Holger ruft an (119)

Haben wir denn gar nichts gelernt aus der Ära Trump?

Screenshot der Live-Berichterstattung bei CNN: Donald Trumps Flugzeug am Flughafen in New York
Live auf Schritt und Tritt – auch wenn Trump einfach nur landet Screenshot: CNN

 

Zweimal musste Donald Trump in den vergangenen Wochen vor Gericht erscheinen, vor ein paar Tagen erst wieder. Und immer ist es ein unglaublicher Rummel. Anfang April warteten hunderte Reporter aus aller Welt vor dem Gericht – dabei gab es da kaum was zu sehen. Wann kommt er an? Geht er vorne rein oder in den Seiteneingang? Wird er winken? Berichten, wenn es nichts zu berichten gibt. Und für den Weg zum Flughafen und wieder weg hatten US-Sender sogar Helikopter gechartert, die Trump verfolgten.

Ist das nicht irre?

Natürlich ist es ein historisches Ereignis, wenn erstmals ein amerikanischer Ex-Präsident angeklagt wird. Aber ist die riesige mediale Aufmerksamkeit angemessen – und so klug? Auch in Deutschland berichten Medien live, im Fernsehen oder in Tickern, wenn ein neuer Gerichtstermin ansteht. Dabei ist den Reportern meistens bewusst, dass Trump jeden Medien-Auftritt für sich nutzen könnte, für seinen Wahlkampf. Ein Dilemma.

Wie also umgehen mit Trump? Wie über ihn berichten, ohne ihm in die Karten zu spielen? Und was sollte man tunlichst vermeiden?

Darüber spricht unser Podcast-Host Holger Klein mit „Tagesthemen“-Moderator Ingo Zamperoni, der sich bestens auskennt in den USA. Zamperoni war dort Korrespondent, und er hat dort Familie, reist also immer wieder in die Vereinigten Staaten. Wie sieht er die Berichterstattung?

Mit Holger spricht er über den „Autounfall“, den man nicht sehen möchte, aber trotzdem hinschauen muss, übertriebene und angemessene Trump-Berichte, das Geschick des Ex-Präsidenten, Medien zu instrumentalisieren und die Ambivalenz, wie man es als Journalist denn nun richtig macht.

(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)

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4 Kommentare

  1. Was Ingo Zamperoni hier erklärt ist bitter und ernüchternd: Wenn ich einen demokratischen Diskurs von rechts außen in meinem Interesse manipulieren möchte, muss ich also nur jede Menge Geld in die Hand nehmen, einen Fernsehsender gründen, ihm mit halbwegs normaler Berichterstattung Relevanz verschaffen und dann Formate darin platzieren, die JEGLICHE journalistische Grundsätze völlig über Bord werfen und – schwupps – sind alle anderen Medien „gezwungen“, den Themen dieser Formate Relevanz einzuräumen.

    Wenn man dem wenigstens begegnen würde, indem man sich bewusst macht, wem man dabei durch nicht stattfindende Berichterstattung alles Relevanz abspricht. Seien es größere Demonstrationen, die irrelevant sind, weil sie friedlich bleiben, Skandale, an die wir uns einfach gewöhnt haben, weil sie sich Jahrzehnte lang hinziehen (Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange oder strukturelle Unterbesetzung von Steuerfahndung im Interesse der Reichen).

    Und selbst wenn man sich gezwungen sieht, Berichterstattung über Trump zu betreiben, warum nicht zum Thema machen, wie die Methode, Aufmerksamkeit zu generieren nichts anderes als PR mit dem Ziel ist, die Medienaufmerksamkeit zu missbrauchen?

    Alles, was Ingo Zamperoni hier sagt, ist: Wer am lautesten Schreit hat Recht, weil wir nix dagegen machen können, dass jemand am lautesten schreit und wir nicht neutral wären, wenn wir nicht sagen würden, wer am lautesten schreit.

    Kein Wunder, dass mich das Versagen unserer Medien beim Aufrechterhalten der Demokratie dermaßen erschöpft.

  2. Sympathischer Dialog. Erklärend ohne den wissenden Zeigefinger. Mir haben auch schon seine Reportagen gefallen.
    Was ich mich frage: wie kann bei so einer Art des abwägenden Denkens eine solch einseitige Ukraine Berichterstattung in der tagesschau stattfinden? Die zumindest in meiner Blase (Links, alternativ, Chomsky) immer mehr zum Nichtgucken bewegt.
    Vielleicht ein Thema für das nächste Telefonat;-)

  3. „Es ist schwierig der Sau nicht hinterherzurennen, wenn das Ganze Dorf schon auf den Beinen ist und die Sau jagt.“ Gut, aber was lernen wir draus? Dass das nunmal so ist im Journalismus? Aufmerksamkeitsökonomie über alles? Dass man Right Wing Agenda Setting zwar durchschaut, aber eben nicht nur nichts dagegen tun kann, sondern zusätzlich auch noch Öl ins Feuer gießt, weil das nun mal so ist in solch einem System und man sich gleichzeitig als neutraler Journalist nicht von der rechten Seite anhören möchte, man würde da was unter den Teppich kehren? Die vierte Gewalt wird instrumentalisiert, sie weiß es, aber kann und will nichts dagegen unternehmen. Was für ein verfucktes System!

  4. Marktliberalismus hat global den Status von Staatsräson. Wer das kritisiert ist ein Häretiker und will Stalins Gulags wieder errichten.
    Und weil die Wirtschaft allein nicht reicht, muss das auch noch für den „marketplace of ideas“ gelten. Nun stellen wir fest ( Blitzbirnen, die wir alle sind ), dass diese fundamentalistische Ideologie keinerlei Trennschärfen zulässt.
    Im Zweifel gewinnt immer das meiste Geld gepaart mit dem geringsten Skrupel.
    Und nein, das ist keine VT die auf Personen oder Personengruppen zielt.
    Man nennt es altmodisch Systemkritik.

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