Angeblicher WM-Betrug

„Spiegel“ hält an unhaltbarer Geschichte fest – und befördert ihren Autor

Als der „Spiegel“ Ende Mai den Abschluss-Bericht der Relotius-Kommission vorlegte, waren viele erschüttert über das, was darin zu lesen war. Andere, auch im Haus, waren eher erstaunt über das, was darin nicht zu lesen war. Zum Beispiel kein Wort über einen dubiosen „Spiegel“-Artikel aus dem Jahr 2014, der schon damals angezweifelt wurde. Dokumente, die Übermedien vorliegen, liefern nun weitere Hinweise, die dafür sprechen, dass die Darstellung im „Spiegel“ damals falsch war.

Doch weder die Relotius-Kommission noch die Chefredaktion wollen das so sehen.

Dies ist die Geschichte einer mutmaßlichen Lüge im „Spiegel“. Vor allem aber ist dies die Geschichte, wie der „Spiegel“ an dieser mutmaßlichen Lüge auch nach fünf Jahren noch festhält. Und ihren Autor jetzt zum Chef des Investigativteams befördern will.


Die wundersame Vorhersage

Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien machte der „Spiegel“ einen Verdacht öffentlich, der den ganzen Wettbewerb in Frage stellte. Der berüchtigte Matchfixer Wilson Raj Perumal soll behauptet haben, dass alle drei WM-Gruppenspiele von Kamerun wohl verschoben waren.

Das ließe sich als bloße Behauptung eines Wichtigtuers und Betrügers abtun. Hätte Perumal gegenüber „Spiegel“-Redakteur Rafael Buschmann nicht angeblich Stunden vor dem Spiel Kamerun gegen Kroatien am 19. Juni 2014 eine Prognose abgegeben.

Denn so beginnt die Geschichte „Faule Äpfel“ in Heft 27/2014:

Faule Äpfel / Wettbetrug / Ein Zockerpate behauptet, bei der WM in Brasilien seien Spiele verschoben worden. Ist das möglich?
Ausriss: „Spiegel“

Vor dem WM-Gruppenspiel zwischen Kamerun und Kroatien meldet sich Wilson Raj Perumal via Facebook. Er schreibt, die Partie werde 4:0 für Kroatien ausgehen, außerdem werde es in der ersten Halbzeit eine Rote Karte geben.

Die Partie ging tatsächlich 4:0 für Kroatien aus; Alex Song aus Kamerun erhielt in der 40. Minute eine Rote Karte.

Entweder Perumal hat bei seiner Prognose einen sensationellen Zufallstreffer gelandet. Oder er wusste von kriminellen Schiebereien.

Oder, die dritte Möglichkeit: Der „Spiegel“ hat das Gespräch mit Perumal falsch wiedergegeben.

Das Dementi

Das behauptet Perumal selbst. Einen Tag nach Erscheinen des Heftes dementierte er den „Spiegel“-Bericht: Die entsprechende Konversation mit dem Nachrichtenmagazin habe nicht Stunden vor dem Kamerun-Kroatien-Spiel stattgefunden, sondern Tage danach. Er habe nur Vermutungen geäußert über Spiele, die bereits stattgefunden hatten. Von den vier Toren oder einer Roten Karte sei gar nicht die Rede gewesen.

Der „Spiegel“ blieb bei seiner Darstellung.

Der britische „Daily Telegraph“ veröffentlichte am selben Tag angebliche Screenshots des Chats zwischen Perumal und Buschmann, die Perumals Version zu bestätigen schienen.

Screenshots: „Daily Telegraph“

Darin sind keine Nachrichten zwischen 11. und 21. Juni zu sehen – also auch nicht zu dem vom „Spiegel“ angegebenen Zeitpunkt. Am 21. beginnt ein Geplauder über die Leistung der deutschen Mannschaft und das Wetter. Buschmann spricht Perumal auf das Spiel Kamerun gegen Kroatien an, das zwei Tage zuvor stattgefunden hat:

Buschmann: What do you think about Camerun vs Croatia?

?

Perumal: Camerron is on the take i think

they deliberately loose

they have i guess 7 rotten apples in the team

Buschmann: I am agree. This match smells….

Fünf Tage später, am 26. Juni – inzwischen hat auch das dritte Vorrundenspiel Kameruns stattgefunden – nimmt Buschmann den Faden wieder auf:

Buschmann: What do you think about Cameroon?

Perumal: In my opinion they fixed all 3 matches.

they are around 5 to 7 black sheeesshheps

(…)

Buschmann: Did you heard any roumors who controlled cameroon?

FIFA is in trouble. They get a lot of trouble couse of cameroon. They were many bets placed for an over against croatia.

Perumal: i dont follow all these nowadays

low profile

now

Perumal spekuliert laut der Screenshots also nur nach den Spielen, dass Kamerun „gekauft“ sei und alle drei Gruppenspiele verschoben worden seien. Von irgendwelchen verdächtigen Wetten will er nichts gehört haben, weil er das gar nicht mehr genau verfolge.

Der „Spiegel“ blieb bei seiner Darstellung.

Das Nachrichtenmagazin hatte seine Geschichte im Heft und in drei OnlineArtikeln verbreitet. Sie machte damals weltweit Schlagzeilen. Sie sorgte dafür, dass die Fifa „Untersuchungen“ ankündigte. Kurz darauf erklärte der Fußballverband, keinerlei Beweise dafür gefunden zu haben, dass Spiele manipuliert waren. Er forderte den „Spiegel“ auf, Beweise vorzulegen, und kritisierte dessen Berichterstattung indirekt als sensationalistisch und verantwortungslos.

Doch der „Spiegel“ legte keine Beweise vor. Er berichtete danach nie wieder über seinen angeblichen Scoop; über den Fall, die Ermittlungen, die Folgen, die Zweifel, die Widersprüche, die Fragen. Er blieb aber auf Nachfrage immer noch bei seiner Darstellung.

Der E-Mail-Fund in den „Football Leaks“

Seit diesem Jahr nun ist ein neues Indiz bekannt, das gegen die Darstellung von Rafael Buschmann und für Perumals Dementi spricht. Es findet sich ausgerechnet in Dokumenten und E-Mails, die von der Enthüllungsplattform „Football Leaks“ stammen. Die „Football Leaks“-Sammlung von angeblich 70 Millionen Dokumenten hat ein portugiesischer Hacker ab 2016 eben jenem Rafael Buschmann zur Verfügung gestellt. Der „Spiegel“ hat sie dann gemeinsam mit mehreren internationalen Partnern im Recherche-Netzwerk EIC ausgewertet.

In den Unterlagen finden sich mehrere Mailwechsel aus dem Juli 2014, in denen es um die damalige angebliche „Spiegel“-Enthüllung geht. Es sind Nachrichten von oder an Mitarbeiter des in Katar ansässigen International Centre for Sport Security (ICSS). Das Unternehmen hat sich nach eigenen Angaben dem Kampf gegen Match-Fixing und andere Manipulationen im Sport verschrieben, ist selbst aber schwer in Verruf geraten. Es ist ein Propagandainstrument des Emirs von Katar.

Einer der Direktoren war Chris Eaton, ein ehemaliger Interpol-Beamter, der zuerst zur Fifa und dann zum ICSS wechselte. Laut der E-Mails in „Football Leaks“ wandte sich Eaton am 1. Juli 2014, zwei Tage nachdem der „Spiegel“ die angebliche Perumal-Enthüllung online veröffentlichte, an Buschmann und fragte ihn, woher er die Informationen habe:

Hi Rafael,

Good report! How did you first get this! From an email from him, or his Facebook page!

Buschmann antwortete, dass er Perumal schon seit Jahren auf Facebook folge und dort unregelmäßig in Kontakt mit ihm stehe. Er könne nicht genau sagen, ob die Spiele von Kamerun wirklich manipuliert waren: Perumal habe auch zwei andere Spielergebnisse genannt, die beide nicht gestimmt hätten. (Im „Spiegel“-Artikel ist davon keine Rede.)

Hi Chris, I know his FB-Account since 4 years, we stay unregulary in contact.

