Nach Rezo-Kritik an „Strg_F“: NDR misslingt die Aufarbeitung des Misslingens
Viele Monate hat der NDR für diesen Bericht gebraucht. Am 10. Januar hatte die Redaktion von „Strg_F“ angekündigt, die Vorwürfe gründlich prüfen zu wollen, die unter anderem der Youtuber Rezo gegen mehrere Sendungen des jungen Rechercheformates von NDR und Funk erhoben hatte, und vorerst keine weiteren Videos zu publizieren. Heute ist nun das Ergebnis dieser Prüfung auf den Seiten von Funk veröffentlicht worden. Und vom 2. Juni an will „Strg_F“ dann auch wieder neue Beiträge zeigen – die unter anderen, besseren Bedingungen produziert werden sollen und nicht mehr so oft.
Dass sich der NDR so lange Zeit gelassen hat, könnte man als gutes Zeichen interpretieren, denn in dem Abschlussbericht ist Zeitdruck an mehreren Stellen eine Erklärung für Fehler, die passiert sind. Lieber gründlich und vernünftig als schnell, könnte man denken – doch die Verzögerung ist in diesem Fall Ausdruck davon, dass dem Sender selbst die Aufbereitung des umfassenden Misslingens misslungen ist. Der Personalrat hat in einem Brandbrief an den Intendanten seine Vorbehalte gegen das Verfahren und den Bericht in deutlichen Worten formuliert. Er sorgt sich, dass der nächste Shitstorm droht und die Mitarbeiter vom Sender allein gelassen werden.
20 Wochen nach der öffentlichen Ankündigung liegt nun ein Bericht vor, der zu einem großen Teil daraus besteht, Pannen und Fehler bei der Produktion mehrerer Videos im Detail nachzuzeichnen, die längst offenkundig waren. Es ist gut und notwendig, dass nach Rezo nun auch der NDR das alles dokumentiert – aber diese Rekonstruktion einer letztlich sehr überschaubaren Zahl von Abläufen kann unmöglich so lange gedauert haben.
„Wir haben Fehler gemacht“
Auslöser der Kontroverse war ein kritischer Bericht von „Strg_F“ über einen zweifelhaften Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln, für den auch Rezo damals intensiv warb. Rezo warf „Strg_F“ daraufhin sachliche Fehler und einen extrem unprofessionellen Umgang mit ihm und seinen Statements bei der Recherche vor. Als Beleg dafür, dass es ein grundsätzliches journalistisches Problem bei dem Format gebe, geriet auch ein ohnehin schon heftig kritisiertes Video von „Strg_F“ über „Superreiche“ ins Visier. „Strg_F“ antwortete mit einem „Statement“, das alles noch schlimmer machte, worauf Rezo „Strg_F“ in einem weiteren Video, nun ja: zerstörte. Daraufhin zog die Redaktion die Notbremse und begann mit der Aufarbeitung.
„Wir haben Fehler gemacht und unser Umgang damit war schlecht“, heißt es in einer Erklärung, mit der sich „Strg_F“ heute an die Community richtet. Auch dem Abschlussbericht selbst mangelt es nicht an Eingeständnissen und Bitten um Entschuldigung. Das „Einräumen“ und „Bedauern“ von Versäumnissen zieht sich durch den ganzen Text.
Aber wer nach so langer Zeit der internen Aufarbeitung mehr erwartet hatte, nämlich Hinweise darauf, wie das alles so schiefgehen konnte, was für eine Kultur da herrscht in der Redaktion, aber auch im Sender, warum die Arbeitsweisen so problematisch waren, wieso es zunächst so schwer war, Fehler einzuräumen, und welchem Druck und welchen Zwängen ein Format des ARD/ZDF-Jugendnetzwerks Funk ausgesetzt ist – der wird enttäuscht.
Und das hat offenbar viel damit zu tun, wie diese Aufarbeitung vom Sender organisiert wurde, nämlich angesiedelt bei denen, die die Redaktion leiten und damit auch verantwortlich sind. Anstatt die Untersuchung in die Hände eines Externen zu legen, der unbefangen, unabhängig und ohne Einmischung recherchieren und bewerten kann, redeten hier viele mit, die selbst betroffen waren. Und auch andere Instanzen konnten mitmischen und mitformulieren. Der Bericht deutet das vage mit den Worten an: „Die verantwortlichen Auftraggeber von funk und NDR waren während des mehrstufigen Aufarbeitungsprozesses und in den Abschlussbericht einbezogen.“
„Aufarbeitung“ in Anführungszeichen
In einem komplexen, undurchsichtigen Verfahren wurde von der Redaktion selbst zunächst eine „Fehleranalyse“ erstellt, die dann von anderen NDR-Journalisten „begutachtet und kommentiert“ wurde. Daraus entstand ein erster Bericht, der dann von drei externen „Reviewern“ – den freien Journalisten Sabrina Winter, Sebastian Meineck und Aiko Kempen – „begutachtet und kommentiert“ wurde, die dafür auch interne Unterlagen einsehen konnten. Es folgten weitere Abnahmeschleifen. Es war offenbar der Versuch, einen Text zu finden, mit dem alle irgendwie leben können – um den Preis, dass klare Verantwortlichkeiten an vielen Stellen nicht benannt werden, nicht einmal, wer genau verantwortlich ist für die Formulierungen im Abschlussbericht.
Die ganze Konstruktion wird von verschiedenen Sender-Mitarbeitern extrem kritisch gesehen – auch die Form des Berichtes, wie er nun vorliegt.
In dem Brief des Personalrats an NDR-Intendant Joachim Knuth, der Übermedien vorliegt, wird das Wort „Aufarbeitung“ nur in Anführungszeichen geschrieben. Sie sei selbst für die Mitarbeitenden intransparent, der Untersuchungsauftrag unklar. Es habe an professioneller Begleitung gefehlt. Man habe große Sorge, dass die Verantwortung für die Ereignisse rund um die Rezo-Kritik einseitig bei der Redaktion abgeladen werde, während systemische Ursachen wie die unzureichende redaktionelle Ausstattung und offenbar mangelhaften Konzepte zur Krisenkommunikation kaum eine Rolle spielten.
Der Personalrat äußerte sich besorgt, dass der Sender die Mitarbeitenden nicht genügend schütze – zum Beispiel vor Beleidigungen und Bedrohungen nach der Veröffentlichung der „Aufarbeitung“ oder weiterer Videos. Es fehlten redaktionelle Kapazitäten und Konzepte, um mit einem möglichen Shitstorm angemessen umzugehen. Die freien Mitarbeiter fürchteten zudem um ihre Jobs und ihr Einkommen.
Auch im NDR-Rundfunkrat, dem Aufsichtsgremium des Senders, war laut einem Bericht von epd Medien kürzlich Kritik am Verfahren geäußert worden. Anja Kramer, die Vertreterin des DGB, bemängelte: Dass „Strg_F“ nun „das ganz ganz große Büßerhemd“ angezogen habe und es seit mehreren Monaten Funkstille gebe, sei „eine so unangemessene Reaktion“. Sie hätte sich „vielmehr gewünscht, dass man sich so klar vor diese Redaktion stellt“. NDR-Programmdirektor Frank Beckmann sagte daraufhin, er wolle „sehr sehr deutlich“ machen, dass man zur Redaktion „Strg_F“ stehe. Es sei der richtige Weg, „wenn wir sagen, ihr kriegt jetzt mehr Möglichkeiten, mit weniger Output Inhalte gestalten zu können“.
