Vorwürfe gegen rbb-Intendantin

Letzte Dienstfahrt für Patricia Schlesinger

Patricia Schlesinger
Foto: Imago / Michael Handelmann

Vor zehn Tagen fragte der „Tagesspiegel“ Patricia Schlesinger behutsam, ob sie es „erwäge“, ihr Amt als rbb-Intendantin bis zur Aufklärung der Vorwürfe gegen sie ruhen zu lassen. Anstatt „Nein“ zu antworten, formulierte sie:

„Ich arbeite seit Jahrzehnten im öffentlich-rechtlichen System, dessen zutiefst überzeugte Anhängerin ich bin. Ich werde diesem System weiterhin mit aller Kraft zur Verfügung stehen.“

Ein paar Schleifen mit weiteren Vorwürfen später ist es offenkundig, dass sie diesem System, dem sie so zutiefst anhängt, am besten dienen könnte, wenn sie ihm nicht mehr zur Verfügung stünde.

Der moralische Schaden

Wer daran noch zweifelt, sollte sich das Interview anhören, das Jörg Wagner im Medienmagazin des rbb-Hörfunksenders Radio Eins mit der rbb-Personalratschefin Sabine Jauer geführt hat. Sie attestiert der Senderführung zwar einen „sehr professionellen, eindeutigen Aufklärungswillen“, was die aktuellen Ermittlungen unter anderem durch eine Anwaltskanzlei angeht, fügt dann aber hinzu:

„Das Problem ist nur, der moralische Schaden, die moralische Glaubwürdigkeit, wird sich damit nicht kitten lassen. Die Frage ist: Wie gehen wir damit um, dass Dinge vielleicht juristisch dann einwandfrei waren, aber eigentlich kein guter Stil sind.“

Es kann zum Beispiel sein, dass es nach den Regeln des rbb in Ordnung war, dass Patricia Schlesinger einen absurd teuren, absurd leistungsstarken, absurd luxuriös ausgestatteten Dienstwagen bekam, für den ihr der Autohersteller einen absurd großen Rabatt gewährte. Diese rechtliche Frage ist eine von vielen, die gerade geklärt wird. rbb-Mitarbeiter dürfen zwar unter gewissen Voraussetzungen Rabatte und Vergünstigungen annehmen. Der Deal könnte aber gegen die Compliance-Regeln des Senders verstoßen, weil nicht alle Mitarbeiter im Haus die Chance haben, einen solchen Vorteil in Anspruch zu nehmen.

Das Ergebnis der Prüfung dieser Frage wird vielleicht Compliance-Experten interessieren, aber für alle anderen ist eine andere Frage viel entscheidender: Die Intendantin eines relativ kleinen öffentlich-rechtlichen Senders, der von den Rundfunkbeiträgen aller Bürger lebt und gerade an vielen Stellen im Programm spart, hält es ernsthaft für angemessen, sich mit einem solchen Luxusauto durch die Gegend fahren zu lassen, von zwei Chauffeuren, die ihr auch privat zur Verfügung stehen?

Die Antwort auf diese Frage ist bekannt und spricht gegen Frau Schlesinger, ganz unabhängig davon, ob diese Annehmlichkeiten gegen irgendwelche Regeln verstoßen.

Keine vernünftige Grenze

Mit dem Einkommen von führenden Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es immer so eine Sache: Sie lassen sich leicht skandalisieren, müssen aber attraktiv genug sein, damit nicht die guten Leute alle zum Privatfernsehen wechseln. Trotzdem ist ein Gehaltssprung von 16 Prozent auf 303.000 Euro, wie er Patricia Schlesinger zuteil wurde, mindestens erklärungsbedürftig.