(…)

In generally: I doesn’t know if the games of Cameroon were fixed. Wilson told me another two games and this results weren’t right. He is a criminal figur and he loves to Tell lies. I wrote it exactly in this way in my hole story. Maybe he had luck with this game. Or he knew more and don’t want to talk about this.

Best regards from Sao Paulo, RB

Buschmann wiederholte auf Rückfrage von Eaton, dass Perumal ihm vor dem Spiel geschrieben habe:

Yes Chris, he send it before the match. But he send two wrong results from other matches as well (one was complete wrong, the other had the right winner but a wrong result).

ICSS-Direktor Eaton und ein weiterer ehemaliger Interpol-Beamter, mit dem er zusammenarbeitete, stellten damals noch eigene Erkundigungen an, deren Ergebnisse sie mit der Fifa teilten. Sein Partner schrieb dabei – laut „Football Leaks“ – auch an einen leitenden Facebook-Mitarbeiter. Er fragte ihn, ob die Facebook-Kommunikation zwischen dem „Spiegel“ und Perumal vor oder nach dem Kamerun-Spiel stattgefunden habe. Der Facebook-Mann antwortete:

Off the record: it occured after the match, not before it.

Es passierte nach dem Spiel, nicht davor. Ein hochrangiger Facebook-Mitarbeiter, der solche Details über eine Messenger-Diskussion formlos, nur mit dem Hinweis „off the records“, also etwa: „beruft euch nicht auf mich“, für eine dubiose Organisation herausfindet? Für Kenner der Szene ist das nicht abwegig. Technisch ist es für Facebook-Mitarbeiter möglich, Messenger-Gespräche nachzuvollziehen.

Die für die Fifa positive Nachricht teilte Eaton umgehend dem Fifa-Sicherheitschef mit, der sich über die „großartigen Neuigkeiten“ freute und feststellte, dass ohnehin alles dafür spreche, dass die Kommunikation zwischen Buschmann und Perumal nach dem Spiel stattgefunden habe. Nun sei man aber in einer noch stärkeren Position, die angeblichen Matchfixing-Behauptungen zurückzuweisen. Die WM ging gerade in ihre entscheidende Phase.

Die Fifa- und ICSS-Leute wiesen einander damals auch auf einen Blogeintrag hin, der detailliert argumentierte, warum alles dagegen spreche, dass Perumal das Spiel manipuliert haben könnte.

Fehlende Plausibilität

Für Fachleute war es damals und ist es heute nicht nachvollziehbar, warum Perumal sich wie vom „Spiegel“ behauptet geäußert haben soll. Der Bochumer Kriminalhauptkommissar und ausgewiesene Matchfixing-Experte Michael Bahrs weist im Gespräch mit Übermedien darauf hin, dass Perumal gerne mit seinen Aktivitäten prahlte. Heute distanziere er sich von Manipulationen, damals jedoch habe er sogar damit geworben, einer der größten Matchfixer zu sein. Kurz vor der WM 2014 war sein Buch erschienen, in dem er detailliert angab, wie er mehrere Spiele manipuliert habe.

Die „Spiegel“-Schilderung zum Spiel Kamerun-Kroatien aber habe Perumal sofort nach Veröffentlichung als „Bullshit“ abgetan. „Es gibt gar keinen Grund, warum Perumal diese Manipulation abstreiten sollte, wenn er tatsächlich etwas mit ihr zu tun hatte“, sagt Bahrs. „Mir war das schon damals suspekt.“

Die Fiktion vom erstklassigen Fact-Checking

Der Journalist Matthew Karnitschnig traf sich im August 2014, nicht lange nach der Enthüllung, in Budapest mit Perumal. Auch ihm gegenüber dementierte der Matchfixer die „Spiegel“-Darstellung. Karnitschnig schrieb damals im „Wall Street Journal“ darüber und fügte hinzu:

A review of Perumal’s Facebook logs by the Journal support his statement that the chat with the reporter took place three days after the June 18 Cameroon match, not before.

Karnitschnig sagt, Perumal habe ihm erst einen Ausdruck des Chat-Verlaufs gezeigt, dann auch die Konversation selbst auf seinem Mobiltelefon. Der „Spiegel“ habe sich auf seine Nachfrage damals nicht äußern wollen.

Das Thema kam im Dezember 2018 erneut auf, als Relotius aufflog. Karnitschnig, inzwischen Berliner Bürochef des Magazins „Politico“, ärgerte sich darüber, dass Relotius vom „Spiegel“ so sehr als Einzelfall dargestellt wurde – ausgerechnet auch von Buschmann:

Er veröffentlichte mehrere Tweets, in denen er den Perumal-Fall noch einmal schilderte und dem „Spiegel“ vorwarf, es allgemein mit den Fakten nicht so genau zu nehmen. Die Vorstellung, dass der „Spiegel“ eine erstklassige Fact-Checking-Abteilung habe, sei „immer eine Fiktion“ gewesen.

Buschmann antwortete auf Twitter:

Ausweichmanöver

Buschmann fiel es nicht nur auf Twitter schwer, auf die Vorwürfe zu reagieren. Wir stellten damals, am 20. Dezember 2018, ihm und der „Spiegel“-Pressestelle per Mail mehrere Fragen dazu. Es waren konkrete Fragen, zum Beispiel, ob der entscheidende Chat der „Spiegel“-Dokumentation zur Prüfung vorgelegen habe. Die Pressestelle antwortete ausweichend.

Sprecherin Anja zum Hingst teilte uns nur mit, dass „der Sachverhalt und die Quellenlage sowohl von der Dokumentation als auch von der Rechtsabteilung gemeinsam mit der Redaktion geprüft“ worden seien, „wie bei allen Beiträgen im ‚Spiegel'“ (eine Formulierung, die schon beim damaligen Wissensstand über den Fall Relotius gewagt war).

Sie wies uns aber auf etwas hin, wonach wir gar nicht gefragt hatten: Perumal habe sich im Anschluss an die Berichterstattung „über eine renommierte Presserechtskanzlei an den ‚Spiegel‘ gewandt und uns zur Unterlassung aufgefordert. Die Rechtsabteilung des ‚Spiegel‘ hat die Ansprüche zurückgewiesen, Herr Perumal hat sich daraufhin nie wieder gemeldet.“

Das ist interessant, beweist aber nichts – insbesondere da Perumal zwischenzeitlich wohl andere Sorgen hatte, als den „Spiegel“ zu verklagen, nicht zuletzt finanzielle.

Bei Recherchen zu den Machenschaften des ICSS wurden vor rund einem halben Jahr in der „Football Leaks“-Datensammlung die E-Mails entdeckt, die die Zweifel an der „Spiegel“-Darstellung untermauern. Sie wurden auch dem „Spiegel“ und später der Relotius-Kommission zugespielt.

Der „Spiegel“ antwortete auf unsere konkreten Fragen dazu im Juni erneut eher ausweichend, teilte uns aber allgemein mit: „Die Relotius-Kommission hat mehrere Dokumente zum Artikel ‚Faule Äpfel‘ geprüft und konnte keine Beweise für Fälschungen finden.“

Ein kaputtes Telefon

Bei der Pressekonferenz, auf der der „Spiegel“ den Abschlussbericht vorstellte, sagte Nachrichtenchef Stefan Weigel für die Kommission: „Wir haben uns mit diesem Fall beschäftigt, auch, kann ich sagen, ausführlich, sind aber zum Ergebnis gekommen, dass da nichts für uns Nachweisbares vorliegt, das es rechtfertigt, den in den Bericht aufzunehmen.“

Wie gründlich sich die Kommission wirklich mit dem Fall beschäftigte, ist unklar. Karnitschnig, der doch ein wichtiger Gesprächspartner für einen Aufklärungsversuch wäre, sagt, bei ihm habe sich niemand gemeldet, weder vom „Spiegel“ noch von der Kommission.

