Podcastkritik (65)

Okay, Boomer und ihr Laberpodcast

Das Podcast-Cover von "Lanz & Precht", daneben ein schlecht gelauntes Podcast-Menschchen

Was hätte alles sein können: Das ZDF hätte neue Ideen, Formate, Stimmen ausprobieren können, jenseits der etablierten Fernsehstrukturen und der Quoten, die ja eigentlich sowieso nicht interessieren sollten. Stattdessen aber: ein Witz. Treffen sich zwei Männer, starten einen Podcast und reden über ihre Woche und was sonst noch so geschehen ist.

Die schlechte Pointe: „Lanz & Precht“ ist ein Podcast, mit dem das ZDF alle Podcast-Klischees der vergangenen Jahre reproduziert. Kaum Fakten, kaum redaktionelle Bearbeitung, dafür viel Gerede und Meinung. Als Hobbyprojekt wäre das halbwegs in Ordnung, vom ZDF aber hätte ich mehr erwartet als noch einen Laberpodcast mit zwei prominenten Personen.

Der Sender setzt auf Bekannte & Altbekanntes – und wie bei den jüngsten Podcast-Neustarts: wieder auf Männer. „Terra X – Der Podcast“ wird moderiert von Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens, „Terra X Geschichte – Der Podcast“ von Mirko „MrWissen2Go“ Drotschmann. Und jetzt also noch zwei, die wöchentlich reden, und deren Fernsehsendungen im ZDF bereits so heißen wie sie selbst. Insofern ist es nur folgerichtig, dass der Podcast nun „Lanz & Precht“ heißt, auch wenn ich hoffte, dass wir mit diesen Titeln langsam durch wären. Im Grunde ist dieser Podcast wie „Fest & Flauschig“ mit Böhmermann und Schulz, bloß für ZDF-Boomer und unlustig.

Der industrielle Podcast-Komplex

Die „Lanz & Precht“-Gespräche hätten wenigstens in eine Form gezwungen werden können, etwa als „Streitgespräche“ oder „Wochenrückblick“. Aber viel mehr als die prominenten Namen der beiden Hosts bietet der Podcast nicht. Er taugt nicht als Philosophie- oder reines Politikformat, dafür fehlen Zeit und Tiefe – und jegliche Struktur. Die beiden surfen bloß durch latent aktuelle Themen, Lanz schöpft da vor allem aus seiner Sendung.

Dem industriellen Promi-Podcast-Komplex ist das alles egal. Inhalt ist erstmal zweitrangig. Vermarktet wird, wer bereits einen Namen und Reichweite hat. Der Erfolg dieser Fließbandpodcasts ist dann nahezu sicher. Es wird ordentlich Promo gemacht: Social Media Posts, Pressemitteilung, Interviews. Dann Kritiken in großen Medien, meist schon auf der dünnen Grundlage einer einzigen Folge. Aber egal, Hauptsache der Buzz stimmt.

Precht inszeniert sich in der ersten Folge direkt als etwas entrückten Philosophen, der erhaben ist über das Weltliche, vielleicht sogar leicht angeekelt:

„Ich stehe manchmal so wie ein Feldherr auf dem Hügel, habe da mein Fernrohr, gucke da vom Weitem auf die Schlacht und schaue mir das Treiben aus dem Himmel an.“

Precht beschreibt Lanz wiederum als jemanden, der nah dran sei, vielleicht sogar unangenehm nah dran:

„Während du ja tagtäglich in der ersten Reihe stehst und in all die Schlachtscharmützel unmittelbar eingebunden bist. Du siehst die Leute, du kriegst sie alle mit, du siehst sie zappeln, du siehst sie schwitzen, du siehst sie reden […] Du kriegst ja ein anderes Gefühl dafür, was in diesem Land los ist.“

Lanz widerspricht nicht, er gefällt sich hörbar in der zugeschriebenen Rolle, nah an den Menschen und am Puls der Zeit zu sein. Der eine, Precht, schaut also von oben herab, kümmert sich um die ganz großen Themen. Der andere, Lanz, kämpft sich, in Anzug und ZDF-Sessel, durch das echte Leben und die Themen dieser Tage.

