Die Causa Hopp und die Fußball-Fankultur

Wie Fußballreporter im Empörungsrausch den Ton angeben

Am 15. Mai 2012 stieg Fortuna Düsseldorf nach 15 Jahren Abstinenz wieder in die Fußball-Bundesliga auf. Benötigt hatte man dafür zwei Relegationsspiele gegen Hertha BSC, an deren Ende die Zuschauer im ehemaligen Rheinstadion vor Freude die Nerven verloren: Noch bevor das Spiel abgepfiffen war, stürmten einige den Platz, es dauerte insgesamt gut 20 Minuten, bis die Partie zu Ende gespielt werden konnte.

Natürlich war dieser Vorgang nicht „ordnungsgemäß“, allerdings wäre er auch nie zu einem großen Eklat mutiert, wäre das Spiel nicht live in der ARD zu sehen gewesen, mit einem zunehmend hysterischen Kommentator Tom Bartels – und einem Experten Mehmet Scholl. Dieser bescheinigte einzelnen klar erkennbaren Zuschauern vor einem Millionenpublikum nur „rote Grütze im Kopf“ zu haben – weil sie mit ihren vor Freude strahlenden Kindern den Rasen betreten hatten. Mit dem öffentlich-rechtlichen Programmauftrag, mit einer ausgewogenen Darstellung des Geschehens, mit dem Anhören beider Seiten hatte das Ganze nichts mehr zu tun.

In vielen Jahren wenig Änderung

Acht Jahre später beleidigten am vorletzten Spieltag Fans des FC Bayern München den Investor und Milliardär Dietmar Hopp, Besitzer der Profiabteilung der TSG Hoffenheim, mit Spruchbändern, auf denen unter anderem „Hurensohn“ stand. Das Spiel wurde zweimal unterbrochen; als die Mannschaften zurückkehrten, spielten sie sich den Ball aus Protest nur noch gegenseitig hin und her. Ob dies auch so gewesen wäre, wenn es zu diesem Zeitpunkt nicht 6:0 für die Bayern gestanden hätte (sondern zum Beispiel 1:0 für Hoffenheim), ist eine Frage, die die berichterstattenden Sportjournalisten lieber nicht stellten.

Stattdessen steigerte sich Sky-Kommentator Kai Dittmann in einen wahren Empörungsrausch, dessen entscheidende Passagen man dankenswerterweise im „Drei90“-Podcast ab Minute 53:32 nachhören kann. Den Höhepunkt erreicht Dittmann ab 1:06:28:

„Ich steh auf, klatsche mit, weil wenn ich sage, das ist die Lösung, dann ist das die Lösung. Als Protest gemeinschaftlich gegen Leute, die anscheinend mit Rassismus (gemeint ist Antirassismus; Anm.), mit Gleichstellung, mit Demokratie, Ausgewogenheit, einem freien Leben nichts anfangen können, weil sie sagen: ‚Wir zeigen es den Leuten, die wir hassen, weil Hass ist unser Antrieb.‘“

Beim letzten Satz klang Dittmann so, als versuche er sich an einer schlechten Parodie von Reichsparteitagsreden. Die Botschaft war klar: Die Bayern-Ultras machen den Sport kaputt, weil sie Anti-Demokraten sind, deren einziger Antrieb der Hass auf alles andere ist.

Vom Programmauftrag drei Tage nichts zu sehen

Und so ging es weiter: Im „Aktuellen Sportstudio“ im ZDF sprach Reporter Boris Büchler im Hinblick auf die Ultras von „Irren und wirren Fanatikern, die mit Fußball nichts zu tun haben und anderen die Karten wegnehmen“. Der offenbar herausgeforderte Kollege Thomas Wark versuchte sich in einer Überbietung und attestierte, es handle sich um „keine Gutfans, sondern feige, vermummte Fußballkulturzerstörer, die in jeder Diskussion untergehen würden“. Und weil das ZDF so mutig ist, kam zum Beweis dieser These dann auch kein Fanvertreter zu Wort.

