Politische Einstellungen von Journalisten

Warum der Journalismus für Konservative ein unattraktives Berufsfeld (geworden) ist

Exklusiv für Übonnenten

Alle Jahre wieder stellt eine Studie fest, dass den Grünen mehr Journalisten und Journalistinnen in Deutschland politisch nahestehen als jeder anderen Partei. Aktuell ist es (zum zweiten Mal) die sogenannte Journalismusbefragung der TU Dortmund im Rahmen der Studie „Journalismus & Demokratie“. 41 Prozent der deutschen Journalistinnen und Journalisten neigen demzufolge den Grünen zu, gefolgt von 23 Prozent, die sich für keine Partei entscheiden mögen, 16 Prozent neigen der SPD zu, acht Prozent der CDU, der Linken sechs und drei Prozent der FDP. Die AfD wird nicht mal aufgeführt.

Screenshot: Studie "Journalismus & Demokratie", TU Dortmund
Screenshot: Studie „Journalismus & Demokratie“, TU Dortmund

Wie immer ist die Aufregung rechts der Mitte groß: „Studie belegt, was längst klar war: Zwei Drittel der Journalisten sind links-grün eingestellt“ titelt Julian Reichelts Krawallbude „Nius“. „So links sind Journalisten in Deutschland wirklich“ tönt die „Junge Freiheit“, als hätte sie da etwas aufgedeckt, was noch keiner vorher wusste. Schon fast altklug wirkt dagegen „Tichy’s Einblick“: „Der Medienbetrieb bleibt ‚grün‘“.

Doch auch im medialen Mainstream, den man trotz rechtsradikalen Schindluders mit diesem Begriff durchaus so nennen kann, artikulieren sich die – immer gleichen – Bedenken: „Stern“-Reporter Julius Betschka findet: „Man kann es drehen und wenden, wie man will: Das ist ein Problem.“ „Welt“-„Chefreporterin“ Anna Schneider wundert sich – Überraschung! – nicht, „dass Journalisten wenig Vertrauen geschenkt wird“ und „Focus“-Kolumnistin Nena Brockhaus ist „bestürzt“ und ruft deshalb – ausgerechnet – bei den Grünen an. Diese Logik erschließt sich zwar nur bedingt, aber Hauptsache, man hat das „Problem“ mal wieder traktiert, ohne es zu lösen.

Die andere Diversität

Der Verlauf dieser Diskussion ist in etwa so vorhersehbar und gleichzeitig so unerquicklich wie Sprühregen in Hamburg. Wer sich für die Substanz der aufgeworfenen Behauptungen interessiert, kann auf Übermedien den substanziellen Text des Mainzer Journalistik-Professors Tanjev Schultz nachlesen oder einen entsprechenden Beitrag des Leipziger Kommunikationswissenschaftlers Christian Hoffmann. Während Schultz in der individuellen politischen Neigung von Journalistinnen und Journalisten eher keine größeren Probleme sieht, meint Hoffmann, dass es durchaus sein könne, dass diese die Polarisierung des gesellschaftlichen Diskurses verschärfe. Sein Gegenvorschlag heißt „Perspektivenvielfalt“.

3 Kommentare

  1. Was ja zudem nie hinterfragt wird: Wieso sollte die politische Einstellung von Journalisten grundsätzlich dazu führen, dass diese im Sinne ihrer eigenen Einstellung berichten? Wer sich zum Beispiel ansieht, wie stark die von SPD und Grünen dominierte Bundesregierung kritisiert wird, kann wohl kaum behaupten, dass diese vom angeblich überwiegend rot-grünen Journalismus in Schutz genommen wird.

  2. Wenn einfach weniger Konservative Journalist werden wollen, wäre eine Quote falsch, weil die die Konkurrenz für Konservative verringert.
    Andererseits könnte man eine Quote für Frauen, Schwarze, Moslems oder Gehbehinderte nicht so leicht umgehen, wie eine Quote nach politischer Ausrichtung, bei der man einfach „Ich bin konservativ!“ sagt.

  3. Also ich finde, der (allgemeiner formuliert) norddeutsche Sprühregen hatte diese Abwertung nicht verdient.

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