Bemühter Smalltalk zu Beginn

„Das Schöne ist ja“, sagt Precht im Podcast-Trailer, „dass wir uns zugetan sind und dass wir gleichzeitig in vielen Punkten unterschiedlicher Meinung sind. Selbstvergewisserung im Dialog, mit maximalem Erkenntnisgewinn“. Und in der Beschreibung der ersten Folge steht: „Die Themen werden Richard und Markus so schnell nicht ausgehen“. Was wie eine Drohung klingt. Oder ein Euphemismus für: Die reden echt gerne. Und viel. Und so ist es dann auch: Viel Dialog, viel Selbstdarstellung, wenig Erkenntnis. Auch mal echter Dissens, der das Ganze spannend machen würde? Fehlanzeige.

Es ist alles wie bei all diesen Duo-Laberpodcasts mit bestenfalls Wochenaktualität. Offenbar live on tape aufgenommen, ohne große Nachbearbeitung. Also dieses beliebte Genre, das ich Gebrauchspodcast nennen würde. Die werden von Hörer*innen mal aktiv angesteuert, mal plätschern sie, wie oft auch Radio, so nebenbei, während die Zwiebeln fürs Sonntagsessen gehackt werden. Wichtigste Voraussetzung für diese Form der Audio-Alltagsbegleitung: Format eigentlich egal, Hauptsache gesprächig. Keine zu langen Bögen, nicht zu viele Details, nicht zu viel Anspruch und nicht zu viel Konzentration nötig.

Ein beliebtes Stilmittel solcher Formate, das auch hier zum Einsatz kommt: Ein paar Zitate, Ausschnitte aus der Episode gleich am Anfang, als Collage. Mir wird also als Hörer schon mal gezeigt, was ich später wiedererkennen und als Highlight empfinden soll. Das ist wie eine Talkshow, die Gäste gleich mit den kernigsten Thesen vorstellt, bevor überhaupt diskutiert wird.

Auch die Episoden-Titel sind so fantasielos wie der Podcastname. Sie heißen: „AUSGABE EINS“ oder „AUSGABE ZWEI“ oder … das Muster dürfte klar sein. Ob das ZDF das auch durchzieht, wenn in einem halben Jahr dann AUSGABE DREIUNDZWANZIG ansteht? Zum Einstieg jeder Folge gibt’s meist ein bisschen bemühten Smalltalk, auf den sich Precht nie so recht einlassen will. Auch Komplimente von Lanz prallen meist an ihm ab.

Anekdoten & Polemik

„Worüber denkst du gerade nach?“ oder „Was ist in deinem Kopf?“, fragt Lanz seinen Podcast-Partner meistens formelhaft zu Beginn. Dann fließt alles in ein beliebiges Oberthema der Episode, das in seiner Unschärfe, ohne Leitfrage und konkretes Ziel, immer eine freundliche Einladung zum Abschweifen ist. Mal hier ein kleine Anekdote, mal da wieder große Meinung – zur Politik, zur Welt, zur Menschheit überhaupt. Alles mäandert vor sich hin, versehen mit einer LKW-Ladung Selbstdarstellung.

Die Methode Precht: provozieren und polemisieren. Er gefällt sich im Dagegensein. Erst kommt die laute These, manchmal schiebt er dann Argumente und Differenzierung nach, manchmal auch nicht, wenn er zum Beispiel sagt: „Gendersprache ist eine der dümmsten Ideen“. Lanz hört Precht gerne zu, staunt über komplizierte Wörter und philosophische Denkmodelle oder empört sich über steile Thesen. Und fordert oft Differenzierung ein: „Erklär das mal“, sagt er dann und hilft notfalls auch beim Zurückrudern.

Lanz ist gerne persönlicher Moderator für Precht, obwohl es diese Rolle hier gar nicht bräuchte, ist ja nur ein Zwiegespräch und keine große Talkshow. Und Lanz erzählt gerne, was er so alles macht: „Ich habe gesprochen mit…“, „ganz spannender Moment in der Sendung“, „ich habe gelesen…“, „wir haben gedreht mit…“ – Markus Lanz hat immer irgendwas.

https://twitter.com/horn/status/1443842692576915462?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1443842692576915462%7Ctwgr%5E%7Ctwcon%5Es1_c10&ref_url=https%3A%2F%2Fpublish.twitter.com%2F%3Fquery%3Dhttps3A2F2Ftwitter.com2Fhorn2Fstatus2F1443842692576915462widget%3DTweet

