Debatte um „Geheimplan“-Recherche

Die Kritik an Correctiv ignoriert, was wir über Rechtsextremismus wissen

Die Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ über ein Treffen von Konservativen und Rechtsextremen in Potsdam hat Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in ganz Deutschland ausgelöst und gerade erst einen wichtigen Preis gewonnen. Die Reportage sei nicht gelungen, finden hingegen Übermedien-Gründer Stefan Niggemeier, LTO-Chefredakteur Felix W. Zimmermann und der Chef der Henri-Nannen-Schule, Christoph Kucklick. Gemeinsam haben sie ihre Kritik an der Recherche in einem Übermedien-Text formuliert und eine „echte Debatte“ gefordert. Übermedien-Autor Andrej Reisin sieht in der Argumentation des Autorenteams wiederum Schwächen und antwortet an dieser Stelle auf ihre Analyse.

Eine gute Übersicht der mittlerweile entstandenen Debatte sowie der kritischen Berichterstattung über den Text von Niggemeier, Kucklick und Zimmermann gibt es im „Altpapier“ des MDR. Die Stellungnahme von Correctiv lesen Sie hier


Die Kritik von Christoph Kucklick, Stefan Niggemeier, und Felix W. Zimmermann am Correctiv-Text hat ein zentrales Problem: Sie will vom Wesen des zeitgenössischen Rechtsextremismus nichts wissen. Das mag daran liegen, dass sich hier ein Journalistenausbilder, ein Medienkritiker und ein Jurist gewissermaßen an der Bar getroffen und eine aus ihren jeweiligen Blickwinkeln nachvollziehbare Kritik formuliert haben. Und tatsächlich macht der Text an einigen Stellen valide Punkte – allerdings verliert die Kritik vor lauter Bäumen den Wald aus dem Blick. Nun kann man sich seine Fans nicht aussuchen, aber in diesem Fall ist es kein Wunder, dass rechte und rechtsradikale Medien jubilieren. Das hätte vermieden werden können und müssen.

Zur „Remigration“ gibt es längst Urteile

Ein zentraler Vorwurf des Übermedien-Stücks lautet, Correctiv verfolge eine Mischung aus „Nichtbeleg und Großdeutung als Prinzip“. Die Autoren machen das daran fest, dass Correctiv nicht belegen könne, dass „hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer“ tatsächlich zusammengekommen seien, um „die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“ zu planen. Dies sei „besonders problematisch“, weil:

„es um den massivsten Vorwurf im Bericht geht, nämlich die vermeintliche Ausweisung deutscher Staatsbürger. Denn genau hier verläuft die Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit. Für rigorosere Abschiebung von Asylbewerbern zu sein, das verstößt nicht gegen das Grundgesetz, beim ‚Anpassungsdruck‘ käme es auf den genauen Inhalt von ‚maßgeschneiderten Gesetzen‘ an. Deutsche mit Migrationshintergrund ausweisen zu wollen, ist jedoch eindeutig verfassungswidrig.“

Doch diese Passage ist ihrerseits fragwürdig: Denn dass die Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit erst da verläuft, wo man deutsche Staatsbürger ausweisen will, ist – vorsichtig formuliert – bestreitbar. Das lässt sich unter anderem in den mittlerweile zahlreichen Entscheidungen gegen die AfD nachlesen, in denen Gerichte begründet haben, warum die Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz und die entsprechenden (Teil-)Einstufungen als „rechtsextrem“ von Recht und Verfassung gedeckt sind. So urteilte zum Beispiel das Verwaltungsgericht Köln

„Die Klägerin [Anm. d. Red.: die AfD] verbindet ihre ausländerfeindliche Agitation mit der Forderung nach Abschiebungen und ‚Remigration‘. In einem Facebook-Eintrag vom 8. November 2017 forderte die Klägerin, die gesetzlichen Voraussetzungen für ‚Massenabschiebungen‘ zu schaffen. Es müssten dringend ‚alle Mittel zur Remigration ergriffen‘ werden. Die Forderung nach ‚Massenabschiebung‘ in Verbindung mit der Forderung zur Ergreifung ‚aller Mittel zur Remigration‘ deutet auf ein mit dem Rechtsstaat in Konflikt stehendes, da nicht den Einzelfall berücksichtigendes Vorgehen hin. Dies deckt sich auch mit der Forderung der Klägerin, das Asylrecht in ein ‚rein mildtätiges Gnadenrecht‘ umzuwandeln, das ‚vor keinem Gericht eingeklagt werden kann‘.“

Für das Gericht beginnt die Verfassungsfeindlichkeit also keinesfalls erst, wie im Übermedien-Artikel behauptet, mit der Ausweisung deutscher Staatsbürger, sondern bereits mit der Forderung nach „Massenabschiebungen“ und „Remigration“, da diese die im Rechtsstaat garantierte Einzelfallprüfung außer Kraft setzen und den Rechtsschutz Einzelner de facto abschaffen wollen. Auch andere Gerichte haben sich – gestützt auf Gutachten – dieser Auffassung weitgehend angeschlossen. Bislang ist die AfD mit ihren Klagen gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz und dessen Einstufungen jedenfalls auf breiter Front gescheitert. Es ist daher erstaunlich, dass die Übermedien-Autoren nun dafür plädieren, die Verfassungsfeindlichkeit auf das Ausweisen deutscher Staatsbürger zu verengen, obwohl die ständige Rechtsprechung einen deutlich anderen Tenor hat.

Die Autoren verharmlosen Rechtsextremismus

In der Folge kommt es dann zu dieser Argumentation: 

„Im Tatsachenteil des Textes heißt es allerdings, dass ein Teilnehmer via Anwalt ausrichten ließ, er wolle Menschen ’nicht gesetzeswidrig ausweisen‘, und eine Teilnehmerin die Ausweisung von Menschen mit deutschem Pass als ‚ein Ding der Unmöglichkeit‘ bezeichnet habe. Sellner habe geantwortet, er wolle ’nicht assimilierte‘ deutsche Staatsbürger durch Druck zum Auswandern bringen, das sei ‚ein Jahrzehnteprojekt‘. Das ist eine ebenfalls rechtsradikale Idee – aber ein völlig anderer Sachverhalt.“

Darin liegt, ich kann es leider nicht anders formulieren, eine atemberaubende Verharmlosung von Rechtsextremismus, der Geschichte seiner Verbrechen und dem, was er anzurichten gedenkt. Wie stellen sich die Autoren denn den „Druck“ vor, den Sellner, immerhin einer der aktivsten europäischen Rechtsextremisten, ausüben will? Diese Frage umschiffen sie mit der Floskel, es käme „auf den genauen Inhalt“ an.

Demonstration gegen Rechtsextremismus im Januar 2024 in München
Die Correctiv-Recherche löste Demonstrationen in ganz Deutschland aus. Foto: Imago/Sachelle Babbar/Zuma Wire

Bereits am Kölner Urteil lässt sich, wie gesagt, ermessen, dass der Inhalt in Wirklichkeit so oder so mit dem Rechtsstaat in Konflikt steht. Aber schauen wir einmal, was Sellner und sein Umfeld dazu schon formuliert haben. So schreibt Maximilian Krah, AfD-Europaabgeordneter und wie Sellner Autor im laut Verfassungsschutz „gesichert rechtsextremen“ Antaios-Verlag von Götz Kubitschek in seinem Buch „Politik von Rechts“: 

„Assimilieren müssen sich die Migranten in die deutsche Kultur, nicht Migranten und Autochthone gleichermaßen in eine traditionslose Migrationskultur. Natürlich ist Kultur immer Ausdruck einer Abstammungsgemeinschaft auf ihrem Weg durch die Zeit an einem bestimmten Ort. Kultur kann nicht beliebig auf Menschen mit ganz anderer Herkunft übertragen werden. Während es Europäern generell leicht gelingen dürfte, sich in die deutsche Kulturgemeinschaft zu integrieren, gibt es bei Nichteuropäern erhebliche Unterschiede. Völker sind eben verschieden, und die eigene kulturelle Prägung ist nicht beliebig änderbar. […] bleibt die Frage, was mit den dann im Land befindlichen Menschen mit Migrationshintergrund geschehen soll. Das werden in Deutschland prognostisch über 25 Millionen Menschen sein, davon deutlich über 15 Millionen deutsche Staatsangehörige.“

Was Krah und Sellner wollen, ist bekannt

Zwar räumt Krah ein, dass die politischen Realitäten eine „Ausweisung gegen deren Willen“ unmöglich machen, es wird aber aus dem Kontext mehr als deutlich, was die eigentliche Absicht ist. Könnten Krah und Co. wie sie wollten, dann würden sie jederzeit. Ansonsten müsste man die „prognostisch über 25 Millionen Menschen“, die angeblich kulturell unabänderlich nicht zu uns passen („Völker sind eben unterschiedlich“), gar nicht erwähnen.