Details, nicht das große Ganze
Der Bericht diskutiert im Detail, ob die damalige Berichterstattung in der Sache angemessen differenziert war, zum Beispiel was die Warnungen vor bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln betrifft. Es ist einerseits begrüßenswert, wie genau und selbstkritisch sich „Strg_F“ hier mit einzelnen Formulierungen auseinandersetzt. Allerdings gerät bei dieser Akribie aus dem Blick, dass Rezo und andere Kritiker aus vielen angeblich einseitigen, zugespitzten oder verkürzten Darstellungen auf eine grundsätzliche Masche schlossen: Sie unterstellten „Strg_F“ einen voreingenommenen Journalismus, der Fakten einer These unterordnet und sich im Zweifel gegen Genauigkeit und für Lautstärke entscheidet.
Der Bericht lässt völlig offen, inwieweit der NDR oder „Strg_F“ diesen Vorwurf für berechtigt halten und wie es dazu kommen konnte, dass ein preisgekröntes Format, das sich eine große Community aufgebaut hat, plötzlich zum Inbegriff für unseriösen Journalismus werden konnte – und dem selbst Funk-Content-Leiter Stefan Spiegel „ein riesengroßes Glaubwürdigkeitsproblem“ attestierte. Welche Mechanismen können dazu beigetragen haben, welcher Druck, welche Redaktionskultur?
Ein problematischer Protagonist
Ähnlich ist es beim Fall der Sendung „Wie Superreiche das Klima beeinflussen“ aus dem Juli 2023. Kritisiert wurde daran vor allem die Auswahl eines jungen Protagonisten, Theo Stratmann, der sich provozierend in Szene setzte und Zitate lieferte wie: „Ich scheiß‘ aufs Klima“.
Monate, nachdem viele Medien und Youtuber der Sendung vorwarfen, auf einen Blender hereingefallen zu sein, arbeitet in dem Bericht nun auch „Strg_F“ noch einmal auf, welche Fehler gemacht wurden, diskutiert den Unterschied zwischen „Reichen“ und „Superreichen“, räumt ein, Stratmanns Behauptungen nicht überprüft zu haben. Auch diesem Teil mangelt es nicht an Selbstkritik im Detail – aber an einer Analyse, was überhaupt dazu führte, jemanden wie Stratmann so präsentiert zu haben. Rezo warf „Strg_F“ vor, der Sendung gehe es statt um Journalismus darum, „ein möglichst spektakuläres Narrativ zu erzeugen“.
„Strg_F“ schreibt in seinem Bericht, Stratmann stehe „für einen jungen Menschen in Deutschland, der einen reichen, verschwenderischen Lebensstil propagiert und, wie seine Historie in Social Media sowie Aussagen weiterer Quellen vermuten ließen, zumindest in Teilen lebt und damit einen wahrscheinlich hohen CO2-Fußabdruck hat“. Er sei insofern ein für das Thema „geeigneter Protagonist“ gewesen. „STRG_F gesteht aber auch ein, dass Stratmann auch deswegen als Protagonist ausgewählt wurde, weil er diese Haltung sehr pointiert vertritt.“
Gefahren der Aufmerksamkeitsmaximierung
Das ist ein verblüffend lapidares „Eingeständnis“. Denn an dieser Stelle wäre es doch interessant gewesen, das journalistische Selbstverständnis von „Strg_F“ zu erkunden. Natürlich suchen Journalisten immer nach Protagonisten, die ihre Haltungen pointiert vertreten. Die besonders markante Positionen haben, die polarisieren und aufregen. Der Fall Stratmann zeigt aber, welche Gefahren mit solchen journalistischen Strategien zur Aufmerksamkeitsmaximierung verbunden sind, insbesondere wenn bei der Produktion von Titeln und Vorschaubildern der ohnehin schon problematische Protagonist in einer verkürzten und weiter zugespitzten Weise in den Mittelpunkt gerückt wird.
In welchem Maß muss ein journalistisches öffentlich-rechtliches Format die marktschreierischen Mechanismen anwenden, mit denen im Dauergetöse der sozialen Medien und auf Youtube Klicks generiert werden, um wahrgenommen zu werden und womöglich Reichweiten- und Zielgruppenvorgaben zu erfüllen? Ab wann kollidiert die Fixierung auf Aufmerksamkeit mit dem journalistischen Anspruch? Gemessen an den Abrufzahlen hat Theo Stratmann als Protagonist hervorragend für „Strg_F“ funktioniert – nur der Glaubwürdigkeit hat die Art, wie er präsentiert wurde, erheblich geschadet.
Wenn man bei „Strg_F“ die Sendepause der vergangenen Monate dafür genutzt hat, über dieses grundsätzliche Dilemma nachzudenken, erfährt man davon jedenfalls nichts in diesem Bericht. Die formulierten Konsequenzen bleiben auf einer rein handwerklichen Ebene: „Strg_F“ werde „künftig stärker darauf achten“, dass gerade in der Endphase der Produktion „nicht durch Verkürzung und Zuspitzung falsche Eindrücke erzeugt werden“.
Glückssache Kommunikation
Was ist schiefgelaufen zwischen „Strg_F“ und Rezo, dessen Ärger überhaupt dazu führte, dass die bereits vorhandene Kritik an dem Format eine Lautstärke und Breitenwirkung bekam, dass die Redaktion sie nicht mehr ignorieren konnte? Kurz gesagt: alles. Der Bericht dokumentiert ein erschütterndes Maß an Kommunikationsversagen, das sich teilweise im Einzelnen durch Pannen und Pech erklären lässt, insgesamt aber kaum nachzuvollziehen ist. Bei fast jeder Kommunikation scheint es zu Missverständnissen gekommen zu sein: zwischen der Redaktion und Rezo, zwischen der Redaktion und Rezos Management, zwischen dem Autor, der mit Rezo gesprochen hat, und dem Rest der Redaktion. Informationen wurden falsch verstanden, nicht weitergegeben, falsch weitergegeben. Das alles geschah nicht nur bei der Produktion des ersten Videos unter extrem hohem, letztlich selbst verschuldeten Zeitdruck. Es wiederholte sich auch noch bei der Antwort auf Rezos erstes Video mit Vorwürfen gegenüber „Strg_F“.
In diesem „Statement-Video“ warf „Strg_F“ Rezo unter anderem vor, nicht gesprächsbereit zu sein, obwohl es zwischenzeitlich einen SMS-Kontakt zwischen dem Youtuber und dem „Strg_F“-Redaktionsleiter gegeben hatte, in dem Rezo ein Gespräch in ein paar Wochen in Aussicht gestellt hatte. Im „Statement-Video“ sagte die Autorin: „Trotzdem hier nochmal das Angebot: Wir würden dich gern davon überzeugen, dass es SEHR produktiv sein kann, sich mit uns austauschen.“
Im Bericht heißt es:
„Obwohl alle, die das Statement-Video redaktionell abgenommen haben, wussten, dass es eine Verabredung mit Rezo zu einem Gespräch gab, ist dies in der Abnahme nicht aufgefallen. STRG_F beteuert, dass es nicht seine Intention gewesen ist, diesen Eindruck zu erzeugen. STRG_F bedauert sehr, dass dieser Eindruck zu Unrecht erzeugt wurde, und bittet dafür um Entschuldigung.“
Uneinsichtigkeit statt Selbstkritik
Das „Statement-Video“ war von den vielen Fehlern, die bei „Strg_F“ gemacht wurden, sicher der folgenreichste. Es enthielt falsche Behauptungen und falsche Vorwürfe gegenüber Rezo und kam so rechthaberisch und uneinsichtig daher, dass es das Restvertrauen eines Teils des Publikums offenbar endgültig verspielte.
