Wochenschau (32)

Strack wie Strache: Die Ibiza Summer Frames 2019

Machen Sie sich einen Red Bull Sugarfree auf, stellen Sie das Koks und den Wodka kalt und drehen Sie die Vengaboys auf Anschlag – hier kommen die ultimativen politischen, journalistischen Summer Frames 2019.

1. Der betrunkene Macho

Politiker, die öffentlich Reue zeigen müssen, lieben das Narrativ des betrunkenen Tölpels, der sich zwar falsch, aber in erster Linie dumm verhalten hat. Sie tun das, weil sie meinen, dass eine behauptete Naivität politisch weniger Schaden anrichtet als der skrupellose Opportunismus und die Kriminalität, die eigentlich dahinterstecken.

Das war auch der grundlegende erzählerische Rahmen, in den der ehemalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Samstagvormittag seine Rücktrittsrede einspannte:

„In einem siebenstündigen privaten Gespräch in meinem Urlaub wurde ich, ja, unter Ausnutzung einer zunehmenden Alkoholisierung und ja, es war eine b’soffene G’schichte, und ich war in einer intimen Atmosphäre verleitet, auch unreflektiert und mit lockerer Zunge über alles und jedes zu polemisieren. Und ja, meine Äußerungen waren nüchtern gesehen katastrophal und ausgesprochen peinlich.

(…) Es war ein typisch alkoholbedingtes Macho-Gehabe mit dem ich, ja, wahrscheinlich auch die attraktive Gastgeberin beeindrucken wollte und ich habe mich prahlerisch wie ein Teenager verhalten und peinlich übersteigert auch agiert.“

Diese Trope des von Macht betrunkenen und von (im Nachhinein unglücklichen) Umständen verführten Mannes, dessen Fehler nicht die eines inkompetenten Politikers sind oder eines Menschen ohne Integrität, sondern die eines angeschickerten, testosterongefüllten Teenagers im Körper eines Erwachsenen, wurde von Parteifreunden und konservativen Kommentatoren mit Kusshand aufgenommen.

So spielte Harald Vilimsky den einfältigen Wodkatus Diaboli und fragte, offenbar nüchtern: „Wer war noch nie stockbetrunken?“

FPÖ-Politiker Johann Tschürtz nannte das Ganze den „Wohnzimmer-Effekt“: „Man sitzt gemütlich, man trinkt etwas“ – tja, und zack! bespricht man die Abschaffung der Demokratie.

Auf Straches Facebook-Seite findet man überwiegend Unterstützungsbekundungen, die bedauern, dass so ein großer Politiker wegen einer albernen Lappalie, wegen einer „besoffenen G’schicht'“ (österreichisch für „Locker Room Talk“) gehen muss.

So kann man sich einen Angriff auf die demokratischen Werte des eigenen Landes rückblickend „schön-“ und kleinreden: Es war nicht mein Antidemokratismus, sondern nur mein betrunkener Penis.

Alkoholisiert Fehler zu machen, das gilt als verzeihlich. Juristisch gesehen ist es das auch, aber in diesem Kontext zugleich die schirchste Ausrede, die man sich ausdenken kann – und wie wir zudem wissen: eine Lüge und Schutzbehauptung. Denn die FPÖ-Spitze verfolgte die Sache auch noch weiter, als der Alkoholrausch verflogen war.

Was offenbar zu offensichtlich ist, als dass es für größere Empörung sorgt: Das Alkohol-Argument ist sowieso völlig Banane, weil es sich eben nicht um einen Urlaub mit Freunden gehandelt hat, bei dem man zufällig einer interessanten Russin begegnete. Es handelte sich um eine geplante Zusammenkunft. Übersetzt bedeutet Straches Rechtfertigung also etwa: „Ich entschuldige mich dafür, dass ich beim Treffen meiner kriminellen Vereinigung betrunken war.“

Politisch aktiven Frauen wird dieses Hintertürchen der Fehlbarkeit nicht zugestanden. Die naive, die hormongesteuerte oder die betrunkene Frau, das sind Rollen, die vom konservativen Spektrum weniger Kulanz und Gnade erfahren würden als ein Mann in diesen Aggregatszuständen.

Da wird der heutige amerikanische Präsident dabei aufgenommen, wie er begeistert davon spricht, Frauen ohne ihr Einverständnis zu fingern – und Hillary Clinton ist diejenige, die wegen Nutzung ihres Privathandys fortan als Betrügerin gilt.

Nur, dass wir uns nicht missverstehen: Ich sage nicht, dass Männer leutseliger sind als Frauen, sondern dass dieses kultivierte Klischee zum Vorteil der Fehler machenden Männer ausgelegt wird. Männer dürfen sich häufiger dumm verhalten und es anschließend mit Aspekten, die stereotypisch ihrem Geschlecht zugeschrieben werden, mit Prahlerei und Penisgesteuertheit entschuldigen.

Stellen Sie sich mal eine korrupte Politikerin vor, die in ihrer Rücktrittsrede den Versuch, das Land an irgendwelche russischen Geldgeber zu verschachern, damit entschuldigen würde, dass sie da überemotionalisiert und anfällig für den Charme des Oligarchen-Neffen war, weil sie gerade ihren Eisprung hatte.

Die Mythos des dummen Mannes, der, oopsy daisy, aus Versehen in Ungemach und Stress mit Frauen und Drogen reinstolpert, ist das Steuerparadies unter den Entschuldigungen für selbstverschuldete Skandale.

Diese Erzählung ist auch deshalb sexistisch, weil sie gerne auf dem Rücken der Frau als Manipulatorin ausgetragen wird. Männer befinden sich per geschlechtlicher Anordnung seit der Vertreibung aus dem Paradies schon im Nachteil und müssen daher immer auch unverschuldete Opfer sein. Das Stigma des törichten Mannes funktioniert so gut, weil es als Echo zum Ressentiment und religiösen Dauerbrenner der berechnenden, kalkuliert verführerischen Frau seine ganze persuasive Kraft entfaltet. Es stattet Männer mit einer serienmäßig eingebauten Er-konnte-nix-dafür-Unschuldsvermutung aus; es zementiert eine peinliche Frauenfeindlichkeit.