Sellner hat unterdessen ein eigenes Buch vorgelegt, („Remigration. Ein Vorschlag“), in dem er exakt jene drei Kategorien von zu Remigrierenden aufmacht, die auch Correctiv wortwörtlich vom Treffen zitiert: „Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und nichtassimilierte Staatsbürger“. Sellner spricht im Buch noch allgemeiner von „Asylanten, Ausländern und nichtassimilierten Staatsbürgern“. Dazu heißt es, diese „millionenfache Remigration ist keine Kleinigkeit“. Damit räumt auch Sellner klar und deutlich ein, dass es um weitaus mehr geht als die „rigorose Abschiebung von Asylbewerbern“, wie die Übermedien-Autoren verharmlosend nahelegen. Die Dimension des Projekts ist exakt die von Correctiv benannte.

Im Online-Portal „Endstation Rechts“ macht der Extremismus-Forscher Armin Pfahl-Traughber darauf aufmerksam, dass Sellner sich bei seiner Vorstellung von „ethnokultureller Identität“ auf eine „substantielle Gleichheit“ des Volkes beruft. Sellner verweist dazu auf Carl Schmitt, einen der schillerndsten juristischen Vordenker des Nationalsozialismus: „Blickt man in die dafür angegebene Fußnote“, so Pfahl-Traughber, „so wird dort auf Carl Schmitt verwiesen. In dessen genanntem Buch wurde Demokratie über Homogenität definiert, das Heterogene sollte nötigenfalls einer Vernichtung ausgesetzt werden.“ Bei Sellner heißt es weiter: „Fremde Sprachen, Religionen und kulturelle Praktiken haben dann im öffentlichen Raum nichts verloren. Jeder fremde Neuankömmling muß die Sonder- und Alleinstellung der deutschen Kultur in Deutschland akzeptieren.“

Alle Gesetzestreue ist letztlich nur Taktik

Sellner vermag die Gewaltbereitschaft seiner Ideologie und „Identitären Bewegung“ nur mühsam zu tarnen: Ständig wiederholen Sellner und Co. Begriffe wie „Reconquista“, die auf die militärische Vertreibung der Muslime (und der Juden) von der iberischen Halbinsel verweisen und drehen Werbeclips mit Kampfsportszenen und martialischen Inszenierungen mit Fackeln, Märschen und Aktionen im öffentlichen Raum. Auch dem letzten Beobachter könnte daher eigentlich klar sein, dass aller Legalismus letztlich nur Taktik und Anpassung an die herrschende Rechtsordnung ist, solange man sie eben (noch) nicht anders stürzen kann.

Zur (legalistischen) Umsetzung seiner Pläne möchte Sellner einstweilen unter anderem die „Möglichkeiten des Verlusts der deutschen Staatsbürgerschaft“ ausweiten, so steht es in seinem Buch. Er zielt dabei auf die Aberkennung der Staatsbürgerschaft aufgrund diverser Vergehen und die Beseitigung der Doppelstaatsbürgerschaft. Zudem schlägt er „Assimilationsdruck durch eine patriotische Leitkultur“ vor, die es „für nichtassimilierte Migranten, gleich welchen Aufenthaltstitel sie haben, unattraktiv macht, in diesem Land zu leben, gleichzeitig aber geistig an ihrer Fremdidentität festzuhalten und ihre Parallelgesellschaft auszubauen“.

Auch „antideutsch“ eingestellten Deutschen empfiehlt Sellner ein Remigrationsprogramm zur Auswanderung. Spätestens hier wird klar, dass auch „ethnische Deutsche“, die als politische Gegnerinnen und Gegner betrachtet werden, der Ausbürgerung anheimfallen sollen. Es kann jeden treffen, der Sellner und seinen Spießgesellen nicht „deutsch“, nicht „homogen“ genug ist. Weiterhin schlägt er eine Einschränkung der Religionsfreiheit vor, die er „Deislamisierung“ nennt. 

Vor Völkermord kommt immer Entrechtung

Zu den Drangsalierungen, denen Musliminnen und Muslime Sellner zufolge ausgesetzt werden sollen, zählen unter anderem: kein Neubau von Moscheen, Einschränkung von Schächtungs- und Beschneidungspraxen, Kopftuchverbot in öffentlichen Räumen, keine Rücksicht auf Speisevorschriften usw. Und natürlich sollen auch die Sozialleistungen gestrichen werden. Oder wie es bei Übermedien heißt: „Das ist eine ebenfalls rechtsradikale Idee – aber ein völlig anderer Sachverhalt.“

Das ist er mitnichten! Wirklich immer geht Vertreibung, ethnischer Säuberung und Völkermord die völlige Entrechtung des anderen voraus. Kaum irgendwo lässt sich das plastischer nachvollziehen als im Berliner Bayerischen Viertel: Dort hängen als Denkmal an Laternen und Straßenkreuzungen Schilder, auf denen die zahlreichen Einschränkungen für Jüdinnen und Juden benannt sind, die ihrer Ermordung vorausgingen. Sie sind Zeugnisse der Erniedrigung und Menschenverachtung, des Sadismus im Detail, den das Regime und Millionen Volksgenossen auslebten:

„Juden dürfen nach 8 Uhr abends (im Sommer 9 Uhr) ihre Wohnungen nicht mehr verlassen.“
„Juden ist mit sofortiger Wirkung das Halten von Haustieren (Hunden, Katzen, Vögeln) verboten.“
„Jüdische Kinder dürfen keine öffentlichen Schulen mehr besuchen.“

Ein Schild im Bayerischen Viertel in Berlin
Vor der Ermordung kam die Entrechtung: Denkmal in Berlin Foto: Manfred Brückels (CC BY-SA 2.0 de)

Die Parallele zum völkischen Sadismus Sellners ist offensichtlich. So sehen sie nämlich aus, die „maßgeschneiderten Gesetze“ zum „Anpassungsdruck“, bei denen es für die Übermedien-Autoren „auf den genauen Inhalt“ ankäme. Man muss ihnen an dieser Stelle zugutehalten, dass ihnen vermutlich schlicht die Fantasie fehlt, sich auszumalen, was damit alles gemeint sein könnte. Zu befürchten steht allerdings, dass es Sellner und Co. keinesfalls an dieser Fantasie mangelt.

