Hoffenheim-Investor zeichnet sich auf

Hopps Videobotschaft im „Aktuellen Sportstudio“: Wie glaubwürdig ist die Begründung des ZDF?

Sportsendungen haben es dieser Tage nicht leicht: Worüber soll sie berichten, wenn weltweit alle Wettkämpfe in nahezu allen Sportarten abgesagt wurden? Das „Aktuelle Sportstudio“ im ZDF machte vorigen Samstag aus der Not eine Tugend und widmete die gesamte Sendung der Corona-Krise, zum Beispiel in einem Video-Gespräch zwischen Moderator Jochen Breyer, Gladbach-Profi Christoph Kramer und Virologe Alexander Kekulé, der „Geisterspiele“ im Profi-Fußball ab Mai für möglich hält, jedenfalls „rein virologisch“.

Ein vermeintlich unmögliches Interview

Für Aufregung sorgte jedoch ein anderer „Gast“: Hoffenheim-Investor Dietmar Hopp. Natürlich war auch er nicht im Studio, im Gegensatz zu allen anderen Interviewpartnern wurde er aber nicht mal zugeschaltet. Hopp hatte seine Antworten einfach als Videobotschaft aufgezeichnet und geschickt. Die beiden Fragen, die er beantwortete, stellte ihm das ZDF vorab per Mail.

Zunächst durfte sich Hopp erneut zur Impfstoffentwicklung der Firma Curevac äußern, deren Hauptinvestor er ist. Wie schon in den vergangenen Wochen gegenüber ausgewählten Medien wiederholte Hopp hier, eine „signifikante Zahl von Impfstoff-Dosen“ stehe „sicher“ schon im Herbst zur Verfügung – wenn alles „glatt“ laufe.

Hopp stellte seine „Investitionen in Medizin, Bildung, Forschung und Nachwuchssport“ zum wiederholten Male als soziales Engagement dar. Aber ist es das ausschließlich? Eher nicht: Dem „Handelsblatt“ hatte Hopp noch im Dezember 2018 zu seinen zahlreichen Biotech-Investments gesagt: „Wir werden unseren Einsatz verdreifachen.“ Man werde „an jeder dieser Firmen Geld verdienen, zum Teil sogar sehr viel“.

Es geht nun einmal um Investitionen, die Rendite bringen sollen. Wann es soweit sein könne, schätzte Hopp damals noch völlig anders ein: Eine Impstoff-Zulassung – in diesem Fall für eine Impfung gegen Tollwut – sei in „vier bis fünf Jahren“ denkbar. Zwar redet er auch jetzt über Hürden, die zu nehmen seien, aber er ist sich „sicher“, dass es bis Herbst etwas wird. Die Frage, was ihn da so sicher mache, beantwortete Hopp in seinem Videostatement nicht.

Kekulé widerspricht Hopp

Moderator Breyer befragte in der Sendung immerhin den Virologen Kekulé, der zweifelt: Es könne sein, dass Hopps Firma bis zum Herbst einen Prototyp produziert habe – bis zur Marktreife würden aber wohl ein bis zwei Jahre vergehen.

Umso spannender wäre es also, wenn Hopp endlich einmal von Politik- oder Wissenschaftsjournalisten zum Thema befragt würde. Doch für kritische Interviews steht der Investor, der sich als Mäzen gibt, offenbar nicht zur Verfügung. Stattdessen darf er sich unwidersprochen im „Sportstudio“ äußern. Warum lässt sich das ZDF darauf ein?

Keine Option, Hopp live zu befragen?

Auf Anfrage von Übermedien teilt ein ZDF-Sprecher mit, schriftliche Fragen seien „im Journalismus ein durchaus übliches Mittel: In dieser Ausnahmesituation haben wir nach Abwägung aller Gesichtspunkte diese Form akzeptiert.“ Eine „telefonische Befragung“ sei „angestrebt“ gewesen, aber „kurzfristig nicht zustande“ gekommen.

ZDF-Moderator Jochen Breyer und Dietmar Hopp
Moderator Breyer (l.), Hoffenheim-Investor Hopp Screenshot: ZDF

In der Sendung hieß es lediglich, Hopp, der am 26. April 80 Jahre alt wird, gehöre zur Corona-Risikogruppe. Es habe „keine Option“ gegeben, „ihn live hier zu befragen“, sagte Moderator Breyer.

