Das Erzählen von Geschichten greift fast immer auf Klischees zurück. Das gilt für Romane oder Filme genauso wie für journalistische Texte. Konventionelle Formeln, abgegriffene Bilder, ausgeleierte Sprachspiele – all das gehört zum Inventar professioneller Erzähler:innen, gerade dann, wenn sie schnell und oft liefern müssen.
Eine Formel, die in journalistischen Formaten gerne verwendet wird, ist „Genie und Wahnsinn“. Gemeint ist damit, dass jemand – meist eine Person des öffentlichen Lebens – gleichermaßen begabt und irritierend ist, segensreich und zerstörerisch. Die Formulierung ruft starke Bilder einer überlebensgroßen, faszinierenden Figur auf, von der es sich zu erzählen lohnt.
Überall wahnsinnige Genies
Der Autor
Johannes Franzen ist Literaturwissenschaftler und Kulturjournalist. Er arbeitet an der Universität Siegen, wo er zu kulturellen Konflikten und ihrer medialen und gesellschaftlichen Bedeutung forscht. Zudem schreibt er Essays für FAZ, taz, Zeit Online u.a. und ist Mitbegründer des Online-Feuilletons 54books. Für Übermedien blickt er einmal im Monat auf die Mechanismen der Aufmerksamkeitsökonomie.
Wie ein Blick in die Zeitungsarchive zeigt, schwanken zahllose Figuren zwischen Genie und Wahnsinn: vom instabilen Rap-Star, über problematische Fußballtrainer bis hin zu Springpferden mit komplexer Persönlichkeit. Zur Zeit scheinen davon vor allem Sportler betroffen zu sein: Der gerade verstorbene Christoph Daum, der Fußballer Eric Dina Ebimbe oder der Tennis-Rüpel Nick Kyrgios.
Die Formel wird allerdings nicht nur auf Sportler angewendet, sondern auch auf mittelbekannte deutsche Politiker. Über den Bundestagesabgeordneten Thomas Heilmann heißt es in einem Artikel der „Süddeutschen Zeitung“, in der Union gelte der 58-Jährige als jemand, „bei dem Genie und Wahnsinn recht nah beieinander liegen.“ So erweist sich das öffentliche Leben in Deutschland als ein Hort der irrsinnigen Hochbegabung.
Man kann (und muss) sich die Frage stellen, ob das überhaupt ein Problem ist. Hämisches Nachzählen von Klischees ist keine besonders originelle Form der Sprachkritik. Journalistische Texte sind nicht für die Ewigkeit geschrieben und manchmal ist eine griffige Formel, die schnell eine bestimmte emotionale und moralische Konstellation aufruft, das richtige Rezept – zumal es im Fall von Tennis-Rüpeln oder genialen Springpferden harmlos ist und sogar lustig sein kann. Problematisch wird die Formel allerdings dort, wo sie dazu dient, gewalttätiges oder toxisches Verhalten zu legitimieren, wo sie ein erzählerisches Muster reproduziert, das nicht nur falsch, sondern auch schädlich ist, weil es die Macht der Figuren stärkt, die man eigentlich kritisieren wollte.
Und damit kommen wir leider erneut zu Elon Musk. Mitte September veröffentlichte die „Zeit“ unter dem Titel „Genie und Wahnsinn“ einen Artikel über die neuesten Ausfälle des Tesla-Chefs, der seit einiger Zeit vor allem durch sein Abdriften in extrem rechte politische Positionen auf sich aufmerksam macht. Der Tenor des Textes deutet sich im Teaser an:
„Ob Raumfahrt oder Elektroautos – Elon Musk verbessert die Welt. Gleichzeitig verdirbt er sie mit Twitter und Fake-News. Wie umgehen mit seiner Allgegenwart?“
Die Elemente der Erzählung sind geläufig: Einerseits verbessert er die Welt durch seine genialen Erfindungen und Unternehmen, andererseits ist er ein politischer Wirrkopf und Hetzer – eine komplexe Figur also, der man sich nur angemessen mit Ambivalenz nähern kann.
Die Formel „Genie und Wahnsinn“ wird in den Medien schon seit Jahren inflationär auf Musk angewendet, gerne auch im Titel eines Textes. Kaum eine andere Person des öffentlichen Lebens scheint so routiniert zwischen den beiden Zuständen zu oszillieren. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: „Die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn ist bekanntlich fließend – und Elon Musk hat sein Genie häufig genug bewiesen.“ („taz“) „Genie und Wahnsinn, Pioniergeist und Hybris – es gibt weltweit wohl keinen anderen Unternehmer, der alle diese gegensätzlichen Eigenschaften so sehr in sich vereint wie der Sohn eines südafrikanischen Maschinenbauingenieurs und eines kanadischstämmigen Models.“ („Süddeutsche Zeitung“) „Wieder einmal wirkt Musk erratisch. Wie ein Mann, der auf der Grenze zwischen Genie und Wahnsinn tanzt.“ („Welt“) „Was alle Geschichten gemein haben, ist, dass Musk in der öffentlichen Wahrnehmung stets zwischen Genie und Wahnsinn schwankt.“ („Frankfurter Rundschau“) „Doch herkömmliche Maßstäbe gelten nicht für Elon Musk, der sich mit seinen Aktionen und Ankündigungen regelmäßig im Grenzbereich von Genie und Wahnsinn bewegt.“ („Spiegel“)
Wo über Musk berichtet wird, darf das Klischee von „Genie und Wahnsinn“ einfach nicht fehlen. Eine dreiteilige Dokumentation im ZDF trägt selbstverständlich den Titel „Elon Musk – Genie und Wahnsinn“. Darin wird vom Aufstieg und Fall des Technikfreaks erzählt, der von seinem Ego und Machthunger übermannt wurde. Das ist einfach und führt dazu, dass eine grundsätzliche Frage in Bezug auf Musk nie gestellt wird: Ob er überhaupt ein Genie ist.
