„Welt“-Chefreporterin Franca Lehfeldt

Und nun live zur Verlobten des FDP-Vorsitzenden

Franca Lehfeldt vor CDU-Zentrale, Einblendung: Lindner spricht von Desaster für die FDP

Um sich die bundespolitische Bedeutung der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen analysieren zu lassen, bei der die FDP dramatische Verluste erlitt, schaltete der Nachrichtensender „Welt“ am Montagmorgen zur Lebensgefährtin des FDP-Bundesvorsitzenden. „Die Ampel flackert, aber sie leuchtet nicht“, berichtete Franca Lehfeldt, die aus irgendwelchen Gründen vor der CDU-Parteizentrale stand. Später fügte sie hinzu: „Die Ampel dürfte heute also mit Kater aufwachen, zumindest SPD und FDP“, und versprach dranzubleiben, was bei den entsprechenden Fraktionssitzungen herauskommt, den ganzen Tag.

Vorgestellt wurde Lehfeldt dem „Welt“-Publikum nicht als Verlobte von Christian Lindner, sondern als Chefreporterin Politik des Senders. Sie ist beides, und wie problematisch das ist, wurde in den vergangenen Wochen mehrmals überdeutlich.

Welt-Chefreporterin Franca Lehfeldt im Paul-Löbe-Haus

Zum Beispiel am vergangenen Freitag, als sie für „Welt“-TV live und vor Ort über die Sitzung des Verteidigungsausschusses berichtete, bei der Bundeskanzler Olaf Scholz zu Gast war. Mehrere FDP-Abgeordnete verließen die Sitzung, bevor sie beendet war; der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Marcus Faber, kritisierte den Auftritt von Scholz im Anschluss. Seine Parteifreundin, die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann, wollte hingegen von einem Eklat nichts wissen.

Das Verhalten der FDP-Abgeordneten sorgte für Verwirrung und erheblichen Wirbel. Am Nachmittag musste Faber ankündigen, sein Sprecheramt zur Verfügung zu stellen.

Franca Lehfeldt mit Einblendung: Mehrere FDP-Abgeordnete verlassen Sitzung

Es war ein massiver FDP-interner Konflikt – über den für „Welt“-TV die Verlobte des FDP-Chefs berichtete. Franca Lehfeldt hatte Strack-Zimmermann zuerst unmittelbar nach der Sitzung interviewt. Beiden Frauen schien der vorzeitige Abgang einiger Abgeordneter zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen zu sein. Strack-Zimmermann erweckte den Eindruck großer Harmonie, Lehfeldt band das Gespräch mit den Worten ab: „Frau Strack-Zimmermann mit Details zur Sitzung – ich glaube, sie hat alles zusammengefasst.“

Bleiben wir auf der personellen Ebene

Schon kurz darauf wurde deutlich, dass davon keine Rede sein konnte. Wenige Stunden später stand Strack-Zimmermann wieder bei Lehfeldt vor dem „Welt“-Mikro und äußerte sich nun auch zu dem vermeintlichen Eklat – und forderte, die Kirche im Dorf zu lassen. Lehfeldt brachte daraufhin das Gespräch ganz konkret auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt Marcus Fabers:

Franca Lehfeldt interviewt Marie-Agnes Strack-Zimmermann

„Bleiben wir noch einmal auf der personellen Ebene. Sie haben jetzt den Fraktionsvorstand ihrer Partei einberufen. Was konkret möchten Sie erzielen? Wird der Herr, der Sprecher, von seinem Posten zurücktreten, nach diesem, ja, sie sagen zwar, Kirche im Dorf lassen, aber es ist ja doch zumindest eine sehr unangenehme Lage, in die er jetzt Ihre Partei, die Ampel insgesamt, gebracht hat.“

Wusste Lehfeldt da schon, dass Fabers Position in der FDP-Fraktion nicht zu halten sein würde? Hatte sie mit ihrem Lebensgefährten, dem FDP-Vorsitzenden, in der Zwischenzeit darüber gesprochen? Fragen von Übermedien hat Lehfeldt nicht beantwortet. Der Axel-Springer-Konzern, zu dem „Welt“-TV gehört, wollte auf Anfrage nicht sagen, ob die zukünftige Frau des FDP-Vorsitzenden die richtige Reporterin ist, über ein solches Thema zu berichten. Der Konzern wollte auch nicht sagen, ob es gut oder schlecht wäre, wenn sie aufgrund dieses Kontaktes konkrete Hintergrundinformationen zu der Berichterstattung hatte.

Beste Kontakte

Christian Lindner und Franca Lehfeldt 2018 bei der Bambi-Verleihung Foto: Imago

Franca Lehfeldt ist seit zwei Wochen im „Welt“-Programm zu sehen. Vorher arbeitete sie für die Konkurrenz von ntv und als Chefreporterin Politik Magazine bei RTL. Bei ntv soll man die prominente private Verbindung der Reporterin für problematisch gehalten haben: Angeblich, so ist zu hören, sollte sie im Programm deshalb keine politischen Themen mehr behandeln. Lehfeldt verließ den Sender und fand eine neue Heimat bei der ohnehin FDP-nahen „Welt“, die mit Lehfeldts Nähe offensichtlich kein Problem hatte. Womöglich sah man in ihr, im Gegenteil, sogar einen Vorteil: Was von der einen Seite aussieht wie ein Interessenskonflikt, ist von der anderen Seite betrachtet ja ein hervorragender Kontakt in eine Parteispitze, der sich nutzen lässt, möglicherweise gewinnbringend für beide Seiten.

