„Chez Krömer“

Statt seiner Gäste zerstört Kurt Krömer seine eigene Kunstfigur

Screenshot: ARD-Mediathek

Was haben Jens Spahn, Heinz-Christian Strache, Julian Reichelt, Salomé Balthus, Rosa von Praunheim und Faisal Kawusi gemeinsam? Sie alle wurden von Kurt Krömer zu „Arschlöchern“ erklärt.1) Wobei die Sendung mit Salomé Batlhus offenbar erst aufgezeichnet wurde, nachdem Krömer sein Urteil gefällt hat. Aber das weiß man als Zuschauer:in natürlich nicht. Immerhin sind es die letzten „Arschlöcher“, die er in seiner rbb-Sendung „Chez Krömer“ traf. In der letzten Folge der Sendung (bereits in der ARD-Mediathek zu sehen, am 6. Dezember um 22:15 Uhr im rbb) hat er Faisal Kawusi angeblafft:

„Wir haben nur Arschlöcher jetzt hier, wir haben inklusive Dir nur Arschgeigen bis jetzt gehabt.“

Es war der Schluss- und Tiefpunkt einer Sendung, in der alles misslang.

Wer „Chez Krömer“ nicht kennt: Vor staubiger Amts-Kulisse und mit einer Akte über seine Gäste vor sich auf dem Tisch führt Alexander Bojcan alias Kurt Krömer Interviews. Wobei die Gespräche, und das ist natürlich so gewollt, viel mehr an Verhöre erinnern, womöglich an solche der Stasi. Ein DDR-Telefon im Vorraum und ein DDR-Farbfernseher im Verhörzimmer sind Zeichen.

Auf dem Fernseher zeigt Krömer Einspieler zu seinen Gästen, oder vielmehr: belastendes Material. In der Sendung mit Faisal Kawusi sind das etwa Screenshots. Auf Instagram hatte Kawusi vor einigen Monaten einen geschmacklosen Kommentar über K.O.-Tropfen gemacht und dafür reichlich Kritik geerntet; er entschuldigte sich, Sat.1 setzte ihn dennoch vor die Tür.

Vielleicht auch, weil es eben nicht nur ein Fehler oder „ein Kommentar unter einem Kommentar“ bei Instagram war, wie es Kawusi zu rechtfertigen versucht. Kawusi spielte in einem weiteren Posting erneut auf die Vergewaltigungsdroge an. Und er hat Motsi Mabuse rassistisch beleidigt. Auch irritiert er mit dem irgendwie witzig gemeinten Plakat zu seiner Tour „Politisch Inkorrekt“. Dort ist Kawusi in der Position abgebildet, mit der George Floyd das Leben genommen wurde: auf dem Asphalt mit dem Knie eines Polizisten auf dem Hals.

„Das wird ja eine richtige Kacksendung heute“

Es verwundert also nicht, dass Krömer Kawusi nicht so toll findet. Noch bevor er in das Gespräch mit dem Comedian geht, sortiert er ihn für sein Publikum ein – und aus: „Faisal Kawusi, 31 Jahre, Comedian, kennt man eigentlich nur wegen eines schlechten Gags bei Instagram“. Zu Kawusi selbst sagt er: „Das wird ja eine richtige Kacksendung heute. Da ist ja nischt bei. Ihre Biografie wäre ein Schnellhefter. Ein Schnellhefter mit drei Seiten und ganz vielen Bildern.“

Die Frage drängt sich in diesem Moment schon auf: Wieso lädt man jemanden in seine Sendung ein, dem man von Vornherein jede Relevanz abspricht – um ihn dann wiederum für seine öffentlichen Äußerungen zu verurteilen?

Kawusi sieht das mit der eigenen Relevanz naturgemäß etwas anders:

„Ich hab über 2000 Auftritte hingelegt. Das ist doch nicht meine Vita, das ist ein Kommentar unter einem Kommentar bei Instagram. Das ist das Einzige, was du siehst.“

Bad Cop Krömer

Im Gespräch verteilt Krömer die Rollen klar. Kawusi, den er dutzt und von dem er sich siezen lässt, hat sich nun gefälligst eine Tirade anzuhören.