„AUSGABE EINS“, von Anfang September, will sich mit Krisen, Verantwortung und Politik beschäftigen, ist aber vor allem ein unsortierter Ritt durch Parteien, Personalien und das politische System, von Adenauer bis heute. „AUSGABE ZWEI“ will „politisch korrekte Sprache“ behandeln und ist dann vor allem eine lange Polemik von Precht gegen gendersensible Sprache und ein Plädoyer für hemdsärmelige Rücksichtslosigkeit. „AUSGABE DREI“ dreht sich um „Wahrheit“, konzentriert sich aber eigentlich auf die Frage, wann Politiker wie lügen und wann sie dabei erwischt werden.

Weder über Lanz noch über Precht habe ich im Podcast bisher etwas nennenswert Neues erfahren. Daran ändert auch „AUSGABE VIER“ übers Altern kaum etwas, nach eigenen Angaben eine „sehr persönliche“ Episode. Aber da kommen vor allem Kalendersprüche. Erst am Ende wird es ganz kurz interessant: Lanz spricht über Armut in seiner Kindheit, Precht über die Zeit, bevor er ein prominenter TV-Philosoph wurde. Hier fängt die Podcast-Intimität an. Doch nur Minuten später ist die Episode vorbei.

Wir senden, ihr empfangt, vielen Dank

„Lanz & Precht“ ist ein wuseliger Gedankenraum, aber ohne jegliche Intimität. Und oft habe ich den Eindruck, dass die beiden eigentlich nur abwechselnd reden statt miteinander. Dass sie nur abwarten, bis der andere endlich fertig ist. Für ein echtes Gespräch müsste sich vor allem Precht mehr für Lanz interessieren, und Lanz müsste aus seiner Moderatorenrollen ausbrechen. Beide müssten auch öfter als Menschen erkennbar werden, das Fernsehkostüm ausziehen. Und ich vermute, sie müssten mehr vorbereiten als bisher, sich nicht nur grob abstimmen.

Ich fühle mich mit 29 Jahren zu jung für diesen Boomer-Podcast. Ganz abgesehen davon: Viel Handfestes für meine Meinungsbildung liefern mir die beiden Hosts nicht, Quellen und Querverweise schon gar nicht. Die beiden sind nicht für alles Experten, natürlich nicht, aber immer gut für eine These. Überraschungen gibt es auch keine. Der Podcast kann schon mal halbwegs gut unterhalten, langweilt aber vor allem durch seine Strukturlosigkeit.

Insgesamt wirkt der Podcast wie Begleitmaterial zu den Fernsehsendungen „Lanz“ und „Precht“, für alle Ultras, die von den beiden nicht genug bekommen können. Aber was will dieser Podcast von mir? Ich bin mir unsicher, ob ich eigentlich dabei sein muss, wenn sich die beiden selbstvergewissern. Ich werde als Hörer weder begrüßt oder verabschiedet, ich darf nur lauschen. Interaktion? Gibt’s nicht. Frei nach dem bewährten Rundfunkgedanken: Wir senden, ihr empfangt, macht was draus, vielen Dank fürs Zuhören.

Wie gesagt: Das ZDF hätte das vergleichsweise junge Medium Podcast als Experimentier- und Entwicklungsraum für das Hauptprogramm-Fernsehen verstehen können, um neue Talente zu fördern. Der Prominenz und Reichweite von Lanz oder Precht hätte der Sender jeweils jemanden Neues an die Seite stellen können, jemanden mit einer wirklich anderen Meinung oder Fachexpertise. Um so ein Format beitragen zu können, das es nicht schon tausendfach auf dem immer kommerzieller werdenden Podcast-Markt gibt. Aber diese Chance hat das ZDF hier verschenkt. Zwei unvorbereitete Männer, die sich unterhalten, das hat nicht gerade gefehlt.


Podcast: „LANZ & PRECHT“ vom ZDF, produziert von mhoch2 & Podstars

Episodenlänge: jeweils circa 60 Minuten, wöchentlich

Offizieller Claim: „Informativ, inspirierend, kontrovers: ‚LANZ & PRECHT‘ ist der wöchentliche Gedankenaustausch zweier Menschen, die sich persönlich zugetan, aber nicht immer einer Meinung sind.“

Inoffizieller Claim: Markus und Richard besprechen, was ihnen so durch den Kopf geht und was diese Woche passiert ist.

