wenn man nicht (wie etwa #12) an Privatwahrheiten, sondern an objektiven Wahrheiten, also daran, was tatsächlich geschehen ist, interessiert ist, muss man einfach mal sachlich festhalten:
Lüders hat in wesentlichen Punkten unrecht. Die meisten und wichtigsten Indizien legen nahe, dass der Sarineinsatz in Chan Scheichun ebenso wie der bei Damaskus 2013 vom Baath-Regime ausging. Angefangen damit, dass immer von Rebellen gehaltene Viertel betroffen waren, während es vergleichbare Angriffe auf Regimegebiete nicht gab, über die Zweifel, ob Rebellengruppen überhaupt Sarin besitzen und auch in der Lage sind es einzusetzen (steht beim Regime nicht in Frage), über technisch-militärische Details bis hin zur Tatsache, dass zum jeweiligen Zeitpunkt Angriffe des Regimes in den betreffenden Städten/Stadtteilen stattfanden.
Schon klar, das war gar nicht Thema des Artikels. Nur leider verfestigt sich in dessen Gefolge bei Vielen der Eindruck, man könne ja niemandem mehr glauben und sowieso nicht wissen, was eigentlich wahr ist – wenn Lüders nicht gleich als wegen unbequemer Wahrheiten unterdrücktes Opfer stilisiert wird. In beiden Fällen muss man halt klar sagen: Das ist falsch.
Nein, mit letzter Sicherheit wissen wir nicht, wer die besagten Giftgaseinsätze ausgeführt hat. Aber wie sagt es Lüders selbst so treffend: „Was den Giftgaseinsatz 2013 anbelangt, so bewegen wir uns auf der Ebene von Indizien, eine eindeutige Beweislage gibt es nicht.“ Das bedeutet aber grade nicht, dass man nichts weiß, sondern dass durchaus zu beurteilen ist, was wahrscheinlich wahr und was wahrscheinlich (oder gesichert) unwahr ist. Nur leider belegen die Indizien, wertet man sie nicht so selektiv aus wie Lüders, etwas wesentlich anderes als von ihm dargestellt.
Für manche Menschen sagt und schreibt Lüders ja schon deshalb die Wahrheit, weil er der „offiziellen Version“ (also der Mehrheitsmeinung unter Experten, Politikern und Journalisten) widerspricht. Nun bemisst sich die Wahrheit einer Aussage aber nicht daran, wie sehr sie einer tatsächlichen oder imaginierten offiziellen Version ent- oder widerspricht, sondern an Fakten, Argumenten, Indizien und solchen Sachen. Auch offizielle Versionen können der Wahrheit entsprechen und tun das, rückblickend betrachtet, auch gar nicht mal so selten.
Bei eingefleischten „Skeptikern“ kommen statt Fällen, in denen offizielle Version und Wahrheit übereinstimmen, aber zuverlässig Beispiele für westliche Propagandalügen in der Vergangenheit: Hufeisenplan, Brutkastenlüge, Massenvernichtungswaffen im Irak. Womit dann ohne weitere Belege suggeriert werden soll, dass andere Aussagen, die man ungern glauben möchte (wie etwa, dass das syrische Regime Giftgas eingesetzt hat), ebenfalls Propagandalügen seien. Bei allen sonstigen Unterschieden wird dabei allerdings etwas unterschlagen: Es gibt aktuell gar keinen Bedarf für solche Propagandalügen. Kein wichtiger Akteur im Westen will ernsthaft gegen Assad Krieg führen: Obama nicht, Trump nicht, May nicht, Merkel schon gar nicht. Alle suchen im Gegenteil nach Wegen, sich möglichst weit aus dem Konflikt rauszuhalten. Das ist eine völlig andere Situation als z.B. 2002/03, als die Bush-Regierung gezielt auf einen Krieg gegen Saddam Hussein hinarbeitete.
@LLL / #123
„Was jedoch nicht berichtete wurde, ist die Tatsache, dass sich das Nato-Bombardement ausdrücklich gegen die zivile Infrastruktur Libyens richtete und nach konservativen Schätzungen 32 000 Zivilisten das Leben kostete.“
Das ist zwar jetzt erst recht off-topic, sollte aber nicht so stehen bleiben. Diese „konservative Schätzung“ beruht auf einer Hochrechnung von 20 durch die UN-Menschenrechtskommission untersuchten Militärschlägen. Dass dabei genau die Aktionen untersucht wurden, bei denen schon vorher bekannt war, dass dabei wahrscheinlich Zivilisten umgekommen sind, wird geflissentlich unterschlagen. Das ist, als ob man die Ergebnisse von Mordermittlungen auf alle Todesfälle hochrechnen würde und so auf eine riesige Zahl von Morden käme – also völlig unseriös. Üblicherweise werden die zivilen Opfer der Koalitionsangriffe in Libyen 2011 in dreistelliger Höhe geschätzt.
Dass sich die Angriffe „ausdrücklich gegen die zivile Infrastruktur Libyens richtete[n]“, ist ebenso wenig belegt. Das wird lediglich daraus geschlossen, dass von Koalitionsseite nur für zwei Drittel der Angriffe ausdrücklich militärische Ziele benannt wurden – eine gelinde gesagt gewagte Interpretation.
Und schließlich noch ein Dankeschön an Jan, Mark und v.a. Christian Perzl – manchmal sind Leserkommentare tatsächlich interessanter und ergiebiger als der Artikel selber!
Das große Problem unserer heutigen Zeit ist gar nicht so sehr dieser Einzelfall um Lüders und die Frage, ob und wer einen Angriff mit Chemiewaffen durchgeführt hat. Es geht um eine viel tiefergehende Analyse, der man sich stellen müsste.
Was ist eine Ungenauigkeit, Schlampigkeit, Naivität, Inkompetenz, … und was geht eher Richtung Manipulation, Fake News, usw. Hier müssen wir über Quantität und Qualität sprechen.
Wir müssen beginnen zu differenzieren zwischen Journalisten und Politikern, die >98% die Wahrheit sagen und möglichst viele Fakten präsentieren und Personen, die nicht einmal auf eine Qoute von 50% kommen. Die darf und kann man nicht direkt miteinander vergleichen und quasi bei Erstgenannten sagen „hach, jetzt hat der auch mal was Unwahres mitgeteilt und somit ist er automatisch auf Lebenszeit diskreditiert“. Aber bei den Zweitgenannten wird gerne die Taktik „Einzelfälle“ oder „das kann jedem mal passieren“ Schiene gefahren und gut ist.
Da müssen wir als Bürger auch endlich mal wieder ein Gespür und eine gewisse Differenziertheit an den Tag legen. Und ja (besonders nach dem Lesen der vielen hier sehr informativen Kommentare) würde ich auch sagen, dass Lüders hier wohl zumindest genau in dem Fall ideologisch unterwegs ist, anstatt sich der Sache neutral zu widmen. Vielleicht weil er glaubt quasi eine Art Gegen-Propaganda schaffen zu müssen, aber damit macht er sich nur für seine Gegner angreifbar, weil sie ihn leicht in die Lügner Ecke stecken können. Dagegen ist aber was öffentlich-rechtliche oder private Medien im Bezug auf Syrien berichten oft so einseitig parteiisch, falsch und dogmatisch, das hat oft eine ganz andere Qualität, wo man eben nicht mehr von Inkompetenz sprechen kann, weil dann würde das Ergebnis anders aussehen.
Es gäbe vielleicht ein paar falsche Zitate, Übersetzungsfehler, Zahlendreher, usw. Wenn man aber ständig bestimmte Fakten einfach nicht benennt und Falschbehauptungen durch ständige Wiederholung „wahr“ machen will, dann muss man schon sehr naiv sein um da keine Absicht zu erkennen (oder zumindest Blindheit/Loyalität aus ideologischen Gründen).
Ich sehe da aber auch keine große Verschwörungstheorie, sondern das ist eher mit bisschen Basics über Psychologie und Neurowissenschaften zu erklären und nichts neues. Dieses Verhalten gibt es seit sich menschliche Zivilisationen gebildet haben. Man sieht halt die eigene Kultur, Werte, Ethik, usw. als die beste (oft einfach nur deshalb, weil man eben in dieser aufgewachsen ist) und stellt alles andere als „falsch“ oder „weniger zivilisiert“ dar. Von mir aus auch „nicht im Gottes Sinne“.
Wir müssen also weniger Fokus auf die einzelnen Themen legen, sondern versuchen aus diesen ganzen Beispielen endlich die Muster zu erkennen und die Ursachen dafür anzugehen. Da haben wir uns eigentlich seit Jahrhunderten kaum weiterentwickelt. Selbstkritik, Demut, Vorurteile überdenken, … wir sind da so schwach als Menschheit an sich. Wenn wir uns in endlose Diskussionen zu jedem Einzelfall verstricken, dann bringt uns das nicht weiter. Es spielt den Trumps und Le Pens dieser Welt mit ihren schwarz/weiss Malerei voll in die Hände.
Wir recherchieren und differenzieren und die brauchen nur „Verschwörungstheoretiker“ zu sagen und schon hören die Gefolgsleute der Gegenseite nicht mehr zu. Und genau darauf müssen wir viel mehr Fokus legen und das auch ersichtlich machen. Schult die Leute, macht sie aufmerksam auf diese billigen psychologischen Taschenspielertricks. Erlaubt ihnen keine Totschlagargumente oder Tatsachenbehauptungen.
Lasst euch nicht auf das „beweis mir doch das Gegenteil“ Spiel ein. Das würde ich mir eben auch von guten Journalisten und Moderatoren in Talkshows wünschen. Wenn dann einer ne steile These in den Raum wirft, dann muss der Moderator da eingreifen und sagen „na dann legen sie mal entsprechende, Fakten, Argumente und Beispiele vor“. Falls es die Person nicht kann -> rote Karte. Und wenn sie das ständig tut, dann erhält sie eben auch keine öffentlichen Raum mehr. Wir müssen die Intellektuellen und die >98% Wahrheit Sager wieder in den Vordergrund stellen. Egal ob uns diese Wahrheiten gefallen oder nicht. Egal ob sie unseren Vorstellungen entsprechen oder eben nicht. Das wäre echter Fortschritt in der Diskussionskultur.
Die Dampfplauderer müssen vorgeführt werden. Nicht ignoriert!!! Das treibt sie und ihre Anhänger nur in die Isolation, weil sie dann immer sagen können „ha, die ignorieren uns, weil sie wissen, das wir die Wahrheit sagen“. Nein, zerlegt sie. Zeigt auf wie dünn das geistige Niveau ist auf dem sie laufen. Und dann man sowieso nur auf eins hoffen. Das die Anhänger das Spiel durchschauen und aus EIGENER Erkenntnis aufhören den Rattenfängern auf den Leim zu gehen.
@Axel
Michael Lüders hat seine wirtschaftlichen Interessen nicht negiert, er hat sie bei Anne Will und jetzt auch in seiner Stellungnahme benannt wie sie sind.
Grundsätzlich ist es ja begrüßenswert eventuelle Interessenslagen vorab offenzulegen. Unseriös ist, wenn das nur bei einem – und eben in dieser Form – erfolgt.
Direkt neben Hern Lüders saß bei Anne Will John Kornblum. Vorgestellt wurde er als ehemaliger US-Botschafter in Deutschland. Das war er auch irgendwann mal, für vier Jahre. Aktuell ist Kornblum u. a. Ausfsichtsratsmitglied von thyssenkrupp. „thyssenkrupp ist auch ein großer Waffenhersteller.“, sagt Wikipedia. Aber: Was haben Waffen schon mit Kriegen zu tun? Keine Notwendigkeit das zu benennen?!
Auch in der Runde saß Michael Wolffsohn. Vorgestellt wurde er als Historiker. Er ist aber auch Mitglied im Beirat Ost der Deutschen Bank. „Die Deutsche Bank kennt kaum Skrupel“ wenn es um Rüstungsgerschäfte geht, schreibt die Zeit in ihrem Artikel „Geld für Bombengeschäfte“…
Des Weiteren ist die Stellungnahme von Michel Lüders sachlich gehalten und für seine Ungenauigkeiten übernimmt er Verantwortung. Als Opfer stellt er sich dort nicht dar.
@Earendil:
Weder zum aktuellen, noch zum vergangenen grossen Giftgasfall, ist die Indizienlage so klar, dass man sich sicher sein konnte, wer Giftgas angewendet hat.
Insbesondere der aktuelle Fall ist ja nicht einmal abschliessend untersucht! Die Indizienlage da als eindeutig zu bezeichnen ist grob fahrlässig und alles andere als sachlich.
Thema Sarin: Experten halten es für wahrscheinlich, dass Rebellengruppen vor der Vernichtung des syrischen Giftgases Teile der Bestände erobert haben.
Thema Rebellenstützpunkt: Um Khan Sheikhoun kämpfen immer wieder auch konkurrierende Islamisten (al-Nusra vs. IS).