Verbindung zur Shoah zieht Neue Rechte selbst

Nicht zu entschuldigen ist aber, dass die Autoren sich keine Zeile lang mit den vergangenen und gegenwärtigen Fantasien der Leute auseinandersetzen, über die Correctiv berichtet – und deren Berichterstattung sie kritisieren. Das gilt im übrigen auch für die von Übermedien kritisierte Referenz zum Nationalsozialismus. Im Correctiv-Text heißt es:

„Was Sellner entwirft, erinnert an eine alte Idee: 1940 planten die Nationalsozialisten, vier Millionen Juden auf die Insel Madagaskar zu deportieren. Unklar ist, ob Sellner die historische Parallele im Kopf hat. Womöglich ist es auch Zufall, dass die Organisatoren gerade diese Villa für ihr konspiratives Treffen gewählt haben: Knapp acht Kilometer entfernt von dem Hotel steht das Haus der Wannseekonferenz, auf der die Nazis die systematische Vernichtung der Juden koordinierten.“

Auch ich sehe diese Passage kritisch, denn sie macht einen direkten historischen Korridor zur Shoah auf, der mehr Unterschiede zuschüttet als er Gemeinsamkeiten offenlegt. Der Historiker Markus Roth bemerkte dazu in der „Zeit“,

„der entscheidende Unterschied zur Wannseekonferenz ist, dass damals Entscheidungsträger aus Staat und Partei zusammensaßen. Sie konnten das Besprochene gewissermaßen direkt in die Tat umsetzen. Das war in Potsdam ganz anders. Zum Teil waren zwar Vertreter einer Partei anwesend, die in fast allen deutschen Parlamenten vertreten ist und hohe Stimmanteile hat, aber vor allem sitzen da Rechtsextreme, Neonazis und Spinner beisammen, die ihrer menschenverachtenden Fantasie freien Lauf lassen. Glücklicherweise haben sie noch keine Handlungsmacht, irgendetwas davon umzusetzen.“

Auf der anderen Seite aber ziehen Sellner und Co. die vergangenheitspolitische Linie permanent selbst: Der Historiker Niklas Fischer schreibt dazu ebenfalls in der „Zeit“:

„Was in der aktuellen Debatte oft übersehen wird: Die Neue Rechte und die AfD verknüpfen ihre rassistischen Vertreibungsfantasien mit der deutschen Erinnerungskultur. Es geht darum, die angebliche politische Instrumentalisierung von Auschwitz zu überwinden. […] Die entscheidende Voraussetzung ist für Sellner ein ‚positiver Bezug zur nationalen Identität‘, anstelle einer auf ‚Traumatisierung und nationalen Selbsthass ausgerichteten Geschichtserziehung‘. […] Für Sellner ist das Gedenken an sechs Millionen ermordete Juden nicht mehr als der Sargnagel des Traums von einem homogenen Deutschland.“

Mit anderen Worten: Die Verbrechen des Nationalsozialismus waren eine direkte Folge völkischer Ideologie, die mit Carl Schmitt das Heterogene nötigenfalls vernichten wollte (und vernichtet hat). Die Erinnerung daran soll ausgelöscht werden, um eine neue völkische Ideologie zu etablieren und die Verbrechen der Zukunft vorzubereiten.

Was Correctiv schreibt, ist keine „Übertreibung“

Nichts davon ist neu. Antaios-Chefideologe Kubitschek bekannte schon unmittelbar nach der Correctiv-Veröffentlichung: „Um über Remigration zu sprechen, braucht man kein ‚Geheimtreffen‘”. Die Leistung von Correctiv besteht aber eben darin, diese Verbindung zur AfD bis hin zu Alice Weidels Referent aufgedeckt zu haben, auch wenn man über die Inszenierung als „Geheimplan“ gegen Deutschland und die szenischen Lesungen durchaus geteilter Meinung sein kann.  Einen breiten Abriss der Geschichte der rechtsextremen Kampfbegriffe wie Umvolkung, Volkstod oder eben Remigration hat der Publizist Volker Weiß in der „Süddeutschen Zeitung“ verfasst. Er kommt zu dem Schluss:

„Sellner und sein Umfeld haben aus ihrem Denken nie einen Hehl gemacht, für die AfD ist das Thema jedoch heikel. Im Verbotsverfahren gegen die NPD spielte der Ethnozentrismus eine zentrale Rolle. […] Auf die drastische Maßnahme des Parteiverbots wurde verzichtet, da man der NPD die Möglichkeit absprach, ihre Ziele umzusetzen. Bei der AfD hingegen ist dies gegeben.“

Man kann daher nicht, wie die Übermedien-Autoren es zumindest über weite Strecken nahelegen, rechtspositivistisch den Legalismus von Sellner, AfD und Teilnehmern des Treffens für bare Münze nehmen. Das, was die Autoren Correctiv zu Recht vorwerfen, nämlich es unterlassen zu haben, „dem Leser mit Blick auf Sellners Vergangenheit, seine Äußerungen oder sein Handeln zu erklären, was er ‚wirklich‘ meint“, leisten sie selbst auch nicht. Im Gegenteil: Sie verweigern es aktiv.

Denn nur dadurch können sie überhaupt zu dem Schluss kommen, es sei gar nicht belegt, dass es in Potsdam um die wie auch immer geartete Ausbürgerung, Ausweisung, Abschiebung, Entrechtung und Vertreibung von Millionen Menschen gegangen sei. Ein Blick in die Vergangenheit und Gegenwart rechtsextremen Denkens hätte – bei aller möglicherweise berechtigten Detailkritik an dem Correctiv-Artikel – ausgereicht, um diesen zentralen Befund als Nonsens zu entlarven.

45 Kommentare

  1. Stark. Und hier bestätigt sich auch mal wieder der Kommentar #24 aus dem anderem Artikel: „Deshalb kritisieren Linke eben auch Linke, während Rechte niemals Rechte kritisieren.“. Hier kritisiert sogar ein Medium sich selbst. Ich kann mich nicht erinnern, das schonmal gesehen zu haben, außer vielleicht bei diesen seltsamen Faktenchecks des ÖRR zu seinen eigenen Formaten.
    Ich finde beide Texte haben ihren Wert, wobei dieser hier eher als notwendige Ergänzung zu dem anderen fungiert.
    Der erste Text hat es nicht geschafft, die kritisierten Lücken von Correctiv selbst zu füllen (und leider den Eindruck erweckt, als könnte man die nicht füllen) – Andrej Reisin to the rescue.

  2. 1. DANKE! das übermedien diese replik veröffnentlicht hat. DAS ist demokratische pressefreiheit…
    2. ich würde mich freuen, da eine erwiderung von niggemeyer zu lesen. warum? weil ich dir kritik hinsichtlich des potsdammer treffens für ziemlich schwach hielt. da wurden kleinigkeiten, details kritisiert. aber die berechtigung der aussagen (eben auch aus anderen quellen,wie hier im artikel), die wurden mal schlicht ignotiert.

    kurz: wer meint, das remigrationsprojekt gebe es bei der afd nicht, der ist wohl dumm, wie leute 1933…

    und ich verstehe diese dummheit nicht. muss man erst als schuler erleben, wie wieder restriktionen kommen, um zu erkennen, dass dies teil von afd, sellner und potsdamm treffen sind?

  3. Irgendwie seltsam auf Übermedien eine Replik auf Übermedien zu lesen.

    Ich fand den ersten Artikel leider sehr akademisch und bemüht neutral und denke, er wird spätestens mit dem Fall der Bezahlschranke große Verbreitung in den entsprechenden Kreisen finden. Viele der Kommentare feiern ihn ja schon heute dafür, dass es endlich mal jemand Correctiv zeigt.

    Danke daher für die Analyse und die Replik.

  4. Oh, jetzt erst bemerkt (bin selbst ja seit Jahren Abonnent), dass der Originalartikel bereits befreit ist – und damit wohl sehr viel Zuspruch erfahren hat und wird.

    Die Replik darauf ist hinter der Bezahlschranke. Nunja. Man kann sich seine Fans nicht aussuchen – da ist was dran.