Den vorläufigen Höhepunkt lieferte schließlich Mario Basler, als er am darauffolgenden Sonntag in der Sport1-Sendnung „Doppelpass“ forderte, bei den Einlasskontrollen im Stadion müsse man härter durchzugreifen:

„Du musst einem zwischen die Beine greifen. Das weiß ich von der Pyro-Technik. Meistens waren es auch die Frauen, weil es bei denen besser ist. Die können es besser verstecken.“

Sexistische Fantasien fielen für Basler und die Herrenrunde offenbar nicht in die Kategorie „diskriminierend“. Dann zeigte die Regie noch ein Standbild eines Bayern-Fans, der laut Basler hauptverantwortlich sei und geschnappt werde müsse – Öffentlichkeitsfahndung im rechtsfreien Raum einer Sport-Talkshow.

Wenn Hopp und Kalle Hand in Hand posieren, die Medien außer Rand und Band reagieren, der DfB von Werten spricht und gleichzeitig seine Versprechen bricht, dann liebe Leut, zeigt der Fußball sein wahres, hässliches Gesicht!
Transparente beim Spiel Stuttgart – Bielefeld Foto: imago images / Avanti

Differenzierte Betrachtungen zunächst nur schriftlich

In der gedruckten Presse und im Netz war die Berichterstattung wesentlich ausgewogener. Zwar fanden sich auch hier zahlreiche Kommentare, die nur umständlich wiederholten, was die TV-Pundits schon vorgesprochen hatten, aber daneben gab es viele Artikel, die die Motivation der Fanszenen beleuchteten, die Rolle des DFB und Dietmar Hopps kritisierten – und zahlreiche Fragen an die Doppelmoral im Fußballgeschäft richteten.

Als Erstes zum Programmauftrag zurück fand die „Sportschau“ im Ersten dann am Dienstagsabend mit der Talkrunde „Sportschau – Thema“, die von beckgroundTV (der Produktionsfirma von Reinhold Beckmann) in Hamburg produziert wird.* Hier saßen neben Hoffenheims Peter Görlich und Ex-Bundesliga-Trainer Friedhelm Funkel endlich auch zwei Vertreter, die die Interessen der Fankurven adäquat beschreiben konnten: der Union-Anhänger Holger Keye und der Leiter der Koordinationsstelle der Fanprojekte Michael Gabriel. Bemerkenswert war, wie man den Fokus einer Sendung innerhalb von 72 Stunden komplett auf den Hoffenheim-Eklat und die Folgen legte – und das Thema im Rahmen der Möglichkeiten einer Talk-Sendung relativ umfassend abbildete.

Das Fernsehen bestimmt die Interpretation

Seit 2012 sind acht Jahre vergangen, in denen Social Media von einem Randphänomen des Internets zu einem Treibstoff der größten Tech-Konzerne wurde. Dennoch folgt die unmittelbare Interpretation von kontroversen Ereignissen im Profifußball nach wie vor dem Bild, das der Live-Reporter vor Ort vermittelt. Und das trotz der Tatsache, dass sowohl Sky als auch die ARD in der Zwischenzeit durchaus differenzierte Reportagen über Ultras abgeliefert haben.

Der Sportreporter Dirk Jacobs begründete dies im Deutschlandfunk Kultur (in einer Sendung, an der ich beteiligt war) unter anderem mit einem „klaren Erzählsatz“, wonach die Schuld an der Eskalation bei den Fans liege, der sich unter den Kollegen vor Ort schlichtweg durchgesetzt habe. Er müsse die Kollegen „in Schutz nehmen“, die unter enormem Zeitdruck stünden. Die Wahrnehmung, es handle sich um „Idioten und Chaoten, die den Fußball stören“, sei schon länger die überwiegende.