Dabei soll es auch intern einen Auftrag von der Chefredaktion gegeben haben, die Sache noch einmal zu überprüfen. Kümmern sollte sich darum, so ist zu hören, eine Fact-Checkerin, die Teil des Investigativressorts ist und in dieser Funktion eng mit Buschmann zusammenarbeitet. Sie ist auch Mitglied des „Football Leaks“-Teams. Die besondere Nähe zwischen einem Dokumentar und einem Ressort hatte sich im Fall Relotius als besonders problematisch herausgestellt. In diesem Fall kontrollierte sich das Team quasi selbst. Auf unsere Nachfrage äußert sich der „Spiegel“ nicht dazu.

Im „Spiegel“ kursiert die Geschichte, dass Rafael Buschmann fehlende Belege für seine Darstellung zunächst damit erklärt habe, sein Handy sei ihm erst auf Betonfußboden und dann ins Wasser gefallen. Später soll er gesagt haben, dass sein Facebook-Account gehackt worden sei, so dass sich dort der Chat mit Perumal nicht mehr nachvollziehen lasse. Auf unsere Nachfrage sagen Buschmann und der „Spiegel“ dazu nichts.

Kritik der Kollegen

Buschmann und seine Arbeitsweise stehen nicht nur wegen der Ungereimtheiten seiner Perumal-Geschichte intern in der Kritik. Das gilt sowohl für Journalisten aus dem internationalen Recherchenetzwerk EIC, die mit ihm die „Football Leaks“ auswerten und sich über Zumutungen in der Zusammenarbeit beklagen, als auch für Kollegen aus dem eigenen Haus, die seine Arbeitsweise für nicht seriös genug halten. Mehrere Journalisten werfen ihm mangelnde Sorgfalt vor und einen Hang, Dinge aufzubauschen und zugunsten einer attraktiven Story großzügig über störende Details hinwegzusehen. Buschmann hat auf unsere Frage, ob ihm Kritik an seiner Arbeit bekannt ist, nicht geantwortet.

Buschmann sorge für große Unruhe in der Redaktion, heißt es von seinen Kritikern. Teilweise würden Kollegen, die Knowhow zum Themenkomplex beisteuern könnten, offenbar bewusst von der Arbeit und den „Football Leaks“-Datensätzen ferngehalten. Die Methoden, mit denen er exklusives Material beschaffe und dann wie einen persönlichen Schatz hüte, sorgen bei manchen Mitarbeitern für Verärgerung. Im Umgang mit brisantem Material wie dem, das die russische Hackergruppe „Fancy Bear“ dem „Spiegel“ zuspielte, geht es auch um medienethische und juristische Fragen. Nicht jeder ist überzeugt, dass Buschmann der damit verbundenen Verantwortung immer gerecht wird.

Auf der anderen Seite muss Buschmann erhebliche Fürsprecher haben – nicht zuletzt offenbar den neuen Chefredakteur des „Spiegel“, Steffen Klusmann. Buschmann soll in Kürze zum Sprecher des neu gestalteten Investigativteams befördert werden. Die langjährigen „Spiegel“-Investigativ-Reporter Jürgen Dahlkamp, Gunther Latsch und Jörg Schmitt scheiden dann aus dem Team aus und wechseln zurück in ihre Ressorts. Das legt den Schluss nahe, dass sie nicht bereit waren, unter Buschmann zu arbeiten. Und dass umgekehrt der „Spiegel“-Chefredakteur trotz dieses Verlustes offenbar nicht auf die Ernennung Buschmanns verzichten wollte.

Das Investigativ-Team wurde vor zwei Jahren gegründet. Die entsprechenden Verträge laufen Ende Juli aus. Neu in die Investigativabteilung kommen soll unter anderen Michael Wulzinger, Buschmanns journalistischer Ziehvater und Co-Autor der „Football Leaks“-Bücher. Er war Sport-Ressortleiter, als die Perumal-Geschichte 2014 ins Blatt kam. Der „Spiegel“ wollte sich auf unsere Nachfrage nicht zu den Personalien äußern.

Die Replik des „Spiegel“

Wir haben den „Spiegel“ und Rafael Buschmann am Montag mit vielen konkreten Fragen zu diesem Thema konfrontiert – und nur eine pauschale Antwort bekommen (die kompletten Anfragen und Antworten lesen Sie hier). „Spiegel“-Sprecherin Anja zum Hingst antwortet uns ausdrücklich auch im Namen von Rafael Buschmann, der Chefredaktion und der angeblich unabhängigen Kommission. Sie teilt uns mit:

Die Kommission hat in Kenntnis sämtlicher Darstellungen – auch der von Herrn Perumal und der von Herrn Karnitschnig veröffentlichten – bis heute keine Belege für Fälschungen gefunden.

Dabei geht es nicht darum, Fälschungen nachzuweisen, sondern die Richtigkeit der „Spiegel“-Darstellung. Auf unsere Frage, welche Belege es dafür gibt, etwa einen Screenshot oder ein Protokoll der Facebook-Kommunikation, antwortet der „Spiegel“ aber auch fünf Jahre und einen Relotius-Skandal später nur ausweichend:

Wir bitten weiter um Verständnis dafür, dass weder die Kommission noch wir uns zu weitergehenden Rechercheergebnissen, Belegen und Quellen äußern.

Wohlgemerkt: Es kann in diesem Fall eigentlich keine Informanten oder geheime Quellen geben, die geschützt werden müssten. Laut „Spiegel“ ist Grundlage der Berichterstattung eine direkte Facebook-Kommunikation zwischen dem „Spiegel“-Autor und dem bekannten Matchfixer.

Der „Spiegel“ schreibt weiter:

Rafael Buschmann hat vor der Veröffentlichung seine nach wie vor gültige Beleglage mit Unterlagen und Zeugen sowohl der Ressortleitung, Dokumentation und Rechtsabteilung offengelegt und es wurde dann im Einverständnis mit der Chefredaktion entschieden, diesen Beitrag so wie geschehen zu veröffentlichen. Auf dieser Basis wurde die Abmahnung von Herrn Perumal auch zurückgewiesen, er hat dann keine weiteren Ansprüche verfolgt oder geltend gemacht. Der Artikel „Faule Äpfel“ war, dieser Eindruck entsteht angesichts Ihrer Fragen mittlerweile manchmal, von daher kein einsamer Beitrag von Rafael Buschmann.

Unbeantwortete Fragen

Es ist eine haarsträubende und rätselhafte Geschichte. Ist es wirklich vorstellbar, dass der „Spiegel“ vor fünf Jahren einen Artikel veröffentlicht hat, der auf Unwahrheiten basiert – und diese Tatsache bis heute nicht einräumen will?

Auf der einen Seite sind die Indizien dafür, dass das Stück auf einer falschen Behauptung beruhte, überwältigend: von der Merkwürdigkeit, dass der „Spiegel“ nie wieder über den Scoop und seine Folgen berichtete, über das Dementi und die Screenshots von Perumal, die Mail des Facebook-Mitarbeiters in den „Football Leaks“ bis hin zur fehlenden Plausibilität der ganzen Geschichte.

Auf der anderen Seite legt der „Spiegel“ nichts vor, um seine Darstellung zu untermauern. Aber er beharrt mit großer Entschiedenheit darauf, dass sie stimmt.

Seit fünf Jahren leistet das Nachrichtenmagazin keinerlei Beitrag dazu, die Ungereimtheiten aufzuklären und Fragen dazu ernsthaft zu beantworten. Er mauert und verweigert konkrete Belege.

Warum sorgt auch „Spiegel“-Chefredakteur Klusmann, der seit Anfang 2019 im Amt ist, nicht für Aufklärung? Warum befördert er Buschmann sogar – obwohl ihm viele Bedenken bekannt sein müssten? Wie kann es sein, dass auch die Relotius-Kommission sich nicht zu dem Fall erklärt?

Klusmann hatte den Fall Relotius als vielleicht „heilsamen Schock“ bezeichnet, der den „Spiegel“ besser machen könnte. Der Umgang mit dem Fall Buschmann deutet nicht darauf hin, dass das ernst gemeint ist.

60 Kommentare

  1. Was mich an der Story am meisten beeindruckt ist Buschmanns grauenhaftes Englisch. Wie kann man denn mit so einem holprigen Sprachkönnen auf internationaler Ebene für den Spiegel arbeiten?