Wichtigster Joker ist oftmals die „Ich weiß, du schaust jetzt gerade zu“-Ehefrau als Adressat, ob bei Michel Friedman, Bill Clinton oder nun eben H. C. Strache – der sündige Ehemann entschuldigt sich öffentlich auf scheinbar privateste Weise:

„Und damit habe ich letztlich den wichtigsten Menschen in meinem Leben zutiefst verletzt, nämlich meine Frau. Und liebe Philippa, ich weiß, dass du jetzt zusiehst. Und ich kann verstehen, dass du verletzt und enttäuscht bist und ich hoffe, du kannst mir verzeihen, denn es tut mir aufrichtig leid.“

Siehe auch Friedman:

„Das gilt in erster Linie für Bärbel Schäfer, die Frau, die ich von tiefem Herzen liebe und mit der ich meine Zukunft gestalten will und die von all dem so erfahren hat wie die Öffentlichkeit. Bei ihr möchte ich mich persönlich – auch in aller Öffentlichkeit – ausdrücklich entschuldigen.“

2. Genug ist genug

Der zweite Sommerhit ist das „Genug ist genug“ von Sebastian Kurz, welches er so pervers-schlau wie pervers-unberührt benutzt, um möglichst viel Abstand zwischen sich und der nun toxischen FPÖ zu etablieren.

Das ist genial, weil er durch diesen Schlussstrich, den er hier vermeintlich zieht, nachdem „rote Linien überschritten wurden“, seine Partei, die ÖVP, als Opfer der FPÖ präsentiert, zugleich aber auch als Lösung aller Probleme – die es natürlich in erster Linie überhaupt nur gibt, weil Kurz mit der FPÖ koaliert hat.

Von Selbstkritik keine Spur. Warum auch? Er hat ja alles richtig gemacht, die Ausbrüche der FPÖ, „das Rattengedicht, die Nähe zu rechtsradikalen Gruppierungen bis hin zu immer wiederkehrenden Einzelfällen“; den Rassismus, den Populismus hat er stoisch und tapfer zum Wohle vom „wunderschönen Land“ ertragen und „heruntergeschluckt“. Ja, geradezu aufgeopfert hat er sich, um das Gaga jener Partei zu kompensieren, die er an die Macht gebracht hat.

Dass diese Drehung der Erzählung funktioniert, kann man zum Beispiel an den unterstützenden Worten von Annegret Kramp-Karrenbauer bei Twitter sehen.

Sie befürwortet die Entscheidung als „konsequent“, was nur wegen der Schlussstrich-Inszenierung, dem „Genug ist genug“ seiner Rede Sinn machen kann. Durch schamlose Selbstgefälligkeit hat er das Total-Desaster zu einer Demonstration seiner Souveränität umgesponnen und geht als Macher und Aufräumer aus der Sache hervor. Toll, wie er das Feuer löscht, für das er einem Ex-Neonazi das Streichholz hinhielt.

An dieses Stelle möchte ich auch den sehr lesenswerten Thread von Natascha Strobl empfehlen, die seine gesamte Rede analysiert hat.

3. Die Falle

Es ist zwar richtig, dass das Ganze nicht nur eine Falle, sondern vielleicht sogar ein Kompromat war – also eine geheimdienstliche Operation, um kompromittierendes Material zu sammeln. Aber dieses Bild zu bedienen, hilft dem Mann-Opfer-Modus von Strache und lässt die ganze Anordnung dubios und unfair anmuten.

Durch das Framing der gestellten Falle klingt es, als hätte er gar nicht anders handeln können, als in diese reinzutappen; als wäre es gar keine Möglichkeit und Wahl gewesen, nicht dort anwesend zu sein und nicht über Korruption & Co. zu sprechen.

Ich verstehe das erzählerische Dilemma: Dramaturgisch und faktisch ist es sinnvoller, die Geschichte als eine „Falle, die zuschnappt“ zu beschreiben – diskursiv gesehen kann damit aber auch das Bild des Märtyrers gefüttert werden. Schaut man sich den Kommentar des früheren Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen an, scheint genau das zu passieren:

„Derartige Fallen zu stellen, ist mitunter einfach und kann auch zum Instrumentarium des Dirty-Campaigning gezählt werden, bei dem versucht wird, den politischen Gegner mit teilweise geheimdienstlichen Mitteln zu diskreditieren. (…) Bemerkenswert ist, dass die SPÖ im Jahr 2017 einen dubiosen Wahlkampfberater eingesetzt hatte, der im Wahlkampf gegen den politischen Gegner Methoden einsetzte, um ihn gezielt zu diskreditieren. Für viele linke und linksextreme Aktivisten rechtfertigt der ‚Kampf gegen rechts‘ jedes Mittel. Ich bin da anderer Meinung: Der Einsatz derartiger aktiver Maßnahmen ist ein Tabubruch. Mit dem Rücktritt von Strache und der Ankündigung von Neuwahlen ist die Affäre noch nicht beendet. Es ist erst der erste Akt des Skandals.

Obwohl die Veröffentlichung berechtigt, notwendig und journalistisch vertretbar ist, klingt es durch das Fallensteller-Bild, als profitierten sie von einer Grube, die jemand aus unklaren Gründen jemand anderem gegraben hat. Damit sabotieren sie ein Stück weit auch ihre eigene Arbeit.

Hinzu kommt, dass erschreckend viele die Fallensteller und Berichterstatter einfach mal gleich setzen.

4. Die eigentliche Frage aka Derailing für Profis

In der Choreographie der Kapitel und Stränge, die zur „Ibiza-Affäre“ erzählt werden – der Scoop, die Aufregung, die „Was wir wissen“, der Spott, die Memes, die Analysen – folgt in Ermangelung weiterer, neuerer Informationen die Klassiker-Frage nach dem Cui Bono. „Wer profitiert?“ (also, außer den Vengaboys) – in der Hierarchie der Bedeutsamkeiten auch gerne als eigentliche Frage gelabelt.

Es ist medienethisch nicht abwegig, das zu fragen, zumal es ja auch informationell höchst relevant ist. Aber da sind wir schon bei der Deutungshoheit: was ist denn die eigentlich wichtigste Frage?

Normalerweise ist die AfD zu jedem Quatschthema ja nie um eine superqualifizierte Power-Kachel verlegen, aber am Samstag war es bemerkenswert ruhig in den alternativ-deutschen Sphären, was auch „Spiegel“-Autorin Melanie Amann anmerkte.

Rechte Politiker und konservative Kommentatoren waren dann dankbar für etwas spekulative Ablenkung. Sie suchten nach den eigentlichen Fragen und dem eigentlichen Skandal.

Nachdem Böhmermann, das Zentrum für politische Schönheit und Wahlkampfberater Tal Silberstein ins Spiel gebracht worden sind, war das Fenster offen für konspirativ-raunendes Derailing, also eine thematische Umlenkung: Nicht der Inhalt des Videos ist der eigentliche Skandal, sondern wahlweise dessen Verbreitung – wenn man Journalisten diskreditieren möchte – oder dessen Erstellung, wenn man die unbekannten Produzenten kritisieren möchte.

