Der Autor
Gerald Hensel ist Vorsitzender von Fearless Democracy e.V. und schafft mit dem Projekt HateAid gerade eine Plattform für Angegriffene digitaler Gewalt. Hensel arbeitet sonst als Strategie-Partner bei der Beratungsfirma PLOT.
Liebe Online-Journalisten, ihr endgeilen Ficker!
In den letzten 24 Stunden ging eine eher boulevardesk-politische Meldung durch die Decke, die ich ziemlich bemerkenswert fand: „Dunja Hayali kontert einem Troll“.
Was war passiert?
Die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali hatte mal wieder einen fiesen Kommentar eines Trolls auf ihrer Facebook-Seite. Sie reagierte direkt und sichtlich genervt. (Facebook hat ihren Eintrag inzwischen gelöscht. Nachtrag, 23 Uhr. Facebook hat die Löschung rückgängig gemacht.)
Nun schätze ich Frau Hayali sehr und glaube, dass sie das Thema digitale politische Gewalt wirklich sehr bewegt. Aber solche Gefühle und Reaktionen wie die hier zeigt jeder, der irgendwann mal in seinem Leben Kontakt mit der dunklen Seite des Netzes hatte. Sie sind nicht ungewöhnlich, sie kommen mal smarter oder mal weniger smart rüber, sie sind mal besser und mal schlechter geschrieben. Aber eines sind sie im Normalfall nicht: Grund zum Abfeiern für mehrere Redaktionen.
Gerald Hensel ist Vorsitzender von Fearless Democracy e.V. und schafft mit dem Projekt HateAid gerade eine Plattform für Angegriffene digitaler Gewalt. Hensel arbeitet sonst als Strategie-Partner bei der Beratungsfirma PLOT.
Als Urheber von #KeinGeldFürRechts sind mir Hasskommentare bis hin zu Morddrohungen im großen Maßstab wohl bekannt. Auch Monate später, in den Tagen nach Gründung unseres Vereins Fearless Democracy, bekamen wir alle möglichen Formen digitalen Hasses in die Mailbox. Wer mal sehen will, wie sowas praktisch aussieht: einen wirklich kleinen Ausschnitt an Zuschriften habe ich hier abgebildet. (Die Liste wird immer noch aktualisiert.)
Seit sich die Einstiegskosten für das tägliche sexistische, antisemitische, islamophobe oder behindertenfeindliche Bepöbeln von Mitmenschen dank sozialer Medien gegen Null bewegen, ist das fast zum Volkssport geworden. Wer dann zum Beispiel Renate Künast beobachtet, wie sie einen „Facebook-Kritiker“ besucht, wird überrascht sein, dass der im echten Leben oft total nett scheint. Hass im Netz ist auch aus Empfängersicht komplex und vielschichtig – und nicht einmal Gegenstrategien sind einfach zu greifen. Ist Counterspeech die richtige Strategie? Taugt das #NetzDG etwas? Wie soll man das alles vermitteln in einer Welt, in der Künasts Hater eigentlich ganz nette Normalos sind, die leider Hatespeech als Ausdruck freier Rede missverstehen und sich bei einer Konfrontation nicht mal daran erinnern können, dass sie sie jemals aufs Übelste beleidigt haben?
Ein Kern des Problems rund um digitalen Hass ist: Es muss allen möglich nett und bissgerecht serviert werden. Und wenn ein bisschen Clickbait reinpasst, warum nicht? Klar, Vereinfachung ist gerade in Zeiten des Wandels gängige Methode, wenn es komplex wird.
In einem meiner Lieblingsartikel von Mario Sixtus schrieb er im Jahr 2007 über das damals grassierende Second Life Fieber: “Die Eröffnung eines Zeitschriftenladens in Bad Salzuflen ist wahrscheinlich noch nicht mal der dortigen Lokalzeitung eine Notiz wert, stellt ‚Vanity Fair‘ hingegen einen einsamen Zeitungskiosk in Second Life auf, verbreiten die Agenturen das brav als Nachricht – selbstverständlich inklusive Bild, das ebenso selbstverständlich nicht auf die allgegenwärtigen, vollbusigen Avatar-Statistinnen verzichtet.”
Ist Ihnen mal aufgefallen, wie sehr Twitter-Meldungen seit Trumps Amtsantritt den Weg in die „Leitmedien“ gefunden haben? Die Plattform, auf der über 90 Prozent der Deutschen eben nicht aktiv Mitglied sind und deren Zukunft noch im Sommer 2016 höchst ungewiss war, hat mit Trump natürlich die Mutter aller Markenbotschafter gefunden.