Der Bericht formuliert dazu:
„STRG_F räumt ein, dass das Statement-Video in dieser Form ein Fehler war. Es ist nicht ausreichend Sorgfalt auf die Klärung der Sachverhalte verwandt worden, bevor berichtet und kommuniziert wurde. Dadurch sind Fehler nicht klar erkannt und infolgedessen nicht benannt, nicht korrigiert, nachteilige Sachverhalte teilweise schöngeredet sowie irreführende Eindrücke erzeugt und neue Fehler produziert worden, die den Gesamteindruck noch verschlimmert haben. STRG_F bedauert, dass im Statement-Video der Selbstverteidigungsreflex gegenüber der journalistischen Sorgfaltspflicht überwogen hat. STRG_F räumt ein, dass die Haltung im Statement-Video von Uneinsichtigkeit geprägt gewesen ist – zu einem Zeitpunkt, als Selbstkritik und Fehlereingeständnis angemessen gewesen wären.“
Das klingt angemessen schonungslos und ehrlich, und auf diesen Absatz folgen im Bericht viele weitere, in denen einzelne falsche oder irreführende Darstellungen erläutert, eingeräumt und bedauert werden.
Aber auch bei diesem entscheidenden Themenblock bleibt die Frage unbeantwortet, wie es zu diesem vielfachen Scheitern kommen konnte – und das zu einem Zeitpunkt, als man eigentlich schon im Krisenmodus sein sollte. Gab es wirklich niemanden in der Redaktion oder im Sender, der sagte: Halt, Leute, lass uns mal kurz sorgfältig die Fakten sortieren, bevor wir auf den Vorwurf, nicht sorgfältig mit Fakten umzugehen, reflexhaft pampig reagieren? Oder gab es solche Leute und sie wurden überstimmt? Wer hat die Entscheidung getroffen, dass dieses Video in dieser Form eine gute Idee war?
Großer Druck
Der Bericht nennt an fast keiner Stelle konkrete Verantwortliche für Entscheidungen, häufig wird einfach „Strg_F“ als handelnde Einheit angegeben. Das mag teilweise richtig sein, auch um einzelne Personen in der Öffentlichkeit zu schützen, aber zum Beispiel beim verkorksten Statement-Video müsste ein solcher Bericht Verantwortlichkeiten benennen. Stattdessen wird die Schuld bei der Redaktion abgeladen:
„Die Ursache für diesen Fehler sieht STRG_F darin, dass die Redaktion großen Druck verspürt hatte, schnell und verteidigend reagieren zu müssen.“
Woher kam dieser große Druck? Und warum gab es niemanden im Sender, der ihn richtig kanalisierte?
„STRG_F hatte sich (…) verrannt“, formuliert der Bericht, was eine sicher zutreffende, aber nichts erklärende Beschreibung ist. Im nächsten Satz erfährt man dann beiläufig, dass „Strg_F“ sich nicht alleine verrannte:
„Auch die verantwortliche Content-Leitung von funk sieht sich mit in der Verantwortung für das Statement-Video, an dessen Entstehung funk beteiligt war, und räumt ein, dass es in dieser Form ein Fehler war.“
Funk war „beteiligt“? In welcher Form? Kam der große Druck womöglich auch von Funk? Oder vom NDR? Man erfährt dazu nichts in diesem Bericht, was natürlich daran liegen könnte, dass Funk und der NDR auch an der Entstehung dieses Berichts wieder „beteiligt“ waren.
Auftritt: Presseteam
Auch an einer anderen Stelle im Bericht wird deutlich, dass „Strg_F“ für das Debakel nicht alleine verantwortlich ist. Es geht dabei um eine Anfrage, die Rezo für sein zweites Video an „Strg_F“ gestellt hatte. „Strg_F“ beantwortete die Fragen teilweise gar nicht, teilweise nur ausweichend.
Im Bericht heißt es dazu:
„Das Presseteam des NDR wird bei Presseanfragen grundsätzlich mit eingebunden, so auch hier. Das Presseteam favorisierte eine möglichst kurze Antwort, STRG_F eine möglichst ausführliche. Für beide Einschätzungen gab es nachvollziehbare Begründungen. Kurz vor Ende der Frist einigten sich Redaktion und Presseteam, in einem längeren Textblock auf die Fragen einzugehen. Durch den Zeitdruck wurde dann nicht mehr auf alle Fragen von Rezo eingegangen. Die Teamleitung von STRG_F hatte dieser unvollständigen Antwort zugestimmt. Aus Sicht von STRG_F war es angesichts der Vorgeschichte ein Fehler, die Fragen von Rezo nicht vollständig zu beantworten. Insbesondere da STRG_F selbst Antworten auf Fragen an Rezo erwartet hatte und Rezo dafür kritisiert hatte, dass er für sein erstes Video über STRG_F zuvor keine Fragen an STRG_F gestellt hatte.“
Man ahnt, dass es hier zu diversen Konflikten zwischen Redaktion, Teamleitung und Pressestelle kam. Und es scheint nicht so, als ob die Pressestelle mit ihrer (Medienjournalisten vertrauten) Wir-sagen-nur-das-Nötigste-Routine im besten Interesse der Redaktion handelte.
Eigentlich sollte es dem Sender wirklich nicht an Übung im Umgang mit Krisen, Shitstorms und Skandalen mangeln. Im Sommer 2022 zum Beispiel wurden immer neue Vorwürfe über angebliches Fehlverhalten in verschiedenen NDR-Häusern öffentlich. Und trotzdem scheint es immer noch keine funktionierenden Konzepte zu geben, wie mit solchen Krisen umzugehen ist – sowohl was die Kommunikation nach außen angeht, als auch den Umgang mit Fehlern intern.
„Im Rahmen der Aufarbeitung kommt STRG_F zu dem Schluss, dass eine Ursache für viele Fehler im Statement-Video eine mangelnde Fehlerkultur und eine reflexhafte Verteidigungshaltung waren“, heißt es in dem Bericht. Warum mangelt es im Jahr 2024 in einer renommierten öffentlich-rechtlichen Redaktion noch an Fehlerkultur? Ist das ein Phänomen dieser Redaktion? Des Senders? Von Funk?
Man erfährt nichts dazu aus dem Bericht. Immerhin soll bei „Strg_F“ jetzt daran gearbeitet werden:
„Wenn Fehler passieren, werden diese sorgfältig aufgeklärt und transparent dazu kommuniziert. STRG_F schafft Räume und Formate im Arbeitsalltag, um über Fehler und Fehlerkultur zu sprechen, z.B. in den Konferenzen, zusätzlich in so genannten ‚Fuck-Ups‘, bei denen Kolleginnen und Kollegen von ihren Fehlern erzählen. Außerdem werden mehr Kritikerinnen und Kritiker von außen in die Redaktionskonferenzen einladen. STRG_F ist sich bewusst, dass Fehlerkultur konsequent und glaubwürdig vorgelebt werden muss. STRG_F möchte für eine Atmosphäre sorgen, in der alle den Mut haben, zu Fehlern zu stehen und aus ihnen zu lernen.“
Außerdem sollen die Abläufe verändert, eine weitere Faktencheck-Schleife eingebaut, jeweils ein Recherchedokument veröffentlicht und mit längerem Vorlauf gearbeitet werden. Der gravierendste Schritt und anscheinend Voraussetzung für das alles: Der Output von „Strg_F“ wird um ein Drittel auf 30 Videos im Jahr reduziert.