Wer diesen Podcast nicht mag, hört stattdessen: “Was denkst du denn?”; “Soziopod”; „Feuer & Brot“„Piratensender Powerplay“ mit einer gewissen Samira El Ouassil

10 Kommentare

  1. „Ich fühle mich mit 29 Jahren zu jung für diesen Boomer-Podcast.“

    Gut möglich, dass dieser Podcast ganz fürchterlich ist. Ich höre oder schaue mir grundsätzlich nichts an, wo „Lanz“ draufsteht. Aber warum müssen Sie unbedingt dieses unsägliche Etikett „Boomer“ draufkleben? Warum diese „Ich als junger Typ bin alten, weißen Männern meilenweit voraus“-Attitüde?

    „Frei nach dem bewährten Rundfunkgedanken: Wir senden, ihr empfangt, macht was draus, vielen Dank fürs Zuhören.“

    Dieser in der Tat bewährte Gedanke führt oft (nicht immer) zu besseren Ergebnissen als der Jeder-gibt-seinen-Senf-dazu-Gedanke. Sofern sich zwei Leute wirklich etwas zu sagen haben, bin ich mit der Rolle des bloßen Zuhörers voll zufrieden. Oder wenn eine Person einen interessanten Vortrag hält.

    Die WDR 5-Sendung „Das philosophische Radio“ mit Jürgen Wiebicke (Achtung, ein Boomer!) ist z.B. solange wunderbar, wie sich der Moderator mit seinem Gast unterhält (Philosophen, Soziologen oder auch mal Theologen jeden Geschlechts). Sobald Publikum zugeschaltet wird, zerfasert oft das Gespräch und der Erkenntnisgehalt sinkt.

    Gilt auch für Podcasts: Der NDR-Podcast „Deine Geschichte, unsere Geschichte“ mischt z.B. O-Töne aus der Nachkriegszeit mit Zeitzeugen-Interviews, die ein historisches Ereignis kommentieren. Ulbricht sagt zum 1000. Mal „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen“, und eine Zeugin sagt, dass der Mauerbau schlimm war. Wie bei Guido Knopp, nur ohne Bilder. Ich persönlich hätte vertiefende Gespräche mit Zeithistorikern interessanter gefunden.

  2. Lustiger Weise hatte ich exakt diesen Satz („Ich fühle mich mit 29 Jahren zu jung für diesen Boomer-Podcast“) bereits für ein Copy-Pace in meinen Kommentars markiert, bevor ich den ersten Kommentar gelesen habe.
    Vielleicht ist es ein Podcast für die „Boomer“ – so what? Als Mitfünfziger habe ich die 5 Folgen, die ich mir bisher angehört habe, allesamt lebendig und inhaltlich konkret genug erlebt, um mich nicht in einem belanglosem Geplauder verloren zu fühlen. Ausserdem gefällt mir die Mischung aus persönlichem Plauderton (mit aus eigenen Erfahrungen und Erkenntnisgewinnen hergeleiteten „Gewissheiten“, die weder dogmatisch-propgandistisch (wenn dann erkennbar als Provokation, vor allem seitens Herrn Precht, was ihm gerne gestattet sei …) vertreten werden, noch den Anspruch erheben, allesamt mit wissenschaftlichen Studien belegbar zu sein.
    Ich kann diesen Podcast empfehlen.

  3. Danke für diese Kritik. Bin neulich auf diesen Podcast aufmerksam geworden und hatte vor, mal reinzuhören, weil ich mir davon interessante Steiggespräche von zwei Menschen mit gegensätzlichen Ansichten versprach. Das scheint der Podcast ja nicht zu erfüllen und ich kann meine Zeit anderen Dingen widmen.

  4. Ich bin ja nicht so der große Fan der Besprechungen von Sandro Schroeder. Hier bin ich aber froh, dass er sich Lanz&Precht vorgenommen hat und ähnliche Empfindungen beim hören hat, wie ich.