Als Moderatorin Christine Watty leicht irritiert nachfragte, ob Sportjournalisten denn nicht eine differenzierte Betrachtung der Fankultur „mitlaufen haben müssten“, antwortete Jacobs:

„Das Hauptaugenmerk liegt auf dem eigentlichen sportlichen Geschehen, und man ist natürlich im Alltag immer näher dran an den Funktionären, an den Vorstandsvorsitzenden und Managern, an den Sportdirektoren und Trainern, kurzum an der offiziellen Seite des Fußballs. Mit denen will man ja auch weitersprechen, mit denen hat man abseits der Kameras und Mikrofone auch mal ein nettes Pläuschchen.“

Nähe als fragwürdiges Qualitätsmerkmal

Damit ist ausgesprochen, woran es der ganzen Berichterstattung über Ultras und Fankultur mangelt: an Professionalität. Die Ausbildung zum Sportjournalisten findet im besten Fall in extra eingerichteten Studiengängen statt, von denen es nur wenige gibt, die sich wiederum (wie an der Sporthochschule Köln) geradezu ihrer Praxisverbundenheit rühmen. Das heißt: Je näher der Berichterstatter am sportlichen Geschehen ist, vielleicht sogar einst selbst Athlet war, desto besser. Das alte Klischee vom Fan, der es auf die andere Seite der Absperrung geschafft hat, trifft hier noch immer häufig zu.

Das Resultat ist allzu oft eine vollkommen fehlende Distanz vom Gegenstand der Berichterstattung. Reporter werden zu Gala-Empfängen nach Europapokalspielen als Gäste eingeladen; einige duzen Spieler, Trainer und Vereinsbosse vor laufender Kamera – in anderen Feldern der Berichterstattung ein absolutes No-Go. Man stelle sich vor, Claus Kleber adressierte im „Heute Journal“ die Bundeskanzlerin mit: „Du Angela, jetzt sag mal, wie lief der EU-Gipfel denn heute?“ Doch mancher Field Reporter in der Bundesliga macht es so.

Kritische Formate kommen meist von außen

Verschärfend hinzu kommen Ex-Profis, die mit wenig oder gar keiner journalistischen Ausbildung nach ihrem Karriereende die Seiten wechseln – und dann als Experten oder Co-Kommentatoren oder Talkshow-Hosts agieren. Eine Trennung zwischen Vereinsfunktionären, Verbandsoffiziellen, Spielern, Ex-Profis und Journalisten ist nur schemenhaft zu erkennen. Brüche gibt es meist nur, wenn „unbotmäßige“ Fragen, zum Beispiel nach bevorstehenden Trainerwechseln, gestellt werden. Ansonsten muss man den Eindruck gewinnen, dass alle Beteiligten gemeinsam dasselbe Produkt bestmöglich vermarkten.

Daher ist es auch kein Wunder, dass kritische Sportformate wie Doping-Recherchen oder „Football Leaks“ eher von außen kommen, dass in ihnen eher Kollegen agieren, die ohnehin in investigativen Redaktionen wie „Sport Inside“ beim WDR arbeiten. Über die Schattenseiten des Fußball-Business wird ansonsten kaum ein Wort verloren, denn schließlich „will man ja auch weitersprechen“, wie es Dirk Jacobs formuliert hat.

Kein Gegenstand der Berichterstattung

Und es stimmt ja auch, dass die allermeisten Sportjournalisten nicht zu ihrem Beruf gekommen sind, weil sie über Fanszenen berichten wollten – sondern über den Sport, den Fußball selbst. Niemand verlangt, dass man sich für Fankultur interessieren muss. Die Frage ist aber, warum man dann permanent derart meinungsstark und unter Nicht-Beachtung vieler Standards berichten muss? Warum fühlt sich eine zweimalige Sportjournalistin des Jahres genötigt, in der FAZ einen Kommentar zur Causa Hopp zu schreiben, der vor Populismus nur so strotzt? Ein kurzer Auszug:

„Man leistet sich einen Besuch im Fußballstadion doch immer noch in der Hoffnung, ein gutes Spiel zu sehen, und nicht, um Zeuge zu werden, wie ein aufgeblasener Haufen Spießer in Gruppenrausch verfällt. Sie behaupten, sie wären die Wächter gegen den Kommerz – in einem allerdings total durchkommerzialisierten System. Die Vereine hofieren sie auch nur deshalb, weil sie ihr Getue für ein Verkaufsargument halten. Und klar: Normalerweise hält man das aus. Aber wenn im Fußballstadion Menschen beleidigt, verhöhnt und gemobbt werden, dann gibt es am Ende nur noch eins: Stehplätze abschaffen!“

Natürlich kann man als Live-Kommentator nicht ignorieren, wenn ein Spiel aufgrund von Geschehnissen in der Kurve unterbrochen wird. Aber selbst dann sollte man seine journalistische Verantwortung ernstnehmen, sich an Vorgaben zur Verdachtsberichterstattung halten und wenn möglich beiden Seiten eine Stimme geben. Man kann entweder selbst informiert sein, sich im Vorfeld um jemand Informierten gekümmert haben oder einfach sachlich das Geschehen beschreiben – und die Bewertung später anderen überlassen.


*) Nachtrag, 11. März. In einer früheren Version des Textes hieß es, dass die von beckgroundTV proudzierte Sendung „Sportschau – Thema“ „weitgehend unabhängig von den großen Sportredaktionen“ produziert worden sei. Wir wurden allerdings aus der NDR-Sportredaktion darauf hingewiesen, dass drei Mitarbeiter der Sportredaktion an der Sendung beteiligt gewesen seien.


Offenlegung: Andrej Reisin war im Rahmen der aktuellen Auseinandersetzung selbst für „Vice“, „der Freitag“ und Deutschlandfunk Kultur tätig. Zudem hat er 2019 für die im Text erwähnte „Koordinationsstelle der Fanprojekte“ eine sportpolitische Veranstaltung moderiert und in den vergangenen Jahren für diverse Träger der Jugendhilfe Vorträge zur medialen Darstellung von Fußballfans gehalten.

16 Kommentare

  1. Wie soll man denn bitte Fußball sachlich beschreiben? Das ganze ist doch ganz schön emotional und mit viel Identifikation aufgeladen.

    Wenn ich sage, dass Fußball für mich eine kriegerische Simulation mit Mechaniken des Sklavenhandels ist, kommen Reaktionen, als hätte ich jemanden beleidigt.

  2. Vielleicht sollte man einfach aufhören, diesen ganzen Quatsch als „Sport“zu bezeichnen. Leuten im Stadion oder aufm Sofa beim Fußballspielen zuzuschauen, dabei zu saufen, sich gegenseitig beleidigen, das als Fankultur zu verbrämen, nur mit der Hilfe von Polizisten Spiele austragen zu können und am Ende auch noch Geld auf alles zu wetten, ist kein Sport, sondern Spektakel. Und als das sollte es auch behandelt werden. Panem et circenses.

  3. „Ob dies auch so gewesen wäre, wenn es zu diesem Zeitpunkt nicht 6:0 für die Bayern gestanden hätte (sondern zum Beispiel 1:0 für Hoffenheim), ist eine Frage, die die berichterstattenden Sportjournalisten lieber nicht stellten.“
    Danke. Genau das habe ich auch gedacht.

    Generell offenbart diese Heuchelei ja nur, dass die DFL / die Vereine durchaus Handlungsmöglichkeiten haben. Es muss halt nur der richtige Anlass kommen, z. B. die Beleidigung eines Multimillionärs.

    Ein Bombenanschlag auf einen Mannschaftsbus z. B. ist halb so wild, die Spieler müssen schon am kommenden Tag wieder funktionieren. Und da der Anschlag ja auch nur kapitalistisch, nicht religiös motiviert war, ach, ist doch alles halb so wild! Heute Abend Dortmund Paris!

