Push-Nachrichten

Warum Bienenstich in Eilmeldungen nichts zu suchen hat

Als am 11. September 2001 die Musik im Radio von einer Eilmeldung unterbrochen wurde, verstand ich: Es war etwas Einschneidendes passiert, das auch mich, die im Hort auf einem Gymnastikball auf- und abfederte, stocken ließ.

Der Anschlag auf das World Trade Center in New York war eines dieser Ereignisse, von denen die Öffentlichkeit erfahren musste – so schnell wie möglich. Sie unterbrechen das alltägliche (Nachrichten-)Geschehen, im Englischen heißen Eilmeldungen deshalb: Breaking News. Ihnen wird nachgesagt, dass Menschen sich oft jahrelang daran erinnern, in welcher Situation diese Nachrichten sie erreicht haben.

Beschuss-Beschluss per Push

Allerdings weiß ich beim besten Willen nicht mehr, wobei mich am 1. Dezember 2023 die folgende Push-Nachricht auf dem Sperrbildschirm meines Handys unterbrach:

Eilmeldung: „Umweltminister einigen sich auf Schnellabschuss besonders aggressiver Wölfe“

Ich erinnere mich aber, dass ich blinzeln musste. Besonders aggressive Wölfe?! Wo? Nein, da lauerte kein Rudel hinter der nächsten Ecke. Es ging um einen Beschluss von Landesminister*innen, die sich nach einer geplanten Diskussion offenbar zu einer Einigung in einem für ihre Ressorts kontroversen Thema durchringen konnten.

Kopf sortiert, Schreck überwunden.

Smartphone mit drei erfundenen Eilmeldungen: "Extrem wichtig", "Noch wichtiger" und "Was mit Bienenstich"
Grafik: Canva

Ich weiß auch nicht mehr, wo ich am 19. Januar war, als ich las:

Eilmeldung: „Japan gelingt unbemannte Mondlandung.“

 Oder am 29. Januar:

Eilmeldung: „Kaufhaus-Gruppe KaDeWe meldet Insolvenz an“

Alle diese Eilmeldungen spielte mir die Nachrichten-App des Deutschlandfunks aufs Handy. Jedes Mal hat die Eiligkeit mich erst irritiert, dann amüsiert. Irgendwann hat sie mich vor allem geärgert.

Reichen die regulären Nachrichten über Kriege, Krankheiten, Armut, Faschismus, Terror und Waldbrände nicht aus, um das allgemeine Stresslevel oben zu halten? Müssen Leute per „EIL“ im Alltag unterbrochen werden, um von einem Wolfs-Abschuss-Beschluss zu erfahren?

Zugegeben: Es braucht nicht erst einen Terroranschlag, damit eine Meldung dringend ist. Der 11. September ist ein Extrembeispiel, nicht der Maßstab. Mir kommt es aber so vor, als sei die Messlatte für das, was als „Eilmeldung“ infrage kommt, extrem gesunken.

Deutschlandfunk-App wird zum EM-Ticker

Ein Grund ist sicher: Die Ausspielwege der Medien haben sich ins Netz verlagert. Der aktuelle Zustand der Welt lässt sich jederzeit online und mobil abfragen oder, wem das nicht reicht, per Push-Nachricht aufs Smartphone schicken. Die neuen Kanäle wollen gefüttert werden und die Nachrichtenlogik hat sich daran angepasst: Immer schneller braucht es immer neue Meldungen. Es gilt, aus der Nachrichtenflut herauszuragen. Aber: Nicht alles, was „eilt“, ist dringend.

Welche (Push-)Meldungen sind also wirklich eine Eilmeldung wert? Etwa die Ergebnisse eines sportlichen Wettbewerbs? Eine Zeitlang glich die DLF-App zum Beispiel eher einem Live-Ticker zur Handball-EM der Männer:

  1. Januar:

Eilmeldung: „Deutsche Handball-Nationalmannschaft gewinnt ihr zweites EM-Spiel gegen Nordmazedonien mit 34:25“

  1. Januar:

Eilmeldung: „Deutsche Handball-Nationalmannschaft siegt im ersten EM-Hauptrundenspiel gegen Island“

  1. Januar:

Eilmeldung: „Deutsche Handballer erreichen durch Niederlage Ungarns vorzeitig das EM-Halbfinale“

Und dann, als die App mich schon fast zum Handball-Fan gepusht hatte, am 28. Januar, das:

Eilmeldung: „Deutsche Handballer verpassen EM-Bronze und landen auf Platz vier“

Zweimal blinzeln, Schreck überwinden, wieder nichts Einschneidendes. So geht es mir jedes Mal.

