Der Autor
Stefan Niggemeier ist Gründer von Übermedien und „BILDblog“. Seit vielen Jahren Autor, Blogger und freier Medienkritiker, früher unter anderem bei der FAS und beim „Spiegel“.
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Mich überfordert dieser Krieg.
Ich weiß, das ist ein fast frivoler Satz, denn: Wen denn nicht? Und vor allem: Was für ein Luxus, mich mit meinem Gefühl der Überforderung beschäftigen zu können, während für andere Menschen dieser Krieg ganz konkret bedeutet, um ihre Freiheit kämpfen zu müssen – oder um ihr Leben.
Das ist mir bewusst, aber es ändert nichts daran, dass ich mich auch überfordert fühle, diesen Krieg zu beobachten. „Aus sicherer Entfernung“, wollte ich erst reflexhaft schreiben, aber das stimmt ja doppelt nicht: So fern ist dieser Krieg schon geographisch nicht, und das Gefühl der Sicherheit ist ja genau das, was spätestens in dieser Woche vollständig pulverisiert wurde.
Das verändert die Wahrnehmung dieses Krieges im Vergleich zu vielen anderen Kriegen auf der Welt auch: Dass er sich selbst vom bequemen Sofa im glücklichen Mitteleuropa nicht ausblenden lässt, nicht verdrängen, wie so viele schreckliche Nachrichten aus irgendwelchen Ecken der Welt, sondern alles in Frage stellt, auch unser Leben, unsere Freiheit, unseren Wohlstand und viele bequeme Gewissheiten.
In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ steht ein Interview mit der Verteidigungsexpertin Ulrike Franke, Jahrgang 1987, die darin über ihre Generation sagt, sie neige dazu, „die historische Ausnahmesituation ihrer Jugend für die Normalität zu halten“:
„Wir können uns grundsätzlichen geopolitischen Wandel kaum vorstellen, weil wir ihn nie erlebt haben. Meine Generation tut sich schwer mit dem Gedanken, dass mit militärischen Mitteln durchgesetzte Machtpolitik eine Realität ist, die Antworten erfordert.“
Ich bin kein Millennial, ich bin Jahrgang 1969. Ich bin im Kalten Krieg groß geworden, war Jugendlicher, als es ums „Wettrüsten“ ging, bin aufgewachsen mit dem Achtziger-Jahre-Gefühl, dass der Weltuntergang eigentlich hinter jeder Ecke lauert – wenn nicht durch eine Umweltkatastrophe, dann vermutlich durch einen Atomkrieg. Ich habe „Die letzten Kinder von Schewenborn“ (1983) gelesen und „Wenn der Wind weht“ (1986) gesehen und beides hat großen Eindruck bei mir hinterlassen. (David Bowies Titelsong macht mir immer noch Gänsehaut.)
Trotzdem erkenne ich mich in der Art, wie Franke die Weltwahrnehmung der zwanzig Jahre jüngeren Leute beschreibt. Dieses Achtziger-Jahre-Gefühl der Dauerbedrohung wich nach dem Mauerfall der meist unausgesprochenen Grundüberzeugung, dass diese Art der kriegerischen Auseinandersetzung nichts ist, was uns hier noch einmal betreffen könnte. Was für ein Irrtum.
Stefan Niggemeier ist Gründer von Übermedien und „BILDblog“. Seit vielen Jahren Autor, Blogger und freier Medienkritiker, früher unter anderem bei der FAS und beim „Spiegel“.
Ich habe keinerlei außenpolitische oder geostrategische Expertise; der winzige Einblick, der mir im Nachhinein einfällt, hat ausgerechnet mit dem Eurovision Song Contest zu tun. Als ich 2002 darüber schrieb, als er in Tallinn stattfand, war ich überrascht, wie wichtig es damals in Estland war, Teil der Nato und der EU zu werden. Ich war überrascht, wie sehr der riesige Nachbar Russland hier noch als Bedrohung wahrgenommen wurde. Das ließ sich natürlich aus der Geschichte des Landes erklären, das jahrzehntelang zwangsweise Teil der Sowjetunion war, aber es fühlte sich für mich in der Gegenwart fremd an. Ich dachte irgendwie naiv, dass das doch alles Vergangenheit war, und konnte mir bei allen Konflikten und Auseinandersetzungen nicht vorstellen, dass es irgendwann wieder darum gehen könnte, wo hier wie viele Panzer stehen.