Für den Journalismus selbst ist das schleichendes Gift. Wo der Tweet des Präsidenten, die Replik seines aktuellen Widersachers oder – Entschuldigung schon jetzt für diese Aufzählung an Frau Hayali – der Kommentar an Emre, den „endgeilen Ficker“, schnell und pointiert in Echtzeit gesendet, gelesen und diskutiert wird, hat der Journalist selbst keine Rolle mehr. Das, was viele Journalisten in diesem Spiel allerdings tun – das zeigt das aktuelle Beispiel: Sie kuratieren die Wut im Netz. Und meist kuratieren sie auch Hass sehr gefällig für den Massengeschmack.
Soll ich Ihnen mal zeigen, was Hatespeech ist und wie sie sich anfühlt?
Das ist Hatespeech.
Das ist Hatespeech.
Das ist Hatespeech.
Wenn Sie jetzt meine persönliche Wut spüren: Die ist absolut da.
Shahak Shapira hat gestern imposant vor dem Twitter-Hauptquartier demonstriert, wie groß das Problem ist und wie untätig Unternehmen, Gesellschaft und Gesetzgeber sind. Mit dem – oft organisierten – Massenhass musst fast jeder, der ihn erlebt, alleine umgehen, fast immer unvorbereitet und ohne Hilfe. Das sind keine Auswüchse eines Debattierclubs. Wir reden über psychologische Kriegsführung gegenüber Individuen; wir reden über den Versuch, Menschen unmöglich zu machen und ihnen die Freude am Leben zu rauben. Das ist Gewalt, und als solche muss sie auch benannt und geahndet werden.
Gewalt, die übrigens sicher auch Frau Hayali regelmäßig erlebt, deren privater Kommentar in den Medien zum Allgemeingut erhoben wurde und die für meinen Rant am allerwenigsten kann. Sie hat aber als Medienprofi den Luxus, diesen Kampf nach außen zu tragen, sie hat die Tools und die Reichweite dazu – ein Luxus, den die allermeisten eben nicht haben.
Der Kern des Problems ist massenhafter anonymer Hass, der heute jeden treffen kann, der den Mund aufmacht. Er trifft eben nicht mehr „nur“ Heiko Maas oder Dunja Hayali. Er trifft Menschen ohne PR-Team und ohne professionelles Umfeld, die das auffangen können. Ich habe das erlebt. Der Fuldaer Gewerkschaftler Andreas Goerke mit der Bürgerinitiative „Fulda stellt sich quer“, den ich vor einigen Monaten kennengelernt habe, hat das nach einer beispiellosen lokalen Internethetze erlebt. Sein Sohn hat das erlebt, der seine eigene Todesanzeige in der Post hatte. Und seine Frau hat das erlebt, die verdorbenes Fleisch zur Arbeit geschickt bekam. Und viele andere, die ich auf meinem Weg kennengelernt habe, haben das auch erlebt. Es gibt eben einen Unterschied zwischen dem gefällig-gruseligen, kuratierten Schlagabtausch, der hier in die Gazetten passt, und dem, was wirklich tagtäglich in deutschen Email-Postfächern auf einen wartet. Hier schließe ich übrigens Frau Hayali ganz explizit mit ein, die sicher viel Schlimmes liest. Mir geht es nicht um ihre Reaktion. Mir geht es um die mediale Verwertung.
Die modernen Politdiskurse im Netz haben nur noch wenig mit Politik und deutlich mehr mit Battle-Raps, Gladiatorenkämpfen oder Theatervorstellungen zu tun. Nur dass sie auf die Angegriffenen sehr psychologisch wirken. Sie haben nichts Inhaltliches. Und sie sind inszeniert. Es gibt Teams, Helden und Schurken, und es gibt Zuschauer.
Welche Rolle viele Journalisten dabei einnehmen, verstehe ich zunehmend nicht mehr. Ticketverkäufer? Schiedsrichter sind sie sicher nicht. Dazu fehlt die Lust, in die Tiefe zu gehen und den ganzen Dreck an die Oberfläche zu holen. Bei vielen „kleinen“ NGOs, Vereinen und Individuen, die sich in irgendeiner Weise dem Thema Hatespeech und Massengewalt im Netz nähern oder deren Opfer sie wurden, steigt langsam die Wut über eine Berichterstattung, die viele nicht mehr nachvollziehen können.
Wer Hass selbst heute im großen Maßstab erlebt – und das werden täglich mehr normale Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die den Mund aufmachen – steht meist komplett alleine da. Das ist die Realität Deutschlands im Jahr 2017. Und bei allen richtigen Verweisen auf schlagfertige Promis ist das der eigentliche Skandal, über den es sich mal zu schreiben lohnt.
