Doku-Schlager

Empowered by ARD: Die Schlagersängerin Vanessa Mai und ihr Promo-Sender

Titel der Doku "Mai Time Is Now": Vanessa Mai liegt auf dem Boden und schaut in die Kamera
ARD-Doku „Mai Time Is Now“ Screenshot: SWR

In der ARD-Mediathek läuft seit kurzem eine Doku über die Schlagersängerin Vanessa Mai. In Auftrag gegeben wurde sie vom SWR, der die Mini-Serie als „exklusiv“ und „intim“ bewirbt – und in der Vanessa Mai unter anderem auch Vorwürfe gegen Schlager-Moderator Florian Silbereisen und den Produzenten der ARD-Schlagershows, Michael Jürgens, erhebt.

Bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Doku eher als Imagefilm über Vanessa Mai. Also schauen wir uns das mal genauer an: Wie kam der SWR an das exklusive Filmmaterial? Wer hat den Dreiteiler gemacht? Und was hat es mit dem ARD-Spielfilm auf sich, in dem Vanessa Mai eine Sängerin spielte – und den Vanessa Mai als „zusätzliches Promo-Highlight“ rühmt?

Mehr dazu im Video mit Boris Rosenkranz:

Quellen

„Mai Time Is Now“, Das Erste, 23.10.2022
„Landesschau Baden-Württemberg“, SWR, 20.10.2022
„Das blaue Sofa“, ZDF, 21.10.2022
„Nur mit dir zusammen“, Das Erste, Spielfilm, 25.1.2020
„Brisant“, Das Erste, 24.1.2020

„Einfach gemacht – mit Axel und Kucze“, Podcast, 24.10.2022
„I Do It Mai Way“, Biografie, Knaur, 2.11.2022

Was der SWR auf unser Anfrage schreibt

Die dreiteilige Dokumentation „Vanessa Mai – MAI Time is Now” ist ein persönliches Künstlerportrait der Sängerin Vanessa Mai. Die Serie begleitet und beschreibt ihr Gefühlsleben sowie ihre innere Reise und Identitätskrise. Sie taucht in die Gedankenwelt der Protagonistin ein, die ihre subjektiven Wahrnehmungen und Empfindungen teilt. Die Storyline erzählt eine weibliche Empowerment-Geschichte einer der erfolgreichsten Musikerinnen aus dem Sendegebiet des SWR. Die gesamte dreiteilige Doku bezieht sich ausschließlich auf Projekte in der Vergangenheit und steht in keinerlei Zusammenhang mit einer nachfolgenden Buchveröffentlichung seitens der Künstlerin.

Bei „Vanessa Mai – MAI Time is Now“ handelt es sich um kein Investigativ-Format, sondern um eine sehr persönliche Portrait-Dokumentation, welche sich aus einer Kombination aus privat gedrehtem Archivmaterial (gedreht von Axel Dittmann und Florian Kaiser), neu gedrehtem situativem Material sowie gesetzten Interviews zusammensetzt.

Ein Teil des privaten Archivmaterials (2018 – 2021) wurde von AFM/Andreas Ferber lizenziert. Um die korrekten inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhänge der unterschiedlichen Materialquellen zu gewährleisten, wurde ein Abstimmungsprozess vereinbart. Das neu gedrehte Material sowie die Interviews wurden von der mit der Produktion beauftragten Produktionsfirma drive beta in inhaltlicher Abstimmung mit dem SWR durchgeführt. Ein weiteres Interview wurde von Axel Dittmann nach redaktioneller Abstimmung mit der Produktionsfirma und dem SWR realisiert. Die redaktionelle Entscheidung lag jeder Zeit beim SWR.

Der SWR veröffentlicht seit Mitte Oktober 2020 mittlerweile in der 5. Staffel den YouTube-Laufband-Talk mit Vanessa Mai „On MAI Way“. Zudem wurde im August 2022, wie bereits seit längerem kommuniziert, eine solitäre Pilotsendung von „Not MAI Show“, einem Musik-Format mit Vanessa Mai für die ARD-Mediathek produziert, welche in einem Usertesting Ende November 2022 in der ARD-Mediathek und auf YouTube released wird.