Keine Option? Im Fernsehen laufen täglich Interviews, etwa im „Heute Journal“ oder den „Tagesthemen“, die mit dem Hinweis versehen werden, das Gespräch sei vor der Sendung aufgezeichnet worden. Dass Hopp, der mit SAP einen der größten deutschen Technologiekonzerne mitgegründet hat und Milliarden-Investments verwaltet, nicht ohnehin regelmäßig an Telefon- und Videokonferenzen teilnimmt, ist kaum vorstellbar.

Ironischerweise wurde später in der Sendung Martin Schwalb, der Trainer des Handball-Clubs Rhein-Neckar Löwen, ausgerechnet über eine App zugeschaltet, die auf einem Server unter einer SAP-Webadresse läuft.

Wirklich „kurzfristig nicht zustande“ gekommen?

Und wie glaubwürdig ist die Begründung des ZDF, ein Live-Gespräch sei „kurzfristig nicht zustande“ gekommen? Der Sprecher des Dortmunder „Bündnis Südtribüne“, Jan-Henrik Gruszecki, sagt im Telefonat mit Übermedien, er sei vom ZDF angefragt worden, ob er sich zu Hopps Aussagen äußern wolle, und habe diese bereits am Freitagnachmittag als Transkript zugeschickt bekommen, also schon einen Tag vor der Sendung. Kurzfristig?

Gruszecki sagt, er habe das ganze Verfahren „als unjournalistisch empfunden“ und dem ZDF daher schriftlich mitgeteilt, dass „das Thema Dietmar Hopp“ den BVB-Fans „derzeit egal sei“ und „das Statement von Dietmar Hopp für sich“ spreche. Damit wurde er auch in der Sendung zitiert.

Enttäuscht ist Gruszecki davon, dass im „Sportstudio“ nicht erwähnt wurde, weshalb er und die Südtribüne das Thema „derzeit egal“ finden: Weil sie damit beschäftigt sind, für Angehörige der Corona-Risikogruppen Einkäufe zu übernehmen. „Wir haben wie die meisten Menschen in Deutschland zurzeit einfach andere Sorgen als Dietmar Hopp“, sagt Gruszecki. Dieser Umstand war dem ZDF durchaus bekannt: Gruszecki selbst stellte die Initiative vor zwei Wochen im „Sportstudio“ vor.

Suggestivfragen als Steilvorlage

Die zweite Frage, die das ZDF Hopp per Mail gestellt hatte, lautet:

„Sind Krisen wie diese, die deutlich machen, wie wichtig das Miteinander in einer Gesellschaft ist, eine Chance, um alte Konflikte beizulegen und aufeinander zuzugehen?“

Hopp nutzte die Steilvorlage, um erneut von seinen Wohltaten zu erzählen und zu verkünden, wenn diejenigen, die ihn „seit 13 Jahren grundlos“ beschimpften, damit aufhörten, werde er „alles gerne vergessen, wenn es von nun an Geschichte ist“.

Wieder kein Wort zu den von Fanseite kritisierten Kollektivstrafen des DFB, kein Wort zu den von Hopp angestrengten Strafverfahren wegen Beleidigung, deren Urheber mithilfe von Richtmikrofonen identifiziert wurden, kein Wort zum Konflikt um die 50+1-Regelung und ihre unendliche Dehnung im Falle von Investoren- und Mäzenatenclubs wie Hoffenheim oder RB Leipzig.

Da Nachfragen eben nicht möglich waren, beließ es das „Sportstudio“ anschließend bei der knappen Reaktion von Gruszecki.

Keine Interessenskonflikte?

Ein Geschmäckle hat die ganze Sache zusätzlich, weil Moderator Jochen Breyer dieses Jahr den Neujahrsempfang der TSG Hoffenheim moderierte. Der Medienjournalist und Übermedien-Autor Daniel Bouhs hatte bereits im Januar darauf aufmerksam gemacht – und stellte nun auf Twitter fest, es komme bei „dieser Art Nebentätigkeit immer zu Konflikten“.

Das ZDF sieht das anders: „Zwischen Jochen Breyer und Dietmar Hopp bestehen keine privaten oder geschäftlichen Beziehungen“, teilt der Sprecher mit, und dass Hopp „bei der betreffenden Veranstaltung“ ja gar nicht anwesend gewesen sei, was durchaus sein kann – aber was ändert es? Es ist Hoffenheim.

Nicht zum ersten Mal wurde hier eine Nähe zum Gegenstand der Berichterstattung kritisiert. Sie ist im Sportjournalismus trotzdem immer noch üblich – und sie schadet der Glaubwürdigkeit, gerade in Situationen wie diesen. Aber beim ZDF sieht man nicht einmal die Notwendigkeit, diese Nähe wenigstens transparent zu machen.

Warum überhaupt Hopp und die Ultra-Frage?