Vergleichsweise kleine Redaktion
In seinem Statement für die Community formuliert die Redaktion:
„Eine Ursache für die Fehler sehen wir darin, dass wir uns im vergangenen Jahr angesichts des wöchentlichen Outputs von STRG_F in eine Überlastungssituation manövriert hatten:
zu viele Videos, zu wenig Zeit, zu wenig personelle Ressourcen, zu wenig Reflexion.
Wir haben das lange kompensiert mit sehr viel Leidenschaft und persönlichem Einsatz. Für ein Format, das beinahe wöchentlich ein Video mit hohem journalistischem Anspruch veröffentlicht, arbeiten wir bei STRG_F mit einer vergleichsweise kleinen Redaktion.“
Wie groß „vergleichsweise klein“ ist, verrät der Bericht nicht. Tatsächlich arbeiten fast ausschließlich freie Mitarbeiter für die Sendung. Und so, wie es da formuliert ist, könnte man denken, es handele sich um individuelle Probleme der „Strg_F“-Redaktion – und nicht um Fragen nach einer angemessenen Ausstattung der Sendung, denen sich der NDR stellen muss.
Eine externe Untersuchung der „Strg_F“-Kontroverse hätte solche und andere für den Sender unbequeme Fragen stellen können. Der interne Bericht hingegen wirkt zwar schonungslos, ist aber offenkundig das Ergebnis einer auf Konsens orientierten Abstimmung unter vielen Parteien, die bis auf drei „Reviewer“ fast alle selbst Teil des Problems waren.
Die Ironie dabei ist, dass der Bericht selbst feststellt, dass schon das Statement-Video, also der erste Versuch, auf die Kritik von Rezo zu reagieren, unter anderem an der eigenen Betroffenheit der Macher scheiterte. Es wäre besser gewesen, das in die Hände eines nicht involvierten Personenkreises zu legen.
Das hat man beim NDR erkannt. Und dann mit diesem Bericht denselben Fehler noch eimal gemacht.
Reine Spekulation: Jahrzehnte lang bleiben öffentlich-rechtliche Strukturen deutlich hinter gesellschaftlichen Entwicklungen zurück. Dann können Aktivist*innen zunehmend erfolgreich Druck ausüben und ein paar Jahre lang weht ein anderer Wind: Jünger, weiblicher, diverser muss es jetzt werden, zackzack, und Verantwortliche lassen, oft aus Sorge um das eigene politische Kapital, entsprechende Leute anwerben und/oder auf exponierten Positionen installieren, wenn sie nicht bei Drei auf den Bäumen sind. Der Applaus dafür überwiegt zunächst; dass es vielfach an Vorbereitung, struktureller und finanzieller Förderung, institutionellem Rückhalt und persönlicher Unterstützung der so ins Rampenlicht geratenen Personen fehlt, wird kaschiert. Dann dreht sich der Wind erneut: Das politische Klima wird immer rauer, die Mittel insgesamt knapper denn je. Und dieselben Strukturen und deren Nutznießer*innen, die das jüngere, weiblichere, diversere Programm und dessen Macher*innen Jahrzehnte lang erfolgreich verhinderten und in den wenigen Jahren des neuen Aufbruchs allenfalls oberflächlich angekratzt wurden, lassen aus Angst um das eigene politische Kapital nun den Druck auf politisch und handwerklich oft unvorbereitete Mitarbeitende ins Unermessliche steigen, die ohnehin längst bevorzugte Zielscheiben der Feind*innen desselben öffentlich-rechtlichen Systems sind, das die Jüngeren, Weiblicheren und Diverseren lange benachteiligt und sich dann, als es politisch opportun war, eine Weile mit ihnen zu profilieren versucht hat. Und lässt sie im Regen stehen, bis viele von ihnen wieder weggespült werden, noch ehe sie im mächtigen öffentlich-rechtlichen Apparat Wurzeln schlagen können. Reine Spekulation, wie gesagt. Aber vielleicht ja kurz genug für die Pressestelle.
@Marc-Oliver (#1):
Tja, so wird halt aus einer Redaktion, die Mist gebaut hat, ein Angriff alter Männer auf das Junge, Bunte, Gute. Erinnert mich irgendwie an die Fake-Doku von Frau Lehrenkrauss – die hat zwar Laien-Darsteller als reale Personen ausgegeben und einen Mord erfunden, galt aber manchen als das eigentliche „Opfer“, weil sie unter Druck stand und ein „wichtiges Anliegen“ hatte.
Zu wenig Geld, zu wenig Zeit, zu viel Stress, verkrustete Strukturen: All das mag eine Rolle spielen bei solchen Problemen. Wenn daraus aber eine Täter-Opfer-Geschichte gestrickt wird, in der eine „junge und diverse“ Redaktion vor lauter „unermesslichem Druck“ gar nicht anders kann, als Unfug zu verbreiten – dann kann ich das nicht ernstnehmen.
Désirée Fehringer, die Moderatorin aus dem Reaktionsvideo, arbeitet laut LinkedIn-Profil seit 2016 für die Öffentlich-Rechtlichen, vor fünf Jahren hat sie ihr Volontariat abgeschlossen. Sie ist also eine ausgebildete Journalistin mit acht Jahren Berufserfahrung. Sebastian Heidelberger, mit dem Rezo via WhatsApp Streit hatte, war laut eigener Homepage bereits 2017 für den Henri-Nannen-Preis nominiert, ist also mindestens seit sieben Jahren im Geschäft.
Bei beiden kann von „politisch und handwerklich unvorbereitet“ kaum die Rede sein. Natürlich können sie trotzdem Fehler machen, und natürlich können die Gründe für diese Fehler komplizierter sein als Inkompetenz oder böser Wille. Aber beide sind Profis, die man nicht mit dem Hinweis auf ihre „junge, weiblichere und diversere“ Sendung von der eigenen Verantwortung freisprechen kann.
@Marc-Oliver (#1):
Etwas gefährlich diese Dinge so vermischen. Die Fehler waren nicht nur offenkundig sie wurden auch weiter verleugnet, während sie schon aufgedeckt waren. Am Anschluß aufgedeckte Lügen eingeschlossen. Wenn man da die Aufklärung nicht extern einleitet, muss man sich über eine baldige Absetzung des Formates nicht wundern.
Ich mochte viele Themen, aber da kann ich ja in Zukunft nichts mehr ernstnehmen.
Das zu einer Interressen-Debatte umzuframen (sorry für den Begriff) hilft weder dem Format noch den benannten Gruppen.
Kann es sein, dass es tatsächlich keine konkret Verantwortlichen gibt?
Rein von der „Manöverkritik“ her hätte man bei Rezos ersten Video auch einfach sagen können: „Sorry, da ist was schiefgelaufen! Lag an uns!“
Und intern dann über weniger Projekte im Jahr oder mehr Mitarbeiter diskutieren.
„Wir gross“ statt „Wie gross“ an einer Stelle im Text ;)
@Mycroft (#4):
Naja, in den Videos tauchen Leute auf, und darunter stehen Namen. Rezo sagt auch, mit wem er Kontakt hatte. Das sind insgesamt fünf oder sechs Personen – nicht wenige, aber auch nicht genug, damit die Zuständigkeit ins Nichts diffundiert (zumal ein Redaktionsleiter dabei war).
Ich nehme an, der Kollektiv-Singular „Strg_F“ im Bericht dient vor allem dem Schutz der Beteiligten, die man nicht bloßstellen wollte. Eigentlich ein fairer Zug, der Transparenz aber abträglich.
Sehe ich auch so: Hätte man sich das Reaktionsvideo gespart und stattdessen öfffentlich „Sorry!“ gesagt, wäre so ein Aufarbeitungsmarathon überflüssig gewesen. Krisenkommunikation maximal verbockt.