Den in seiner Absurdität schönsten Hit hatte aber vielleicht Dushan Wegner auf „Tichys Einblick“:

Wer die Erledigung Straches bejubelt, der könnte im Geiste der alten Sowjetunion und der Diktatur womöglich näher stehen als der freiheitlichen Demokratie.

Wer sich freut, dass der korrupte, antidemokratische Ex-Neonazi, der die Presse kaufen lassen wollte, durch freien, investigativen Journalismus zum Rücktritt genötigt wurde, ist also eigentlich ein Faschist.

Um solch einen Schlager wirklich genießen und mitgehen zu können, muss man wahrscheinlich dann doch ein echter Mann, ungewollt besoffen und strack wie Strache sein.

38 Kommentare

  1. Ja, die Sprüche kennt man – gibt es aber irgendwen, ob Frau ODER Mann, der diese Sprüche ehrlicherweise _akzeptiert_? Oder, weiter gefragt, der Strache „verzeiht“, ohne schon vorher auf seiner Seite gewesen zu sein, und ihm insofern nichts verzeihen muss, außer, dass Strache sich erwischen ließ (und keinen Deal mit den Russen gemacht hat)?

    Echte Machos bitten Ihre Frau im Übrigen NIE um Verzeihung. Und schon gar nicht öffentlich.

  2. Um Verzeihung bittet der geläuterte H.C., reumütig und fehlerbewusst.
    War ja nur lapidar, in einer privaten Runde, halt b’trunken.
    Und in Anwesenheit einer blondierten Russin prahlt man als Betatier gerne mal mit seinen Allmachtsphantasien, hey, Männer halt.
    Wer ohne Sünde ist … Christliches Abendland … äääh … Nächstenliebe und Vergebung! Das sind die Grundpfeiler unserer christlich-abendlä … Heimat! Und überhaupt!

  3. Zu Abschnitt 3 Die Falle
    „Es ist zwar richtig, dass das Ganze nicht nur eine Falle, sondern vielleicht sogar ein Kompromat war – also eine geheimdienstliche Operation, um kompromittierendes Material zu sammeln. Aber dieses Bild zu bedienen, hilft dem Mann-Opfer-Modus von Strache und lässt die ganze Anordnung dubios und unfair anmuten.“
    Auf mich wirkt die ganze Anordnung tatsächlich dubios und unfair. Das Video zu drehen war illegal, und ich denke nicht, dass zukünftige politische Auseinandersetzungen mit derartigen Methoden geführt werden sollten. Egal, gegen wen sich das dann richtet.
    Ich habe auch das Maaßen-Zitat mehrfach durchgelesen und finde den Fehler nicht. Maaßen spricht von einer Falle und davon, dass „Der Einsatz derartiger aktiver Maßnahmen“ einen Tabubruch darstelle. Das finde ich ebenfalls. Sie schreiben dann kommentierend: „Obwohl die Veröffentlichung berechtigt, notwendig und journalistisch vertretbar ist, klingt es durch das Fallensteller-Bild, als profitierten sie von einer Grube, die jemand aus unklaren Gründen jemand anderem gegraben hat.“
    Nun hat Maaßen nach meiner Lesart nicht von der Veröffentlichung sondern von der Falle selbst gesprochen, und dass die Falle selbst strafrechtlich untersucht und verfolgt werden sollte.
    So ein Treffen, dass dann auch noch unter Einsatz von Drogen (inkl. Alkohol) durchgeführt wurde, heimlich zu filmen und das dann der Presse zur Verfügung zu stellen, ist heimtückisch. Dass das erst nach zwei Jahren erfolgte ist erst recht zu hinterfragen. Wieso wurde das Video nicht sofort herausgegeben? Damit hätte doch die Koalition von vornherein verhindert werden können, wenn man schon zu solchen Mitteln greift.
    Dass Spiegel und SZ das dann veröffentlicht haben ist natürlich in Ordnung, denn hier besteht ein öffentliches Interesse. Und ich will mich hier bloß nicht für Strache in die Bresche werfen. Nur sollte festgehalten werden, dass die Entstehung des Videos tatsächlich ein Skandal ist und verfolgt werden sollte.

  4. Ich hätte erwartet, dass in einem Medienportal die Umstände der Videofalle, sowie deren Methode der Videofalle kritisch beleuchtet wird. Das hat Samira El Ouassil aber leider nicht getan.
    Schließlich bleibt einiges rätselhaft.
    Es ist doch seltsam, dass ein heimlich aufgenommenes Video mit Lockvögeln und inszenierten Angeboten 2 Jahre eingelagert wird und kurz vor Wahlen veröffentlicht wird.
    Weder Spiegel noch SZ haben dazu ihren Lesern die ganze Geschichte erzählt.
    Die ganze Geschichte beinhaltet zu wissen wer, in wessen Auftrag, für wieviel Geld oder politischer Absicht diese Inszenierung und heimliche Aufzeichnung derselben eigentlich gemacht hat.
    Dass es hierbei nicht um einen Redlichkeitstest össterreichischer Spitzenpolitiker geht (sonst hätte man ähnliche Inszenierungen mit SPÖ und ÖVP Politikern auch durchgeführt) liegt auf der Hand.
    Daher sind die politischen oder finanziellen Motive der Videomacher bzw. deren Auftraggeber von großem Interesse um sich ein vollständiges Bild machen zu können.

  5. Sofern – wie ich vermute – Strache nicht nur als Vize, sondern auch sonst keine politischen Ämter mehr einnehmen wird, ist sein „Entschuldigung“, selbst, wenn sie ernst gemeint wäre, nutzlos. Insofern ist die Aufregung über männerfreundliche Narrative hier zumindest übertrieben. Wenn ich raten müsste, redet er nur noch mit der Presse, damit zumindest seine Partei sauber dastehen kann. Also „sauber“ dastehen, natürlich.

    Und Kurz will natürlich aus der Nummer mit möglichst vielen Wählern für sich und seine Partei rauskommen. Ob ihm das gelingt, bleibt abzuwarten, aber neben Strache wie ein Saubermann auszusehen, ist ja jetzt auch nicht schwer. Jedenfalls ist es klar, dass er sich distanziert, UND, dass er das Thema schnell abwickeln will.

  6. „Die ganze Geschichte beinhaltet zu wissen wer, in wessen Auftrag, für wieviel Geld oder politischer Absicht diese Inszenierung und heimliche Aufzeichnung derselben eigentlich gemacht hat.“

    Bin ich der einzige, der bei diesem in den letzten Tagen dauernd aus der rechten Ecke zu hörenden Wunsch herausliest, dass man sich shcon gern an dem rächen würde, der sowas tut?