  2. Beim Englisch von RB kann ich mir vorstellen, dass er irgendwas falsch verstanden hat, eine Zeit durcheinandergebracht hat. Das wäre natürlich ein ziemlicher GAU.

    Aber die Story müffelt gewaltig. War kurz davor wieder ein Spiegel-Abo abzuschließen. Das hat sich jetzt erledigt.

  3. Mal ne Frage eines Nicht-Journalisten: Ist es üblich, dass für die Beantwortung von Anfragen nur ein Tag eingeräumt wird? Was ist denn, wenn jemand in Urlaub ist, oder die Antworten bei unterschiedlichen Personen recherchiert werden müssen?

    (Ich warte gerade seit 1,5 Wochen auf die Antwort eines Handwerkers.)

  4. @1,2:

    Ich persönlich hätte auch present perfect statt falschem simple past verwendet. Der Journalist will ja wissen, ob seine Quelle etwas über die Spielmanipulation weiß, also Wissen über ein Ereignis in der Vergangenheit, das Bedeutung für die Gegenwart hat.

    Mit dem simple past fragt er ja eher danach, ob die Quelle zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit davon gewusst hat bzw. etwas mitbekommen hat.

    Aber das nur nebenbei und ich weiß auch nicht, ob ich Recht habe.

  5. Ich kann jetzt ja nur den ersten Teil des Artikels lesen, aber aus dem geht hervor, dass das Interview angeblich vor dem betreffenden Spiel geführt wurde:

    „Vor dem WM-Gruppenspiel zwischen Kamerun und Kroatien meldet sich Wilson Raj Perumal via Facebook. Er schreibt, die Partie werde 4:0 für Kroatien ausgehen, außerdem werde es in der ersten Halbzeit eine Rote Karte geben.“

    Sollte in dem Übermedien-Artikel nicht noch irgendwas stehen, das den Spott über das schlechte Englisch plausibel macht und dabei einen berechtigten Zusammenhang zwischen den Sprachkenntnissen und möglicher Manipulation des Autors herstellt, wäre ich geneigt, über die Lesekompetenz der hier Kommentierenden zu spotten. Denn die Möglichkeit sich intellektuell überlegen zu fühlen und dies auch unbebingt das Internet wissen zu lassen, sollte man bekanntlich unbedingt auskosten.

  6. @7 Schreibkraft

    Ohne zuviel spoilern zu wollen: Der Rest des Artikels lässt darauf schließen, dass es dieses interview vor dem Spiel nicht gegeben haben kann.

    Und ok, der Spott über das schlechte Englisch des RB zeugt natürlich von bildungshuberischer Arroganz. Allerdings sind die zitierten E-Mail-Passagen wirklich absolut hanebüchen. Und es ist schon faszinierend, dass man damit zum obersten Investigativreporter beim Spiegel werden kann. Selbst ich hätte mir den Laden deutlich professioneller vorgestellt.

  7. Ingo S. – #8

    „Ohne zuviel spoilern zu wollen: Der Rest des Artikels lässt darauf schließen, dass es dieses interview vor dem Spiel nicht gegeben haben kann.“

    Dass hatte ich anhand des Artikelauschnitts auch angenommen und mir stellte sich die Frage nach dem Zusammenhang.

    „Und ok, der Spott über das schlechte Englisch des RB zeugt natürlich von bildungshuberischer Arroganz. Allerdings sind die zitierten E-Mail-Passagen wirklich absolut hanebüchen. Und es ist schon faszinierend, dass man damit zum obersten Investigativreporter beim Spiegel werden kann. Selbst ich hätte mir den Laden deutlich professioneller vorgestellt.“

    Das kommt aus meiner Sicht darauf an, welche Aufgaben er in dieser Position übernimmt und ob er Mitarbeiter an seiner Seite hat, die Aufgaben übernehmen, für die sein Englisch nicht ausreichen. Zudem sind Englisch zu schreiben und Englisch ins Deutsche zu übersetzen zwei doch recht unterschiedliche Tätigkeiten, denn Letzteres ist deutlich einfacher. Sofern der Mann nun nicht unbedingt Interviews zu komplexen Themen mit englischsprachigen Whistleblowern führen soll, sondern z.B. koodiniert, Themen wählt und Teams darauf ansetzt, sehe ich noch immer keinen Grund für einen Einwand. Schon gar nicht, wenn seine Fragen in dem oben zitierten Interview beim Interviewten nicht für Missverständnisse gesorgt haben. Zudem meine ich gelesen zu haben, dass der Spiegel nicht nur Lektoren hat, sondern eine ganze Rechercheabteilung und ich gehe einfach mal davon aus, dass sich da irgendwer auf dem Weg zwischen Interview und Druck des Artikels auch das in englisch geführte Interview angeschaut hat.

    Ist für mich wie die Diskussion, ob ein Martin Schulz auch ohne Abitur hätte Kanzler werden dürfen, sofern man nicht Einblick in die redaktionellen Abläufe hat und weiß, dass der Mann mit seinem neuen Job überfordert sein wird.

    Ich hege die Vermutung, die entscheidende Frage wäre hier doch eher, ob bewusst manipuliert wurde, um eine sensationelle Story zu bekommen. Dann hätte sein Englisch so ungefähr nichts damit zu tun und ich warte gespannt darauf, den Text komplett lesen zu können, um zu schauen, ob ich mich dann für meine Annahme später hier selbst beweihräuchern darf.

  8. In der Hoffnung, dass wir das Thema hier dann beenden können: Das schlechte Englisch hat keine Bedeutung für diesen Artikel. Es ist aber wirklich geradezu aberwitzig schlecht.

  9. @8:
    Ich finde das keine (unnötige) bildungshuberische Arroganz. Wenn ein leitender Redakteur des vermeintlich führenden deutschen Nachrichtenmagazins schlechteres Englisch schreibt als ein durchschnittlicher Siebtklässler, dann bin ich ehrlich gesagt schockiert. Und da fragt man sich natürlich, wie es dann mit anderen Standard-Fähigkeiten aussieht, etwa komplexe Zusammenhänge zu verstehen und richtig einordnen zu können. Dieser Teilaspekt legt nahe, dass es beim Spiegel keine mutwillige „Manipulation“ gab/gibt, sondern schlichtweg Unvermögen dahinter steckt in diesem Fall. Ohne der Redaktion jetzt grundsätzlich zu nahe treten zu wollen.

    @9:

    „dass der Spiegel nicht nur Lektoren hat, sondern eine ganze Rechercheabteilung und ich gehe einfach mal davon aus, dass sich da irgendwer auf dem Weg zwischen Interview und Druck des Artikels auch das in englisch geführte Interview angeschaut hat. “

    Trotz der ganzen Sachen die via Relotius ans Licht kamen? Da stand diese Abteilung ja in sehr schlechtem Licht da.

  10. @Tommix: Weil er so schlecht englisch spricht, verwechselt er eine Prognose vor dem Spiel mit einer Spekulation nach dem Spiel? Und er hat keinen Screenshot davon und keine Möglichkeit, das in seinem Facebook-Account nachzugucken oder jemandem zu zeigen, der besser englisch spricht? Really?

    Wie lässt sich das mit „Unvermögen“ erklären?

  11. @Stefan Niggemeier

    „In der Hoffnung, dass wir das Thema hier dann beenden können: Das schlechte Englisch hat keine Bedeutung für diesen Artikel. Es ist aber wirklich geradezu aberwitzig schlecht.“

    Sorry, einen Kommentar muss ich noch, dann höre ich auf. Versprochen!

    @Tommix
    „Und da fragt man sich natürlich, wie es dann mit anderen Standard-Fähigkeiten aussieht, etwa komplexe Zusammenhänge zu verstehen und richtig einordnen zu können. Dieser Teilaspekt legt nahe, dass es beim Spiegel keine mutwillige „Manipulation“ gab/gibt, sondern schlichtweg Unvermögen dahinter steckt in diesem Fall. Ohne der Redaktion jetzt grundsätzlich zu nahe treten zu wollen.“

    Sie meinen also ernsthaft, dass es einen zwingenden Zusammenhang zwischen Zweitsprache und der allgemeinen Fähigkeit gibt, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und richtig einzuordnen? Sehr gut sind Sie nun aber auch nicht gerade darin, Komplexes wie Bildung und Intelligenz richtig einzuordnen. Und dies dann auf den Artikel anzuwenden, scheint auch nicht sonderlich gut gelungen sein, wenn ich mich mit meinem schlechten Englisch nicht irre und Herrn Niggemeiers Kommentar (#12) deshalb falsch einordne.

