Wall-Street-Korrespondentin von „The Pioneer“

Der schmale Grat zwischen Journalismus und Anlage-Tipps

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Das Instagram-Profil von „The Pioneer“-Journalistin Anne Schwedt weckt bei mir massive Selbstzweifel. Wo genau bin ich bei meiner Karriereplanung so falsch abgebogen, dass Medienjournalismus dabei herausgekommen ist? Börsenberichterstatterin an der Wall Street hätte ich werden sollen!

Glaubt man ihren Posts in Traumreisen-Optik, verbringt die ehemalige WDR-Volontärin ihre Zeit heute damit, in Hängematten zu chillen, an Stränden zu schaukeln und fotogen im Sonnenuntergang Salsa zu tanzen.

Werbepost von Anne Schwedt, der sie am Strand auf einer Liege zeigt
Screenshot: Instagram/anneschwedt

Im echten Leben arbeitet Anne Schwedt natürlich auch, und zwar als Redakteurin und Wall-Street-Korrespondentin bei „The Pioneer“, wo sie unter anderem im Podcast „Investment Briefing“ zu hören ist, mit besonderem Blick auf den Tech-Sektor und Kryptowährungen. Nach eigenen Angaben ist sie außerdem für das „Handelsblatt“ und „Zeit online“ tätig (auch wenn die letzten Einträge auf ihren Autorenseiten dort schon etwas älter sind).

„Ein Trade und den Rest des Monats am Strand liegen“

Auf ihrer Webseite und auf Instagram steht aber etwas anderes im Vordergrund: Vor fünf Jahren habe sie die „finanzielle Freiheit erreicht“, von einem passiven Einkommen leben zu können, erzählt sie in einem Video. „Finanzielle Freiheit kann jeder erreichen“, verspricht sie, und verrät auch gleich, wie das geht: „Schick dein Geld zur Arbeit.“ Gerade bewirbt sie einen kostenlosen Online-Workshop zum Thema, ihr erklärtes Motto: „Ein Trade und den Rest des Monats am Strand liegen.“

Werbepost von Anne Schwedt. Text: "Passives Einkommen an der Börse verdienen? Ich verrate dir wir. Kommentiere 'yes' und erhalte sofort die Einladung zu meinem kostenfreien Workshop per DM"
Screenshot: Instagram/anneschwedt

Mich erinnert das an diese Werbefilmchen auf YouTube, in denen Typen mit verspiegelten Sonnenbrillen einem aus dicken Audis heraus erzählen, man könne im Schlaf reich werden. Vor allem, weil ich bei Anne Schwedt keinen einzigen Hinweis darauf finde, dass Investments, vor allem sehr gewinnträchtige, in der Regel mit Risiken verbunden sind.

Ich habe die Seite deswegen Niels Nauhauser geschickt, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Ihm fällt auf, dass Anne Schwedt auf ihrer Webseite „bis zu fünf Prozent Rendite“ bewirbt – im Monat, nicht im Jahr, wohlgemerkt. „Wer derartige Renditen verspricht, ohne die Risiken zu erwähnen, handelt unseriös“, sagt der Experte.

Auch Schwedts Versprechen, man könne schon mit kleinen Summen große Erträge erzielen, sieht er kritisch – solche Investments seien entweder unseriös, betrügerisch oder „irre riskant“. Ihn erinnert das an viele andere so genannte Finfluencer:innen, die mit ähnlichen Versprechen werben und deren G…

5 Kommentare

  1. Ihm fällt auf, dass Anne Schwedt auf ihrer Webseite „bis zu fünf Prozent Rendite“ bewirbt – im Monat, nicht im Jahr, wohlgemerkt.

    Nice. Das ergibt, wenn man im Monat 200 Euro anspart, rund 1,4 Millionen Euro in zehn Jahren. Und 170 Milliarden (!) Euro, wenn man sich 30 Jahre Zeit lässt (Zinseszinseffekt sei Dank). Warum sind eigentlich nicht alle Leute „superreich“? Zu dumm, wahrscheinlich…

    Im Ernst: Sobald irgendwer mit „finanzieller Freiheit“, „passivem Einkommen“ oder „raus aus dem Hamsterrad“ kommt, sollte man reißausnehmen. Scam-Alarm! Ich empfehle die erwähnten Leute von Finanztip und auch die von Finanzfluss. Die sagen einem zwar nicht, wie man schnell reich wird – aber sie erklären schlüssig und ohne eigene Gewinnabsicht, wie man die Rentenlücke schließen kann (sofern man etwas übrig hat, um es zurückzulegen).

  2. Noch ein kleiner Hinweis: Der Link, der auf Zeit Online verweist, landet auch beim Handelsblatt. :-)

  3. Ich vertraue Frau Schwedt und ihrer Kompetenz sehr, habe dann allerdings doch lieber einen nigerianischen Bankdirektor dabei unterstützt, ein Millionenerbe in London loszueisen. Das war entschieden lukrativer.

  4. Haben Sie mal die AGB genauer angeschaut und mal die Webseite überflogen? Die Dame ködert mit jung, aus der Provinz, mit 26 Burnout, mit Ende 20 ausgesorgt und nun ganz philanthropisch kostenlose Onlinekurse zum nachmachen. Tatsächlich ist das nur der Köder für kostenpflichtige onlinekurse, nach Vorkasse und ein einfaches JA im Videocall führt den Vertragsschluss herbei.
    Nepper, Schlepper, Bauernfänger!
    Der Bezug zum Journalimus scheint historisch.
    Erstaunlich nur dass man trotz soviel passivem Einkommen mit elaboriertem Webauftritt Leichtgläubige ködern und ausnehmen muss.

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