Kawusi möchte natürlich seine Entschuldigungen bekräftigen, sich auch als sichtbares Mitglied der afghanischen Community in Deutschland präsentieren, seine Lebensgeschichte vom gemobbten Flüchtlingskind anführen. Zum Vorwurf, er trete nach unten, sagt Kawusi, er sei „doch selbst ein Kanake“ und: „Wie kann ich denn nach unten treten?“

Naja, eben indem man sich über Vergewaltigungsopfer oder Schwarze Menschen lustig macht. Könnte Krömer da sagen. Stattdessen greift der im Verlauf der Sendung immer wieder ins einfachste Vokabular: „Hohle Kacke“, „Kackhaufen“, „wie doof kann man denn sein?“, „haste n Gendefekt oder läuft irgendwas oben nicht sauber bei dir?“, „gequirlte Scheiße“, sowieso immer wieder „Scheiße“. Irgendwann vergeht Kawusi selbst die aufgesetzte gute Laune.

Dazu trägt mutmaßlich auch bei, dass sich Kawusi unfair behandelt fühlt. Tonalität und Setting der Sendung waren ihm sicher im Vorhinein bewusst. Worauf er sich aber schwer bis unmöglich vorbereiten konnte, sind intransparente Vorwürfe.

Dass Kawusi Gags bei einem kanadischen Kollegen geklaut hat, ist unwidersprochen, auch dafür hatte er sich bereits entschuldigen und einen Comedy-Preis samt Preisgeld zurückgeben müssen. Neu war ihm aber offenbar der Vorwurf, auch bei afghanischen Kollegen abgekupfert zu haben.

Faisal Kawusi bei Kurt Krömer
Screenshot: ARD-Mediathek

Was dafür die Quelle sei, fragt er Krömer. Der will das schnell wegwischen: „Haben wir recherchiert.“ Kawusi hakt nach, Krömer bittet die Regie, die Quelle „reinzureichen“. Und die heißt dann: „2015 in der ‚Welt‘“, mehr nicht. Kawusi: „Ja okay, nicht, dass ich wüsste.“ Was auch immer Krömer ohne Kontext und genaue Anschuldigungen als Reaktion erwartet hat – das scheint ihm nicht genug. „Da hätten wir die Quelle jetzt auch nicht raussuchen müssen.“

Das ist unterirdisch. Eine Konfrontation im Schlagzeilenformat ohne Belege und nur mit einer vagen Quellen-Angabe auf Nachfrage.

Als das Gespräch eh längst im Eimer war, warf Krömer sein letzten bisschen Contenance über Bord. „Ich hab keinen Bock mehr“, sagt er. Und:

„Du erzählst nur Scheiße“

Und das heißt?

„Dass Du Dich jetzt verpissen kannst.“

Als Kawusi nicht sofort aufspringt, legt Krömer nach: „Ich dachte schon den ganzen Tag, dass es scheiße wird“, die „Kotzebrocken“ seien Krömer schon hochgekommen, als er den Sender betreten habe. Dann verlässt Krömer den Raum selbst, zündet sich im Vorzimmer noch eine E-Zigarette an und bricht vorzeitig ab. Vier Minuten hätte man eigentlich noch weiter, naja, sprechen sollen.

Krömer erweckt Mitleid mit den Falschen

Wen will Krömer so überzeugen? Die, die Kawusi kennen und beknackt finden? Kann sein, dass das hie und da funktioniert. Bei mir hat es das nicht. Und hätte es erst recht nicht, wenn ich Kawusi nicht schon vorher für einen miserablen Comedian gehalten hätte, dessen Humor ich oft herabwürdigend und, ja: nach unten tretend empfunden hätte. Für alle, die aber nicht vorher schon gegen Kawusi eingenommen waren, blieb von der Sendung nur der Eindruck: Da sitzt einer, der sich Vorwürfe zu nicht mehr ganz so aktuellen Geschehnissen anhören muss. Für die er sich entschuldigt hat. Und zu denen er sich jetzt nichtmal richtig äußern darf, stattdessen verbal immer mitten in die Fresse kriegt.

