Erst als Anfang der Woche die Nachricht kam, dass bei Gruner+Jahr 23 Zeitschriftentitel eingestellt und 700 Stellen gestrichen werden,1)200 davon sollen mit potenziell zu verkaufenden Magazinen zu den dann neuen Eigentümern umziehen habe ich gelernt, dass es den Verlag offensichtlich mehrfach gibt.
In einem davon durfte ich einmal ein Heft machen.2)Es hieß „JWD – Joko Winterscheidts Druckerzeugnis“ und erschien 2018 und 2019. Es hat sich zu schlecht verkauft und wurde nach zwei Jahren eingestellt, was sehr hart für mich war. Zum einen, weil ich die Arbeit geliebt habe, und zum anderen, weil ich mich vor meine Mannschaft stellen und ihnen sagen musste, dass sie alle ihre Jobs verlieren, weil es mir nicht gelungen war, ein erfolgreicheres Heft zu machen.
Mir hat das, so weit ich es mitbekommen habe, niemand sehr übel genommen. Die Lage war schon damals schwierig für Print-Titel, und unsere Online-Strategie beschränkte sich auf Social Media und hatte in Wahrheit überhaupt kein Geschäftsmodell. Ich hatte mir keins ausgedacht, und wir gehörten zur „Stern“-Gruppe, wo gerade an „Stern plus“ gebastelt wurde, in das wir hineingerutscht wären, wenn es uns länger gegeben hätte.
Der Autor
Michalis Pantelouris ist Journalist und Buchautor. Er hat u.a. die Redaktion des Joko-Winterscheidt-Magazins „JWD“ geleitet, war stellvertretender Kreativdirektor von „GQ“ und ist Creative Consultant bei der ProSieben-Sendung „Zervakis und Opdenhövel live“. Für Übermedien annotiert er unregelmäßig die Medienwelt.
Aber die ganze Wahrheit ist auch: Ich habe das nicht gepusht. Ich war eine winzige Leuchte im Gruner-Universum, und ich liebe Magazine. Ich habe einen Sinn für das, was der langjährige und aus meiner Sicht geradezu legendäre Ex-„GEO“-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede gerade die „sinnliche Dimension des Journalismus“ genannt hat. Und die erlebe ich viel mehr auf gedruckten Seiten, die ich anfassen und ästhetisch gestalten kann, als in dem endlosen Datenstaub einer scrollbaren Seite, die auf jedem Gerät anders aussieht. Ein doppelseitiger Aufmacher in einem Heft ist etwas völlig anderes, als wenn ich dieselbe Geschichte auf meinem Smartphone lese.
Resteverwertung online
Und in diesem Moment und mit der Aufgabe, die ich übernommen und extrem genossen habe, war eine online auf stern.de abrufbare Geschichte für mich ehrlich gesagt nur eine Art Resteverwertung. Ich wusste schon damals, dass das eine falsche, rückwärtsgewandte Einstellung ist. Aber ich sag’s, wie’s ist: Ich habe natürlich schon damals fast alles online gelesen, aber ich mochte lieber Hefte machen – und zur „sinnlichen Dimension“ gehörte auch, dass ich Hefte richtiger, wichtiger und realer fand als Webseiten. Bis heute denke ich, wenn ich „Spiegel“ höre, an das Magazin – obwohl ich es nur online auf „Spiegel Plus“ lese.
In dem Gruner+Jahr, in dem ich gearbeitet habe, sah meine Befehlskette folgendermaßen aus: Ich berichtete an den „Stern“-Chefredakteur3)Zunächst war das Christian Krug, später Anna-Beeke Gretemeier und Florian Gless, der an den Verlags-Geschäftsführer, der wiederum an den Vorstand. Die Vorsitzende war damals Julia Jäkel, inhaltlich für uns zuständig war ihr späterer Nachfolger Stephan Schäfer. Ich habe vor allem am Anfang mit dem „Stern“-Chefredakteur mindestens täglich gesprochen, mit dem Geschäftsführer mehrmals die Woche, mit Stephan Schäfer regelmäßig. Und ich darf keine konkreten Details erzählen, aber ich glaube, jede und jeder Einzelne in dieser Kette kann zu recht behaupten, ich hätte sie oder ihn terrorisiert mit meinen manchmal zugegeben abstrusen Ideen und Forderungen.