    Zwei Promis, die auf sehr oberflächlichem Niveau so tun, als würden sie irgendwas von Substanz rüber bringen. Ich höre den Podcast bisher nur weiter, weil ich manchmal etwas zum Aufregen brauche.
    Wird aber nicht mehr lange dauern, bis der Podcast wieder aus dem Podcatcher gelöscht wird. Und ich glaube, der Podcast wird auch nicht mehr so lange bestehen, weil die beiden Protagonisten ja jetzt schon anfangen, sich zu wiederholen und einfach stehen zu bleiben. Irgendwann sind die Geschichten, was Lanz alles hat und wo Precht provozieren könnte einfach auserzählt.

    Lustig finde ich, dass Kritischer Kritiker wie von magischer Hand gesteuert wieder von bestimmten Wörtern getriggert wird, man könnte denken, es gibt so etwas wie Sprachmagie. ;-)

    Wobei ich Kritischer Kritiker in einem Punkt recht geben möchte, aber glaube, dass hier Sandro Schroeder missverstanden wurde: ja, Podcasts, wo Zuhörer beteiligt werden („Jeder-gibt-seinen-Senf-dazu“), die können durch diese Beteiligung echt anstrengend und noch oberflächlicher werden. Ich glaube aber, Sandro Schroeder meint das gar nicht so, ich glaube, Sandro ging es eher darum, dass wir hier halt einen Podcast haben, wo sich die Protagonisten nur um sich selbst drehen. Das nervt mich hier auch sehr. Ein guter Laberpodcast lässt nicht jeden seinen Senf dazu geben, ein guter Podcast schaut sich den Senf an und ordnet ihn dann ein, spricht darüber. Aber Lanz und Precht sind halt zu weit von denjenigen, die ihren Senf abgeben, entfernt und wissen nur, was in deren Fernsehwelt vorgeht und basteln das dann in Geschichten ein, die sie selbst erlebt haben. Um dann wieder nur zu erzählen, was Lanz halt alles hat oder wovon Precht meint, genervt zu sein.

    Ich bin mal gespannt, wie viele Episoden ich mir noch antuen werde.

  5. #4:
    Formate werden für Zielgruppen gemacht. Derer gibt es viele. U.a. auch die Gruppe der Boomer ( ich, Baujahr 61, bin sowas von ).
    Lanz und Precht sind so sehr Boomer, dass es sogar mir unangenehm auffällt. Es ist nichts Verkehrtes daran, so etwas festzustellen.
    Wie sehr man dem Klischee entspricht, ist jedem überlassen. Tatsächlich ist das vehement dagegen sträuben auch so was von boomer-typisch.

    Natürlich gibt es Formate, die sich solcher schlichten Typisierung sofort entziehen, aber das ist eben keines.

  6. @ #5:

    „Tatsächlich ist das vehement dagegen sträuben auch so was von boomer-typisch.“

    Das ist ein herrlich hermetisches Scheinargument. „Du bist ne dumme Nuss!“ – „Nein, bin ich nicht.“ – „Ha, dieses Sträuben beweist deine Dumme-Nusshaftigkeit!“

    Im Ernst: Was spricht denn dagegen, Lanz und Precht als Lanz und Precht zu kritisieren? Oder sie als Medienphänomene zu analysieren (was Herr Schroeder am Rande ja auch tut)? Als Gemeinsamkeit würde ich eher eine gewissen Neigung zum Dampfplaudern attestieren als das Baujahr – wobei Precht in guten Momenten einiges an Substanz vorzuweisen hat, in schlechten halt so einen Podcast macht.

    Seine Philosophiegeschichte oder seine Kritik an der Silicon-Valley-Ideologie zu lesen – das kann auch dem Generation Y- oder Z-Personal sicher nicht schaden. Und genau hier wird der „Boomer“-Begriff fatal: Ich weiß schon alles – Du kannst mir nichts sagen, denn Du bist „alt“.

    Schöne Grüße aus der Mitte (Baujahr 75)

  7. “Das ist ein herrlich hermetisches Scheinargument. „Du bist ne dumme Nuss!“ – „Nein, bin ich nicht.“ – „Ha, dieses Sträuben beweist deine Dumme-Nusshaftigkeit!“

    Nein, ist es nicht. Überbetonung der Individualität gehört durchaus zu den, gemeinhin Boomern zugeschriebenen, nervtötenden Eigenschaften, die in diesem Meme beschrieben werden.