Krömer schafft es, in mir Mitleid für einen zu erwecken, mit dem ich nicht leiden möchte. Weil er ungerecht und ungebührlich behandelt wird. Weil er auch nicht journalistisch sauber befragt wird.

Nun könnte man natürlich einwenden, dass dieser Maßstab bei einer klassischen Talkshow eher greift als bei einem Format um eine Kunstfigur, die vielleicht die Karikatur des schlecht gelaunten Stasi-Ausfragers darstellen soll. Aber: Natürlich lassen sich auch so einer Sendung handwerkliche Fehler im Umgang mit ihren Gästen unterstellen. Ein schlechtes Gespräch ist ein schlechtes Gespräch, und fehlende Sorgfalt bei der Recherche schwächt die Argumentation gegenüber dem Gast – erst recht, wenn man ihn als gänzlich verhasst präsentiert.

So wird die Gesprächssituation bei Krömer zum einseitigen Theater. Ein Verhör, das so abliefe, würde eben höchstens in einem Unrechtsstaat zu verwertbaren Belegen über die Schuld des Verhörten führen. Und in jeder Theaterinszenierung wäre Krömer mit dieser Figur, selbst wenn er sie überzeugender darböte, derjenige, der den leisesten Applaus erntet: der Böse.

Wenn Krömer da tatsächlich hinwollte und ihm und der Redaktion der Blick von außen gänzlich egal wäre, würde es trotzdem noch nicht funktionieren. Es fehlt der künstlerische Schauwert dieser Gesprächssituation. Anders, als es beispielsweise Sascha Baron Cohen (etwa als Ali G oder als Borat) hin und wieder gelungen ist, nutzt Krömer die Freiheit seiner Kunstfigur, über die Stränge schlagen zu dürfen, nämlich nicht spontan, geistreich, überraschend und entwaffnend. Sondern plump. Sein „Ich stell hier die Fragen“ wirkt einstudiert und kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn ihm Fakten oder Argumente ausgehen. Seine Ausfälligkeiten gegenüber Kawusi wirken als hilflose Reaktion darauf, dass ihn dessen Gegenfragen aus dem Konzept gebracht haben.

Es entsteht eine problematische Schieflage: Faisal Kawusi, Jens Spahn oder Julian Reichelt sitzen da, um sich selbst (und ungeachtet aller Schuldfragen) als reale Personen und hinsichtlich realer Aussagen und Geschehnisse ernsthaft zu verteidigen. Krömer hingegen ist bloß der inszenierte, unrechtmäßig agierende Vernehmer mit dürftiger Quellenlage und großer Schnauze.

Das Stasi-Setting scheint Krömer immer mehr zu inspirieren, es nutzt aber herzlich wenig, um „Arschlöcher“ als solche zu entlarven. Krömer entlockt seinen Gegenübern nichts Unerwartetes – er macht es ihnen sogar bequem. Wer sich von Krömer nicht provozieren lässt, was gar nicht so schwer ist, weil Krömer die „Arschlöcher“ gar nicht erst groß zu Wort kommen lässt, ist am Ende fast unweigerlich das Opfer einer halbstündigen Dauerbeleidigung.

Aus Julian Reichelt den braven Schwiegersohn machen

Bestes Beispiel dafür ist die Folge mit Julian Reichelt. Den Ex-„Bild“-Chef begrüßte Krömer mit einer Frage zu seinen Eltern, die sich bei „Bild“ kennengelernt haben und Homöopathen seien.

