In unserer Reihe Wieso ist das so? fragen wir andere, was wir uns fragen. In der vierten Folge geht es um all die Merkwürdigkeiten bei Werbung in Mediatheken. Zum Beispiel: Warum kommt da oft der gleiche Werbespot mehrmals hintereinander? Und wieso ist die Werbung häufig SO VIEL LAUTER als das eigentliche Programm? Wir haben mit Jens Pöppelmann von IP Deutschland gesprochen, dem RTL-Vermarkter.
Warum ist Werbung in den Mediatheken oft so nervig und laut?
Herr Pöppelmann, neulich habe ich in der Mediathek eines Privatsenders eine Show gesehen, in der Metallica aufgetreten sind. Und mitten im Auftritt plötzlich: Werbung. Für Katzenfutter. Nicht vor oder nach dem Auftritt, sondern mittendrin. Wieso ist das so?
War das bei uns oder bei der Konkurrenz?
Bei der Konkurrenz.
Das dachte ich mir. Metallica bei uns, das wäre ein bisschen schwierig. Also, im Fernsehen gibt es definierte Momente, in denen Werbung geschaltet wird, und das passt immer. Warum ist das online nicht so? Online haben wir diese Schnittmarken nicht. Darum werden sie meistens automatisch gesetzt. Also zum Beispiel immer nach sechs Minuten.
Aber könnte man diese Marken nicht einfach an die Stellen setzen, wo im Fernsehen auch Werbung kommt?
Wenn das so einfach wäre. Aber dafür müsste sich dann ein Redakteur hinsetzen und die Marken bei jedem Stream per Hand einbauen. Dieser Aufwand ist manchmal schlichtweg zu groß.
Oft läuft in Mediatheken auch zwei- oder dreimal genau der gleiche Werbespot hintereinander. Woran liegt das?
Normalerweise sollte das nicht passieren, weil es eine ganze Reihe von technischen Mechanismen gibt, die so etwas verhindern. Die sind sogar so gebaut, dass es Konkurrenzausschluss gibt, also dass zum Beispiel nach einem Mercedes-Spot kein BMW-Spot läuft. Wenn wir die Werbung selbst verkaufen, können wir schon gewährleisten, dass ein Spot nicht mehrmals hintereinander läuft. Aber die Spots werden nicht nur über uns direkt vermarktet, sondern auch über Demand Side Plattformen, kurz: DSP, programmatisch angeboten.
Zur Person
Jens Pöppelmann (48) ist seit 2015 Direktor Media Operations bei IP Deutschland, dem Vermarkter der Mediengruppe RTL Deutschland. Er ist verantwortlich für die Kampagnenumsetzung über alle Endgeräte hinweg, die technische Entwicklung von Werbelösungen, den programmatischen Verkauf von Werbeplätzen sowie für die Infrastruktur der Buchungssysteme, Tools und der Adserver. Bevor er 2006 zu IP Deutschland kam, war er Projektmanager bei RTL interactive und am Auf- und Ausbau der Prozessstrukturen für eine Vielzahl von Websites des RTL-Netzwerks beteiligt.
Was ist das?
Wir haben auch Werbekunden, die unser Inventar zentral über eine DSP buchen. Die gehen nicht direkt über unsere Systeme, sondern über eine DSP wie die von Google, das nennt man programmatisch. Da kommt dann ein drittes System ins Spiel, das unter Umständen nicht weiß, welcher Spot gerade gelaufen ist. So kann es vorkommen, dass wieder derselbe Spot kommt.
Und woran liegt es, dass die Werbung oft viel lauter ist als der eigentliche Stream?
Es gibt einen Standard für die Lautstärke, der von unseren Verbänden verabschiedet wurde. Wenn wir die Werbung auf unserer Seite hosten, das heißt wenn die Werbung von unseren Servern kommt, dann wird das gecheckt und entsprechend angepasst. Wenn das aber über die Programmatik läuft oder die Werbung von einem Agentur-Server kommt, dann haben wir keine Hoheit mehr über die Qualität des Spots. In solchen Fällen kann es passieren, dass die Lautstärke eben nicht dem Standard entspricht.
Also das ist keine Absicht, damit die Leute, die beim Gucken wegdösen, wenigstens zur Werbung wieder wach werden?
Nein, das ist keine Absicht. Im Fernsehen haben wir alles selbst unter Kontrolle, da können wir gewährleisten, dass so etwas nicht passiert. Im Digitalen aber sind nun mal sehr viel mehr Mitspieler unterwegs, die sich leider nicht immer an die Regeln halten.
