Die Autorin
Annika Schneider ist Redakteurin bei Übermedien. Als freie Medienjournalistin hat sie vorher als Moderatorin und Autorin beim Deutschlandfunk und WDR gearbeitet. Außerdem war sie Kolumnistin beim MDR-Altpapier.
Ein sehr persönlicher Text im „Stern“ löste im Februar eine Kaskade an Folge-Artikeln aus. Eine Journalistin beschrieb dort, wie ihr Sohn Ideen aufschnappte, die sie als AfD-nah einordnete – in Umlauf gebracht von „Hoss & Hopf“. „Einer der erfolgreichsten Podcasts impft unsere Kinder mit radikalem Gedankengut – und keiner kriegt’s mit“ hieß der Beitrag. Zwei Tage vorher hatte die „Stuttgarter Zeitung“ über den selben Podcast berichtet, mit ähnlichem Tenor: „Rechtslibertäre Videoschnipsel fürs Jugendzimmer“, so die Online-Überschrift.
Die Folge dieser Artikel waren weitere Artikel und ein Zuwachs an Aufmerksamkeit und Reichweite für genau den Podcast, der als Problem kritisiert wurde. Und während viele klassische Medien vor „Hoss & Hopf“ warnten, fanden seine Anhänger in den Berichten erst Recht Gründe, an klassischen Medien zu zweifeln – ein Teufelskreis. Ist das unvermeidlich?
Der Podcast von den Finanzunternehmern Philip Hopf in Stuttgart und Kiarash „Hoss“ Hossainpour in Dubai erscheint seit zwei Jahren immer montags und freitags, auch zum Anschauen auf YouTube. Oft geht es um Selbstoptimierung, um Mindset, Routinen, persönliche Ziele. Regelmäßig aber auch um politische Themen, das Attentat auf Donald Trump oder die RKI-Protokolle.
Viele Ausschnitte landen auf TikTok, befeuert durch Preisgelder: Die Hosts belohnen alle, die mit Clips aus den Podcast-Folgen besonders viele Klicks einheimsen. Auf Frage von Übermedien nach der Zielsetzung ihres Podcasts antwortet Philip Hopf denn auch mit einem einzigen Wort: „Reichweitengenerierung“. Ihr ursprünglich reines Hobbyprojekt sei inzwischen ein „großes Medium“ und ein „Meinungspodcast“. Als Zielgruppe nennt er „kritisch denkende Menschen“.
Die Titel der Folgen klingen oft raunend und stellen übertrieben dramatisierende Fragen: „Rechtsruck bei Europawahlen: Tritt der Kanzler zurück?“ oder „Stehen wir kurz vor dem 3. Weltkrieg?“ oder „Will die EU heimlich Meinungsfreiheit verbieten?“. Und gerade wenn es um die „Woke-Ideologie“ geht, um politische Skandale, Manipulation und Zensur, erinnern Lautstärke und Polemik an Portale wie Reichelts Wutmedium „Nius“.
Annika Schneider ist Redakteurin bei Übermedien. Als freie Medienjournalistin hat sie vorher als Moderatorin und Autorin beim Deutschlandfunk und WDR gearbeitet. Außerdem war sie Kolumnistin beim MDR-Altpapier.
Ähnlich wie „Nius“, „Compact“ und Co. suggerieren auch die beiden Podcaster immer wieder, die Demokratie in Deutschland sei am Ende und die Politik unfähig. Regelmäßig bescheinigt Hopf Deutschland, eine „lupenreine Demokratie“ zu sein – wobei sein Tonfall keinen Zweifel daran lässt, wie ironisch er das meint. Verschwörungsmythen werden zwar nicht als alleinige Wahrheit verkauft, aber doch ausführlich besprochen. Die Aussagen, die öffentlich kritisiert wurden, kommen vor allem von Hopf – auch viele der Aussagen in diesem Text. Sein Kompagnon Hoss widerspricht ihm nur manchmal. Unklar bleibt, was die Podcaster aus Überzeugung sagen, und was, weil steile Thesen Reichweite bringen.