Man kritisiert sein Verhalten und seine Aussagen, oft auch heftig, aber schleift die Bewunderung durch das Prädikat „Genie und Wahnsinn“ immer mit. So wird die Person in die Tradition eines Künstlermythos gestellt, der in der modernen Kulturgeschichte sehr einflussreich war. Wenn man über die Verbindung von Genie und Wahnsinn schreibt, dann evoziert das fast automatisch eine Ahnenreihe, die von Caravaggio über Beethoven, Baudelaire und Van Gogh bis hin zu Kanye West reicht. Ihnen fällt vielleicht auf: Wahnsinnige Genies sind scheinbar immer nur Männer.
Genial daneben
Nun ist Musk weder ein brillanter Maler noch ein begnadeter Musiker, sondern ein Unternehmer, der besonders erfolgreich und rücksichtlos gewesen ist, aber sicherlich nicht in diese Reihe gehört. Die Beweise dafür, dass es sich nicht um ein Genie, sondern um einen charakterlosen Wirrkopf handelt, stapeln sich seit einigen Jahren in unermessliche Höhe. Seine Ausfälle passieren vor einem Publikum von fast 200 Millionen Followern auf seiner eigenen Plattform. Und was sich hier abspielt, wirkt alles andere als genial.
Der „Guardian“ hat gerade einen Artikel veröffentlicht, in dem der Social-Media-Output Musks an einem Tag genau beobachtet wurde. Auffällig ist dabei allein der Umfang (145 Posts), der vermuten lässt, dass dieses angebliche Unternehmergenie eigentlich nichts anderes mehr macht, als auf seinem eigenen Sozialen Netzwerk Zeit zu verschwenden. Die Posts sind größtenteils Flirts mit den dunkelsten Gestalten der amerikanischen Rechten, Verschwörungstheorien über die angeblich gestohlene Wahl sowie rassistische und transphobe Hetze.
Gerade hat Musk wieder einen Post abgesetzt, den man wirklich nicht anders als widerwärtig nennen kann. Zuerst hatte Taylor Swift auf Instagram dazu aufgerufen, Kamala Harris zu wählen, und dabei eine Anspielung darauf gemacht, dass auch sie eine der von Trumps Vize-Kandidat J. D. Vance geschmähten „childless cat ladys“ sei. Daraufhin postete Musk auf X: „Fine Taylor … you win … I will give you a child and guard your cats with my life” („Na gut Taylor … Du hast gewonnen … Ich werde dir ein Kind geben und deine Katzen mit meinem Leben beschützen.“). Das ist sexuelle Belästigung vor Millionenpublikum. Nachträgliche Scham oder zumindest Bedenken scheinen sich nicht eingestellt zu haben. Der Post existiert nach wie vor. Gelöscht wurde allerdings ein Post, der nach dem zweiten Attentat auf Trump scherzhaft darüber grübelte, warum eigentlich niemand versucht, Kamala Harris zu ermorden.
Welche Leistungen, bitte?
Warum hängen wir so sehr an einer Formel wie „Genie und Wahnsinn“? Die Antwort liegt in der schieren Erzählbarkeit, die aus diesem Muster entspringt. Es handelt sich um eine Geschichte, die zum einen spannend ist, zum anderen weit verbreitete Vorstellungen darüber bestätigt, wie die Welt funktioniert. Spannung und Identifikation sind die wichtigsten Voraussetzungen einer gelungenen Erzählung. Das Muster ist allerdings auch deshalb attraktiv, weil es sich um die Simulation von Ambivalenz handelt – eine Ambivalenz, die in diesem Fall ausgerechnet durch ein Klischee erzeugt wird. Indem man Musk als „Genie und Wahnsinn“ und damit zu einer komplexen Figur adelt, beweist man die eigene Ambiguitätstoleranz. Man adelt sich selbst als jemanden, der in der Lage ist, die guten wie die schlechten Seiten eines Phänomens ausleuchten. Jemand, der nicht einfach nur verdammt oder lobt, sondern Licht und Schatten sehen kann.
So lässt sich auch erklären, warum der Artikel, der die Formel zuletzt in der „Zeit“ reproduziert hat, fast störrisch auf diesem Muster beharrt. „Genie und Wahnsinn“ sei zwar ein Klischee, aber: „Sein, nennen wir es ruhig so, vorläufiges Lebenswerk verbindet genialische Leistungen.“ Diese Leistungen könne man trotz aller Ausfälle nicht in Abrede stellen:
„Das ist derselbe Mann, der Menschen zum Mars fliegen will, um die Menschheit ‚multiplanetar‘ zu machen. Schon Stiefelabdrücke im roten Sand wären ein epochales Ereignis, größer noch als die Mondlandung. Sollte nicht etwa ein Staat diesen Meilenstein erreichen, sondern ein einzelner Unternehmer, er würde sich in die Geschichte einschreiben wie ein Pharao. Völlig unabhängig davon, wie dieser ‚Pharao‘ tickt.“
Man muss an dieser Stelle spielverderberisch einwenden, dass Musk seit ewigen Zeiten behauptet, er würde nun bald Menschen auf dem Mars ansiedeln, davon aber nach wie vor weit entfernt ist. Es handelt sich um ein bekanntes Beispiel für sein übersteigertes Selbst-Marketing, das sich für Leistungen feiern lässt, die nie erbracht wurden. Das macht ihn nicht zu einem Pharao, sondern zu einem Großsprecher und Schwindler. Und Medien fallen darauf rein.
