Fahndung nach Pädophilen

Medienwächter belasten Portokasse von RTL

Nichts wollten sie damals zugeben bei RTL, nicht mal einen kleinen Fehler. Der Sender informierte stattdessen, er habe alles richtig gemacht, journalistisch einwandfrei, was nun aber auch die Kontrolleure der Landesmedienanstalten anders sehen: Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) hat gestern beanstandet, wie RTL im Juni nach einem Pädophilen gefahndet hat. Der Sender habe damit gegen „journalistische Grundsätze“ verstoßen.

Die Fahnder: RTL-Reporter suchen einen Pädophilen Screenshot: RTL

Zwei RTL-Reporter hatten sich damals aufgemacht, Pädophilie zu stellen. Mit einem Mann, den sie verdächtigten, verabredeten sie sich deshalb auf einem Parkplatz. Zu dem Treffen kam es nie, dafür zu zwei bösen Verwechslungen.

RTL zeigte im Beitrag einen Mann, der über den Parkplatz lief, und mutmaßte, er sei der Gesuchte. Wie sich später herausstellte, hat er nichts mit der Sache zu tun. Ein anderer Mann, der in seiner Wohnung zusammengeschlagen wurde, ebenfalls nicht. Ein Lynchmob hatte ihn für den Pädophilen gehalten.

Die RTL-Reporter hatten den Mann, den sie verdächtigten, damals zwar verpixelt, aber nur nachlässig, wie wir hier ausführlich gezeigt haben. Das beanstandet nun auch die ZAK. In ihrer Pressemitteilung schreibt sie:

„In der Sendung wurde ein vermeintlich pädophiler Mann aus der Ferne verdeckt gefilmt, wobei ausschließlich seine obere Körperhälfte verpixelt war, seine kurze blaue Hose mit einem weißen Aufdruck auf dem linken Bein, die Schuhe und seine Statur waren jedoch nicht unkenntlich gemacht worden. Bei der Verfolgung des Mannes wurde die Eingangstür eines Hauses gezeigt, wobei die Klingelleiste verpixelt wurde. In Folge der unzureichenden Verpixelung wurde der gefilmte Mann von Personen aus seinem direkten sowie erweiterten Umfeld erkannt.“

Wie die ZAK feststellt, habe RTL damit gegen § 10 Abs. 1 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrages verstoßen, in Verbindung mit Ziffer 8 des Pressekodex des Deutschen Presserats. Interessant ist, dass sich die ZAK hier auf den Pressekodex beruft, der eigentlich nur für Zeitungen und Zeitschriften gilt. Aber es passt natürlich. In Ziffer 8 ist der „Schutz der Persönlichkeit“ geregelt, und den sieht die ZAK in diesem Fall verletzt. Weiter heißt es in der Begründung:

„Auch wenn über das Verhalten von Personen mit pädophilen Neigungen im Internet und insbesondere über die Art und Weise, wie diese Kontakt zu Kindern und Jugendlichen suchen, ein Berichterstattungsinteresse besteht: Dies entbindet die Veranstalterin nicht davon, gerade bei diesem sensiblen Thema, die Persönlichkeitsrechte von gezeigten Personen zu wahren.“

Eine „gebotene Anonymisierung“ müsse auch wirksam sein, schreibt die ZAK. Hier ist sie es offensichtlich nicht, immerhin wurde der verdächtigte Mann, trotz versuchter Anonymisierung, von anderen erkannt.

Folgen für RTL hat die Entscheidung der ZAK nun kaum, jedenfalls keine direkten. Der Sender muss, wie die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) mitteilt, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 1.000 Euro zahlen. Das ist eher wenig. Laut ZAK bestünde die Möglichkeit, bis zu 5.000 Euro anzusetzen. Wenngleich auch das einen Sender wie RTL kaum schmerzt.

Aber möglicherweise hat die Entscheidung der ZAK noch weitere Folgen, denn auch die Staatsanwaltschaft Bremen prüft, ob RTL in dieser Sache strafrechtlich zu belangen ist. Wie ein Sprecher auf Anfrage von Übermedien sagt, habe die Staatsanwaltschaft die ZAK-Entscheidung abgewartet. Diese sei ja ein „Indiz, ob aus presserechtlicher Sicht etwas falsch gelaufen ist.“ Anschließend, so der Sprecher, werde man die rechtliche Prüfung fortsetzen. Was für RTL, je nach dem, wie sie ausgeht, dann noch teuer werden kann.

2 Kommentare

  1. Wichtige Entscheidung, vielen Dank für den Bericht!
    Ist aber echt zu hoffen, dass RTL hier noch eine höhere Strafe ausfasst. „Portokasse“ trifft es hier sonst wohl wirklich, und ob sie daraus dann Lehren ziehen würden ist fraglich.

    Typo: „Entschdiung“

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