Auf unsere Nachfragen schreibt der SWR:

Die Abstimmungen fanden zwischen SWR, DRIVE beta und Andreas Ferber/AFM in seiner Rolle als Lizenzgeber des privat gedrehten Materials statt, um die korrekten inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhänge der unterschiedlichen Materialquellen zu gewährleisten. Aus dem gleichen Grund wurden Axel Dittmann und Florian Kaiser, die einen wesentlichen Teil dieser Privataufnahmen gedreht haben, in der Erstellung des Films beratend hinzugezogen. Die redaktionelle Entscheidung in Bezug auf das Drehbuch, den Schnitt und die Abnahme der Produktion lag dabei jederzeit ausschließlich beim SWR.

Die nachträglichen Interviews wurden von der Redaktionsleiterin bei DRIVE beta, Sandra Delasauce, und der freien Autorin Katharina Woll realisiert. Ein weiteres Interview, das in der Serie ergänzend zum Einsatz kommt (Folge 1, etwa bei TC 17:40), wurde von Axel Dittmann in redaktioneller Abstimmung mit DRIVE beta und dem SWR realisiert.

Medien- und PR-Berater von Vanessa Mai war im abgebildeten Zeitraum – anders als von Ihnen dargestellt – nicht Axel Dittmann, sondern Peter Lanz, der auch in der Serie vorkommt und mit einem entsprechenden Hinweis in der Bauchbinde eingeordnet wird. Axel Dittmann hat bis Juni 2019 Teile der Social-Media-Aktivitäten von Vanessa Mai betreut.

Was der MDR auf unsere Anfrage schreibt

„Für die Besetzungen und die Inszenierungen im Rahmen einer Show trägt die zuständige Redaktion die programmliche Verantwortung. Wir haben Vanessa Mai über Jahre hinweg gerne auf ihrem Weg begleitet, den sie freiwillig mit uns gegangen ist. Dem MDR ist nicht bekannt, dass während der gemeinsamen Zusammenarbeit Frau Mai nahegelegt wurde, vor der Kamera zu weinen.“

Vanessa Mais Biografie „I Do It Mai Way“

Cover des Buchs "I Do It Mai Way" von Vanessa Mai
Cover: Knaur

In der Biografie „I Do It Mai Way“ berichtet Vanessa Mai an verschiedenen Stellen über ihre Promo-Strategie. Anlässlich ihres Albums „Für immer“, das am 24.1.2020 erschien, habe sie etwa „verschiedene Kacheln“ auf Instagram gepostet, „die am Ende den Albumtitel Für immer ergaben“. „Die Presse“ habe damals spekuliert, „ob ich schwanger sein könnte, keiner wusste, was da auf sie zukam – es löste einen Buzz aus“. Mai resümiert: „Die Strategie ging auf!“

Einen Tag nach Veröffentichung des Albums lief der Spielfilm „Nur mit dir zusammen“ im Ersten, in dem Mai eine Sängerin namens Juli spielt. Das Lied, das sie dort zusammen mit ihrem Filmvater Axel Prahl singt, findet sich auch auf ihrem Album. Im Buch heißt es dazu:

Ein zusätzliches Promo-Highlight war dann auch, dass mein Film mit Axel Prahl genau am Wochenende der Veröffentlichung von Für immer erschien. Auch ein kreatives Tool, um Aufmerksamkeit zu schaffen, das so eher selten genutzt werden kann.

Über ihre Erfahrungen mit Medien heißt es unter anderem:

Ich nahm die Medien […] von Anfang an als ein zweischneidiges Schwert wahr. Wenn ich seinen schweren Griff selbst in der Hand hielt, also mein Narrativ erzählen konnte, mich zeigen durfte, wie ich war, fühlte ich mich stark. Wenn ich aber das Gefühl hatte, es wurde gegen mich gerichtet, und die Klinge mir scharf entgegenblitzte, wich ich schüchtern davor zurück. Sie konnte verletzen. Sehr sogar. Manchmal können Worte schärfer als jede Klinge sein und einem Narben verpassen, die zwar unsichtbar im Herzen, Selbstbewusstsein oder der Seele prangen, aber dennoch nicht weniger schmerzhaft sind und oft langwieriger heilen müssen als ein tatsächlicher Schnitt ins Fleisch.

Quelle: „I Do It Mai Way“, Biografie, Knaur, 2.11.2022

3 Kommentare

  1. Wow, voll verlesen in der Headline! Ich dachte, die ARD würde jetzt Erwachsenenfilme mit Schlagerstars finanzieren …

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