Der Mythos vom toxischen Talent ist toxisch
Die Art, wie Genie und Wahnsinn in den Texten über Musk gegeneinander ausgespielt werden, will den Mythos des toxischen Talents intakt lassen, was vor allem bedeutet, dass die dramatische Energie der Geschichte vom Held auf Abwegen nicht verloren geht. Musk ist demnach genial oder wahnsinnig, wahrscheinlich aber beides. Eine dritte Möglichkeit wird in dem Artikel allerdings gar nicht in Betracht gezogen: nämlich, dass Musk schlicht ein privilegierter Tölpel ist, der im Goldrausch des Tech-Booms als Investor großes Glück gehabt hatte, um danach die nun auch nicht originelle Idee elektrischer Autos für eine progressive Oberschicht attraktiv zu machen. Egal, wie kritisch man zu der Figur steht: Der Wahnsinn zahlt trotzdem weiter auf das Genie-Konto ein.
Das Erzählmuster vom schillernden Talent zwischen Genie und Wahnsinn ist deshalb so schädlich, weil es – auch und vor allem dort, wo es als Kritik erscheint – zum Teil der Marketingmaschine der porträtierten Person wird. Elon Musk ist das perfekte Beispiel einer Person, in der sich die Öffentlichkeit und die Medien getäuscht haben. Lange Zeit wurde er als eine Art linksliberaler Held gehandelt, als Vorbild von Iron Man, mit Gastauftritten in Marvel-Filmen und der Serie „The Big Bang Theory“, als Referenz für Genialität in einer Star-Trek-Folge.
Es fällt schwer, dieses Bild aufzugeben, gerade, wenn man aktiv daran beteiligt war, es zu erschaffen. Der erzählerische Rahmen „Genie und Wahnsinn“ dient in diesem Kontext auch dazu, sich nicht der Tatsache stellen zu müssen, dass man einen Fehler gemacht hat. Dabei wäre das eine viel interessantere Geschichte: Man könnte (und müsste) aufarbeiten, wie es passieren konnte, dass ein offensichtlich charakterloser, nicht besonders intelligenter Narzisst auf diese Art und Weise geadelt wurde.
24 Kommentare
Kleiner Hinweis: Nino des Buissonnets ist ein Spring-, kein Rennpferd.
Musk hat ja nicht selbst etwas erfunden. Er ist durch Familie, Beziehungen und Glück zu Geld gekommen und hat dieses sicher mitunter gut angelegt, aber seine Firmen auch immer mit ihm bestraft (Tesla hatte ja ein ganzes Team, um mit ihm umzugehen). Er verspricht viel und hält wenig, aber weil seine Versprechungen wie SciFi klingen, schillert es eben. Er ist ein furchtbarer Anführer.
Wo wir schon bei totgerittenen Phrasen sind: „Toxisch“ ist auch eine. Eine schlechte Abstraktion, die behauptet, eine Diagnose zu sein. Da finde ich „charakterloser Wirrkopf“ doch viel erfrischender.
Danke – das beleuchtet gut, warum der „charakterlose Wirrkopf “ so viele Fans auch bei den Journalist:nnen hat.
Wo bleiben nun die Belege dafür, dass Musk nur wenig geleistet hat?
(Der Guardian-Artikel belegt einen Tag und weiteres Hassen, Lügen und Pöbeleien sind belegt, jedoch sehe ich keinen Verweis auf eine nüchterne Betrachtung der Leistungen des Mannes.)
Der Text behauptet, dass andere Medien falsch mit ihrer Darstellung von Musk als eine Mischung aus „sehr schlau“ und „Arschgeige“ liegen, und man das „sehr schlau“ streichen sollte, da Musk nicht besonders intelligent sei. Er liefert aber vor allem Belege, dass die Zuschreibung „Arschgeige“ richtig ist. Der einzige Satz der halbwegs versucht zu erklären, warum Musk nicht „sehr schlau“ ist, sagt, dass er privilegiert ist, sowie Glück und eine nicht originelle Idee hatte. Das spricht aber nicht gegen die Zuschreibung „sehr schlau“.
Der Text ist entsprechend nur ein Vorwurf gegenüberstellen anderen Journalist:innen, welcher überhaupt nicht belegt wird. Das finde ich ein bisschen schwach für einen Übermedien-Beitrag.
Endlich mal einen solchen Artikel über Musk!
Was fehlt hier, ist, dass der Typ, wie seine „Kumpels“ Bezos und Zuckerberg, viel Sciencefiction liest. Ihr „Genie“ liegt auch daran, die schlimmsten Ideen aus SF Bücher zu recyclen und zu versuchen, sie zu verwirklichen, ohne Rücksicht auf ihre Mitmenschen und den Planet (sowieso egal: die Reichsten davon können notfalls zum Mars fliehen). Was leider beim unkritischen technophilen Publikum gut ankommt. Das ist in dem Sinn ironisch, Musk als Weltverbesserer zu betrachten.