Ich hatte natürlich keine Ahnung. Ich wusste auch, dass ich keine Ahnung hatte. Aber da war diese übermächtige Unvorstellbarkeit.
An vielen Reaktionen der Menschen in der Ukraine und insbesondere in Kiew merkt man das gerade auch: ein totaler Unglaube, dass ihnen das hier gerade passiert. Es ist ein gefährlicher, zynischer Gedanke, dass Menschen zum Beispiel im Nahen Osten ja Krieg und Elend wenigstens gewohnt sind. Natürlich dürfen wir uns damit nicht abfinden, dass für Menschen in vielen Teilen der Welt Krieg so sehr Realität ist, dass es für sie womöglich gar kein Schock mehr ist, wenn Raketen auf ihre Nachbarschaft fliegen, wenn sie wieder einmal ihr Hab und Gut zusammenpacken müssen, um zu fliehen.
Aber dass es für diese Menschen in Kiew so schockierend ist, was ihnen und ihrer Stadt passiert, macht den Schrecken auch für mich noch realer, als jemand, der sich auch nicht vorstellen kann oder konnte, dass mir und meiner Stadt sowas mal passiert.
Auf eine ungleich harmlosere, aber trotzdem verstörende Art erlebe ich das auch beim Blick auf die Berichterstattung über diesen Krieg. Auch das konnte mir nicht vorstellen: im Fernsehen Analysten vor Landkarten zu sehen, die Aufmarschpläne und Einmarschrouten in ein europäisches Land zeigen. Diskussionen, wie viele und welche Waffen Deutschland jetzt sofort an ein überfallenes europäisches Land in einen Krieg liefern muss. Ernsthafte Fragen, ob jetzt der Dritte Weltkrieg droht.
Das alles ist nachvollziehbar, teilweise notwendig, aber mich überfordert das noch, als Medienkonsument, als Medienkritiker – und auch Social-Media-Nutzer. Ich verbringe ja viel Zeit auf Twitter, was in diesen Zeiten ein besonders schwieriger Ort ist, zum Beispiel weil er voller Hot Takes ist von Menschen, die nun genau wissen, was zu tun ist.
(Zum Glück ist Twitter auch der Ort, an dem genau das persifliert wird.)
I’m a columnist turned epidemiologist by trade, but I’ve spent the past 36 hours watching YouTube videos about successful insurgencies. Here’s what I think the Ukrainians need to do…(1/273)
— New York Times Pitchbot (@DougJBalloon) February 26, 2022
Natürlich ist ein Problem auf Twitter (und in anderen Sozialen Medien) in diesen Tagen, wie viele Falschmeldungen dort verbreitet werden, wie viele alte Videos als neu ausgegeben werden, und wie viele neue Videos in einen falschen Kontext gesetzt werden. Aber damit umzugehen und das zu bekämpfen, das ist eigentlich Alltag.
Doch wie umgehen mit all den emotionalen Augenzeugenberichten, die man dort findet, mit dem Entsetzen über Verluste und Dramen, mit der Begeisterung über Erfolge und über eine immer noch nicht eingenommene Stadt, mit der Heroisierung des ukrainischen Präsidenten oder der 13 ukrainischen Soldaten auf der Schlangeninsel im Schwarzen Meer, die der Besatzung eines russischen Kriegsschiffs „fickt euch“ zuriefen, anstatt sich zu ergeben, und das mit dem Tod bezahlten. [Nachtrag, 13 Uhr: Daran gibt es inzwischen erhebliche Zweifel.]
Ich verstehe, warum diese und andere Heldengeschichten erzählt und gefeiert werden, und schaffe es (noch) nicht, sie mitzufeiern, weil mich die ganze Kriegslogik überfordert, die dem zugrunde liegt und der Welt von Putin aufgezwungen wurde.
Es ist diese Mischung aus großer, ernsthafter Sorge um das, was mit der Welt nun passiert, und dem Irrwitz mancher Situationen – wie der Szene, in der anscheinend ein ukrainischer Fahrer den russischen Soldaten, deren Panzer liegengeblieben ist, anbietet, sie nach Hause zu fahren, oder der älteren Frau, die einen russischen Soldaten in ihrem ukrainischen Dorf anschnauzt, was er hier zu suchen hat, und sagt, er solle sich Sonnenblumenkerne in die Tasche stecken – damit aus seinem Grab eine Sonnenblume wächst.