Interessant ist auch wie MIT-Professor Theodore A. Postol die Sache sieht: „MIT Rocket Scientist: White House Claims on Syria Chemical Attack “Cannot Be True”“
Und nein, es sind nicht nur immer die Rebellen von Giftgas betroffen. Die meisten Giftgasangriffe, die man einer Gruppierung zurechnen konnte gingen von der al-Nusra aus. So wie z. B. dieser hier:
„„Wir haben Zeugenaussagen von Ärzten, Flüchtlingen in benachbarten Ländern und Spitalmitarbeitern, dass chemische Waffen verwendet wurden – nicht von der Regierung, aber von der Opposition (die u. a. von den USA, Grossbritannien, Katar und Saudi-Arabien unterstützte Freie Syrische Armee). Die Art und Weise der medizinischen Behandlung der Opfer
lege den dringenden Verdacht nahe, dass Sarin eingesetzt worden sei.“ (Carla del Ponte, 2013 – damals im Auftrag vom UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Syrien)
der kurze Zeit vor dem nicht endgültig aufgeklärten Giftgasangriffen von Ghuta erfolgt ist.
Entgegen ihrer Annahme hat der Westen starke Interessen in Syrien. Es besteht also durchaus ein Interesse diesen Krieg zu führen und mit einem Erfolg abzuschliessen.
Zu ihrer Interpretation der Zahlen von LLL: „Diese „konservative Schätzung“ beruht auf einer Hochrechnung von 20 durch die UN-Menschenrechtskommission untersuchten Militärschlägen.“ – woher haben sie diese Info? Ich habe dazu nichts gefunden…
@ MATHIAS
»Als Opfer stellt er sich dort nicht dar.«
Ach. Nicht? Wen hat er denn dann gemeint, der seiner Position wegen als „Fünfte Kolonne Moskaus diffamiert“ würde, was einer „freiheitlichen Demokratie unwürdig“ wäre?
Sie dürfen ja gerne seiner Meinung sein, dass er tatsächlich Opfer einer diffamierenden, der Demokratie unwürdigen Kampagne ist, aber Sie können unmöglich bestreiten, dass er es selbst sagt.
zielorientiert Axel E. aus B.
Ach. Nicht? Wen hat er denn dann gemeint, der seiner Position wegen als „Fünfte Kolonne Moskaus diffamiert“ würde, was einer „freiheitlichen Demokratie unwürdig“ wäre?“
genauer lüders original
„Ich halte es für sehr bedenklich für unsere Debattenkultur, wenn über bestimmte Positionen nicht mehr kontrovers diskutiert wird, sondern ihre Vertreter pauschal als „fünfte Kolonne“ Moskaus diffamiert werden. Das ist einer freiheitlichen Demokratie unwürdig.“
Dazu im Ergebnis MEEDIA
„Hat Michael Lüders nun also recht und die Medien haben eine Diffamierungskampagne gegen ihn angezettelt? Tatsache ist jedenfalls, dass einiges über Lüders und seine Positionen klar falsch bis verzerrende dargestellt wurde. Wie so oft steckt dahinter wohl keine konzertierte Kampagne sondern eine ungute Mixtur aus Missverständnissen und Herdentrieb. Die Ergebnisse solch kollektiver Schlamperei sind von außen betrachtet denen einer Kampagne dann nicht unähnlich. Das bedeutet nicht, dass Lüders in allem recht haben muss, was er behauptet. Leider sieht man an solchen Fallbeispielen aber immer wieder, dass Medien nur sehr bedingt lernfähig sind.“
Wie man sieht und hier liest, nicht nur die Medien.
Lieber Karl-Heinz, ich habe wirklich keine Ahnung, was Sie mir sagen wollen. Nicht mal ungefähr.
@LLL, 124:
„Selbst wenn Obama tatsächlich wegen Zweifeln an Assads Urheberschaft einen Rückzieher gemacht hat, wird er dies sicher nicht sagen. Wie sollte er es auch anfangen?“
Das ändert rein gar nichts an der Tatsache, dass Lüders eine Quelle angibt, deren Wortlaut seine These überhaupt nicht stützt.
@Axel:
Zum Verständnis dann noch mal etwas ausführlicher:
Sie schrieben: „Leider stellt er aber keinerlei Zusammenhang zwischen besagten Fehlern und der massiven Gegenrede her, sondern stellt sich mit der obligatorischen Das-muss-man-doch-mal-sagen-dürfen-Attitüde als Opfer undemokratischer Umtriebe dar.“
Lüders hingegen äussert sich selbstkritisch, räumt Ungenauigkeiten ein und nimmt zu fasst allem, was da an Gegenrede war, Bezug. Das tut er gefühlte 99% seiner Stellungnahme über. Und wegen diesem einzigen letzten Satz zu Debattenkultur unterstellen sie ihm, sich generell zum Opfer zu machen, sie negieren seine Selbstkritik und seine Klarstellungen? Na dann…
Was Karl-Heinz ihnen (vielleicht) sagen möchte: ich denke ungefähr das was ich auch sagen will. Dass sie aus einer Mücken einen Elefanten machen. Zusätzlich hat Karl-Heinz noch einen interessanten Meedia Artikel. Den werde ich mir gleich mal anschauen…
@Mathias / #142
Nein, sicher ist es nicht, dass Sarin in den beiden „großen“ Fällen von Regimeseite eingesetzt wurde. Es ist aber wahrscheinlich. Andere Versionen sind weniger wahrscheinlich.
Thema Sarin: Es geht ja nicht nur um den Besitz von Sarin bzw. dessen Ausgangskomponenten, sondern v.a. auch um die Beherrschung des Einsatzes. Aber gibt es denn zumindest Belege dafür, dass Rebellengruppen Sarinkomponenten erbeutet haben? (Was ja auch noch kein Hinweis darauf wäre, dass sie sie auch eingesetzt haben…)
Thema Rebellenstützpunkt: Auch an dem betreffenden Tag oder zumindest kurz davor/danach? Hätte ich auch gern einen Beleg für. Ein Angriff (genauer zwei Luftangriffe) von Regimeseite an diesem Tag auf Chan Scheichun ist jedenfalls unstreitig.
Carla del Ponte hat das Zitierte damals gesagt, aber verwertbare Indizien hat sie m.W. nicht folgen lassen. Aus dem, was sie anführt, lässt sich ja, wenn überhaupt, irgendein Einsatz von Sarin ableiten. Aber wann, wo, in welchem Umfang und v.a. durch wen, dazu gibt das nichts her.
Klar hat der Westen verschiedene Interessen in Syrien. Aber kein Land hat derzeit ein Interesse an einem Krieg gegen Assad.
Zu den Zahlen bzgl. Libyen: Folgen Sie dem Link, den LLL angegeben hat, und folgen Sie dort der an der entsprechenden Stelle angegebenen Quelle.
Na gut, oder klicken Sie hier: https://tinyurl.com/m6lya9q
@Umdenker / #140
Ich weiß nicht, ob ich Sie wirklich vorführen will… aber hätten Sie bei all Ihrer dampfenden Plauderei auch mal die Güte mitzuteilen, welcher Falschdarstellungen und Unterlassungen sich die Medien Ihrer Ansicht nach ständig schuldig machen?
@ MATHIAS
»Und wegen diesem einzigen letzten Satz zu Debattenkultur unterstellen sie ihm, sich generell zum Opfer zu machen […]?«
Äh. Nein. Nochmal: Ich unterstelle es nicht, ich kritisiere, dass er es tut. Weil er damit seine zuvor geäußerte (und von mir durchaus anerkannte) Selbstkritik relativiert. Doch alles nur Diffamierung! Und die Tatsache, dass er in diesem abschließenden Fazit von der Ich-Form abweicht, macht die Sache um keinen Deut besser. Im Gegenteil, denn wer so formuliert, will natürlich suggerieren, er sei nur einer von vielen, nämlich – Achtung, persönliche Interpretation! – allen aufrechten Streitern für Wahrheit und Gerechtigkeit. Wird gerne genommen und funktioniert in bestimmten Kreisen halt immer wieder.
»Zusätzlich hat Karl-Heinz noch einen interessanten Meedia Artikel. Den werde ich mir gleich mal anschauen.«
Ja, tun Sie das. Im letzten Absatz werden Sie auf folgenden Satz stoßen: »Hat Michael Lüders nun also recht und die Medien haben eine Diffamierungskampagne gegen ihn angezettelt?« Das entspricht exakt meiner Aussage, dass sich Lüders als Opfer sieht, weshalb es mir nach wie vor schleierhaft ist, was Karl-Heinz und Sie mir nun eigentlich sagen wollen. Allerdings ist es mir mittlerweile auch egal. Diskussionen auf diesem Niveau bringen selten was.
PS: Gerade mal geschaut. Zwei Spitzenplätze in den Amazon-Bestsellerlisten für Titel von Michael Lüders. Der arme Mann! Kritische Geister haben’s wirklich schwer in dieser von dunklen Medienmächten geprägten Pseudo-Demokratie.
@Earendil:
Sehen sie, das ist doch genau das was ich meine: wahrscheinlich, weniger wahrscheinlich… mehr bekommt man selten an Information wenn es sich um einen Krieg handelt. Aber stichhaltige Fakten, die gibt es praktisch nie. Deshalb plädiere ich auch dafür nicht so zu tun als ob es sie gäbe.
Wenn ich mir überhaupt einer Sache sicher bin, dann der, dass jede Seite Verantwortung trägt. Und daraus folgt für mich, dass jede Seite sich zunächst einmal der eigenen Verantwortung stellen sollte.
Wenn eine Mitarbeiterin der UN sagt, dass Rebellen Giftgas eingesetzt haben, dann ist das recht verlässlich. Insbesondere Carla del Ponte sagt so etwas nicht einfach so. Mehr „Beweise“ gibt es recht selten in einem Krieg. Es gibt aber auch andere frühere UN-Inspektoren, die klar aussagen, dass auch die Rebellen Giftgas einsetzen (was dann ja auch bedeutet, dass sie darüber verfügen). Und zumindest sollten uns solche Informationen doch sehr skeptisch sein lassen, wenn irgend jemand uns erzählen will generell nur die syrische Regierung könne für Giftgasangriffe verantwortlich sein.
Was das Know-How dazu angeht: Sie wissen aus welchen Reihen die Rebellen ihre Kämpfer u. a. rekrutieren? In Sachen Giftgas stellt sich da kein Know-how-Problem!
Sie wollen von mir einen Beleg dafür, welche Gruppierungen in diesem Zeitraum um diese Region gekämpft haben? Wie sollte ein solcher Beleg denn bitteschön aussehen? Belegt ist, dass diese Region immer wieder umkämpft ist, insbesondere von al-Nusra und IS. Mehr ist da nicht zu belegen. Denn meine Aussage lautet ja nicht: die waren es. Meine Aussage lautet: vorsicht mit vorschnellen Urteilen, die Lage dort ist komplexer.
Umgekehrt gilt: wer behauptet dass es die syrische Regierung war, der ist in der Beweispflicht. Es wäre an ihnen lückenlos zu beweisen, dass es Regierungstruppen waren – mit Fakten und ohne „wahrscheinlich“…
Kein Land hat ein Interesse an einem Krieg mit Assad? Wozu wird er dann geführt?
Danke für den Link, ich habs der späten Stunde wegen überflogen. Aber klar: das sind Hochrechnungen, da kann man sich streiten wie viele Zivilisten es wirklich waren. Vielleicht war es auch nur ein toter Zivilist pro Airstrike. Das wären dann 11.000 Tote. Ist das dann akzeptabel?
Und wenn man sieht „wofür“ diese Menschen gestorben sind… Da muss der Westen einfach mal selbstkritisch sein. Und so lange er das nicht ist, ist jede Kritik an anderen scheinheilig und jedes Gerede von westlichen Werten ein Schlag in das Gesicht der Opfer und ihrer Angehöriger.
@Axel:
Ihre Kritik setzt voraus, dass sie es ihm unterstellen.
Es geht mir auch weniger darum, wie sie nun diesen letzten Satz bewerten. Als überzogen empfinde ich die Bewertung, dass er damit alles relativiert, was er vorher gesagt hat.
Wissen sie ich frage mich da: was soll der gute Mann denn nun noch machen? Er ist selbstkritisch, er entschuldigt sich für Ungenauigkeiten, er stellt nochmal alles klar. All das tut er geduldig und sachlich und ohne irgendwie groß anderen Schuld zu zu weisen.
Und dann ist da dieser eine Satz – ein verschwindend kleiner Teil seiner Stellungnahme – und schon zählt alles andere was er geschrieben hat nicht mehr. Die kleinste sich bietende Gelegenheit ihn wieder zu verurteilen wird genutzt, aufgeblasen und ausgeschlachtet!
Natürlich, können sie machen, Axel. Aber sachlich ist das dann nicht mehr.
Was ich übrigens erschreckend finde: Frau von der Leyen hat bei Anne Will schwerwiegende Unwahrheiten von sich gegeben, einen völkerrechtswidrigen Angriff als richtig bezeichnet, aber über eine Stellungsnahme von ihr werden wir uns hier wahrscheinlich niemals streiten können – einfach weil es eine solche wohl niemals geben wird!