    Ist halt auch so eine Art Ablenkungsmanöver: „Ja, Strache und Gudenus haben Landesverrat geplant – aber irgendein Lump hat das öffentlich gemacht!“

    Hier geht aus genau diesem Grund der Quellenschutz vor. Strache und Gudenus sind mit Lust in eine Falle gesprungen, über der mit großen Lettern „Falle“ geschrieben stand. Die versuchte Täter-Opfer-Umkehr bringt den Videoersteller in Gefahr, erst recht wenn man bedenkt, welche Connections Strache, Gudenus, Kickl ins extrem rechte Milieu haben oder hatten.

    „(sonst hätte man ähnliche Inszenierungen mit SPÖ und ÖVP Politikern auch durchgeführt)“

    Sie wissen gar nicht, ob man es nicht versucht hat. Aber okay, vermutlich hat mans nicht versucht. Nur ist die FPÖ mit all ihren Skandalen und Vertuschungsversuchen auch die Partei, bei der so eine Falle die höchsten Erfolgsaussichten hat. Die Diskrepanz zwischen Saubermann-Image und Skandaldreck dürfte bei keiner parlamentarisch vertretenen Partei im deutschen Sprachraum höher sein als bei der FPÖ.

  7. Also,wenn bei Politiker nicht die Alarmglocken gehen:
    Lockere alkoholisierte Atmosphäre im Urlaub!
    Und ne atttraktive Frau,die Möglichkeiten andeutet…
    Ein Politiker sollte jedes Mal darüber nachdenken,
    wenn er beginnt mit nicht zum Nachdenken eingerichteten Körperteilen nachzudenken ;-)
    oder „it`s too good too be true“ herumschleicht,
    speziell dann wenns um die Macht geht!

  8. @ 6 Stefan Pannor
    Machen Sie jetzt nicht genau den Fehler, den Samira El Ouassil anprangert, nämlich die Erstellung des Videos mit dessen Veröffentlichung durcheinanderzuschmeißen? Ich würde Spiegel und SZ nicht vorwerfen, das veröffentlicht zu haben. Wenn man an solches Material kommt, dann muss das geradezu raus.
    Das ändert jedoch nichts daran, dass das Video gar nicht hätte erstellt werden dürfen. An dem Artikel stört mich, dass man sofort dem Vorwurf ausgesetzt wird, das Narrativ der FPÖ zu bedienen, wenn man diese Selbstverständlichkeit erwähnt. Und ich kann nur hoffen, dass jetzt nicht jede/r in die rechte Ecke gestellt wird, der/die das anprangert.

  9. Wieviel Zeit mag eine, z. B. auf digitale Forensik spezialisierte, Geheimdienstfachkraft mit entsprechender CPU-Power wohl benötigen, um diesem (m. E. schwach) verpixelten Foto der „Oligarchin“ ein real existierendes Gesicht zu geben, um damit die Dame ausfindig (z. B. durch Abgleich mit Flughafenüberwachungskameras etc.) zu machen? Sollte man sie wirklich finden und sie würde „auspacken“, dann wäre(n) die zu schützende(n) Quelle(n) doch dadurch öffentlich bzw. zumindest erheblich gefährdet, oder nicht?

  10. Strache ist ja nicht zu irgendeinem Privatbesäufnis in die Villa, sondern er landete dort, vorbereitet für einen Deal, mit genau der Intention, die das Video festhielt.
    Von „Falle“ kann da nur sehr bedingt die Rede sein. Er wusste genau, was er dort verhandeln wollte, er war also mal richtig, richtig ehrlich, sowas gehört doch veröffentlicht!

  11. @9
    die Frau mit dem verpixelten Gesicht neben Strache ist meines Wissens die Freundin von Gudenus, die „Russin“ ist auf dem Video nicht zu sehen, nur hin und wieder eine ihrer Hände mit den sagenhaft manikürten Fingernägeln. Ob das für eine Entlarvung reicht, ist fraglich.

  12. „Das ändert jedoch nichts daran, dass das Video gar nicht hätte erstellt werden dürfen.“

    Das ist eine gerechtfertigte Meinung, aber eben nur eine Meinung. Zum juristischen Aspekt:

    „Das heißt, unabhängig davon, in welchem räumlichen Umfeld die Aufnahmen erfolgt sind, hätte es für eine Strafbarkeit der Aufnahme einen inhaltlichen Bezug zu den besonders geschützten Themenbereichen der Sexualität, zum Gesundheitszustand oder zu der inneren Gedanken- und Gefühlswelt der Personen gebraucht. Die Aufnahmen zeigen aber einen sehr starken Bezug nicht zur Intimsphäre, sondern zur Privats- und Sozialsphäre der Betroffenen. Denn die veröffentlichen Teile des Gesprächs zielten auf geschäftliche und politische Lebensbereiche und die Verquickungen zwischen beiden.“

    https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/interview-heinz-christian-strache-oesterreich-video-ibizagate-presse/

    Zum ethischen Aspekt: moralisch falsch handelnde gewählte Politiker sind allein aufgrund ihrer Position von herausgehobenem gesellschaftlichen Interesse. Aus ihrer Position ergibt sich eine staatliche Verantwortung, die jeden inhaltlichen politischen Dissens übersteigt. Es ist also im Interesse der Gesellschaft, wenn es Politiker gibt, die diese Verantwortung verscherbeln wollen, sei es billig oder teuer.

    Dann einfach zu sagen „das darf man nicht“ greift viel zu kurz und ist eben genau jene populistische Art der Verkürzung, die Ursache des Problems ist, nicht Folge.

  13. Das Video hat Straches Charakter offengelegt und die Veröffentlichung und der Rücktritt richtig. Trotzdem darf man weiterdenken, ohne dass es als Ablenkung dient.
    Es liegt doch auf der Hand, dass es für weite Kreise (auch für mich) den „Richtigen trifft“. Daher überall Freude und keine Erschütterung über das Video. Ich denke, dass viele die Sache anders sähen, wenn zB ein Grünen-Politiker beim eingefädelten Chrystal-Meth-Kauf gefilmt würde. Damit soll Strache nicht in Schutz genommen werden. Nichts wird damit relativiert. Aber da würde kritischer geprüft werden, ob man dies darf.

    Ich denke an den Wulff-Rücktritt, bei dem dieser aus dem falschen Anlass zurücktreten musste (Herr Niggemeier schrieb darüber). Im Ergebnis war Wulff nach Auffassung vieler Kritiker zu Recht zurückgetreten. Der konkrete Grund war aber durch die BILD quasi konstruiert, da die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleitete. So ähnlich hier: Strache zu Recht weg vom Fenster, wenn auch nicht durch „echtes“ Fehlverhalten, sonden durch ein Video, welches ihn als Person entlarvt und unhaltbar macht.