Ähnlich verhält es sich beim Dienstwagen: Eine Investition in eine Limousine mit Chauffeuren kann sich lohnen, wenn die Chefin so auf der Rückbank ihre Arbeit erledigen kann, während sie zu ihrem nächsten Termin gefahren wird. Aber wie viele Stunden lässt sich Patricia Schlesinger über die Kopfsteinpflaster Brandenburgs kutschieren, dass es ein fahrendes Monsterbüro mit Massagesitzen sein muss?

rbb-Sprecher Justus Demmer hat im rbb-Medienmagazin die Frage um das Auto als müßig abtun wollen: „Das ist ‘ne Diskussion, die können wir von morgens bis abends führen: Wann ist der Preis angemessen, wieviel Hubraum soll so ein Wagen haben? Ich glaube, da gibt es keine vernünftige Grenze, an der wir uns orientieren können.“

Wirklich nicht? Also, ich könnte jetzt aus dem Stegreif auch nicht sagen, ob so ein Wagen 100, 200 oder 300 PS haben dürfte, aber aus der Tatsache, dass keine Leistungs- oder Hubraum-Grenze allgemein anerkannt oder gesetzlich festgelegt ist, gleich zu schließen, dass es gar keine „vernünftige Grenze“ gibt, erscheint mir doch ein bisschen gewagt. Und ich finde, man muss nicht wissen, wo genau die Grenze liegt, um sagen zu können, dass 435 PS genauso drüber sind wie ein Preis von 145.830 Euro inklusive 40.340 Euro Sonderausstattung.

Nun muss man dazu sagen, dass der rbb nicht so viel für den A8 zahlt: Audi gewährte einen spektakulären Rabatt von rund 70 Prozent.

Demmer versucht deshalb im Interview den Trick, den Eindruck zu erwecken, die Kritiker müssten sich mal entscheiden: Ob sie den Preis des Wagens nun zu hoch finden (wegen des Listenpreises) oder zu niedrig (wegen des üppigen Rabatts). Dabei hängt beides, wie Claus Grimm twitterte, natürlich direkt miteinander zusammen: Der Rabatt fällt so unanständig groß aus, weil der Preis für das Auto so unanständig hoch ist.

Demmer stört sich offenkundig auch daran, dass Details wie die Massagesitze, die Teil der Sonderausstattung sind, in der Berichterstattung hervorgehoben werden, die maßgeblich von Axel Springers Online-Marke „Business Insider“ vorangetrieben wird. „Ich glaube (…), dass diese Form der Diskussion nur dazu dienen soll, irgendeine Art von Unbehagen beim Zuhörer zu wecken“, sagt er.

Ja, natürlich. Natürlich picken sich Medien Details heraus, die den (behaupteten) Skandal anschaulich machen, damit sich Menschen leichter echauffieren können.

Aber dass irgendeine Art von Unbehagen beim Zuhörer überhaupt entstehen kann, liegt nicht an irgendeiner Art von unlauteren Methode der Journalisten, sondern an dieser Luxusausführung an sich. Dass Schlesinger selbst nach Angaben des rbb diese Sitze gar nicht selbst verlangt hatte, sondern die Teil des tollen Deals waren, den Audi anbot, mag schon sein – es ändert aber nicht das Wesentliche: Sie hat dieses Angebot angenommen.

Audi und andere Firmen bieten in solchen und ähnlichen Fällen erhebliche Rabatte, weil sie ein Interesse daran haben, dass ihre Luxusmodelle auf diese Weise sichtbar werden. Für das Image von Audi ist es gut, wenn die rbb-Intendantin mit einem luxuriösen Auto dieser Marke irgendwo vorfährt. Aber hat sich niemand auf rbb-Seite gefragt, ob es eigentlich umgekehrt auch für das Image des kleinen, chronisch klammen Senders gut ist, wenn die Chefin bei Terminen aus diesem extrem repräsentativen Gefährt aussteigt?

System aus gegenseitigen Gefälligkeiten

Die gravierendsten Vorwürfe, denen sich der rbb ausgesetzt sieht, betreffen Beraterverträge für den Bau eines neuen Digitalen Medienhauses mit exorbitant steigenden Kosten. Eine zweifelhafte Rolle soll bei mehreren Vorgängen Wolf-Dieter Wolf spielen, Aufsichtsratschef der Messe Berlin und Verwaltungsratschef des rbb. „Business Insider“ raunt von einem „brisanten System aus gegenseitigen Gefälligkeiten“.

Die komplexe Frage, wer wann welchen mit wem bekannten Berater unter welchen Bedingungen engagierte, werden die Untersuchungen möglicherweise irgendwann klären. Aber akut schädlicher für Schlesinger und damit auch den rbb und die ARD insgesamt ist der Eindruck, der durch viele in diesem Zusammenhang geschilderte Vorgänge entsteht: Dass sich hier jemand persönlich bereichert und mitnimmt, was geht – ohne ein Gespür, was unanständig ist, selbst wenn es rechtlich zulässig ist.