Davon ab finde ich die Schlüsse, die sie jetzt aus dem Papier ziehen, aber richtig. Vor allem die langsamere Schlagzahl ist gut. Wenn sie dann noch vom Clickbait wegkommen und den Presenter-Erklärbär-Tonfall zurückfahren, könnte ich mir sowas glatt mal freiwillig anschauen. :-)
Ich persönlich finde es zu den genannten Punkten sehr merkwürdig, dass sie sich so auf diese drei genannten Videos konzentrieren, aber nicht das Große Ganze in den Blick nehmen. Es gab ja noch mehr Videos, die kritisiert wurden (das Alkoholismus Video, die Metal Doku etc.). Und es gab auch mit dem Parabelritter kommunikative Probleme, auch andere haben davon berichtet. Mich beschlich beim Lesen das Gefühl, dass sie mit einer Unmenge von Kleinigkeiten von der grundlegenden Kritik von Rezo und anderen etwas ablenken wollen. Die Punkte waren: Grundlegende Voreingenommenheit den Interviewpartnern gegenüber, vorgefestigte (aufmerksamkeit generierende) Narrative der Videos, einseitige Darstellung von Sachverhalten. Und die große Frage der Community war: Wie sollen wir je wieder den Recherchen von Strg_F vertrauen? Darauf wurde keine richtige Antwort gegeben.
Keine Ahnung, ob noch mehr Kontrollinstanzen wirklich zu mehr Vertrauen führt? Die Redakteur:innen und Journalist:innen sollten zuallererst die Möglichkeit und den Raum bekommen ordentliche Arbeit machen zu können. Mit genug Zeit für Recherche, mit genug Zeit für Anfragen und Stellungnahmen. Und mit weniger Druck vom hierarchischen System. Ist mehr Kontrolle hier wirklich so hilfreich? Es ist zu hoffen und ich wünsche ihnen trotzdem einen guten Neustart.
Mich wundert, dass die Metalfestival-Doku nicht im Fokus steht. Die war zum Haareraufen. Gut gemeint, schlecht gemacht.
Ob Superreiche in Wirklichkeit nur Reiche sind, ernsthaft? Auf das Schlammcatchen lässt man sich ein? Das soll dann die schlimme redaktionelle Fehlleistung sein?
Und auch Rezos Videos sind imo durchaus problematisch, aber der wird ja auch nicht am ÖR-Standard gemessen. Die ganze „der Termin kam nicht zustande“-Farce war peinlich, aber Rezo muss man ja ernst nehmen, weil er „die CDU zerstört hat“ (was an allen Ecken und Enden Humbug ist).
Manchmal frage ich mich, ob überhaupt irgendwer aus der Medienbubble sich mit Verstand angeschaut hat, was Rezo in seinen 2 Videos alles so sagt, vor Allem zu seinem Sponsorship – Was übrigens der EINZIGE Anlass war, dass Rezo überhaupt gegen STRG-F geschossen hat. Geld. Moneten. Sponsorship Money. Man muss ja professionell bleiben. Er hat zwar alle Verbindungen zu dem shady Sponsor gekappt *Zwinkersmilie“, aber man muss ja nicht den Boden verbrennen, gelle? In 2-3 Jahren haben sowieso alle wieder vergessen, was war. Bis dahin will man sich die Deals natürlich warm halten.
Ein Gutes hat es: So kommen wenigstens keine jungen Redakteure mehr zum ÖR. In so einem Umfeld, in dem sich nicht mal die eigene Geschäftsführung hinter (oder gar vor!) einen stellt, da will doch keiner arbeiten.
Aber wenigstens werden Reiche jetzt nicht mehr Superreiche genannt. Habt ihr alle ganz toll gemacht! Eine wirklich sinnvolle Verwendung von Ressourcen.
@Anderer Max
Die Journalistischen Videos von Rezo gesehen? Ich frage weil die Zerstörung der CDU ein tricktitel ist. Es geht um die Zerstörung die die CDU angerichtet hat, und Leute die es nicht gesehen haben missverstehen den Titel gerne so, wie sie. Das wird schon Anfang des Videos aufgelöst.
Die Journalischen Videos wurden nicht aus Witz so gelobt und konnten von kritisierten so wenig inhaltlich angegriffen werden. Sie waren extrem gut recherchiert und belegt. Bei gefundenen Fehlern folgten auch Korrekturen oder Nachreichung von Belegen. Es gab bis jetzt 5 oder 6 solcher Videos… nicht zu verwechseln mit dem Alltagscontent von Rezo, der natürlich keine derartigen Ansprüche stellt. Ein Beispiel: Strg F hat es bis zum Streit nicht geschafft Belege zu verlinken. Rezo hat das bei jedem dieser Videos minutiös gemacht.
„Manchmal frage ich mich, ob überhaupt irgendwer aus der Medienbubble sich mit Verstand angeschaut hat, was Rezo in seinen 2 Videos alles so sagt, vor Allem zu seinem Sponsorship…“
Kann man sicher kritisieren, aber gerade, wenn man kritisch-investigativ hinter den fiesen Finanzierungstricks von Influenzern her ist, muss man zumindest auf die eigene handwerkliche Korrektheit achten, um denen das „Hand“werk zu legen.
„Aber wenigstens werden Reiche jetzt nicht mehr Superreiche genannt.“ Nächstens das Video: „Warum Super-Duper-Reiche noch viel schlimmer als Superreiche sind!“
@KK: ich meinte jemanden, der nicht nur „verantwortlich ist“, sondern die Verantwortung auch wahrnahm.
@9: Ja, in seinem 2. Video hat er klargestellt, dass man den Titel absichtlich hätte falsch verstehen wollen und er es natürlich ganz anders gemeint hätte (aktiv – passiv / Zerstörungen anrichten vs. zerstört werden). Ich glaube es ihm nicht. Die Zweideutigkeit war gewollt und so zu tun, als gäbe es nur die eine Interpretation ist mindestens so shady wie der Journalismus, den er selbst kritisiert.
Alle anderen Medien haben es auch nicht verstanden und rezipieren es auch nach wie vor so, dass Rezo die CDU zerstört hätte. Was aus anderen Gründen bemerkenswert ist.
Ich glaube ihm auch nicht die Geschichte mit seinen persönlichen Terminen und dass deswegen keine Aussprache mit der STRG-F Redaktion zustande kam. Wenn er offen und ehrlich gesagt hätte „war mir zu viel psychische Belastung“, wäre es glaubhaft gewesen. Dass er nachweislich dort irgendwelche Termine hatte – Da bin ich mir sicher, dass er das zweifelsfrei nachweisen kann.
Ich will Rezo auch gar nicht mehr an den Pranger stellen, als andere Medien. Ich mag den Jung tatsächlich sehr gerne. Es passt aber alles ein bisschen zu gut zusammen.
Mich ärgert, wen er sich hier als Ziel ausgesucht hat und warum. Rechte und rechtsradikale Medien fahren seit 9 Jahren einen Dauer-Desinformationsfeuerwerk ab mit Lügen, Betrügen, Framen und Opferinszenierung.
Aber STRG-F ist der Antichrist weil Reiche zu wenig Geld hatten, um als Superreiche zu gelten. Echt, wow. Muss ich total ernst nehmen.
Rechtsaußen lügt einfach über alles aber die ganze STRG-F Geschichte nimmt 100 Mal so viel öffentlichen Raum ein. Weil Reiche zu arm sind um als superreich zu gelten. Man muss sich das auf der Zuge zergehen lassen.
So funktioniert Manipulation von rechts.