Ich schließe mich #5 ganz und gar an. Ich habe seine Biografie gelesen und finde schon einige Ideen wegweisend. Die Anfangsidee von OpenAI oder die Herangehensweisen bei der Optimierung von Maschinen und Prozessen. Auf die Idee bewusst mehr einzusparen, als einem gut tut muss man erst mal kommen. Auch die Verwirklichung eines erdnahen Satellitennetzes hat vor ihm keiner umgesetzt. Machen ist bekanntlich krasser als wollen. Vielleicht ist er ja einfach nur extrem in allem, was er tut bzw. tat und ist darüber noch kränker geworden, als er es ohnehin schon immer war und jetzt überschattet die dunkle Triade aus Psychopathie, Narzissmus und Machiavellismus seine früheren Leistungen.
zu #1: Danke für den Hinweis! Haben wir korrigiert!
Wenn der Artikel (wie die Headline suggeriert) erklären soll, warum Musk kein Genie sondern ein Wirrkopf ist, hätten Sie seine (Nicht)-Leistung bei seinen Unternehmen wie PayPal, Tesla, SpaceX oder anderen schon näher erläutern müssen. Stattdessen bleibt der Text nur an der Oberfläche und tappt damit in die gleiche Falle wie die kritisierten Texte: Eine Erzählung über Musk weiterzuverbreiten, ohne sie mit einer nachvollziehbaren Begründung zu untermauern. Was sehr schade ist, denn an den unternehmerischen und Produkt-Entscheidungen von Musk gäbe es jede Menge zu kritisieren.
@#7:
Inwiefern eine Idee wie das Satellitennetz von ihm ist, wage ich zu bezweifeln. Es wird letztenlich wie bei vielem so sein: Eine Gruppe Fachleute haben eine Idee. Ein Mensch mit Geld kommt und springt auf, zack ist es seine Idee und es wird als solche gefeiert. Tesla wurde auch nicht von Musk erfunden: Das Unternehmen wurde von zwei Ingenieuren gegründet, die irgendwann ausgeschieden sind, als ein Risikokapitalunternehmeneingestiegen ist und Musk zum Vorstand gemacht hat. Was Musk definitiv „erfunden“ hat, ist der unsägliche Cybertruck. Kann man auch alles wunderbar nachlesen, wie ein Giga-Team (um mal Musk Sprech zu verwenden ;-) ) von verzweifelten Ingenieuren versucht hat, seine pubertierende Furzidee von einem Zivilpanzer umzusetzen.
Elon Musk ist ein Genie. Sogar ein sehr stabiles Genie.
Sehr schöne Auseinandersetzung mit der platten Genie-Wahnsinn-Erklärung zu Musk.
Man sollte aber aufpassen, jetzt nicht ins neue Extrem abzurutschen und Musks unternehmerische Leistung leugnen. Wichtig: unternehmerisch. Als solcher ist er zuständig fürs Klappern (Marketing und PR), Vernetzen, Kapitalsammeln, Teams zusammenstellen, Grundsatzentscheidungen fällen. Das ist keine leichte Aufgabe und Musk war hier bei mehr als einer Firma erfolgreich. Das darf man ruhig als Leistung stehen lassen.
Aber eines ist ja klar: Musk hat keine einzige Rakete erfunden, nicht einen Neuralink konstruiert und keinen einzigen Tesla gebaut. So wie auch Cheops keine Pyramide gebaut und Caesar niemals Gallien erobert hat (vgl. Brecht: Fragen eines lesenden Arbeiters).
Ich denke, im Endeffekt unterscheidet sich die Apotheose solcher Kandidaten nicht wesentlich von dem Impuls, x-beliebige C-Promis zu Themen zu befragen, von denen sie so umfassend keine Ahnung haben, dass sie sich selber nach Dunning-Kruger für die Überexperten halten. Ein Phänomen, welches während der Pandemie wieder gesteigert zu beobachten war.
Systemkritisch beobachtet wäre noch anzumerken, dass der geschäftliche Erfolg gerne mit hoher Intelligenz gleichgesetzt wird. Dabei sind es, neben den Startbedingungen, auch noch ganz andere-, vor allem charakterliche Besonderheiten, die im Kapitalismus außerordentlich belohnt werden. Erinnern wir uns an die ganzen „eisernen Besen“, die nach dem Fall der Sowjetunion in Form von Managern auf börsennotierte Unternehmen losgelassen wurden, um deren Produktivität zu steigern. Was diese Menschen dann häufig vor allen taten war, einen beträchtlichen Teil der Belegschaft zu feuern, „unrentable“ Teile zu schliessen und so den Börsenwert und die Dividenden zu pushen ( Woran erinnert das bloß? ). Zumindest vorübergehend.
Braucht es Genialität um so ein Manager zu sein? Nach den meisten Definitionen des Begriffs eher nicht.
Was es aber braucht, ist ein gerüttelt Mass an Empathielosigkeit.
Betrachten wir das ganze Evolutionstheoretisch, so sind diese Exemplare für die Menscheit als Gesamtes eher nicht so hilfreich. Nur in der eher unterkomplexen sozialdarwinistischen Sichtweise wären diese Menschen evolutionstreibend. Dinge, die Twitter noch vor ein paar Jahren aus dem Stand bewerkstelligte, sind nun nicht mehr möglich ( Trump Interview bspw. ).
Für das Überleben der Art werden permanent Wechsel auf die Zukunft ausgestellt. Mit bekannt fatalen Konsequenzen. Dennoch ist der Glaube an diese Wechsel ( aka „Technologieoffenheit“ ) ungebrochen.
Soziologisch haben wir es wohl eher mit libertären Autoritarismus zu tun, wie hier beschrieben: Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey: Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus. Suhrkamp, Berlin 2022
Das zumindest würde auch da nach rechts offene Scheunentor erklären.