Weil ihr hohes und deutlich gestiegenes Gehalt thematisiert wird, sagt Schlesinger jetzt, von ihr aus müsste sie gar nicht unbedingt so viel verdienen – was womöglich als Entgegenkommen gegenüber ihren Kritikern gemeint ist, aber in seiner Nonchalance den Eindruck von Dekadenz nur verstärkt: Wer so viel verdient wie sie, kann auch leicht mit einer großzügigen Geste auf einen Teil davon verzichten.

Mittlerweile eine moralische Frage

Schlesinger hat übrigens auf den Vorhalt, sie hätte ja vielleicht mit gutem Beispiel vorangehen und in schwierigen Zeiten auf einen Teil ihres Gehaltes verzichten können, geantwortet: „Die heutige, gültige Version [ihres Vertrages] ist vor anderthalb Jahren zustande gekommen. Aus der damaligen Sicht okay, es ist mittlerweile eine moralische Frage.“ Warum soll es nicht schon vor anderthalb Jahren eine moralische Frage gewesen sein, wie gut man sich als leitende Mitarbeiterin einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt bezahlen lässt? Als ob es da nicht immer schon einen Rechtfertigungsdruck gegeben habe.

Auch ihr Ehemann, der ehemalige „Spiegel“-Journalist Gerhard Spörl, scheint gut zu verdienen, nicht direkt beim rbb, aber bei der Messe Berlin. Das ist das Unternehmen, wir erinnern uns, bei dem rbb-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf Aufsichtsratschef ist. Er soll den Kontakt hergestellt haben, der Spörl einen lukrativen Vertrag verschaffte. Jetzt liegt das Geld laut Schlesinger erstmal auf einem Treuhandkonto. „Weil auch mein Mann sagt: Das muss sauber sein.“

Und die Sache mit den Abendessen, zu denen Schlesinger wichtige Menschen zu sich nach Hause eingeladen hat und die Bewirtungskosten natürlich mit dem Sender abrechnete. Es ging ursprünglich um den Vorwurf, dass angeblich nicht sauber abgerechnet und zwischen privaten und dienstlichen Mitessern getrennt worden sei. Doch auch da ist das eigentliche Thema inzwischen das grundsätzlich fehlende Gespür Schlesingers, dass solche geschäftlichen Veranstaltungen im privaten Rahmen problematisch sind.

Sie hat jetzt veröffentlicht, dass pro Gast 23,12 bis 56,53 Euro Kosten „für das Essen (ohne Getränke)“ entstanden seien. Das sind natürlich lächerliche Beträge. Aber unbeantwortet ist nicht nur die Frage, was denn dann die Getränke kosteten (die eigentlich nur deshalb interessant wurde, weil sie erstaunlich unbeantwortet blieb). Vor allem will Schlesinger nicht sagen, mit wem sie speiste. Wie kann das sein? Wieso sollte es eine Geheimsache sein, wenn die rbb-Intendantin auf rbb-Kosten bei sich zuhause mit „Multiplikatoren“ Arbeitsessen veranstaltet? Sie kann ja privat zum Essen einladen, wen sie will, aber dann müsste sie das Geld dafür doch vielleicht aus ihrem kargen Gehalt zusammenkratzen.

Demut und Buße

Offenbar sind nicht nur viele Politiker quer durch die Parteien inzwischen unzufrieden mit Schlesinger und ihrem Umgang mit den Vorwürfen. Auch intern soll es nach wie vor extrem viel Unverständnis geben, wie die Personalratschefin Sabine Jauer im Radio-Eins-„Medienmagazin“ erzählte. Immerhin hat die Intendantin zwar ihre Strategie geändert und verweigert nach innen und nach außen nicht mehr so sehr die Kommunikation. Sie habe an einer Reihe von Veranstaltungen mit verschiedenen Redaktionen im Haus teilgenommen, so Jauer, und sich den Fragen gestellt. Aber das Ergebnis schildert sie als unbefriedigend:

„Das eine ist (…) die rein rechtliche Bewertung des Ganzen. Da tun sich die Kollegen natürlich auch schwer, sich jetzt in Geduld zu üben und abzuwarten, was im September, Oktober da rauskommt. Das andere ist die moralische Bewertung. Da gibt es ein großes Bedürfnis im Haus, dass da mal Klartext gesprochen wird, dass da mal Fakten genannt werden. Und was ich höre aus den Diskussionen in den Redaktionen: dass viele Fragen nicht beantwortet werden. (…)

Also, die Kommunikation ist schwierig, die Kollegen sind angefasst, die Kollegen berichten, dass sie in einer ganz heftigen Glaubwürdigkeitsfalle stecken und sagen: Das stehen wir die nächsten Wochen und Monate nicht durch. Jeder Journalist, der recherchiert in Berlin und in Brandenburg, muss sich gefallen lassen, gefragt zu werden: Was ist denn bei euch los? Es kann doch nicht sein, dass ihr bei uns nach Unregelmäßigkeiten sucht und selbst im eigenen Haus – und das ist ja die Außenwahrnehmung – so lasch oder so selbstbewusst damit umgeht, nach dem Motto: Das wird schon alles rechtens sein. Die Kollegen sagen, wir brauchen ganz dringend eine Proaktivität, ein bisschen Demut und Buße, man muss die Sachen auf den Tisch legen, wir müssen uns ehrlich machen, wir müssen an dieser Außenwahrnehmung was ändern. (…) Die Kollegen sind zermürbt (…).“

Wenn man sie so hört, kann man sich kaum vorstellen, dass Schlesinger im Amt bleiben kann, auf Dauer nicht, und eigentlich jetzt auch schon nicht. Das Drama wird dadurch verschärft, dass der rbb gerade den ARD-Vorsitz innehat. Ebenfalls im rbb-„Medienmagazin“ fragte Jörg Wagner den Medienjournalisten und ehemaligen ARD-Sprecher Steffen Grimberg, ob der rbb kräftig genug sei, die ARD nach außen noch vertreten zu können. Die Antwort: „Ich fürchte, leider nein.“

(Bei der Gelegenheit: Wie ausführlich und schonungslos Jörg Wagner im „Medienmagazin“ von Radio Eins über die für das Haus unangenehmen Vorgänge berichtet, ist bemerkenswert. Das ist zunächst einmal sein Verdienst, aber auch dem rbb gebührt Respekt, ihm diese Freiheit zu geben. Das ist leider nicht selbstverständlich.)

Aufgewachte Kontrolleure

Immerhin ein Positives kann die Personalratschefin der ganzen Affäre abgewinnen: In Rundfunkrat und Verwaltungsrat werde plötzlich lebendiger, kritischer diskutiert. Das kann sich Patricia Schlesinger dann als versehentlichen Verdienst auf ihre Fahnen schreiben: Sie hat mit ihrem problematischen Verhalten dazu beitragen, dass die Aufsicht aufgewacht ist – im Nachhinein erst, aber mit etwas Glück auch auf Dauer.

Vielleicht trägt sie schließlich noch dazu bei, dass die Intendantengehälter bei den Öffentlich-Rechtlichen in Zukunft an Tarifgruppen des öffentlichen Dienstes gekoppelt werden, das wär auch was. Die Vorsitzende des rbb-Rundfunkrates hat zwar gesagt, es sei „wohlfeil“, die Gehälterdebatte „jetzt mit in den Korb der allgemeinen Vorwürfe zu werfen“, aber so ist das nun mal mit schmutziger Wäsche: Da wird dann alles gleich mitgewaschen.

„Wohlfeil“ war zufällig auch das Wort, das Schlesinger selbst wählte, als sie sagte: „Natürlich sind wir ein wohlfeiles Objekt“ der Kritik. Wen sie genau mit „wir“ meinte, blieb dabei ebenso offen wie die Bedeutung des Wortes „wohlfeil“ an dieser Stelle. Von einem „Kampagnencharakter“ sprach sie und dass „Kräfte am Werk“ seien, „die uns schaden wollen“.

Natürlich gibt es Kräfte, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk schaden wollen, nicht zuletzt auch bei Axel Springer. Aber es ist absolut legitim, bei Vorgängen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ganz besonders genau hinzuschauen. Weil er uns allen gehört, von uns allen bezahlt wird und für uns alle da ist. („Uns“ in diesem Fall ausnahmsweise nicht im Sinne von „Frau Schlesinger und die von ihr bewirteten geheimen Multiplikatoren-Gäste“).