Klar, Handballer, das KaDeWe und die Wölfe haben jede Berechtigung, in Sendungen, Zeitungen, Magazinen besprochen zu werden. Aber können sie nicht in den 20-Uhr-Nachrichten laufen? Oder in der „Sportschau“? Die allermeisten Nachrichten sind doch einfach das: Nachrichten. Sie sind relevant. Und sie dürfen auch als Push-Benachrichtigung auf dem Sperrbildschirm aufploppen, wenn User*innen das möchten und ihre App entsprechend einstellen.

Das vorangestellte Wort „Eilmeldung“ aber kreischt: „Alarm!“ Eine Eilmeldung soll ja auch alarmieren – wenn es angemessen ist. Aber wirklich mehrfach am Tag?

Nur eine Stunde später die Korrektur

So wie diese Perle vom 17. Februar, aus der RAF-Eilmeldungs-Schatzkiste, auch vom DLF:

Eilmeldung: „Polizei: Festgenommener war nicht der gesuchte Ex-RAF-Terrorist Staub“

Keine Stunde zuvor erst war die Festnahme des seit 30 Jahren untergetauchten Volker Staub gemeldet worden, natürlich per Eilmeldung. Eine Stunde – offenbar eine zu lange Zeitspanne, um die Nachricht erst zu bestätigen, bevor man sie herausgibt. In den folgenden Wochen „eilte“ fast täglich eine neue RAF-Schlagzeile auf mein Telefon. Die wie im Ticker begleitete Verfolgung der drei Gesuchten war ein Medienzirkus, der seine eigene Dringlichkeit erst produzierte.

So eine Skandalisierung lässt sich natürlich bei vielen Themen einsetzen, da klingt so manches Zitat gleich richtig nach Trommelwirbel. Bevorzugte Skandal-Schlagzeilen kommen etwa aus dem Politikbetrieb:

Eilmeldung: „An Lächerlichkeit nicht zu überbieten“, sagt Bundeskanzler Scholz über die deutsche Ukraine-Debatte
(19. März, „Welt News“)

Manche klingen vielversprechend:

Eilmeldung: „Renten steigen zum 1. Juli um 4,57 Prozent“
(19. März, „heute“)

 Andere vermelden eine Entwarnung, wo vorher noch gar keine Warnung war:

 Eilmeldung: „Festnahmen in Gera: Männer sollen Anschlag in Stockholm geplant haben“
(19. März, „Tagesschau“)

Manchmal schaffen es selbst Nachrichten, die nach trockenen Börsen-News klingen, als „eilig“ zu gelten:

Breaking News: „US-Notenbank hält eisern an Hochzinspolitik fest“
(20. März, ntv)

Und wieder andere, naja:

„Karls Erdbeerhof: Bienenstich löst Feueralarm aus“
(24. März, „Bild“)

(Bei den Meldungen von „Bild“ fehlt der vorangestellte Hinweis „Eilmeldung“ – ich habe in der App aber nur solche aktiviert.)

Redaktionen verweisen auf feste Kriterien

Warum veranstalten Medien diesen Dringlichkeitszirkus? Eine Anfrage bei mehreren Redaktionen zeigt: Sie legen unterschiedlich ausführliche Kriterien an, die zunächst eindeutig klingen, aber großen Interpretationsspielraum offen lassen. Eine Sprecherin des DLF etwa sagt auf Anfrage von Übermedien:

„Es handelt sich um Ereignisse von hoher politischer bzw. gesellschaftlicher Relevanz sowie um Themen von großem Publikumsinteresse.“

Da ist er also, der Faktor „Interesse“. Auch andere Medien betonen ihre Zielgruppen als Auswahlkriterium. Der Sender ntv schreibt:

„Der Maßstab ist die Relevanz für unsere Leserschaft.“

Und bei „Bild“ heißt es, Eilmeldungen seien „aktuelle Themenlagen mit großer Bedeutung für unsere Leserinnen und Leser“.

