Geschwärzte Titelseiten

Schwedisches Königs­haus wehrt sich gegen deutsche Märchenpresse

Jahrelang hat das schwedische Königshaus die Lügen der deutschen Regenbogenpresse still hingenommen. Doch nun geht es juristisch gegen die Klatschblätter vor.

Die „Neue Post“ aus dem Bauer-Verlag musste bereits vier Titelschlagzeilen über Kronprinzessin Victoria schwärzen:

Vier Cover der "Neuen Post", auf denen die Titelschlagzeilen zu Victoria geschwärzt wurden

Zweimal hatte das Blatt Victorias vermeintliche „Krönung“ verkündet, zweimal ihr angebliches „Baby-Geheimnis gelüftet“.

Auch „Das Neue“ (Bauer) und die „Bunte“ (Burda) wurden von Gerichten zu Schwärzungen verdonnert:

Cover von "Das Neue", auf der die Schlagzeile zu Victoria geschwärzt wurde. Außerdem: Cover der "Bunten" mit der Titelschlagzeile "Victoria von Schweden - Ihr geheimer Baby-Plan - Ein Urlaubs-Schnappschuss sorgt für aufgeregte Spekulationen", das große Titelfoto dazu ist nicht mehr zu sehen (stattdessen graue Balken)

Bei „Das Neue“ war ursprünglich eine „Baby-Glück“-Schlagzeile zu sehen, bei der „Bunten“ ein Paparazzi-Abschuss von Victoria und ihrer Tochter am Strand.

Normalerweise ignorieren Königshäuser diese Blätter. Gerüchte und falsche Behauptungen werden nicht kommentiert, rechtliche Schritte ergreifen die Royals nur ganz selten.

Das schwedische Königshaus hat es immer genauso gehalten – mit einer spektakulären Ausnahme: Anfang der 2000er ging der schwedische Hof gegen über 80 Artikel in deutschen Klatschblättern vor und erwirkte Dutzende Gegendarstellungen, viele sogar auf der Titelseite:

Prinzessin Madeleine bekam von einem deutschen Gericht außerdem eine Geldentschädigung in Rekordhöhe zugesprochen: 400.000 Euro musste der Klambt-Verlag der Prinzessin seinerzeit wegen der jahrelangen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte zahlen.

Und plötzlich war Ruhe. Nach den Gerichtsurteilen ließen die Redaktionen schlagartig von den Schweden ab und konzentrierten sich lieber auf die weniger klagefreudigen Königshäuser.

Wir haben mal die damaligen Titelseiten von „Frau mit Herz“ (Klambt) rausgesucht, daran kann man schön sehen, wie die Berichterstattung plötzlich zurückging. (Die Schweden-Cover sind hervorgehoben, die Cover mit Gegendarstellungen gelb umrandet.)

Schluss mit Schweden-Märchen (Titelseiten von 2003 bis 2006)

So verschwand die schwedische Königsfamilie aus der deutschen Knallpresse. Ganze sechs Jahre lang wurde sie in Ruhe gelassen. Erst 2009, als Victoria ihre Verlobung bekanntgab, ging das Spektakel wieder los, und dann gleich wieder von 0 auf 100: süßes Geheimnis, schockierendes Geständnis, Schicksalstränenpsychodrama.

Warum sich die Royals nun seit einigen Monaten wieder dagegen wehren, ist nicht bekannt (ihre Anwältin wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern). Eines zeigt sich aber ganz deutlich: Es wirkt – wieder. Zwar verzichten die Blätter diesmal nicht gänzlich auf Schweden-Schlagzeilen, sie lassen es aber viel vorsichtiger angehen.

„Das goldene Blatt“ (Funke) zum Beispiel. Wo bis vor Kurzem noch munter Schwangerschaften erfunden wurden …

… ist seit dem juristischen Gegenwind nur noch vage von „schönen Nachrichten“ die Rede:

Die eine Nachricht ist übrigens, dass Victoria auch in diesem Jahr Geburtstag hat. Die andere, dass ihre Schwester ein Kind bekommt. Da wäre eine „Baby“-Schlagzeile also ausnahmsweise gar nicht mal so falsch gewesen, doch die Redaktionen halten sich jetzt lieber erstmal zurück. Gibt ja noch genug andere Royals, über die man ungestraft weiterlügen kann.