Ich glaube, Herr Hensel interpretiert Frau Hayalis Reaktion ziemlich falsch.
Die Antwort von ihr ist doch offensichtliche Satire auf den „Troll“, vom Schreibstil und der Wortwahl eben absichtlich an das „Niveau“ angepasst. Und eben kein Gefühlsausbruch. Man braucht doch nur mal ihre übrigen Posts zu lesen, dann erkennt man den Unterschied.
@1 „Ich glaube, Herr Hensel interpretiert Frau Hayalis Reaktion ziemlich falsch.“ Thomas K.
Ich glaube da könnten Sie Recht haben, ich glaube aber, dass es dem Autor um etwas anderes geht:
„Mir geht es nicht um ihre Reaktion. Mir geht es um die mediale Verwertung.“
Und da bin ich sehr bei ihm. Ein sehr guter Text hier auf Uebermedien. Bitte mehr davon.
Ich stimme zu. Das ist ein guter Text, der mich allerdings etwas ratlos zurück lässt.
Haben Sie einen Vorschlag, was Journalisten anstelle dessen tun sollten/können?
Frau Hayali ist ein Vollprofi,der sich eben NICHT gefühlsgesteuert äussert.
Was Frau Hayali immer anstrebt ist Öffentlichkeit herzustellen.
Das sehe ich absolut neutral,
ich amüsiere mich aber köstlich über die unterschwellige Naivität vieler,das Frauen zu solcher „Subtilität“ der Beherrschung der medialen Klaviatur nicht fähig wären.
Leider sind Sie für mich nicht glaubwürdig, sehr geehrter Herr Hensel. Wer versucht, andersdenkenden Publizisten wie Tichy oder Broder den Geldhahn zuzudrehen, ist ein Feind der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit.
Gegen beleidigende Kommentare oder gar Drohungen bin ich auch, aber dann bitte ebenso die verbalen Exzesse im eigenen politischen Lager kritisieren und tatsächliche Gewalttaten nicht verharmlosen.
Empfindet Emre die Anrede „endgeiler Ficker“ wirklich als schlimmen Hass? Es lassen sich ja durchaus Situationen vorstellen, in denen Mann sich mit diesen Worten geschmeichelt fühlen könnte…
So bleibt der Eindruck von zwei Kontrahenten, die sich gegenseitig Hass nur vorwerfen, um sich selbst zu adeln und gegen Kritik zu immunisieren. Die Symmetrie ist ja tatsächlich perfekt.
Das Ganze hat riecht nach Stilisierung und dazu passt dann auch wieder das „Abfeiern“ durch mehrere Redaktionen.
Ich musste erstmal „kuratieren“ googeln. *schäm
Dass Hayali mal einfach den Spieß umdreht, ist wirklich lustig, kann aber insgesamt echt nicht die Lösung sein…
Und ich frage mich gerade, wird sie gehatet, weil sie deutsch ist, weil sie irakischer Abstammung ist, oder weil sie von hause aus katholisch?
@Angelo M. Erkel, #5
Was Herr Hensel mit seiner Aktion #keingeldfürrechts macht, ist genauso legitim wie Boykottaufrufe gegen israelische Waren, Peta-Werbung gegen Pelz und Fleisch, oder wenn die Antifa vor rechten Marken warnt. Es geht einfach nur darum, dass man dem politischen Gegner kein eigenes Geld und damit Macht geben will, und dass man andere gleichgesinnte dazu bringt, das ebenfalls nicht zu tun. Sie haben die Freiheit, da mitzumachen oder eben nicht. Herr Hensel zwingt niemanden dazu, Tichy nicht mehr zu lesen oder dort keine Werbung zu schalten. Und die grundgesetzliche Meinungsfreiheit zwingt niemanden, allen politischen Stimmen gleichermaßen Werbeeinnahmen zu überlassen. Sonst würde ich mal fordern, Parteispenden werden grundsätzlich nicht an die Parteien getätigt, sondern an den Bundestag und der verteilt das dann nach Stimmenprozenten.
@Angelo M. Erkel, #5
„Aber der / die doch auch!“ sollte doch seit dem Kindergarten eigentlich überholt sein.
@8
„Sie haben die Freiheit, da mitzumachen oder eben nicht!“
Ich hätte Ihnen zugestimmt, wenn Hensel schlicht eine Pranger-Website aufgesetzt hätte, auf der er ihm unangenehme Onlinemedien auflistet, seine Abneigung begründet, und dazu aufruft, diese nicht zu konsumieren (führt ja auch zu weniger Anzeigenklicks und damt weniger Umsatz…). Das ist wenigstens ein Kampf mit offenen Visier.