Der NDR antwortet für die „Tagesschau“-App immerhin:

„Eilmeldungen sind Meldungen über Ereignisse mit besonders hoher Relevanz. Die Auswahl erfolgt nach journalistischen Nachrichtenkriterien.“

Etwas mehr Einblick gibt die Antwort des ZDF. Eine Sprecherin sagt, die Chefs vom Dienst (CvD) in den Redaktionen entschieden neben den Faktoren „Relevanz und Dringlichkeit“ auch anhand solcher Fragen:

„Ist dieses Ereignis wirklich wichtig? Rechtfertigt eine politische Entscheidung, die schon im Vorfeld erwartet wurde, trotzdem eine Eil? Darüber diskutieren wir regelmäßig in der Redaktion.“

Alarmismus schafft Nachrichtenmüdigkeit

Warum diese Kriterien nur bedingt aussagekräftig sind? Der freigedrehte Informationswettlauf hat natürlich mit der Konkurrenz unter den Medienhäusern zu tun. Ökonomisch unterliegen die öffentlich-rechtlichen Sender diesem Druck zwar nicht, doch auch für sie gilt: Geschwindigkeit ist Trumpf und kann gleichzeitig zum Verhängnis werden – wer eine Meldung zuerst raushaut, holt Klicks, wer sorgfältig arbeitet, wirkt zögerlich. Doch was bedeutet das fürs Publikum?

Immer mehr Menschen meiden Nachrichten. In einer Untersuchung zur Nachrichtenmüdigkeit in Deutschland des Leibniz-Institut für Medienforschung, sagten nur noch 52 Prozent der erwachsenen Online-Nutzer*innen, sie seien äußerst oder sehr interessiert an Nachrichten. Jede zehnte Person gibt an, Nachrichten oft aktiv zu vermeiden, 65 Prozent immerhin gelegentlich. Das Reuters Institut, in dessen jährlichem Bericht zur weltweiten Mediennutzung auch die Erhebung aus Deutschland eingeflossen ist, schreibt: Diese Tendenz entstehe trotz der politischen und ökonomischen Bedrohungen, mit denen die Menschen konfrontiert sind.

Dieser Punkt ist entscheidend: Diskussionswürdige Themen, die reale Auswirkungen auf das Leben haben, gehen in der Masse aus Informationen unter – von welcher sich gerade die Eilmeldungen doch abheben sollten. Was passiert, wenn Redaktionen oft kaum mehr unterscheiden zwischen Nachricht und Alarm? Hintergründe und Fakten verschwimmen, was zählt, sind Schlagzeilen. Das Ergebnis: Alarmismus plus Ohnmacht gleich Nachrichtenmüdigkeit, Politikverdrossenheit, Zukunftsangst, Klimadepression.

Lasst die Wölfe da raus!

„Wir sollten vielleicht alle aufhören, Nachrichten zu schauen“, schrieb Marina Weisband vor ein paar Jahren in einer Kolumne. „Nachrichten sind nicht gut für unser Gehirn.“ Klar, ich könnte die Push-Benachrichtigungen für Eilmeldungen deaktivieren. Ich finde aber, das wäre in die falsche Richtung gedacht. Wir sollten nicht aufhören, Nachrichten zu schauen oder zu lesen. Nicht das Publikum ist das Problem. Es ist Aufgabe der Redaktionen, Ereignisse zu filtern, zu prüfen und zu verbreiten. Abzuwägen, was „eilt“ und was nicht.

Ich verstehe die Schwierigkeiten und Zwänge natürlich: Nicht alle interessieren sich für dieselben Themen. Für die Redaktionen ist unter Zeit- und unter Konkurrenzdruck nicht jede Eil-Entscheidung eindeutig. Aber lasst doch wenigstens die blöden Wölfe da raus.

16 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag. Freut mich persönlich, zu lesen, dass ich mit meiner Wahrnehmung nicht allein bin.