  5. Beeindruckend, das hier Übermedien offen über Übermedien diskutiert.
    Alles andere war von Anfang an schwierig. Correctiv, was sich selber feiert. Ein Sellner, der im Theaterstück wie ein dummer kleiner Junge dargestellt wird, der sich freut, wenn er auch mal was sagen darf. Und damit sein gefährliches Wesen ins lächerliche gezogen wurde. Dann zwei vollkommen abdrehende Lager. Und zum Schluss wieder correctiv, als selbstherrliche Kritikverweigerer.

    Hätte es den correctiv Artikel nie gegeben…hätte man Sellners Buch gelesen, ihm zugehört (schrecklich anstrengend), geschaut was der Herr Kubitschek so von sich gibt, dann hätte man eins und eins zusammen zählen können, und das Ergebnis wäre das gleiche gewesen. Das was da von rechts kommt, ist richtig gefährlich.
    Correctiv hat mit der Art und Weise der Veröffentlichung eine Diskussion ausgelöst, die Demokratiefeinde nun ausschlachten. Blöder hätte es nicht laufen können.

  6. Wenn man die selbstherrliche Rechtfertigung von Corrctiv auf Instagram liest (Tenor: egal, welche Fehler wir gemacht haben, der Zweck heiligt unsere Mittel), dann erkennt man, wie wichtig die Kritik daran war.
    Mit dem Blickwinkel von Correctiv ist diese Kritik demnach völlig Ok. Dass es Details gibt, die diskutabel sind, zeigt diese Replik. Mehr nicht.

    Dass Rechte jetzt Übermedien für die Kritik feiern?
    Geschenkt. Eine gute Denettanekultur läßt sich nicht auf rechtes Agitations-Niveau herab ziehen.

    Danke an Übermedien für beide Texte.
    (Und ein wenig mehr Dank für den ersten 😉)

  7. Wo beginnt die Meinungsfreiheit, wo endet sie?
    Was entscheiden Gerichte, wenn sich aus angeblichen Äusserungen Empörung in erheblichem Ausmass den Weg bahnt?
    Unterschiedliche Meinungen brandzuvermauern entspricht nicht der Intention von Art. 5 Grundgesetz.
    Da spielt sich die Verharmlosung ab.

  8. Herr Reisin, hätte(!) correctiv all diese Erklärungen mitgeliefert, die Sie hier nachreichen, wäre die Kritik sicher auch, wenn überhaupt geäußert, eine andere gewesen.
    Ich tue mich weiter schwer damit, wenn sich Argumente vor allem darauf beziehen, dass man etwas schliesslich wisse, sich denken- oder leicht schliessen könne.
    Was die 3 Autoren hier gemacht haben, lese ich als handwerkliche Kritik. Ihre Erklärungen wären überflüssig, wenn diese Kritik nicht zuträfe, würde ich meinen.
    Abseits davon macht sich kein einigermaßen informierter Mensch irgendwelche Illusionen über die tatsächlichen Pläne dieser rechtsextremen Blase.
    Handwerklich wäre aber eben dies wesentlich besser zu lösen gewesen.
    Und auch bei Ihnen hier, fallen mir Schwächen auf. Sie zitieren ein Gerichtsurteil und analysieren das wie folgt:
    „Für das Gericht beginnt die Verfassungsfeindlichkeit also keinesfalls erst, wie im Übermedien-Artikel behauptet, mit der Ausweisung deutscher Staatsbürger, sondern bereits mit der Forderung nach „Massenabschiebungen“ und „Remigration“, da diese die im Rechtsstaat garantierte Einzelfallprüfung außer Kraft setzen und den Rechtsschutz Einzelner de facto abschaffen wollen.“
    So weit, so richtig.
    Aber damit wäre dann wohl mindestens jede zweite CSU Bierzeltrede ebenso verfassungsfeindlich.

    Kernpunkt meiner Sorge bleibt aber:
    Wenn wir an den Enthüllungsjournalismus, der sich gegen Populisten und Rechtsextremisten wendet, nicht allerhöchste Maßstäbe anlegen, dann laufen wir Gefahr auf ein Agit-Prop Feld gezogen zu werden, auf dem wir nur verlieren können.
    Der Whataboutism zu diesem Thema, der jetzt ganz sicher auf uns einbranden wird, wird nicht durch den Artikel begründet, sondern durch die Arbeitsweise des Correctiv-Teams.

  9. #4 @cmi: Das ist tatsächlich nicht optimal. Wir haben auch diesen Artikel hier jetzt kostenlos zugänglich gemacht.

    Beste Grüße
    Alexander Graf // Übermedien

  10. Spannender Einblick, teile insoweit allerdings auch Auffassung von @FrankGemein.

    Überaus unglücklich und korrekturbedürftig finde ich allerdings die Falschdarstellung, dass wir Autoren die Grenze zur Verfassungswidrigkeit erst mit Ausweisung ziehen würden.

    „Denn dass die Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit erst da verläuft, wo man deutsche Staatsbürger ausweisen will, ist – vorsichtig formuliert – bestreitbar“

    Das steht ja gerade nicht! in unserem Text, sondern ausdrücklich, dass es auch unterhalb selbstverständlich „je nach Inhalt“ der Gesetze verfassungswidrige Regeln gibt.

    Da Correctiv – anders als dieser Text – nichts über die möglichen Gesetze schreibt, die Sellner vorschweben, war eine weitere Auseinandersetztung damit nicht möglich und auch nicht angebracht, da es ja um eine Kritik der Substanzhaftigkeit des Corrrectiv-Textes ging.

    Und natürlich bleibt es ein völlig anderer Sachverhalt, ob direkt die Polizei anklopft und jemand außer Landes schafft oder zum Beispiel Regeln der Religionsausübung, die ich selbstverständlich ebenfalls als rechtsradikal und verfassungswidrig ablehne, das freie Leben schwerer macht.

    Das Letzteres sehr schnell zu Ersterem münden kann, zeigt dieser Text hier sehr gut auf.

    Dass Correctiv aber – offenbar über den Sachverhalt hinausgehend – bereits in dem Treffen einen „Masterplan zur Ausweisung deutscher Staatsbürger“ sieht, zeigt dass Correctiv unsauber arbeitet, Dinge vermengt und Eindrücke erweckt, die wenn nicht direkt falsch, jedenfalls mit dazu geführt haben, dass mehrere Medien unstreitig falsch berichteten.

  11. Danke für beide Texte. Der eine zeigt die handwerklichen Fehler des Correctiv Artikels. Der andere zeigt, wie es besser gemacht wird. Insgesamt eine wichtige Debatte. Und immer schön wahrhaftig bleiben.

  12. Die Replik bestätigt unfreiwillig, was sie wort- und zitatreich zu widerlegen versucht: Wenn all die Schlüsse, Mutmaßungen, Interpretationen und Suggestionen des Correctiv-Artikels bereits so gut durch andere Quellen, Urteile, Gutachten und Selbstauskünfte belegbar sind, stellt sich doch um so dringender die Frage, worin genau eigentlich die besondere investigative Leistung dieser als „Scoop“ gefeierten Recherche besteht. Dass dies jetzt im Nachgang rechtfertigend von Dritten erklärt werden muss, beweist genau die argumentative Lücke, die Kern der Kritik ist. Es ging ja ausdrücklich nicht um die Relativierung inhaltlicher Bewertungen, sondern allein darum, ob das guter, gar preiswürdig herausragender Journalismus sei. Dagegen gibt es triftige Argumente. Den Autoren daraus den Vorwurf der Verharmlosung von Rechtsextremismus zu drechseln geht nicht nur komplett an der Sache (Medienkritik!) vorbei, sondern ist darüberhinaus auch menschlich niederträchtig.

  13. Danke für diesen wie auch den vorigen Artikel zum Thema. Es beeindruckt und erleichtert, dass eine kritische Debatte innerhalb eines Mediums so noch möglich ist. Ich bin definitiv ein Stück weit klüger!
    Gerne mehr davon.