Was ist überhaupt ein Genie? Einen Da Vinci suchen wir heute vergeblich. Es gibt eigentlich keinen Nachfolger der letzten weitreichend akzeptierten Genies Einstein und Steven Hawkins. Musk hat zählbaren Erfolg und sein öffentlicher Output ist eher schlicht. Viele mögen sich selbst dadurch aufgewertet sehen, wenn sie ihn zum Genie verklären.
Ähnlich wie bei Maga und Trump.
Genies werden heute auch deshalb weniger, weil die großen Fortschritte zu 99,9% mittlerweile Teamleistungen sind. Das Konzept Genie hat sich etwas überholt.
Also, ein Inselbegabter mit ausreichend Erbe, einer Portion Glück und reichlich Gefühllosigkeit?
Darauf würde ich mein Geld setzen.
Das der Begriff Genie in den meisten Fällen zweifelhaft verwendet wird, hatte doch kürzlich auch Böhmemann zum Thema. Der Autor hat es oben auch angedeutet (eigenartigeweise sind Genies fast ausschließlich männlich).
Ansonsten schoss mir beim Lesen ein „endlich sagt’s mal einer“ durch den Kopf. Danke dafür.
Generell darf bezweifelt werden, dass große Leistungen und Erfindungen bzw. Fortschritte durch einzelne Personen zustande kamen. Immer spielen auch die jeweiligen Rahmenbedingungen, unter denen diese entstehen könnten, eine Rolle. Beispielsweise hätte ein Herr Linde unmöglich die Kältemaschine „erfinden“ können, ohne dass es bereits erhebliche Fortschritte in den theoretischen Erkenntnissen rund um die Thermodynamik gab und auch eine einigermaßen etablierte Elektrotechnik für die Leistungsbereitstellung verfügbar war. Auffällig ist auch, dass die meisten großen Erfindungen viele Väter und auch Mütter hatten bzw. sich durch die geltenden Umstände quasi aufrängten erfunden bzw. gefunden zu werden. Eine Lesetipp dazu ist „Die Erfindung der Zukunft“ von Steve Johnson.
Meine Einschätzung ist, dass sich eine solche distanzierte und nüchterne Betrachtung für Medien nicht lohnt, da das knackige Etwas fehlt. Wir sind scheinbar stets begierig auf das wundervolle übernatürliche und lesen es entsprechend auch gern.
„Unternehmerischer Erfolg“ ist halt meistens auch nur einfach eine Form von „Glück gehabt“. Ein riesiges Vermögen hilft dabei. Das Problem ist ja, dass wir in unserer angeborenen Neigung, Kausalzusammenhänge herzustellen, wo keine sind, auf Erfolgsgeschichten hereinfallen. Musk hat einige gute Entscheidungen getroffen, aber dass dies auf mehr als nur Zufall beruht, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Das zeigt ja schon das dillettantische Vorgehen bei Twitter: Dass die Plattform überhaupt noch existiert, liegt jedenfalls nicht an dem Typen mit dem Waschbecken.
„Genie und Wahnsinn“ ergibt eigentlich nur in der Kunst Sinn, wenn jemand so kreativ ist, dass soe die Grenzen eines Genres bricht („Wahnsinn“), aber damit ein neues Genre etabliert („Genie“). Oder im wörtlichen Sinne, wenn die kreative Person tatsächlich psychisch schwer krank ist und sich das Ohr abschneidet oder so.
Ansonsten ist es 50:50, entweder soll schlechtes Verhalten entschuldigt werden „zwar wahnsinnig, aber genial“ oder man ist neidisch „ich bin zwar kein berühmter Künstler, Wissenschaftler oder Erfinder, aber dafür auch nicht wahnsinnig.“
Wer Musk schönreden will, macht das notfalls auch ohne diese Floskel.
@4: (u.a.) „Wo bleiben nun die Belege dafür, dass Musk nur wenig geleistet hat?“
Nichtexistenz kann man nicht beweisen.
@12: „Als solcher ist er zuständig fürs Klappern (Marketing und PR), Vernetzen, Kapitalsammeln, Teams zusammenstellen, Grundsatzentscheidungen fällen.“
Diese Ausführung könnte auch auf Elizabeth Holmes und Sam Bankman-Fried angewandt werden.
Naja – bis zur Implosion der anhängigen Unternehmen…
@11: 😂
@Mycroft (#16):
Ja, Kunst! Beethoven oder van Gogh. Ingeborg Bachmann. Der Bezug zwischen Wahnsinn und Genie ist oft (nicht immer) Substanz-vermittelt. Wer mag, kann gerne auch Jim Morrison oder Amy Winehouse dazuzählen.
Zu Musk fiele mir eher ein: „Und ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode…“
Der Artikel ist mir zu platt. Ich halte Musks Wirken zuletzt auch für sehr schädlich, aber man darf nicht vergessen …
… ohne Tesla gäbe es heute weltweit deutlich weniger E-Autos und auch die alten Autobauer wären nicht so weit
… ohne Space-X gäbe es keine westliche Organisation, die regelmäßig und zuverlässig Astronauten in den Himmel bekommt
… Space X hat Transportkosten in den Weltraum massiv gesenkt
… ohne Starlink stände die Ukraine heute deutlich schlechter da – und man hätte an vielen Orten der Welt deutlich schlechteres Internet.
Das hat Musk alles nicht alleine gemacht aber jeweils Organisationen mit ihm an der Spitze. Da gehört schon Einiges zu.
Trotzdem ist er wohl ein A***l***
Ohne Geld: Verrückt.
Mit Geld: Exzentrisch.