Die Unvorstellbarkeit der Lage, in der wir uns jetzt befinden, wird durch das fast Tragikomische solcher Szenen noch verstärkt. Sie machen es gleichzeitig greifbarer und unwirklicher. Und wie soll man den Aberwitz aushalten, dass Wolodymyr Selenskyj, der gerade als ukrainischer Präsident über sich hinauswächst, in dieses Amt als Schauspieler und Komiker kam; als jemand, der gewählt wurde, nachdem er im Fernsehen einen kleinen Geschichtslehrer gespielt hat, der über Nacht zum Präsidenten der Ukraine wurde.
Man kann sich diese Serie, „Diener des Volkes“, aktuell in der arte-Mediathek ansehen. Man kann sich auch einen Zusammenschnitt von Selenskyjs Auftritten in der ukrainischen Version von „Let’s Dance“ ansehen.
so apparently Zelenskyy won the Ukrainian version of Dancing with the Stars in 2006 and the tape is even better than whatever you're imagining pic.twitter.com/L1gnKD2ISr
— Kat Abu (@abughazalehkat) February 27, 2022
Ich weiß nicht, ob das hilft gegen das Gefühl der Überforderung, ob es als Comic Relief funktioniert, wie die Engländer Humor beschreiben, der das Unerträgliche erträglich macht, oder ob es den Aberwitz nur in noch schwerer erträgliche Sphären schraubt.
Einen Gedanken fand ich interessant und seltsam beruhigend für jemanden wie mich, der überfordert vor den Medien sitzt, zwischen Doomscrolling und Abschalten schwankt, mehr Fragen hat als Antworten und sich fragt, was all unsere symbolischen Reaktionen bringen, das Demonstrieren, das Flaggenhissen, womöglich sogar das hilflose Retweeten. Der Kollege Moritz Gathmann, der gerade in der Ukraine unterwegs ist, twitterte:
Geht demonstrieren für die Ukraine. Diese Bilder von Menschenmassen aus der ganzen Welt, die die ukrainische Hymne singen, laufen hier im Fernsehen und zeigen den Menschen: Sie sind uns nicht egal. Psychologisch ist das sehr wichtig. 🇺🇦🇺🇦🇺🇦
— Moritz Gathmann (@moritz_gathmann) February 26, 2022
Wie schaffen Sie es, mit diesem besonderen Krieg umzugehen? Wie verfolgen Sie ihn und die Berichterstattung darüber? Verpassen Sie keine Sondersendung, scrollen Sie sich atemlos durch die ganzen Beiträge in den Sozialen Medien? Oder schalten Sie bewusst ab? Schreiben Sie uns gern – in die Kommentare, per Mail oder auf Twitter, Facebook, Instagram.
Ich war gestern in Berlin auf der Demo. Ich habe keine wütenden Gesichter gesehen, keinen Hass, nur Fassungslosigleit, Traurigkeit und – ja – Überforderung. Wurde dann ein bisschen besser, als ich mich abends mit nem russischen Freund bis tief in die Nacht besoffen habe. Bin jetzt wieder im Fassungslosigkeits-Mode, aber verkatert.
Vielen Dank für diese sehr offene und ehrliche Einschätzung! Ich würde mir wünschen, dass noch viel mehr Medienschaffende aber auch Lesende das Thema mit so großem Respekt betrachten würden.
Ich persönlich versuche mich nicht zu sehr in das Thema reinzusteigern. Zum einen, weil ich außer Spenden und Solidarität zeigen sowieso nicht viel tun kann, zum anderen weil ich nicht direkt von diesem Krieg betroffen bin und es mir (überspitzt gesagt) fern liegt, plötzlich Interesse für ein Land zu heucheln, das mir die letzten 8 Jahre ziemlich egal war.
Wenn jetzt in Social Media jeder seinen Senf dazu geben muss, finde ich das oft pietätlos. Obwohl zugegebenermaßen natürlich auch das überwältigende Interesse wichtig für die Psyche der tatsächlich betroffenen Menschen in der Ukraine ist. Diesem Dilemma versuche ich mich zu entziehen, indem ich einfach nur mit Spenden helfe und meine Solidarität bekunde, aber mir jedes (voreilige) Urteil über die Situation („Müssen jetzt Waffen geliefert werden?“, „Der Ausschluss aus SWIFT war überfälllig.“, …) erspare.