Ich habe nie lange auf einen Termin warten müssen, in der Regel höchstens Stunden. Selbst Julia Jäkel hat Termine mit mir gemacht, um sich berichten zu lassen. Was ich sagen will ist: Hätte ich eine (oder 1000) rettende Ideen gehabt, wie ich meine Marke zu einem nachhaltigen Erfolg hätte machen können, hätte man mir zugehört. Man hat sogar meinen offensichtlich nicht rettenden Ideen zugehört, und viele davon durfte ich ausprobieren. Die, die ich nicht ausprobiert habe, sind nicht daran gescheitert, dass man sie mir verbaut hätte – mir sind nur die Argumente ausgegangen, was kein gutes Zeichen ist für die Idee. Und das, noch einmal, obwohl ich ein sehr, sehr kleines Licht war in dem Gruner+Jahr, in dem ich gearbeitet habe. Ich habe es schlicht nicht hinbekommen, und das Heft wurde eingestellt.
Dünnlippiger Asket
Oder, wie man es in dem anderen Gruner+Jahr wahrscheinlich sagen würde, von dem ich seit Anfang der Woche lese: Thomas Rabe ist schuld. Der Bertelsmann-CEO hat es verkackt, weil er keine Ahnung hat und tief drinnen böse ist.4)Und tief drinnen ist eh nicht sehr tief, weil er joggt anstatt zu lesen und deshalb immer dünner und dümmer wird. Ich bin einigermaßen erschüttert, wenn ich lese und höre, was vor allem ehemalige Chefredakteure zu den schlechten Nachrichten aus dem ehemaligen Haus Gruner+Jahr, heute RTL Deutschland, zu sagen haben. Der wirklich unendlich hoch geschätzte Peter-Matthias Gaede schreibt in einer erstaunlich (und irgendwie auch herrlich) persönlich werdenden Schmähkritik auf „turi2“ über Thomas Rabe:
„Hat er nicht gewusst, was Gruner + Jahr ist? Dann hätte er mehr lesen als joggen sollen. Hat er irgendein Gefühl dafür, welche sinnliche Dimension Journalismus entfalten kann? Oder hat ihm diese Erkenntnis seine dünnlippige CFO-Askese verweigert? Hat er irgendein Gefühl dafür, welche (auch) politische und demokratiebedeutende und wissenfördernde und stilbildende und Freude machende Relevanz Medien aus dem Hause Gruner + Jahr hatten? Oder ist die Heimholung von Dieter Bohlen am Ende doch wichtiger?“
Der Text erschien, bevor Rabe seine Pläne am Dienstagmorgen mitteilte, unter dem Eindruck von medialen Gerüchten, dass RTL bis auf den „Stern“ alle Titel verkaufen würde. Insofern ist es lustig, Gaedes Vorschläge zu lesen, was Rabe machen würde, wenn er das angesprochene Gefühl dafür hätte, was Gruner ist. Gaede schreibt:
„Es gäbe die Möglichkeit, zum Beispiel ein Jahres-Ergebnis von etwa sieben Millionen Euro in der Geo-PM-Gruppe noch immer für ein respektables zu halten. Und zu kämpfen. Es gäbe die Möglichkeit, auf andere erfolgreiche Medien zu schauen und deren digitale Bezahlstrategie zu analysieren. Es gäbe die Möglichkeit, auch inhaltlich und personell etwa auf ‚Zeit‘ und ‚Spiegel‘ zu reagieren. Es gäbe die Möglichkeit, zu fragen, mit welchem Kurs sich auch diverse Spezialblätter bis heute so tapfer am Markt behaupten. Gruner + Jahr hätte ein reichliches Portfolio dafür.“
Es ist erstaunlich nah an dem, was Rabe verkündet hat: RTL behält die Kernmarken und investiert, vor allem in die Digitalstrategie des „Stern“. Ich weiß wirklich nicht, welche Gefühle Thomas Rabe hat, und ich würde Gaede sowieso nicht widersprechen: Vielleicht versteht Rabe Gruner+Jahr wirklich nicht ansatzweise als das, was das Haus in den Augen der Journalisten dort ausmacht. Aber dann ist das offenbar gar nicht nötig, um zu ähnlichen Schlüssen zu kommen.
Fehlende digitale Resilienz
Was mich aber eigentlich wundert, ist etwas anderes: Wenn Gaede schreibt, man könne doch „auf andere erfolgreiche Medien zu schauen und deren digitale Bezahlstrategie […] analysieren“, dann ist das ja keine neue Idee. Gaede war bis 2014 ein wichtiger, mächtiger „GEO“-Chefredakteur, also auch in Zeiten, in denen es schon dieses Internet gab. Warum hat er es eigentlich nicht gemacht?