Homer, sarkastisch:
„Entschuldige bitte Marge, dass ich unverzeihliche Fehler mache, an denen ich einfach nicht arbeite!“
@11: Die Bedeutung wurde keineswegs im 2. Video erläutert, sie wurde nur in der Reaktion auf Menschen, die die Videos nicht oder nicht aufmerksam gesehen haben, noch einmal wiedergegeben.
Bei 0:42 im ersten Video beendet er die Vorrauschau des Inhaltes mit diesem Satz:
0:49 […]dass nach der Expertenmeinung von zigtausenden deutschen Wissenschaftlern die CDU aktuell unser Leben und unsere Zukunft zerstört. (Stimme runter)
Die „I don’t belief you“-Karte kann man bei jedem und immer ausspielen. Hat aber nichts mit Tatsachen zu tun, sondern mit Gefühl.
Strg-F ist kein Antichrist. Die Kritik war anfangs noch recht ruhig und sachlich, bis das Krisenmanagement von Strg-F in Antwort darauf eine Reihe Unwahrheiten verbreitete. Z. B. Eine eigene Definition, was man mit Hintergrundgesprächen machen dürfte. Oder man habe aus Zeitgründen die Therapiesitzung von Rezo übersehen. Dass er das nicht auf sich hat sitzen lassen, wo ihm damals ins auf den Kopf zugesagt wurde, „Wir glauben dir nicht, dass du keine Zeit hast“ ist doch nun offensichtlich.
Man kann diese Meinungen ja haben oder auch eine Fehleinschätzung. Dann aber schulmeisterlich dem anderen zurückzuweisen und noch ein paar Falschaussagen einzuwerfen, ist keine Lösung und kein Umgang mit Kritik, selbst wenn diese unberechtigt gewesen wäre.
Ich weiße in diesem Bereich auch gerne auf die verpatzte Logo-Sendung zu Rezo hin. Man hat einen Welt-Journalisten eingeladen, der in der Welt (Flagschiff des kühlen sachlichen Papier-Journalismus) schon mehrere Streitschriften gegen Rezo verfasst hatte, ohne dessen Hintergrund mit einer Silbe zu erwähnen. Man hat keinerlei Quellen angegeben. Und man befasste sich fast ausschließlich mit Material aus den nicht journalistischen Videos. Man kam zum Schluss zum Ergebnis, wie zweischneidig derartiger Journalismus wäre, ohne doppelte Prüfung und Sachverstand, beachtete aber selbst keine grundlegenden journalistischen Standards. Klar wird man dann an dem gemessen, was man sich auf die Fahne schreibt.
Strg-F schieb sich Authentizität und präzise journalistische Arbeit im persönlichen Gewandt auf die Fahne: Das passt nicht mit Falschbehauptungen, und defensiver Antwort auf Kritik zusammen.
Auch nicht mit eklatanten journalistischen Mängeln, wie der nachträglichen Anfrage bei einem Protagonisten singemäß: „Du hast mir ja deine Snapchat-Historie gezeigt, also glaube ich dir schon das du superreich bist, aber kannst du es uns nochmal beweisen. Kontoauszüge deiner Mutter vielleicht?“- Bei gleichzeitiger Beteuerung, man habe den Kandidaten genau geprüft.
Das ist schlicht Lüge, Täuschung und Verschleierung. Und ganz ehrlich, dass schon bei einer solchen Kleinigkeit… dann will ich nicht wissen, was da noch im Busch ist. Dass hier keine Aufarbeitung geleistet wurde, ist in meinen Augen der Tod des Formates.
@Anderer Max (#11):
Mit Verlaub, Sie haben die Kritik an der Superreichen-Doku schlicht nicht verstanden. Hier eine „Manipulation von rechts“ in den Raum zu stellen, ist grober Unfug. Es sei denn natürlich, sie wollten jegliche Kritik an dem Verein per se als „rechts“ verdammen.
@12:
Sie haben recht, mein „ich glaube es ihm nicht“ ist nur ein Gefühl. Und „Antichrist“ war eine bewusste Übertreibung. „Prügelknabe“ wäre vielleicht passender gewesen.
„Eklatante journalistische Mängel“
Das bewerte ich halt anders. Ungenauigkeiten und schnippische Kommentare sind unangenehm und unprofessionell.
Dass Sie nun von „eklatanten journalistischen Mängeln“ reden, ist m. E. ein Erfolg der Rechtspopulisten, denen „man ja kein Futter liefern will“ – also jede Kritik an (linksgrünversifftem) Journalismus aufgeplustert wird, als ob es gleich schlimm wäre, wie die offensichtlichen eklatanten Lügen der rechten Presse.
Was übrigens dann auch meine inhaltliche Antwort an KK wäre.
Ein nicht sinnentstellendes Zitat hätte übrigens so ausgesehen:
„Rechtsaußen lügt einfach über alles aber die ganze STRG-F Geschichte nimmt 100 Mal so viel öffentlichen Raum ein. (…) So funktioniert Manipulation von rechts.“
Wer über Journalistische Verfahren im Nachhinein die Unwahrheit sagt, hat ein persönliches oder und redaktionelles Problem. Wer neue Lügen einbringt, um sich zu rechtfertigen, lügt auch leicht mal, wenn ihm das Ergebnis einer Recherche nicht passt. Wie bei Strng -F auch schon geschehen. Das sind eklatante journalistische Mängel.
Ist für mich absolut okay, dass Sie das so sehen.
Ich sage: „Wer sich bei gleichzeitigen 24/7 Dauerlügen aus dem rechten Medienlager in die Wade von Strg-F verbeißt, der will eine ganz bestimmte Wade schmecken.“
Ich sage nicht und habe nie gesagt, dass es keine Verfehlungen durch Strg-F gab. Nur dass sie überbetont sind und die Kritik daran m. E. scheinheilig ist, wenn man gleichzeitig nicht jedes Mal die Lügenpratiken von rechts auch kritisieren würde.
Aber die hören ja nicht zu, gell? Die ignorieren das einfach und dann macht das auch gar nicht so viel Spaß!
„Aber die hören ja nicht zu, gell? Die ignorieren das einfach und dann macht das auch gar nicht so viel Spaß!“
Die dreihundertdreiundrölfzigste Feststellung, dass das Drecksblatt Dreck schreibt, ist tatsächlich eher ermüdend.
Andererseits wäre das für strg_f erstens ebenfalls eine Option gewesen, zweitens kriegen die rechten Lügenpraktiker kein Geld von bspw. mir, und drittens habe ich die Vermutung, dass die Geschichte mit einer, sagen wir mal, rechts gerichteten Publikationsplattform schon deshalb anders abgelaufen wäre, weil Rezo einfach nie Zeit für ein Interview mit denen gefunden hätte.
Außerdem, 48-h-Frist mag ausreichen, wenn alles andere passt, aber die haben den Ablauf der Frist quasi auf das Ende der eigenen Deadline und nach Fertigstellung des eigentlichen Videos gesetzt – selbst, wenn alles andere besser gelaufen wäre, sie hätten jedwede neue Info, die sie von Rezo gewonnen hätten, noch einarbeiten müssen, UND irgendwer hätte das fertige Produkt noch mal gegenchecken müssen. Mein Zeitmanagement ist auch eher suboptimal, aber das Problem finde ich sehr hausgemacht.
Medien, die gar nicht erst das Ziel haben, Leute möglichst aufrichtig zu interviewen und zitieren, kämen gar nicht in die Verlegenheit…
Tatsächlich hatte ich bei Strg-F eher die Hoffnung es würde sich was ändern, als bei der Bild oder weit rechteren Medien. Da ist es eher eine Quotenfrage noch eine gegenmeinung einzubringen, Verbesserung kann meist durch Kritik nicht erwartet werden (siehe nur Rügen des presserats). Hier bei strg-f hatte sich die Zitierptaktik jetzt unter Druck geändert und hätte es eine Aufarbeitung gegeben, hätte ich ihnen wieder ne Chance gegeben. Also einfach Schade und eine verpasste Chance aus meiner Sicht.