Die Wirkmechanik von #keingeldfürrechts war aber wesentlich gewitzter und hinterlistiger. Sie missbraucht die Zwänge, unter denen völlig Unbeteiligte stehen, um Fürsprechern des politischen Gegner die ökonomische Halsschlagader zu durchtrennen.
Ich möchte das an einem Beispiel illustrieren:
Stellen Sie sich vor Sie wären ein völlig normaler Typ. Ein kleiner PR-Mitarbeiter bei TUI oder Haribo, der irgendwelche eintrudelnden eMail-Anfragen abarbeiten muss. Es ist Mittwoch, ihr Terminplan ist mit dem Tagesgeschäft voll, gleich ist Mittagspause, um 15:00 wird es ein paar Donuts geben (Geburtstag vom Bernd), um 16:30 dann noch das lahme jährliche Briefing zum Thema Ergonomie am Arbeitsplatz.
Da erhalten Sie eine Anfrage: „Wissen Sie, dass ihre Banner auf der rechten Website Achgut.com stehen und dort ihre Marke repräsentieren? Haben Sie keine Blacklist? #keingeldfürrechts“
Von Achgut.com haben Sie nie gehört. Wie reagieren Sie? Erstmal Zeit gewinnen, in den Dialog eintreten: „Danke für den Hinweis, wir gehen der Sache nach!“
Jetzt aber hart nachdenken. Erstmal nachschauen, was ist denn überhaupt #keingeldfürrechts? – Oho, ein Onlinepranger, verstehe. Wenn wir Achgut.com nicht blacklisten, produzieren sie dort einen Shitstorm. Kommt dann womöglich auch in die generellen Medien…
Ihr Job ist es, schlechte Presse zu vermeiden. Wenn Sie Ihren Job behalten wollen, löschen Sie jetzt den Funken, bevor er zum Flächenbrand wird!
Was werden Sie tun? Achgut.de ungesehen blacklisten? Wäre für ihren Job das sicherste.
Oder sind Sie etwa jemand, der der Wahrheit verpflichtet ist, wagen Sie eine genaue Untersuchung? Gegen Rechts sind wir ja alle, aber ist der Vorwurf überhaupt gerechtfertigt? Lesen Sie sich über Stunden durch deren Artikel? Was passiert, wenn Sie persönlich Achgut.com unbedenklich finden – aber womöglich Artikel übersehen haben, die Sie anders einschätzen würden? Wikipedia schätzt die Seite als „Neokonservativ ein“, aber die Typen, die bei
#keingeldfürrechts wirken, sind ja trotzdem schon in Shitstormposition, die würden sich da sicher nicht auf ne Debatte einlassen… Was tun?
Mist, die Kollegen gehn schon in die Kantine. „Ja, ich komme gleich!!“
Die Vorgesetzte um ne Einschätzung fragen? Nee, geht nicht, da wirken Sie entscheidungsschwach und empfehlen sich nicht für höhere Aufgaben. Einfach aussitzen? Geht auch nicht. Politische Statement zum Liberalismus abgeben? Oha, das kann total entgleisen!
Ach verdammt, komm – Eingabe an die Kollegen vom Onlinemarketing aufsetzten, Achgut.com blacklisten und fertig. Kurze Bestätigung an den eMailer, „Die von Ihnen genannte Website wird nicht mehr von uns als Werbefläche genutzt!“
Kann ja ein anderer Kollege hinterher wieder un-blacklisten, aber für heute haben Sie wieder einmal Ihre Aufgabe erfüllt und Ihren Brötchengeber vor Unbill bewahrt. Puh, so’n Stress. Naja, nachher gibts ja die Donuts!
Ein natürlich fiktives Beispiel, aber Sie können sich darauf verlassen, dass das bei genügend Firmen so läuft. Und Hensel, „Strategy Director“ bei Scholz & Friends, wusste das auch.
Dies tut er in einem Land, in dem die breite Medienlandschaft ohnehin einen erheblichen Linksdrall hat, und in dem die paar versprengten echten Konservativen nur auf relativ unbekannten Websites oder Privatblogs publizieren (come on, wer liest denn schon Tichy?!) Aber nicht mal die soll es mehr geben, nach Hensels Wunsch.
Hensel stellte mit #keingeldfürrechts ein Instrument bereit, das jeder Nutzen kann, um Unternehmen eine soziale Falle zu stellen. Die Wahl: Tu, was wir verlangen, oder lass Dich als Unternehmen brandmarken, das „mit rechts“ liebäugelt, mit unabsehbaren Konsequenzen. Die Folge: Angstgetriebener Anzeigenboykott, das Ende der Plattformen: Wer sich nicht mehr leisten kann, zu sprechen, verstummt, Bingo.