    Bei Strache besteht ja der „Vorteil“, dass die Journalisten nicht die Falle stellten. Wäre es denn ok, wenn investigativ bewusst fiktive Situationen geschaffen werden, um das Verhalten von Politikern zu testen?

  14. zu 13. Jens: Die Crystal-Meth-Frage hätten Sie ruhig direkt beantworten können. Als der Grünen-Abgeordnete Volker Beck 2016 bei einer Polizeikontrolle mit Crystal Meth erwischt wurde, war seine politische Karriere (zu Recht) beendet. Er wurde auf Twitter mit Häme überschüttet und gleichzeitig wurde auch noch seine Homosexualität mit dem Meth-Konsum in Verbindung gebracht (teilweise in ausführlichsten Artikeln). Und das alles, obwohl dieser Drogengebrauch weder etwas mit Missachtung von Demokratie, noch mit dem Bestreben zu tun hatte, staatliche Aufträge zu verschachern oder eine Zeitung zu kaufen, um unliebsame Journalisten los zu werden (das Erheiternde daran ist ja, dass Strache ausgerechnet die „Krone“ als feindlich empfand, die der FPÖ geradezu liebedienerisch ergeben war – und die gestern auch leicht beleidigt reagiert hat). Das ist nämlich der Unterschied: Strache schwadroniert darüber, wie er den Rechtsstaat „schrotten“ will. Das ist der Skandal. Nicht, ob er kokst oder säuft.

  15. @Jens: Jein.
    1.: wenn jemand bei seinen illegalen Geschäften keine Sorge dafür trägt, sich selbst hinreichend zu anonymisieren, ist das nicht die Schuld anderer Leute.
    2.: der theoretische meth-kaufende Grüne weiß zum Zeitpunkt des Kaufes, dass das politische und strafrechtliche Konsequenzen haben kann.
    3.: bei Strache ist es wohl nicht so gewesen, dass man ihm Alkohol und/oder andere Drogen gegen seinen Willen bzw. ohne sein Wissen eingeflößt hat.
    Insofern: Selber schuld.

    Ist nicht annähernd dasselbe wie bei Wulff; falsche Berichterstattung =! zutreffende Berichterstattung mit Quellen, die echt, aber nicht notwendigerweise legal sind.

    Angenommen, der Deal wäre ernst gemeint gewesen, die real-existierende Oligarchin hätte zur Sicherheit (aka spätere Erpressung) heimlich die Aufnahmen gemacht, aber weil Strache seinen Teil des Deals nicht einhielt, landet das ganze bei der Presse. Oder, jemand aus dem Umfeld der Oligarchin hätte sich eine Kopie der Aufnahme gezogen, was dann doppelt illegal gewesen wäre, und lancierte die.
    Wäre beides kein Grund, das nicht zu veröffentlichen, evt. minus solcher Teile, die tatsächlich zur Intimssphäre gehörten oder unbeteiligte Dritte betreffen.
    Wenn Strache, mutmaßlich gegen seinen Willen, dabei gefilmt wird, wie er eine neunzigjährige Rentnerin krankenhausreif prügelt, würde man das ja auch verwenden.

  16. @12 Stefan Pannor
    Danke für das Zitat und den Link. Offenbar gibt es Argumente gegen die Strafbarkeit der Aufnahmen (also des Aufnehmens des Videos) nach deutschem Recht, so ganz eindeutig ist das aber dann auch wieder nicht („Die Produzenten könnten sich nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 strafbar gemacht haben“). Interessant.
    Dennoch halte ich es für sehr problematisch, solche Aktionen (also solche Fallenstellerei) für politische Zwecke einzusetzen.
    Und es bleibt die Frage, warum die Veröffentlichung (also die Lieferung des Videos an die Presse) erst jetzt erfolgte und nicht vor zwei Jahren. als das Video gemacht wurde. Dann hätte es diese Koalition gar nicht erst gegeben. Das ist so ein Punkt, den ich nicht verstehe.

  17. @14 und 15:
    Fiktiver Fall:
    Wenn der SPIEGEL Robert Habeck bewusst mit falschen Vorwürfen intern konfrontiert und dieser irgendwann aufgebracht den Spiegel-Chefredakteur anruft, dass er das nicht duldet und Drohungen auf die Mailbox sprechen würde wie „… Ich haue Ihren Redakteuren in die Fresse, wenn Sie das schreiben, das können Sie mir glauben…“ und man Habeck dann allgemein vorwirft, er sei zu unbeherrscht als Kanzlerkandidat: Wenn dann auch die Veröffentlichung des „falschen Spiels mit Robert Habeck“ als Titelgeschichte in Ordnung ist, dann passt es dann.
    Ok, ok, der Vergleich ist konstruiert. Aber es geht darum, nicht nur das Ergebnis gutzufinden, dass ein Rechter gehen muss.
    Disclaimer: Bei Strache stimme ich den Folgen komplett zu. Ich relativiere nicht. Nur bitte auch sonst um gleiche Maßstäbe.

  18. Ganz kurz nur: Wenn ich demnächst eine Zeitung und einen Staatskonzern an die Russen verschachere, wie gut stehen meine Chancen, das auf meine betrunkene Vagina zu schieben?

  19. @ Ingo S. (#16):

    Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist tatsächlich rätselhaft. Klar, jetzt sind Europawahlen, und das Video schadet der FPÖ. Aber wäre es zu diesem Zweck nicht klüger gewesen, bis zu den nächsten Nationalratswahlen zu warten, bei denen Strache selbst Spitzen- und Kanzlerkandidat gewesen wäre? Die Wirkung wäre noch um einiges größer gewesen.

    Bei der Frage nach der Strafbarkeit der Aufnahmen muss man zwischen den Urhebern des Videos und den Medien unterscheiden, die es veröffentlicht haben. Letztere dürften sich kaum etwas vorzuwerfen haben, bei den Fallenstellern bin ich mir unsicher.

  20. @Charlotte:
    Mal abgesehen davon, dass weder die Zeitung noch der „Staatskonzern“ tatsächlich verkauft wurden – das Ergebnis, wenn Ihr Versuch rauskommt, wird dasselbe sein, gerade mit dieser Argumentationslinie: Ihr Koalitionspartner wird sich von Ihnen distanzieren, einige Parteimitglieder von Ihnen (hauptsächlich mit demselben Geschlecht wie Sie) werden sowas wie Verständnis äußern, aber nicht so viel, dass man Sie unterstützt, Ihre Politikkarriere wird am Ende sein, und irgendjemand (vermutlich nicht mit demselben Geschlecht wie Sie) wird einen Artikel schreiben, dass man als Mann sich ja auch nicht mit Ihrer Argumentation aus der Affäre ziehen könne, weil Sie ja das „Ofer-Narrativ“ bedienten oder so.
    Gilt auch, wenn Sie an die Amerikaner verticken wollten.