Doch auch senderintern regt sich Unmut über die Personalie. Das liegt nicht nur an der Unklarheit, wie mit dem offensichtlichen Interessenskonflikt umzugehen ist: Sollte die politische Chefreporterin möglichst nicht explizit auf FDP-Themen angesprochen werden? Das würde auch erklären, warum sie in ihrer Nach-Wahl-Analyse sehr wenig über die Partei sprach, obwohl deren Absturz durchaus ein besonders bemerkenswertes Ergebnis war.

Anscheinend soll Lehfeldt sich bei ihrer Arbeit vor allem auf die Berichterstattung über die Opposition konzentrieren – was den Interessenskonflikt jedoch nur weniger offenkundig machen, aber nicht beseitigen würde. Axel Springer wollte sich auf Anfrage nicht äußern, ob es Vorkehrungen gibt, die Interessenskonflikte bei der Arbeit von Lehfeldt verhindern sollen.

Ein anderer Grund für internen Unmut ist die besonders prominente Rolle, die der Neuzugang bekam. Lehfeldt trägt den Titel der „Chefreporterin Politik“, den es vorher gar nicht gab. Offenbar wurde diese neue Position auch nicht intern ausgeschrieben, sonst hätten sich zum Beispiel langjährige „Welt“-Politik-Reporter wie Michael Wüllenweber oder Achim Unser darauf bewerben können, die ihr nun hierarchisch untergeordnet scheinen. Axel Springer wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern.

Kritiker im Haus weisen darauf hin, dass es nicht nur um die Auftritte Lehfeldts vor der Kamera gehe, in denen sie direkt oder indirekt über die Politik ihres Lebensgefährten berichte. Zu ihrer Arbeit gehören auch Recherchen im Hintergrund und Gespräche mit anderen Politikern, für die die Doppelrolle ihres Gegenübers ebenfalls nicht unproblematisch ist. Unklar ist auch, in welchem Maß Lehfeldt eine FDP-Perspektive in interne redaktionelle Erörterungen bringt. Schon der bloße Verdacht ist ein Problem.

Presseethische Grundsätze

Die „Welt“ hat Erfahrung mit dieser Art Interessenskonflikt: Christian Lindner war von 2011 bis 2020 mit der Journalistin Dagmar Rosenfeld verheiratet, die seit 2016 in verschiedenen leitenden Positionen bei der „Welt“ arbeitete. 2017 schrieb sie für die Zeitung einen möglicherweise lustig gemeinten Artikel mit „Stylingtipps für Christian Lindner & Co.“, in dem sie ihm unter anderem empfahl, „bei der Wahl der Oberbekleidung für Werbespots künftig vorher die Ehefrau [zu] fragen“. Dass diese Ehefrau sie selbst war, erwähnte sie nicht.

Der Presserat missbilligte das. Dass Rosenfeld „über ihren Ehemann und seine politische Konkurrenz berichtet, ist mit den presseethischen Grundsätzen nicht vereinbar“. Eine solche Konstellation sei „vielmehr geeignet, das Ansehen der Presse nach Ziffer 1 Pressekodex in Gefahr zu bringen und muss deshalb vermieden werden“.

Auf „Welt“ und Axel Springer hat diese Missbilligung offenbar keinen Eindruck gemacht. Auf einen detaillierten Fragenkatalog von uns antwortet eine Unternehmenssprecherin nur:

„Im Jahr 2022 sollte eine Frau nicht gezwungen sein, aufgrund persönlicher Beziehungen ihre journalistische Arbeit aufzugeben. Zu betrieblichen Interna äußern wir uns grundsätzlich nicht.“

Dagmar Rosenfeld hatte 2016, damals noch als Redakteurin bei der „Zeit“, die Gratwanderung als Journalistin und Politikergattin so beschrieben:

„Als ich 2009 bei der ‚Zeit‘ anfing, zählte die FDP zu meinem Themenbereich. Das hat sich verändert, als Christian Lindner und ich ein Paar wurden, ich schreibe seitdem weder über die FDP noch über ihre Akteure. Wie alle Paare tauschen wir uns über unsere Arbeit aus, wodurch ich einen besonderen Einblick in die Partei bekomme. Das beeinflusst meine Ansichten über die FDP, nicht aber meine Überzeugungen. Und auch nicht mein journalistisches Handwerk.“

Inszenierung als Glamour-Paar

Christian Lindner und Franca Lehfeldt 2018 bei den Wagner-Festsspielen Foto: Imago

Die Beziehung von Lehfeldt und Lindner ist kein Geheimnis. Schon im Juli 2018 bestätigte der FDP-Chef gegenüber „Bunte“, dass er eine neue Partnerin hat: „Ja, es gibt mit Franca wieder eine Frau in meinem Leben“, zitierte ihn die Illustrierte. Bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth im selben Monat zeigten sich die beiden zusammen.