Dergestalt über Bande spielend, versuchte Hensel, das Spektrum möglicher öffentlicher Äußerungen auf nicht-gesetzlichem Wege de facto zu verringern.
Eines jedoch stimmt: Hensels #keingeldfürrechts Strategie kommt ganz ohne Schimpfworte und Unflätigkeiten aus. Sie ist so elegant wie ein seidiges Würgeseil, mit dem der Ninja sei Opfer ins Jenseits befördert.
der Gattung der unterprivilegierten Stuhlbrecher auf intelligentere Art entgegenzutreten, wäre reine Zeitverschwendung. Bildungsfernen 3 Watt-leuchten kann man zwar erstklassig Humbug wie Verschwörungstheorien auf schwatzen, gegen sachliche Argumente und Logik ist das Prekariat immun, das mit kernigen Beleidigungen, Drohungen und Aufrufen zu Straftatenvergbelich gesitige Fähigkeiten und Impotenz zu kompensieren sucht.
Da lob ich mir den Prinz of Pegida: http://www.youtube.com/watch?v=YxZeIxO62L0
@Reaktionär, #10
Konstruierter haben Sie es nicht hingekriegt, oder? Lassen Sie Ihrer Fantasie ruhig freien Lauf, denn mit nichts argumentiert es sich besser als mit ausgedachten Beispielen. Yey!
Internetwerbung als Garant für Meinungsfreiheit. Ghnihihihi. Sieht man einmal davon ab, dass es heutzutage so leicht und billig zu publizieren ist wie noch nie. Aber vielleicht sollte man bei seiner Publikation auch die Attraktivität für Werbekunden beachten. Kleines 1mal1 der Marktwirtschaft.
@Reaktionär
Dergestalt über Bande spielend, versuchte Hensel, das Spektrum möglicher öffentlicher Äußerungen auf nicht-gesetzlichem Wege de facto zu verringern.
Ja natürlich, das ist doch der Sinn von der Aktion. Ich weiß nur nicht, was ist ihr Problem damit? Meinungsfreiheit bedeutet praktisch, ohne Rücksicht auf Fakten sagen zu dürfen, was man will. Wenn es kein richtig oder falsch gibt, und jede Meinung auch nur den Anspruch hat, Meinung zu sein, dann gibt es eben „Fan“-Denken und Kampf darum, wer lauter ist und öfter gehört wird. Kennen Sie jemanden, der bei solchen Themen öfter die Seite wechselt und zugibt, falsch zu liegen? Für einen rationalen Geist gehört es dazu, auch zu irren und seine Einschätzung der Lage zu ändern. Passiert aber bei den wenigsten Leuten, weil die relevanten Kategorien „gut und böse“ sind und nicht „richtig oder falsch“. #keingeldfürrechts ist in dem Sinn ein vollkommen normaler Beitrag zur Debattenkultur in diesem Land.
Insofern, ich mag Broder nicht, also #teamhensel
Sprach der ehemalige Executive Strategy Director Digital einer PR-Agentur.
Ich habe den Text nun zweimal gelesen, aber trotzdem ist mir nicht so ganz klar, was er bezweckt. Auf mich wirkt es so als würde der Autor Hayalis Reaktion nur als Aufhänger nutzen, um seinen eigenen Fall aufarbeiten zu können.
Auch habe ich mir die Seite mit der gesammelten Hate-Speech mal angeschaut. Neben wirklichen Hassnachrichten sind da dann so Sätze dabei wie: (an eine teilnehmende Firma) „Und wo ist da die Toleranz und Vielfalt? Merkt ihr gar nicht, auf was für eine faschistische Sch… ihr euch durch @ghensel einlasst?“ oder „@ghensel dann freut es mich, daß ich Deine Aktion mit einem bewährten 82 Jahre alten Logo unterstützen kann. Es funktioniert damals schon.“ (Es folgt ein Bild: „Kauft nicht bei Juden!“) Das ist beide Male eine harsche Kritik an der Aktion, mehr nicht. Weder ist es eine Drohung, noch überhaupt ein Angriff auf die Person selbst. Und offen gestanden finde ich auch manche persönlich angreifenden Postings wie „Du mieser kleiner Denunziant! Ich wünsche dir das schlechteste auf der Welt!!!“ eher lächerlich als beängstigend. Das ändert natürlich nichts daran, daß da auch etliche strafrechtlich relevante Beiträge darunter sind, nur finde ich es falsch, das einfach zu vermischen.