  12. Ich finde die boulevardeske Kausalverkürzung im Titel unnötig – natürlich kann man das machen, um Stil und Gebaren zu karikieren. Aber es geht eben auch ohne.

  13. „der Spott über das schlechte Englisch des RB zeugt natürlich von bildungshuberischer Arroganz“

    Ich denke zwar nicht, dass unterirdische Weltsprachenkenntnisse jemanden für eine höhere Position in einem bedeutsamen Nachrichtenmagazin disqualifizieren müssen (vielleicht kann Buschmann ja dafür Chinesisch, Arabisch und 20 andere Fremdsprachen etwa auf demselben Level, ist ein begnadeter Pianist oderwasweißich, und das alles wäre für diesen Artikel irrelevant) – und dass dieser eine Chat-Auszug schon belegt, dass er als Journalist ganz grundsätzlich wegen dieser einen Schwäche vollkommen inkompetent wäre — aber zusammen mit den im Text angeführten Belegen fragt man sich als Leser, der vorher noch nie von ihm gehört hat, schon sowas wie „boah, was kann der eigentlich?“ bzw. nach der Relotius-Affäre „boah, was können die vom Spiegel eigentlich?“.

  14. @Peter

    Hmm…, nun gut, ohne den Artikel vollständig lesen zu können zu kommentieren, birgt natürlich die Gefahr, voll daneben zu liegen.
    Wenn kein Übersetzungsfehler für den Vor/Nach-Aspekt verantwortlich ist, aber „Boah, was kann der eigentlich?“ zumindest in den Kommentaren solche Aufmerksamkeit bekommt, fehlt mir gerade die Phantasie, wie es (zumindest ohne willentliche Manipulation, die dann die Aufmerksamkeit verdient hätte) dazu kommen konnte.

    Ich bin gespannt…

  15. Es sei denn natürlich, das „Boah, was kann der eigentlich?“ wäre ein deutlicher Hinweis auf…
    Hmmm…, wenn das stimmt, würde ich per Spekulation spoilern und Übermedien hat einen Fall aufgedeckt, der Relotius in den Schatten stellt.

  16. Vielleicht überschätzen Sie, wie interessant es ist, Ihnen unter einem Artikel, den Sie noch nicht gelesen haben, beim Spekulieren zuzuhören, was wohl darinsteht.

  17. Vielen Dank für diesen spannenden Artikel! Ich lese gerne abseits des Mainstreams, aber den Spiegel täglich. Deshalb bin ich schwer enttäuscht, das Relotius möglicherweise doch nicht genug Schaden angerichtet hat, um den Spiegel wieder auf einen weniger sensationslüsternen Kurs zu bringen. Jetzt habt ihr einen Abonnenten mehr (der Spiegel trotzdem keinen weniger).

  18. Wenn man über meine Motive spekuliert, könnte dies so erscheinen. Aber mir ging es erst einmal nur darum, warum sich alle auf die offensichtlichen Bildungsdefizite stürzen und meine letzten beiden Beiträge resümierten, dass ich womöglich lag und ich mich bei Tommix und den anderen entschuldigen muss. Ist aber gerade schwer zu beurteilen und somit ein Dilemma für mich.

    Aber es wäre vielleicht interessant mal darüber zu spekulieren, in wie weit geteaserte Artikel in Kombination mit lesbaren Kommentaren zu Spekulationen verleiten. Denn ich bin nicht der Einzige, der sich unter den Kommentaren jemals dazu hinreißen ließ und Übermedien so ziemlich das einzige Medium, das ich kenne, das Nicht-Abonnenten das Kommentieren von Artikeln erlaubt, die für diese nicht komplett lesbar sind.

    Aber wenn es nervt, einfach Kommentar nicht durchlassen oder löschen, dann weiß ich Bescheid. Gilt besonders für diesen Kommentar, der einzig Sie anspricht. Eine gewisse Arroganz im Umgang mit übereifrige und /oder nervige Leser kommt ja vielleicht auch nicht so gut.

  19. Es ist, wie so oft. Der Fokus einer Sache, wird aus unerklärlichen Gründen völlig verwässert bzw. gerät grundsätzlich außer acht. Anstatt hier darüber zu diskutieren, ob wissentlich eine erfundene / verdrehte Story verkauft wurde, wird über die Englisch(un)kenntnisse eines Journalisten diskutiert.
    Das wäre so, als würde ich über die Hose Perumal’s auf dem abgedruckten Foto diskutieren, mit der Anmerkung, dass sie scheinbar eines des weltgrößten Matchfixers unwürdig erscheint und deshalb angezweifelt werden sollte, ob er wirklich so dick im Geschäft ist – denn wenn ja, hätte er sicherlich eine Andere angezogen.

  20. @ Stefan Niggemeier (#15):

    (Das ist gar nicht karikierend gemeint, fürchte ich.)

    Ich hatte die Überschrift auch als Karikatur gelesen. Nicht wegen des Inhalts, sondern weil der durch einen Gedankenstrich abgeteilte Nachsatz mit „und“ so typisch ist für die Spiegel-Online-Anreißer. Bei Ihnen finde ich den Gedankenstrich sinnvoll, weil er einen Gegensatz kennzeichnet. Bei SPON ist er oft ein bloßer Manierismus: Mann beißt Hund – und spuckt Fellbüschel aus, oder so. Aktuelles Beispiel von der Startseite:

    „Er arbeitete monatelang als vermeintlicher Mediziner – und verschrieb einem Baby ein ungeeignetes Medikament.“

  21. Gute Recherche, Stefan!

    Dass der Spiegel auch noch nach dem Relotius-Desaster dreist mit dem Argument auftritt, eine Story sei schon deswegen okay, weil keiner dagegen geklagt habe – das ist schon ein Armutszeugnis.

  22. @5
    Meine persönliche Erfahrung ist, dass (Zeitungs)Journalisten eine Antwort so schnell wie möglich haben wollen, damit der Artikel in der nächsten oder übernächsten Ausgabe erscheinen kann. Wenn dann keine Antwort kommt steht oft im Artikel „soundso konnte nicht erreicht werden“ oder ähnliches. Warum Journalist*innen nicht bereit sind sich für eine Recherche mehr Zeit zu lassen sollen sie selbst beantworten. Ein Grund könnte sein, dass frau/mann die Sau schnell durchs Dorf treiben muss, damit die Leser*innen nicht zu einer anderen Informationsquelle abwandern, was persönliche ökonomische Nachteile zur Folge hat.

  23. @5 & @25

    Man sollte das hier nicht mit einem aktuellen Zeitungsbericht gleichsetzen. Erstens ist der Spiegel eine Firma, deren Rückantwort-Kapazitäten doch etwas größer sind als die eines Handwerkers. Zweitens ist Übermedien schon seit Monaten an der Sache dran und hat Spiegel bereits mehrfach deswegen kontaktiert. Also: von hastiger Recherche keine Spur, im Gegenteil.

    Und eigentlich gibt es hier doch wichtigere Dinge zu diskutieren als Rückantwort-Fristen und Englisch-Kenntnisse, oder?

  24. @26/Theo

    Zunächst vielen Dank, dass Sie die Wichtigkeit meiner Frage bewertet haben. (Ihrer Antwort würde ich übrigens eine 7 geben.)

    Es war auch überhaupt keine Kritik meinerseits, sondern ich fand den Zeitablauf einfach bemerkenswert. Auf allen Seiten. Montag Anfrage, bis Dienstag Rückantwort und Mittwoch erscheint der Artikel mit den eingepflegten Antworten.
    Aber ich habe, zugegeben, auch keinerlei Erfahrung mit Anfragen an irgendwelche Pressestellen.

