Männer erklär’n die Welt
Vor fünfzig Jahren war die Sache noch klar: Es waren Männer, die der Welt die Welt erklärten, und als in der prägenden Welt-Erklär-Sendung im Deutschen Fernsehen in der Nachkriegszeit, dem „Internationalen Frühschoppen“, einmal Frauen saßen, sagte Gastgeber Werner Höfer in der nächsten Ausgabe: „Wir mussten zur männlichen Standard-Besetzung zurückkehren, weil die Sache es will; die Sache heißt Politik.“
Die Welt hat sich seitdem geändert. Heute sind solche reinen Männerrunden im Fernsehen kaum noch denkbar. Aber es gibt Orte, an denen das Kommentieren der Zeitläufte immer noch Männersache ist. Die Redaktion der „Bild“-Zeitung zum Beispiel.
Jeden Tag erscheint auf der Politik-Seite des Blattes ein Kommentar, mit Ausrufezeichen-Sätzen wie: „Finger weg von der Rentenkasse!“, „Schützt unsere Kinder!“, „Nehmt die Sorgen der Älteren ernst!“, „Glaube ist friedlich!“, „Nichts gelernt!“ oder „Danke für den Klartext!“
Geschrieben werden sie in aller Regel von Männern. Wir haben das mal nachgezählt*: Gerade einmal jeder elfte „Bild“-Kommentar im vergangenen Jahr war von einer Frau.
Allein „Bild“-Politik-Chef Nikolaus Blome schrieb mehr Kommentare als alle Frauen zusammen: Er brachte es auf 36 Einsätze; Frauen insgesamt nur auf 27. Die erste Frau auf der Hitliste der „Bild“-Leitartikel-Verfasserinnen und -verfasser ist Karina Mössbauer auf Platz 12. Die Bundestags-Korrespondentin schrieb im vergangenen Jahr sechs Kommentare.
Die „Bild“-Zeitung ist kein Einzelfall unter den gedruckten deutschen Leitmedien. Die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die seit ihrem Bestehen bis heute ausschließlich von Männern herausgegeben wird, überlässt das Verfassen der wichtigen Leitartikel auf der Seite 1 nur in Ausnahmefällen einer Frau. Weibliche Namen tauchen hier ein winziges Bisschen häufiger als in „Bild“: Sie brachten es im vergangenen Jahr auf einen Anteil von zehn Prozent.
Dominiert wurden die Leitartikel 2018 von drei besonders konservativen Männern aus dem Politikteil: Innenpolitik-Chef Jasper von Altenbockum, Herausgeber Berthold Kohler und „Zeitgeschehen“-Chef Reinhard Müller. Die Frau mit den meisten Kommentaren war die Parlaments-Korrespondentin Helene Bubrowski mit sieben Leitartikeln.
Von der linksliberalen „Süddeutschen Zeitung“ könnte man erwarten, dass bei ihr häufiger Redakteurinnen die Position des Blattes im Leitartikel formulieren können, doch ausgerechnet sie hat einen schlechten Ruf, was die Beschäftigung von Frauen angeht. Im Vergleich mit der konservativen und rechten Konkurrenz ist das Verhältnis der Geschlechter bei den SZ-Leitartikeln immerhin ausgeglichener, doch auch hier kommen auf jeden Kommentar einer Frau drei Kommentare von Männern.
Die meisten SZ-Leitartikel schrieb mit großem Abstand Heribert Prantl, der bis Februar 2019 das Meinungsressort der Zeitung leitete. Aber auch eine Frau hat hier eine größere Präsenz: Die Innenpolitik-Chefin Ferdos Forudastan schrieb 16 Leitartikel – außer Prantl brachte es nur Außenpolitik-Chef Stefan Kornelius auf mehr.
*) Gezählt haben wir die Kommentare auf Seite 2 der „Bild“, die Leitartikel und längeren Kommentare auf Seite 1 der FAZ, die Leitartikel auf Seite 4 der SZ.
Zum Glück wird Übermedien zu 100 Prozent von Frauen geführt:
Stefanie Niggemeier und Borisine Rosenkranz!
Mansplaining ist die Verarbeitung des Trauma,
das Männer alles können,
nur keine Kinder kriegen!
Habt Mitgefühl,liebe Frauen…
Ein ordentliches Alpha-Male-Exemplar fällt nicht vom Baum.
Dass muss man äh frau sich erziehen…
Und es hinnehmen ,das die Umgebung bemerkt:
„Du/Sie bist sind wie seine Mutter !“
Ach ja, Frauen sind gut bis sehr gut in Soft-Skills!
Genug jetzt aber mit dem Mansplaining…
Da sitzt mir eine Jemand im Nacken…
Demnächst wird es noch eine dritte Kategorie geben: Computer.
Mämmliche oder fraundliche KI?! Oder Skynet!
Bitte nicht über interpretieren-das ist eine weibliche Kernkompetenz ;-). Auch nicht bei jeder Frau.