  14. Andrej Reisin schreibt in diesem Beitrag viele richtige Dinge. Aus meiner Sicht setzt er sich hingegen kaum mit der Intention der Kritik von Niggemeier u.a. auseinander, nämlich der an der Vorgehensweise von „correctiv“. So geht der größte Teil dieser Replik am eigentlichen „Thema“ vorbei. Mir scheinen Niggemeier u.a. jedenfalls schlicht nicht verstanden worden zu sein. Der Vorwurf einer „atemberaubenden Verharmlosung des Rechtsextremismus“ ist darüber hinaus absurd und m.E. ziemlich haltlos. (Ich warte auf den Prozess gegen Scholz, der sagte, nun müsse „endlich in großem Stil“ abgeschoben werden.) Worauf Reisin darüber hinaus hinweist, gehört zu dem, was die übergroße Mehrheit derer, die sich mit der Sache beschäftigt haben, ohnehin weiß. Und dass diese Informationen nicht geliefert werden, könnte ja möglicherweise daran liegen, dass das gar nicht beabsichtigt war. Sicher: Darüber mag man sich aufregen und die einem fehlenden Informationen über das von Niggemeier u.a. Genannte hinaus hinzufügen. Die Schlußfolgerungen aus etwas, das nicht da steht, sind allerdings – schon methodologisch – äußerst fragwürdig. Eine eingehende Reflexion über eigene und anderer Intentionen und Methoden hätte ich mir von Herrn Reisin nun aber durchaus gewünscht. So kam letztlich „nur“ der einfache „Faktenchecker“ in ihm zu Wort.
    Dass die Rechten „feiern“, liegt im Übrigen natürlich am Vorgehen von „correktiv“, nicht am Überbringer der Nachricht. Meine Meinung.

  15. Die Debatte um die beiden Artikel zeigt ganz gut, dass endlose Wahrheitssuche auch nicht unbedingt zu einer Lösung führen muss. Ich sehe eher die Gefahr der Handlungsunfähigkeit.

    Man könnte jetzt noch mal 100 Details sezieren und dann sind wir immer noch nicht schlauer, wie man nun sinnvoll mit dem Rechtsruck umgeht.
    Und in der Zeit wird das rechte Denken immer salonfähiger. Und dann? Dann ist es möglicherweise zu spät, was zu unternehmen.

    Sellner und Co. bleiben eben Faschisten, und mir ist es auch egal, ob sie irgendwann mal einen Satz gesagt haben, der ok ist. Menschengemachter Klinmawandel existiert nicht? Danke, next!

    Dass „mit ihnen reden“ nicht funktioniert, kann man ja täglich beobachten. Sie argumentieren emotional, sehen ihre Weltsicht als nicht falsifizierbar und warten nur drauf, dass ihnen die Gegenseite Munition liefert, die eifrig mit endloser Wahrheitssuche beschäftigt ist.

    Apropos Klimawandel: Auch da können wir jetzt nochmal 20 Jahre lang überlegen, ob es vielleicht doch noch mal eine Wundertechnologie geben kann oder ob wir halt jetzt endlich einfach mal entschlossen handeln.

  16. Das ist eine ziemlich ausführliche Verfehlung des Themas, wie @14 und @16 bereits zu Recht angemerkt haben: Ob correctiv den Inhalt und Verlauf der Zusammenkunft in Potsdam korrekt recherchiert / beschrieben hat und was mit dem danach Gesagten gemeint ist, welcher Subtext sich also hinter den jeweiligen Ausführungen ggf. verbirgt, sind zwei verschiedene Fragen.

  17. „Seriösem Journalismus muss die Wirkung seiner Arbeit egal sein“, schreibt Stefan Niggemeier in seinem SPIEGEL-Beitrag zum Thema, und macht sich damit – wieder einmal – ohne Not zum Kronzeugen für alle, die darüber raunen, was von Medien angeblich alles „totgeschwiegen“ wird.

    Ich will nicht so recht glauben, dass Stefan, der sich seit Jahrzehnten mit den Praktiken von BILD auseinandersetzt, der in seinem Blog ausführlich über den „Werther-Effekt“ und die sich daraus ableitende Verantwortung von Journalist*innen schrieb, oder der die Diskussionen um die Aufweichung des Pressekodex bezüglich der anlasslosen Nennung von Herkunft oder Nationalität von Tatverdächtigen bei der Berichterstattung über Kriminalität und der damit verbundenen Gefahren verfolgt hat, um nur drei offensichtliche Beispiele zu nennen, zu der zitierten Aussage versteigen und seine Debattenforderung auf so ein morsches Fundament stellen kann. (Schlecht formuliert ist seine Aussage obendrein: Gilt die Bedingung nur für „seriösen“ Journalismus und der „unseriöse“ ist fein raus? Oder ist die Gleichgültigkeit über die Wirkung der eigenen journalistischen Arbeit Grundvoraussetzung für seriösen Journalismus? Das eine ist so absurd wie das andere.)

    Wohlgemerkt: Ich stimme dem ursprünglichen ÜBERMEDIEN-Text in seiner Kritik an der Arbeitsweise von CORRECTIV in vielen Punkten zu. Aber die Art, wie diese „Debatte“ bislang geführt wird, bestätigt meine Erwartung, dass Medien zu einer solchen Debatte strukturell nicht in der Lage sind. Den stärksten Beleg dafür liefert Stefan leider gleich selbst im SPIEGEL.

    Und so richtig Andrej Reisins Beitrag auch sein mag: Bevor man ÜBERMEDIEN dafür allzu sehr lobt, ihn zu veröffentlichen, sollte man sich kurz ins Gedächtnis rufen, dass „Debatten“ in Form von „Pro-“ und „Kontra-“ Texten bereits seit Jahren eine selten erkenntnisreiche, dafür aber offenbar verlässlich Klickzahlen steigernde Masche vieler Redaktionen sind. Dann doch lieber sorgfältig arbeiten und sich solche maroden Debattenversuche ganz sparen. Oder dogmatisch gesagt: „Seriösem Journalismus muss der Anschein fehlender Ausgewogenheit egal sein.“

  18. Wer (re)migrieren will, darf dies von D. aus jederzeit tun. Die Forderung nach „Remigration“ kann also nur die unfreiwillige Remigration sein.

    Die Frage, ob die unkonkreten Pläne, über die da diskutiert wurde, verfassungsfeindlich wären, sofern sie in konkrete Gesetze übertragen sind, ist also offen, bis man entweder den konkreten Gesetzesvorschlag sieht, oder wenn das Ziel eines Gesetzes in _jedem_ Fall verfassungsfeindlich wäre, also hier im Fall der Zwangsausbürgerung dt. Staatsbürger.
    „Massenausweisungen“ von Ausländern ohne Aufenthaltsrecht wären zumindest dann nicht verfassungsfeindlich, wenn trotz der Massen jeder Fall einzeln und unter Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahren geprüft würde, was nicht nur vom konkreten Gesetzestext, sondern auch der theoretischen und praktischen Umsetzung abhinge.

    Dass dem Rechtsextremismus solche Details eher egal sind, ist mMn nichts, wovon Niggemeier et alii „nichts wissen will“. Das ist aber nicht das Thema – hat irgendwer bis zum Correctiv-Artikel gedacht oder jedenfalls vermutet, die AfD beschränke ihr Remigrationskonzept auf Flüchtlinge, und ist daher davon total überrascht gewesen? Oder ist von Correctiv etwas bewiesen worden, was bis dato nur ein (starker) Verdacht war? Wenn nicht, ist nicht die Arbeit mit einem Preis gewürdigt worden, sondern „nur“ der Effekt auf die Zivilgesellschaft, und dann finde ich schon, dass das nicht gannnnnz der Sinn solcher Preise sein soll.

