Holger ruft an (178)

Wie lässt sich der politische Diskurs auf sozialen Plattformen retten?

Kaputtes X-Logo
Foto: IMAGO / NurPhoto

Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck will Kanzler werden und ist seit kurzem wieder bei X. Er wolle diesen Ort nicht den „Schreihälsen und Populisten“ überlassen, schrieb er vergangene Woche als Begründung für seine Rückkehr. Doch kann eine Plattform wie X, gerade in Hinblick auf den anstehenden Wahlkampf in Deutschland, wieder zu einem Ort des gesitteten politischen Diskurses werden, wenn die zurückkehren, die sich für die Anständigen halten?

Ingo Dachwitz, Redakteur bei netzpolitik.org, findet diese Position „naiv“. Er ist diese Woche zu Gast bei Holger Klein im Übermedien-Podcast und sagt, Habeck ignoriere, „dass die Algorithmen der Plattformen genau die Inhalte belohnen, denen er widersprechen möchte: die Lauten, die Lügenden, die Spaltenden“. Man habe im US-Wahlkampf wieder gesehen, „dass es eine ganz schlechte Idee ist, die Foren, in denen wir unsere politischen Debatten abhalten, der Willkür von Konzernen zu überlassen“.

Wie sehr könnte X-Eigner Elon Musk auch im deutschen Wahlkampf mitmischen? Welchen Einfluss haben die großen Plattformen und Desinformation überhaupt? Inwiefern unterscheidet sich die politische Öffentlichkeit in USA von der in Deutschland? Und wie müssten Plattformen konzipiert sein, auf denen Wut und Hass nicht mit Reichweite belohnt werden?

Darüber sprechen Holger Kleiner und Ingo Dachwitz in der neuen Folge „Holger ruft an…“:

(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)

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5 Kommentare

  1. Viele richtige und wichtige Punkte, allerdings „müssen“ Politiker dorthin, wo sich ihre (potenziellen) Wähler befinden. Oder eben zumindest dorthin, wo ein gewisses Medienecho erzeugt werden kann. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass hier X für Robert Habeck irgendeinen Vorteil bringen könnte. Mit „naiv“ ist das m.E. treffend beschrieben. Aber es gab wenigstens ein wenig Medienecho…
    Leicht abweichender Meinung bin ich allerdings bei den Alternativen bluesky und insbesondere Mastodon. Dort „trifft“ man halt seine (potenziellen) Wähler auch nicht an, oder zumindest viel zu wenige davon. Medienecho? Fehlanzeige! Mastodon hat nicht nur diesen merkwürdigen Namen, sondern ist für die Masse potenzieller Nutzer auch viel zu kompliziert. Allein die Einstiegshürde dürfte unbedarfte Nutzer:innen abhalten, sich dort anzumelden. Ganz davon zu schweigen, dass man dort kaum jemanden antrifft. Da ist man nach ein paar Tagen gleich wieder weg. Kurz: total unattraktiv. Da kann es noch so vernünftig aufgebaut sein und viele rationale Gründe mögen für eine solche föderierte Plattform sprechen, es bleibt ein nerdiges Nischenprodukt.

  2. Zum „nerdigen Nischenprodukt Mastodon“:
    Ich bin so alt, dass ich mich an eine Zeit erinnere, als Emails ein nerdiges Nischenprodukt waren.
    Es geht darum, Plattformen zu entwickeln, die dem sich weiter ändernden Medienverhalten gerecht werden können. Ich glaube nicht, dass die heute jungen User ein Problem damit haben, wie kompliziert Mastodon ist.
    Menschen, die mit dem Internet aufgewachsen sind, haben da ein weit intuitiveres Verständnis ( man könnte diskutieren, ob „intuitiv“ die passende Vokabel ist, da das Verhalten erlernt ist ).
    Es sind die Inhalte, die bislang nicht ausreichend triggern.
    Ein Twitter mit weniger Nazis und netterem Umgangston ist jetzt nicht so das Verkaufsargument für die digitalen Massen, auch wenn Journalist:innen sich das verständlicherweise wünschen würden.
    Im Augenblick würde ich auch eher auf Matrix-Server setzen, aber wer weiß das schon.

  3. Richtig, Mastodon ist ein „Nischenprodukt“😉
    Aber nur in dem großen Pool des Fediverse.
    Und diesen alternativen und vor Allem freien Social Media Treffpunkt-  frei von gelenkten Bots und vor Allem frei von populistisch gelenkten Algorithmen eines durchgeknallten Millionärs – gälte es zu pushen.
    Wenn man schon glaubt, als Politiker dahin zu gehen wo die Wähler sind/sein könnten.
    Dieser Turn von Habeck ist eine weitere „Politiker sucht das Volk“-Posse zu dem TikTok-Move mancher Politiker „um die Jugend vor der AfD zu schützen“.
    Gut gemeint, aber falsch umgesetzt.

  4. Wenn Musk sagt: „You’re the Media now!“ ist das zynisch, denn es besagt, dass jeder ne freie Meinung dazu hat. Die Realität sieht aber so aus:
    https://x.com/mannyfidel/status/1854970701020582374?s=46&utm_source=substack&utm_medium=email
    Einer labert Scheiße, 20 sitzen im Raum und füllen damit die Kanäle, 10.000 Siff Bots und Fanboys retweeten es, viele lesen es und die, die es nicht lesen, bekommen es von der Presse vorgekaut, denn die „muss“ ja darüber berichten. Und der Tenor dann: Die Mehrheit tickt ja angeblich so.
    Und ein Harbeck, der dagegen ankämpfen will, tut mir ehrlich gesagt leid, denn man kann machen was man will, man kann den Diskurs positiv machen, ihn sogar gut und logisch verargumentieren. Aber: Da draußen wartet eine Armee toxischer Arschlöcher, die alles zerreißt. Und die Presse, die den Shit streut. Wir sind wirklich leider an dem Punkt angekommen, wo das Dumme aufgehört hat sich zu schämen. Hype! Hype! Hurra! Dubai Schokolade! Gönn dir!

  5. Ja, Habeck sendet allerdings auch sehr gemischte Signale aus.
    Dem Volk auf Augenhöhe begegnen wollen, aber dann gegen eine vergleichsweise harmlose Beleidigung vorzugehen, was den Normaloa-Ixenden (vormals Normalo-Twitternden) schlicht unmöglich wäre, lässt eine gewisse Unwucht zurück.

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