Ich halte es auch für wichtig, als nicht direkt Betroffener die Ruhe zu bewahren, nicht jede Information per Push Notification aufzusaugen und sein Leben halbwegs normal weiterzuleben. Alles andere spielt am Ende vor allem dem Kreml in die Karten in Anbetracht des Ausmaßes an Desinformation, das jetzt auf uns einprasselt.
Ja, so ist das. Erlebe meinen Gemütszustand absolut treffend wiedergegeben. herzlichen Dank für das offenherzige Statement, Herr Niggemeier!
FL, Jahrgang 1967
Ich bin vom Thema und dem ganzen Drumherum ebenfalls überfordert und schreibe dazu deshalb nichts.
Aaaaber: 2002, als Herr Niggemeier in Tallin war, stolperte ich aus Versehen in seinen damaligen Blog. Was ich da sah, fand ich gut, und in diesem Moment stelle ich fest, dass ich folglich seit 20 Jahren (einem fünftel Jahrhundert! Fast einem Drittel meines Lebens! Es ist nicht zu fassen!) Niggi lese.
@Hannes Hofstetter: Danke für den schönen Kommentar, aber das kann nicht stimmen, denn mein Blog gibt es überhaupt erst seit 2006. Ich hab 2002 für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und die FAZ über den ESC aus Tallinn geschrieben.
@ Stefan Niggemeier: Dann sinds ja erst 16 Jahre Niggemeier-Lektüre. Das heisst: Ich bin jünger als befürchtet.
Irgendwie stumpfe ich bloß ab.
Also z.B. sollte ich mich eigentlich darüber freuen, dass die Soldaten von der Schlangeninsel noch leben, aber irgendwie kommt es mir jetzt mehr wie ein Presse-Stunt vor, was es ja nicht ist und nicht sein soll…
Natürlich bin ich empört. Aber nicht nur über die russische Invasion. Auch über unsere Medien. Die wichtigen Fragen werden nicht gestellt, die jetzt helfen könnten, den Krieg zu stoppen:
1. Welche Verantwortung / welchen Anteil am Krieg hat auch die „westliche Welt“? Zu einer Eskalation gehören immer mehrere Parteien. Die US-Geheimnisse haben vor dem Krieg gewarnt. Der Westen hat zwei Optionen gezogen: a) Verhandlungen b) Sanktionen. Über die Sanktionen sind wir gut informiert (nur nicht über die genauen Folgen für uns). Aber welche Verhandlungsangebote hatten denn Frau Baerbock und Herr Scholz tatsächlich in ihrem Reisegepäck und waren die beiden mit wirklichen Verhandlungsspielraum seitens EU/Nato ausgestattet? Oder ist die Verhandlungskarte nur Bluff, um sich im Nachhinein reinzuwaschen?
2. Wie soll „die Welt danach“ aussehen? Wollen wir wirklich unseren (Enkel-)Kindern nicht nur kaputtes Klima, sondern auch eine kaputte Ökonomie und feindseliges Umfeld hinterlassen? Einschließlich der Angst vor einer atomaren Katastrophe, weil wir die „atomare Teilhabe“ forcieren ? Nicht nur in Moskau sitzen „entgrenzte“ Politiker ; auch die USA kann in zwei Jahren wieder einen Präsidenten haben, der schon einmal die eigene Demokratie gefährdet hat.
3. Welchen Druck üben wir auf die ukrainische Führung aus, damit auch sie in Verhandlungen zur Herstellung des Friedens beiträgt? Derzeit nimmt Herr Selenski immense menschliche und materielle Opfer seines Volkes in Kauf, um sich den Beitritt zur EU und Nato emotional zu erpressen.
Geschichten von Tapferkeit, Heldenmut usw. hat auch „das deutsche Volk“ noch kurz vor Kriegsende erzählt bekommen, um sich weiter sinnlos opfern zu lassen.
Ja, wir brauchen Betroffenheit. Aber was wir jetzt noch mehr brauchen ist : eine kritische Analyse von Machtansprüchen und Fehlern aller Beteiligten sowie eine wirklich kritische Medienberichterstattung und – kommentierung, die sich nicht nur auf die Herstellung einer emotionalen Gemengelage aus Verdammung des Aggressors , Empörung und Ratlosigkeit beschränkt.
@Ute Vogell: Könnten die Relativiererinnen und Diktatorenfreunde nicht wenigstens im Augenblick ihrer größten Schmach mal die Klappe halten?