  19. Danke für den Artikel!

    Viel mehr noch danke, dass ihr – also Übermedien – den Diskurs hier zentral sammelt. Kann mir vorstellen, dass das nicht einfach ist, öffentlich so viel Widerspruch und Kritik einzustecken – auch wenn ihr selbst auch austeilt. Jedenfalls macht es glaubwürdig, dass ihr an einem ernsthaften Austausch interessiert seid und dass da auch bei euch ein Prozess im Gange ist.

    Vielleicht könnt ihr das später nochmal im Podcast aufgreifen oder so. Schon allein diese Metaebene der Geschichte hätte es verdient, erzählt zu werden.

  20. Danke für deinen Einspruch, Andrej. Die Autoren der Correctiv-Kritik ignorieren die zentrale Tchnik rechter Kommunikation:
    Das Verdienst der Correctiv-Recherche war es, das „Dog Whistling“ der rechtsradikalen Bürger in den für alle hörbaren Frequenzbereich verschoben zu haben. Sie haben eine Erzählung angeboten, die den ideologischen Kern des antidemokratischen Lagers greifbar – und angreifbar – macht.
    Das mag kein klassischer Investigativjournalismus sein. Aber eine aufklärerische Enthüllung mit immenser Reichweite.

  21. #23 @Tini:
    Eben, „sie haben eine Erzählung angeboten“, diese dann aber als Investigativjournalismus verkauft. Genau hier liegt das Problem. Angreifbar machen sie damit nämlich vor allem sich selbst und stärken duch Glaubwürdigkeitsverlust die Gegenseite, die sowas natürlich geschickt propagandistisch ausschlachtet, auch im Hinblick auf die genüsslich zitierten Reaktionen anderer („System-„) Medien und aus der Zivilgesellschaft – „immense Reichweite“ im eher unerwünschten Sinn, Aufklärung nur für die ohnehin Aufgeklärten. Wo es tatsächlich Aufklärungsbedarf gäbe werden stattdessen neue Argumente für die eigene Erzählung geliefert, man sehe sich lediglich ideologisch motivierten Erziehungsversuchen durch die „wahren Antidemokraten“ ausgesetzt. Das nennt man kontraproduktiv.

  22. @ 23:
    „das „Dog Whistling“ der rechtsradikalen Bürger in den für alle hörbaren Frequenzbereich verschoben“
    Perfekte Metapher, die klau‘ ich! ;)

    @24:
    „stärken durch Glaubwürdigkeitsverlust die Gegenseite, die sowas natürlich geschickt propagandistisch ausschlachtet“
    Die Gegenseite schlachtet alles propagandistisch aus. Wenn sie nichts zum Ausschlachten hat, dann lügt sie was für die eigenen Jünger zusammen und wirft so lange auf „den Gegner“ mit Scheiße, bis was kleben bleibt.
    Wir dürfen nicht aufhören, deren Machenschaften aus dem Dunkel ins Licht zu zerren, nur weil die das geschickt für ihre Propagangda spinnen. Mit rechten Propagandisten zu reden ist inhärent „kontraproduktiv“, weil diese gar kein Interesse an Lösungen haben, sondern daran, dass die Diskussion weiter geht und ihre Talking Points öffentliche Verbreitung finden. Im Zweifel hat man es halt nicht so gemeint oder ist mausgerutscht.
    Menschen, die nicht demokratisch debattieren wollen, haben es nicht verdient, ernst genommen zu werden.

    Man rangelt so lange mit den Schweinen im Dreck bis man herausfindet, dass die Schweine gar nicht gewinnen wollen, sondern auf Dreck stehen.

  23. @25:
    Rechte Propagandisten und Menschen, die nicht demokratisch debattieren wollen sind aber auch nicht Haupt-Adressaten eines solchen Artikels, sondern die Teile ihres (potentiellen) Publikums, die z.B. hinsichtlich einer Wahlentscheidung noch beeinflussbar sind – aus unterschiedlichsten Gründen verführbar, aber nicht unwiderbringlich verloren. Wenn wir schon bereit sind zu akzeptieren, dass eine Jury allein die öffentliche „Wirkung“ des Textes zum Maßstab seiner Preiswürdigkeit macht, dann muss sich diese Wirkung vor allem daran messen lassen, welche Überzeugungskraft er in den fraglichen Milieus entfaltet, nicht dort, wo er offene Türen einrennt. Sonst bleibt das ebenfalls bloßes „Dog Whistling“, nur mit umgekehrten Vorzeichen, weil auf der falschen Frequenz gesendet wird.

  24. Bei so viel Deutung, Betonung, Bewertung seitens correctiv tue ich mich – trotz vieler Ihrer berechtigten Fürsprachen einfach mit einer Qualifikation schwer:
    Wo bleibt die Substanz des Berichts, die wirklich „investigativ“ genannt werden kann? Und was wird denn hier prämiert: Die erfolgreiche, gewollte Mobilisierung der aufrecht denkenden Masse, oder der inhaltliche Gehalt des Textes?

  25. Wofür der Text ausgezeichnet wurde, kann man ja nachlesen. Und die Entscheidung der Auszeichnung darf einem auch nicht gefallen.
    Der Text „muss“ aber keine „Überzeugungskraft er in den fraglichen Milieus entfalten“, um prämiert zu werden. Verstehe nicht, worauf sich diese Aussage stützt.
    Offene Türen hat er m. E. auch nicht eingerannt – die Türen wurden erst durch die millionenfachen Demonstrationen in ganz DE aufgestoßen. Vor dem Bericht war (anscheinend) einer überwältigenden Mehrheit in DE eben nicht klar, wie genau die Vertreibungsfantasien der Rechtsradikalen aussehen, obwohl diese das ja auch vorher nicht wirklich geheim gehalten haben, zumindest nicht die österreichischen Neofaschisten. (Ja, das widerspricht der „Geheimplan“-These in der Überschrift der Recherche. Das ist meine Hauptkritik am Correctiv-Text: Nichts von dem dort aufgedeckten war wirklich geheim vorher.).

    @ 27: Was war denn nicht investigativ an der Recherche? Wie muss „investigativ“ in Ihren Augen aussehen, wenn nicht so?

  26. @28
    Zunächst mal bezweifele ich stark, dass eine „überwältigende Mehrheit in DE“ den Correctiv-Text überhaupt, geschweige denn in Gänze gelesen hat. Alarmierende Wirkung hatte vor allem die begleitende und z.T. recht frei paraphrasierende Berichterstattung, Stichwort „Massendeportationen“, was so im Original nicht vorkommt, womit aber zumindest assoziativ gespielt wird, sehr viel direkter noch (weil unter dem Schutz der Kunstfreiheit) in der begleitenden Bühnenfassung. Das mag unter uns als „dem Wesen nach nicht ganz falsch“ durchgehen, überzeugt aber keine Zweifler, erst recht nicht wenn falsche oder ungeschickte Wortwahl dann noch zu juristischen Niederlagen führt.
    Insofern bezweifele ich ebenfalls, dass einer überwältigenden Mehrheit nach dem Bericht wirklich klarer war als vorher, „wie genau die Vertreibungsfantasien der Rechtsradikalen aussehen“, da die gesamte Kommunikation um das Thema eher zur Vernebelung der tatsächlichen Sachlage beitrug.
    Ist es gut, richtig und ermutigend, dass in der Folge hunderttausendfach Gesicht gezeigt wurde? Keine Frage! Hat Correctiv den Anlass dafür geliefert? Aber sicher! Sollten wir sie dafür feiern? Unbedingt! Aber haben sie dafür auch Medienpreise verdient? Sind „Impact“ und „beispiellose Reaktionen“ schon ein Ausweis journalistischer Qualität? Wie sieht der „Impact“ überhaupt aus? Was hat sich seither verändert? Gibt es einen gesellschaftlichen Stimmungswandel? Umfrage-Ergebnisse sprechen dagegen. AfD-Verluste gehen im Wesentlichen auf das Konto des BSW. So gesehen wäre jedes Wagenknecht-Youtube-Video preiswürdiger.
    Und der investigative Gewinn? Ein paar Namen von Hinterbänklern und Gesinnungsgleichen, die sich für große Strippenzieher halten. Inhaltlich weitgehend Kernthesen des Sellner-Buches, das man regulär im Handel erwerben kann, wenn man mal eine richtig schlechte Zeit haben möchte. Ganz sicher kein „Geheim“-Plan, denn der will ja gerade mit der Veröffentlichung was erreichen. Dass er dafür Verbündete sucht, dürfte auch niemanden groß überrascht haben (dass ausgerechnet Correctiv ihm bei der Promo hilft, schon eher).
    Ja, es wird Aufmerksamkeit auf eine vielfach sicher immer noch grob unterschätze Gefahr gelenkt, die sich vor unser aller Augen sehr konkret und mit beängstigender Beschleunigung zusammenbraut, das ist ein unbestreitbares Verdienst; aber bei aller spannenden Aufbereitung und sachkundigen Einordnung in der rein faktischen Substanz eben doch deutlich weniger als die in den reißerischen Schlagzeilen suggerierte Sensation.