Die Podcaster sind auch in ihrer Haltung zum Journalismus nah an rechtspopulistischem Getöse, Stichwort „Mainstream-Medien“ und „Zwangsgebühren“. Schon vor dem „Stern“-Artikel sprachen sie immer wieder darüber, dass vor allem der öffentlich-rechtliche Journalismus völlig unfähig und unglaubwürdig sei, zudem werde er vom Staat gesteuert und kaum noch genutzt. Von „Schwachsinn“ und „verlogener Propaganda“ war schon im Juni 2023 die Rede, im August bezeichnete Hopf die Berichterstattung der ARD generell als „Brainwash“ und „Fake News“. „Die erklären euch, was ihr nachher zu denken habt“, hieß es. Auch die Mär vom „Schauspiel der Demokratie, der freien Meinungsäußerung, des freien Denkens“ tauchte auf. Im Februar nannte Hopf die Mitarbeitenden der öffentlich-rechtlichen Sender „Höhlenmenschen“.
In Zeiten erhöhter Wachsamkeit gegenüber den Umtrieben von Rechtsaußen war die journalistische Reaktion absehbar: Nach den ersten beiden Artikeln in „Stern“ und „Stuttgarter Zeitung“ beleuchteten innerhalb weniger Wochen sehr viele große Medien „Hoss & Hopf“, darunter WDR und SWR, ZDF und Deutschlandfunk Nova, die „Zeit“ und „Spiegel online“, die „Süddeutsche“ und „Welt“, „Watson“, „Focus online“ und „Business Insider“. Die meisten Artikel enthielten dabei eine mehr oder weniger alarmierende Warnung: Hier passiert etwas Gefährliches.
Am Ende bewirkte das vor allem eins: viel Aufmerksamkeit. „Mehr als 180.000“ YouTube-Abos hatte das Podcast-Duo laut „Stern“ am 11. Februar, einen Monat später zählte „Business Insider“ schon 221.000 Abos – Zahlen, die nur einen kleinen Teil der Reichweite abbilden. Auch wenn die Hörerzahlen nicht öffentlich sind: In den Podcast-Charts landete „Hoss & Hopf“ damals auf Spitzenplätzen. Die Podcaster freuten sich Ende Februar darüber, dass ihnen die „Medienkampagne“ bis zu 40.000 neue Abos gebracht habe:
„Danke an die Presse, die den Podcast noch einmal ein bisschen größer gemacht hat!“
Schwer zu sagen, wo „Hoss & Hopf“ heute ohne die mediale Aufmerksamkeit stehen würde. Der YouTube-Kanal ist inzwischen auf über 300.000 Abos gewachsen. Bei Spotify steht der Podcast unter allen deutschen Podcasts immer noch auf Platz 15, im Genre „Gesellschaft & Kultur“ sogar auf Platz 2 (Stand 16.8.2024).
Das legt eine unschöne Vermutung nahe, nämlich dass Journalistinnen und Journalisten einen Podcast, der gewollt oder ungewollt das Vertrauen in Journalismus und Demokratie untergräbt, noch erfolgreicher gemacht haben. Ein Podcast, der zwar nicht zu Gewalt aufruft oder Hassparolen verbreitet. Der aber doch durch das ständige Eintrichtern unwahrer Generalisierungen übertriebenes Misstrauen schürt und damit das demokratische Fundament Folge für Folge untergräbt. Hätte sich das verhindern lassen?
Wer sich diese Frage stellt, kommt um ein paar andere nicht herum. Ist es überhaupt Aufgabe von Journalismus, irgendetwas zu verhindern? Viele würden das verneinen. Woraufhin sie sich allerdings fragen müssen: Welchen Wert hat eine kritische Berichterstattung, wenn sie nicht anstrebt, einen Missstand zu beheben, sondern ihn sogar verschlimmert?
Als im Februar eine Redaktion nach der anderen den Podcast vorstellte, daraus zitierte, Fachleute befragte, war das journalistische Routine. Die Artikel beleuchteten die Lebensläufe der beiden, ordneten ihre Aussagen ein, hinterfragten ihr finanzielles Interesse. Vermutlich hörte keiner der Journalistinnen und Journalisten tatsächlich einen Großteil der damals schon über hundert Podcastfolgen (auch ich nicht), aber zumindest die Autoren der „Stuttgarter Zeitung“ und des „Stern“ sagen, sie hätten sehr viele Stunden gehört.