  4. @ Alex (#2):

    Wer hat denn das Zuschauen als Sport bezeichnet? Umgekehrt: Was machen denn die 22 Leute auf dem Rasen, wenn nicht Sport? Und haben Sie mal beobachtet, was für einen Aufwand in den Kurven mit Choreographien, Sprechchören, Transparenten, etc. betrieben wird?

    Nee, für Kritik am Bundesliga-Zirkus (die ich teile) braucht es schon ein bisschen mehr Aufwand, als dem Fußball seinen Sportcharakter abzusprechen und die Fankultur auf Saufen, Prügeln und Beleidigen zu reduzieren…

  5. Das war schon regelrecht eine Rudelbildung, auf der Pressetribüne, passend zum Metatrend des Rudeljournalismus.
    Der Effekt war ähnlich wie in unserem heiligen Krieg gegen die Weltdespotie, zunächst selbst unter „normalen“, nichtultra TV-Fussballfans: Nicht mit in die Hysterie zu verfallen machte einen verdächtig, Sympathisant der Gewalttäter und Minderheitendiskriminierer zu sein. Das hat selbst mich verunsichert, obwohl bereits mit allen Putinismus-Vorwurf-Abwässern gewaschen.

    Weil ich von der Aktion zuvor nichts wusste, hatte ich aufs Sportstudio gehofft, das geborene Format, um beiden Seiten mal die Gelegenheit zu geben, ihre Position darzustellen und fürs Publikum mal die Konfliktlinie verstehbar zu machen. Aber da hockte dann nur ein weiterer pflichtgemäß erschütterter Vereinsvertreter. Erstaunlich, wenn es irgendetwas gibt, womit sich das AS profilieren könnte, dann sowas. Aber: Kontroverse Themen unter Auslassung der Perspektive einer der involvierten Parteien zu diskutieren oder gar auf Basis wahrheitsverzerrender Halbdarstellungen wird ja immer mehr zum Regelfall.

    Würde aber eine professionellere Ausbildung hier grundsätzlich etwas ändern? Finde ich zweifelhaft. Dieses Phänomen des Rudeljournalismus findet sich ja auch in der Polit- und Wirtschaftsberichterstattung und die meisten da haben ja „richtig“ gelernt.

    Die realen Strukturen und Zusammenhänge, die die Zwänge vorgeben, in die Sportjournalisten automatisch hereingeraten, ändern sich ja dadurch nicht. Das ist dann die Realität, die den Journalisten prägt und konditioniert, genau wie in den anderen Ressorts.
    Wer sich dem nicht angepasst hat, war jetzt eben auch nicht on air am Mikrofon, der hat sich für diese Jobs bereits früher disqualifiziert.

    Blieb nur, die selbstveröffentlichten und nicht in den Medien reflektierten Statements der Ultragruppen direkt an der Quelle zu lesen, zwangsläufig ohne journalistische Vermittlung und Begleitung. Also: Es geht auch ohne Journalisten und professionelle Medien, wenn es das war, was eingeübt werden sollte, kann man das als Erfolg verbuchen.

  6. @ Kritische Kritiker (4)
    Dass 22 Leute Fußball spielen, ist, isoliert gesehen, Sport. Dass 80.000 und mehr drumherum ein Brimborium veranstalten, ist ein Spektakel, und als das sollte es auch bezeichnet werden. Nicht mehr und nicht weniger.

    Ob man sich mit einem 11jährigen über die Rolle Dumbledores in Harry Potter unterhält, mit einer 14jährigen über die Frisur von K-Pop Star Jungkook streitet oder einem 55jährigen Ultra über Ethik im Sportbusiness diskutiert, macht für mich in Sachen Irrationalität keinen Unterschied. :-)

  7. Tbf zum AS und seinem Moderator: Erst die Aktion der Red Bull-Marketingabteilung zu zeigen („Love, Peace and RedBull“ vor den Farben der Regenbogenflagge) und dazu nebenbei zu erzählen, dass Red Bull zeitgleich ein Dutzend japanischer Fans aus dem Stadion geschmissen hat, wegen ihres asiatischen Aussehens, war fast schon subversiv.