  27. „erst recht nicht wenn falsche oder ungeschickte Wortwahl dann noch zu juristischen Niederlagen führt.“
    Oh, da sind Sie aber einer rechtspopulistischen Lüge aufgesessen:
    https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/08/01/juristisches-scharmuetzel-gegen-die-tagesschau/

    Zum Rest:
    Joa, also es ist ja selbstevident, dass die Correctiv-Recherche zu etwas geführt hat, nämlich zu den Protesten. Die wären ja nicht passiert, wenn Correctiv tatsächlich mehr vernebelt, statt aufgeklärt hätte.
    Zu den Details; was Correctiv jetzt genau falsch gemacht haben soll, da gibt es bei 5 Personen eh 6 Meinungen zu, das will ich persönlich gar nicht bewerten – Bin aber mit ihrer „geheim war da nichts dran“ Einschätzung absolut d’accord.

    Und ich denke, das alleine steckt auch hinter der „Wirkung“ -Formulierung bei der Preisvergabe-Begründung: Es hat zu einem sichtbaren „Aufwachen“ von vielen Gesellschaftsteilen geführt, weil es anscheinend doch vorher nicht so offensichtlich war, wie Sie und ich vermuteten.
    Ich bin auch der Meinung, dass es absolut korrekt ist, die „Remigrationspläne“ eindeutig als „Vertreibungsfantasien“ zu bezeichnen. Der Inhalt dieser Pläne hat nichts mit dem wissenschaftlichen Begriff „Remigration“ zu tun. Es ist eine von gaaaanz vielen Vokabeln, die die rechte Szene seit Jahren bewusst falsch und als Dogwhistle verwendet.

    Ich persönlich freue mich, dass man hier in den Kommentaren sachlich darüber reden kann.

  28. @30:
    Auch das verlinkte Correctiv-Statement bestätigt die juristische Niederlage des NDR wegen falscher Wortwahl im Rahmen der von mir erwähnten Berichterstattung zur Veröffentlichung. Wo genau bin ich da einer Lüge aufgesessen?

  29. Die rechtspopulistischen Newsseiten verkaufen das halt als juristische Niederlage von Correctiv und die vorherige Formulierung ließ diesen Schluss m. E. ebenfalls zu. Da hatte ich Bedenken, Sie seien evtl. diesem Narrativ aufgesessen. Beruhigt mich, dass es nicht so ist.

  30. Vom Ansatz her war das wohl schon „investigativ“, ein Treffen, zu dem nur Leute kommen sollten, die „auf Linie“ sind, wird von investigativen Journalisten „unterwandert“.
    Vom Ergebnis her leider nein. Es wird nichts gesagt, was man nicht sowieso vermutet hat, keine der beteiligten Personen ist eine „Überraschung“, und es sind auch keine neuen oder gar strafbaren Details ans Licht gekommen.
    Der Preis kommt mehr wie so ein Motivationspreis vor – das Kind hat sich ganz doll angestrengt und bestimmt auch alle Mühe gegeben, dann bekommt es eine bessere Note als das Kind, dass mit halb so viel Aufwand die Hälfte mehr schafft. (War bei der SZ mit ihrer Aiwangergeschichte anscheinend ganz ähnlich…)

  31. Ist ja ziemlich egal, wie etwas wem auch immer vorkommt oder ob jemand meint, ein Ergebnis sei nicht investigativ zustande gekommen, weil es keine überraschenden Enthüllungen gab.
    Selbstverständlich war das eine investigative Recherche.

    Wird hier jetzt eigentlich vom Carlo-Schmidt-Preis gesprochen?
    Der, der „für einen herausragenden Beitrag zur Stärkung der Demokratie“ verliehen wird?
    Oder um den Leuchtturm Preis, der mit diesen Begründungen vom Netzwerk Recherche verliehen wurde:
    „Die Arbeit von Correctiv steht exemplarisch für den Wert und die Notwendigkeit von investigativem Journalismus“ & „Selten hat eine einzelne Recherche einen solchen Impact gehabt und uns allen gezeigt, wie wichtig diese Art von Journalismus für unseren demokratischen Diskurs ist“

    Kann man bei der Diskussion darüber bitte Fakten und Hirngespinste auseinanderhalten und, wenn man es nicht weiß, wofür ein Preis verliehen wurde, einfach mal googlen, bevor man von Motivationspreisen schwadroniert?

  32. @34:
    Die Begründung ist die Meinung der Preisstifter, die offenbar nicht von allen geteilt wird. Sowohl der „Impact“ als auch der investigative Ertrag sind hier bereits ausführlich und kontrovers erörtert worden, das Zustandekommen der Recherche stand nie zur Debatte.
    Der Rest ist sinnfreie Schaumschlägerei: „Die Arbeit des Weihnachtsmanns steht exemplarisch für den Wert und die Notwendigkeit festtäglicher Geschenkeverteilung.“ Die Arbeit ist also ein Beispiel für ihre Notwendigkeit, und noch nicht einmal ein besonders herausragendes, lediglich „selten“. Im Sinne von Niggi & Co. vielleicht ja doch genau die Art von Würdigung, die dieser Text verdient hat.

  33. PS:
    „Wir möchten die Arbeit der Reporter:innen von Correctiv mit diesem Leuchtturm-Preis nicht nur auszeichnen, sondern auch der gesamten Redaktion symbolisch den Rücken stärken.“ (Daniel Drepper, Vorsitzender Netzwerk Recherche)
    „Symbolisch den Rücken stärken“ klingt für mich schon auch ein bisschen nach Motivationspreis.