Um wieder auf Hayali zurückzukommen: Ich finde es gut, wie sie reagiert hat. Daß die Medien nun gerade diesen Konter durch’s Dorf treiben, verstehe ich zwar nicht – so herausragend finde ich ihn nun auch wieder nicht, ganz abgesehen davon, daß ich die Anrede „Du endgeiler Ficker“ nicht verstehe, da hätte sie doch eher „Stricher“ nehmen müssen – aber ich sehe nun auch nichts sonderlich Negatives darin. Im Artikel heißt es „Bei vielen (…) steigt langsam die Wut über eine Berichterstattung, die viele nicht mehr nachvollziehen können“. Was wäre denn der Wunsch gewesen? Das Thema Hate-Speech gar nicht zu thematisieren? Statt Hayalis Konter breit zu treten, einen weiteren Artikel darüber zu schreiben, wie schlimm Hate-Speech ist? Alle Pöbler zu Hause aufzusuchen und „den ganzen Dreck an die Oberfläche zu holen“?
Ich verstehe wirklich nicht, was der Artikel bezweckt (außer daß nochmal die „Kein Geld für Rechts“-Aktion erwähnt wird).
@#4 – Was zeichnet eigentlich den Vollprofi aus? Die Orthografie anscheinend nicht, denn da ist Frau H. aus professioneller Sicht eher unterer Durchschnitt.
@ 12
Wenn Sie tatsächlich einen Wissensvorsprung haben, was die Prozesse des Blacklistings betrifft, belehren Sie mich doch bitte, wie das in Wirklichkeit abläuft (idealerweise mit Belegen, damit ich sehen kann, dass Sie sich Ihre Darstellung nicht ebenfalls einfach ausdenken), damit wir den gleichen Informationsstand haben.
Dann sehen wir weiter.
@13
Mein Problem ist, dass die von Ihnen und Hensel gewünschte Gesellschaft anscheinend erzwingt, dass sich Firmen zwangsweise politisch positionieren MÜSSEN, auch wenn sie es vllt. gar nicht wollen. Die werden durch die Boykottstrategie da einfach mit reingezogen und instrumentalisiert. Das finde ich unerträglich totalitär.
Ich bevorzuge eine Gesellschaft, in der die Firmen sagen können: „Wir sind ein gewinnorientiertes Unternehmen, kein politischer Akteur. Wir werben, wo es Kundschaft gibt. Unsere Gummitiere / Autoreifen / Pauschalreisen verkaufen wir jedem, der sie haben möchte. Wir erklären nicht bestimmte Kunden zu unerwünschten Kunden, nur weil uns ihre Gedanken nicht passen. Führt den politischen Kampf in der politischen Arena, aber zieht uns da nicht mit rein.“
und dass das dann akzeptiert wird.
Aber nein, nach der Angstmachermethode a la Hensel geht das nicht mehr.
Aber okay, wenn Sie und Hensel eine dermaßen in kämpfende Lager aufgeteilte Gesellschaft wünschen, dann finde ich es geradezu lächerlich, dass ausgerechnet Schimpfworte nicht Teil des Instrumentariums sein sollen. Und warum dort auch nur aufhören? Wer anderen an ihre ökonomische und publizistische Existenz gehen will, hat mit ganz angeren Konsequenzen zu rechnen als online geäußerten Flüchen. Wenn schon Kulturrevolution, dann aber auch Volle Pulle.
@ 12
„Internetwerbung als Garant für Meinungsfreiheit. Ghnihihihi.“
Ja sicher. Geld macht frei. Wer finanziell unabhängig ist, kann schwer erpresst werden. Rentiert sich die publizistische Tätigkeit, läuft das besser, als wenn man nach 8 h Arbeit, 1 h Pendelei und nach dem Zubettbringen der Kinder noch nen Blogbeitrag rausquälen muss.
Die Methode Hensel zielt darauf ab, die finanzielle Unabhängigkeit der von Ihm erwählten Gegner zu vermindern oder – idealerweise – zu zerstören. Das wird dafür sorgen, dass einzelne Stimmen verstummen.
Hensel ist aber ja nicht der einzige Kämpfer für eine schöne neue Welt.
Gibt ja noch weitere, und deren Strategien.
On top kommen dann noch Facebook-Sperren, Twitter-Sperren, Youtube-Sperren. Und schon sind die nächsten weg vom Fenster.
Dann haben wir das feine NetzDurchsuchungsGesetz.
Dann die typischen Onlinepranger.
Veranstaltungsstörer, falls mal jemnd irgendwo einen Vortrag halten sollte.
Und wer nach dieser Bearbeitung noch übrig ist, wird mit haarsträubenden Klagen überzogen (ist ne relativ neue Taktik, aber Beispiele kann ich Ihnen nennen). Kostet Zeit und Geld, und irgendwann geben auch hartnäckige Freizeitpublizisten auf.