Btw: „dunkle Medienmächte“, „Pseudo-Demokratie“ – hat das irgend einen Bezug zu dem was ich bislang geschrieben habe? Verwechseln sie mich mit jemandem.
@ Mark, 146:
Wie schon gesagt meine ich, dass man Lüders Buch lesen müsste, um Sicherheit darüber zu gewinnen, worauf seine Beweisführung genau stützt.
@ alle:
Wenn Lüders sich gegen eine eindeutig unredliche und unsachliche Diffamierung wehrt, dann heißt das nicht, dass er sich (ungerechtfertigt) als „Opfer“ darstellt. Sich gegen so etwas zu wehren, ist das gute moralische Recht von jedem und sollte kein Anlass für Kritik sein. Auch wer eigene Fehler einräumt, kann zugleich in angemessener Weise ungerechte Kritik als ungerecht benennen. Ungerechte Kritik als gerecht zu akzeptieren oder zu ihr zu schweigen, kann man von niemandem verlangen.
(Ganz allgemein zum Giftgas: Man könnte sich ja auch mal die Frage des „cui bono“ stellen.)
Wir können uns doch sicher alle auf folgende Punkte einigen:
– Lüders hat Fehler gemacht und diese eingeräumt. Dass über diese Fehler berichtet wird, ist in Ordnung.
– Lüders ist aber nicht der einzige, der Fehler gemacht hat. Was sich von der Leyen und Theveßen geleistet haben, als sie erklärten, die UNO habe das Regime für den Giftgaseinsatz in Ghuta verantwortlich gemacht, wiegt weit schwerer als das, was Lüders „verbrochen“ hat. (Das kann man sich einfach klarmachen: Man stelle sich einmal vor, Lüders hätte umgekehrt behauptet, dass die UNO die Rebellen offiziell für den Giftgasangriff verantwortlich gemacht habe!) Über von der Leyens Einlassungen zum Völkerrecht gar nicht zu reden.
– Viele Medien sind mit Sicherheit weit einseitiger und unvorsichtiger in ihrer Berichterstattung und Wertung der Ereignisse in Syrien als Lüders. Die BILD etwa scheint deutlich weniger Zweifel daran zu haben, wer Giftgas eingesetzt hat, als Lüders. Was sie schreibt (und nicht sie allein) klingt jedenfalls deutlich apodiktischer als alles, was Lüders formuliert.
– Es wäre daher absolut angebracht, mindestens genauso sehr – wenn nicht weit mehr – über das Versagen von von der Leyen, Theveßen und zahllosen (anderen) Journalisten zu diskutieren. (Das heißt nicht, dass man Lüders nicht kritisieren soll; ich meine nur, dass man andere AUCH kritisieren sollte.)
– Es wäre auch dringend einzufordern, dass besagte Personen erst recht ihr Fehlverhalten einräumen und ihr Bedauern ausdrücken.
– Würden von der Leyen und die entsprechenden Journalisten ihre weit größeren Fehler auch nur halb so klar bedauern wie Lüders, dann könnten wir uns „von und zu schreiben“.
– Das geschieht aber jeweils nicht, und viel öffentliche Kritik gibt es auch nicht.
– Mit anderen Worten: Wer das herrschende westliche Narrativ entschieden infragestellt, der muss damit rechnen, dass sehr viel kritischer Maßstäbe an ihn angelegt werden als an diejenigen, die sich in ihm bewegen und es verteidigen.
– Diese Diskrepanz und Doppelmoral lässt sich nicht sachlich und rational erklären, und auch nicht durch „Zufall“. Sie setzt vielmehr ein außerordentlich hohes Maß an Parteilichkeit und Voreingenommenheit voraus.
Können wir uns hierauf einigen? Oder stellt das jemand hier substantiell infrage?
@ Mark, 146 nochmals:
Ich hatte Lüders so verstanden, dass er sich auf das Interview beruft, um zu zeigen, dass es in der Obama-Regierung Zweifel an der Urheberschaf von Assad gab. Ich hatte Lüders aber nicht so verstanden, dass er direkt aus dem Interview seine These herleitet, dass diese Zweifel die Ursache des Rückziehers der Obama-Regierung waren. Das folgt m.E. jedenfalls nicht eindeutig aus seiner Formulierung. Wobei ich jetzt auch nicht ganz sicher bin, welche Formulierung Sie meinen.
Es kommt hinzu, dass man sich während eines Interviews zudem auch mal schlecht oder potentiell missverständlich ausdrücken kann – wie gesagt könnte hier m.E. nur ein Blick ins Buch eine zufriedenstellende Antwort geben.
„Können wir uns hierauf einigen?“
Noch mal treffend zusammengefasst.
Dass von der Leyen und Theveßen so schlecht informiert sein könnten , dass die beiden in Sachen UNO/Ghuta versehentlich die Unwahrheit sagen könnten, empfinde ich allerdings als sehr freundliche Auslegung der Möglichkeiten.
Das Thema ist nicht sonderlich neu und auch nicht von peripherer Bedeutung.
@Mathias / #151:
„Sehen sie, das ist doch genau das was ich meine: wahrscheinlich, weniger wahrscheinlich… mehr bekommt man selten an Information wenn es sich um einen Krieg handelt.“
Das ist bei sehr vielen Sachverhalten so, nicht nur im Krieg. Daraus aber abzuleiten, man könne ja gar nichts richtig wissen, ist genau falsch und letztlich vernunftfeindlich, denn es ignoriert einfach die vorhandenen Indizien. Es sind eben nicht alle Varianten gleich wahrscheinlich.
Auch der menschengemachte Klimawandel – neben tausend anderen Dingen – ist nicht absolut sicher, sondern „nur“ sehr wahrscheinlich. Sollen wir deshalb die verfügbaren Indizien außer Acht lassen uns so tun, als wüssten wir nix?
Die verfügbaren Indizien aus Syrien reichen aus, um zu sagen, dass das Baath-Regime sowohl 2013 nahe Damaskus und jüngst in Chan Scheichun in größerem Stil Sarin eingesetzt hat. Wenn Herr Lüders das bestreitet und behauptet, die Indizien sprächen überwiegend dafür, dass diese Giftgaseinsätze auf Rebellengruppen zurückgingen, ist das schlicht falsch.
„Es wäre an ihnen lückenlos zu beweisen, dass es Regierungstruppen waren – mit Fakten und ohne „wahrscheinlich“…“
So hätten Sie das gern, wie? Dass man belegfrei jeden Unsinn in Erwägung ziehen darf, solange die wahrscheinlichste Version nicht „lückenlos“ zu beweisen ist? Ähm, nö.
„Wenn eine Mitarbeiterin der UN sagt, dass Rebellen Giftgas eingesetzt haben, dann ist das recht verlässlich.“
Wenn sie keine stichhaltigen Indizien vorbringen kann, dann nicht. So ist das ein reines Autoritätsargument. Auch respektable Personen reden hin und wieder leichtfertig daher oder dummes Zeug. Und es dürfte nicht schwierig sein, andere respektable Leute zu finden, die davon ausgehen, dass die Giftgasangriffe vom Regime ausgingen – was für sich genauso wenig Beweiskraft hätte.
„… wenn irgend jemand uns erzählen will generell nur die syrische Regierung könne für Giftgasangriffe verantwortlich sein.“
Nicht generell, sagt auch niemand. Aber in den beiden schwerwiegendsten Fällen war es halt aller Wahrscheinlichkeit nach das Regime.
„Sie wissen aus welchen Reihen die Rebellen ihre Kämpfer u. a. rekrutieren? In Sachen Giftgas stellt sich da kein Know-how-Problem!“
Doch. Einen Sarineinsatz kriegt nicht jeder Soldat oder Chemiker problemlos hin, und die nötige Technik haben sie erst recht nicht einfach so. Bekanntlich hat nichtmal Daesh bislang in größerem Umfang Sarin eingesetzt, und die haben auch Ex-Militärs in ihren Reihen und sicher keine Skrupel. Beim syrischen Regimemilitär steht hingegen außer Frage, dass sie Technik und Know-How besitzen.
„Sie wollen von mir einen Beleg dafür, welche Gruppierungen in diesem Zeitraum um diese Region gekämpft haben? Wie sollte ein solcher Beleg denn bitteschön aussehen?“
Na wie sowas immer aussieht. Es ist zwar etwas unübersichtlich, aber an sich lässt sich schon einigermaßen eruieren, welche Gruppen wann wo aktiv sind. Wenn man jedenfalls behauptet, der Giftgaseinsatz könnte was mit Kämpfen zwischen verschiedenen Islamisten (etwa al-Nusra vs. Daesh) zu tun haben, muss man schon zeigen, dass es solche Kämpfe in dem Zeitraum dort überhaupt gab. Auf der ständig aktualisierten Wikipedia-Karte zum syrischen Bürgerkrieg oder auf der „map of Syrian civil war“ ist jedenfalls derzeit keine IS-Aktivität in der Gegend verzeichnet.
„Kein Land hat ein Interesse an einem Krieg mit Assad?“
Kein westliches Land.
Ihre Hochrechnung zu Libyen entbehrt genauso jeder Grundlage wie die verlinkte. Bewiesen sind 72 zivile Todesopfer durch die Luftangriffe der Koalition, seriöse Schätzungen liegen m.W. im dreistelligen Bereich.
„Was sich von der Leyen und Theveßen geleistet haben, als sie erklärten, die UNO habe das Regime für den Giftgaseinsatz in Ghuta verantwortlich gemacht, wiegt weit schwerer als das, was Lüders „verbrochen“ hat.“
Naja. Der UN-Report zu Ghuta durfte bekanntlich die Schuldfrage ausdrücklich nicht thematisieren, sonst hätte Russland die ganze Untersuchung verhindert. Die im Report gesammelten Fakten lassen sich aber trotzdem als Indizien dafür werten, dass der Giftgaseinsatz von Regierungstruppen ausging. Insofern war die Aussage von Theveßen zwar falsch, aber kaum skandalös.
@LLL, 154:
„Ich hatte Lüders aber nicht so verstanden, dass er direkt aus dem Interview seine These herleitet, dass diese Zweifel die Ursache des Rückziehers der Obama-Regierung waren. Das folgt m.E. jedenfalls nicht eindeutig aus seiner Formulierung. Wobei ich jetzt auch nicht ganz sicher bin, welche Formulierung Sie meinen. “
Ich meine konkret folgende Formulierung von Lüders (bei Lanz):
„…aber im letzten Moment hat Obama Ende August 2013 nicht den Angriffsbefehl gegeben, sondern hat den Angriff gewissermaßen vertagt. Er hat gesagt „Assad ist Schuld, aber soll doch der Kongress über diesen Angriff abstimmen.“ Warum hat er diesen Einsatz nicht befohlen? Weil seine eigenen Geheimdienste ihm gesagt haben: „lieber Präsident: vorsichtig!“ (anschließend kommt Lüders sofort auf deren Zweifel über die Herkunft der Giftgase zu sprechen).
–> Hier benennt Lüders meines Erachtens ganz klar die Zweifel als Ursache des Rückziehers.
“ wie gesagt könnte hier m.E. nur ein Blick ins Buch eine zufriedenstellende Antwort geben.“
Ich kaufe mir gerne ein Buch von jemandem, der mit schlüssigen und belegbaren Argumenten für sein Buch wirbt. Wenn seine öffentlichen Argumente und Belege aber von niedriger Qualität sind (obwohl er ja Gelegenheit hat, sich auf das Lanz-Interview vorzubereiten und sozusagen die stichhaltigsten Argumente aus seinem Buch auszuwählen), sehe ich keine Grund, auch noch Geld und Zeit in sein Buch zu investieren.
Dessen ungeachtet: Wenn jemand Lüders‘ Buch vorliegen hat und hier seine Quellen angeben kann (oder z.B. auch prüfen kann, ob er auch im Buch das Atlantic-Interview als Beleg für obiges Argument nutzt), begrüße ich das ausdrücklich.
@Earendil:
Grundsätzlich gilt: wenn sie etwas als Fakt darstellen ist es an ihnen entsprechende Beweise zu erbringen. Sie sprechen von Indizien und konstruieren daraus Wahrscheinlichkeiten. Wahrscheinlichkeiten beweisen nichts. Sie haben somit keine Fakten – das ist Fakt!
(Und mehr habe ich von meiner Seite aus nicht zu belegen. Denn ich persönlich habe weder eine abschließende Meinung, noch eine Präferenz hinsichtlich der Schuldfrage in Sachen Giftgasangriffe)
Was den aktuellen Angriff angeht so fällt auf, dass sie hier schon etwas abschließend bewerten, was noch nicht mal für die seriöse Experten abschließend geklärt ist.
Und was ganz allgemein an ihrer Argumentation auffällt ist, dass sie sich auf Wahrscheinlichkeiten berufen – von mir aber Beweise fordern.