  21. @Stefan Pannor
    Sie wären der erste der eine Aufdeckung der Hintergründe fordern würde wenn eine ähnliche Falle einem SPD oder Grünen Politiker gestellt worden wäre.
    Dann wäre ihre erst Frage auch wer hat das denn in welchem Auftrag und mit welcher Intention inszeniert.
    Zweierlei Maßstäbe kann man so wie Sie zwar anlegen, aber dann verliert man die Glaubwürdigkeit seiner Argumentation.

  22. „Offenbar gibt es Argumente gegen die Strafbarkeit der Aufnahmen (also des Aufnehmens des Videos) nach deutschem Recht, so ganz eindeutig ist das aber dann auch wieder nicht („Die Produzenten könnten sich nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 strafbar gemacht haben“). “

    Deutsches Recht gilt jetzt wo genau bei in Spanien angefertigten Aufnahmen österreichischer Faschisten und russischen Oligarchendarstellerinen?

  23. Die Veröffentlichung des Videos (soweit es im öffentlichen Interesse ist) ist sicherlich legitim. Strache hat sich den daraus resultierenden Schaden in erster Linie selbst zuzuschreiben.

    Dennoch empfinde ich es als sinnvoll, zu hinterfragen, wer das Video hergestellt hat und warum. Der Hintergrund könnte nämlich durchaus problematisch sein. Nehmen wir etwa für einen Moment an, die politische Konkurrenz (etwa die SPÖ oder eine ihr nahestehende Gruppe) stünde hinter diesem Video. Dann würde man sicherlich sage dürfen, dass diese Art der Auseinandersetzung unter konkurrierenden Parteien (oder ihren Verbündeten) problematisch ist.
    (Nehmen wir als Gegenprobe an, Spitzenpolitiker der SPÖ wären auf diese Weise von der FPÖ in die Falle gelockt worden und hätten sich infolge entsprechend selbst kompromittiert. Dann würde man das Verhalten dieser SPÖ-Politiker ohne Zweifel skandalös finden und ihnen auch die Verantwortung für die Folgen zuschreiben. Aber man würde sicher auch die Wahlkampf-Methoden der FPÖ hinterfragen.)

    Ich weiß nun nicht, ob die „politische Konkurenz“ (im engeren oder weiteren Sinne) hinter dem Strache-Video steht und behaupte es auch nicht; ich möchte nur darauf hinaus, dass die kritische Frage nach den Hintergründen nicht per se irrational ist.

  24. @Dieter Weller
    Wer sagt denn bitte, dass Stefan Pannor nicht auch die Aufklärung des Falles, wer die Aufnahmen gemacht hat etc. fordert?

    Ich denke, es gibt niemanden, den das nicht interessiert.

    Es gibt halt nur die einen, die sich sagen, die Art, wie das Ganze zustande gekommen ist ändert nichts daran, dass wir hier einen Beweis dafür haben, wie Rechtspopulisten tatsächlich ticken.
    Und froh darüber sind, dass zumindest in Österreich jetzt ein paar der schmierigen Typen nicht mehr in Regierungsverantwortung sind.
    Und dennoch brennend daran interessiert sind, wer das ganze veranstaltet hat und warum es erst jetzt raus kam.

    Und dann gibt es die anderen, die auch dieses Interesse haben und nur noch genau darüber reden/schreiben wollen. Was aber von den Methoden der schmierigen Rechtspopulisten ablenkt.

  25. @23 Schnellinger
    Zitat aus dem von Schnellinger verlinkten Artikel:
    Frage: „Wir haben jetzt schon viel über deutsche Normen gesprochen, wo dürfte der Fall überhaupt rechtlich spielen – in Spanien, Österreich oder Deutschland?“
    Antwort: „Deutsches Recht ist auf jeden Fall einschlägig, weil die Videoaufnahmen in Deutschland verbreitet wurden. Über den Ort der Informationsbeschaffung durch die Medien weiß man bislang nichts Genaueres.“
    Daher habe ich das. Inwieweit nun die Strafbarkeit der Aufnahme selbst davon abhängig ist, wo sie verbreitet wurde, kann ich nicht beurteilen. Bin kein Jurist.

  26. Aus rechtsradikalem Demokratieverrat wird eine „Falle“ und „Inszenierung“, siehe #21.
    Schöne, neue politische Korrektheit.

    Oder siehe #13, weil es „den richtigen trifft“ wird davon ausgegangen, dass da mehr hinter steckt, ja stecken muss.
    Folgerichtig wird dann der private Drogenkonsum eines Politikers auch mal eben mit dem Ausverkauf aller demokratischen Werte gleichgesetzt.

    Ist es (historisch) so schwer vorstellbar, dass da ein Rechter einfach mal aus Opportunismus lügt?
    Und dann öffentlich das reudige Opfer einer böhmerschewistischen Verschwörung spielt, das im Suff „einen Fehler“ gemacht hat, ja sogar in eine „Falle getappt“ ist?
    Das ist eindeutige Täter-Opfer-Umkehr.
    Dieser historisch gewachsene, rechte Opfermythos greift heute wie damals. Und was er rechtfertigen kann, wissen hier auch alle, hoffe ich.

  27. @25
    Ich lenke keineswegs, wie Sie unterstellen, von den Methoden „schmieriger Rechtspopulisten“ ab, nur weil feststelle, dass die ganze Geschichte von Spiegel und SZ nicht publiziert wurde.

    Sie behaupten allen Ernstes durch die Videofalle „einen Beweis dafür (zu) haben, wie Rechtspopulisten tatsächlich ticken“!?

    Abgesehen davon, dass Sie persönlich den sicher nicht brauchen weil Ihr politisches Feindbild ohnehin feststeht,
    erinnere ich mal daran, dass es auch in Deutschland käufliche Politiker gegeben hat, die im Bundestag für Geld abgestimmt haben und die keiner „rechtspopulistischen“ Partei angehört haben (Beispielsweise das gescheitertes Misstrauenvotum gegen Willy Brandt).

  28. So ein Skandal gliedert sich ja immer in verschiedene Abschnitte. Jetzt treten wir langsam in den Abschnitt „Suche nach dem Urheber des Videos“ ein.
    Natürlich beteiligen sich daran jetzt vorwiegend Medien, die das Video nicht ursprünglich veröffentlicht haben, um ihren Anteil an Klicks abzugreifen. Ebenso natürlich nehmen sie es mit dem Quellenschutz der Erstveröffentlicher weniger genau als mit den eigenen Quellen.
    Ich bin mir völlig sicher, wir werden in den nächaten Tagen noch genügend Diskussionsstoff bekommen und vielleicht die eine oder andere Überraschung erleben.