Vielleicht liegt die Antwort in dem, was sein von mir ebenso sehr geschätzter Nachfolger Christoph Kucklick auf der Betriebsversammlung am Dienstag zu Thomas Rabe sagte, nämlich dass „hier im Hause viele Jahre lang systematisch verhindert [wurde], dass digitale Resilienz aufgebaut wurde“. Andere Verlage träfe die aktuelle Krise nicht so stark, weil sie „digital stark genug [sind]. Und das genau ist hier versäumt worden. Und ich finde, das ist die Verantwortung der Unternehmensspitze, auch der höchsten Unternehmensspitze.“
Es sind sich alle einig: Die digitalen Erlösmodelle fehlen. Während „Spiegel“, „Zeit“, „Süddeutsche“, „FAZ“ und andere erfolgreich ihren Journalismus in Abo-Modellen verkaufen, dümpelt „Stern plus“ bei angeblich 30.000 Abos und einer Million Euro Umsatz im Jahr, also zu wenig. Es ist auch nicht einfach zu erkennen, warum man ihn überhaupt abonnieren sollte. Offenbar waren die Journalisten inklusive der Chefredakteure von Marken wie „Stern“, „GEO“ und „Brigitte“ ohnmächtig, als man sie systematisch daran hinderte, digital stark zu werden. Offenbar war der Mutter-Konzern nicht klug genug oder sabotierte geradezu die Arbeit in Hamburg. Kann das wirklich sein?
Es gibt einen Kommentar in der „SZ“, der dieses Argument durchdekliniert: Unter der Überschrift „Ist ihm wurst“ schreibt Laura Hertreiter:
„Und doch zeigt das brutale Bertelsmann-Vorgehen, dass der Konzern, der mal weit vor Springer, Burda oder Bauer sich seiner gesellschaftsverbindenden Inhalte schmückte, die Frage danach, was Publizistik eigentlich leisten muss, nicht mehr journalistisch, nicht mehr inhaltlich beantwortet.
Offenkundig geht es um eine andere Antwort, die sich – wie unter schlechten Managern üblich – ausschließlich aus Tabellen ablesen lässt. Übrig bleiben jetzt also das RTL-Halligalli (DSDS, Dschungelcamp, GZSZ) und ein paar große alte Magazinmarken (Stern, Brigitte, Capital, Gala, Schöner Wohnen), die allerdings noch niemand der hochbezahlten Chefs aus Gütersloh so ins Digitale überführt hat, dass es von der breiteren Öffentlichkeit bemerkt worden wäre.“
Es ist dasselbe Argument: Die hochbezahlten Chefs in Gütersloh, also bei Bertelsmann, haben die Marken nicht ins Digitale überführt. Die Journalisten selbst können nichts dafür.
Unsere Mitschuld
Ich glaube, das stimmt so nicht. Ich habe Ende der neunziger Jahre begonnen, im Journalismus zu arbeiten, das heißt, ich habe die gleichzeitige Begeisterung für das Internet und die Berührungsängste erlebt. Bei allem, was da heute schlau geredet wird: „Online-Journalismus“ (das wurde tatsächlich so gesagt) war ein Stiefkind, und das überall. Die heute so Erfolgreichen wie der „Spiegel“ sind durch lange, tiefe Täler gegangen, in denen die spiegel.de-Redakteure nicht nur in der Bezahlung als Journalisten zweiter Klasse behandelt wurden.5)Es hieß, beim „Spiegel“ führe der Redakteur mit dem Porsche in die Tiefgarage, während oben der Online-Redakteur sein Fahrrad anschließe. Heute träumen alle Verlage davon, spiegel.de-Mastermind Stefan Ottlitz zu klonen, aber es ist noch nicht lange her, da wurde er als Vorreiter eines „Hoodie-Journalismus“ geschmäht – von Journalisten.
Ich möchte Thomas Rabe nicht verteidigen, der ja absurderweise vieler Kritik an ihm ausdrücklich zustimmt.6)Zum Beispiel, dass die Fusion von RTL und Gruner völlig falsch gemanagt war. Aber es befremdet mich, dass Journalisten, die zum Teil persönliche Helden für mich sind, sich nicht hinstellen können und sagen: „Das Kernproblem ist: Wir erreichen seit einiger Zeit das Publikum nicht mehr.“
Ich glaube, wir tendieren als Journalisten dazu, uns gegenseitig immer wieder zu versichern, wie gut und wichtig es ist, was wir tun. Wir sind elitär. Die Berichterstattung über den „Kahlschlag“ bei Gruner trieft vor Häme über Dieter Bohlen, RTL, „schlechte Manager“, die „lieber mehr lesen“ sollten.
Aber keiner von uns Journalisten stellt sich hin und sagt: Ich habe Jahrzehnte gut bis sehr gut in diesem System gelebt, und ich habe mich extrem gegen Veränderung gesträubt, deshalb bin ich ein Stück weit Mitschuld daran, dass wir jetzt an diesem Punkt sind.
Ich war zwei Jahre bei Gruner, ich bin kein Zeuge des gesamten Prozesses.7)Aber ich bin freier Journalist und habe durch die Veränderung dort weniger potenzielle Auftraggeber bei gewachsener Konkurrenz. Mir tut jeder leid, der seinen Job verliert. Aber ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass hier zu wenig Journalismus gefühlt und zu viel auf Zahlen geguckt wurde. Ich glaube, es war zu lange eher umgekehrt.