„Unbewiesenen Bullshit zu verbreiten, liegt also in der Familie.“

Natürlich muss man Reichelt den Vorwurf machen, Kampagnen zu fahren, unsauber zu arbeiten und eben „unbewiesenen Bullshit“ zu verbreiten, selbst wenn man die Wortwahl für eine Gesprächseröffnung unglücklich finden mag. Die Sippenhaft ist aber kein legitimes Streitmittel.

Julian Reichelt bei Kurt Krömer
Screenshot: ARD-Mediathek

Reichelts Gegenfragen, die an manchen Stellen durchaus zur Vertiefung der Sachlage hätten beitragen können, kontert Krömer immer wieder mit: „Die Fragen stelle icke, Herr Reichelt!“ Das mag auch daran liegen, dass Krömer im Detail die Vorwürfe, die er Reichelt (eigentlich berechtigt) macht, wieder nicht begründen kann.

Natürlich hat er recht, wenn er Reichelt nicht damit davonkommen lassen möchte, nur einen einzigen Satz zu den Vorwürfen des Machtmissbrauchs zu sagen („abscheuliche, abstoßende und verleumderische Berichterstattung“). Reichelt beruft sich auf sein Recht auf Privatsphäre. Natürlich ist es lächerlich, wenn er behauptet, er habe genau diese Form der Berichterstattung, die Privatsphären verletzt, bei „Bild“ abgeschafft.

Aber Krömer müsste diesen „Schweinejournalismus“, wie er ihn nennt, nicht selbst in mehreren Versuchen nachahmen. „Nehmen Sie Drogen?“ fragt er Reichelt. Der verneint. „Koks?“ Reichelt schüttelt den Kopf.

Dass Reichelt Krömer nahelegt, solche Fragen doch besser Benjamin von Stuckrad-Barre zu stellen, zeigt natürlich dessen Niveau. Krömer aber stört sich gar nicht daran, sondern startet einen Einspieler. Eine Person aus dem angeblichen „beruflichen Umfeld von Julian Reichelt“, die „unter Reichelt gearbeitet habe“, wird als Schatten und mit verzerrter Stimme eingeblendet. Sie sagt, Reichelt habe Kokain konsumiert und konsumiere es immer noch. Das ist unseriös. Und Reichelt stellt treffend fest: „Das sind Methoden, die dem Raum hier entsprechen.“

Die „Süddeutschen Zeitung“ urteilte zu recht:

„Es ist unlauter, wenn Springer-Journalisten so arbeiten – also einzelne anonyme Aussagen als Fakt darstellen – so etwas aber dann im Auftrag eines öffentlich-rechtlichen Senders zu machen, geht nach hinten los. Weil Reichelt die Wahrheit verbiegen kann, ohne dass jemand sie wieder gradebiegt, aber auch, weil er die Möglichkeit bekommt, einen vollkommen wahren Satz zu sagen: ‚Sie benutzen Methoden, die Sie eigentlich abstoßend finden, und das macht Sie und Ihre Methoden abstoßend.‘ So ist es. So wirkt Reichelt hier wie das Opfer eines kafkaesken Prozesses.“

Krömer sagt Tschüss

Zum Schluss der Kawusi-Sendung, ehe Krömer das Setting ganz verlässt, sagt er noch:

„Heute ist der Tag, wo ich nach Hause gehe und mal gucke, ob ich das Konzept nochmal überdenke.“

Vielleicht ist das auch nur eine Inszenierung. Vielleicht ist genau das inzwischen tatsächlich geschehen. In einer Instagram-Story machte Krömer vor vier Tagen klar, dass es das war mit „Chez Krömer“: Hinter die Frage „Für immer vorbei“ setzte er einen Haken und schrieb: „Chez Krömer sagt Tschüss. Dankeschön“. Der rbb hat die Sendung eingestellt, von Krömer heißt es:

„Es ist für mich an der Zeit für neue künstlerische Abenteuer. Mir war klar, dass ‚Chez Krömer‘ kein Format ist, das ewig laufen wird. Dass es am Ende dann doch 41 Folgen geworden sind, hat mich selbst überrascht. Mein Bedarf an Arschlöchern ist damit gedeckt.“