  29. @29, Dieter Weller
    „Sie behaupten allen Ernstes durch die Videofalle „einen Beweis dafür (zu) haben, wie Rechtspopulisten tatsächlich ticken“!?

    Abgesehen davon, dass Sie persönlich den sicher nicht brauchen weil Ihr politisches Feindbild ohnehin feststeht,“

    Ja, Sie haben Recht, dieses Zusatzbeweises hätte es eigentlich nicht Bedurft.
    Zeigen doch Trump, Orban, Afd und co. schon seit Jahren, dass sie die Medien gerne ruhig stellen wollen, sich um Rechtstaatlichkeit nicht kümmern, ihr Land verkaufen und auch sonst viel Dreck am Stecken haben.

    Ihr erster Absatz ergibt irgendwie keinen Sinn.

    Der Rest zeigt aber weiter, dass Sie gerne davon Ablenken, dass hier ein weiter Beweis erbracht wurde, wie schmierige Rechtspopulisten ticken und den Fokus von diesen weg lenken wollen.

  30. @ Dieter Weller, 29

    „Abgesehen davon, dass Sie persönlich den sicher nicht brauchen weil Ihr politisches Feindbild ohnehin feststeht,…“

    Ich glaube eher nicht, dass Sie zu beurteilen haben, was andere Menschen, die nicht Ihre Schutzbefohlenen sind, brauchen oder nicht brauchen. Aber das muss jeder mit sich selbst ausmachen.

    „…erinnere ich mal daran, dass es auch in Deutschland käufliche Politiker gegeben hat, die im Bundestag für Geld abgestimmt haben und die keiner „rechtspopulistischen“ Partei angehört haben (Beispielsweise das gescheitertes Misstrauenvotum gegen Willy Brandt).“

    Mir wird nicht ganz klar, was Sie damit sagen wollen. Dass die Tatsache, dass sich vor knapp 50 Jahren ein CDU-Hinterbänkler mit 50 000 DM bestechen ließ (gleichlautende Vorwürfe gegen andere Abgeordnete wurden nie bewiesen), für uns heute genauso relevant ist wie der Inhalt des knapp zwei Jahre alten, erst jetzt bekannt gewordenen Strache-Videos? Dass das eine das andere besser macht? Dass die Äußerungen des späteren österreichischen Vizekanzlers in dem Video eigentlich so aufschlussreich nicht sind, weil andere Parteien ja auch nicht besser sind, weil Stimmenkauf beim Misstrauensvotum gegen Willy Brandt im Jahr 1972 und so?

    Zum Thema „Wer oder was steckt dahinter?“:

    Ja klar, ich wüsste auch gerne, wer warum dieses Video aufgenommen und wer es mit welchen Absichten der SZ und dem Spiegel zugespielt hat. Das Problem ist: Wir wissen es nicht und werden uns damit abfinden müssen, dass wir es wahrscheinlich nie erfahren werden. Soweit ich mich erinnere, haben die SZ- und Spiegel-Autoren gesagt, dass sie selbst nicht wissen, wer der Urheber ist. Und wenn sie es wüssten, würden sie es mit Sicherheit nicht en détail der Öffentlichkeit mitteilen, denn investigative Journalisten, die ihre Quellen preisgeben, machen einen verdammt schlechten Job. Insofern läuft der Vorwurf, dass SZ und Spiegel „nicht die ganze Geschichte erzählt haben“, doch ein wenig ins Leere.
    Die Vermutung, dass diejenigen, die das Video angefertigt und an die Medien weitergegeben haben, in erster Linie ihre ganz eigenen, egoistischen Motive verfolgt haben, liegt sehr nahe. Es kommt nun mal eher selten vor, dass Menschen hundertprozentig uneigennützig handeln. Aber wenn ein zukünftiger (und später tatsächlicher) Vizekanzler heimlich äußert, dass er gegen ein bisschen Wahlwerbung die Demokratie an windige Oligarchen verscherbeln will, sind die Motive der Lockvögel halt eher zweitrangig.

  31. „Abgesehen davon, dass Sie persönlich den sicher nicht brauchen weil Ihr politisches Feindbild ohnehin feststeht,“

    Vorschlag: ein Diskussionsbeitrag, in dem Sie nicht auf andere projizieren, dass deren Feindbild und Meinung bereits fest stünde.

  32. @ Anderer Max:

    „Und dann öffentlich das reudige Opfer einer böhmerschewistischen Verschwörung spielt, das im Suff ‚einen Fehler‘ gemacht hat, ja sogar in eine ‚Falle getappt‘ ist?
    Das ist eindeutige Täter-Opfer-Umkehr.
    Dieser historisch gewachsene, rechte Opfermythos greift heute wie damals. Und was er rechtfertigen kann, wissen hier auch alle, hoffe ich.“

    Man kann das auch etwas niedriger ansetzen. Wer in einer solchen Situation erwischt wird, wird immer Schadensminimierung betreiben:
    a) Fehler zwar zugeben und sich in aller Form entschuldigen
    b) aber dabei auch versuchen, seine eigene Schuld herunterzuspielen und Verständnis zu erhalten und
    c) sich ansonsten auch (und vor allem) als Opfer darstellen, soweit möglich.

    Wie genau das gemacht wird und wie die Mischung der genannten Komponenten ausfällt, hängt dann natürlich auch von den Umständen und vom Zielpublikum ab.
    Im Prinzip würden „linke“ Politiker in so einer Situation vermutlich ähnlich reagieren wie Stache; und wenn sie die Akzente etwas anders setzen würden (etwas mehr geheuchelte Reue und etwas weniger Angriff), dann wäre dies wohl vor allem opportunistischen Erwägungen geschuldet (anderes Zielpublikum). Auch Manager oder andere Personen des öffentlichen Lebens, die sich gravierend danebenbenommen haben, werden so vorgehen. Oder auch viele Angeklagte vor Gericht, die ihre Schuld nicht bestreiten können, werden nach Möglichkeit so verfahren: Ja, es tut sehr leid, was ich getan habe, aber ich hatte eine furchtbare Kindheit und mein Komplize XY hat mich armen Wurm verführt und geradezu genötigt, meine Straftaten zu begehen.

    Mit einem allgemeinen rechten Opfermythos hat Straches Versuch der Schadensbegrenzung wohl nur bedingt zu tun, und mit dem Holocaust eher wenig. Die notwendige Reue zeigen, die eigene Schuld herunterzuspielen und abzulenken, indem man auf andere zeigt, ist einfach allzu menschlich.