Obwohl lieber wäre es mir.
Würde vieles einfacher machen
„Alexa ,leite bitte die Apokalypse ein.“
JEdenfalls haben alle personal assistants weiblich namen
(in gegensatz zu übermedien autorInnen)
DARÜBER mal nachDENKEN ;)
wann ist ein frau divers!
„rinder an die macht“ – hehe wegen CO²
Jetzt würde es mich ja interessieren, wie es bei der taz aussieht.
@anderer Max
https://pinkstinks.de/frauenstimmen-die-gehorchen/
Erklären vs. gehorchen – das ist der Unterschied
Ach kommt schon, rosa-blaue Schaubilder hätte es für eine neutrale Darstellung nun auch wirklich nicht gebraucht.
@Patrick Völcker:
Wir wollen doch nicht etwa in Schwarz-Weiss-Muster verfallen ;-)
Was fürn ne Farbe nehmen wir dann für die „Diversen“???
Damals bei den Säbelzahntigern war es einfacher!
@Sarah,
das stimmt zwar irgendwie, ist irgendwie aber auch übertrieben, z.B.:
„Damit … die männliche Stimme von HAL 9000 aus Stanley Kubriks Odyssee im Weltall nicht der Inbegriff von kalter, berechnender Boshaftigkeit [ist].“
Das stimmt ja nicht. Erstens klingt die Stimme nicht „kalt“, zweitens ist „Boshaftigkeit“ das falsche Wort, weil eine Maschine keinen Spaß hat, also insbesondere keinen Spaß am Menschen quälen (außer Drucker, Drucker hassen die Menschheit), und drittens werfe ich die Stimme von R3PO ins Rennen, dann stimmen die Geschlechterverhältnisse wieder.
C3PO! Sorry!
Oder den Terminator – als Maschine kann ersiees die Stimme frei wählen.
Noch aussagekräftiger wäre die Statistik, wenn noch die Mitarbeiterstruktur aufgezeigt würde, ggf. auch damit nochmal normiert. Es erscheint logisch, dass z.B. in einer Zeitung mit 90% Männeranteil unter den Mitarbeitern auch etwa 90% der Leitartikel von Männern verfasst werden. Ggf. wäre auch ein Vergleich mit der Quote unter Einbeziehung aller Artikel interessant.
Und sicherlich auch spannend ein Vergleich mit der Quote auf der Seite der Leser/Abonnenten :)
„Es erscheint logisch, dass z.B. in einer Zeitung mit 90% Männeranteil unter den Mitarbeitern auch etwa 90% der Leitartikel von Männern verfasst werden. “
Dann erschiene es auch logisch, dass in einer Firma mit 50% Mitarbeiterinnenanteil auch 50% der Führungskräfte weiblich wären.
Entscheidend ist hier der Begriff des „erscheinens“, denn diese Logik greift in der Realität sehr oft nicht.
Menschen verhalten sich eher selten logisch, auch, wenn die Mitarbeiterstruktur interessant wäre.
Vor allem, wenn ein Mann, oder eine Person, alleine ein Viertel aller Leitartikel verfasst, ist diese Person ja nicht ein Viertel der Belegschaft.
Die Logik dahinter ist ja eigentlich, dass die klügsten Autoren die leitendsten Artikel schreiben.
So weit, so vernünftig. Mit demokratischer Repräsentation hat das nichts zu tun. Insofern führt jede Debatte über Mitarbeiterstrukturen an der Stelle ins Leere. Leitartikler sprechen ja nicht für die Belegschaft, sondern über etwas.
Dass man aber bevorzugt als Mann offenbar immer und immer wieder zu den Klügsten gehört, und als Frau eher so manchmal, ist eben schon seltsam. Nicht zuletzt, wenn einer dieser Männer Nikolaus Blome heißt.
„Theoretisch“ müssten sich die klügsten Leute _und_ die leitenden Leute proportional auf beide Geschlechter verteilen, von daher sollte sich beim Leitartikelschreiben dasselbe Geschlechterverhältnis einstellen wie bei allen anderen.
„Praktisch“ setzen sich bei sowas leider meistens die Leute mit den meisten Ellenbogen durch.
Klugheit wird eh‘ überbewertet.
@Mycroft
Praktisch setzen sich bei sowas leider meistens Männer durch (siehe Artikel) oder eher: sie werden durchgesetzt, von denen (andere Männer), die ihnen die Möglichkeit geben, Leitartikel zu schreiben.
@Sarah:
Das klingt jetzt so, als hätte ich das bestritten. Habe ich aber nicht.
(Dass mehr Männer als Frauen Leitartikel schreiben, kann daran liegen, dass es überproportional viele männliche Journalisten gibt, oder daran, dass Männer bevorzugt werden. Oder sogar beides, je, nach Zeitung. Ellbogen ist aber generell ein Faktor.)