Seit einiger Zeit ist es in vielen Mediatheken so, dass die Werbung pausiert, sobald man den Tab wechselt. Man kann sie also nicht mehr im Hintergrund laufen lassen, sondern muss sie angucken. Da frage ich mich: Wo soll das enden? Müssen wir bald erstmal fünf Minuten auf der Seite des Herstellers surfen, bevor wir den Stream weitergucken dürfen?
Nein, so schlimm wird es nicht werden. Man muss nur bedenken: Die Werbung muss von den Nutzern gesehen werden. Das ist ein ganz wichtiges Kriterium für unsere Kunden und auch für das Pricing und die Abrechnung – wir müssen diesen Content ja auch finanzieren. Das heißt: Der User, der bei uns etwas kostenlos bekommt, der bezahlt eben, wenn man so will, mit seiner Aufmerksamkeit. Es gibt sicherlich auch andere Modelle, zum Beispiel dass man für den Content bezahlen muss, aber das wollen viele ja auch nicht so gerne. Darum sagen wir: Es muss sichergestellt werden, dass es eine gewisse Aufmerksamkeit gibt.
Das ist in dieser Kombination natürlich auch gefährlich. Wenn man die Werbung nicht wegklicken kann und dann mehrmals hintereinander viel zu laut der gleiche Spot läuft – werbemäßig ist das ja eher kontraproduktiv. Ich hab schon viele Kommentare gelesen, in denen Leute schreiben: „Wenn ein Produkt dermaßen nervig beworben wird, dann kaufe ich es erst recht nicht!“
Das ist richtig. Ich rate Werbekunden auch dringend, dass sie ihre Spots in einer vernünftigen Qualität und in der richtigen Lautstärke liefern. Gerade wenn es über das Programmatische geht, liegt die Verantwortung beim Werbekunden, dass die Regelungen auch eingehalten werden. So versuchen wir, die Werbekunden auch vor sich selbst zu schützen, indem wir darauf beharren, dass die Qualität eingehalten wird.
Ich muss noch mal auf die Katzenfutterwerbung zurückkommen. Eigentlich müsste die Werbeindustrie mit all den Trackern und den Analysen meiner Surfdaten doch ziemlich genau wissen, dass ich gar keine Katze habe, oder?
Seien Sie doch froh, dass die das nicht wissen!
Bin ich ja. Es hat mich trotzdem gewundert.
Mediaagenturen beziehungsweise ihre Werbekunden haben natürlich auch ein Interesse daran, Werbung auszuliefern an Menschen, von denen sie nicht wissen, ob sie katzenfutteraffin sind oder nicht. Also ich sag Ihnen mal ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie fahren einen BMW. Und die Werbeindustrie würde nur BMW-Fahrern BMW-Werbung anzeigen. Das wäre für die Marke eine Katastrophe. Weil derjenige, der einen BMW fährt, will ja auch, dass der Nachbar weiß: „Ah, der kann sich einen BMW leisten!“ Oder um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: Sie haben zwar keine Katze, aber vielleicht haben Sie irgendwann ja doch eine, und dann erinnern Sie sich womöglich an den Katzenfutterspot und kaufen gezielt dieses Futter. Wir nennen so etwas „Streugewinne“: Man liefert aus und bekommt auch Zielgruppen, die vielleicht noch nicht affin sind, aber es werden könnten.
Aber wäre es denn theoretisch möglich, dass ich als Katzenfutterhersteller zu Ihnen komme und sage: Ich möchte, dass dieser Spot nur bei Leuten angezeigt wird, die eine Katze haben?
Nein. Ich habe mal was bei einem englischen Sender mitbekommen: Die haben Kreditkarteninformationen ihrer Nutzer gekauft – und wissen damit zum Beispiel: Haushalt XY hat mit der Kreditkarte Windeln gekauft, also haben die ein Baby. Oder Hundefutter, also haben die einen Hund. Aber das ist schon sehr „Big Brother“.
Serie: Wieso ist das so?
Gibt es etwas in den Medien, beim Fernsehen, im Radio, in Print oder Online, bei dem Sie sich immer wieder fragen: Wieso ist das so? Fragen Sie uns, dann fragen wir Leute, die sich damit auskennen! Schreiben Sie uns einfach eine kurze Mail.
Weitere Folgen aus dem Archiv:
Warum genau müssten die Marken, die ja für die reguläre Ausstrahlung bereits existieren für den Stream dann nochmals von Hand gesetzt werden?
Und warum ist dass unfassbar aufwändig diese Marken per Hand zu setzen? Wieso ist der Aufwand so viel höher als beim Fernsehen?