Nachtrag/Korrektur, 11. Februar: Ich habe Stefan Ottlitz zunächst Stefan Plöchinger genannt. So heißt er aber seit fünf Jahren nicht mehr. Es ist mir sehr peinlich.
Aber ich bin freier Journalist und habe durch die Veränderung dort weniger potenzielle Auftraggeber bei gewachsener Konkurrenz.
12 Kommentare
Ehrlicher, starker und – so meine ich – stimmiger Beitrag! Ich kann es so nachvollziehen: Es ist wunderschön, ein Heft zu machen. Viel befriedigender für mich als ein Online-Stück und sei es auch noch so hübsch gestaltet.
Und trotzdem wird letzteres gelesen und ersteres eher nicht. Es ist ein Jammer. Aber es ist wohl einfach so.
Lieben Dank! Ich habe in den 2010er Jahren fünf Jahre bei einem einstmals gloriösen Lifestyle-Verlag in München gearbeitet – als „einer von den Onlinern“. Ich hab niemals mehr so eine dinosaurier’eske Verleugnung der Wirklichkeit erlebt. Bildchefinnen, die mir persönlich vorwarfen, ihre Meisterstücke „im Internet zu verschenken“. Eine Marketingleiterin, die mich (2014!) fragte, was der Unterschied zwischen Facebook und einer Microsite sei. Und zusammen haben alle der Zeit nachgetrauert, als es noch im Taxi auf Verlagskosten mittags ins Tantris ging. Ich glaube auch nicht, dass die Verlagsleitung damals alles richtig gemacht, nicht einmal, dass sie richtiges überhaupt versucht hätte. Aber der Grad an Besitzstandswahrungseifer im Mittelbau war schon außerordentlich. Danke, dass der Kommentar dieses allgemeine Muster offen und ehrlich bekennt.
@Chateaudur: In Ihre Argumentation passt allerdings nicht, dass G+J mit den meisten der gedruckten Magazine Gewinn gemacht hat.
Es ist sicher richtig, die Schuld am Niedergang nicht nur den Verlagen zuzuweisen, sondern auch die verantwortlichen Journalisten. Als Capital, das ich von 1990 bis Ende 2009 als Chefredakteur leitete, im Börsenboom der neunziger Jahre immer mehr auf Geldthemen setzte, stiegen die Auflage und das Anzeigenaufkommen rasant. Ich setzte eine Umstellung auf 14tägliches Erscheinendurch. Capital verdiente danach im besten Jahr mehr als der Stern. Doch als die Börse crashte , crashte auch die Auflage dramatisch. Es war in meiner journalisten Verantwortung, Capital allzusehr von der Geldanlage abhängig zu machen und auf 14tägliches Erscheinen umzustellen.
sorry für den ersten Satz … Es muss natürlich „den verantwortlichen Journalisten“ heißen.
Grüße aus dem Maschinenraum von einer, die als Freie Autorin erheblich betroffen ist von den geplanten Einstellungen. Gut vom System gelebt? Jein – Buyoutverträge und seit 15 Jahren unveränderte Seitenpreise haben es immer schwerer gemacht. Aber die Geschichten, die Themen, die Redakteur:innen haben die Tätigkeit immer noch zu einem schönen Job gemacht. Aber: gegen Veränderungen gesträubt? Ihr Ernst? Es war das System G & J, das einem Geschäftsmodell von 1987 anhing, Text gegen Geld. Digitale Extras hätte man gern genommen, aber für lau. Gab kein Budget dafür. Für Ideen außerhalb der gegebenen Formate war kein Interesse – wie hätte man das denn abrechnen sollen? Ich weiß nicht, wer zu der Gruppe. „Wir Journalisten“ zählt, der sich jetzt an die eigene Nase fassen soll – aber ich und meine freien Kolleg:innen, aber auch die Redakteur:innen mit denen ich zu tun hatte, können es nicht sein.
@Wortbüro
Ist das wirklich so? Natürlich kann ich keine Zahlen nachprüfen, aber die Argumentation der RTL-Spitze lautet ja, dass die Hefte eben nicht profitabel seien, wenn man Verwaltung und die Gesamtkosten miteinbeziehe. Ich weiß nicht, wer Recht hat, aber ganz so beseitewischen lässt sich diese Sichtweise wahrscheinlich auch nicht. Ein privates Unternehmen muss Profit abwerfen – da führt in unserem System kein Weg dran vorbei. Wären die Titel wirklich profitabel – ja dann verstehe diese Managemententscheidung, wer will. So oder so: Es ist ein Desaster für den Journalismus, was hier passiert.