Seitdem inszenieren sie sich gerne als glamouröses Promi-Paar der Politik oder lassen sich entsprechend inszenieren. In der vergangenen Woche machte „Bunte“ groß mit einer Meldung auf, die sich liest, als hätte sie Lindner selbst lanciert: Die geplante „prachtvolle“ „Traumhochzeit“ des Bundesfinanzministers mit der „renommierten Politik-Journalistin“ in der Toskana sei aus Kosten- und Sicherheitsgründen abgesagt:

Hochzeit in der TOSKANA abgesagt!
Ausriss: „Bunte“

„Lindner hat nun für sich, seine Franca und die ganze Hochzeitsgesellschaft einen wunderschönen Ausweichort gefunden: Da Franca aus Hamburg kommt, wird nun im Sommer standesgemäß auf der Nordseeinsel Sylt geheiratet.“

Erwartet werde ein „Who’s who der deutschen Elite,“ berichtete „Bunte“, „auf der Gästeliste sollen Namen wie die von Kanzler Olaf Scholz, Robert Habeck, Annalena Baerbock, Friedrich Merz und Armin Laschet auftauchen.“ Es wäre ein schöner Termin, über den für die „Welt“ natürlich am besten Chefreporterin Franca Lehfeldt berichten könnte.

10 Kommentare

  1. „…dass er eine neue Partner hat…“
    Wenn das das generisches Maskulinum sein soll, fehlen zwei „n“. Ansonsten ein „in“.

    Zum eigentlichen Thema: Wäre ein FDP-Pressesprecher, der für die Welt arbeitet, nicht noch ein Stück voreingenommener? Ich bin gerade ziemlich baff…

  2. Das gleiche Foto ist zweimal in den Artikel eingebunden. Eigentlich dreimal, wenn man den Bunte-Ausschnitt mitzählt, der ein Foto enthält, das offensichtlich aus der gleichen Serie enthält.

    Zur Sache selbst: die WELT tut ja seit geraumer Zeit nicht mal mehr so, als sei sie parteiunabhängig, seien es die öffentlichen FDP-Bekenntnisse des Chefredakteur oder etwa die „Chefreporterin Freiheit“, die es als ihre Hauptaufgabe ansieht, Flügelkämpfe innerhalb der FDP zu betreiben. Das ist natürlich das gute Recht eines privaten Verlags, nur sollte er dann von Öffentlich, Politik und anderen Medien nicht mehr als unabhängige journalistische Instanz behandelt werden.

  3. Ja, das hat mehr als nur ein Gschmäckle, aber mal ehrlich:

    Greift die Welt (PorschePorschi) dabei nicht auch irgendwie immer spektakulär ins Klo?

  4. Offenbar hat Frau Lehfeldt ihre Arbeit im Umfeld der Sitzung des Verteidigungsausschusses ordentlich gemacht. Das spekulative und durch keinerlei Fakten untermauerte Geraune in diesem Artikel stellt hingegen einen neuen Tiefpunkt in der Geschichte von „Übermedien“ dar.

  5. „Im Jahr 2022 sollte eine Frau nicht gezwungen sein, aufgrund persönlicher Beziehungen ihre journalistische Arbeit aufzugeben.“
    Da kräuselt’s mir die Zehennägel.

    „Verlierer des Tages: übermedien
    Der Chefredakteur will Frauen im Jahr 2022 verbieten, ihren Beruf auszuüben. Friede Springer und F.J. Wagner meinen: Pfui, wir leben nicht mehr in den 60ern!

    Gewinner des Tages: Max Mustermann, CDU
    In einer couragierten Rede hat die CDU-Koryphäe das Recht auf Leben verteidigt. „Werbung für Abtreibungen ist doof, ist halt so.“, so Mustermann. Da können wir Lebensbejaher natürlich nur zustimmen. Weiter so!“

    Man muss sich immer nur vorstellen, wie die Springerpresse reagieren würde, wenn ein/e grüne oder SPD PolitikerIn einen Lebenpartner bei einem vermeintlich linkeren (welche gibt’s eigentlich noch?) Medienhaus hätte.

  6. Eigentlich sollte man bei der Welt ausgleichende Gerechtigkeit einfordern:
    Britta Ernst wird Chefreporterin Soziales,
    Daniel Holefleisch berichtet über Umweltthemen,
    Der Lieblings-Privatjet-Pilot von Friedrich Merz kommentiert die Verkehrspolitik,
    Sarah Bossard klärt über Rechtsextreme auf und
    Karin Baumüller-Söder södert söderhaft über Söder.

    Da ja im Jahr 2022 niemand gezwungen sein sollte, aufgrund persönlicher Beziehungen seine journalistische Arbeit aufzugeben, geht das für die Welt so in Ordnung.

  7. @Anderer Max
    Vielen Dank für den Link.

    Zum Thema
    Wie kann man hier überhaupt auf die Idee kommen, es lege kein Interessenskonflikt vor.

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