    Ich weiß in der Tat noch, wann und wo ich vom Anschlag am 11. September erfuhr. Ich behaupte allerdings dennoch, dass es für mich in Deutschland ausreichend gewesen wäre, am Abend davon zu erfahren. Vor allem war ja noch so viel unklar. Mein damaliger Chef hat uns alle in sein Wohnzimmer geholt und wir saßen da eine gefühlte Ewigkeit, um immerwieder dieselben Bilder zu sehen und Spekulationen zu hören, in der Hoffnung, jetzt gibt‘s Neuigkeiten.

    Mir persönlich fällt ja ebenfalls schwer zwischen Dringend und Wichtig zu unterscheiden, aber Medien sollten das doch bitte beherrschen. Pushmeldungen habe ich deshalb schon lange ausgeschaltet. Meistens sind die Eilmeldungen even nur Wichtig. Eile wäre geboten, wenn ich mein aktuelles Handeln anpassen muss, etwa bei Explosion einer Chemiefabrik in meiner Nähe oder wenn jemand Deutschland den Krieg erklärt.

    Vielleicht sollten die Medien zwischen Eilmeldungen und Hochrelevanzmeldungen unterscheiden. Es gibt natürlich Leute, die schnell von nichtbedrohlichen Ereignisse erfahren sollten, etwa Politiker, Aktionäre, Fans eines Themas oder Entscheider.

  2. Am Ende des Tages sind Eilmeldungen keine wirklichen „Eilmeldungen“ mehr im klassischen Sinne, so wie der Begriff vor dem Internet vielleicht gebräuchlich war. Das sind mittlerweile Conversion-Tools, um die Leserschaft in die App zu ziehen.

    Andererseits verbirgt sich da schon die Erklärung: Die Methode funktioniert nun mal. Die Leute mögen Eilmeldungen. In den Redaktionen geht die Traffic-Kurve binnen Sekunden schön nach oben, und negative Rückmeldungen der Leser kommen eigentlich nie. Selbst bei eher „kreativen“ Eils bleiben die Leute in der App und fangen nicht an, massenhaft zu deinstallieren. Es passiert höchstens, dass paar Leute ihre Pushes deaktivieren.

    Insofern glaube ich, dass sich das Verständnis von Redaktionen UND Lesern gewandelt hat, was eine Eil angeht. Eils sind mittlerweile mehr Nachrichten nach dem Motto „Hey FYI, falls du mitreden willst“. Der Flixbus-Crash auf der A9 hat jetzt höchstwahrscheinlich nichts mit deinem Leben zu tun (also hoffentlich!), aber wird darüber mit den Kollegen im Büro oder beim Abendessen mit der Familie diskutiert? Oder wenn die Handball-Nationalmannschaft einen guten Run hat? Auf jeden Fall. „Ich will mitreden können“ ist der vielleicht wichtigste Use Case für Nachrichten-Apps.

    Genauso ist es mit dem Olaf Scholz Beispiel: Für das Verständnis zur deutschen Ukraine-Debatte ist es natürlich wichtig zu wissen, dass Olaf Scholz die Debatte für „lächerlich“ hält. Das Zitat alleine erklärt ja wahnsinnig viel! UND DANN gibt es noch so „Nutzwert“-Eils wie „Hey, die Rente wird erhöht“. Das ist ja schon auch gut zu wissen für viele Leute.

    Also ich will damit nicht sagen, dass es manche Redaktionen nicht übertreiben. Wer die österreichische OE24 App hat, weiß wovon ich rede. Und selbst wenn die Leute „nur“ die Pushes deaktivieren, ist das langfristig betrachtet ein signifikanter Preis, den man als Medium bezahlt für ein paar wilde Eils. Aber wie gesagt, das Verständnis hat sich gewandelt.

    Das gilt übrigens auch für Institutionen wie die dpa: In ihrem Agentur-Ticker, an den die Nachrichtenredaktionen angeschlossen sind, eilen die auch fröhlich Verkehrsunfälle raus oder Sachen wie „VfL Wolfsburg feuert seinen Trainer“. Für Dinge wie den 11. September haben die nochmal eine eigene Kategorie: Die „Blitz-Meldung“.