Und wenn ich ihnen Wahrscheinlichkeiten nenne, z. B. für einen Giftgas mit Sarin durch die Rebellen, den Carla del Ponte für die UN untersucht hat, dann finden sie Gründe dies für nicht wahrscheinlich zu halten.
Respektable Leute reden für sie dann „leichtfertig daher oder dummes Zeug“. Experten können sich täuschen, könnte man da jetzt noch anfügen (hat es ja alles schon gegeben). Aber: was gilt denn dann überhaupt noch? Was wird aus ihren Indizien und Wahrscheinlichkeiten? Wovon sind die denn dann noch getragen, außer von ihrem Glauben?
Und wenn sie schon in einer einfachen Diskussion mit zweierlei Maß messen was ist denn dann von ihrer Bewertung von Indizien und den daraus folgenden Urteilen zu halten? Sind die dann ausgewogen? Noch dazu wenn sie abschließende Urteile fällen bevor Experten vor Ort dies tun können?
Vielleicht bleiben sie ja doch besser bei ihrer ersten Version aus #148:
„Nein, sicher ist es nicht, dass Sarin in den beiden „großen“ Fällen von Regimeseite eingesetzt wurde. Es ist aber wahrscheinlich. Andere Versionen sind weniger wahrscheinlich.“
@Earendil:
Was die Kampfaktivitäten in Region Chan Scheichun angeht akzeptieren sie als Beleg die „ständig aktualisierten Wikipedia-Karte zum syrischen Bürgerkrieg“? Ist das ihr Ernst? Wer aktualisiert die denn ihrer Meinung nach? Und selbst wenn es „respektable Personen“ wären, woher wissen wir, dass die dann nicht wieder „leichtfertig daher oder dummes Zeug“ reden?
Kein westliches Land hat Interesse am Krieg in Syrien? Gut, dann können die beteiligten Nato-Staaten ja abziehen und aufhören, „gemässigte“ Rebellen (Islamisten) zu unterstützen. Den Krieg würde das verkürzen, was für die Menschen vor Ort ein Segen wäre, auch wenn Assad dann wohl vorerst an der Macht bliebe.
Hochrechnung zu Lybien? Ich habe keine Hochrechnung erstellt. Sie beziehen sich auf ein Kommentar von LLL (glaube ich). Ich habe das lediglich aufgegriffen.
Und auch wenn ich selbst solch einer Hochrechnung skeptisch gegenüber stehe. Wenn man die Zahl der Airstrikes nimmt und in Relation zu den Opfern stellt, dann ist es wahrscheinlich, dass es weit mehr als eine dreistellige Anzahl waren (Gerade hier könnten sie mal wirklich gut mit Wahrscheinlichkeiten argumentieren, denn hier geht es tatsächlich um Zahlen).
Was den UN-Sicherheitsrat angeht: dass man sich dort selten einig wird ist bekannt. Dass sich die Beteiligten dafür gegenseitig die Schuld geben auch. In der Regel sind alle Parteien dafür verantwortlich, dass keine Resolution zustande kommt und nicht nur Russland/China. Da sollte man fair bleiben.
@LLL:
Vielleicht ist das hilfreich:
„James Clapper, director of national intelligence, told Obama that intel on Syria’s use of sarin gas, while robust, was not a “slam dunk““
Hayder al-Khoei, Chatham House (britischer Think-Tank)
„What I was told by intelligence sources at the time was that the evidence against Assad was anything but a slam dunk. It was not even “robust”“
Robert Parry, Consortiumnews (https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Parry_(Journalist))
Es gab offenbar erhebliche Zweifel der US-Geheimdienste an Assads Verantwortung für die Giftgasangriffe in Ghuta. Was in Obamas Kopf konkret vorging weiß nur er selbst. Dass die Expertise seiner Geheimdienste eine gewichtige Rolle bei seiner Entscheidung gespielt haben dürfte ist aber naheliegend.
@ Mark, 158:
„–> Hier benennt Lüders meines Erachtens ganz klar die Zweifel als Ursache des Rückziehers. “
Sicher. Aber es sagt nicht, dass seine Belegquelle das erwähnte Interview ist, wie Sie dies anscheinend verstanden hatten.
Im Übrigen hat er in der Zeit, die ihm gegeben war, seine Thesen dargelegt. Damit war die Zeit dann aber auch schon recht gut ausgefüllt. Um auf einzelne Quellen einzugehen – oder gar einen Überblick über die Quellen im Allgemeinen zu geben – wäre wohl mehr Zeit vonnöten gewesen.
@ Mathias: Klingt plausibel – vor allem, wenn sich noch zeigen sollte, dass eine große zeitliche Nähe zwischen Obamas Rückzieher und der Warnung seiner Geheimdienste liegt.
Im Hinblick auf die Resolutionen wird argumentiert, dass die vorgelegten Resolutionen eine indirekte Schuldzuweisung beinhalteten und womöglich auch ein militärisches Eingreifen hätten legitimieren können:
https://propagandaschau.wordpress.com/2017/04/13/syrien-wdr-verschweigt-erneut-gruende-fuer-russlands-ablehnung-einer-un-resolution/
Ich habe das nicht nach-recherchiert, möchte es aber mal verlinken.
@LLL:
Die zeitliche Nähe zu Obamas Entscheidung war wohl gegeben.
Zum westlichen Resolutionsentwurf:
Er fordert die Syrische Regierung auf „Zugang zu Luftwaffenstützpunkten zu gewähren und Flugpläne des Militärs vom Tag der Explosion offen zu legen.“ (Tagesschau.de) Laut dem Jan van Aken (Linkspartei, ehemal. UN-Inspektor) ist das ein Forderung, die man in einem solchen Fall in Diplomatenkreisen für grundsätzlich unannehmbar hält (vgl. Anne Will). Generell wäre die Untersuchung, nur beim syrischen Militär und nicht bei der Gegenseite erfolgt – und demnach bereits hier vorverurteilend einseitig gewesen.
Weiterhin gab es die Forderung „eine Untersuchung des Angriffs einzuleiten“. Danach sollten „Sanktionen gegen das syrische Regime“ verhängt werden (Francois Hollande – RP-online). Er enthielt demnach eine Vorverurteilung Syriens – es sollte klar sein, dass das für Russland, als Verbündeten, ebenfalls unannehmbar ist.
„Der Entwurf, so Moskaus Begründung, könnte, da er ein militärisches Eingreifen der Weltgemeinschaft in Syrien nicht ausschließt, zu einer Wiederholung des „libyschen Szenarios“ führen, wo der Sturz von Gaddafi die Lage nicht stabilisiert habe. Russland, das fürchtet, ein Bürgerkrieg in Syrien könnte auf die ganze Region übergreifen, werde sein Bestes tun, um das zu verhindern, sagte Außenminister Sergej Lawrow.“ (Cicero)
at LLL
Ein Link zur „Propagandaschau“-Webseite?
Da wird sich Herr Niggemeier aber freuen, daß in seinem Blog nun für solche „Qualitätsmedien“ geworben wird.
Aber klar, Sie haben es „nicht nachrecherchiert“. Das passiert bei Ihnen ja ab und an, daß Sie gerne auf etwas hinweisen, was Sie noch nicht geprüft (oder manchmal angeblich noch gar nicht gelesen) haben. Sie wollen dann ja auch nur neue Punkte in die Diskussion einbringen. Ganz bestimmt.
Übermedien, neue Heimat nun auch für das Russia-Today-Publikum. Glückwunsch an die Hausherren.
@Mathias: Meine Güte, so ziemlich unser gesamtes Wissen besteht aus Wahrscheinlichkeiten. Wir wissen auch „nur“ wahrscheinlich, dass, wann und warum die Dinosaurier ausgestorben sind, dass es erdähnliche Planeten auch außerhalb unseres Sonnensystems gibt, dass in China jedes Jahr eine vierstellige Zahl von Menschen hingerichtet wird… Jedes Gerichtsurteil ist eine Wahrscheinlichkeitsabwägung. Welche objektiven Wahrheiten sind denn bitte unzweifelhaft?
Die Abwesenheit von unzweifelhaften Wahrheiten entbindet uns aber nicht davon, verfügbare Indizien zu prüfen und zu bewerten – im Gegenteil, denn andernfalls hätten wir das ja gar nicht nötig. Sie verweigern sich dem jedoch und beschränken sich darauf, schlecht oder gar nicht begründete Zweifel zu säen und größtmögliche Verwirrung zu stiften. Bei Ihnen zumindest hat die Propaganda ihr Ziel erreicht.
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/propaganda-beim-giftgasangriff-in-syrienkonflikt-kolumne-von-sascha-lobo-a-1141980.html
Ich messe auch nicht mit zweierlei Maß, ich erwarte von Ihnen nur, was andere auch tun. Mit „Belegen“ meine ich natürlich keine unumstößlichen Beweise, sondern nach den üblichen Regeln von Vernunft und Logik nachvollziehbare Begründungen, Indizien, Argumente, unter Zugrundelegung einigermaßen verlässlicher Quellen (die es selbst für Syrien durchaus gibt). (Aber für mich brauchen Sie damit jetzt auch nicht mehr anzufangen, ich bin erstmal raus.)
Abschließend: Wenn Sie nichts wissen wollen, ist das Ihre Sache. Aber tun Sie bitte nicht so, als könne man nichts wissen.
Der Nebel lichtet sich, es wird immer deutlicher,
deutlich in Anlehnung einer Schlagzeile der großen roten deutschen Zeitung
„Thomas keilt gegen Lüders, um Niggemeier zu treffen …….“
Lassen wir ihn laufen solange die Luft reicht.
Noch kurz zu #160: Und weil der Resolutionsentwurf keine ergebnisoffene Untersuchung verspricht*, bemüht man sich nicht etwa darum, dass eben ergebnisoffen nach allen Seiten ermittelt wird, sondern verhindert, dass die Schuldfrage überhaupt gestellt wird. Klar. Wenn man die Täter schützen will, macht das durchaus Sinn – ansonsten eher nicht.
at Karl-Heinz
„lassen wir ihn laufen“
Wenn Sie nun wirklich meinen sollten, mit dem Hausherrn hier in einem Boot zu sitzen, sind Sie vermutlich doch noch: benebelt.
„Der UN-Report zu Ghuta durfte bekanntlich die Schuldfrage ausdrücklich nicht thematisieren, sonst hätte Russland die ganze Untersuchung verhindert. Die im Report gesammelten Fakten lassen sich aber trotzdem als Indizien dafür werten, dass der Giftgaseinsatz von Regierungstruppen ausging. Insofern war die Aussage von Theveßen zwar falsch, aber kaum skandalös.“
Der Report ist halt so, wie er ist. Im Ergebnis hat die UN eben keine Aussage zur Schuldfrage. Wenn die beiden jetzt immer noch -als Widerrede zu einem korrekten Statement dazu- behaupten, die UN habe sich offiziell festgelegt, finde ich das im Vergleich zu Lüders‘ Autorenverwechslung weniger nachvollziehbar.
Weil es sich dabei um die berühmte „Rote Linie“ handelt, halte ich in dieser Sache penible Genauigkeit für eine legitime Forderung.
@LLL und zu der ganzen „The Atlantic“-Interview-Thematik bzw. der allgemeineren Frage, ob Lüders in seinem Buch bessere Belege liefert als im TV:
Im Buchladen fiel mir nun doch Lüders‘ Buch in die Hände und ich fand folgenden Abschnitt (beginnt mit einer Überschrift, die ich leider nicht notiert habe), die in diesem Zusammenhang wohl der relevante Abschnitt ist (wie lang darf ein Zitat sein? Ich zitiere hier in voller Länge, um keine Verzerrungen entstehen zu lassen und um unter anderem deutlich zu machen, dass sich in diesem gesamten Abschnitt nur eine einzige Quellenangabe befindet, ich habe sie mit ** markiert):
„Inmitten dieser Aufregung Ende August bekam Obama während des allmorgendlichen Briefings zur Sicherheitslage überraschend Besuch von James Clapper, dem obersten Chef sämtlicher US-Geheimdienste. Er machte den Präsidenten darauf aufmerksam, dass die Täterschaft Assads keinesfalls bewiesen sei. Wörtlich sagte Clapper: „This is not a slam dunk.“ Ein slam dunk bezeichnet beim Basketball einen sicheren Korbleger von oben. Ganz offenkundig spielte er damit auf den Satz des ehemaligen CIA-Chefs George Tenet an, der im Vorfeld des Irakkrieges versichert hatte, Saddam verfüge über „Massenvernichtsungswaffen“: „This is a slam dunk“ *(61)*
Wenn aber das Assage-Regime für den Giftgas-Angriff nicht verantwortlich war oder zumindest ernste Zweifel angebracht erscheinen, wer war es dann? Als mögliche Urheber kommen auch die Aufständigen in Frage. Wollten sie die USA mit Hilfe eines Angriffs unter falscher Flagge zum aktiven Kriegseintritt drängen? Am 30. Auguststanden fünf Arleigh-Burke-Lenkraketenzerstörer im Mittelmeer bereit und warteten auf den Angriffsbefehl zum Abschuss ihrer Tomahawk-Marschflugkörper. Mehrere B-52-Bomber auf verschiedenen Luftwaffenbasen waren ebenfalls startklar. Die gesamte militärische Infrastruktur Syriens sollte zerstört werden, Waffenlager ebenso wie Kasernen, Öldepots oder Stromtrassen. Das Land wäre in Grund und Boden gebombt worden. In dem Fall würde heute wohl entweder die Flagge der Nusra-Front oder des IS über den Ruinen von Damaskus wehen.