    Das wird dem Mateschitz gar nicht gefallen haben. Aber keine Sorge, der wird da schon wissen, mit wem er mal vertraulich zu sprechen hat.

  8. Momentan läuft die Bundespressekonferenz zu Corona. Bundeskanzlerin (eine Wissenschaftlerin), Gesundheitsminister und der Chef-Virologe der Charité präsentieren eine ziemlich klare, transparente und umfassende Strategie, wie man mit dem Ganzen umgehen will. Danach gibt es eine begrenzte Zeit für konkrete Nachfragen von Reportern. Die erste Frage: Die Verantwortung der Bundesliga bei Fußballspielen. FUSSBALL!!!!! Was ist los mit diesem Land??? Geht es hier gefühlt nur um Fußball und Klopapier? … 🙄

  9. Es ist nichts unerwartbares geschehen. Die Profiteure des Fußballgeschäfts stehen auf der einen Seite, die Liebhaber des Sports auf der anderen. Und da die einen die Medienreichweite haben, diktieren sie auch die Berichterstattung. Das ist im Fußball nicht anders als in der Politik. Wo 5 Medienkonzerne das Land „informieren“, die den selben Korridor an Meinung haben wie 75% der Parlamente und, welch Zufall, wie auch die großen Wirtschaftskartelle, da gibt es einfach keinen Pluralismus. Da ist die geschlossene Reihe alternativlos.
    In meiner Erinnerung wurde früher noch über gesellschaftliche Fragen richtig gestritten.

  10. „Geht es hier gefühlt nur um Fußball und Klopapier?“
    Wieso „gefühlt“? Das ist eine messbare Tatsache.

    Der Punkt ist doch, dass es ohne Fans, die Karten kaufen, Fanartikel kaufen, Pay-TV nur wegen Fußball kaufen und auch sonst bereit sind, Geld auszugeben, um bspw. für ein wichtiges Auswärts-Spiel quer durch die Republik zu reisen, viele der Fußball-Sportler, Funktionäre und Journalisten möglicherweise entweder arbeitslos wären, oder aber einen ganz anderen Job hätten. Fans als lästiges Übel zu betrachten ist so, als würde ein Lehrer Schüler als unnötiges Ärgernis auffassen. (Wenn jetzt wer denkt: „Also, MEIN Lehrer hat das gemacht!“ – ja, und?)

    Soll jetzt nicht heißen, dass „Hurensohn“ jetzt irgendwie ein legitimer Diskussionsbeitrag wäre, aber denselben Leuten (Funktionäre, Sportler und Journalisten(m/w/d)), denen das sonst entweder egal war, weil sie sich nicht für Fans interessierten, oder aber, weil sie es ok fanden, können diese Haltung einfach beibehalten. (Persönlich finde ich es völlig legitim, wenn ein Millionär sich für Vereine in seiner Heimatstadt einsetzt, nur schade, dass das nicht meine Heimatstadt ist…)

    Stattdessen: „Oh, nein, unsere Kundschaft! Das sind ja ganz, ganz schreckliche Leute.“

  11. In den Tagen des besinnungslosen Rudeljournalismus nach dem Bayern/Hoffenheim-Spiel waren es in meiner Wahrnehmung nur die Kommentare unter Sky/Dazn-Videos usw., die sich kritisch bis fassungslos äußerten über das irrwitzige Ausmaß der medialen Welle.

    Dass Dietmar Hopp seit vielen Jahren aus den Fankurven angefeindet wird und der darüber hinausgehende aktuelle Aspekt lediglich in der Rückkehr zur Kollektivstrafe seitens des DFB trotz gegenteiliger Versprechen besteht, hätte wirklich jedem Sportjournlisten klar sein müssen, der auch nur ein bisschen Wert auf Professionalität legt. Dass die Solidarisierung der Ultragruppen darin begründet ist, stand ja sogar auf denselben Plakaten.

