Der NDR beantwortet diese Woche in „mehr als 30 Dialogveranstaltungen“ die Fragen seines Publikums. Am Dienstagabend lief deshalb eine Sondersendung bei Tagesschau24, dem Nachrichtenkanal, der beim NDR in Hamburg beheimatet ist. Und, naja, es war ein bisschen wie „Upps! Die Pannenshow“.
Gleich zu Beginn redete „Tagesschau“-Sprecherin Judith Rakers unter anderem darüber, wofür denn all diese Knöpfe an ihrem Sprecherpult sind, was sie so macht, wenn sie nachts nicht auf Sendung ist, und wer die Nachrichten überhaupt schreibt – während im Hintergrund das ARD-Team ohrenscheinlich damit beschäftigt war, ein Tonproblem nicht zu lösen.
Hallo?
Es fing damit an, dass Rakers nicht zu hören war für die Zuschauer, aber nur kurz. Dann war sie für alle zu hören, aber nicht für den Moderator. Der stand allein im zweiten Stock des ARD-Nachrichtenhauses auf einer Empore und Judith Rakers nebenan im „Tagesschau“-Studio, wo sie gerade die Hauptausgabe um 20 Uhr gesprochen hatte. Während er sie also nur auf einem Monitor sah, hörte sie ihn andauernd über ihren Stecker im Ohr. Und zwar auch dann, wenn er, während sie eine Frage beantwortete, mit Kollegen über das Tonproblem sprach – was wiederum auch auf dem Sender zu hören war.
Herausgekommen sind zehn Minuten unfreiwillige Medien- und Techniksatire. Auch später, bei einer weiteren (internen) „Schalte“ klappte es nicht mit dem Ton. Oder wie es der Moderator ausdrückte: „Ein toller Blick behind the scenes eigentlich gerade hier bei uns bei der ‚Tagesschau'“. Wie man’s nimmt.
Was ist das für ein Setting?
Lustig war sowieso, dass Rakers zugeschaltet wurde. Sie hätte ja auch kurz in die Redaktion rübergehen können, hoch in den zweiten Stock, ist nicht weit. Womöglich sollte sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben, wer weiß. Aber wieso wurde auch Chefredakteur Marcus Bornheim aus dem Studio geschaltet? Social Distancing?
Andere taten es doch auch: Sie standen neben dem Moderator auf der Empore und sprachen. Was dann ebenfalls ein paar Fragen aufwarf: Weshalb wählt „Tagesschau24“ (auch zu anderen Anlässen) diese Position im Nachrichtenhaus? Vermutlich, weil es da oben, unterm Dach, ruhiger ist als unten im Newsroom. Aber was ist das für ein Setting? Was sind das für Kameraeinstellungen? Hat da beim Bau des Hauses niemand drüber nachgedacht?
Mal abgesehen von den unangenehmen Technik-Problemen: Das Nachrichtenhaus, das erst 2019 eröffnet wurde, ist kein hässlicher Bau.
Es gäbe dort Positionen, die kameratauglicher wären, und bei denen man den Eindruck hätte, dass das tatsächlich professionelles Fernsehen ist. Zumal die ARD unlängst angekündigt hat, „Tagesschau24“ zu einem richtigen, echten Nachrichtenkanal ausbauen zu wollen, der den ganzen Tag über aktuell berichtet und immer schnell auf Sendung ist. Es soll die „erste Adresse für nationale und internationale Breaking-News-Lagen“ werden, so wie CNN oder BBC News. Danach sah es am Dienstagabend leider nicht aus.
Offenlegung: Ich habe bis 2020 gelegentlich den Kultur-Teil von Tagesschau24 moderiert.
Der Autor
Boris Rosenkranz ist Gründer von Übermedien. Er hat an der Ruhr-Universität Bochum studiert, war „taz“-Redakteur und Volontär beim Norddeutschen Rundfunk. Anschließend arbeitete er dort für verschiedene Redaktionen, insbesondere für das Medienmagazin „Zapp“. Seit einigen Jahren ist er freier Autor des NDR-Satiremagazins „Extra 3“.
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