@wonko Weil online andere Marken benötigt werden. Im TV darf man erst nach 30 oder xundzwanzig Minuten die erste Werbung setzen, bei einer bestimmten Gesamtlänge bei einer 20.15 Austrahlung.
Wird er gleiche nachts noch einmal wiederholt sitzen die Marken schon wieder woanders. Es ist nicht so, daß da einzelne Filmschnipsel existieren die immer eine feste Länge haben und Werbepausen immer gleich sind. Online darf wohl viel mehr Werbung in kürzeren Abständen eingebaut werden.
@Übermedien: oh ne, Leute: das ist jetzt echt ein Thema? Das mit der Lautstärke bei Werbung geistert nun schon seit gefühlten 201673 Jahren durch die Medien. (Warum sich überhaupt Werbung aussetzen?)
Und (sorry): selbst Schuld, wer die Mediatheken der privaten schaut…
Bitte: es ist zur Zeit sooo… viel im Argen mit den Medien. Bitte etwas mehr Relevanz.
Gute Frage wäre auch gewesen, warum man unter Linux keine Inhalte der RTL-Mediatheken zu sehen bekommt.
#4
„Und (sorry): selbst Schuld, wer die Mediatheken der privaten schaut…“
sehe ich auch so, es gbt den Abschaltknopf.
@Matbu, #4: Habe Sie 2-3 konkrete Themenideen/wünsche?
Einmal mehr zeigt sich eben, dass die Bedürfnisse der Zuschauer den deutschen Sendern sonstwo vorbeigehen. Die sollen gefälligst den möglichst billig produzierten Dreck ansehen, damit Werbegeld fließt. Alles andere ist egal.
Die englischen Sender spielen in ihren Online-Angeboten jedenfalls nur dann Werbung aus, wenn sie auch in der linearen Ausstrahlung platziert ist, also an den Marken, die ganz einfach fürs Fernsehen gesetzt wurden.
Und einen schönen Gruß an RTL: Ich bin euch so dankbar, dass ihr mir euren Mist im Internet erst gar nicht zeigen wollt. Für euch schalte ich den Werbeblocker ganz bestimmt nicht ab.
@Paul #6:
1) die vom wesentlichen ablenkende „Personalisierung“ der Politikberichterstattung: Putin, Trump, Schulz (will er ein Ministeramt?). Muss man nicht über konkrete Inhalte reden.
2) Der offensichtliche unwiderstehliche Drang, dem „ahnungslosen“ Kunden, wertende Adjektive und „Berufsbezeichnungen“ zur Hand zu geben: „Globalisierungsgegner“, „Menschenrechtler“, „rechts/links-populistisch“…
3) Schräge, offensichtlich speziell und mühsam gesuchte Beispiele für gewollte gewollte Thesen. Immer gern im sozialen Bereich.
Jetzt als Sollbruchstelle meines Kommentars: Der Kika sagte: zum geplanten Thema, habe man keine anderen Protagonisten als Malvina & Diaa gefunden… (eigentlich sollte man von der Realität ausgehen und einen Beitrag planen und sich nicht eine Realität zu einem geplanten Beitrag suchen.)
4) Russland „EU-Kommissar geißelt „prorussische Desinformationskampagne“ … von der keiner was gehört hat. (ZON)
Da sieht man mal wieder, wie geschickt der Russe vorgeht!!!11!
Womit aber nicht geklärt wäre, was das Attribut „prorussisch“ in solch einer Meldung soll? Ist eine Antirussische Haltung erwünschter?
Und was diese ganze Fakenews Debatte angeht. Es werden dafür eigentlich nie wirklich konkrete Anklagepunkte offenbart, sondern fast auschließlich im konjunktiv Vermutungen geraunt..
Kann es z.b. wirklich sein, dass ein russischer Staatssender, der nur im Internet (auf deutsch) aktiv ist, im Jahre 2018 soviel Einfluss ausübt, dass die gesamte deutsche MedienlLandschaft daran glaubt, dass sie „die deutschen“ mehr beeinflussen als sie selbst?
Entweder machen ihre PR Abteilungen dann etwas falsch (mehr Russen engaieren?) oder es ist eine Umkehrung der Fakten (Finanziell steht z.b. die deutsche Welle fast genau so da, wie alle RT Sender zusammen).
Fakenews hat mit dem Artikel hier ebensoviel zu tun wie prorussisch, antirussisch oder Fußpilz.
Verlaufen?
@Schnellinger: Ja leicht verlaufen, nachdem um relevantere Themenvorschläge gebeten wurde.
Unterstreicht aber, dass das Thema „Berichterstattung“ über Russland viele umtreibt.