Doch wie aus heiterem Himmel machte Obama eine Wende um 180 Grad. Die Worte Clappers hatten ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt. Am 31. August erklärte der US-Präsident im Rosengarten des Weißen Hauses, das Assad-Regime sei zwar verantwortlich für die Giftgas-Attacke, doch habe er beschlossen, den amerikanischen Angriff zu verschieben. Zunächst sollte dazu der Kongress befragt werden. Nicht einmal seine engsten Vertrauten hatte Obama über die Kehrtwende informiert. Entsprechend fassungslos fielen ihre Reaktionen aus, allen voran von der UN-Botschafterin Samantha Power, Außenminister Kerry und Hillary Clinton, den großen Wortführern des regime change in Syrien.
Auf die Frage, ob Assad überhaupt noch die Möglichkeit habe, einen amerikanischen Angriff abzuwehren, anwortete Kerry eine Woche später auf einer Pressekonferenz in London wie beiläufig: Ja, indem er seine Chemiewaffen unter internationel Kontrolle stelle und vernichten lasse. „Aber wir allen wissen, dass das nicht geschehen wird.“ In dem Fall drohe Syrien ein „unglaublich kleiner Angriff“, „sehr gezielt“, „begrenzt“, „wirklich unglaublich klein“.“
Fußnote *(61)* liefert hinten im Buch folgendes: Vgl. Jeffrey Goldberg, The Obama Doctrine, in: The Atlantic, April 2016, S. 11.
Es gibt eine ganze Menge über diesen Abschnitt zu sagen, ich belasse es bei ein paar Feststellungen:
– Lüders hält offenbar eine einzige (!) Quellenangabe für ausreichend, nämlich dort, wo er sich auf das direkte Zitat „slam dunk“ bezieht. Für die Häufung an direkten Zitaten am Ende des Abschnitts hält er keine Quellenangabe für notwendig. Auch für die andere wichtige Aussagen, insbesondere die, dass das „Land in Grund und Boden gebombt worden“ wäre, liefert er keine.
– Lüders stellt im Buch (deckungsgleich mit den TV-Auftritten) die These auf, die Einschätzung von Clapper sei DER HAUPTGRUND für Obamas Kehrtwende gewesen.
– Streng genommen nennt er nicht das Atlantic-Interview als Quelle, sondern gar keine (denn die Quellenangabe (61) bezieht sich ja auf das direkte Zitat und nicht auf die These).
– Man behalte im Kopf, dass Lüders im TV ausdrücklich auf sein Buch und dessen Quellenangaben verwies!
– Wenn Lüders das Atlantic-Interview als Beweis für seine These anführt (im Buch tut er dies nicht eindeutig, dann aber fehlt insgesamt die Quelle – im TV führt er ausdrücklich den Atlantic an (Anne Will)), dann bleibt wiederum festzustellen: Im Atlantic-Interview wird eine ganz andere Erklärung für Obamas Zurückhaltung genannt, nämlich strategische Überlegungen darüber, dass ein Militärschlag nicht den gewünschten Erfolg bringen würde.
– Die ganze Sache (Clapper-Aussage führt zu Kehrtwende) bleibt eine These von Lüders, sie ist nicht (wie Lüders jedoch suggeriert!) von Obamas eigenen Aussagen gestützt.
– Fazit bleibt für mich: Der Umgang mit Quellen lässt AUCH IM BUCH sehr zu wünschen übrig. Ist Lüders ein Fake-News Verbreiter? Nein. Ist Lüders ein guter Journalist? Nein. (Selbst ein Schüler würde ein einer Facharbeit über sagen wir, Milchprodukte in China, mehr Quellen angeben als Lüders in dieser sehr heiklen und wichtigen Angelegenheit!)
– Interessant ist aber auch, dass Lüders‘ Aussagen im Buch sehr viel zurückhaltender sind als im TV. Man vergleiche nur seine Aussage im TV (dass wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit inzwischen von einem Angriff unter falscher Flagge ausgehen müssten) mit seiner Aussage im Buch („Wenn aber das Assage-Regime für den Giftgas-Angriff nicht verantwortlich war oder zumindest ernste Zweifel angebracht erscheinen, wer war es dann? Als mögliche Urheber kommen auch die Aufständigen in Frage.“)
@ Mark:
Danke für die Mühewaltung. Persönlich sehe ich das etwas weniger streng.
– „Streng genommen nennt er nicht das Atlantic-Interview als Quelle, sondern gar keine (denn die Quellenangabe (61) bezieht sich ja auf das direkte Zitat und nicht auf die These).“
Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Quellenangabe nur auf das Zitat oder den ganzen vorhergehenden Abschnitt bezieht. Hier wäre es natürlich interessant zu wissen, was tatsächlich in 61 (dem Goldberg-Artikel) steht. Vielleicht liefert die Quelle tatsächlich Argumente für Lüders konkrete These und geht auch auf das Interview ein. In diesem Fall ließe sich höchstens formale Kritik an der Platzierung der Fußnote setzen, aber keine inhaltliche formulieren. [Nachtrag: Genau so wie von mir vermutet scheint es zu sein, s.u.]
– Die Zitate, die Lüders nicht belegt, dürften vermutlich alle leicht recherchierbar und von den Mainstream-Medien kolportiert worden sei. In einem wissenschaftlichen Buch sollte jede Kleinigkeit belegt sein. Für ein normales Sachbuch ist wichtig, dass sich ohne großen Aufwand alles rekonstruieren lässt. Andernfalls würde man hier vermutlich strengere Maßstäbe an Lüders anlegen als an andere Autoren. [Nachtrag: Anscheinend stammen sie auch aus dem Goldberg-Artikel, der unter Fußnote 61 angegeben wird. Wurde aber offenbar nicht kenntlich gemacht.]
Ergänzung: Ich habe mir gaaaaanz kurz den Goldberg-Artikel aus Fußnote 61 angesehen. Nicht gelesen, nur nach entsprechenden Sätzen gesucht. Gefunden:
„Obama was also unsettled by a surprise visit early in the week from James Clapper, his director of national intelligence, who interrupted the President’s Daily Brief, the threat report Obama receives each morning from Clapper’s analysts, to make clear that the intelligence on Syria’s use of sarin gas, while robust, was not a ’slam dunk‘. He chose the term carefully. Clapper, the chief of an intelligence community traumatized by its failures in the run-up to the Iraq War, was not going to overpromise, in the manner of the onetime CIA director George Tenet, who famously guaranteed George W. Bush a ’slam dunk‘ in Iraq.
While the Pentagon and the White House’s national-security apparatuses were still moving toward war (John Kerry told me he was expecting a strike the day after his speech), the president had come to believe that he was walking into a trap—one laid both by allies and by adversaries, and by conventional expectations of what an American president is supposed to do.
…
He asked McDonough, his chief of staff, to take a walk with him on the South Lawn of the White House. Obama did not choose McDonough randomly: He is the Obama aide most averse to U.S. military intervention, and someone who, in the words of one of his colleagues, ‚thinks in terms of traps‘.“
https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2016/04/the-obama-doctrine/471525/
Für mich jedenfalls klingt das eher danach, dass hier (auch) von einer Falle im Sinne von einer möglichen „False-Flag-Attacke“ die Rede ist, durch die die USA in den Krieg gezogen werden sollten. Jedenfalls scheint mir diese Interpretation dieser Passage absolut vertretbar zu sein, wenn man bedenkt, dass Obamas Sorge, in eine „Falle“ zu gehen, direkt im Zusammenhang mit den Zweifeln an der Urheberschaft des Regimes geäußert werden.
Ich weiß natürlich nicht, wie Goldberg im Einzelnen genau zu seinen Thesen kommt (er zitiert auch das Atlantc-Interview, aber ich habe nicht den Eindruck, dass das seine einzige Quelle war). Und ich weiß nicht, wie seriös Goldberg ist (er scheint allerdings ein renommierter Journalist zu sein). Aber jedenfalls hat Lüders hier tatsächlich eine Quelle angegeben, die – falls sie denn glaubwürdig ist – seine im entsprechenden Abschnitt formulierten Thesen relativ gut belegt (und auch seine entsprechende Bemerkung bei Lanz).
Klar kann man sagen, dass das Bild, das Goldberg zeichnet, dann immer noch komplexer ist als das, was Lüders in dem Lanz-Interview präsentiert hat – Goldberg beschreibt eine komplexe Motivationlage bei Obama. Aber das ist ja auch eine Zeitfrage. Jedenfalls habe ich nicht den Eindruck, dass Lüders etwas verfälscht oder sinnentstellend aus dem Kontext gerissen hätte.
Und Lüders Formulierung, dass Obama „erkannt“ habe, dass er in eine Falle gelockt werde, wäre demnach wohl nicht ganz passend, und man hätte besser beispielsweise formuliert, dass er (laut Goldberg) eine Falle „vermutete“; aber solche Zuspitzungen und Ungenauigkeiten kommen auch anderen Leuten bei Interviews unter.
Es ist m.E. nicht ganz unproblematisch, die Seriosität eines Autors und seines Umgangs mit Quellen zu beurteilen, ohne sich die Quellen selbst angesehen zu haben. Nicht böse gemeint: Aber Sie sind hier, so habe ich den Eindruck, ein wenig strenger mit Lüders als mit sich selbst. Zuerst hatten Sie seine Seriosität beurteilt, ohne in das Buch zu sehen, und nun ohne seine Quellen zu prüfen. Würden Sie ihm so ein Vorgehen auch durchgehen lassen?
Korrektur:
Ich hatte geschrieben:
“ Jedenfalls scheint mir diese Interpretation dieser Passage absolut vertretbar zu sein, wenn man bedenkt, dass Obamas Sorge, in eine „Falle“ zu gehen, direkt im Zusammenhang mit den Zweifeln an der Urheberschaft des Regimes geäußert werden.“
Sollte heißen:
„…wenn man bedenkt, dass Obamas Sorge…direkt im Zusammenhang mit den Zweifeln an der Urheberschaft des Regimes erwähnt wird.“
@Earendil:
Wollen sie mir ernsthaft vorwerfen, ich würde keine Indizien prüfen und bewerten? Lesen sie bitte mal meine Kommentare. Und bleiben sie sachlich.
Das, was ich jedoch nicht mache ist, so zu tun, als wenn die Indizienlage ausreichend für eine Vorverurteilung ist – insbesondere wenn selbst unabhängige Experten noch nicht zu einem abschließenden Urteil gekommen sind.
Und zeigen sie mir eine Aussage von mir, die ich nicht auch nachvollziehbar begründet habe! Meine Quellen sind u. a.
– Professoren westlicher Universitäten
– Experten westlicher Think-Tanks
– Experten der Vereinten Nationen (UN)
– Journalisten wie Robert Parry, Jef Goldberg, e.t.c.
Um es ganz klar zu sagen: Das was sie hier schreiben ist schlichtweg falsch.
Zu dem Lobo-Artikel: Keine einzige meiner Quellen stammt aus RT oder den Sozialen Medien. Mich damit in Verbindung bringen zu wollen ist einfach nur unseriös.
Insgesamt ist selbst ihre gegen mich gerichtete Argumentation unsachlich, tendenziös und löchrig wie ein Schweizer Käse!
Und natürlich messen sie mit zweierlei Maß. Eine Untersuchung des UN-Hockommissariats von der ehemaligen Richterin des Internationalen Gerichtshofes für Menscherechte tun sie als „dummes Zeug“ ab.
Gleichzeitig geben sie in weiten Teilen ihre Quellen nicht preis oder stützen sich auf nicht nachprüfbare Augenzeugenberichte. Argumente, die sie nicht widerlegen können ignorieren sie völlig.
@Thomas:
Es geht ihnen noch gar nicht darum, ob die Information von LLL zum Resolutionsentwurf seriös ist. Das hätten sie ganz einfach anhand der von mir nachgereichten Quellen (Tagesschau.de, Cicero, Francois Hollande – siehe #164) erkennen können.
Ihnen geht es erkennbar nicht um eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema!
@LLL&Mark:
Aus #161:
„What I was told by intelligence sources at the time was that the evidence against Assad was anything but a slam dunk. It was not even “robust”“
Robert Parry, Consortiumnews (https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Parry_(Journalist))
Robert Parry scheint zusätzliche Quellen in US-Geheimdiensten zu haben. Und wenn ich mich recht entsinne hat auch Lüders immer wieder mal von vorliegenden Geheimdienstinformationen gesprochen (die er im Buch sicherlich nicht als Quelle angegeben konnte.)