Dieser Überdruss mag dazu beigetragen haben, dass das Format nicht mehr funktionierte. Man kann das an Faisal Kawusi gut demonstrieren. Nach der Sendung hat er sich in einem Stream über Krömer ausgelassen. Er bezeichnet ihn als „H-Sohn“ (das „H“ steht dabei mutmaßlich für „Huren“), nennt ihn einen Moralapostel, der „selbstgerecht“ und „schamlos“ sei … und zielt dann sehr tief:

„Wisst ihr, was meine Genugtuung ist? Ich weiß, dass er jetzt gerade im Bett liegt und sich hasst. Sich wirklich selbst hasst wie die Pest. Jetzt wahrscheinlich vielleicht auch gerade nicht schlafen kann und sich irgendwelche Tabletten geben muss und Alkohol trinken muss damit er überhaupt schlafen kann. Der Typ ist einfach unglücklich. Und das, sage ich euch ehrlich, genieße ich ein bisschen.“

Kawusi hat damit gleich zwei Dinge bewiesen:

Zum einen, dass Kawusi harsche Kritik wirklich verdient hat – und er offenbar aus seinen Fehlern nichts gelernt hat, wenn er es für nötig befindet, Krömer, der offen mit seinem Alkoholismus und seinen Depressionen umgeht, so unterirdisch zu attackieren.

Und zum anderen, dass es offenbar schon reichen würde, Kawusi einfach sprechen zu lassen, um dem Publikum ein Bild seines Charakters zu offenbaren. Natürlich könnte Kawusis Wut über den Umgang mit ihm in der Sendung dazu ihren Teil beigetragen haben. Aber wenn es Krömers Ziel gewesen ist, genau diese Seite an Kawusi in seiner Sendung zu offenbaren, ist er gescheitert. Vielleicht hätte er einfach noch vier Minuten sitzenbleiben sollen.

Fußnoten

Fußnoten
1 Wobei die Sendung mit Salomé Batlhus offenbar erst aufgezeichnet wurde, nachdem Krömer sein Urteil gefällt hat. Aber das weiß man als Zuschauer:in natürlich nicht.

11 Kommentare

  1. Chéz Krömer war selten eine perfekt vorbereitete und ausgeführte Demaskierung. Trotzdem gibt und jetzt gab es nichts vergleichbares in unserer Medienlandschaft. Ein Format bei dem Reichweite tatsächlich mit Demaskierung erkauft werden muss – damit man sich als Zuschauer in einer halben Stunde ein besseres Bild über eine Personen machen kann. Es ist eigentlich traurig, dass es die Medienlandschaft nicht schafft mehr dieser Formate zu etablieren sondern einfach nur froh ist, wenn das eigene Format die guten Gäste hofieren darf.

    Bei aller gerechtfertigten Kritik an Chéz Krömer, macht es doch erstmal besser und guckt dann, ob noch Gäste zu euch kommen wollen. Dieser Spagat ist der Sendung in einer Weise gelungen, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Jetzt bleibt vielleicht nur noch die Entwicklung von Markus Lanz über das letzte Jahr als Lichtblick.

    Auf mich wirkt der Abwärtstrend eher als Symptom von Krömers Depression. Man hat die ganze Staffel über gemerkt, dass er einfach keinen Bock mehr hat und vielleicht sogar mehr Ässe im Ärmel hatte – nur schien es an Energie zu fehlen, diese auch auszuspielen. Trotzdem fand ich Reichelt extrem gut demaskiert. Da können seine Kollegen noch so sehr den moralischen Zeigefinger heben, aber genau so gehört diese Person vorgeführt.

    Da macht auch Kritik an der letzten Sendung keinen Sinn. Das war rückblickend offensichtlich Selbstzerstörung. Das so ein unwichtiger Typ wie Kuwasi sich jetzt als Opfer darstellt nehme ich als Bauernopfer gerne in Kauf, oder will hier irgendjemand sehen wie ein Typ wie Strache sich an einer schlechten Sendung aufgeilt?