@chateaudur es ist eine Frage der Rechenweise. Ich kenne die Bilanzen auch nicht, aber 2021 hat Bertelsmann für das Magazingeschäft einen Gewinn von rund 120 Mio kommuniziert, jetzt nur noch von einer (!). Warum? Weil profitablere Produkte, die das querfinanzieren, auf einmal herausgerechnet wurden. Vielleicht ist das sogar ehrlicher. Die Frage ist: müssen im weiteren Sinne kulturelle Produkte sich nicht fast immer querfinanzieren? Das macht fast jeder Buchverlag, das habe ich als Journalistin und Romanautorin als One-woman-Show selbst seit fast 20 Jahren mit meinen eigenen Einnahmen so gemacht (was jetzt kaum noch gehen wird, weil die Gruner-Magazine zumindest noch okay bezahlt haben). Durch eine sinnvollere Digitalstrategie hätte man diese Querfinanzierung im Konzern schon früher auf sicherere Füße stellen können. Aber wenn dem Ziel der Umsatzrendite natürlich alles untergeordnet wird, reicht das trotzdem nicht. Ich glaube aber auch nicht, dass viele Menschen den Journalismusberuf ergreifen um reich zu werden. Das ist eine andere Denke. Ich bedaure sehr, dass sie ausstirbt.
Bei G+J kann ich nicht mitreden, weil mein Wissen darüber aus der Zeitung stammt. Was aber die Digitalstrategie in den Verlagen angeht, in denen ich so unterwegs war, kann ich nur ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Entweder wird auf Biegen und Brechen versucht, einen Printtitel 1:1 ins Internet zu schieben (so als wären die Uhren 1998 stehengeblieben) oder es wird fast nichts in Online investiert (in Personal sowieso nicht) mit dem Argument: „Bringt ihr mal Reichweite und ein Geschäftsmodell, dann lassen wir was springen.“
Das Ergebnis ist dann, dass man die Printartikel irgendwie (und schnell, weil kaum extra Geld, kein extra Personal) ins Internet hievt und noch so n bisschen was drumherum bastelt (hier ein Video, da ne Bildergalerie). Die Klickraten sind daher meist mau, die Anzeigenerlöse und Abozahlen auch. Ein Gegengewicht zu den sinkenden Printumsätzen kann so jedenfalls nicht entstehen.
Kurz gesagt: Ich habe viel zu oft ManagerInnen erlebt – und ich lese fast nur von ebensolchen –, die (nennenswert) nur in Rising Stars investierten, und dem Rest nur Peanuts hinwarfen. Eine nachhaltige Geschäftststrategie ist das nicht. Irgendwann helfen dann eben nur noch rigide Sparprogramme.
Sorry, aber selten so einen abgehoben Kommentar gelesen. So etwas weltfremdes habe ich selten gesehen. Vor allem auch noch mit seinem angeblichen niedrigem Rang bei als Redaktionsleiter bei G&J zu kokettieren. Sorry, da wird mir echt anders bei.
Vielleicht sollte das angeblich so kleine Redaktionsleiterlicht bei G&J mal wieder als ganz normaler Redakteur bei G&J anfangen und dann mal versuchen, in der Chefetage einen Termin zu bekommen, um seine Ideen vorzustellen.
Egal wie die Chefs gerade heißen. Glauben Sie allen Ernstes die hätten sich für mich als Allerweltsredakteur für Dies und Das die Zeit genommen, um sich meine Ideen anzuhören?
Wie fern der journalistischen Alltagsrealität muss man sein, um, sorry, aber das muss jetzt sein, diesen Mist zu verzapfen.
Könnte es evtl sein, dass Frau Jäkel sie empfangen hat, weil sie eben nicht das kleine Licht dort waren? Das wir Allerweltsredakteur uns den Mund fusselig reden können, mit unseren Ideen. Das sich vom Ressortleiter, über den Redaktionsleiter, bis zum CEO eben niemand dafür interessiert, was wir sagen.
Verdammt nochmal. Weil es einfach mal gar nicht um uns und unsere Ideen geht. Es geht um Kohle, Herr kleines Licht Redaktionsleiter. Es geht um die optimale Verwertbarkeit am Anzeigenmarkt. Nicht um Inhalte. Schon gemerkt? Oder war das Redaktionsleiterbüro dann doch zu weit weg, vom journalistischen Plebs, um das zu merken?