@LLL&Mark
Link zum Artikel von Robert Parry:
https://consortiumnews.com/2016/03/10/neocons-red-faced-over-red-line/
@LLL:
Ich verweise hier nur kurz auf meine Beiträge #104 und 108 –> Ich habe das Atlantic-Interview sehr wohl gelesen – genau das war ja der ursprüngliche Anlass für meine Bedenken: Lüders benutzt ein Interview als Quelle das, wenn man es vollständig liest (nicht nur auszugsweise) gerade NICHT das belegt, wofür Lüders es heranzieht. Der Artikel behauptet NICHT davon, dass Zweifel an der Assad-Täterschaft DIE Ursache für Obamas „Kehrtwende“ war. Vielmehr legt der Atlantic die Sache viel differenzierter dar: Die Hauptursache war – zumindest soweit eben dieser Artikel geht – die Tatsache, dass Obama nicht in ein weiteres kriegerisches Chaos im nahen Osten geraten wollte. Das ist die „trap“, von der hier die Rede ist. Die „trap“ so auszulegen, dass es sich um einen „Angriff unter falscher Flagge handelt“ und dies zur Kehrtwende führte ist entweder falsch interpretiert oder irreführend, finde ich.
Nochmal: Lüders selbst verweist auf die Quellen in seinem Buch und auf den Atlantic. Ich lese zunächst den Atlantic und äußere meine Kritik. Daraufhin wird gesagt, ich solle das Buch lesen, da fänden sich sicherlich weitere Belege bzw. erst wenn ich es gelesen hätte könnte ich diese Kritik äußern. Ich lese das Buch (oder zumindest den entsprechenden Ausschitt) und lege meine Bedenken dar. Daraufhin wird gesagt, ich sollte die Quelle lesen. Diese habe ich bereits gelesen. Die Sache dreht sich im Kreis.
PS. Goldberg-Artikel und Obama-Interview sind übrigens ein und die selbe Quelle. Der Goldberg-Artikel im Atlantic IST das Interview mit Obama (soweit veröffentlicht).
@ Mathias: Danke für den Link!
@ Mark:
Vielleicht liegt die Hauptdifferenz einfach darin, dass wir den Artikel jeweils anders interpretieren: Ich verstehe ihn so, dass für Obama auch die Angst, in eine Falle zu gehen, eine wesentliche Rolle spielte (laut Artikel). Dies ist nicht das einzige Motiv, aber wie gesagt halte ich es für legitim und keine Verfälschung, ein einzelnes Motiv herauszugreifen.
Des Weiteren verstehe ich den Artikel wie gesagt so, dass mit „trap“ durchaus eine „False-Flag“- Operation gemeint sein dürfte. Unmittelbar, nachdem von Zweifeln an Assads Urheberschaft die Rede ist, wird dann gesagt, dass Obama eine Falle vermutete. Bereits dies legt einen Zusammenhang nahe.
Und man beachte folgenden Teilsatz über die Falle:
„…the president had come to believe that he was walking into a trap—one laid both by allies and by adversaries, and by conventional expectations of what an American president is supposed to do…“
Die Falle beruht demnach auch, aber eben nicht allein auf „konventionellen“ Erwartungen. Sondern es ist die Rede davon, dass sie (zielgerichtet) von menschlichen Akteuren aufgestellt wurde, wobei zuerst von den [syrischen] Verbündeten die Rede ist. Das klingt ganz danach, dass bestimmte Leute sich eine Falle ausgedacht und sie aufgestellt haben, in der sie Obama einfangen wollten – anders jedenfalls ergibt der Satz nicht viel Sinn.
Selbst wenn man das anders interpretiert, halte ich die gerade genannte Interpretation wie gesagt zumindest für legitim und naheliegend. Ich würde sogar behaupten, dass die allermeisten Leute, die den gesamten Text lesen, die Sache so verstehen werden. Wenn man wenigstens dies einräumt, dann ist Lüders Argumentation legitim und nachvollziehbar.
Der Artikel von Goldberg selbst ist übrigens doch mehr als ein Interview mit Obama. Er beruht zwar auch auf einem Interview mit ihm, aber auch auf Interviews mit anderen Personen (und mit ziemlicher Sicherheit auch auf Hintergrundsgesprächen und Beobachtungen).
@LLL:
Sie haben Recht, dass unsere Interpretationen auseinander gehen und wir müssen uns auch nicht in letzter Konsequenz einigen.
Ich will dennoch darlegen, warum ich nicht wie Sie zu dem Schluss komme, „dass die allermeisten Leute, die den gesamten Text lesen, die Sache so [dass mit „trap“ eine „false flag“-Angriff] verstehen werden.“
Der Artikel behandelt nämlich in seiner Gesamtheit die Gemengelange in Syrien, die dazu führen könnte, dass sich eine Militärintervention als ähnlich problematisch erweist wie zuvor Afghanistan und Irak. DAS ist die Falle, in die Obama nicht geraten will.
Wenn mit „trap“ ein „false flag“-Angriff gemeint wäre, würde Goldberg das m.E. auch explizit aussprechen. Denn: Ein „false flag“-Angriff wäre eine so enorm bedeutungsvolle Sache, dass man sie nicht in unklarer /mehrdeutigen Wötern (und „trap“ ist ein sehr mehrdeutiges Wort, wie unten ersichtlich) verstecken würde.
Statt von einem „false-flag“-Angriff zu sprechen wählt Goldberg den Begriff „trap“, da er damit eben nicht eine BESTIMMTE, in der Vergangenheit gelegte Falle („false-Flag“-Angriff, der er als solchen benennen könnte) meint, sondern die Tatsache, dass sich eine militärische Intervention zu einer Falle entwickeln könnte, aus der die USA nicht mehr so leicht herauskommen. Obama macht sich, wenn von „Falle“ die Rede ist über die FOLGEN einer Militärintervention Gedanken:
„Late on Friday afternoon, Obama determined that he was simply not prepared to authorize a strike. He asked McDonough, his chief of staff, to take a walk with him on the South Lawn of the White House. Obama did not choose McDonough randomly: He is the Obama aide most averse to U.S. military intervention, and someone who, in the words of one of his colleagues, “thinks in terms of traps.” Obama, ordinarily a preternaturally confident man, was looking for validation, and trying to devise ways to explain his change of heart, both to his own aides and to the public. He and McDonough stayed outside for an hour. Obama told him he was worried that Assad would place civilians as “human shields” around obvious targets. He also pointed out an underlying flaw in the proposed strike: U.S. missiles would not be fired at chemical-weapons depots, for fear of sending plumes of poison into the air. A strike would target military units that had delivered these weapons, but not the weapons themselves.
Obama also shared with McDonough a long-standing resentment: He was tired of watching Washington unthinkingly drift toward war in Muslim countries. Four years earlier, the president believed, the Pentagon had “jammed” him on a troop surge for Afghanistan. Now, on Syria, he was beginning to feel jammed again.“
Zu Ihrem Zitat:
„…the president had come to believe that he was walking into a trap—one laid both by allies and by adversaries, and by conventional expectations of what an American president is supposed to do…“
–> Vor diesem Zitat ist vom berühmten „slam dunk“ die Rede. Damit ist aber mitnichten gemeint: „Seien Sie vorsichtig, denn es war vermutlich ein Angriff unter falscher Flagge.“ Sondern vielmehr: „Seien Sie vorsichtig, wir könnten uns hier in etwas ähnliches verwickeln wie im Irak.“
Ihr Zitat weiter:
„Die Falle beruht demnach auch, aber eben nicht allein auf „konventionellen“ Erwartungen. Sondern es ist die Rede davon, dass sie (zielgerichtet) von menschlichen Akteuren aufgestellt wurde, wobei zuerst von den [syrischen] Verbündeten die Rede ist.“
Wie kommen Sie zu dem Zusatz „[syrischen]“? Welche syrische Alliierte hatten die USA zu diesem Zeitpunkt? (Das ist keine rhetorische Frage, ich frage es mich ernsthaft). Allgemein gelten glaube ich die „moderaten Rebellen“ als die Partei(en), die von den USA unterstützt werden. Der Giftgas-Angriff, soll aber laut Lüders im „falsche Flagge“-Szenario von Al-Nusra durchgeführt worden sein. Al-Nusra ist neben dem IS offizieller Feind der USA (und der westlichen Koalition), also alles andere als Verbündete.
Vielmehr sind m.E. verbündete Staaten der USA gemeint, die mit einem Militärschlag der USA rechnen bzw. diesen erwarten. Obama wollte nicht den Fehler machen, sich durch diese Erwartungen in eine Falle locken zu lassen.
Man kann über den Artikel und Obamas Aussagen vortrefflich diskutieren, wie ich merke. Lüders diskutiert diesen Artikel jedoch nicht (weder in seinem Buch noch im TV), sondern stellt es so dar, als würde der Artikel seine krude These beweisen, dass die Möglichkeit eines „false flag“-Angriffs DIE ENTSCHEIDENDE URSACHE für Obamas Kehrtwende war. Meiner Meinung nach will er Obama als vertrauenswürdige Quelle hierfür benutzen – dies ist aber ein Missbrauch. Die These bleibt einzig und allein Lüders‘ eigene These, und die Belege dafür sind nicht sehr stark.
@ Mark:
Dass mit den „Verbündeten“ die verbündeten Anrainer-Staaten gemeint sind, kann gut sein; da korrigiere ich mich.
„Vor diesem Zitat ist vom berühmten ’slam dunk‘ die Rede. Damit ist aber mitnichten gemeint: ‚Seien Sie vorsichtig, denn es war vermutlich ein Angriff unter falscher Flagge.‘ Sondern vielmehr: ‚Seien Sie vorsichtig, wir könnten uns hier in etwas ähnliches verwickeln wie im Irak.'“
Die m.E. naheliegendere und auch eher am Wortlaut orientierte Paraphrase ginge so: „Sein Sie vorsichtig, wir haben keinen eindeutigen Beweis dafür, dass es wirklich das Regime war. [Es könnte womöglich doch auch die Opposition gewesen sein – wir können das jedenfalls nicht sicher ausschließen.]“
Um wirklich zu wissen, wie Goldberg die Rede von der „trap“ gemeint hat, müssten wir ihn fragen (und wir könnten ihn dann auch noch fragen, worauf er seine Interpretation genau stützt).
Um hingegen zu wissen, ob Lüders Interpretation zumindest naheliegend und legitim ist, müssten wir verschiedene Leute – am besten solche, die sich mit Syrien und der amerikanischen Syrien-Politik auskennen – fragen, wie sie den Goldberg-Artikel verstehen.
Nehmen wir einmal im Sinne einer Arbeitshypothese an, dass Lüders Interpretation naheliegend und legitim wäre (was Sie bezweifeln). Dann wäre es m.E. nicht irreführend, wenn Lüders als Begründung für den amerikanischen Rückzieher die Angst vor einer Falle angibt. Zwar wäre dies nur ein Aspekt von mehreren – zumindest aber wohl ein zentraler. Goldberg erwähnt ihn als ersten Gesichtspunkt und geht ausführlicher auf ihn ein.
Nicht jede Teilwahrheit ist eine Halbwahrheit; Lüders würde hier keine Informationen weglassen, deren Kenntnis dazu führen würde, dass seine Thesen glaubwürdiger erscheinen würden, als sie tatsächlich sind.
Ich selbst hätte allerdings in etwa geschrieben in der Art wie: „Insbesondere die Angst, in eine Fall zu treten, führte zum Rückzieher Obamas.“
Dennoch halte ich diese Ungenauigkeit für nicht allzu bedeutend und gehe davon aus, dass man vergleichbaren oder gravierendere Ungenauigkeiten oft begegnet.
@LLL&Mark:
Mit „slam dunk“ ist ein eindeutiger Beweis für die Verantwortung des syrischen Regimes für die Giftgasangriffe gemeint. Das ist sogar tatsächlich die einzige Interpretation die ich bislang gesehen habe – bei zahlreichen unabhängigen Experten (u. a. Hayder al-Khoei – Chatham House (britischer Think-Tank, Robert Parry – Consortiumnews, e.t.c. )
Und ich zitiere auch nochmal Robert Parry:
„What I was told by intelligence sources at the time was that the evidence against Assad was anything but a slam dunk. It was not even “robust”“
(https://consortiumnews.com/2016/03/10/neocons-red-faced-over-red-line/)
– „evidence“ bezieht sich auf die Giftgasangriffe von Ghuta.
– Parry hat neben den Informationen von Goldberg weiterführende Gehemdienstquellen…
Btw: Ich finde es vorbildlich wie sachlich und fair ihr das ausdiskutiert. Und wenn ihr euch am Ende „zweinigt“ (erkennen dass man sich nicht einig werden kann und es freundschaftlich dabei belassen), dann ist das echt keine Schande!