Wäre das Urteil über Herrn Musk auch so negativ, wenn er statt Herrn Trump Frau Harris unterstützen würde bei ansonsten gleicher unternehmerischer Leistung?
@ #21: Nein, Elon Musk ist selbstverständlich das Opfer eines linksgrünen Mainstreams, ist doch klar.
@#21:
Vermutlich schon, aber die ansonsten gleichlautende Kritik käme aus einer anderen Richtung: „Genial, aber leider wahnsinnig.“
@Mycroft: Auf Blechschmidt zu antworten, roch mir doch zu sehr nach Trollefüttern, aber Sie schiessen den Vogel dann ab.
Klar, wenn er nur Harris unterstützen würde, dann wäre den Linken egal, dass er Gewerkschaften und Betriebsräte bekämpft, antisemitischen Verschwörungsstuss ablässt, bekennende Neonazis auf seine Plattform zurückgeholt hat, Transmenschen ( auch in seiner Familie ) bepöbelt, permanent rassistische Ausfälle hat und und und.
So sind sie, die Linken, höhöhö.
Von Florian Blechschmidt erwartet ja niemand irgendetwas, was über das BILD Niveau hinauskäme. Sie haben sich da nun wundervoll eingefühlt.
Kleiner Hinweis: Nino des Buissonnets ist ein Spring-, kein Rennpferd.
Musk hat ja nicht selbst etwas erfunden. Er ist durch Familie, Beziehungen und Glück zu Geld gekommen und hat dieses sicher mitunter gut angelegt, aber seine Firmen auch immer mit ihm bestraft (Tesla hatte ja ein ganzes Team, um mit ihm umzugehen). Er verspricht viel und hält wenig, aber weil seine Versprechungen wie SciFi klingen, schillert es eben. Er ist ein furchtbarer Anführer.
Wo wir schon bei totgerittenen Phrasen sind: „Toxisch“ ist auch eine. Eine schlechte Abstraktion, die behauptet, eine Diagnose zu sein. Da finde ich „charakterloser Wirrkopf“ doch viel erfrischender.
Danke – das beleuchtet gut, warum der „charakterlose Wirrkopf “ so viele Fans auch bei den Journalist:nnen hat.
Wo bleiben nun die Belege dafür, dass Musk nur wenig geleistet hat?
(Der Guardian-Artikel belegt einen Tag und weiteres Hassen, Lügen und Pöbeleien sind belegt, jedoch sehe ich keinen Verweis auf eine nüchterne Betrachtung der Leistungen des Mannes.)
Der Text behauptet, dass andere Medien falsch mit ihrer Darstellung von Musk als eine Mischung aus „sehr schlau“ und „Arschgeige“ liegen, und man das „sehr schlau“ streichen sollte, da Musk nicht besonders intelligent sei. Er liefert aber vor allem Belege, dass die Zuschreibung „Arschgeige“ richtig ist. Der einzige Satz der halbwegs versucht zu erklären, warum Musk nicht „sehr schlau“ ist, sagt, dass er privilegiert ist, sowie Glück und eine nicht originelle Idee hatte. Das spricht aber nicht gegen die Zuschreibung „sehr schlau“.
Der Text ist entsprechend nur ein Vorwurf gegenüberstellen anderen Journalist:innen, welcher überhaupt nicht belegt wird. Das finde ich ein bisschen schwach für einen Übermedien-Beitrag.
Endlich mal einen solchen Artikel über Musk!
Was fehlt hier, ist, dass der Typ, wie seine „Kumpels“ Bezos und Zuckerberg, viel Sciencefiction liest. Ihr „Genie“ liegt auch daran, die schlimmsten Ideen aus SF Bücher zu recyclen und zu versuchen, sie zu verwirklichen, ohne Rücksicht auf ihre Mitmenschen und den Planet (sowieso egal: die Reichsten davon können notfalls zum Mars fliehen). Was leider beim unkritischen technophilen Publikum gut ankommt. Das ist in dem Sinn ironisch, Musk als Weltverbesserer zu betrachten.
Ich schließe mich #5 ganz und gar an. Ich habe seine Biografie gelesen und finde schon einige Ideen wegweisend. Die Anfangsidee von OpenAI oder die Herangehensweisen bei der Optimierung von Maschinen und Prozessen. Auf die Idee bewusst mehr einzusparen, als einem gut tut muss man erst mal kommen. Auch die Verwirklichung eines erdnahen Satellitennetzes hat vor ihm keiner umgesetzt. Machen ist bekanntlich krasser als wollen. Vielleicht ist er ja einfach nur extrem in allem, was er tut bzw. tat und ist darüber noch kränker geworden, als er es ohnehin schon immer war und jetzt überschattet die dunkle Triade aus Psychopathie, Narzissmus und Machiavellismus seine früheren Leistungen.
zu #1: Danke für den Hinweis! Haben wir korrigiert!
Wenn der Artikel (wie die Headline suggeriert) erklären soll, warum Musk kein Genie sondern ein Wirrkopf ist, hätten Sie seine (Nicht)-Leistung bei seinen Unternehmen wie PayPal, Tesla, SpaceX oder anderen schon näher erläutern müssen. Stattdessen bleibt der Text nur an der Oberfläche und tappt damit in die gleiche Falle wie die kritisierten Texte: Eine Erzählung über Musk weiterzuverbreiten, ohne sie mit einer nachvollziehbaren Begründung zu untermauern. Was sehr schade ist, denn an den unternehmerischen und Produkt-Entscheidungen von Musk gäbe es jede Menge zu kritisieren.