  2. Kayfabe funktioniert nur, wenn beide in character sind.
    Ich hoffe, Küppersbusch findet was Ähnliches zum Produzieren in Zukunft. Vielleicht was mit weniger Berliner Watweesicke, das interessiert den Rest Deutschlands nämlich nicht.

  3. Ist schon etwas älter, aber schon 2005 hat Klaudia Wick (hier noch Brunst) erklärt, warum es schwierig ist, jemanden in eine Talkshow einzuladen, um dann *nicht* mit ihm zu sprechen (u.a. am Beispiel Jörg Haider) oder ihn zu „demaskieren“.
    https://www.amazon.de/dp/3451055848/

    Zum einen gibt es die auch hier angesprochene Gefahr, dass die Zuschauer Mitleid oder Sympathie für das „Opfer“ entwickeln.

    Zum anderen kann der Tausch Beleidigung/Demaskierung gegen Reichweite auch schiefgehen. Denn ich brauche viel mehr Zeit, um Unsinn, Lügen, Missverständliches, etc. aufzuklären als es herauszuhauen. Und einen Faktencheck nachzureichen erreicht nicht mehr annähernd so viele Menschen wie die Sendung.

    Und als drittes Problem sehe ich die „Selbstwahrnehmung“ in der Bubble der jeweiligen Gäste. Reichelt-Fans werden sicher behaupten, er habe das alles hervorragend gemeistert, während Reichelt-Kritiker von Taumeln und Demaskierung sprechen würden. Ähnlich den Politiker:innen am Wahlabend, die ja nie verloren haben, egal wie hart sie abgestraft wurden.

    Wenn ich den Tätern keine Mitleidsrolle geben möchte, ein Faktencheck direkt in der Sendung logistisch kaum möglich ist und später nicht genug erreicht, ich ihnen eigentlich keine Reichweite geben möchte und eigentlich auch keine Fans bekehren kann und hauptsächlich ein Publikum habe, was meine These sowieso teilt, dann ist der Sinn einer solchen Sendung schon ziemlich dünn.

    Die (für mich) entscheidende Frage ist dann: Könnte jemand als z.B. Reichelt-Fan (oder zumindest neutral eingestellter Zuschauer) beim Anschauen über die Selbstgefälligkeit von Reichelt stolpern und tatsächlich zum Nachdenken angeregt werden, seine Meinung zu überdenken und die Person kritischer zu sehen? Wenn ja, dann wäre das ein durchaus ehrenwertes Ziel der Sendung. Nur: Für wie viele der Zuschauer trifft das zu?

    (An Studenten mit baldiger Abschlussarbeit: Hier wartet ein interessantes Forschungsthema. Ich würde es lesen …)

  4. Es ist glaube ich ähnlich wie bei der sog. AfD. Da wird ja auch immer versucht zu „demaskieren“, was aber verkennt, dass die nicht obwohtrotzdeml, sondern weil sie ist was sie ist gewählt wird. Und so ist das auch mit den Arschkrampen bei Chez Krömer. Die haben ihre Fanbase nicht obwohl, sondern weil sie Arschkrampen sind, demzufolge hilft es halt auch nicht zu zeigen, dass sie Arschkrampen sind. Wissen alle schon. Und daran scheint Krömer ein wenig zu verzweifeln.

    Eine kleine Pause tut ihm vielleicht gut. Und obwohl ich aus dem Rest Deutschlands komme gefällt mir das „Berliner Watweesicke“ ziemlich gut und ich würde es vermissen, wäre es nicht mehr.

  5. Ich habe nur zwei Folgen gesehen, eine mit Sträter über Depressionen (sensationell) und eine mit einem ehemaligen Schlagersänger der jetzt ein Medium ist oder so (unterirdisch), die ich nicht mal in der Mediathek finden kann.