Ergänzend zum Thema, Ray McGovern (ehemal. US-Geheimdienst):
(https://www.youtube.com/watch?v=wnITcUQiK1Y)
„Die Beweise stanken. Wir wussten, dass die Türken den Transport von Vorstufen chemischer Waffen ermöglicht hatten und zwar genau in das Gebiet in Syrien, an dem der chemische Angriff erfolgte. Wir erfuhren von unseren Kollegen, dass es viel eher die Rebellen gewesen waren, die das in einer klassischen False Flag Attack getan hatten, um Obama zu einem offenen Krieg gegen Syrien zu verleiten. Er sollte in eine Falle gelockt werden.
Doch die Geheimdienste wollten dabei nicht mitmachen.
Was geschah noch? General Dempsey, der Vorsitzende der Stabschefs (Chairman of the Joint Chiefs of Staff), ging diese Nacht, am 30. August 2013, zum Präsidenten und sagte: “Herr Präsident, ich habe von meinen Kollegen in London gehört, dass das Sarin-Gas, das außerhalb von Damaskus eingesetzt worden ist, nicht das ist, das von der syrischen Regierung gelagert wird. Sie sollten Vorsicht walten lassen, einen Krieg zu beginnen, aufgrund von Vorkommnissen, die sehr nach einer Mausefalle aussehen.“ Und so änderte der Präsident seine Meinung.“
@ Mathias:
Vielen Dank für das Interview. Es gibt mittlerweile auch ein Trankript auf den Nachdenkseiten.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=38084
@Mathias & LLL:
Ich bedanke mich ebenfalls für die sachliche Diskussion.
Wir werden nicht zur gleichen Meinung gelangen, aber wir haben uns (kann ich für meinen Teil jedenfalls sagen) sachlich vor Augen geführt, warum man die Dinge auch anders sehen kann.
Um etwaige Unklarheiten zu beseitigen:
„Mit „slam dunk“ ist ein eindeutiger Beweis für die Verantwortung des syrischen Regimes für die Giftgasangriffe gemeint.“
Hier sind wir uns völlig einig. Diese Bedeutung von „slam dunk“ wollte ich nicht in Abrede stellen. Ich stelle die VERBINDUNG zwischen „trap“ und „not slam dunk“ in Abrede. Weil für die „trap“ nämlich (u.a. in meinem gelieferten Atlantic-Zitat) eine Vielzahl von künftigen Szenarien genannt werden, die dazu führen könnten, dass sich die USA mit einem Militärschlag erneut in ein militärisches Chaos (Irak, Afghanistan) geraten. Die Tatsache, dass es sich unter Umständen um einen false-flag Angriff gehandelt haben könnte (mit „not slam dunk“ sagt Clapper allerdings nur, dass man nicht zu 100% von einer Assad-Anschlag ausgehen kann) ist ein Faktor von vielen. Der GAU wäre sozusagen: „Stellt euch vor, wir geraten in ein weiteres militärisches Chaos, das sich über Jahre hinzieht – und am Ende stellt sich auch noch heraus, dass der Auslöser (der Giftgasanschlag) gar nicht von Assad ausging. All diese Faktoren (Wahrscheinlichkeit eines Chaos + Wahrscheinlichkeit, dass es kein Assad-Anschlag war) müssen wir in Betracht ziehen.“
Es mag erbsenzählerisch wirken, aber ich finde eben schon, dass es einen großen Unterschied macht, ob man Obamas Entscheidung auf einen einzigen Faktor reduziert (wie es m.E. Lüders eindeutig tut) und damit die Aussage „not a slam dunk“ (= nicht 100%) in eine verkehrt, die nahelegt: „inzwischen müssen wir davon ausgehen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht Assad für den Anschlag verantwortlich war, sondern die Rebellen“ (sinngemäß hat das Lüders ja im TV so gesagt – im Buch formuliert er, wie ich selbst zitiert habe, sehr viel zurückhaltender: „Wenn aber das Assage-Regime für den Giftgas-Angriff nicht verantwortlich war oder zumindest ernste Zweifel angebracht erscheinen, wer war es dann? Als mögliche Urheber kommen auch die Aufständigen in Frage.“).
Zu den Aussagen von Ray McGovern: Diese sind wirklich um ein Vielfaches eindeutiger als das Atlantic-Interview und als die Aussage von Clapper. Ich frage mich also ernsthaft, warum weder Goldberg noch Lüders nicht einfach diese Quelle als Beleg für ihre Aussagen herangezogen haben? Das ist ja der eigentliche Auslöser für meine Bedenken: Warum nennt Lüders keine Quellen, die seinen Theorien BESSER belegen als der Atlantic-Artikel?
Ich weiß nicht viel über Ray McGovern. Laut Wikipedia war er bis 1990 CIA-Analyst. Das ist 27 Jahre her. Mich würde interessieren, wie er dann noch 2013 solch direkte Einblicke in die Entwicklungen gehabt haben kann und zu Schlüssen kommt, die offenbar auch von Medienvertretern, die diese Information ja als sehr wertvoll betrachten müssten (z.B. eben Lüders) nicht aufgegriffen werden. (Das ist erneut keine rhethorische Frage, es interessiert mich ernsthaft).
Im übrigen finde ich es „beruhigend“ (wenn man in diesen schlimmen Zuständen überhautp von Beruhigung sprechen kann), dass Obamas Entscheidung aufzeigt, dass die Neocons eben nicht die alleinige Stimme in der US-Regierung sind und offenbar in diesem Fall Meinungsvielfalt und das Abwägen vieler Faktoren zu einer Entscheidung geführt haben, die kriegerische Automatismen unterlaufen konnte (was natürlich nicht heißt, dass es in diesem schrecklichen Krieg, der in Syrien herrscht „gute Entscheidungen“ gäbe – jede Entscheidung scheint eher wie die Entscheidung für das „kleinere“ unter mehreren sehr schlimmen Übeln…) Wenn man die Komplexität der Entscheidungsprozesse betrachtet kann einem nur Angst und Bange werden, wenn man nun an Trump denkt…
@ Mark:
Auch ich finde die Diskussion angenehm sachlich.
Lüders (inzwischen relativierte) Aussage aus der Talkshow, dass es sehr wahrscheinlich ein False-Flag-Angriff war, stützte sich wohl auf mehrere Quellen, nicht allein auf den Goldberg-Artikel. Inwieweit diese Quellen (etwa die gravierenden Anschuldigungen der beiden türkischen Abgeordneten) überzeugend sind, ist dann natürlich wieder eine andere Frage.
Warum Lüders McGovern nicht anführt, ist mir unklar. Sind Sie sicher, dass er das nirgendwo im Buch tut?
Wie gut McGoverns Verbindungen die Geheimdienste noch sind, weiß ich natürlich auch nicht. Immerhin nennt er Ross und Reiter, führt also detailliert aus, was wer wann wo (angeblich) gesagt hat.
In „alternativen“ Medien wurde teilweise auf McGoverns Kritik hingewiesen. In den Mainstream-Medien allerdings offenbar nicht oder kaum (wenn ich bei Google „McGovern“ und „Syrien“ – mit Anführungsstrichen zur exakten Suche – eingebe, finde ich jedenfalls auf den ersten drei Seiten kein einziges Mainstream-Medium, das dort aufgeführt würde.
Ähnlich war es ja auch, als beispielsweise der frühere technische Direktor der NSA, William Binney, zusammen mit anderen ehemaligen Geheimdienstlern vehement gegen die These argumentierte, dass die Demokraten vom Ausland (d.h. Russland) aus gehackt wurden. Ich weiß nicht, ob Binney und co. recht haben, man hätte aber zumindest darüber berichten. Auch das geschah offenbar (so gut wie?) überhaupt nicht.
Oder noch ein Beispiel: Der frühere Direktor des amerikanischen Militärgeheimdienstes beschuldigte die US-Regierung, wesentlich für die Entstehung des IS mitverantwortlich zu sein (siehe #67). Ein ehemaliger CIA-Analyst, der den Kongress in Sicherheitsfragen berät, bestätigte dies ausdrücklich. Auch hier scheint kaum ein deutsches Mainstream-Medium das berichtet zu haben; bei meiner kurzen Suche fand ich jedenfalls wieder kein einziges.
Dabei wären das doch zumindest interessante Meldungen (die man dann natürlich auch selbstredend sachlich kritisieren könnte). Ich sehe schon die (wie üblich zugespitzte) BILD-Schlagzeile vor mir: „Amerikanische Top-Geheimdienstler enthüllen: USA sind selbst schuld am IS!“
Aber das wird wohl kaum so kommen. Geht es dagegen um Russland, werden selbst höchst fragwürdige Zeugen gerne genommen. Siehe etwa – als ein Beispil von etlichen – den Übermedienartikel „Noch ein Igor als Zeuge: Das ZDF verkämpft sich gegen Putin“:
https://uebermedien.de/12843/noch-ein-igor-als-zeuge-das-zdf-verkaempft-sich-gegen-putin/
Oder man google nach dem Nachdenkseiten-Artikel „Anzeichen von Schizophrenie im Kanzleramt?“
(Um nicht missverstanden zu werden: Es geht mir hier nicht darum, dass man Russland oder andere „offizielle Feinde des Westens“ nicht gerne scharf kritisieren sollte – wobei man sich da dann natürlich auf ernstzunehmende Argumente stützen und nichts konstruieren sollte. Es geht mir um die offensichtliche Voreingenommenheit und Doppelmoral.)
Man hat einfach das Gefühl, dass sehr große Teile der Medien nicht möglichst neutral und umfassend berichten, sondern sich einer Sichtweise verpflichtet fühlen, die mit den sicherheits- und außenpolitischen Vorstellungen, Interessen, Diskursen und Narrativen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer engen Bündnispartner kompatibel ist. Das Ergebnis ist dann – einmal ganz hart formuliert – kein Journalismus mehr, auch kein mangelhafter, sondern Propaganda. In (sehr) wichtigen Fragen kann man den Medien IMHO nicht (mehr?) vertrauen, dass sie ein weitgehend unparteiisches Bild der Wirklichkeit zeichnen.
Hätte man mir vor einigen Jahren gesagt, dass ich zu dieser Einstellung komme, so hätte ich das nicht geglaubt. Inzwischen sehe ich mich leider zu einer solchen Haltung gezwungen.
Wenn man die allgemeine Medienkritik Kritik an Lüders wegen einer kleinen Ungenauigkeit mit derjenigen an der Verteidigungsministerin misst, wird in den Medien mit sehr verschiedenen Ellen gemessen. Dass von der Leyen keine Ahnung von der UNO-Charta zu haben scheint, finde ich doch sehr viel allarmierdender als die Frage, ob nun Dündar selber oder ein anderer Autor der Zeitung Cumhuriyet über Gifgastransporte bzw. Transporte von Giftgasbestandteilen geschrieben hat. Frei nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ wird vom offensichtliche Fauxpas (oder sind es gar Lügen?) der Verteidigungsministerin abgelenkt. Wenn es in den Leitmedien nicht mehr erlaubt ist, offizielle Narrative in Frage zu stellen, ist die Pressefreiheit gestorben. Im deutschsprachigen Raum sind wir bereits so weit, und das erfüllt mich mit Sorge.
@ LLL:
Ich habe nicht Lüders‘ gesamtes Buch nach Quellen von McGovern durchforstet, werde dies aber bei nächster Gelegenheit nachholen. Auf den Fußnoten 49 – 65 findet sich sein Name definitiv nicht. (Das ist das Umfeld der Fußnote 61, die ich zitiert hatte und müsste einen großen Teil des Syrien-Kapitel umfassen). Wenn Lüders McGovern an einer anderen Stelle zitieren sollte, dann würde das als mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zumidnest nicht zu der hier diskutierten Passage gehören.
Das mag nun ein wenig ins off-topic abdriften, aber ich finde es problematisch, den Medien allgemein (oder „sehr großen Teilen der Medien“, was ja fast aufs Gleiche hinausläuft) zu unterstellen, parteiisch zu sein. Jeder Journalist und jedes journalistische Medium hat die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie sie berichten wollen. Medienfreiheit ist ein sehr hohes Gut und in Deutschland gibt es zum Glück eine große Medienvielfalt.
Auch Lüders und andere werden ja nicht davon abgehalten, ihre Meinungen zu publizieren. Das einzige Kriterium ist: Ihre Argumente müssen überzeugen und die Belege stichhaltig sein. Selbst wenn sie das nicht sind, dürfen sie sie veröffentlichen. Man kann ihnen dann aber auch widersprechen. Das gilt für Lüders und für alle Medien – sei es die Bild oder die Nachdenkseiten.
Es ist aber im Kern nicht unbedingt Ziel von Medien, möglichst neutral und umfassend zu berichten. Das hieße ja: Einfach kommentarelos alles widergeben, was einem in welcher Form auch immer unterkommt. Eine wichtige Funktion von Medien ist es auch, Spreu von Weizen zu trennen – sonst kann sich der Leser ja gleich selbst durch den unendlichen Wust an Informationen wühlen (ein bei der gegenwärtigen Datenflut wohl hoffnungsloses Unterfangen).