  25. @Gunnar: Sorry, ich hätte eigentlich auf die Frage antworten wollen, hab’s dann aber vergessen. 24 Stunden sind, glaube ich, ausreichend Zeit unter diesen Umständen. Wenn der „Spiegel“ irgendwelche Unternehmen mit Vorwürfen konfrontiert, sind’s sicher manchmal auch nur ein paar Stunden.

    Und dafür gibt es ja bei größeren Unternehmen (wie dem „Spiegel“) einen ganzen Apparat und wenn jemand im Urlaub ist, Stellvertreter. Weil wir keinen Print-Redaktionsschluss im Nacken haben, könnten wir uns sicher auch leichter darauf einlassen, eine Frist zu verlängern, wenn es gute Gründe dafür gibt.

  26. @Gunnar:

    Kein Problem, die 7 ist meine Lieblingszahl. Für Ihren originellen Handwerker-Vergleich gibt es umgekehrt eine gute B-Note. :-)

    Und damit zurück zum Thema.

  27. „boah, was können die vom Spiegel eigentlich?“

    Ich glaube nicht, dass diese Frage noch oft gestellt wird. Das wurde schon vor Jahren geklärt.
    Die von der Propaganda angewidert sind, haben schon lange ihr Abo gekündigt bzw. den Kauf am Kiosk eingestellt. Die jetzt noch dabei sind, das sind die Hardcore-Gläubigen in der Echokammer. Die kaufen den SPIEGEL nicht trotz, sondern wegen der Verlogenheit.

    Das zeigt auch die Auflagenentwicklung. Es gab keinen Relotius-Knick. Und es wird auch keinen Buschmann-Knick gegen.

  28. Jedenfalls können die vom Spiegel „triggern“?!
    Hahahahaha.
    Das haben die doch extra für Übermedien gemacht?!
    Wenn nicht,läufts aber…sowas von
    „Don`t feed the Spiegel!“

  29. @5 Gunnar
    Auf Ihre Frage:
    „Mal ne Frage eines Nicht-Journalisten: Ist es üblich, dass für die Beantwortung von Anfragen nur ein Tag eingeräumt wird? Was ist denn, wenn jemand in Urlaub ist, oder die Antworten bei unterschiedlichen Personen recherchiert werden müssen?“

    Leider ist das üblich, auch bei Urlaub.

    Ich finde hier oder auf bildblog leider nicht mehr die Links zum Fall. Aber in Rhein-Main gab es falsche Anschuldigungen gegen einen leitenden Mitarbeiter einer kleinen Stadt, die vor allem durch Bild Frankfurt verbreitet wurden. Die beiden „Reporter“ gaben dem Beschuldigten auch nur 1 Tag Zeit zur Stellungnahme – obwohl er in Urlaub war – und werteten sein Nichtantworten als Schuldeingeständnis.
    Die Stadt knickte wegen der Berichterstattung ein und entließ den Mann und musste dann Geld an ihm nachzahlen, da die Beschuldigungen frei erfunden waren von einer kranken Frau

  30. Ein Tag Zeit schien hier kein Problem gewesen zu sein.

    Dass bei einem derartig entscheidenden Chat kein Screenshot gemacht wurde, am besten zweifach gespeichert und ausgedruckt, ist selbst dann ein schwaches Bild, wenn es sonstige Belege gäbe.
    Dass es Zeugen oder Mitwisser geben könnte, die geschützt werden müssen, kann ja sein, aber würde man das nicht so sagen?

  31. Buschmann ist sowieso ein schwieriger Fall, dessen ausgeprägter Hang zur Selbstdarstellung und -überhöhung war schon bei dem “Football Leaks”-Buch sehr auffällig. Verglichen damit, wie sich die ganze Story mit dem vermeintlich so super diskret agierenden “John” darstellt, seitdem Rui Pinto in der Öffentlichkeit steht, muten Buschmanns Schilderungen teilweise wie totale Räuberpistolen an. Glaube, das segelt nur alles unter dem Radar der Medienkritik, weil wenige die Muße haben, sich das ganze Buch anzutun – nachvollziehbar. So oder so passt die haarsträubende Schose, die Stefan hier auspackt, bestens ins Bild. Der Typ Buschmann steht für eine dubiose Art Reporter, mit denen Magazine wie der Spiegel große Gefahr laufen, noch mehr Glaubwürdigkeit zu verspielen

  32. Eieieieiei….

    Die Presseabteilung vom „Spiegel“ schreibt, dass gar keine Belege für Fälschungen gefunden wurden. Ach nein? Und was ist mit Belegen FÜR die veröffentlichte Version von RB?! Auf Nachfragen zu Kritik an den Berichten (aus EIC und intern beim „Spiegel“): keine Antwort. Selbst die Bundesregierung reagiert mitunter offener auf kritische Anfragen.

    Herr Buschmann bemängelt, dass auf Twitter komplexe Zusammenhänge nicht so gut erklärt werden könnten. Aber auf umfangreiche Anfragen bleibt er Erklärungen schuldig. Hier bei Übermedien hätten Sie reichlich Platz den Sie zur Erklärung benötigen, Herr Kollege.

    Und zur „Relotius-Kommission“: Die hatte ich mir auch unabhängiger und kritischer vorgestellt. Dass die Sprecherin des Magazins einfach in deren Namen Anfragen beantworten und für sie sprechen darf – was wohl Brigitte Fehrle dazu sagt?

  33. „Buschmann und seine Arbeitsweise stehen nicht nur wegen der Ungereimtheiten seiner Perumal-Geschichte intern in der Kritik. Das gilt sowohl für Journalisten aus dem internationalen Recherchenetzwerk EIC, die mit ihm die „Football Leaks“ auswerten und sich über Zumutungen in der Zusammenarbeit beklagen, als auch für Kollegen aus dem eigenen Haus, die seine Arbeitsweise für nicht seriös genug halten. Mehrere Journalisten werfen ihm mangelnde Sorgfalt vor und einen Hang, Dinge aufzubauschen und zugunsten einer attraktiven Story großzügig über störende Details hinwegzusehen. Buschmann hat auf unsere Frage, ob ihm Kritik an seiner Arbeit bekannt ist, nicht geantwortet.“

    Ob die Vorwürfe an die Adresse von Buschmann gerechtfertigt sind oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Aber wenn man jemandem so hart an den Karren fährt: sollte das dann nicht mit einem Minimum an Quelleangaben geschehen? „Kollegen aus dem eigenen Haus“ und „mehrere Journalisten“ – das dünkt mich etwas dünn.

  34. @ Marc Ritter

    Die Nachweise, die Sie erbitten („das dünkt mich etwas dünn“) sind doch erbracht. Die Perumal-Geschichte, vielleicht auch: der Perumal-Fake, wurde von Stefan Niggemeier umfangreich belegt – mit zahlreichen Dokumenten, darunter erstmals veröffentlichte aus dem Football-Leaks-Fundus.

    Auf entsprechende wiederholte Anfragen mochte der SPIEGEL-Autor nicht eingehen, auch nicht auf die Fragen, ob sein Handy auf den Betonfußboden, dann ins Wasser gefallen sei (oder umgekehrt) und ob er tatsächlich gehackt worden sei, was die Beton-Wasser-Geschichte ergänzen oder als neue Version gelten würde.

    Sie zitieren einen Absatz, lassen aber den/die folgenden Absatz/Absätze aus, in dem weitere Beispiele genannt werden:

    Buschmann sorge für große Unruhe in der Redaktion, heißt es von seinen Kritikern. Teilweise würden Kollegen, die Knowhow zum Themenkomplex beisteuern könnten, offenbar bewusst von der Arbeit und den „Football Leaks“-Datensätzen ferngehalten. Die Methoden, mit denen er exklusives Material beschaffe und dann wie einen persönlichen Schatz hüte, sorgen bei manchen Mitarbeitern für Verärgerung. Im Umgang mit brisantem Material wie dem, das die russische Hackergruppe „Fancy Bear“ dem „Spiegel“ zuspielte, geht es auch um medienethische und juristische Fragen. Nicht jeder ist überzeugt, dass Buschmann der damit verbundenen Verantwortung immer gerecht wird.