Themenkarrieren wie diese sind in Redaktionen Alltag: Viele Ideen entstehen beim Lesen und Hören anderer Medien („Da müssen wir auch mal was zu machen.“). Aber besser wäre es wohl gewesen, wenn Journalistinnen und Journalisten den Podcast über einen längeren Zeitraum „im Auge“ behalten hätten (so wie die „taz„, die im Juni im Wahlkampf noch einmal reinhörte und berichtete, was dort im Wahlkampf zu hören war). Für das Duo lieferte die geballte Berichterstattung die perfekte Vorlage, sich selbst zum Opfer des „Medienapparats“ zu erklären.
Schon kurz vor dem „Stern“-Text kündigten Hoss und Hopf an, dass bald Artikel über sie erscheinen würden: Ziel der Presse sei es, den Podcast „zu bekämpfen“ und „niedrig zu halten“. Eine Folge später sagte Hopf, er sei schon vor Monaten von einem bekannten YouTuber gewarnt worden:
„Solltet ihr wirklich auf die Nummer 1 kommen in Deutschland, was die Podcasts angeht, und so eine Riesenreichweite generieren, wie ihr es jetzt tut, dann stellt die Uhr danach, dass sie euch angreifen werden.“
„Gewisse Presseorgane“ würden nervös angesichts ihres Podcasterfolgs, hieß es noch eine Folge später. Hoss und Hopf enthüllten außerdem, dass es sich bei der Autorin im „Stern“ nicht um eine „normale“ Mutter, sondern um eine Journalistin „aus den eigenen Reihen“ handele – obwohl nie jemand etwas anderes behauptet hatte. Später, im April, sprach Hopf sogar explizit von einem „Auftrag der Presse“ in den öffentlich-rechtlichen Redaktionen:
„Die geben vor: Alles klar, Hoss und Hopf, die werden jetzt fertig gemacht. Framt sie als Rechtspopulisten, framt sie als gefährliche Manipulatoren der Jugend. Und dann gehen die Reporter nur noch und sagen: Alles klar, das ist mein Auftrag und danach baue ich mir den Artikel oder die Reportage auf.“
Ein Verschwörungsmärchen. Andererseits schafften es einige Redaktionen tatsächlich nicht, die Inhalte treffend einzuordnen.
In ihren Podcasts stellen sich Hoss und Hopf gerne als entspannte Jungs dar, die lieber direkt mit Journalisten plaudern würden. Übermedien haben sie auf eine Anfrage dann aber doch nur schriftlich geantwortet, ihre bisherige Medienerfahrung sei „nicht vertrauenserweckend“ gewesen. Hopf schreibt in der E-Mail, sie sprächen sich zahlreich und wiederholt gegen Faschismus und gegen antidemokratische Bestrebungen aus. Viele der sogenannten Verschwörungstheorien hätten sich als „absolut wahr“ herausgestellt, als Beispiel nennt er unter anderem die RKI-Files und Impfnebenwirkungen. Ihnen seien „ohne mit uns gesprochen zu haben“ Labels wie „rechtsextrem“, „Nazi-Sprech“ und „faschistoid“ übergestülpt worden, ohne dabei explizit darzulegen, was und wie solche Diffamierungsbegriffe gerechtfertigt seien.
Das ist nur halb richtig. Von „faschistoiden Sprüchen“ war in der taz die Rede, dort durchaus sauber belegt. Das explizite Label „rechtsextrem“ vermieden viele Journalisten, richtigerweise, denn das würde bedeuten, die Podcaster würden verfassungsfeindlich argumentieren – wofür es keine Belege gibt. Die meisten Artikel beschrieben „Hoss & Hopf“ stattdessen als „rechtskonservativ“, „rechtslibertär“ oder schlicht „rechts“, alles Zuschreibungen, die von Aussagen im Podcast gedeckt sind. Die Podcaster selbst bezeichnen sich als „libertär“.