@Anderer Max (#15):
Sie haben Ihr eigenes Zitat gekürzt, damit es nicht sinnentstellend ist? Why? Der Reihe nach das volle Zitat:
„Rechtsaußen“ ist maximal abstrakt, Strg_F maximal konkret. Von rechts und links hat hier – außer Ihnen – niemand gesprochen. Es ging, ganz banal, um schlechten Journalismus und noch schlechteres Krisenmanagement (Metal-Szene, „Superreiche“, Umgang mit Rezo).
„100 mal so viel öffentlichen Raum“ würde ich glatt bestreiten. Es gab eine YouTube-Reaktions-Kaskade zu Rezo und (davor) die „Superreichen“; die Sache mit der Metal-Doku musste der Parabelritter m.W. im Wesentlichen allein ausfechten. Die beteiligte YT-Szene (Sashka, Klengan, AlphaKevin, Kyzer & Co.) erscheint mir aufgeklärt-liberal geprägt – mag sein, dass es davon ab auch rechte Reaktionen gab, aber die haben nicht die Debatte bestimmt.
Nein. Weil eine Sendung, die von sich behauptet, den Lebensstil von „Superreichen“ (Milliardäre oder so) zu dokumentieren, genau das gar nicht getan hat. In Wahrheit zeigt sie nur ein paar testosteron-gebadete Social-Media-Poser. Das passt vielleicht zur Vorstellung der jungen Zielgruppe, die „Reichtum“ über Instagram-Stories mit Lambos und Privatjets und Champagner in Dubai verbindet – mit dem, was echten (tatsächlich viel zu mächtigen) Reichtum in der BRD ausmacht, haben diese Clowns aber nichts zu tun. Eine sozialkritische Dimension war in dieser Doku nicht vorhanden.
Die wirklich Reichen tauchen nicht in Filmchen auf und sagen Sätze wie: „Ich bin umweltbewusst, denn ich werfe meine Coladosen nicht aus dem Porschefenster“. Die lassen Anfragen nach entsprechenden Interviews schlicht durch ihr Büro abblocken. Und sie posten auch keine Stories, wonach man dank E-Commerce und Copy-Trading „finanziell frei“ werde, sofern man nur ihren Kurs buche. Denn „Komm in meine Gruppe“-Content haben sie nicht nötig.
Der Titel der Sendung war schlicht ein Etikettenschwindel, und die Protagonisten waren Witzfiguren. Fake-Show mit moralischem Anspruch (der ins Leere lief, wie die darauf aufbauende Kurzzeit-Karriere Theo Stratmanns bewies).
Das beruht nun allein auf Ihrem Missverständnis über die Reichen-Doku. Sie behaupten, die Kritik ziele darauf ab, den „Lebenstil der Reichen“ zu verteidigen. Das war in meiner Wahrnehmung nirgends der Fall. Kritisiert wurde schlechte Recherche und oberflächliche Darstellung. Wenn das schon „Manipulation von rechts“ ist, bekommen wir echte Probleme – denn dann sagen Sie, alles passt, solange die Botschaft stimmt. Und so darf es nicht laufen (zumal hier nichtmal die Botschaft gestimmt hat).
Vielleicht wird der Trend in der ARD endlich gestoppt und es gibt ne Rolle rückwärts. Es fehlt an journalistischer Führung und Kompass in vielen Redaktionen, wenn Chefs nur noch Manager sind. Das erklärt auch, wie so etwas überhaupt passieren kann und junge Kolleg*innen verbrannt werden. Inhalte werden der Story geopfert, das ist auch für Protagonisten schlecht, vor allem bei sensiblen Themen.
Auch dass mit Vorliebe telegene und sehr junge Leute als Host dienen , die wenig Erfahrung haben, rächt sich – und es gibt und gab immer viele Bedenkenträger*innen in der ARD, auf die nicht gehört wird…
@S. (#21):
Nachdem ich mich am Wochenende mit der Strg_F-Redaktion beschäftigt habe, halte ich das mit den „jungen Kolleg*innen“ nicht mehr für stichhaltig. Die Zielgruppe ist jung, die Redaktion besteht mehrheitlich aus mittelalten Profis. Von den sechs Leuten, die in der Debatte namentlich auftauchen, ist nur einer unter 30; zwei sind Mitte 40. Einer der Redaktionsleiter von Strg_F ist über 50.
Damit habe ich kein Problem, Jugendwahn liegt mir fern. Mich stört nur der vielfach verbreitete Mythos, hier gehe es um idealistische Jung-Journalisten, denen mangels Erfahrung der eine oder andere Lapsus quasi notwendig unterlaufen müsse. Nö, das sind gestandene Profis, und man darf sie an denselben Maßstäben messen wie Welt- oder SZ-Leute auch.
@Kritischer Kritiker
Es geht um die Leute VOR der Kamera, das Gesicht der Sendungen und die Protagonisten, die ebenfalls „verbrannt“ werden können – weil die für immer ergoogelbar und im Netz sind. Was man in jüngerem Alter womöglich noch nicht durchblickt mit allen Konsequenzen für den Rest des Lebens (Stichwort Mental Health, Schicksalsschläge, Liebe & Sex).
@ 18, Mycroft:
„…ist tatsächlich eher ermüdend.“
Eben! Es ist ermüdend, weil alle Kritik abprallt. Deshalb weniger zu kritisieren ist m. E. daher genau die falsche Maßnahme.
„Medien, die gar nicht erst das Ziel haben, Leute möglichst aufrichtig zu interviewen und zitieren, kämen gar nicht in die Verlegenheit…“
Stimmt.
@ KK
Ich dachte, die Bedeutung des „(…)“ bei Zitaten sei klar.
Und ich werde nicht gegen Strohmänner argumentieren.
Was ich mit „Manipulation von rechts“ tatsächlich meine, hatte ich m. E. schon erläutert, hier noch mal in prägnant und mit Beispiel:
Kritik an rechter Manipulation ist „ermüdend“, weil sie abprallt. Deshalb befasst man sich als „Medienkritiker“ (sprich: jeder) gerne mit Verfehlungen beim ÖR, weil die müssen ja reagieren. Dadurch entsteht eine Überbetonung kleinerer Fehler auf der einen Seite, während die andere Seite die „Grenzen des Sagbaren“ immer weiter verschiebt.
Beispiel: Allein die Tatsache, dass viele Medien das Wort „Remigration“ (immer brav mit Gänsefüßchen – der mündige Leser weiß dann, was gemeint ist, Zwinkersmilie) nachplappern, statt von Ausweisung oder Deportation zu sprechen, ist ein riesiger kommunikativer Erfolg der Rechten Medienchoreographie. Aber wehe bei ’ner ÖR-Doku über Reiche werden „Witzfiguren“ statt echte™ Reiche dargestellt. Da wird „handwerklich schlecht gemacht“ ganz schnell zum Politikum.
Ich akzeptiere selbstverständlich die Kritik, dass das alles ein wenig Meta und sachfremd ist. Schwer verständlich ist es aber nicht.
Und ich bin mir der Implikationen meiner Argumentation auch bewusst, z. B. Thema „Biden-Burgers“ von vor 3 Jahren.
