ARD-Politshow „Die 100“

„Wir fragen die Teilnehmenden vorher gar nicht nach ihrer Parteizugehörigkeit“

Exklusiv für Übonnenten
Teilnehmerin Lisa Valent bei "Die 100"
Bei allen Teilnehmern, die in „Die 100“ zu Wort kamen, wurden Name, Alter, Wohnort und Beruf eingeblendet – nicht aber die Parteizugehörigkeit Screenshot: ARD Mediathek

„Ist die AfD eigentlich ein Problem für die Demokratie?“ Diese Frage stellte das Erste am 16. September zur besten Sendezeit, in der Debatten-Show „Die 100 – was Deutschland bewegt“. Wie Übermedien berichtete, verbreiteten AfD-Politiker anschließend die Lüge, einige der 100 Teilnehmer seien nicht mit ihrer persönlichen Meinung aufgetreten, sondern für ihre Teilnahme bezahlt worden. Richtig ist: Ein Teilnehmer ist Hobby-Komparse und war schon in anderen Fernsehformaten zu sehen. Richtig ist auch: Mehrere Teilnehmer engagieren sich parteipolitisch, was in der Sendung aber nicht transparent gemacht wurde. Wir haben die verantwortliche NDR-Redakteurin Julia Saldenholz gefragt, wie der Sender die Teilnehmenden auswählt, welche Rolle dabei eine Auftragsagentur spielt und wie gut „Die 100“ die Debatte um die AfD wirklich abbildet.


Ihre Debattensendung „Die 100“ zur Frage, ob die AfD ein Problem ist, ist Mitte September heftig kritisiert worden. Unter den Teilnehmenden waren mehrere Kleindarsteller, außerdem Menschen, die sich parteipolitisch engagieren. War das Absicht oder ein Versehen?

Julia Saldenholz: Weder, noch. Wir fragen die Teilnehmenden vorher gar nicht nach ihrer Parteizugehörigkeit, sondern nur, ob sie ein politisches Amt oder ein Mandat haben. Wir möchten ja, dass die Menschen sich bei uns mit ihrer persönlichen Meinung äußern und nicht für eine Partei sprechen. Neun Leute, die in der Sendung im September dabei waren, hatten angegeben, dass sie sich politisch engagieren. Davon haben drei ein Amt – in Ortschaftsräten oder als Sprecher einer Hochschulgruppe. Manche haben ihre Partei mit angegeben, das reichte von der SPD über die Freien Wähler, von „Die Partei“ über die Grüne Hochschulgruppe bis zur Europa-Union, einer Bürgerinitiative.

Das heißt aber, Menschen aus der CDU, FDP oder AfD fehlten.

Das weiß ich nicht genau, denn wir haben ja nicht danach gefragt. Wer nur Mitglied ist ohne ein Amt innezuhaben, musste uns das nicht sagen. Nochmal: Uns ist nicht wichtig, ob jemand Mitglied einer Partei ist. Entscheidend ist, dass wir Menschen auf dem Feld haben, die zu der gestellten Frage eine unterschiedliche Meinung haben. Also Menschen, die die AfD für eine Gefahr halten, und Menschen, die das anders sehen, sie sogar gut finden. Das war bei unseren 100 Teilnehmenden der Fall und darauf kommt es an.

Und der viel kritisierte Komparse?

Auch Nebentätigkeiten fragen wir nicht ab. Wir fragen die Leute auch nicht nach ihren Hobbys oder wann sie das letzte Mal auf einer Demo waren – würden wir alles von ihnen wissen wollen, müssten wir ihnen einen riesigen Fragenkatalog vorlegen. Das wollen wir nicht. Wir fragen unter anderem nach dem Wohnort, dem Geschlecht, dem Beruf und dem Alter und nach der Meinung zu verschiedenen gesellschaftlichen Themen. Es geht darum, in der Sendung eine gute Mischung zu haben – unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Ansichten.

Unter den Teilnehmenden war ein Vorsitzender aus einem SPD-Ortsverein, ein SPD-Gemeinderatsmitglied und ein ehemaliger stellvertretender Bezirksbürgermeister der SPD. Die Regierungspartei war also sehr präsent. Hätten Sie das nicht vorher besser erfassen oder zumindest kennzeichnen müssen?

Nein, weil die Menschen nicht für die SPD sprechen und mit der Regierung ja nun wirklich nichts zu tun haben. Wenn wir Mitgliedschaften abfragen und dann feststellen, dass wir drei Menschen mit SPD-Parteibuch haben, stellt sich natürlich die Frage: Wie viele Leute brauchen wir jetzt mit einem AfD-Parteibuch oder von Grünen, CDU, FDP oder BSW? Wir wollen aber gar nicht so viele Menschen mit Parteibuch in die Sendung einladen, sondern ganz normale Leute, die Lust haben, ihre Meinung zu sagen, egal ob sie Mitglied einer Partei sind, bei Fridays for Future mitmachen oder beim Rotary Club. Es gehört zum Leben dazu, dass sich Menschen engagieren. Wenn jemand eine herausgehobene Position hat, machen wir das kenntlich. Also immer dann, wenn wir annehmen müssen, dass sich die persönliche Meinung von der Tätigkeit, die man ausübt, nicht trennen lässt. Wir hatten die ehemalige NRW-Spitzenkandidatin der Linken in der AfD-Sendung. Das haben wir eingeblendet, weil uns das aus Transparenzgründen wichtig erschien. Je nach Thema d…

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