Und doch hat Hopf nicht unrecht, wenn er Redaktionen vorwirft, sie zumindest indirekt als „rechtsextrem“ eingeordnet zu haben. Der „Nazi-Sprech“ fand sich bei „Watson“ als Überschrift zu einem Text, der einfach nur die „Stern“-Recherche wiederkäute. Der „Focus“ suggerierte einen Zusammenhang mit Rechtsextremen, indem er in seinem Artikel über Hoss und Hopf eine Einschätzung aus einem Jugendschutzportal zu den „Internetpräsenzen von Rechtsextremen“ zitierte. Und selbst im sehr fundierten „Zeit“-Artikel versteckte sich der Begriff „rechtsextrem“: Er tauchte zwar kein einziges Mal im Artikel auf, wohl aber in der URL: „podcast-hoss-und-hopf-rechtsextremismus-tiktok“. Alles vermeintliche Indizien für eine „Kampagne“ der Medien.
Das Gegenteil war indes nicht viel besser: Wo Redaktionen es gleich ganz vermieden, den Podcastern eine bestimmte politische Ausrichtung zuzuschreiben, wurde es merkwürdig schwammig. Um „umstrittene Podcaster“ ging es beim SWR, die „in der Kritik“ stünden. Der Sender begründete seine Berichterstattung damit, Hoss und Hopf seien „von mehreren Fachleuten und Journalistinnen und Journalisten kritisiert worden, dass sie in ihrer Show unter anderem Informationen sehr einseitig darstellten“. Ein fragwürdiger Vorwurf, schließlich sind Podcaster erst einmal keiner journalistischen Objektivität verpflichtet.
Der Autor der „Süddeutschen Zeitung“ beschrieb den Podcast als „hochgejazzten Schund von zwei Kryptoprolls“ – nicht in einem Kommentar, wohlgemerkt. Wenn Journalisten so formulieren, können sie der Gegenseite schlecht einseitige Zuspitzung unterstellen.
Hinzu kamen handwerkliche Fehler: Medien zitierten zum Teil ohne Einordnung die Aussage der Podcaster, nur 0,4 Prozent ihrer YouTube-Nutzer seien unter 18, mit dem Hoss und Hopf ihren Erfolg bei Minderjährigen kleinzureden versuchten. Zur Wahrheit gehört, dass die YouTube-Zahlen wenig über die gesamte Hörerschaft auf allen Podcast-Portalen aussagen. In einem Gespräch mit der neurechten „Jungen Freiheit“ – dem einzigen bisher erschienenen Wortlaut-Interview – gab Hopf später selbst zu, dass ihre Botschaften für eine junge Zielgruppe besonders attraktiv seien, „weil wir Dinge ansprechen, die sie aus eigenem Erleben kennen“.
Schräg wurde es auch, als TikTok einen Fan-Account von Hoss und Hopf sperrte. Tiktok habe „Hoss & Hopf“ blockiert, hieß es unter anderem (bis heute unkorrigiert) in der „Welt“ – ein Fehler, der im Podcast später zum Beleg wurde für unsaubere journalistische Arbeit.
Es wäre nachvollziehbar, wenn echte Fans den Eindruck hatten, „diese Journalisten“ hätten sich gar nicht so richtig mit der Materie beschäftigt. Auch mit dem Vorwurf, es handele sich um einen AfD-nahen Podcast, konnten viele Hörerinnen und Hörer vermutlich wenig anfangen, schließlich wird die Partei im Podcast überhaupt nur selten erwähnt.
Viele Redaktionen hielten sich vor allem an Faktenchecks und wiesen tatsächlich falsche Behauptungen in Podcast-Folgen nach. Schon im Januar entlarvte ein Video von Funk in einer aufwendigen Recherche eine Falschaussage von Hopf zu angeblich medikamentenverseuchtem Trinkwasser – und verbreitete die Ergebnisse da, wo sich auch die Zielgruppe aufhält, unter anderem auf Tiktok. Das stoppte allerdings weder den Erfolg des Podcasts, noch erklärte es so richtig, warum dieser gefährlich sein soll. Die Kritik nahm das Duo zum Anlass, ein paar Fehler zu korrigieren, Besserung zu geloben und – nach eigenen Angaben – zwei Faktenchecker einzustellen.