Nach dieser Flurbereinigung auf Graswurzelebene kann man sich dann die nächstgrößeren Brocken vornehmen.
@Reaktionär, #17
Da hab ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich möchte keineswegs solch eine Gesellschaft, nur denke ich, dass wir bereits in einer solchen leben, und unter diesem Gesichtspunkt interpretiere ich den Boykott-Aufruf. Sie haben recht, wüste Beschimpfungen bis zu Morddrohungen als psychologische Waffen und tatsächliche Übergriffe sind da nur konsequent weiter gedacht. Mit #teamhensel wollte ich verdeutlichen, wie normal es ist, sich wegen „gut“ und „böse“ auf eine Seite zu schlagen, aber natürlich war das blöd, weil ja niemand meine Gedanken dazu lesen kann.
Ich möchte keine Gesellschaft mit Meinungsfreiheit, sondern eine meinungsfreie Gesellschaft. Was nützt mir meine Meinung, wenn ich ein falsches Bild von der Realität habe? Die Realität ändert sich nicht, wenn ich mehr Menschen von meiner Meinung „überzeuge“.
Womit ich aber überhaupt nicht einverstanden bin, ist Firmen zu personifizieren und mit ihnen Mitleid zu haben, weil sie sich gesellschaftlichen Druck beugen müssen. Der einzige Zweck aus Sicht eines Unternehmens ist es, Profit zu machen. Ein politisches „Image“ wird gewählt, wie es gerade mittelfristig dem Profit zuträglich ist. Wenn eine Position bezogen werden muss, ist das nicht unfair oder totalitär, sondern eine Herausforderung für die PR-Abteilung.
Meinungen beziehen sich nicht bloß darauf, wie die Dinge sind, sondern auch, wie sie sein sollten.
Wenn ich also z.B. viele Menschen überzeugen kann, keine BILD zu lesen, wird sie weniger gelesen.
@Reaktionär, #18
Scheint aber dann nicht weit her mit der „finanzielle Unabhängigkeit“ zu sein. Alltag übrigens in Deutschland. Ist eigentlich auch ganz einfach: Wenn ich arg von Werbung abhängig bin, muss ich eben attraktiv für Werbende sein (- oder mir andere Geldquellen erschließen). Die Werbenden treffen schließlich ebenso eine Abwägungsentscheidung ob sich das Werben lohnt. Imagepflege nennt man das, glaube ich.
Und selbstverständlich positionieren sich Firmen mit deren Image ganz selbstverständlich innerhalb einer Gesellschaft. Da muss gar nichts erzwungen werden. Das Konkurrenzprodukt des Mitbewerbers ist schließlich auch nur einen Kundenklick im Internet entfernt.
Nachtrag:
„Mein Problem ist, dass die von Ihnen und Hensel gewünschte Gesellschaft anscheinend erzwingt, dass sich Firmen zwangsweise politisch positionieren MÜSSEN“
Aber nein. Eine politische Position auszulassen, lässt genug andere Positionen übrig. Es geht also eher um eine De-Positionierung. Aber das schwarz-weiß-Lagerdenken ist sicher ein Problem. (Außer für Scharfmacher.)
@ Raoul #14
„…nur finde ich es falsch, das einfach zu vermischen.“
Genau richtig. Hinter dem Amalgam steckt aber Methode: man mischt offensichtlich strafrechtlich relevante Hassreden mit unliebsamen Meinungen, um vor allem letztere loszuwerden. Es darf darüber spekuliert werden, inwieweit in diesem Spiel Hassreden sogar willkommen sind.
„Es darf spektuliert werden“? Ist ja ein Ding.
(Vielleicht schreiben Sie nächstes Mal einfach direkt: „Ich möchte unterstellen“. Das wäre weniger schnörkelig, dafür aber zutreffend.)
Meine Güte, da kommen einem ja die Tränen! Vor Lachen, allerdings.
Einen Anspruch darauf, von rechter Agitation leben zu können, gibt es nicht. Auch Leute, die es dazu drängt, zweifelhafte Politpropaganda ins Netz zu stellen, können einer Erwerbstätigkeit nachgehen und ihrem Hobby nach Feierabend frönen. Wer die Hetze gegen Migranten und Andersdenkende aber zum Geschäftsmodell macht, der sollte halt sinnvollerweise damit klarkommen können, dass nicht unerhebliche Teile der Bevölkerung wenig Lust haben, das indirekt über Werbung mitzufinanzieren. Dafür sind im Zweifelsfall die Fans da, und bei denen scheint die Masche mit den „vom Verstummen bedrohten Stimmen“ ja tatsächlich zu ziehen. Fein, wer den Blödsinn unbedingt lesen möchte, darf ihn gerne auch bezahlen!