Zu Ihren „Fragen“: 1. Ja, es gibt in jedem Konflikt mindestens zwei Seiten. In dem Fall eine Seite, die mit einem Angriffskrieg einen imperialen Machtanspruch durchsetzen will (Putin), und eine, die sich dem so gut es geht entgegenstellt (Ukraine). 2. Eine Welt, in der sich solche Überfälle nicht lohnen und nicht erfolgreich sind, wäre schon mal ok. 3. Wir üben in dieser Situation natürlich keinen Druck auf die ukrainische Führung aus, sondern unterstützen sie in ihrem antiimperialistischen Freiheitskampf, soweit das möglich ist, ohne in eine direkte militärische Konfrontation mit Rusland zu geraten. Und das ist auch gut so.
Ach ja: Ganz großes DANKE für diesen Text, Herr Niggemeier. Spricht mir aus dem Herzen.
An Earendil: 1. Bitte mal erklären: Wen meinen Sie mit „Relativiererinnen und Diktarorenfreunde“ ? Und wollen Sie mit „Klappe halten“ die Meinungsfreiheit einschränken?
2. Wir sind einer Meinung. Für einen Krieg gibt es zwei Seiten (mindestens). Und für eine Beendigung des Krieges auch. Was tun wir / was tun Sie persönlich dafür, dass auch die „andere Seite“ – die Ukraine – den Krieg beendet? Finden Sie die Kriegrhetorik von Herrn Selenskyi korrekt? Fehlt nur noch sein: Ja, wir wollen den totalen Krieg ! Welche Opfer das fordert, wissen wir.
3. Was ist an der Ukraine „anitimperialistisch“? Bitte erklären! Es hat von EU und Nato gute Gründe gegeben, die Ukraine nicht aufzunehmen, auch wenn dies momentan öffentlich aus gut nachvollziehbaren Gründen nicht artikuliert wird .
3. Was wollen Sie persönlich? Wo stehen Sie ? Wer sind Sie? Wenn wir einen echten Dialog wollen : Outen Sie sich. Mit Angriffen unterhalb der Gürtellinie kommen wir nicht weiter. Schreiben Sie bitte Argumente. Sonst können wir Ihren Beitrag vergessen,.
@Ute Vogell
„…Was tun wir / was tun Sie persönlich dafür, dass auch die „andere Seite“ – die Ukraine – den Krieg beendet?…“
Ich frage mich ernsthaft, was Sie darunter verstehen? Die Ukraine soll den Krieg beenden… Für mich würde das heißen, die Ukraine müssten Putin ihren Herrscher akzeptieren und nach seiner Pfeife tanzen. Die Demokratie aufgeben, seine Steuerung der Medien akzeptieren.
In meinen 47 Jahren kann ich mich an keine Kriegsphantasien von meiner Seite erinnern. Meine Tendenz ging in die Richtung: wenn ein Krieg vor der Tür steht, bin ich der erste der weg ist.
Letzte Woche gab es da erstmal einen Perspektivenwechsel. Wäre ich Ukrainer vor Ort: Wieso sollte ich mein Land verlassen, mich vertreiben lassen? Und nie und nimmer würde ich hinnehmen, dass ich unter einem Putin leben muss, wenn ich nur irgendwie die Wahl hätte.
Würden Sie einfach Ihr Haus/Wohnung verlassen, nur weil es jemand anderer beansprucht?
Also wie darf ich das verstehen Frau Vogell, die Ukraine soll den Krieg beenden?
Ich empfinde neben Überforderung eine lähmende Ohnmacht…
Danke für den Artikel.
@Ute Vogell
>1. Welche Verantwortung / welchen Anteil am Krieg hat auch die >„westliche Welt“? Zu einer Eskalation gehören immer mehrere >Parteien. Die US-Geheimnisse haben vor dem Krieg gewarnt. Der >Westen hat zwei Optionen gezogen: a) Verhandlungen b)
>Sanktionen.
1.) Die „westliche Welt“ ist nicht mit ca.100000 Mann vor die Grenzen Russland gezogen, und nein es gab keine akuten Beitrittsverhandlungen zur NATO, auch die selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk sind nicht angegriffen worden, das mit dem „Spion“ ist Fehlinformation kann man in sog.Faktencheck nachlesen. Und dabei bitte nicht über Linke pro-russiche Propaganda stolpern, aber wem sage ich das?!
>Oder ist die Verhandlungskarte nur Bluff, um sich im Nachhinein >reinzuwaschen?