Zusätzlich veröffentlichen Hoss und Hopf inzwischen zu jeder Folge ein Dokument mit Links zu ihren Quellen. Darin landen zwar Seriöses und Unseriöses gleichermaßen, die Transparenz, die sie damit vermitteln, sticht allerdings viele klassische Redaktionen aus: Noch immer sind Quellenangaben unter journalistischen Recherchen die Ausnahme, Links oft sparsam dosiert. Das Bild, das dadurch vermittelt wird: Auf der einen Seite stehen die besonders kritikfähigen und authentischen Podcaster. Auf der anderen Seite die kritikresistenten Redaktionen, die ja tatsächlich oft wenig transparent recherchieren und mit Fehlern oft weniger offen umgehen, als es wünschenswert wäre.
Das Resultat des Ganzen ist leicht vorstellbar. Menschen, die ohnehin nie einen rechtslibertären Podcast hören würden, reagierten mit irgendwas zwischen Kopfschütteln und Sorge. Menschen mit Grundsympathie für von sich selbst überzeugte Finanztypen hörten vielleicht mal in eine Folge rein, erkannten vom gefährlich-rechten AfD-Sprech, vor dem sie gewarnt wurden, wenig wieder – und fühlten sich von Medien getäuscht. Und echte Fans waren durch chronisches Medienbashing im Podcast gegen kritische Berichterstattung quasi längst geimpft worden. Sie fühlten sich von kleineren handwerklichen Fehlern und dem Kampagnen-Charakter der Artikelflut bestätigt.
Diese Flut hat letztendlich ein diffuses Bild kreiert. Hängengeblieben ist: „Die sind irgendwie rechts.“ In der Kritik verschwimmen die Unterschiede zwischen Zuspitzungen und Populismus, zwischen Ungenauigkeiten und Desinformation, zwischen Verschwörungserzählungen und Rechtsextremismus. Ja, jeder dieser Punkte ist an sich kritikwürdig, aber sie sind es keinesfalls alle im gleichen Ausmaß.
Wie es besser gegangen wäre? Vielleicht, indem viel klarer darüber geschrieben worden wäre, was problematisch ist an „Hoss & Hopf“. Falschaussagen, waghalsig zugespitzte Titel, intransparente Quellen, mangelnde Objektivität in personenzentrierten Podcasts? Was unterscheidet „Hoss & Hopf“ von Journalismus? An welchen Punkten kippt der Podcast hin zu demokratiegefährdenden Tendenzen und Erzählungen? Welche davon verbreiten die Podcaster selbst, welche lassen sie nur anklingen? Warum ist das Argument von Hoss Unsinn, er könne kein Rassist sein, weil er selbst einen Migrationshintergrund hat?
Mit ihren Meinungen bewegen sich Hoss und Hopf nach allem, was bisher bekannt ist, im demokratischen Spektrum. Nicht jeder, der den Zusammenhang von Migration und Kriminalität hinterfragt, ist populistisch, wie es ein Experten-Statement im Artikel des „Business Insider“ suggeriert. Die Gefahr, die von dem Podcast ausgeht, ist subtiler als Desinformation oder plumper Rechtsextremismus. Sie zu entlarven ist mehr Arbeit, als Falschaussagen oder offenen Rassismus anzuprangern.
Für den Journalismus, der gerne vereinfacht und nach Klicks hascht, ist das keine einfache Aufgabe, allein schon wegen der schieren Menge an Hörmaterial. Für schnelle Online-Artikel über „gefährliche Krypto-Bros“ eignet sich das Thema „Hoss & Hopf“ eher nicht, eher für ausführlichere Recherchen wie in der „Zeit“.
Heute erreicht der Podcast immer noch sehr viele Menschen und streut bei ihnen massive Zweifel an der Glaubwürdigkeit herkömmlicher Medien – was jede Folgeberichterstattung aus Sicht der Fans von vornherein unglaubwürdig macht. Es ist wie die Geschichte vom Hase und Igel: Was auch immer Journalisten schreiben, die Skepsis ist schon da. Und das auch in einer Generation, die eigentlich die Artikelleser von morgen stellen soll.