  3. Bei mir hat eine „Eil“-Meldung über die Verletzung (oder Genesung, ich weiß es nicht mehr) eines Fußballspielers schon vor Jahren dazu gebracht, die Spiegel-Online Eilmeldungen abzuschalten.
    Eine Eilmeldung, dass Putin zum Wahlgewinner erklärt wurde, brauche ich auch nicht. Da wäre nur das Gegenteil eine Eilmedung wert gewesen.
    Ich war zuerst auch der Ansicht, dass solche Meldungen bei Nachrichten der Tragweite „Kennedy erschossen“ oder „Tscherobyl explodiert“ gesendet werden.
    Dann eben gar keine Eilmeldungen für mich. Aber offenbar funktioniert es noch.

  4. Es muss natürlich „Tschernobyl“ neißen. Und der erste Satz ist auch etwas schräg geraten. Es ist noch früh am Tag!

  5. Totale Zustimmung.
    Persönlich wäre meine Grenze bei „Eil: Doch keine Streiks am Montag“, auch wenn erst Freitag ist, weil man zum Umplanen ja Vorlauf braucht. Und da käme es schon auf die Branche an.

  6. Habe alle Pushmeldungen am Telefon deaktiviert. Das ist zu nervig. Was ich an „Eilmeldungen“ mitbekomme, sehe ich auf SPON als gelben Balken über dem ersten Artikel. Darunter in den letzten Tagen der Tod eines Schauspielers mit 82 Jahren und die Info, dass sich die Gattin eines Thronfolgers einer prophylaktischen Chemotherapie unterzieht. Bringt mich beides nicht dazu, Freunde anzurufen und „Hast Du schon gehört?“ zu fragen.

    Gesunder Nachrichtenkonsum (an normalen Tagen) wäre m.E.: Morgens die Frühsendung im Deutschlandfunk; Mittags das Mittagsmagazin, ebenfalls dort; abends die Tagesschau. Bei wichtigen Meldungen im Netz nachlesen und Kenntnisstand vertiefen. Fertig.

  7. Mein Nachrichtenkonsum ist sehr selektiv und ansolut zielgerichtet geworden. Ich nutze gar keine Nachrichten-App mehr. Ich lese RSS- Feeds. Ein wunderbares Mittel, um Nachrichten im Vorbeiflug zu sichten und anschließend zu entscheiden, ob die Meldung für mich genug relevanz besitzt und es Wert ist, gelesen zu werden.

    Push-Mitteilungen nutze ich grundsätzlich nicht.

  8. Vielen Dank auch von mir. Die inflationäre und manchmal in meinen Augen einfach – verzeiht – unsinnige Nutzung der „Eilmeldung“ führte schon zur Stornierung diverser Pushmeldungen bei durchaus hochgeschätzten Medienunternehmen, ob international oder lokal. Und ich bin kurz davor, Pushmeldungen komplett abzuschaffen. Es führt genau zum gegenteiligen Effekt bei mir: Nicht besser informiert, dafür mehr penetriert. Schade! Aber dann suche ich doch lieber selbstständig und ohne „Hilfestellung“.

  9. Wie KK in #5 schreibt, ist weniger Nachricht mehr Nachricht. Ich persönlich fände auch dreimal täglich noch zu viel, wenn es um geschaute und gehörte Sendungen geht. Seit einigen Jahren nur noch Zeitung, regional und bundesweit, online gelesen und möglichst wenig davon „Eilt!“, sondern lieber: „Gestern entschieden…“, „Hintergrund zu…“.
    Vermutlich bin ich nicht up to date (minute) über jede Frontverschiebung in der Ukraine, noch nicht abgepfiffene Fußballspiele und die neueste X-Nachricht jedes Regierungsmitglieds, aber ich _muss_ das auch nicht wissen, für mein politisches Bürgerinnenleben brauche ich andere Infos und die haben Zeit. (Und mein emotionaler Erregungslevel darf niedrig bleiben.)

  10. Es ist wirklich so, dass 99% aller Eilmeldungen keine sind. Sondern Aufreger- und Wichtigmachmaschinerie, um Geld zu machen.
    Nur, wenn es eine Relevanz für den Rezipienten hat. Und ein Grubenunglück in Chile oder was ähnliches hat keinerlei Eilmeldung-Potential in Deutschland.