Wenn links sich nicht mehr traut, Mitte zu kritisieren, weil rechts die Mitte auch kritisiert, dann wird linke Kritik unsichtbar und irrelevant. Das spricht gegen meinen Einwurf.
Und wieder andererseits ist „Sagen was ist“ auch meistens nicht mehr als eine Ausrede, seinen Vorurteilen freien Lauf zu lassen.
Von rechts wird jedenfalls nicht differenziert oder überprüft, ob ein Standpunkt evtl. „zu polemisch“ oder „zu verkürzt und daher sinnentstellend“ ist. Da geht es nur um den kommunikativen Erfolg („owning the libs“), nicht um die Wahrhaftigkeit der eigenen Argumentation.
Gleiches mit Gleichem bekämpfen? Oder lieber solange klug nachgeben, bin man der Dümmere ist?
Was hilft es recht zu haben, wenn keiner zuhört?
Ich jedenfalls bilde mir nicht ein, recht zu haben oder dass es in solchen Debatte überhaupt ein richtig und falsch gibt. Ich wollte eine andere Perspektive einbringen.
„Es ist ermüdend, weil alle Kritik abprallt. Deshalb weniger zu kritisieren ist m. E. daher genau die falsche Maßnahme.“
Ich bin zuversichtlich, dass Ü. demnächst mal wieder was über die kreative Mathematik/Recherche/Meinungsbildung bei NIUS bringt. Die Kritik-Ressourcen sind ja nicht aufgebraucht.
„Deshalb befasst man sich als „Medienkritiker“ (sprich: jeder) gerne mit Verfehlungen beim ÖR, weil die müssen ja reagieren.“
Ich als privater Medienkritiker (sprich: zahlender Kunde) kritisiere vor allem solche Produkte, die ich auch konsumiere (sprich: bezahle). Weil ich dafür kein Geld kriege, sondern bestenfalls ein verbessertes Produkt, konzentriere ich mich auf solche Medien, bei denen ich a.) Aussicht auf Verbesserung sehe und die ich b.) nicht sowieso schon boykottiere (sprich: nicht bezahle).
„Dadurch entsteht eine Überbetonung kleinerer Fehler auf der einen Seite, während die andere Seite die „Grenzen des Sagbaren“ immer weiter verschiebt.“
Solange es keine „Grenzen des Denkbaren“ gibt, nutzen „Grenzen des Sagbaren“ nur knapp die Hälfte. Aber ist jetzt Ihr Argument, dass man Fehler bei strg_f nicht kritisieren darf, wenn man nicht gleichzeitig (oder im Zweifel: stattdessen) die bösen Absichten bei sagen wir compact kritisiert?
„Allein die Tatsache, dass viele Medien das Wort „Remigration“ (immer brav mit Gänsefüßchen – der mündige Leser weiß dann, was gemeint ist, Zwinkersmilie) nachplappern…“
ICH weiß, was gemeint ist, ich traue mir zu, zu erkennen, ob eine Zeitung pro Abschiebung ist oder das Wort „Remigration“ zitiert, und ich unterstelle, dass die Mehrheit der Leser dieser Zeitung das auch wissen und ggfs. _genau deshalb_ Leser dieser Zeitung sind. Insofern ist mir das Wording relativ wumpe. „Nachplappern“ ist ein Främing, das mMn in den allerwenigsten Fällen zutrifft.
„…ist ein riesiger kommunikativer Erfolg der Rechten Medienchoreographie…“
Offenbar gibt es auch rechte Journalisten. Das als _riesigen_ kommunikativen Erfolg zu bezeichnen, überhöht diese Tatsache etwas sehr, aber bitte, ist Ihr Narrativ, nicht meines.
„Da wird „handwerklich schlecht gemacht“ ganz schnell zum Politikum.“
Niemand hier argumentiert hier gegen den örr. Und ich unterstelle mal, dass liegt daran, dass niemand hier gegen den örr IST. Wenn jemand anders gegen örr ist, ist er dies auch schon aus anderen Gründen.
„Und wieder andererseits ist „Sagen was ist“ auch meistens nicht mehr als eine Ausrede, seinen Vorurteilen freien Lauf zu lassen.“
Wenn etwas IST, dann könnte man es auch beweisen. Und „sagen, was ist“ ist die Aufforderung, diese Beweisführung bitteschön auf Papier, in Videoform oder sonstwie zu bringen.
„Von rechts wird jedenfalls nicht differenziert oder überprüft, ob ein Standpunkt evtl. „zu polemisch“ oder „zu verkürzt und daher sinnentstellend“ ist.“
Das liegt typischerweise daran, dass man sonst merken würde, dass der Standpunkt falsch ist.
„Was hilft es recht zu haben, wenn keiner zuhört?“
Wäre es besser, unrecht zu haben? Oder anders: wenn die Gegenseite auf Polemik, Ungenauigkeiten, Halbwahrheiten und Lügen zurückgreifen _muss_, weil man selbst die besseren Argumente hat, soll man sich DANN aufs Schlammcatchen einlassen? Gerade, WENN man sich nichts schlimmeres vorzuwerfen hat als Handwerklichkeiten und kommunikatives Versagen, muss man das nicht verheimlichen.
Ich hatte meine Ambiguität und Selbstzweifel ja bereits durch die rhetorischen Fragen zum Ausdruck gebracht. Ich weiß auch nicht, was richtig ist.
„Ich bin zuversichtlich, dass Ü. demnächst mal wieder was über die kreative Mathematik/Recherche/Meinungsbildung bei NIUS bringt.“
Mir ging es ja um die Verhältnismäßigkeit.
Ü müsste jeden Tag 8 Artikel über NIUS, 6 über Tichy, 9 über Bildzeitung, 33 über junge Freiheit, etc. bringen (vorsichtige Schätzung), damit quantitativ abgebildet würde, wie sehr aus dieser Richtung gelogen wird.
Aber genau das isses ja: Wer will das a) machen und b) lesen?
Die Ermüdung ist Teil dieser Taktik.
„Aber ist jetzt Ihr Argument, dass man Fehler bei strg_f nicht kritisieren darf, wenn man nicht gleichzeitig (oder im Zweifel: stattdessen) die bösen Absichten bei sagen wir compact kritisiert?“
Nein.
Mit dürfen hat das sowieso nix zu tun. Jeder darf kritisieren und jeder andere darf die Kritik kritisieren. Mehr habe ich ja auch nicht gemacht.
Ich sage nur, dass die Verhältnismäßigkeit nicht stimmt.
Oder wie es der Zeit-Experte hier sagt: „Für eine andere Partei wären solche Skandale der GAU, doch die Anhängerschaft der AfD ist dagegen relativ immun“ https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-05/wahlumfragen-afd-spd-bundestagswahl-sonntagsfrage
Klar kann man feststellen, dass AFD-Anhänger für Sachargumente nicht zugänglich sind … Aber deswegen muss man doch die Sachargumente nicht aus der Gleichung wegstreichen?
Ich werde nicht auf alles eingehen, weil ich mich jetzt schon gefühlt 2-mal wiederholt habe. Konsens ist im demokratischen Diskurs ja auch nur optional.
„Aber deswegen muss man doch die Sachargumente nicht aus der Gleichung wegstreichen?“
Das ist eine Suggestivfrage, die Sie bitte irgendwem stellen, die oder der tatsächlich Sachargumente aus der Gleichung wegstreicht oder wegstreichen will, oder – ganz hintenrum – das von anderen erwartet.
(Über Regenbogenpresse gibt es hier die Sammelkolumne „Topf voll Gold“, und über BILD einen eigens gewidmeten Blog; die „Ermüdungstaktik“ ist nicht so erfolgreich, wie Sie vllt befürchten…)