Ihre „Rhetorik“ bereitet mir Übelkeit, dann ist vielleicht auch der Beginn des zweiten Weltkriegs also vielleicht ein Fehler der anderen? Polen hat einfach nicht genügend nachgegeben und dann gibt es ja noch die Mähr der „Teilmobilisierung“.
>2. Wie soll „die Welt danach“ aussehen? Wollen wir wirklich
>unseren (Enkel-)Kindern nicht nur kaputtes Klima, sondern auch >eine kaputte Ökonomie und feindseliges Umfeld hinterlassen?
Und genau deshalb sollte, nein muss Putin aufgehalten werden!
Wie, das ist eine gute Frage!
>3. Welchen Druck üben wir auf die ukrainische Führung aus,
>damit auch sie in Verhandlungen zur Herstellung des Friedens >beiträgt? Derzeit nimmt Herr Selenski immense menschliche >und materielle Opfer seines Volkes in Kauf, um sich den Beitritt >zur EU und Nato emotional zu erpressen.
3.) Putin fordert: Entmilitarisierung der Ukraine, Anerkennung der von Russland annektierten Krim als russisches Territorium, zudem eine „Entnazifizierung“ der ukrainischen Regierung und die „Neutralität“ der Ukraine.
Was bedeutet, dass Ukraine zum russischen Vassallenstaat wird, des weiteren ein Verbrechen – „Annexion der Krim mit anschließenden unlegetimer Wahl“ – unter den Teppich gekehrt werden soll, die Entnazifizierung bedeutet was genau? Selenskyj ist Jude, ah da gab es mal ein „rechtes Batallion“, mit 2500Mann, das wird gern unter Russen als Ursprung allen Übels gesehen, ich sage es noch einmal ca.100.000 Russische Soldaten an der Grenze zur Ukraine, naja jetzt nicht mehr, jetzt sind diese einmarschiert.
>Aber was wir jetzt noch mehr brauchen ist : eine kritische Analyse >von Machtansprüchen und Fehlern aller Beteiligten sowie eine >wirklich kritische Medienberichterstattung und –
>kommentierung
Analyse, Fehler, aha. Es ist gut wenn man nach eigenen Fehlern sucht, fangen sie bitte bei sich gleich an! Denn die Suche hört sofort auf wenn es darum geht, das ein verrückter, machtversessener Kriegstreiber wie Putin in ein Land Europas einmarschiert. Der bevor er einmarschierte im Fernsehen meinte :“Die UDSSR hat die Ukraine erschaffen“, der kurz vorher die „Anerkennung der Unabhängigkeit der selbsternannten Volksrepubliken im Donbass“ bekannt gab, in Deutschland wären das Equivalent dazu die Reichsbürger und deren Traum ihrer eigenen Republik.
Ich traue diesem Verrücktem alles zu, vor allem wird die Ukraine nicht das letzte Land sein dass er sich einverleibt, denn die Grenzen zu Zeiten der Sowjetunion gingen bekanntlich bis „Ost“-Deutschland. Und werden sie, Frau Vogell, dann immer noch nach Gründen „auf der anderen Seite suchen“, ich glaube ja, denn manchen ist einfach nicht zu helfen!
@Ute Vogell / #10: Bisschen verspätet, aber Ihre Fragen will ich kurz beantworten.
„Wen meinen Sie mit „Relativiererinnen und Diktarorenfreunde“ ?“ -> Sie.
„Und wollen Sie mit „Klappe halten“ die Meinungsfreiheit einschränken?“ -> Nein.
„Für einen Krieg gibt es zwei Seiten (mindestens). Und für eine Beendigung des Krieges auch.“ -> Nein, nicht immer. Putin könnte diesen Krieg im Alleingang beenden, so wie er ihn begonnen hat. Die Ukraine kann ihn höchstens beenden, indem sie kapituliert.
Um einen Spruch über Palästinenser und Israelis zu persiflieren: Wenn Russland die Waffen niederlegt, gibt es Frieden. Wenn die Ukraine die Waffen niederlegt, gibt es keine Ukraine mehr.
„Finden Sie die Kriegrhetorik von Herrn Selenskyi korrekt?“ -> Ja, zumindest notwendig.
„Was ist an der Ukraine „anitimperialistisch“?“ -> An sich nix, aber ihr Abwehrkampf ist antiimperialistisch, weil Verteidigung gegen eine imperialistische Aggression.