    Aber vielleicht etwas Nachhilfe:
    Auf Netzwelt.de finden wir:
    „Der Ausdruck „Boomer“ wird inzwischen aber nicht mehr einfach nur verwendet, um Personen, die diesem Geburtenzeitraum zugehörig sind zu beschreiben, sondern als eine stereotypische Beschreibung veralteter Ansichten.“

    Sie werter KK, qualifizieren sich also auch ohne Alterskohortendefinition spielend, wie Sie garantiert niemals mit zu wenigen der Welt permanent mitteilen zu müssen glauben.

    Quasi der Ehren-Amthor des Forums.

  8. @ #7:

    „…sondern als eine stereotypische Beschreibung veralteter Ansichten.“

    Und weiter geht es mit der Hermetik: Man kann sich sparen, ein Argument zu kritisieren – man muss es nur als „veraltete Ansicht“ definieren und hat es damit erledigt. Nice.

    „Quasi der Ehren-Amthor des Forums.“

    Merken Sie eigentlich, wie schnell Sie beleidigend werden? Die einzige „veraltete Ansicht“, die ich in diesem Strang geäußert habe, lautet: Man sollte Leute nicht in Schubladen stecken.

    Sei’s drum. Guten Tag, allerseits!

  9. #8

    Fragt sich dann, wer sich der Auseinandersetzung entzieht.
    Ich bleibe mal ganz außen vor, da ich weder mit dem Etikett „Boomer“, noch mit dem Etikett „Alter weisser Mann“, irgendein Problem habe.

    „Aber warum müssen Sie unbedingt dieses unsägliche Etikett „Boomer“ draufkleben? Warum diese „Ich als junger Typ bin alten, weißen Männern meilenweit voraus“-Attitüde?“

    So anklagend begann das Kommentieren und provozierte meine Anmerkungen. Ich mag es lieber, dass, wann immer ich mich wie ein alter weisser Mann benehme, es mir jemand mitteilt, damit ich daran- und darüber hinaus- wachsen kann.
    Ich finde es idR klüger, innezuhalten und zu überprüfen, ob da nicht doch gerade etwas dran ist, wenn mich ein Millenial bspw. Boomer nennt, als in diese affektierte Abwehrpose überzugehen, und mein verletztes ach so individuelles Ego zu betrauern. Wenn bspw. ein PoC zu mir sagt: „Du kannst das so betrachten, weil du strukturelle Benachteiligung nie erfahren hast, als weisser Mann deiner Generation“, dann wäre der erste Impuls als Reaktion darauf oft eben der falsche.
    Und dass dies einigen Menschen so unendlich schwer fällt, sorgt u.a. dafür, dass diese Identitäten sich weiter formen und abgrenzen, weil sie nur so sichtbar werden.

    Ich meine, das ist etwas, womit Lanz und Precht sich eben schwer tun.
    Wobei ich gar nicht sage, dass sie es nicht besser könnten. Aber da wäre dann wohl etwas mehr Mühe gefragt.

    Insgesamt aber finde ich es äussert schräg, wie heutzutage jüngeren Menschen ein Vorwurf daraus gemacht wird, dass sie sich aus reiner Notwehr von den Vorgängergenerationen abgrenzen. Mittlerweile gibt es die Gnade der frühen Geburt, nicht mehr nur die der späten.

  10. Mal gaaaanz allgemein: je lieber sich jemand selber gerne reden hört, desto größer ist die Gefahr, dass soe einen Podcast macht. Das ist also ein systemimmanentes Problem.

    Zum Konkreten: ich verstehe anhand der Kritik, was das Problem mit dem Podcast ist. Ich hätte aber das auch verstanden, wenn nicht auf „Boomer“ abgestellt würde.
    Und das ist ein Problem mit Kritik, dass ich schon vorher hatte, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. Hier wird bei einer negativen Kritik offenbar erwartet, dass ich als Leser die Kritik teile, weil ich gegen Boomer wäre. Nein: sowohl kann man als Boomer gegen selbstverliebte Labereien sein, als auch als Nicht-Boomer ziellose Laberpodcasts machen. Der Zusammenhang ist also hier ziemlich lose.
    Beim Mensa- und eim Paardiologie-Podcast war’s umgekehrt. Um die dortige positive Kritik zu teilen, musste man eine bestimmte Einstellung zum Thema mitbringen, die ich für ziemlich unkritisch halte.
    Muss das sein?

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