  11. Der Beitrag spricht mir aus dem Herzen! Und das ist die erste Publikation dazu, die mir dazu über den Weg läuft.
    Ob bei Push-Nachrichten auf dem Mobile oder auf dem Bildschirm in den Portalen oder Nachrichtensendern denkt man sich, für wen ist sowas wichtig? Warum machen „die“ das? Was ist die treibende Kraft dahinter die Menschen mit Informationen zuzumüllen? Verdient man damit tatsächlich Geld mit dem Gelärme?
    Offensichtlich gibt es in der Kommunikationswirtschaft keine Richtlinie zu einer Abgrenzung von „EIL“ und aktuellen Nachrichten. Das hätte ich nicht gedacht.

  12. Man mache mal das Experiment, sich einen Tag lang bei jeder Pushnachricht, die man bekommt, kurz zu fragen, ob diese Nachricht gerade jetzt in diesem Augenblick Aufmerksamkeit braucht, warum sie es wert ist, das, was man gerade tut, zu unterbrechen. Man wird so gut wie keine finden, die diesen Test besteht.

    Oder andere Perspektive: Wer definiert meinen Tagesablauf? Ich selbst, oder das Smartphone, was alle naselang meine Aufmerksamkeit will?

    Inflationäre Eilmeldungen via Push sind nur ein Teilaspekt dieses Phänomens.

    Joseph Weizenbaum sagte vor 20 (!) Jahren in einem Interview: “Jeder ist immer erreichbar. Die ganze Welt beschleunigt sich, alles ist dringend, und wo alles dringend ist, ist nichts mehr dringend, und damit schlittern wir in eine Bedeutungslosigkeit hinein.”

  13. @Diskursdruide (#7)

    Und ein Grubenunglück in Chile oder was ähnliches hat keinerlei Eilmeldung-Potential in Deutschland.

    Oh, das stimmt nicht. Dramatische Rettungsaktionen sind immer gut für Eilmeldungen. Das Unglück in Chile hat 2010 tagelang die Schlagzeilen hierzulande beherrscht; ebenso 2018 die Fußballjungs, die in Thailand in einer Höhle gefangen waren. In solchen Fällen ist das Story-Potential wichtiger als der Ort des Ereignisses oder der Status der Betroffenen.

    Weniger nachrichtentauglich sind die Arbeitsbedingungen oder das Lohnniveau chilenischer Bergarbeiter – aber die taugen eh nicht für Eilmeldungen, weil sie Dauerzustand sind.

  14. Push-Nachrichten gibt‘s bei mir auch nur noch für Messenger-Apps und dort sind selektiv Gruppen und Kanäle stummgeschaltet. Bei News- und anderen Apps waren Push-Meldungen lange Jahre immer das erste, was ich deaktiviert hatte. Seit geraumer Zeit wird man ja vorher gefragt.

    Ach zwei Ausnahmen habe ich noch:
    1) die KatWarn-App meines Bundeslandes. Die ist mir neulich aber auch schon sauer aufgestossen, als sie Verkehrsbehinderungen aufgrund einer Großveranstaltung mittels Pushmeldung ankündigte.
    2) Die Wetter-App. Aber nur für Unwetterwarnungen Level 3 – Gottseidank liessen sich Warnungen der Stufe 1 und 2 deaktivieren. Für Temperaturen von -1° C bis -10° C brauche ich keine Meldung.

    Was jetzt für jeden einzelnen eilmeldungswürdig ist und was nicht, ist wahrscheinlich individuell so unterschiedlich, dass es auch nicht einfach wäre, das über Einstellungsoptionen zu regeln. Zumal das bei mir ja auch tagesform- und ortsabhängig wäre.

  15. Vielleicht habe ich es auch nur verpasst. Aber während meiner Zeit bei t-Online ist mir kein Gespräch/Dokument in Erinnerung, was für Eilmeldungen Kriterien aufstellt. Ich wage die These, es gibt keine. Hauptsache, es klickt. Für Pushmeldungen gilt das auch. Ich habe beides, soweit es geht, längst abgestellt. Es nervt. Nicht nur bei t-online. Überall

  16. Sie schreiben mir aus dem Herzen. Dass die ÖR bei dem Blödsinn mitmachen, finde ich besonders bedauerlich.

    @Uli / #4: Küsschen für „Es ist noch früh am Tag!“ :-)

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