  33. „Im Prinzip würden „linke“ Politiker in so einer Situation vermutlich ähnlich reagieren wie Stache; und wenn sie die Akzente etwas anders setzen würden (etwas mehr geheuchelte Reue und etwas weniger Angriff)“

    Gna. Ich will ja gar nicht wissen, was „‚linke‘ Politiker“ sind, aber dass diese, von Ihnen in Anführungsstriche gesetzten „‚linken‘ Politiker“ noch mehr heucheln würden, steht für Sie ja pauschal fest. Wegen der Zielgruppe. Kennt man ja, diese „Linken“, knick knack, weisste weisste …

    So kann man sich das einfach machen, die Sachlichkeit ist nur vorgespielt, hinter ihr steckt das Ressentiment. Ebenso, wie Sie natürlich die in rechten Kreisen beliebte Mär vom Verbrecher, der sich mit seiner schweren Kindheit herausredet, ausgraben. So stellt man sich das vor, auch wenn es nicht so ist. Die stinkt, das liegt daran, dass sie tot ist, diese Mär.

    Es fällt auf, dass Sie die Widerlegung eines rechten Opfermythos mit rechten Rechtfertigungsmythen betreiben.

  34. @ Stefan Pannor:

    Sie interpretieren meinen Beitrag völlig falsch.

    Mit „linken“ Politikern meine ich Politiker aus Parteien wie SPÖ und Grüne. Ich behaupte auch keineswegs, dass diese mehr heucheln würden als Politiker etwa der FPÖ. Sie würden – so meine Vermutung – vielleicht mehr (vermutlich eher unechte) Reue zeigen, dafür dann aber in geringerem Maße in selbstgerechter Manier die Schuld auf andere schieben. Moralisch schlechter würden sie also kaum abschneiden. (Persönlich würde ich ohnehin eher der SPÖ und den Grünen zuneigen als der ÖVP, und über die FPÖ brauchen wir gar nicht erst zu reden. Das nur nebenbei, auch wenn es in der Sache nicht relevant ist.)

    Dass Verbrecher, die eine schlimme Kindheit hatte, zumindest auf diese abheben, dürfte wohl keine Mär sein. Im Übrigen habe ich auch gar nichts gegen dieses Verhalten. Ich gehe davon aus, dass die Kindheit tatsächlich erheblichen Einfluss auf die Persönlichkeit und Lebensgeschichte haben kann, und dass manche Menschen, die als Kinder beispielsweise schwer misshandelt oder gravierend vernachlässigt wurden, tatsächlich mehr Probleme haben können, auf der rechten Bahn zu bleiben. Das ist meines Wissens in der Psychologie und Psychiatrie auch ziemlich unstrittig.

    Mir ging es schlicht darum, dass das ein allgemein-menschliches Verhaltensmuster ist, wenn man moralisch schwer versagt und die eigene Schuld einfach nicht mehr leugnen kann, sich folgender Strategien in Kombination zu bedienen:
    – Schuld zugeben und sich entschuldigen.
    – Mit schuldmindernden Gründen um Verständnis werben.
    – Das eigene Unrecht, das man erlitten hat, beleuchten.

    Das Ziel ist hier, soviel Sympathie und Verständnis wie möglich zu „retten“ und negative Reaktionen zu minimieren.

    Diese Strategie kann eine sachliche Berechtígung haben (etwa wenn tatsächlich gute schuldmindernde Gründe vorliegen); viele oder die meisten Menschen werden sich dieser Strategie aber unabhängig von ihrer sachlichen Berechtigung bedienen – wenn sie meinen, sie glaubwürdig verkaufen zu können und somit Schadensbegrenzung betreiben zu können.

    Das hat vom Grundprinzip erst mal nichts mit links oder rechts zu tun (außer vielleicht ein wenig bei der Frage der Mischung).

    Mir ging es darum, dass Straches Äußerungen oder auch ihre wohlwollende Aufnahme durch Gesinnungsgenossen noch keinen „rechten Opfermythos“ ausmacht.
    Ein rechter Opfermythos wäre etwa die Dolchstoßlegende, bei der man die Sozialdemokratie und das „Judentum“ für die Niederlage im ersten Weltkrieg verantwortlich machen wollte. Hier handelt es sich tatsächlich um eine rechte Legende auf Basis einer falschen Tatsachenbehauptung.

    Nicht so im Fall Strache: Dass er das Ziel einer Intrige bzw. Falle wurde, ist wohl unbestritten. Das ist eine wahre Tatsachenbehauptung.
    Inwieweit er deshalb als „Opfer“ klassifiziert werden sollte, ist eher eine Frage der Wertung als eine von Tatsachenwahrheiten. Dasselbe gilt für den m.E. ziemlich billigen Versuch, die Falle als gravierender hinzustellen als das moralische Versagen Straches.
    Wenn Strache sein Verhalten mit dem Alkohol, seinem Balztrieb und ähnlichem erklärt, mag er lügen (falsche Tatsachenbehauptungen aufstellen); aber das sind dann eher typische Versuche, zu retten, was noch zu retten ist. Das ist nicht ungewöhnlich für Leute, die in einer solchen peinlichen Situation sind und noch Schadensbegrenzung betreiben wollen. Dass Strache vom Alkohol verführt wurde, ist kein „rechter Opfermythos“, sondern eine naheliegende Schutzbehauptung, derer er sich bedient hat, weil ihm nichts Besseres eingefallen ist, und derer sich viele andere Leute in derselben Situation auch bedient hätten.

    Um es klar zu sagen: Ich habe keinerlei Sympathie für die FPÖ, ich finde das Verhalten der FPÖ-Spitze skandalös und die Rechtfertigungsversuche von Strache ziemlich armselig. Ich meine aber, dass man die Kirche im Dorf lassen sollte, und dass man mit der Rede von einem „rechten Opfermythos“ oder gar mit dem Hinweis auf die NS-VZeit mit ihren Verbrechen ein wenig übertreibt. Man bagatellisiert damit m.E. auch ungewollt tatsächliche „rechte Opfermythen“ und die NS-Zeit.

  35. und Hillary Clinton ist diejenige, die wegen Nutzung ihres Privathandys fortan als Betrügerin gilt.

    Es ging nicht um die Nutzung des Privattelefon sondern um einen eigenen Mailserver über den alle dienstlichen Mails gesendet und empfangen wurden. Das ist kein Betrug – ich wüßte auch nicht wer das gesagt haben sollte – sondern es ging wohl eher darum, dass es in den USA ein grosses Bedürfnis gibt offizielle Dokumente irgendwann der Öffentlichkeit zu verfügung zu stellen und natürlich auch deren Geheimhaltung. Mit Betrug hat das herzlich wenig zu tun, es ist eher eine Verheimlichung

    https://www.spiegel.de/politik/ausland/ex-us-aussenministerin-clinton-streit-um-private-e-mails-a-1022050.html

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