„Wo stehen Sie ?“ An der Seite der Ukraine.
an Earendil, an Paul S. , an Wlodymyr, an Paul S. :
Wenn wir weiter miteinander diskutieren wollen, brauchen wir historische Fakten und nicht nur Emotionen. Wie hat sich der Konflikt entwickelt? Ich habe dazu von Ihrer Seite noch keine Argumente gehört. Welche Fehler hat „der Westen“ gemacht? WelcheMachtpolitik verfolgt „der Westen“? Auch dazu gibt es von Ihrer Seite keine Analyse, sondern nur emotionales Blabla. Oder gehen Sie davon aus , dass eine Ausdehnung der Nato (obwohl Russland offensichtlich anderes zugesagt wurde), von Russland nicht als Bedrohung angesehen werden darf? Gucken Sie sich einfach mal die Kuba-Krise an. Da haben die USA nicht nur mit der ersten Stufe zur Aktivierung ihrer Atomstreitkräfte gedroht, weil sie keine Atomraketen vor ihrer Haustür wollten. Die USA hat mit der vorletzten Stufe gedroht – nur noch ein Knopf bis zum Atomkrieg. Googlen Sie einfach mal Nato-Manöver 2021 und lesen Sie die damaligen Berichte der deutschen Presse ( größtes Manöver in Osteuropa seit der Nachkriegszeit, einschließlich der Beteiligung der Ukraine, die kein Nato-Partner ist).
Was Herr Selenskyj jetzt macht, erinnert mich an das letzte Aufgebot der Nazis: Meine Großmutter wurde vom örtlichen Naziführer ins Verhör genommen, weil sich mein Großvater im sogenannten „Afrikafeldzug“ mehrere Tage vor der offziellen Kapitulation in amerikanische Kriegsgefangenschaft begeben hat. Er hätte sich aus Ehre, Vaterlandliebe, Heldentum (und weiteren Worthülsen, die auch Herr Selenskyj benutzt) lieber selbst umbringen sollen.
Ich weiß, jetzt bin ich genauso wie Sie emotional. Aber vielleicht habe ich als Nachkriegs-Großmutter etwas mehr politische Erfahrung und Desillusionierung als Sie. Waren der Vietnamkrieg, der Irakkrieg keine Angriffskriege? Wurde dort bezüglich des Kriegseintritts nicht gelogen? Jeder Krieg ist ein Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung! Es ist doch nicht so, dass die westlichen Allierten zimperlich waren mit ihren Flächenbombardements der deutschen Städte, einem Flüchtlingsschiff, der deutschen Infrastruktur (z. B. Talsperren). Wir müssen doch nicht scheinheilig sein. Krieg schafft immer Kriegsverbrechen. Was jetzt leider in der Ukraine geschieht, war zu erwarten. Jeder, der nicht aus die Verhandlungskarte gesetzt hat, sondern auf die ökonomische Kriegsfühung und nicht auf Verhandlungen, hätte dies wissen müssen.
Jedenfalls werde mich von Ihnen nicht beschimpfen lassen, bloß weil Sie offensichtlich keine historische und politische Ahnung haben.
Wie gesagt, ich diskutiere gerne weiter: Ohne Unterstellungen , offen, mit Argumenten. Und nicht mit Gefühlen. Ansonsten hören Sie nichts mehr von mir.
@Ute Vogell
Ihre historischen Fakten ändern nichts an der Situation der Ukraine.
„…Was tun wir / was tun Sie persönlich dafür, dass auch die „andere Seite“ – die Ukraine – den Krieg beendet?…“
Wie würde das Ihrer Meinung nach aussehen?
[„Nachkriegs-Großmutter etwas mehr politische Erfahrung und Desillusionierung als Sie“]
Wie geht’s dann weiter (mit dem großen russischen Reich und den Ukrainer*innen)?
Ist Ihre Ansicht die, dass eine Kapitulation der Ukraine und Unterordnung unter Putins Regime auch mittel- u. langfristig weniger Tote liefert? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass sich Putin ermutigt fühlt und sich das nächste Land einverleibt?
Auch wenn ich Ihr „Sie offensichtlich keine historische und politische Ahnung haben“ unvoreingenommen (nicht persönlich) nehme, so sagen andere mit vermutlich ebensolcher oder gar größerer historischer Erfahrung und Wissen als Sie ;) nicht das gleiche wie Sie… wie kommt’s?