@#7:
Inwiefern eine Idee wie das Satellitennetz von ihm ist, wage ich zu bezweifeln. Es wird letztenlich wie bei vielem so sein: Eine Gruppe Fachleute haben eine Idee. Ein Mensch mit Geld kommt und springt auf, zack ist es seine Idee und es wird als solche gefeiert. Tesla wurde auch nicht von Musk erfunden: Das Unternehmen wurde von zwei Ingenieuren gegründet, die irgendwann ausgeschieden sind, als ein Risikokapitalunternehmeneingestiegen ist und Musk zum Vorstand gemacht hat. Was Musk definitiv „erfunden“ hat, ist der unsägliche Cybertruck. Kann man auch alles wunderbar nachlesen, wie ein Giga-Team (um mal Musk Sprech zu verwenden ;-) ) von verzweifelten Ingenieuren versucht hat, seine pubertierende Furzidee von einem Zivilpanzer umzusetzen.
Elon Musk ist ein Genie. Sogar ein sehr stabiles Genie.
Sehr schöne Auseinandersetzung mit der platten Genie-Wahnsinn-Erklärung zu Musk.
Man sollte aber aufpassen, jetzt nicht ins neue Extrem abzurutschen und Musks unternehmerische Leistung leugnen. Wichtig: unternehmerisch. Als solcher ist er zuständig fürs Klappern (Marketing und PR), Vernetzen, Kapitalsammeln, Teams zusammenstellen, Grundsatzentscheidungen fällen. Das ist keine leichte Aufgabe und Musk war hier bei mehr als einer Firma erfolgreich. Das darf man ruhig als Leistung stehen lassen.
Aber eines ist ja klar: Musk hat keine einzige Rakete erfunden, nicht einen Neuralink konstruiert und keinen einzigen Tesla gebaut. So wie auch Cheops keine Pyramide gebaut und Caesar niemals Gallien erobert hat (vgl. Brecht: Fragen eines lesenden Arbeiters).
Ich denke, im Endeffekt unterscheidet sich die Apotheose solcher Kandidaten nicht wesentlich von dem Impuls, x-beliebige C-Promis zu Themen zu befragen, von denen sie so umfassend keine Ahnung haben, dass sie sich selber nach Dunning-Kruger für die Überexperten halten. Ein Phänomen, welches während der Pandemie wieder gesteigert zu beobachten war.
Systemkritisch beobachtet wäre noch anzumerken, dass der geschäftliche Erfolg gerne mit hoher Intelligenz gleichgesetzt wird. Dabei sind es, neben den Startbedingungen, auch noch ganz andere-, vor allem charakterliche Besonderheiten, die im Kapitalismus außerordentlich belohnt werden. Erinnern wir uns an die ganzen „eisernen Besen“, die nach dem Fall der Sowjetunion in Form von Managern auf börsennotierte Unternehmen losgelassen wurden, um deren Produktivität zu steigern. Was diese Menschen dann häufig vor allen taten war, einen beträchtlichen Teil der Belegschaft zu feuern, „unrentable“ Teile zu schliessen und so den Börsenwert und die Dividenden zu pushen ( Woran erinnert das bloß? ). Zumindest vorübergehend.
Braucht es Genialität um so ein Manager zu sein? Nach den meisten Definitionen des Begriffs eher nicht.
Was es aber braucht, ist ein gerüttelt Mass an Empathielosigkeit.
Betrachten wir das ganze Evolutionstheoretisch, so sind diese Exemplare für die Menscheit als Gesamtes eher nicht so hilfreich. Nur in der eher unterkomplexen sozialdarwinistischen Sichtweise wären diese Menschen evolutionstreibend. Dinge, die Twitter noch vor ein paar Jahren aus dem Stand bewerkstelligte, sind nun nicht mehr möglich ( Trump Interview bspw. ).
Für das Überleben der Art werden permanent Wechsel auf die Zukunft ausgestellt. Mit bekannt fatalen Konsequenzen. Dennoch ist der Glaube an diese Wechsel ( aka „Technologieoffenheit“ ) ungebrochen.
Soziologisch haben wir es wohl eher mit libertären Autoritarismus zu tun, wie hier beschrieben: Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey: Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus. Suhrkamp, Berlin 2022
Das zumindest würde auch da nach rechts offene Scheunentor erklären.
Was ist überhaupt ein Genie? Einen Da Vinci suchen wir heute vergeblich. Es gibt eigentlich keinen Nachfolger der letzten weitreichend akzeptierten Genies Einstein und Steven Hawkins. Musk hat zählbaren Erfolg und sein öffentlicher Output ist eher schlicht. Viele mögen sich selbst dadurch aufgewertet sehen, wenn sie ihn zum Genie verklären.
Ähnlich wie bei Maga und Trump.
Genies werden heute auch deshalb weniger, weil die großen Fortschritte zu 99,9% mittlerweile Teamleistungen sind. Das Konzept Genie hat sich etwas überholt.
Also, ein Inselbegabter mit ausreichend Erbe, einer Portion Glück und reichlich Gefühllosigkeit?
Darauf würde ich mein Geld setzen.
Das der Begriff Genie in den meisten Fällen zweifelhaft verwendet wird, hatte doch kürzlich auch Böhmemann zum Thema. Der Autor hat es oben auch angedeutet (eigenartigeweise sind Genies fast ausschließlich männlich).
Ansonsten schoss mir beim Lesen ein „endlich sagt’s mal einer“ durch den Kopf. Danke dafür.