„Stern“ und „Stuttgarter Zeitung“ trafen deswegen die Entscheidung, von vornherein Eltern zu adressieren. „Ich wollte aufklären: Wisst ihr, was eure Kinder da auf Tiktok gucken?“, begründet Eberhard Wein seinen ersten Text in der „Stuttgarter Zeitung“ im Gespräch mit Übermedien. Sein Ziel sei es gewesen, dass Eltern mit ihren Kindern in die Diskussion gehen. Auch beim „Stern“ war die Sorge einer Journalistin um ihren Sohn und seine Schulkameraden ausschlaggebend für ihren Text.
Womöglich wäre es auch vergebliche Liebesmüh, zu hoffen, echte Fans mit klassischer Berichterstattung noch zu erreichen. Es kann aber auch nicht ausreichen, ein paar Stichworte zu nennen – Krypto-Influencer, Verschwörungstheorien, Ausländerkriminalität – und zu hoffen, dass sich dann schon die Richtigen hinter einem versammeln, während alle anderen gar nicht erst zur Zielgruppe gerechnet werden.
Das beschriebene Phänomen erinnert mich stark an den Aufstieg der Böhsen Onkelz. In Verruf zu sein bewirkt auch eine gewisse Anziehung. Gepaart mit der Opferrolle ein Rezept für medialen Erfolg, wie es mir scheint.
Grundsätzlich mag die Autorin Recht haben. Aber nicht jede*r der oder die folgt, ist Fan. ich folge in SoMe auch einigen Gesinnungsarschlöchern, einfach, um zu wissen, was da argumentativ kommt. Immerhin sind einige von denen in Regierungsverantwortung und andere demagogisieren eben. Das ist ein Kollateralschaden unserer freien Gesellschaft, aber einer, mit dem wir umgehen müssen.
Davon abgesehen: Vor der Frage, ob unsere Medien aus Doofheit jedem Rechten ein Mikro ins Gesicht halten oder aus Kalkül halte ich mittlerweile Letzteres für wahrscheinlicher.
Das Raunen in einer Grauzone zwischen (teilweisen) Verschwörungstheorien, Querdenkerjargon („Mainstream-Medien“) und diffusen Opferselbstinszenierungen halte ich für gefährlicher als offenen Rechtsextremismus. Dennoch sollte man das eine nicht mit dem anderen vermengen.
„Will die EU heimlich Meinungsfreiheit verbieten?“
Die Frage ist schon in sich absurd. Als wenn Nancy Faeser die EU wäre.
Im Übrigen kann man die Zensurunterstellungen ganz einfach mit Hinweis auf Thierry Bretons flammendes Plädoyer für die Meinungsfreiheit auskontern.
Dass die besorgte Mutter im ursprünglichen Artikel Journalistin beim Stern ist, hat sicher nie jemand bestritten, aber die Gegenkritik, dass jemand die Reichweite des Sterns nutzt (und von anderen Medien dabei unterstützt wird), um gegen einen Podcast zu schreiben, der nicht ganz dieselbe Reichweite hat wie ein größeres dt. Nachrichtenmagazin, ist ja nicht unsinnig.
„Welchen Wert hat eine kritische Berichterstattung, wenn sie nicht anstrebt, einen Missstand zu beheben, sondern ihn sogar verschlimmert?“ Welcher Misstand wäre das hier? Ich halte es für abwegig, dass sich ein Podcast grundlegend ändern würde, nur weil er im Stern kritisiert wird. Das einzige, was sich ändern könnte, wären die Abrufzahlen, und die werden sich kaum reduzieren, nur wegen schlechter Kritik. Wenn eine Edelfeder eine Theateraufführung zerreißt, gehen die Fans der Edelfeder zwar auch nicht hin, aber andere werden genau deshalb neugierig.
Mir wird des öfteren versichert, dass es leider schon deshalb keine „Cancel Culture“ gäbe, weil _alle_ derartigen Versuche den Gecancelten in Wahrheit hülfen. Auch, wenn ich das „alle“ bezweifle, trotzdem die Frage: „Wenn das grundsätzlich nicht funktioniert – warum versucht ihr das immer wieder?“
Crypto-Bros benutzen knallige Headlines, um Reichweite zu generieren und in China ist ein Sack Reis umgefallen.
Bald kommt raus, dass Grading-Unternehmen mit Auktionshäusern für Sammlerstücke gemeinsame Sache machen, um Preise nach oben zu treiben.
Alles finden die raus.