Die Bauer Media Group ist ein Verlag mit Werten, so steht es auf der Internetseite des Konzerns. „Wir setzen uns für Vielfalt und Integration ein“, heißt es dort zum Beispiel, und dass man „keine Diskriminierung“ dulde, etwa aufgrund „rassistischer Zuschreibung“ oder „der nationalen Herkunft“.
Wirklich?
Der Hamburger Verlag ist einer der größten in Deutschland und gibt neben „Bravo“ oder „TV Movie“ vor allem Klatschblätter heraus. Im Magazin „das neue“, das laut Eigenwerbung „packende Geschichten“ und „spannende Promi-News“ enthalten soll, erschien kürzlich eine krude Mutmaßung über den Ex-Tennisspieler Boris Becker. „Der spinnt wohl!“, vogelzeigte das Magazin auf der Titelseite. „Spannt er seinem Sohn die Frau aus?“
Wie die Redaktion von „das neue“ darauf kommt, dass so etwas passieren könnte, erklärt sie auf Seite 10 in einem Artikelchen. Er beginnt so:
„Er war nicht immer allen Frauen treu – aber seinem Beuteschema schon. Rassige Schönheiten haben es Boris Becker (55) angetan. Und nicht nur ihm – auch seinem Sohn Elias (24)!“
Der Boris, sein Sohn und die „rassigen Schönheiten“.
Elias hat nämlich eine Freundin, die Beckers „ehemaligen Weggefährtinnen“ Lilly Becker oder Angela Ermakova „verblüffende“ ähnele, schreibt das Blatt. Unter einem Foto, auf dem Beckers Sohn und seine Freundin zu sehen sind, steht sogar: „Elias‘ Freundin sieht aus wie Boris‘ Ex-Weggefährtinnen“, sie habe nämlich: „sonnengeküsste Haut, rehbraune Augen, dunkle Mähne“.
Feuer! Feuer!
Naja, und weil sie Menschen mit dunklerer Hautfarbe und dunklen Haaren und Augen bei „das neue“ offenbar irgendwie kaum unterscheiden können, hat die Redaktion nun diese „unfassbare Vermutung“. Zumal sich Becker ja „nicht nur beim Match auf dem Court“ auskenne, „sondern auch beim Spiel mit dem Feuer“:
„Da muss der Junior – so wird schon gewitzelt – aufpassen, wenn er mit Yasemine seinen Papa besucht und sie für einen Moment unbeaufsichtigt lässt.“
Alles daran ist bemerkenswert: Die passive Distanzierung, irgendwer „witzle“ schon; die Vorstellung, dass Beckers Sohn seine Freundin beaufsichtigen müsste, weil sie sonst womöglich … – und auch die Annahme, dass „Besenkammer-Boris“, wie sie ihn im Text nennen, gleich sein kaum zu bändigendes Feuer auspackt, sobald er mit egal welcher „sonnengeküssten“ Frau kurz allein ist, selbst wenn es sich um die Freundin seines Sohnes handelt.
Die 60er-Jahre wären sicherlich stolz gewesen auf so einen Text – aber bei Bauer, wo man keine Diskriminierung duldet und sich für Vielfalt einsetzt?
„das neue“ jetzt „noch genauer“
Wir haben mal nachgefragt, was das überhaupt bedeutet im Kontext des Artikels: „rassig“. Und woran die Bauer Media Group festmacht, dass diese Frauen sich alle so ähneln. Und wie sich der Text mit den Werten des Verlags in Einklang bringen lässt.
Eine Sprecherin bedankt sich für die Mail und schreibt:
„Einen möglichen, in Ihrer Fragestellung versteckten Vorwurf weisen wir klar und deutlich zurück. Gleichzeitig bedanken wir uns für den Hinweis und nehmen Ihre Anfrage als Impuls auf, noch genauer auf eine sensible Wortwahl zu achten.“
Das ist doch ein guter Ansatz.
Und vielleicht sollte man an dieser Stelle noch mal betonen, was Klatschblatt-Experte Mats Schönauer vom „Topf voll Gold“ bereits betonte: Dass man in dieser Ähnlichkeits-Logik auch sagen könnte, dass sich die Chefin des Bauer-Verlags, Yvonne Bauer, und Donatella Versace verblüffend ähnlich sehen. Womöglich – so wird schon gewitzelt – sind sie sogar Zwillinge.
Boris Rosenkranz ist Gründer von Übermedien. Er hat an der Ruhr-Universität Bochum studiert, war „taz“-Redakteur und Volontär beim Norddeutschen Rundfunk. Anschließend arbeitete er dort für verschiedene Redaktionen, insbesondere für das Medienmagazin „Zapp“. Seit einigen Jahren ist er freier Autor des NDR-Satiremagazins „Extra 3“.
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Anderes Topf voll Gold Thema: Wenn wir annehmen, dass diese Zeitfschriften zum größten Teil von Menschen um Rentenalter konsumiert werden, diese also einen maximalen Anteil an nicht fremdbestimmter Zeit haben müssten, warum heißen dann all diese Magazine irgendwas mit „Freizeit“?
Anderes Topf voll Gold Thema: Wenn wir annehmen, dass diese Zeitfschriften zum größten Teil von Menschen um Rentenalter konsumiert werden, diese also einen maximalen Anteil an nicht fremdbestimmter Zeit haben müssten, warum heißen dann all diese Magazine irgendwas mit „Freizeit“?