Dass es derzeit Wichtigeres gibt als den Konflikt eines Milliardärs und Großinvestors mit Fußball-Ultras, die ihn beschimpfen, ist kaum zu bestreiten. Warum also fand es die „Sportstudio“-Redaktion so wichtig, Dietmar Hopp überhaupt erneut dazu zu befragen?

Die Antwort, so der ZDF-Sprecher, „erschließt sich aus der Frage, die Jochen Breyer in der Sendung transparent gemacht hat“, er meint die zweite Frage über „Krisen wie diese“ und „alte Konflikte“.

Diese Antwort des ZDF, die keine ist, spricht auch für sich.

11 Kommentare

  1. Zum Trost: Ich finde, Hopp hat gegen den extrem authentischen Kramer und den hinlänglich bekannt sehr präzisen Kekulé ziemlich abgestunken. Das vorbereitete Statement wirkte alles andere als großherzig, sondern die Erwähnung z.B. der 13 Jahre im Gegenteil sehr nachtragend und rechthaberisch. Dass Breyer nicht den Advocatus Diaboli geben konnte, schadete Hopp womöglich mehr als es ihm nutzte. Wenn seine Firma die vollmundigen Versprechungen nicht erfüllt, steht er am Ende umso lächerlicher da.
    Das kurze Statement der BVB-Fans dagegen machte übrigens einen sehr guten und souveränen Eindruck auf mich, selbst ohne Wissen über deren Engagement.

  2. Nach den Erfahrungen der letzten Monate, Jahre, Jahrzehnte, kann man aus großen Teilen des „Sportjournalismus“ mal den Journalismus streichen. Wenn man für ein Produkt bezahlt, über das man berichtet, und von seiner Wiederfinanzierung in Form von Zuschauerzahlen abhängt, kann man Unabhängigkeit und Neutralität praktisch ausschließen.

  3. Für mich wirkte es so, als wolle das ZDF, aus welchen Gründen auch immer, Dietmar Hopp eine Plattform bieten, seine Verdienste darzustellen und damit umso mehr die Kritik am Konstrukt Hoffenheim und dem DFB, der willfährig einen Sponsor ( des DFB ) nicht aber rassistisch angegangene Spieler schützt, in den Hintergrund zu stellen.
    Kritische Nachfragen, wie man sie sich von Journalisten wünscht, um einen Sachverhalt zu beleuchten, waren auf Grund des Formates ja nicht möglich.
    Schwache Vorstellung, ZDF!

  4. An sich halte ich ja das media embedding auf höherer institutioneller Ebene für den eigentlich wirklich wichtigen Hebel. Runtergebrochen auf den einzelnen Journalisten ist es dann fürs Publikum dafür anschaulicher, leichter nachvollziehbar.

    Ich fand ja vor allem den Kontrast bemerkenswert, mit dem JB im AS -einerseits- die Vorfälle in Sinsheim kommentierte und -andererseits- die „Love, Peace and Red Bull“-Inszenierung in Leipzig hinreissend genüsslich die Fassade eingerissen hat. Falls er in jüngerer Zeit auch auf RB-Events moderiert hat und das Verhältnis weiterhin gut ist, wäre das immerhin ein Indiz dafür, dass er sich seine Perspektive nicht allzu gerne vom embedding formen lässt. Hat er?

    Dass die Institution (ZDF) sich damit nicht unwohl fühlt und lieber jemand anderen dieses „kritische Interview“ führen lässt, spricht ebenfalls für sich. Hätte man dafür beim ZDF nicht wenigstens jemand verfügbar, der eher bei RB Events moderiert?

  5. Selbstverständlich war das „Interview“ Format im ASS inakzeptabel, trotzdem frage ich mich, wieso Übermedien Andrej Reisin wiederholt Raum für seine Privatfehde gegen Hopp gibt.
    Für mich ist das eine einzige Suppe aus guten, aber, offensichtlichen Argumenten, Halbwahrheiten und Ungenauigkeiten und Unterstellungen, die ziellos von einem Punkt zum anderen mäandert.
    Für ein Ultr Fanzine wäre das ein überragender Artikel, für Übermedien eher unterdurchschnittlich.
    Aber hey, gut dass ihr polarisiert und nicht nur Stefan meine Gedanken, wesentlich klüger und elaborierter als ich es je könnte, trifft.

  6. Da spuckt er wieder sein schäbiges Narrativ, der Reisin. Mit einer schändlich vergifteten Suppe aus „Halbwahrheiten, Ungenauigkeiten und Unterstellungen“. Es ist wirklich schlimm, wie man als GröSpaZ zum Freiwild für den Pöbel wird. Was muss denn noch passieren, damit wir endlich dem Gemeinsinn auch publizistisch den Rücken stärken?