Dirk Metz, der früher für den ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch sprach, hat vergangene Woche in der FAZ darauf hingewiesen, wie ironisch es ist, dass Schlesinger sich über journalistische Methoden beklagt, die sie selbst bestens von der anderen Seite kennt: Als langjährige Mitarbeiterin und Moderatorin des NDR-Politmagazins „Panorama“.

„Somit ist sie selbst ein Kind des inves­tigativen Magazin-Journalismus, der nie zimperlich war, heute nicht zimperlich ist es und es auch morgen nicht sein wird. Und der ein nicht immer schöner oder angenehmer, aber notwendiger Teil des Journalismus ist – und an den wir sicher sofort denken, wenn vom Journalismus als ‚Vierte Gewalt‘ im Staat die Rede ist. Dieses für sie unschöne Strickmuster der An­griffe, das sie nun bemängelt, muss Patricia Schlesinger also eigentlich vertraut sein – umso erstaunlicher, dass sie darüber klagt.“

Und sie hat nicht nur darüber geklagt, sondern sich intern so sehr darüber beschwert, dass Informationen aus dem Sender an die Öffentlichkeit drangen, dass Mitarbeiter erschrocken waren und das Gefühl hatten, sie sollten eingeschüchtert werden. „An die Presse zu gehen, an die Öffentlichkeit“ sei „Akt der Illoyalität“, soll Schlesinger gesagt haben. Sie erklärte später zur Verteidigung:

„Wir haben eine Compliance-Beauftragte, eine Revision und ein Justitiariat, wenn man etwas zum Wohle des RBB verändern will, dann kann man sich dahin wenden. Dass man rausgeht, und dann auch noch zur Springer-Presse, fand ich bemerkenswert.“

Es mag eine schmerzhafte Einsicht für sie sein, aber natürlich leben gerade investigative Magazine davon, dass Menschen von ihnen wahrgenommene Missstände in Unternehmen nicht intern melden, sondern Informationen darüber Journalisten zuspielen. Das mag für Schlesinger jetzt unangenehm sein, aber im Zweifel ist das auch – bei allen Übertreibungen und Vorverurteilungen, die gerade stattfinden – der Weg, der am Ende wirklich etwas zum Wohle des rbb verändern kann.

Vielleicht nicht zu ihrem eigenen Wohle, aber das ist tatsächlich nicht dasselbe.

9 Kommentare

  1. Das ist mein erster Kommentar bei Übermedien. Eigentlich bin ich ein Fan von Übermedien und insbesondere von Stefan. Nur gerade bin ich verwundert und weiß nicht so recht. Nach einmaligem lesen hinterlässt der Beitrag über Schlesinger ein komisches Gefühl bei mir. Allein der Titel „Letzte Dienstfahrt für Patricia Schlesinger“ wirkt so herbeirufend und klingt mehr nach Bild als nach Übermedien. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal einen Artikel von S.N. gelesen zu haben der mich so irritiert hat. Würde ich mich als Mitarbeiter, insbesondere eines seriösen Senders, vertraulich an investigative Kollegen wenden müssen, käme mir Axel Springer als letztes in den Sinn, es sei denn ich wollte eine unsachliche Schlammschlacht befördern. Sonst habe ich nach Beiträgen von S.N. immer das Gefühl aufgeklärter zu sein, auch weil in der Regel eine Form der Einordnung erfolgte. Hier fehlt mir irgendwas. Z.B sind 300.000€ Gehalt oder 16% Zuwachs sind viel, gerade für normale Journalisten. Aber wie ist das an der Senderspitze? Ist Schlesinger die einzige (im öffentlichen Rundfunk) die sich so verhält? Darauf, dass sich Mitarbeiter eingeschüchtert fühlen, wird nicht weiter eingegangen, dabei wäre das doch interessant näher zu beleuchten. Oder wäre das zu investigativ für Übermedien? Ap­ro­pos investigativ: Es klingt einfach komisch, wenn Stefan ausgerechnet in Bezug auf Axel Springer von investigativen Medien spricht. Vielleicht liegt es an der frühen Stunde und der Artikel ist gar nicht so seltsam wie er mir gerade vorkommt.