Jetzt allen Ernstes, denen die nun wirklich ein kleines Licht in dem ganzen Mist sind. Die jeden Tag geschuftet haben. Die sich verhurt haben, weil Anzeigenkunde J diesen Scheisstext bestellt hat, damit sein Produkt da passt. Sponsoringpartner N jenen Blödsinn. Die, die Zähne zusammen gebissen haben. Weil sie von JWD, nicht bei GQ, danach nicht bei Opdenhövel und Zervakis landen, sondern beim Arbeitsmarkt. Die, selber dafür verantwortlich zu machen, ist unterirdisch und unverschämt. Herr kleines, kleines Licht Redaktionsleiter mit besten Drähten in die Geschäftsführung eines Grosskonzerns. Steigen Sie mal ab, von der Chefetage in den Keller. Offenbar sind Ihnen die Realitäten in diese Markt absolut verloren gegangen. Ich bin absolut empört. Dieser Kommentar ist eine Verhöhnung all jener, die jetzt die Suppe ausbaden müssen.
Ich bin aber sicher, die Verlags/Medienwelt es ihnen diesen Mist mit einem hübschen neuen Pöstchen danken, wenn Sie mal wieder einen brauchen.
Sollte Leute wie Sie findet Herr Rabe gut.
@Martin Busche: Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Sie nach dem Zorn über den Text erst eine Nacht drüber geschlafen hätten, bevor Sie so reagieren. Das hätte sowohl dem Stil als auch dem Inhalt gut getan, und sicher wäre auch der letzte Satz unterblieben – der ist nämlich unterirdisch..
#11, unterirdisch ist diese Kolumne. Da setzt sich jemand hin, der offenbar schon lange nicht mehr als Allweltstedakteur gearbeitet hat und schreibt Zeugs. Ich bin immer noch empört.
Dieser Text könnte aus dem FDP – Programm abgeschrieben sein.
Alle haben die gleichen Chancen, Wettbewerb um die besten Ideen. Nur die guten setzen sich durch. Wer das nicht schafft, ist selber schuld, er war halt nicht gut genug.
Das ist 1:1 Neoliberalismus und eine Verhöhnung all jener, die sich Tag für Tag im Journalismus für wenig Geld verkaufen müssen und wenn sie ihre Schuldigkeit getan haben, gefeuert werden.
So eine Haltung mag der Autor in seiner GQ Blase vertreten. Bei den Hipstern in all den coolen Agenturen.
Mit der tristen Wirklichkeit bei G&J hat das nichts zu tun. Gar nichts. In all den vielen anderen Redaktionen die nicht täglich hippes Zeug produzieren, sondern seriösen Journalismus auch nicht.
Deshalb bleibe ich dabei. Eine Woche als ganz normaler Redakteur in einer Allweltsredaktion, ohne Promibonus. Das kuriert von solchem Unsinn. Und wenn ihm langweilig wird, kann er gleich mal bei Döpfner, Rabe etc anrufen und ihm seine neusten Ideen vorstellen. Viel Spaß und schönen Gruß von der Wirklichkeit.
Ehrlicher, starker und – so meine ich – stimmiger Beitrag! Ich kann es so nachvollziehen: Es ist wunderschön, ein Heft zu machen. Viel befriedigender für mich als ein Online-Stück und sei es auch noch so hübsch gestaltet.
Und trotzdem wird letzteres gelesen und ersteres eher nicht. Es ist ein Jammer. Aber es ist wohl einfach so.
Lieben Dank! Ich habe in den 2010er Jahren fünf Jahre bei einem einstmals gloriösen Lifestyle-Verlag in München gearbeitet – als „einer von den Onlinern“. Ich hab niemals mehr so eine dinosaurier’eske Verleugnung der Wirklichkeit erlebt. Bildchefinnen, die mir persönlich vorwarfen, ihre Meisterstücke „im Internet zu verschenken“. Eine Marketingleiterin, die mich (2014!) fragte, was der Unterschied zwischen Facebook und einer Microsite sei. Und zusammen haben alle der Zeit nachgetrauert, als es noch im Taxi auf Verlagskosten mittags ins Tantris ging. Ich glaube auch nicht, dass die Verlagsleitung damals alles richtig gemacht, nicht einmal, dass sie richtiges überhaupt versucht hätte. Aber der Grad an Besitzstandswahrungseifer im Mittelbau war schon außerordentlich. Danke, dass der Kommentar dieses allgemeine Muster offen und ehrlich bekennt.
@Chateaudur: In Ihre Argumentation passt allerdings nicht, dass G+J mit den meisten der gedruckten Magazine Gewinn gemacht hat.
Es ist sicher richtig, die Schuld am Niedergang nicht nur den Verlagen zuzuweisen, sondern auch die verantwortlichen Journalisten. Als Capital, das ich von 1990 bis Ende 2009 als Chefredakteur leitete, im Börsenboom der neunziger Jahre immer mehr auf Geldthemen setzte, stiegen die Auflage und das Anzeigenaufkommen rasant. Ich setzte eine Umstellung auf 14tägliches Erscheinendurch. Capital verdiente danach im besten Jahr mehr als der Stern. Doch als die Börse crashte , crashte auch die Auflage dramatisch. Es war in meiner journalisten Verantwortung, Capital allzusehr von der Geldanlage abhängig zu machen und auf 14tägliches Erscheinen umzustellen.
sorry für den ersten Satz … Es muss natürlich „den verantwortlichen Journalisten“ heißen.