  7. @SYMBOLTROLL: In #4 halten Sie noch an sich, in #6 kommt nur noch Gepöbel und Gegeifere. Hat da der Mob einen Namen gekapert oder bricht sich der Hass erst verzögert Bahn?

    @Stefan Niggemeier: Stammen #4 und #6 vom selben Absender?

    @BUTTERCHICKEN, #5: Sie sind auch wenig überzeugend. Eine „einzige Suppe aus guten, aber, offensichtlichen Argumenten, Halbwahrheiten und Ungenauigkeiten und Unterstellungen, die ziellos von einem Punkt zum anderen mäander“n zu behaupten ist leicht – die angeblichen „Halbwahrheiten, Ungenauigkeiten und Unterstellungen“ dann von den offensichtlichen Argumenten zu trennen und zu benennen, überfordert Sie wohl. Riecht eher nach einer „Privatfehde“ gegen Andrej Reisin, was Sie hier veranstalten.

  8. @7
    Ist #6 nicht einfach eine polemische Reaktion auf #5 ohne die explizite Referenz? Dann wäre das jedenfalls konsistent zu #4.

  9. „Gepöbel und Gegeifere. Hat da der Mob einen Namen gekapert oder bricht sich der Hass erst verzögert Bahn?“

    Meinem Kommentar mag hier isoliert der Kontext fehlen. Unter dem letzten Artikel von A. Reisin finden Sie ihn. Dort finden Sie die Vorlage für Inhalt und Wortwahl typischer Kommentare, die IMMER und überall gehäuft auftreten, wo Hopp auch nur im weitesten Sinne nicht nur angebetet wird. Ich habe dort darauf hingewiesen. Obligatorisch ist immer:
    a) Den Autor für sein „schäbiges Narrativ“ angreifen und ihm niedere persönliche Motivationen unterstellen
    b) Die herzzerreissende Grausamkeit beklagen, dass der größte Gönner der Gemeinschaft zur Zielscheibe derart böswilliger Hetze wird

    Das Rezept habe ich, nur leicht überspitzt, selbst angewendet. Schließlich war der a-teil ja hier bereits platziert worden (die „Suppe“). Meine Wortwahl waren Leihgaben aus solchen Kommentaren beim letzten Reisinartikel. (ALLE: Mit Ausnahme des GröSpaZ, das ist meine Verdichtung deren „Arguments“)

    Achten Sie mal darauf. Egal in welchem Medium, egal zu welchem Thema: Sobald in einem Artikel irgendwas in Sachen Hopp nicht wie eine Lobpreisung erscheint, tauchen immer eine Handvoll sonst wenig engagierter Kommentatoren auf, die das das benannte Rezept gemeinschaftlich im Chor anwenden und vorsingen.

    Was Sie hier entsetzt als „Gepöbel, Gegeifer“ und sich Bahn brechenden Hass des Mobs empfinden ist also die Tonalität der frei durch alle Kommentarspalten wandernden Hoppliten-Choräle. Ich habe es nur in einem Medley leicht überspitzt karikiert.

  10. @7&8:
    Ich dachte, 4 wörtliche Übernahmen, davon 3 explizit markiert mit Gänsefüßchen, wären explizit genug? Mit wie vielen Zaunpfählen muss ich denn noch winken?

    @Someonesdaughter: „bricht sich der Hass erst verzögert Bahn?“

    Sie lesen #6 tatsächlich als Hasspost gegen Andrej Reisin? Echt?
    Wie lesen Sie dann Butterchicken’s Einstieg?
    „Ich frage mich, wieso Übermedien Andrej Reisin wiederholt Raum für seine Privatfehde gegen Hopp gibt.“

    Das hat doch was appellatives. Und errichtet einen Rechtfertigungszwang. Wer Reisin veröffentlicht, muss begründen, wieso. Intendant, Verleger, Herausgeber, CvD, Blogger, merkt euch: Wer so einem **** wie Reisin weiterhin eine Plattform bietet, wird schon merken, was er davon hat. Hinter den Kulissen dürfte das kaum weniger unverhohlen laufen, wenn nötig.

  11. @10
    Doch. War definitiv genug.
    (Aber schriftliche,uneigentliche Rede von unbekannten trifft immer jemanden, der gerade den Kontext verhängt. Ging der Kelch diesmal auch an mir vorbei, bin ich selber dafür sonst sehr anfällig dafür :-) )

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