Holger ruft an (114)

Wieso sind Politiker so schlecht darin, mit eigenen Fehlern umzugehen?

Podcast Fehlerkultur, große rote Fläche mit dem Wort FELER

In der aktuellen Aufregung um Wirtschaftsminister Robert Habeck und seinen Staatssekretär Patrick Graichen kann man es wieder erleben: Wie schwer sich Politiker damit tun, mit Fehlern umzugehen. Aber wieviel Offenheit und Ehrlichkeit könnten sie sich erlauben, ohne dass das ihnen schadet, weil das wiederum von Medien skandalisiert wird? Was ist ein guter Umgang mit Fehlern?

Die FAZ-Redakteurin Helene Bubrowski hat für ein Buch mit vielen Politikerinnen und Politikern über das Thema gesprochen. Zum Beispiel mit dem früheren Verkehrsminister Andreas Scheuer, der vor allem wegen der gescheiterten PKW-Maut angegriffen wurde und irgendwann auf Durchzug geschaltet und nicht mehr zwischen sachlicher Kritik und boshafter Kampagne unterschieden habe – und einfach keinen Fehler zugeben wolle. Und mit dem stellvertretenden FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, der die Rolle des Krawallonkels für sich perfektioniert habe, bei der er sowohl davon profitiere, anderen vors Schienbein zu treten, als auch, sich dafür dann routiniert zu entschuldigen.

Mit Holger Klein spricht Bubrowski über die richtige Menge an Transparenz und Offenheit: „Ich plädiere nicht dafür“, sagt sie, „dass man eine emotionale Seelenspiegelung macht, dass Politiker sich völlig entblößen müssen und jede ihrer Regungen offen legen müssen und die Menschen an ihrem Innersten teilhaben lassen. Das ist, glaube ich, falsch.“

„Ich plädiere für mehr Ehrlichkeit – aber ausgehend von dem Befund, dass es um die Ehrlichkeit überhaupt nicht gut bestellt ist. Das Typische ist ein totales Abblocken, ein teflonartiges Pingpong: Kritik sofort als Kampagne abzutun, sofort den politischen Gegner selber zu beschuldigen und überhaupt nicht zu zeigen, dass man bestimmte Dinge aufnimmt, ernst nimmt und überdenkt und möglichst auch noch die Schlussfolgerung zieht, es künftig anders zu machen. Um das Vertrauen der Menschen nicht komplett zu verlieren, muss sich da was ändern.“

Journalistinnen und Journalisten müssten sich aber auch stärker die Frage stellen, welche Verantwortung sie dafür haben, dass es um die Fehlerkultur in der Politik so schlecht bestellt ist:

„Journalisten nehmen für sich in Anspruch, eine Wächterfunktion zu haben, die Mächtigen zu kritisieren, den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Um diese Ausgabe auszufüllen, muss man seinen Job auch mit größter Ernsthaftigkeit machen. Wen man da aber gleichzeitig größtmöglich skandalisiert, weil es entweder größere Aufmerksamkeit gibt oder mehr Klicks, dann haben wir irgendwann ein Problem.“

Es würde generell helfen, sagt Bubrowski, wenn häufiger Leute mal Fehler zugäben, dann wäre das auch nicht mehr jedesmal ein so großer Aufreger: „Wenn alle ein bisschen weniger rechthaberisch und ein bisschen weniger starr wären, wenn das alles etwas normaler wäre, dann wäre der ganze Diskurs anders.“

Hören Sie die ganze Folge „Holger ruft an“ hier:

(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)

9 Kommentare

  1. „…und nicht mehr zwischen sachlicher boshafter Kampagne unterschieden habe…“

    Apropos Fehler: Da scheint mir ein „Kritik und“ zu fehlen. ;-)

  2. Geht das nicht anders? Wenn ich auf einen Rechtschreibfehler hinweisen möchte, muss das doch nicht zu einem Leserkommentar führen. Kann ich mich nicht direkt an die Redaktion oder den Autor wenden?

  3. Zur Sache selbst: Wieso sind Politiker so schlecht darin, mit eigenen Fehlern umzugehen? Gilt, glaube ich, nicht nur für Politiker, sondern auch für Journalisten, Ärzte, Bischöfe und für Sie und mich.

  4. @#8: Das könnte damit zusammenhängen, dass sich bei allen schon lange die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Korruption bei den Unionsparteien inhärenter Bestandteil des Pakets ist. Hier deckt sich Erwartungshaltung und Realität.

    Von den Grünen haben einige Leute wahrscheinlich erwartet, dass sie es sauber machen. Wenn diese Erwartung dann enttäuscht wird, ist der Ärger halt größer und die kritischen Artikel fließen umso leichter aus der Feder.

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