    Und dann der völlig offensichtliche und frappierende Unterschied in der Reaktion des DFB zu anderen Entgleisungen aus Fanblöcken, wo es um tatsächlichen Rassismus geht und die einzige Reaktion darin besteht, die Opfer mit gelb/rot vom Platz zu schicken, wenn sie vor Frust gegen Getränkekisten treten.

    Das Vorgehen des DFB und die mediale „Berichterstattung“ darüber waren wirklich ein einziges, peinliches Fiasko.

  12. „Die erste Frage: Die Verantwortung der Bundesliga bei Fußballspielen. FUSSBALL!!!!! Was ist los mit diesem Land??? Geht es hier gefühlt nur um Fußball und Klopapier? … “

    @Alex
    Zu Fußballspielen und sonstigen Profisportveranstaltungen gehen jedes Wochenende WEIT über eine Million Memschen. Wenn man das einfach so aussetzt hat das weitreichende ungeahnte soziale, verkehrliche und wirtschaftliche Folgen.

    Da man jedes Wochenende damit rechnet, dass eine gewisse Anzahl an Menschen zu Sportveranstaltungen geht, werden z.B. im ÖPNV Sonderverkehre für sie eingerichtet. Aber wo gehen sie hin, wenn sie sich Sport nicht im Stadion oder in der Halle anschauen können? Müssen auf den regulären ÖPNV Linien am Wochenende dann mehr Fahrten angeboten werden, weil sonst das Angebot nicht ausreicht? Müssen Geschäft Samstags auf einmal mehr Mitarbeiter arbeiten lassen, weil es jetzt mehr Kundschaft gibt? Was ist eigentlich mit den Verträgen für die Caterer vor Ort, wenn ein Spiel ohne Zuschauer statttfindet?

    Sport am Wochenende ist eine gesellschaftliche stabile Konstante, auf die viele Leute aufbauen. Und wird aus dem Gleichgewicht gebracht (auch wenn es dafür gute Gründe gibt) und insofern sind die Fragen schon berechtigt.

  13. #11: „Der Punkt ist doch, dass es ohne Fans, die Karten kaufen, Fanartikel kaufen, Pay-TV nur wegen Fußball kaufen und auch sonst bereit sind, Geld auszugeben, um bspw. für ein wichtiges Auswärts-Spiel quer durch die Republik zu reisen, viele der Fußball-Sportler, Funktionäre und Journalisten möglicherweise entweder arbeitslos wären, oder aber einen ganz anderen Job hätten.“

    Die Funktionäre wollen doch gar keine Fans mehr, sondern nur noch Kunden. Fans sind einfach zu unberechenbar. Und können aufmüpfig werden, das stört das Business.

    „(Persönlich finde ich es völlig legitim, wenn ein Millionär sich für Vereine in seiner Heimatstadt einsetzt, nur schade, dass das nicht meine Heimatstadt ist…)“

    Hopp ist Milliardär – und sein ‚Einsatz‘ einfach ein Investment in ein gut gehendes Geschäftsmodell. Das Geile am Fußball ist ja, dass man einen nicht unerheblichen Teil der Betriebskosten einfach vergesellschaften kann.

  14. Die Berichterstattung im TV ist in der Tat traurig, stimmt.
    Andererseits: Wo es trotz Ultra-Super-Slomo-Zeitlupe in 8K-Auflösung aus 76 Kameraperspektiven kaum noch ein Reporter schafft, die zu 90% lachhaften „Elfmeter“ einzuordnen („Da gab es eine leichte Berührung – klarer Elfmeter“) und wo es selbst dem Vernehmen nach extra darauf ausgebildete VARs dann auch nicht schaffen, wenigstens einfachste Sachverhalte korrekt zu beurteilen…
    Da darfst du dich doch über nix mehr wundern, oder?

  15. Was ich nicht kapiere…

    Fußball. Mit allem drum und dran.

    Soccer: the final frontier. These are the voyages of DFL and its fanbase. The mission: explore strange new worlds, to seek out new life and new civilizations, to boldly go where no man has gone before.

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