Zuletzt will ich noch sagen, dass es m.E. ein Fehlschluss ist, hinter einer Nicht-Veröffentlichung durch Medien gleich auf eine ideologische Motivation zu schließen, ohne andere Optionen abzuwägen. Es kann auch einfach sein, dass sich die Behauptungen nicht verifizieren (oder zumindest mit ausreichenden Indizien untermauern) ließ.
Als Beispiel erinnere ich nur an das berüchtigte Trump-Russland Dossier, das im Januar 2017 auf BuzzFeed veröffentlicht wurde
(https://en.wikipedia.org/wiki/Donald_Trump–Russia_dossier)
Dieses war zuvor schon monatelang in Umlauf. Keine der „etabierten Medien“ hat es gedruckt. Und das OBWOHL sehr vielen von ihnen rein IDEOLOGISCH betrachtet daraus ja nur Vorteile hätten ziehen können (viele der etablierten Medien sind Anti-Trump). Sie haben es jedoch nicht veröffentlicht. Warum? Weil es sich nicht von unabhängigen Quellen ausreichend verifizieren oder zumindest erhärten ließ.
Und das, obwohl auch dieses Dokument, wie wir inzw. wissen, von einem sehr renommierten Geheimdienstmitarbeiter des MI6 stammt. (evtl. Vergleichbar mit McGovern?)
Um hier wieder auf den eigentlichen Vorwurf an Lüders und damit auf die Zeitung Cumhuryet zurückzukommen: Von Sarinlieferungen in die Türkei war in Cumhuryet tatsächlich die Rede, wie Lüders richtiggestellt hatte. Hier z.B. der Beitrag vom 29.12.2015 in Bezug auf einen Sarintransport von der Türkei nach Syrien im 2013: http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/turkiye/455713/Sarin_Gazi_Davasi_nda_karar_verildi__Eren_Erdem_hakli_cikti.html#
Ich selber spreche leider kein Türkisch, habe aber Informationen dazu auch auf Englisch gefunden (Belfast Telegraph, 14.12.2015). Es geht darum, dass Eren Erdem, Abgeordneter der Republikanischen Volkspartei im türkischen Parlament auf den abrupt geschlossenen Kriminalfall einer Lieferung von Substanzen für chemische Waffen von der Türkei nach Syrien aufmerksam machte: „Erdem showed parliament copy of the criminal case (number 2013/120) that was opened by the General Prosecutor’s Office in the city of Adana in southern Turkey. He said evidence from that this case shows various Turkish nationals were dealing directly with Isis and other terrorist groups in Syria, supplying them with sarin gas.“
http://www.belfasttelegraph.co.uk/news/world-news/sarin-gas-materials-sent-to-isis-from-turkey-claims-mp-eren-erdem-34286662.html
„Fake News“ sind für mich etwas anderes, und ich finde, gerade die Leitmedien nehmen ihre Verantwortung nicht ernst genug, die wirklichen „Fake News“ zu hinterfragen, und dann wird – wie im Falle von Lüders – eine Mücke zum Elefanten gemacht, wohl nicht zuletzt, um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken (Stichwort Lückenpresse).
@ Mark:
Ich weiß nicht, ob man das wirklich so vergleichen kann. Es scheinen mir da doch einige Unterschiede zu bestehen. Wenn es beispielsweise darum geht, dass eine einzelne Person belastet wird, dann ist das nochmals etwas andere als eine allgemeine Analyse.
Eine näherliegende Analogie wäre etwa, dass der frühere Chef eines wichtigen russischen Geheimdienstes (gleichrangig zum früheren DIA-Direktor) schwere Vorwürfe gegen seine eigene Regierung erhebt, die in die Richtung gehen, dass Russland aus ideologischer Verblendung heraus wesentlich mit zum Aufstieg des IS beigetragen hat. Dies wäre mit ziemlicher Sicherheit beichtet worden – darauf würde ich einen erheblichen Betrag wetten.
Dass die Pressefreiheit wichtig ist, gestehe ich sofort zu; aber das ist eine andere Frage als die, ob diese Freiheit auch gut genutzt wird. Da ist meine Antwort: Zu großen Teilen eindeutig nein. Mit der Vielfalt ist es nicht weit her. Das sieht ja sogar Steinmeier so, der sagte:
„Vielfalt ist einer der Schlüssel für die Akzeptanz von Medien. Die Leser müssen das Gefühl haben, dass sie nicht einer einzelnen Meinung ausgesetzt sind. Reicht die Vielfalt in Deutschland aus? Wenn ich morgens manchmal durch den Pressespiegel meines Hauses blättere, habe ich das Gefühl: Der Meinungskorridor war schon mal breiter. Es gibt eine erstaunliche Homogenität in deutschen Redaktionen, wenn sie Informationen gewichten und einordnen. Der Konformitätsdruck in den Köpfen der Journalisten scheint mir ziemlich hoch.
Das Meinungsspektrum draußen im Lande ist oft erheblich breiter. Wie viele Redakteure wollen Steuersenkungen, Auslandseinsätze, Sanktionen? Und wie viele Leser? Journalisten müssen nicht dem Leser nach dem Munde schreiben, genauso wenig, wie wir Politiker nur auf Umfragen starren sollten. Aber Politiker und Journalisten gleichermaßen sollten die Bedürfnisse ihrer Leser und Wähler nicht dauerhaft außer Acht lassen. (…)“
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/19854/steinmeier-beklagt-erstaunliche-homogenitaet-und-konformitaetsdruck-in-medien/
Natürlich drückt Steinmeier sich diplomatisch aus – in der Sache ist sein Urteil aber ziemlich unschmeichelhaft. Aber keineswegs ungerecht, IMHO.
(Einen Großteil der Erklärung bieten m.E. Chomsky und Herman mit ihrem Propagandamodell. Ebenfalls wichtig ist das Indexing-Modell. Aber natürlich spielen noch andere Faktoren mit rein.)
Die Lage ist in der Tat sogar so, dass selbst teilweise „sensible“ Behauptungen, die leicht überprüfbar und nachweislich falsch sind, verbreitet und auch bei Hinweis auf ihre Falschheit nicht mal korrigiert werden. Und das IST schlimm. Ich gebe nur drei Beispiele. Da Beiträge mit zu viel Links offenbar leicht in der SPAM-Schleife landen, bitte ich darum, dass man es eigenständig googeln möge, was leicht sein sollte.
1. Bildblog: „Macht der Islam Jugendliche gewalttätig?“
Obwohl die Antwort laut Studie negativ ausfällt (ich habe das sogar persönlich anhand des Original-Studie überprüft), und obwohl das Bild-Blog sicher zur Kenntnis genommen wird, und obwohl das Thema ja gesellschaftlich äußerst brisant ist, gibt es offenbar keine Korrekturen. Weiterhin steht das genaue Gegenteil der Wahrheit unkorrigiert in zahlreichen Medien.
2. Norbert Häring: „ARD und ZDF machen unbeirrt weiter mit Fehlinformationen über Athen (mit Update 1.3.)“
3. Nachdenkseiten: „BILD keilt gegen FIFA, um Russland zu treffen – wie aus einer Posse ein Politikum wurde“
Bei Quelle 2 und 3 ist es am Besten, selbst kurz nachzusehen. Ob die in 3 kritisiert Falschmeldung von den Mainstream-Medien inzwischen korrigiert wurde, habe ich nicht nachgesehen (vermute aber, dass nicht).
Man könnte auch noch andere Beispiele nennen.
Es ist also durchaus möglich, dass in (fast) sämtlichen Qualitätsmedien im Hinblick auf ein gesellschaftlich relevantes und brisantes Thema eine Studie etwas Bestimmtes herausgefunden hat – selbst wenn die Studie nachweislich und leicht nachprüfbar das exakte Gegenteil dessen herausgefunden hat, was die Medien behaupten. Auf eine Berichtigung darf man dabei nicht hoffen.
Medien, die sich so verhalten, kann man m.E. in die Tonne treten. Ist hart gesagt, aber wenn bei wichtigen Themen nicht einmal ein minimaler Wille zur Wahrhaftigkeit festzustellen ist, worin besteht dann noch der Wert dieser Medien?
(Ach ja, man stelle sich mal vor, dass die AfD so agieren würde: Dass sie zuerst eine Studie über die Gewalttätigkeit von Muslimen zu Ungunsten dieser Muslime in ihr exaktes Gegenteil verkehrt und sich alsdann trotz klarer Beweislage standhaft weigert, sich zu korrigieren. Was gäbe das (zurecht) für eine Kritik von genau diesen Medien, die selbst kein Jota besser sind.)
Nur zur Ergänzung:
Was die erste Sache (Studie über gewaltbereite Muslime) angeht, so kritisiere ich nicht so sehr, dass man am Anfang die Sache falsch dargestellt hat. Das ist zwar auch peinlich, kann aber noch durch große Recherche-Faulheit erklärt werden. Dass man sich nicht korrigiert dann aber nicht mehr.
Und beispielsweise die Falschdarstellung von Varufakis – es ist übrigens keineswegs die einzige – ist offenkundig kein Ergebnis von Faulheit, sondern von Bösartigkeit: Vom Wunsch, die Leser/Hörer/Zuschauer in die Irre zu führen.
(Ich habe das noch aufgeschrieben, aber ich fürchte, allmählich kommen wir – insbesondere durch meine Schuld – in den OT-Bereich.)
@ LLL
Ich bin absolut Ihrer Meinung, was die vielen fehlenden Richtigstellungen in der Presse und die mangelnde Vielfalt in der Berichterstattung der Mainstream-Medien (MSM) im deutschsprachigen Gebiet anbelangt.
Interessant ist , dass 2015 von einer vermuteten Sarinlieferung aus der Türkei in den deutschen MSM absolut nichts zu lesen war, dabei war das alles ganz öffentlich kommuniziert worden, inklusive Verweis auf die Nummer des Kriminalfalls. Eine derart massive Unterschlagung von Alternativfakten zum Fall Ghouta 2013 betrachte ich schlicht und einfach als Zensur. Leute wie Lüders setzen sich über Tabus hinweg und machen indirekt auf Unterschlagungen aufmerksam, deshalb wurde m.E. wegen eines kleinen Irrtums eine üble und absolut überdimensionierte Diffamierungskampagne der MSM gegen ihn losgetreten.
P.S. Dass in der Traditionszeitung „Belfast Telegraph“ von Erdem berichtet wurde, könnte damit zu tun haben, dass Irland aus Neutralitätsgründen nicht aktiver NATO-Partner und dadurch unbefangener ist.
„Um was für einen Journalismus handelt es sich, der einen sprachlichen Fehlgriff eines Autors höher bewertet als die Falschaussage einer Bundesministerin vor einem Millionenpublikum? (…) Lüders‘ Aussagen werden als Axthieb auf eine Wirklichkeitskonstruktion verstanden, an der Politik und Leitmedien mit sehr viel Einsatz gemeinsam gebaut haben. (…) Wer die Diskussion um Lüders verfolgt, muss wissen: Es geht nicht nur darum, dass ein Autor etwas Falsches gesagt oder in seinem Werk an einigen Stellen vielleicht unzureichend recherchiert hat (das passiert jedem Journalisten in seinem Berufsleben). Die Arbeit von Lüders berührt die öffentliche Deutung über einen Krieg, bei dem – manch einer mag das nicht für möglich halten – geostrategische Interessen im Vordergrund stehen. Die Perspektivierungen von Lüders stören bei etwas, worum es in Kriegen immer geht: den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Feindbildern.“
ganzer Artikel hier: https://www.heise.de/tp/features/Urteil-vollstreckt-Michael-Lueders-ist-umstritten-3693138.html
@ Clivia:
Das mit Irland könnte wohl durchaus so sein. Sehr interessant finde ich, wo es um Bündnisrücksichten geht, auch Uwe Krügers Buch „Mainstream“ (das auch von Übermedien rezensiert wurde). Auch wenn es kein Ersatz für das Buch ist, könnte Sie vielleicht auch dieser Artikel von Krüger interessieren:
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2016/august/immer-einer-meinung
@ E:
Das sehe ich ähnlich. Nicht, weil ich etwas gegen (begründete) Kritik an Lüders hätte. Aber abgesehen von den Schwächen der Kritik, auf die Herr Niggemeier hinweist, ist es vor allem seltsam, dass Leute, die sich eindeutig mehr an Kritikwürdigem „geleistet“ haben als Lüders, scheinbar völlig „ungeschoren“ davonkommen, und dass sich die Medien hierfür augenscheinlich so gut wie gar nicht interessieren (siehe etwa auch # 153).
Das kann meines Erachtens nicht glaubwürdig als „Zufall“ erklärt werden, sondern hat offensichtlich System. Das wäre auch noch eine Antwort auf Mark, in Ergänzung zu # 191 und 192.
Interessant, wie sehr jemand wie Lüders, der endlich mal ein Lichtblick im heutigen Mainstream-Verlauf zu sein scheint, sofort zu verdrängen versucht wird. Möglichst wenig Wahrheit in den Talkshows – Möglichst kein Hinterfragen und Kritisieren der allgemeinen mediengelenkten Weltbilder. Na spitze.