    … Buschmann soll in Kürze zum Sprecher des neu gestalteten Investigativteams befördert werden. Die langjährigen „Spiegel“-Investigativ-Reporter Jürgen Dahlkamp, Gunther Latsch und Jörg Schmitt scheiden dann aus dem Team aus und wechseln zurück in ihre Ressorts. Das legt den Schluss nahe, dass sie nicht bereit waren, unter Buschmann zu arbeiten.

    Niggemeier hat sich weit aus dem Fenster gelehnt. Offenbar hat er mit einigen SPIEGEL-Leuten und Personen aus dem Football-Leaks-Universum gesprochen. Da kommt einiges Alarmierendes zusammen. Man wird sehen, ob seine Recherche einer Überprüfung standhalten kann. Vom SPIEGEL kommt da leider nichts, keinerlei Aufklärung. Das betrifft nicht nur die Perumal-Story.

  35. @Marc Ritter: Ja, ich hätte da auch gerne Namen genannt und bin mir bewusst, wie heikel es ist, solche Vorwürfe nur anonym zu verbreiten. Aber vielleicht können Sie nachvollziehen, warum das so ist.

  36. Dieser Artikel ist für mich entscheidend: Das geplante Spiegel-Abo ist für mich gestorben und ich habe mir ein einjähriges Abo dieses Portals gegönnt (die Probezeit wird verlängert).
    Der Wunsch nach dem großen journalistischen Erfolg und unbedingter öffentlicher Aufmerksamkeit führt dazu, dass immer mehr Schreiber wie Relotius, Tom Kummer, Marie-Sophie Hingst u.a. nach oben gespült werden. Nach Aufdeckung von deren Machenschaften und Lügen folgt zwar stets ein Katzenjammer, der aber scheinbar keine dauerhafte heilsame Wirkung auf die betroffenen Redaktionen zu haben scheint. Und die rechtspopulistischen, bzw. -extremen „Lügenpresse“-Schreier haben so oft ihr gefundenes Fressen, weil etablierte Medien Sch… bauen.
    Seit ich z.B. (sachlich!) Kritisches über den Umgang der Zeit mit dem Skandal um deren Autorin Hingst schrieb, bin ich dort in den Kommentarspalten gesperrt. Mich dünkt, die etablierten und selbsternannt-kritischen Medien sind sehr, sehr sensibel, wenn es darum geht, auch selbst mal kritisiert zu werden.
    Ich bin immer wieder darüber erstaunt, dass auch gut ausgebildete, studierte Journalisten nur mit Wasser kochen und den analytischen Blick und Verstand oft abschalten, wenn’s um das eigene Verhalten geht.

    Und dass muss ich auch noch loswerden: Ja, so ein grottenschlechtes Englisch ist kein Qualitätsmerkmal für einen Reporter, der international investigativ unterwegs sein will. Nix da mit „bildungshuberischer Arroganz“, um es plakativ-plump auszudrücken.

  37. „Mich dünkt, die etablierten und selbsternannt-kritischen Medien sind sehr, sehr sensibel, wenn es darum geht, auch selbst mal kritisiert zu werden.
    Ich bin immer wieder darüber erstaunt, dass auch gut ausgebildete, studierte Journalisten nur mit Wasser kochen und den analytischen Blick und Verstand oft abschalten, wenn’s um das eigene Verhalten geht.“

    –> „Mächtig die dunkle Seite ist, keinen Ausgang der Elfenbeinturm hat…“
    Das ist vermutlich einer der Gründe, warum es diese Seite überhaupt gibt.

  38. „Seit ich z.B. (sachlich!) Kritisches über den Umgang der Zeit mit dem Skandal um deren Autorin Hingst schrieb…“

    Das fällt mir erst jetzt auf: Es gibt auf Zeit.de keinen einzigen Eintrag zu „Marie Sophie Hingst“! Ich komme aus dem Stauen nicht raus…

  39. @38/39: Nachdem ich nun auch noch den Artikel mit den Fragen an den „Spiegel“ und Buschmann persönlich und vor allem die ausgesprochen dürftige, ausweichende Antwort der Pressestelle gelesen habe, sehe ich die Sache auch etwas anders. Und: Niggis Kommentar unter #39 lässt mich annehmen, dass die Vorwürfe („sorgt für große Unruhe in der Redaktion / teilweise würden Kollegen offenbar bewusst von den „Football Leaks“-Datensätzen ferngehalten / die Methoden, mit denen er exklusives Material beschaffe, sorgen bei manchen Mitarbeitern für Verärgerung“ etc.) nicht einfach Hörensagen sind. Sondern von konkreten, Niggi bekannten Quellen stammen, die einfach nicht namentlich zitiert werden wollen. Wenn dem so ist, sieht die Sache wie eingangs erwähnt anders aus.

  40. Viele Dank für diesen Artikel. Ich muss sagen, gerade solche investigativen Artikel aus den Zentren der großen meinungsbildenden Medien in Deutschland über Fragen der Art, warum es trotz der haarsträubenden Details zu einer Protegierung Buschmanns kommt, interessieren mich sehr und würde ich auch bezahlen, sollte das ein Schwerpunkt auf Übermedien bleiben/werden.

  41. Das Englisch von Buschmann ist allemal eine Fälschung. So viele grammatischen Schnitzer sind jedenfalls ungewöhnlich, das geht weit über ein paar Tippfehler hinaus.

  42. Eine Richtigstellung: Marie-Sophie Hingst war nie Autorin der Zeit. Sie hat ihre Falschbehauptungen über soziale Medien und in ihrem Blog publiziert, das hatte also mit mangelnder journalistischer Sorgfalt nichts zu tun. Die Zeit hat lediglich einen Artikel über eins ihrer vorgeblichen sozialen Projekte berichtet und dabei offenbar nicht gut genug recherchiert, um die Wahrheit herauszufinden – dass es das Projekt nicht gab.

  43. Ruhr Nachrichten: „Rafael Buschmann konnte kein Wort Deutsch, als er mit sieben Jahren aus Polen nach Lünen kam. “

    Offenbar musste er in der Zeit, in der seine hier geborenen Mitschüler anfangen, sich mit Englisch zu beschäftigen, erst einmal Deutsch lernen. Vielleicht kann er Russisch als erste Fremdsprache? Polnisch wohl sowieso.

  44. Die Ronaldo-Vergewaltigungsvorwurfs-Geschichte aus der Prä-Relotiuszeit ist auch unter Buschmanns Regie entstanden. Und dann irgendwie auch beim Spiegel selbst versandet, nicht nur bei der aus europäischer Sicht oft unverständlichen US-Justiz. Da würde ich mir auch noch einmal eine kritische Sichtung wünschen.

  45. Ein guter Journalist (m/w/d) und erst recht natürlich ein guter Journalist in leitender Position, braucht (u.a.) folgende Eigenschaften:

    – Eine sehr stark ausgeprägte, fast schon fanatische Wahrheitsliebe.

    – Ein sehr gutes Urteilsvermögen – was etwa auch einschließt, dass man eigene Vorurteile zu überdenken bereit ist, nicht stark zur Voreingenommenheit neigt, vorhandene Voreingenommenheit jedoch kritisch reflektieren kann, sich nicht leicht „einlullen“ lässt, nur schwach dazu neigt, unangenehme Fakten mental wegzudrängen oder Herdenverhalten zu zeigen usw.

    – Ein hohes Maß an der Fähigkeit zur fairen Selbstkritik und Fehlerkorrektur. Ein guter Journalist muss sich mehr fürchten, dass etwas Falsches stehen bleibt, als dass er selbst am Ende blamiert da steht.

    Seien wir ehrlich: Nicht viele Leute diese Fähigkeiten in einem hohen oder gar sehr hohen Maße.
    Für den Landwirt, den Malermeister, den Apotheker und auch den Bankdirektor ist das nicht unbedingt fatal, sofern ihnen die genannten Eigenschaften wenigstens nicht allzu sehr fehlen (sonst gibt es nämlich immer Probleme).