11 Kommentare

  1. OT, aber: was ist das eigentlich für ein Photoshop-Filter, der die Personen auf diesen Titelblättern immer wie Wachsfiguren erscheinen lässt?

  2. „geht neuerdings juristisch gegen Blätter“ … das „neuerdings“ ist allerdings auch schon wieder 10 Jahre her ….

  3. …das alles ist lästig wie Fliegen für die Betroffenen. Vermute ich mal.
    Frage ich mich immer wieder:
    Wie geht das, abends in der Kneipe mit Freunden zusammenzusein oder morgens beim Fältchengucken in den Spiegel zu schauen?
    Mir unerklärlich.
    Andererseits: Ich hatte mal eine kurzzeitige Freundin, die unbedingt zur „Bild“ nach Hamburg wollte.
    K.A. warum, jedenfalls weg vom Lokaljournalismus.
    Naja, I-Net gab es noch nicht, nur den Brotkasten C64(VC20) o.ä.
    Allerdings schon BILDblog in Buchform.
    Wer sich erinnert…?

  4. Prinz Harry ist der neue Robin Hood?

    @3: Erinnert ihr C64?
    Erinnert ihr Star Wars?
    We want to ‚member!

  5. @Krimekri: Nö. Vor 15 Jahren sind sie dagegen vorgegangen, dann nicht mehr, neuerdings (=seit ein paar Monaten) aber wieder.

    @Schmidt123: Gute Frage. Würden wir den Funke-Leuten auch gerne selber stellen, unsere Interview-Anfragen werden seltsamerweise aber immer abgelehnt.

  6. “ @Schmidt123: Gute Frage. Würden wir den Funke-Leuten auch gerne selber stellen, unsere Interview-Anfragen werden seltsamerweise aber immer abgelehnt.“
    Ne, echt?
    Vielleicht mal in/bei der Staatskanzlei NRW nachfragen, oder in Ludwigshafen/Oggersheim oder so.
    Soll da jemanden geben, der sich auskennt.
    Aber im stillen wirkt. Jedenfalls nicht nach aussen.
    Das hat aber nichts mit der Funke-Gruppe zu tun.
    Am Pförtner der Funkes kommt so schnell niemand vorbei.
    Ein Schelm und böswillig, wer schlechtes dabei denkt.

  7. @Krimekri: Sie haben Recht, das von 2014/2015 war mir entgangen, sorry. Dabei ging es aber „nur“ um Paparazzifotos, nicht um erfundene Geschichten. Zwar gab es 2015 auch eine einstweilige Verfügung gegen „Die Aktuelle“, die fälschlicherweise behauptet hatte, Madeleine habe sich getrennt, dass sich der Hof in so großem Stil gegen die Blätter wehrt, ist aber länger nicht vorgekommen.

    Und das Schmerzensgeld von 2009 bezog sich auf die über 80 Artikel, die schon Anfang der 2000er erschienen waren (und zu denen das Königshaus bereits Gegendarstellungen erwirkt hatte).

  8. @ MATS SCHÖNAUER 15. NOVEMBER 2017 UM 13:00 UHR
    „@Krimekri: Nö. Vor 15 Jahren sind sie dagegen vorgegangen, dann nicht mehr, neuerdings (=seit ein paar Monaten) aber wieder.

    @Schmidt123: Gute Frage. Würden wir den Funke-Leuten auch gerne selber stellen, unsere Interview-Anfragen werden seltsamerweise aber immer abgelehnt.“

    Wobei man annehmen darf, dass eine Ablehnung den gleichen qualitativen Gehalt haben dürfte wie das Schöngeschwätz dieser Typen – nämlich Null.

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