  2. @Timo: Ich glaube der Text ist anders, weil es hier nicht um die Details geht, sondern um den Gesamteindruck. Und der ist halt nicht so gut, wenn man nach jedem Detail „und das von unseren Gebühren !1!1!!“ druntersetzen möchte (etwas eleganter kommt das ja auch im Kommentar vor: „…der von den Rundfunkbeiträgen aller Bürger lebt…“).

    Selbst wenn sich die Intendantin hier verhält wie viele andere Intendanten, macht es das nicht besser.

  3. Alles gesagt, thx Stefan für die Beschreibung einer Sache, die eben genau das nicht hat, was wir gesellschaftlich und journalistisch brauchen: Einsicht, Moral, Verantwortung, Bescheidenheit, Selbstkritik, you name it….schlimm dann noch die ach so positive (haha) Erkenntnis, dass die Gremien jetzt aufgewacht sind..ach so, ja sicherlich..das System lässt ja vorher auch nix anders zu…oh man..how long to sing the song…(daß ich jetzt noch mal U2 Songs zitieren muss, zeigt, wie ernst die Lage ist)

  4. Das ist alles merkwürdig. Der rbb kauft Dienstwagen? Sowas least man. Und beschäftigt zwei Chauffeure, die die Intendantin auch privat zur Verfügung stehen (nein, nicht so)? Sie muss ja dann so ein hohes Gehalt bekommen, damit sie die Steuern vom Geldwerten Vorteil überhaupt bezahlen kann. Die 16% Gehaltszuwachs alleine sind allein schon eine Unverschämtheit. Ich finde das alles – wie schon gesagt – merkwürdig, habe aber den Eindruck, dass da tatsächlich richtig draufgeschaut wird. Stefans Tonalität finde auch ich sehr schrill, verglichen mit der normalerweise ihm innewohnenden ausgewogenen Gelassenheit.

  5. Jeder ÖRR-Mitarbeiter kann seltsame Storys erzählen, mal Kleinigkeiten, mal größere Sachen. Manchmal ist es einfach zu viel, was da abgeht, da wird man schrill. Trotzdem mögen alle grundsätzlich das Prinzip des ÖRRs, sie wollen nur, dass er besser wird. Besser ist.

    Die Überschrillen bei der Bild, der Faz, der Welt etc. wollen den ÖRR einfach nur zerstören.