@UV / #14: „Oder gehen Sie davon aus , dass eine Ausdehnung der Nato (…) von Russland nicht als Bedrohung angesehen werden darf?“
Ja, davon gehe ich aus. 2022 ist nicht 1962. Die NATO bedroht Russland nicht. Sie hat sich auch nicht nach der Erweiterung gedrängt, vielmehr wollten die osteuropäischen Staaten von sich aus unbedingt in die NATO (die dabei sehr zögerlich agierte), als Schutz gegen Bedrohungen durch Russland – nicht ganz unberechtigt, wie man spätestens jetzt sieht. Tatsächlich wurde Russlands Sicherheit nach Ende des kalten Krieges nie durch die NATO oder irgendwen anders bedroht (tschetschenische und andere Terroristen ausgenommen). „Russische Sicherheitsinteressen“ waren immer nur ein Euphemismus für den imperialen Herrschaftsanspruch auf die umliegenden Länder.
„Was Herr Selenskyj jetzt macht, erinnert mich an das letzte Aufgebot der Nazis“
„Ich weiß, jetzt bin ich genauso wie Sie emotional“, aber sagen Sie mal: Haben Sie den Verstand verloren? Erst historische Analyse einfordern und dann so ein geschichtsvergessener Quatsch? Nur kurz zur Erinnerung: Nazideutschland wurde nicht (wie heute die Ukraine) überfallen, sondern hat selbst andere Länder überfallen! Vergleichen Sie doch mal Selenskys Rhetorik mit Churchill oder de Gaulle, dann wird ein Schuh draus!
Was Sie hier als historische Analyse verkaufen, ist einfach nur die alte Platte „NATO – Westen – böse, alle anderen arme Opfer“. In manchen Konstellationen war da was dran, aber als Analyserahmen ist es einfach nur platt, und auf Russland und Ukraine passt es nun überhaupt nicht.
Übrigens, Frau Vogell, in der taz ist gerade ein Text quasi extra für Sie erschienen: https://taz.de/!5834130/
@Ute Vogell: Vielleicht teilen Sie uns erst einmal IHRE Antworten auf die selbst gestellten Fragen mit, damit wir (oder nur ich) Ihren Standpunkt kennenlernen dürfen? DANN kann man überlegen, inwieweit der eigene Standpunkt davon abweicht und welche wechselseitigen Argumente es gibt …
Also, ausgehend von der aktuell gegebenen Situation sind sie dafür, dass die Ukraine kapituliert, habe ich das richtig verstanden?
@Vannay
Wir sind hier nicht bei „Hart aber Fair“ oder einer ähnlichen Diskussionsplattform, sondern bei ÜBERMEDIEN. Es geht darum, wie einseitig oder sogar manipulativ unsere Medien in und über diesen schrecklichen Krieg berichten. Ich habe mir durch meine Fragen erlaubt, den Finger in die Wunde zu legen: Bestimmte Themenkomplexe werden derzeit medial nicht bearbeitet. Hier findet – analog zu Chomskys Analyse der Medienmanipulation – „Gate Keeping“ statt: Unliebsame Fragen und Themen werden verdrängt, verschwiegen oder sogar gebrandmarkt.
Weiße Flecken helfen aber bei der Gestaltung der weiteren Politik nicht weiter.
Übrigens, falls Sie noch einen Hinweis für die Manipulation der öffentlichen Meinung brauchen: Schauen Sie sich meine Petition an.
https://www.openpetition.de/petition/online/stoppt-den-krieg-jetzt-verhandelt
Diese Petition wurde von Campact gesperrt mit dem Vermerk „unangemessener Inhalt“. Weitere Begründung : Die Petition sei mit den Leitgedanken von Campact nicht vertretbar.
Zu diesen Leitgedanken gehört übrigens FRIEDEN!
Medial werden wir momentan ziemlich manipulativ behandelt.
@Ute Vogell: In #8, #10 und #14 fordern Sie teilweise wiederholt eine kritische Analyse, Argumente und Fakten ein, wenn “ wir weiter miteinander diskutieren wollen“ (#14). Jetzt sind wir plötzlich nicht mehr auf einer „Diskussionsplattform“. Ihre konkreten Standpunkte zu den selbst gestellten Fragen – oder zu der einen, die ich mir gestattet habe – kenne ich immer noch nicht, stattdessen so wohlfeiles wie pauschales Medienbashing. Nunja …