  34. Nur ganz leicht OT: Ich lese öfter bei correctiv. Gestern kam ich auf die Idee, mal auf den Button „Team“ zu klicken. Das ist eine wirklich große Redaktion, und alle, wirklich alle wirken vom Namen deutsch-deutsch ohne Migrationshintergrund, mit Ausnahme von Can Dündar, der auch mit Abstand der Älteste zu sein scheint und als türkischer Oppositioneller vermutlich auf Staatskosten (meine Unterstellung) über den Umweg correctiv durchgefüttert wird und mit Özgürüz sein komplett eigenes Ding macht, unabhängig von der restlichen Redaktion.
    Can Dündar wiederum macht seit Jahren auf kosten deutscher Institutionen Werbung für die türkische Haupt-Oppositionspartei (CHP), die ihre sämtlichen Wahlkämpfe seit 2016 mit „alle Syrer/Iraker/Afghanen raus aus der Türkei“-Gebrüll bestritten hat. Das stört da bei correctiv anscheinend niemanden. Mein zweiter Punkt: correctiv sitzt in Essen, und in der von der Redaktion repräsentierten jungen Altersgruppe sind in Westdeutschland über 30 Prozent mit Einwanderungshintergrund, in Großstädten/Ballungsräumen Westdeutschlands eher die Hälfte. Alle größeren Arbeitsteams in dem Alter, die ich kenne, haben viele Leuten aus den Gruppen, gegen die sich Sellner, Krah und Konsorten wenden, weil ja viele Türkeistämmige/Marokkaner/Bosnier schon in der 2./3. Generation da sind und hiesige Bildungssozialisation haben. Aber die Redaktion hat genau die „kulturell deutsche“ Monokultur, die Sellner und Co sich für das Land wünschen, und die müssen sie ja selbst geschaffen haben, vermutlich unterbewusst, über ihre monokulturellen, implizit jeden mit falschem Namen ausschließenden Netzwerke.
    Ich sehe hier ein Phänomen, das ich auch aus dem Klimaschutzbereich kenne, wo die unangenehmeren Aspekte der eigenen politischen Präferenzen, nämlich sich fürs Klima einschränken zu müssen/bei andauernd hoher Einwanderung irgendwann nicht mehr zur tonangebenden kulturellen Gruppe zu gehörigen, auf diejenigen abgeschoben werden, die es sich aufgrund geringeren Einkommens nicht leisten können, im EFH-Passivhaus mit Elektroauto und Solar auf dem Dach zu leben und in einem Stadtteil und einem Milieu, in dem Eingewanderte eine unbedeutende und/oder assimilierte Minderheit sind, während das dumme einfache Volk (einschließlich des eingewanderten Teils!) seine ungedämmte 2-Zimmer-Mietwohnung dank hoher CO2-Preise weniger heizen soll und kein Problem damit haben darf, seine Kinder auf Schulen zu schicken, die sprachlich so multidivers sind, dass das Erreichen des basalen Kompetenzniveaus deutlich erschwert ist, und die wegen der zunehmenden Gruppenbildung nach Herkunft auch sozial schwerer zu navigieren sind.
    Das sind jetzt Interpretationen meinerseits, aber ich hätte wirklich zu gerne über eine investigativen Bericht erfahren, wie die Herkunftsdeutsche Schieflage in der Redaktion zustandegekommen ist, und ob man kein Problem damit hat, für die Türkei zu unterstützen, was man in Deutschland für rechtsextrem hielte.

  35. „Selbstverständlich war das eine investigative Recherche.“
    Ja, wenn ich mal bei der olympischen Disziplin des Weitsprunges teilnähme, wäre das selbstverständlich Weitsprung im Sinne der Weitsprungregeln, aber nicht unbedingt ein „weiter“ Sprung.
    Klar könnte man entscheiden, dass ich trotzdem einen Preis verdient habe, weil ich besonders viel Anlauf nahm, im Sprung besonders cool ausgesehen habe UND sehr viele Fans gerade mir zujubeln.
    Und natürlich könnte man argumentieren, dass gerade Weitsprung über nicht so weite Entfernungen wert ist, symbolisch unterstützt zu werden, um Werbung für mehr Sport zu machen, aber evt. fühlen sich Leute, die einfach versuchen, möglichst weit zu springen, an der Stelle etwas frustriert…

  36. @38: Die Olympia-Metapher hört sich doll an, ist aber falsch.
    Eine Weitsprungweite wird gemessen – Faktische Entscheidung.
    Die Preisverleihung ist eine reine Ermessensentscheidung der „Schiedsrichter“ unter allen, die „Weitsprung betreiben“ (= investigative Recherchen betreiben).

    Sie sind nur mit dem Ermessen nicht einverstanden, was völlig okay ist.
    Aber es ändert nichts daran, dass Correctiv „Weitsprung betrieben“ hat.

  37. „Die Preisverleihung ist eine reine Ermessensentscheidung der „Schiedsrichter“ unter allen, die „Weitsprung betreiben“ (= investigative Recherchen betreiben).“
    Dass Correctiv investigative Recherchen betrieben hat, bestreite ich ja nicht. Es ist nur etwas schade, dass da nichts herauskam, was ich nicht grundsätzlich schon wusste, ohne ein Experte zu sein.
    „Sie sind nur mit dem Ermessen nicht einverstanden, was völlig okay ist.“
    Ich bin der Ansicht, dass _reine_ Ermessensentscheidungen hierfür die falsche Methode sind. Aber ändern wir Weitsprung im Beispiel um in Eiskunstlaufen. Jemand, der keine besonders tollen Figuren läuft, aber dafür ein besonders tolles Kostüm trägt, zu einer populären Begleitmusik, und viele, viele Fans hat, erhält einen Preis. Reine Ermessensentscheidung, yäy. Natürlich bin ich damit nicht einverstanden.
    „Aber es ändert nichts daran, dass Correctiv „Weitsprung betrieben“ hat.“
    Natürlich sind haben das, streiten Sie sich vllt besser mit jemanden, der das Gegenteil behauptet.

  38. Sorry Mycroft, hatte ich falsch zugeordnet.
    Den investigativen Charakter hatten Thinkabout und Uwe Anders abgesprochen, nicht Sie.

  39. @42:
    „Den investigativen Charakter hatten Thinkabout und Uwe Anders abgesprochen, nicht Sie.“

    Möchte doch höflich bitten, solche Falschbehauptungen zu unterlassen. Thinkabout schrieb von der „Substanz des Berichts“, ich selbst vom „Gewinn“ bzw. „Ertrag“, also dem, was tatsächlich enthüllt/aufgedeckt wurde. Das investigativ untersuchende/nachforschende Vorgehen wurde an keiner Stelle in Zweifel gezogen, lediglich die Effizienz im Hinblick auf das Ergebnis.

  40. @ 43: Ich hatte diesen Part aus #24:
    „Eben, „sie haben eine Erzählung angeboten“, diese dann aber als Investigativjournalismus verkauft. Genau hier liegt das Problem. “
    und diesen Part aus #26:
    „Wenn wir schon bereit sind zu akzeptieren, dass eine Jury allein die öffentliche „Wirkung“ des Textes zum Maßstab seiner Preiswürdigkeit macht (…)“
    für meine „Falschbehauptung“ zugrunde gelegt.

    „(…) das Zustandekommen der Recherche stand nie zur Debatte.“ schreiben Sie dann in #35 erst.

    Ich werde nicht ganz daraus schlau, muss ich aber auch nicht, solange Sie wissen, was Sie meinen. Ich wollte Ihnen kein Unrecht tun und meine auch, es nicht getan zu haben.

  41. @44:
    Das Zustandekommen der Recherche war ja aber tatsächlich nicht Gegenstand der zitierten Passagen.
    In #24 ging es um den Kontrast zwischen der „Erzählung“ und dem konkret faktisch belegten Inhalt (=Substanz) und in #26 kann ich nun überhaupt keinen Bezug zur Frage des „investigativen Charakters“ erkennen, geschweige denn ein Absprechen desselben. Tut mir leid, wenn ich bei der Formulierung nur um die Vermeidung von aus meiner Sicht naheliegenden Fehlinterpretationen bemüht sein kann. Dass sich jemand so hartnäckig an dem Wort „investigativ“ fest beißt hatte ich angesichts der eigentlichen Dimension des Themas nicht kommen sehen. Mein Fehler.

Einen Kommentar schreiben

Mit dem Absenden stimmen Sie zu, dass Ihre Angaben gemäß unseren Datenschutzhinweisen gespeichert werden. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.