Generell darf bezweifelt werden, dass große Leistungen und Erfindungen bzw. Fortschritte durch einzelne Personen zustande kamen. Immer spielen auch die jeweiligen Rahmenbedingungen, unter denen diese entstehen könnten, eine Rolle. Beispielsweise hätte ein Herr Linde unmöglich die Kältemaschine „erfinden“ können, ohne dass es bereits erhebliche Fortschritte in den theoretischen Erkenntnissen rund um die Thermodynamik gab und auch eine einigermaßen etablierte Elektrotechnik für die Leistungsbereitstellung verfügbar war. Auffällig ist auch, dass die meisten großen Erfindungen viele Väter und auch Mütter hatten bzw. sich durch die geltenden Umstände quasi aufrängten erfunden bzw. gefunden zu werden. Eine Lesetipp dazu ist „Die Erfindung der Zukunft“ von Steve Johnson.
Meine Einschätzung ist, dass sich eine solche distanzierte und nüchterne Betrachtung für Medien nicht lohnt, da das knackige Etwas fehlt. Wir sind scheinbar stets begierig auf das wundervolle übernatürliche und lesen es entsprechend auch gern.
„Unternehmerischer Erfolg“ ist halt meistens auch nur einfach eine Form von „Glück gehabt“. Ein riesiges Vermögen hilft dabei. Das Problem ist ja, dass wir in unserer angeborenen Neigung, Kausalzusammenhänge herzustellen, wo keine sind, auf Erfolgsgeschichten hereinfallen. Musk hat einige gute Entscheidungen getroffen, aber dass dies auf mehr als nur Zufall beruht, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Das zeigt ja schon das dillettantische Vorgehen bei Twitter: Dass die Plattform überhaupt noch existiert, liegt jedenfalls nicht an dem Typen mit dem Waschbecken.
„Genie und Wahnsinn“ ergibt eigentlich nur in der Kunst Sinn, wenn jemand so kreativ ist, dass soe die Grenzen eines Genres bricht („Wahnsinn“), aber damit ein neues Genre etabliert („Genie“). Oder im wörtlichen Sinne, wenn die kreative Person tatsächlich psychisch schwer krank ist und sich das Ohr abschneidet oder so.
Ansonsten ist es 50:50, entweder soll schlechtes Verhalten entschuldigt werden „zwar wahnsinnig, aber genial“ oder man ist neidisch „ich bin zwar kein berühmter Künstler, Wissenschaftler oder Erfinder, aber dafür auch nicht wahnsinnig.“
Wer Musk schönreden will, macht das notfalls auch ohne diese Floskel.
@4: (u.a.) „Wo bleiben nun die Belege dafür, dass Musk nur wenig geleistet hat?“
Nichtexistenz kann man nicht beweisen.
@12: „Als solcher ist er zuständig fürs Klappern (Marketing und PR), Vernetzen, Kapitalsammeln, Teams zusammenstellen, Grundsatzentscheidungen fällen.“
Diese Ausführung könnte auch auf Elizabeth Holmes und Sam Bankman-Fried angewandt werden.
Naja – bis zur Implosion der anhängigen Unternehmen…
@11: 😂
@Mycroft (#16):
Ja, Kunst! Beethoven oder van Gogh. Ingeborg Bachmann. Der Bezug zwischen Wahnsinn und Genie ist oft (nicht immer) Substanz-vermittelt. Wer mag, kann gerne auch Jim Morrison oder Amy Winehouse dazuzählen.
Zu Musk fiele mir eher ein: „Und ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode…“
Der Artikel ist mir zu platt. Ich halte Musks Wirken zuletzt auch für sehr schädlich, aber man darf nicht vergessen …
… ohne Tesla gäbe es heute weltweit deutlich weniger E-Autos und auch die alten Autobauer wären nicht so weit
… ohne Space-X gäbe es keine westliche Organisation, die regelmäßig und zuverlässig Astronauten in den Himmel bekommt
… Space X hat Transportkosten in den Weltraum massiv gesenkt
… ohne Starlink stände die Ukraine heute deutlich schlechter da – und man hätte an vielen Orten der Welt deutlich schlechteres Internet.
Das hat Musk alles nicht alleine gemacht aber jeweils Organisationen mit ihm an der Spitze. Da gehört schon Einiges zu.
Trotzdem ist er wohl ein A***l***
Ohne Geld: Verrückt.
Mit Geld: Exzentrisch.
Wäre das Urteil über Herrn Musk auch so negativ, wenn er statt Herrn Trump Frau Harris unterstützen würde bei ansonsten gleicher unternehmerischer Leistung?
@ #21: Nein, Elon Musk ist selbstverständlich das Opfer eines linksgrünen Mainstreams, ist doch klar.
@#21:
Vermutlich schon, aber die ansonsten gleichlautende Kritik käme aus einer anderen Richtung: „Genial, aber leider wahnsinnig.“
@Mycroft: Auf Blechschmidt zu antworten, roch mir doch zu sehr nach Trollefüttern, aber Sie schiessen den Vogel dann ab.
Klar, wenn er nur Harris unterstützen würde, dann wäre den Linken egal, dass er Gewerkschaften und Betriebsräte bekämpft, antisemitischen Verschwörungsstuss ablässt, bekennende Neonazis auf seine Plattform zurückgeholt hat, Transmenschen ( auch in seiner Familie ) bepöbelt, permanent rassistische Ausfälle hat und und und.
So sind sie, die Linken, höhöhö.
Von Florian Blechschmidt erwartet ja niemand irgendetwas, was über das BILD Niveau hinauskäme. Sie haben sich da nun wundervoll eingefühlt.
Chapeau.