Grüße aus dem Maschinenraum von einer, die als Freie Autorin erheblich betroffen ist von den geplanten Einstellungen. Gut vom System gelebt? Jein – Buyoutverträge und seit 15 Jahren unveränderte Seitenpreise haben es immer schwerer gemacht. Aber die Geschichten, die Themen, die Redakteur:innen haben die Tätigkeit immer noch zu einem schönen Job gemacht. Aber: gegen Veränderungen gesträubt? Ihr Ernst? Es war das System G & J, das einem Geschäftsmodell von 1987 anhing, Text gegen Geld. Digitale Extras hätte man gern genommen, aber für lau. Gab kein Budget dafür. Für Ideen außerhalb der gegebenen Formate war kein Interesse – wie hätte man das denn abrechnen sollen? Ich weiß nicht, wer zu der Gruppe. „Wir Journalisten“ zählt, der sich jetzt an die eigene Nase fassen soll – aber ich und meine freien Kolleg:innen, aber auch die Redakteur:innen mit denen ich zu tun hatte, können es nicht sein.
@Wortbüro
Ist das wirklich so? Natürlich kann ich keine Zahlen nachprüfen, aber die Argumentation der RTL-Spitze lautet ja, dass die Hefte eben nicht profitabel seien, wenn man Verwaltung und die Gesamtkosten miteinbeziehe. Ich weiß nicht, wer Recht hat, aber ganz so beseitewischen lässt sich diese Sichtweise wahrscheinlich auch nicht. Ein privates Unternehmen muss Profit abwerfen – da führt in unserem System kein Weg dran vorbei. Wären die Titel wirklich profitabel – ja dann verstehe diese Managemententscheidung, wer will. So oder so: Es ist ein Desaster für den Journalismus, was hier passiert.
@chateaudur es ist eine Frage der Rechenweise. Ich kenne die Bilanzen auch nicht, aber 2021 hat Bertelsmann für das Magazingeschäft einen Gewinn von rund 120 Mio kommuniziert, jetzt nur noch von einer (!). Warum? Weil profitablere Produkte, die das querfinanzieren, auf einmal herausgerechnet wurden. Vielleicht ist das sogar ehrlicher. Die Frage ist: müssen im weiteren Sinne kulturelle Produkte sich nicht fast immer querfinanzieren? Das macht fast jeder Buchverlag, das habe ich als Journalistin und Romanautorin als One-woman-Show selbst seit fast 20 Jahren mit meinen eigenen Einnahmen so gemacht (was jetzt kaum noch gehen wird, weil die Gruner-Magazine zumindest noch okay bezahlt haben). Durch eine sinnvollere Digitalstrategie hätte man diese Querfinanzierung im Konzern schon früher auf sicherere Füße stellen können. Aber wenn dem Ziel der Umsatzrendite natürlich alles untergeordnet wird, reicht das trotzdem nicht. Ich glaube aber auch nicht, dass viele Menschen den Journalismusberuf ergreifen um reich zu werden. Das ist eine andere Denke. Ich bedaure sehr, dass sie ausstirbt.
Bei G+J kann ich nicht mitreden, weil mein Wissen darüber aus der Zeitung stammt. Was aber die Digitalstrategie in den Verlagen angeht, in denen ich so unterwegs war, kann ich nur ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Entweder wird auf Biegen und Brechen versucht, einen Printtitel 1:1 ins Internet zu schieben (so als wären die Uhren 1998 stehengeblieben) oder es wird fast nichts in Online investiert (in Personal sowieso nicht) mit dem Argument: „Bringt ihr mal Reichweite und ein Geschäftsmodell, dann lassen wir was springen.“
Das Ergebnis ist dann, dass man die Printartikel irgendwie (und schnell, weil kaum extra Geld, kein extra Personal) ins Internet hievt und noch so n bisschen was drumherum bastelt (hier ein Video, da ne Bildergalerie). Die Klickraten sind daher meist mau, die Anzeigenerlöse und Abozahlen auch. Ein Gegengewicht zu den sinkenden Printumsätzen kann so jedenfalls nicht entstehen.
Kurz gesagt: Ich habe viel zu oft ManagerInnen erlebt – und ich lese fast nur von ebensolchen –, die (nennenswert) nur in Rising Stars investierten, und dem Rest nur Peanuts hinwarfen. Eine nachhaltige Geschäftststrategie ist das nicht. Irgendwann helfen dann eben nur noch rigide Sparprogramme.