  6. Wenige Stunden nach dem Rücktritt vom ARD-Vorsitz passt die Überschrift von SN natürlich viel besser als zuvor. Zuvor konnte die Leserin denken, es ginge auch Übermedien nur um Clickzahlen.
    Vielleicht ein paar Gedanken von jemandem, der nicht Journalist ist, nicht „irgendwas mit Medien“, sondern selbst Beratung macht und Medienerfahrungen als Absender und Objekt hat. Und Jurist ist ohne jede Beziehung zum rbb (na ja, Konsument Radio1).
    Längst sind Vorwürfe unterschiedlichster Güte an der Tagesordnung, die ohne die Gesamtmenge keine Skandalisierung verdienen. Besteht aber die Gesamtmenge nur aus solchen? Und natürlich gibt es keine Kampagne verbunden mit harter Kritik (politisch motiviert und/oder aus eigenen wirtschaftlichen Interessen) gegen die Öffentlich-Rechtlichen mit dem Ziel derer Abschaffung. Aber die klammheimliche Freude spricht doch aus jeder Zeile. Und natürlich darf auch das notorische Gewerkschafter-Zitat nicht fehlen, inkl. interessanter Vorverurteilung.
    Also einmal in den Fall geblickt, beginnend mit dem „Sahnehäubchen“
    Causa Dienstwagen.
    Offensichtlich hat die Intendantin einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf einen Dienstwagen. Damit ist er wohl Teil der Vergütung, kann privat und privat benutzt werden und wird mit der Gehaltsabrechnung versteuert. Die Motorisierung des Fahrzeugs, nutzbare Marken usw. müssten – Stichwort good governance – im rbb für Führungskräfte geregelt sein und von den Aufsichtsgremien, nicht der Intendanz, definiert und kontrolliert werden. Das gilt auch für Kauf oder Leasing (jemand kommentierte hier entsprechend es sei Leasing üblich. Scherzhaft könnte man sagen: bei dem Gebrauchtwagenmarkt gar nicht schlecht). Audi gibt, zB Kommunen und anderen staatlichen Institutionen, erhebliche Rabatte. Wie verwerflich ist die Nutzung dieser Rabatte? SN argumentiert, der Intendantin des „armen“ RBB stünde ein solches Fahrzeug nicht gut zu Gesicht. Einspruch! Damit ist sie als Chefin eines der größten Arbeitgebers auf Augenhöhe unterwegs. Rucksack, 9 Euro Ticket und Carsharing oder ein Passat wären sympathischer? Mag sein, ist aber nein kein Skandal. Vielleicht Geschmack? Institutionen wie der Öffentlich-rechtliche Rundfunk sollen sich klein machen, weil eh in der Kritik? Das erinnert an Peter Struck, der mal gesagt hat (wenn ich mich richtig erinnere), egal wie hoch eine Diätenerhöhung ausfalle, Abgeordnete würden immer kritisiert. Das gilt auch für das Thema Gehalt. Die Intendantin wird – jedenfalls ist das nicht bekannt – nicht mit der Waffe in der Hand eine Gehaltserhöhung gefordert haben.
    Causa Ehemann
    Der Ehemann der Intendantin ist offensichtlich ein hoch angesehener Journalist mit jahrzehntelanger Erfahrung. Journalisten und Moderatorinnen coachen Land auf, Land ab Vertreter:innen der Wirtschaft. Gibt es für den Ehemann der Intendantin im Raum Berlin/Brandenburg ein Berufsverbot „für diese Art Arbeit“? Warum ist er überhaupt Gegenstand der Debatte? Hat sie ihm den Beratungsauftrag besorgt? Über Kontakte zum bisherigen Vorsitzenden des Verwaltungsrates? Wie die Messe Berlin diesen Auftrag vergaberechtlich bewertet und vergeben hat, das ist sicher nicht im Machtbereich der Intendantin. Was bleibt bei diesem Thema? Der Vorwurf „man kennt sich, man beauftragt sich“. Verstöße gegen Rechtsvorschriften? Unbekannt.
    Was bleibt? Die Causa Medienhaus – vieles unklar. Vor allem die Rolle des eigentlich zur Aufsicht der Geschäftsführung bestellten Verwaltungsratschefs und der Mitglieder des Gremiums.
    Die Causa Abendessen – für eine schönere, vertraulichere Atmosphäre finden Job-bezogene Essen zu Hause statt und werden trotzdem über den RBB abgerechnet. Wäre sie zum Italiener um die Ecke gegangen oder in den Grillroom – kein Thema. Bei der veröffentlichten Praxis hier ist das anders. Instinktlos oder wie SN schreibt „Kulturell“ schwierig, weil zu komplex und intransparent. Oder eben in den Bewertungsregeln und/oder Compliance geregelt und ermöglicht. Und: als Gast hat man sicher gedacht, dass sei eine private Einladung und deshalb besonders wertvoll…
    Und schließlich die Causa Medienhaus. Der eigentliche Skandal? Offensichtlich. Mit Polt gefragt: „Braucht‘s des?“ und natürlich die Beratungsmandate. Die Rolle der Intendantin? Oder doch eher ein Thema der operativen Einmischung des Verwaltungsrates. Die Mitteilungen des RBB hierzu lassen den Schluss zu, dass die Kommunikation nach innen mangelhaft ist. Wenn aber das operative Aufsichtsgremium versagt oder aktiv rechtliche Herausforderungen schafft… dann ist das alles ein Intendantinnen-Skandal? Fazit: viel Angriffsfläche, Kommunikation schwierig, Medienberichterstatter fühlen sich richtig wohl, Gegner des Öffentlich-Rechtlichen sowieso. Vielleicht aber auch viel angebliche Sensibilität in Kulturfragen. Kultur als Waffe?

  7. #7, Ja, ich hab unsauber formuliert. Ich meinte damit die Aufmerksamkeitserhöhung… Danke für den Hinweis.

  8. Wenn, sagen wir, ein Beamter einen sehr hochwertigen Wagen – den er auch dienstlich benutzt – sehr günstig bekäme, würde man diese Diskussion gar nicht führen, weil das sehr offensichtlich ein geldwerter Vorteil ist, den er da entgegennimmt.

    Natürlich muss so etwas bei ÜM thematisiert werden.

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