Die Behauptung, jemand verhielte sich wie die Nazis gegenüber den Juden, wenn er sich dagegen wendet, dass Werbegelder an Rechtspopulisten fließen, dient offensichtlich dem Zweck, den Betreffenden in einen Topf mit rassistischen Massenmördern zu werfen, also zu diskreditieren. Somit handelt es sich hier um ein (ziemlich primitives) Ad-Hominem, nicht um Kritik.
(Abgesehen davon, dass es grundsätzlich degoutant ist, wie Rechte sich seit geraumer Zeit bei jeder Gelegenheit mit verfolgten Juden gleichsetzen. Und dies nicht nur wegen der Holocaustrelativierung, die damit einhergeht.)
Unabhängig davon, wie harmlos Sie persönlich das alles finden, sind tatsächlich auch Hasstexte wie „Du mieser kleiner Denunziant! Ich wünsche dir das schlechteste auf der Welt!!!“ strafrechtlich relevant.
Nur zur Info.
Ich will zusätzlich mal anmerken, dass „faschistisch“ als Schimpf- und Signalwort inflationär und kaum jemals richtig verwendet wird. Gerade wenn die „Kritik“ von rechts kommt, hat das Wort mit seiner eigentlichen Bedeutung nichts mehr zu tun.
Eine Boykottaktion ist nicht faschistisch, nur weil die NSDAP das auch gemacht hat. Deren Boykottaktion gegen Juden war nicht schlimm wegen dem Boykott an sich, sondern wegen der dahinterstehenden Begründung, die Juden würden insgeheim die Welt regieren, Deutschland zersetzen und gehörten damit entmachtet und ausgelöscht. Der Boykott ist nur ein Symptom und eine konkrete Maßnahme. „Hitler hat das auch gemacht“ ist keine valide Kritik an irgendwas.
Damit will ich sagen, dass ich einerseits denke, solche Aussagen sind nicht direkt hatespeech, aber andererseits sind sie inhaltlich unlogisch und das sollte dann auch daran die Kritik sein. Sonst signalisiert man nur seine Zugehörigkeit zum anderen Lager.
@ 26: Beide Aussagen beziehen sich auf die Aktion, zu der ein Vergleich gezogen wird – völlig egal ob man den nun für richtig oder falsch hält. Ganz abgesehen davon habe ich keine Stellung zu den dort vertretenen Meinungen bezogen, sondern lediglich ihr Ziel deutlich gemacht. Wie sehr sie das nun aufregt und wie fürchterlich sie das alles finden, bleibt Ihnen ja unbenommen. Mit Hate-Speech hat es dennoch nichts zu tun.
Als einzig vermeintlich strafbares Wort kann ich in dem anderen Satz nur das Wort „Denunziant“ erkennen und dazu gab es bereits verschiedene Urteile, vgl. „Knöllchen-Horst“. Ich habe absichtlich diesen Text genommen, weil eine Verurteilung hier eben nicht zwingend gegeben ist.
Nur zur Info.
@ 27:
Wenn ich Sie richtig verstehe, geht es also nur darum „Stellung zu beziehen“, damit man nicht in den Verdacht gerät, irgendeinem „Lager anzugehören“ – unabhängig davon ob man die vorgebrachten Argumente für stimmig hält? Halten Sie das tatsächlich für sinnvoll?
Ich finde keineswegs, daß ich automatisch Stellung gegen eine Aussage beziehen muß, wenn es mir nicht um die Aussage an sich geht, sondern um ein völlig anderes Thema (hier: ob diese Aussage „Hate-Speech“ ist). Wenn daraufhin jemand meint, er müsse mich in eine bestimmte Schublade stecken, dann sagt das meiner Meinung nach deutlich mehr über diese Person aus als über mich und geht mir – gelinde gesagt – am Arsch vorbei.
@Raoul #28,
Ich verstehe nicht recht, wie Sie mich verstanden haben. Ich meinte, wenn jemand sagt, die Rechten würden jetzt auf faschistische weise wie damals die Juden verfolgt, dann ist keine sinnvolle Kritik meiner Meinung nach, diese Aussage als Hatespeech anzuprangern. Ohne inhaltliches Argument wird die eigene Seite applaudieren und die gegnerische buhen, also hat man nur seine Zugehörigkeit ausgedrückt, ohne den Diskurs voranzubringen oder jemanden zu überzeugen.
@ ErwinZK 29: Danke für die Erklärung, ich hatte das tatsächlich einfach mißverstanden. Dem stimme ich vollumfänglich zu.