Sorry, aber selten so einen abgehoben Kommentar gelesen. So etwas weltfremdes habe ich selten gesehen. Vor allem auch noch mit seinem angeblichen niedrigem Rang bei als Redaktionsleiter bei G&J zu kokettieren. Sorry, da wird mir echt anders bei.
Vielleicht sollte das angeblich so kleine Redaktionsleiterlicht bei G&J mal wieder als ganz normaler Redakteur bei G&J anfangen und dann mal versuchen, in der Chefetage einen Termin zu bekommen, um seine Ideen vorzustellen.
Egal wie die Chefs gerade heißen. Glauben Sie allen Ernstes die hätten sich für mich als Allerweltsredakteur für Dies und Das die Zeit genommen, um sich meine Ideen anzuhören?
Wie fern der journalistischen Alltagsrealität muss man sein, um, sorry, aber das muss jetzt sein, diesen Mist zu verzapfen.
Könnte es evtl sein, dass Frau Jäkel sie empfangen hat, weil sie eben nicht das kleine Licht dort waren? Das wir Allerweltsredakteur uns den Mund fusselig reden können, mit unseren Ideen. Das sich vom Ressortleiter, über den Redaktionsleiter, bis zum CEO eben niemand dafür interessiert, was wir sagen.
Verdammt nochmal. Weil es einfach mal gar nicht um uns und unsere Ideen geht. Es geht um Kohle, Herr kleines Licht Redaktionsleiter. Es geht um die optimale Verwertbarkeit am Anzeigenmarkt. Nicht um Inhalte. Schon gemerkt? Oder war das Redaktionsleiterbüro dann doch zu weit weg, vom journalistischen Plebs, um das zu merken?
Jetzt allen Ernstes, denen die nun wirklich ein kleines Licht in dem ganzen Mist sind. Die jeden Tag geschuftet haben. Die sich verhurt haben, weil Anzeigenkunde J diesen Scheisstext bestellt hat, damit sein Produkt da passt. Sponsoringpartner N jenen Blödsinn. Die, die Zähne zusammen gebissen haben. Weil sie von JWD, nicht bei GQ, danach nicht bei Opdenhövel und Zervakis landen, sondern beim Arbeitsmarkt. Die, selber dafür verantwortlich zu machen, ist unterirdisch und unverschämt. Herr kleines, kleines Licht Redaktionsleiter mit besten Drähten in die Geschäftsführung eines Grosskonzerns. Steigen Sie mal ab, von der Chefetage in den Keller. Offenbar sind Ihnen die Realitäten in diese Markt absolut verloren gegangen. Ich bin absolut empört. Dieser Kommentar ist eine Verhöhnung all jener, die jetzt die Suppe ausbaden müssen.
Ich bin aber sicher, die Verlags/Medienwelt es ihnen diesen Mist mit einem hübschen neuen Pöstchen danken, wenn Sie mal wieder einen brauchen.
Sollte Leute wie Sie findet Herr Rabe gut.
@Martin Busche: Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Sie nach dem Zorn über den Text erst eine Nacht drüber geschlafen hätten, bevor Sie so reagieren. Das hätte sowohl dem Stil als auch dem Inhalt gut getan, und sicher wäre auch der letzte Satz unterblieben – der ist nämlich unterirdisch..
#11, unterirdisch ist diese Kolumne. Da setzt sich jemand hin, der offenbar schon lange nicht mehr als Allweltstedakteur gearbeitet hat und schreibt Zeugs. Ich bin immer noch empört.
Dieser Text könnte aus dem FDP – Programm abgeschrieben sein.
Alle haben die gleichen Chancen, Wettbewerb um die besten Ideen. Nur die guten setzen sich durch. Wer das nicht schafft, ist selber schuld, er war halt nicht gut genug.
Das ist 1:1 Neoliberalismus und eine Verhöhnung all jener, die sich Tag für Tag im Journalismus für wenig Geld verkaufen müssen und wenn sie ihre Schuldigkeit getan haben, gefeuert werden.
So eine Haltung mag der Autor in seiner GQ Blase vertreten. Bei den Hipstern in all den coolen Agenturen.
Mit der tristen Wirklichkeit bei G&J hat das nichts zu tun. Gar nichts. In all den vielen anderen Redaktionen die nicht täglich hippes Zeug produzieren, sondern seriösen Journalismus auch nicht.
Deshalb bleibe ich dabei. Eine Woche als ganz normaler Redakteur in einer Allweltsredaktion, ohne Promibonus. Das kuriert von solchem Unsinn. Und wenn ihm langweilig wird, kann er gleich mal bei Döpfner, Rabe etc anrufen und ihm seine neusten Ideen vorstellen. Viel Spaß und schönen Gruß von der Wirklichkeit.