    Für den Journalisten IST es aber mehr oder weniger fatal, wenn er die vorgenannten Eigenschaften nicht in einem hohen – einem sehr hohen, ungewöhnlich hohen – Maße besitzt.
    Dann hat er im Prinzip nämlich seinen Beruf verfehlt. Dann wird er die ethischen und professionellen Standards, die beachtet werden müssen, wenn Journalismus seine Aufgabe erfüllen soll, in erheblichem Maße verfehlen.
    Wenn dann auch noch der institutionelle Rahmen nicht stimmt (was oftmals leider der Fall ist), wird alles noch schlimmer.

  46. @46 Nicht richtig so. Hingst hat unter einem Pseudonym eine Geschichte für die Zeit geschrieben. Eine Fälschung. Die Kollegen vom Spiegel haben – bevor sie mit der Enthüllung herauskamen – die von der Zeit gewarnt. Die Zeit hat dann fast zeitgleich über ihren – bei der Nachrecherche erkannten – Fehler berichtet und den online noch abrufbaren Artikel mit einem Hinweis versehen.
    Richtig ist, dass sie den Klarnamen der Autorin nicht genannt haben.

  47. @ LLL

    Und dann lässt sich auch noch immer weniger mit Zeitungen verdienen…!

    Aber das ist vielleicht doch etwas übertrieben, was Sie schreiben. Wenn man bedenkt, dass es mehr als eine*n Journalist*en gibt, die für unterschiedliche Blätter/Firmen arbeiten. Die können sich dann gegenseitig auf Fehler hinweisen. Und die Journalist*en, die selbstkritisch und einsichtig genug sind, können sich am Markt behaupten. Dagegen finden Journalist*en, die ständig Fehler produzieren, keine Leser*innen mehr.

    In der Theorie.

  48. @ Physeter:

    Wenn man bedenkt, dass die BILD die erfolgreichste Zeitung Deutschlands ist, lautet das Fazit wohl:

    Um ein „erfolgreicher“ Journalist zu sein, braucht man keine extreme Wahrheitsliebe, Fehlerkultur, ein ausgewogenes Urteil usw. Der Markt setzt hier teilweise die falschen Anreize – ein Problem unter etlichen.

  49. Herr Niggemeier,

    leider finde ich in ihrem gesamten Kritik nichts, was als stichhaltig angesehen werden kann. Es mutet bedauerlicher Weise als eine Ansammlung von freier Interpretation bzw. Vermutungen an, wie man sie sonst bei Verschwörungstheorien wiederfindet.

    Damit sage ich nicht, dass der Spiegel nicht Verbesserungpotential hat. Allerdings hat der Spiegel seine Position deutlich klar gestellt, rechtlich abgesichert und nicht ihn Spekulationen über ihren Blog ergossen.

    Die Dokumente in den Football Leaks besagen nichts aus, was dem Spiegelartikel sachlich fundiert erschüttern könnte. Das einzige, was man dem Spiegel vorwerfen könnte, wäre der Gesprächstpartner Wilson Raj Perumal, der nicht als sonderlich zuverlässig gilt. Dabei muss man allerdings bedenken, dass bei dubiosen geschehen im Sport auch die Gesprächspartner dubios sind. Seriöse Quellen sind dort sicherlich nicht anzutreffen.

    Und selbst wenn man all dies außen vorlässt, erscheinen Sie selbst in diesem Fall auch nicht vertrauenswürdig, da Sie die journalistische Distanz missen lassen und zudem ihre persönlichen Interpretationen einem durch intensiv-suggestive Steigerung als Fakt aufzudrängen versuchen, ohne konkrete Beweise zu liefern.
    • Kommentare von Ihnen wie diese „Das schlechte Englisch … ist aber wirklich geradezu aberwitzig schlecht“ zeigen, dass sie selbst die Sachebene verlassen haben.
    • Selbst Quellen vom Spiegel fordern, aber selbst verweigern (irgendwelche FB-MA, die irgendeinen Tratsch unter vorgehaltener Hand weitergeben etc), widerspricht ihrem vorgeblichen Anspruch auf sachliche und nachvollziehbare Kritik auf Augenhöhe.

    Ein gute Kritik, die man ernst nehmen kann und die vertrauen erweckt sieht anders aus. Ich fühle mich – auch wenn Sie dieser Partei sicherlich nicht zugewandt sind – eher an die Pamphlete der AfD erinnert.

    Vielleicht würde Ihnen die Selbstreflektion, die Sie dem empfehlen, auch ans Herz legen. Sie können es besser

  50. @ Martin RM #56

    Ich denke, Sie haben den Text und die Belege nicht gelesen oder nicht verstanden. Wahrscheinlicher ist aber, dass Sie Niggemeier lediglich verunglimpfen wollen. Tönt nach ein Auftrags-Kommentar.

  51. Ist in #56 Buschmanns Deutsch zu bestaunen? :)

    Jedenfalls möchte ich Herrn Niggemeier für den Artikel und die Warnung über [i]das ehemalige Sturmgeschütz der Nachrichtenmagazine[/i] danken. So wie’s aussieht, liegen dort noch einige faule Eier im Nest.
    Immerhin gibt es zukünftig erstmal keinen Grund mehr sich zu wunder, wenn auf die knalligen Geschichten der „Investigativ“-Abteilung nichts folgt, sondern alles versandet.

    Im Übrigen bin ich ebenfalls der Meinung, Buschmanns Engschlichskenntnisse wären angesichts seiner Position blamabel und erbärmlich. Wie soll er sich in leitender Funktion denn verständigen – zu denken ist bspw. an Absprachen und Kooperationen bei internationalen, gemeinschaftlichen Recherchen? Wie sollen sich seine Gesprächspartner denn sicher sein, richtig verstanden worden zu sein, wenn er mit derartig blutigen Anfängerfehlern aufwartet und nicht einmal ansatzweise unfallfrei kommunizieren kann?

  52. In Anbetracht des Formatierungsfehlers bin ich ja froh nicht in leitender Kommentatorenfunktion zu sein..

  53. Auch wenn mich die Pocket-Empfehlung jetzt erst hierher gespült hat:

    Wir haben eine lange Tradition mit Journalismus-Skandalen und die teilen wir unter anderem mit den Amerikanern und Briten. Der Kern der Sache ist, dass ein Journalismus, wie wir uns den Wünschen zu kapitalistischen Bedingungen nicht zu haben ist.

    Fact-Checking-Abteilungen sind dafür da, die Verlage gegen wirtschaftliche Risiken abzusichern – und nicht, um das journalistische Ergebnis zu verbessern. Strukturell sieht das auch bei allen Verlagen sehr gleich aus – und die Ergebnisse sind auch vergleichbar. Die ADAC-Schummeleien sind zwar keine Verletzung hehren Journalismus, aber dennoch Früchte vom gleichen Baum.

    Ärgerlich insbesondere für die Freien ist natürlich, dass Journalismus damit insgesamt in Sippenhaft feststeckt – und das garstige Wort „Lügenpresse“ eben einen wahren Kern hat, der sich nicht wegdiskutieren lässt.

    Ich hab‘ selber fast 20 Jahren in Verlagen und für Verlage gearbeitet, ich kann mich über all‘ das nicht mehr aufregen.

    Ich würde gerne mehr über Vorschläge reden, wie wir die freie Welt retten. Warum keine Ö-Presse, Ö-Schulen funktionieren ganz gut und der Ö-Rundfunk gehört bei weitem nicht zu den schlechtesten Informationsquellen?

    Oder: Verlage zu einem Prozentsatz weit über 50% Streubesitz zwingen, um eine Kontrolle über die Hauptversammlungen zu ermöglichen – wenn man schon kapitalistische Traditionen pflegen will.

    Ein wichtiger Schritt wäre auch, die gegenseitigen Beteiligungen aufzulösen…

    Denn im Moment passiert doch das Gegenteil: Je mehr Leser das Vertrauen in die Medien verlieren, desto mehr riskieren sie dieses Leservertrauen – und verspielen es dann eben auch regelmäßig.

    Am Ende bleibt „Alle Lügen“ und „Dann kann ich gleich lesen, was ich am liebsten glauben will“…

    In der Vogelschau ist es tatsächlich nicht irrsinnig klug, etwa auf den Spiegel einzudreschen – zumindest nicht, ohne auch drastische Konsequenzen zu formulieren.

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