    Jetzt diese uninspirierende und uninspirierte Sendung mit Faisal Kawusi, von dem sogar ich wusste, dass er nicht so oft lustig ist, und dann wenn er sich für besonders lustig hält, beleidigt und/oder rassistische Kackscheiße verbreitet.

    So ist der Erkentnissgewinn nicht vorhanden. Man kann solche Leute nicht mit ihren Waffen schlagen, denn dann wird man zu solchen Leuten. Schade, dass das weder Kurt Krömer weiß/interessiert, noch Friedrich Küppersbusch, den ich immer für besonders integer gehalten habe.

  6. @4 / 5: Sehe ich genau so. Mit Schweinen im Schlamm ringen, und so. Die machen das nicht, um zu gewinnen, sondern um ihr Publikum zu unterhalten. (Daher auch die Kayfabe-„Methapher“)

    @4 wegen Watweesicke: Ich mag den Krömer ja auch und wenn der noch mal was mit Küppersbusch produziert … undenkbar ohne Berliner Schnauze.
    Ich dachte, ganz ehrlich, an Philip Walulis. Da geht noch was.

  7. Krömer hat sich in der Sendung als wenig schlagfertig erwiesen und gleichzeitig schlecht vorbereitet. In vielen Fällen gab es immer einen Hauptvorwurf, wine Herangehensweise, und egal was die andere Person dann gesagt hat. Da gab es kein Entlarven, kein Hämmern. Siehe auch Philipp Amthor. Einfach nur unverschämt sein hat keinen Mehrwert und auch keinen Show-Wert.

    Bin froh dass es vorbei ist.

  8. Krömer hat es geschafft, mir ein Quäntchen Sympathie für Reichelt zu entlocken. Ich weiß nicht, ob ich Krömer das jetzt übel nehmen oder dankbar sein sollte. Letztlich ist Reichelt auch nur ein Mensch – mit (vielen?) Schwächen. Aber kaum ein Mensch hat nur schlechte Seiten. Diese differenzierte Betrachtung fehlt heutzutage ja viel zu oft. Da wird klar geurteilt und in simple, meist Schwarz-Weiß-Kategorien einsortiert. Die BILD kann das meisterhaft. Krämers Sendung hat mich gewissermaßen auf den Boden der Menschlichkeit zurückgeholt. Menschen dürfen meiner Auffassung nach nicht pauschal verurteilt und eben entmenschlicht werden, das Urteil sollte allein den Taten gelten. Natürlich nicht ohne Konsequenzen für den Menschen, aber alles mit Achtung und Respekt, so schwer es auch fallen mag.

  9. @ #8: Wie geht man mit Intoleranten um? Hat ein Reichelt diese „differenzierte Betrachtung“ verdient, wenn er doch einer der größten schwarz-weiß-Maler überhaupt ist? Ist das eine perfide Opfer-Strategie, die für ihn gilt, aber nicht für andere? Sollten „wir“ es besser machen als die rechten Spacken, oder es ihnen mit gleichen Mitteln heimzahlen? Wenn „wir“ genauso agieren, wie „die“, was unterscheidet uns von „denen“. Wenn wir unsere gefühlte moralische Überlegenheit ausverkaufen, welche Werte verteidigen „wir“ dann noch? Müssten „wir“ uns dann (auch) vor „uns selbst“ verteidigen?
    (Toleranz-Paradox von Popper, es gibt keinen Ausweg.)

  10. Behandele andere so, wie Du selbst behandelt werden willst.
    Durch konkludentes Verhalten signalisierte Reichelt, dass er so behandelt werden will, oder?

  11. Kunstfigur oder doch eher Künstlername?

    Wenn Kurt Krömer eine Kunstfigur wäre, dann würde es wenig Sinn ergeben ein Sachbuch über dessen Depression herauszugeben. Dann wäre es ein Roman.

    Ich finde man sollte Kurt Krömer als Künstlernamen bezeichnen.

Einen Kommentar schreiben

Mit dem Absenden stimmen Sie zu, dass Ihre Angaben gemäß unseren Datenschutzhinweisen gespeichert werden. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.